das Sprichwort "Unter dem Krummstabe ist gut wohnen" bezeugt, daß aber jedes Mal, wenn Staat und Kirche Vereinbarungen schlossen, die Völker mit ihrer Freiheit, mit ihrer Wohlfahrt den Preis bezahlten.
Eine gleiche Anmaßung von Seite der Staatsgewalt ist es, wenn sie neu entstandene Kirchen von ihrer Anerkennung abhängig macht. Dieser bedarf es nicht, wenn die neue Kirche dem höchsten Humanitätszwecke des Staates nicht widerspricht. Dann dient sie zur Verherrlichung Goltes auf Erden, und jede neue Kirche ist eine von Gott anerkannte, folglich auch von den Menschen anzuerkennende, und noch war jede Kirche, die der Staat jetzt anerkennt, bei ihrem Beginne leider eine verfolgte. Mögen Staaten und Kirchen es eingedenk bleiben, und für die Zukunft nicht wieder in gleicher Weise gegen Gott und die Menschen sich versündigen. "Heilig ist das Eigenthum," schrieben die Arbeiter Wiens in den Maitagen an die Gewölbthüren. "Heilig ist das Eigenthum," schärften uns auch die Zuschriften der hochwürdigen Episcopate ein. Ja, heilig ist das Eigenthum, weil nur durch seine Erwerbung und Anwendung sich die persönliche, staatsbürgerliche und sittliche Freiheit zu bethätigen weiß, und bei einer angestrebten Verwirklichung socialistischer Träumereien jeder gesellschaftliche Organismus, folglich auch der Staats verband und durch ihn der Rechtsschutz für die persönliche, staatsbürgerliche und sittliche Freiheit unmöglich würde. Heiligachtung des Eigenthums ist also auch ein Hauptgrundsatz der echten Demokratie. Demungeachtet bleibt das Eigenthum immer nur irdischer Natur, weil Gott, der unerschöpfliche Spender aller irdischen Güter, deren keine von den Menschen bedarf. In der That beanspruchten die hochwürdigen Episcopate den Schutz des Staates für das kirchliche Eigenthum auch nur aus dem für das Eigengenthum moralicher Personen angewendeten Rechtstitel des Privateigenthums; bezeichneten es aber zugleich als ein heiliges der inneren Beschaffenheit nach, und jede Einmengung des Staates als ein Sacrilegium. Auch ich muß mich, obschon rein aus dem Principe der constitutionellen Freiheit, gegen jede Einmengung des Staates in dieser Beziehung erklären. Denn ihm kann meiner Meinung nach nur die Fürsorge obliegen, daß die Seelsorger aller Kirchen bezüglich ihres Unterhaltes und ihrer Versorgung so unabhängig gestellt seien, wie es für wissenschaftlich gebildete Männer und Diener der Religion unerläßlich ist. So lange noch die Liebesdienste der Religion von Einzelnen bezahlt werden müssen, erwächst für die wahre Religion des Volkes ein unberechenbarer Nachteil, und wird eine Hauptquelle der Simonie, und wird bei Besetzung einträglicher Pfarrstellen niemals verschwinden. Daraus folgt jedoch nicht, daß der Staat der Curator des Kirchenvermögens sei. Die katholische Kirche ist ja, wie uns schon der Katechismus lehrt, die Gemeinschaft aller Gläubigen, die in allen weltlichen Beziehungen sich nur durch ein kirchliches Gemeindeleben darstellen kann. So war es auch in den ersten Jahrhunderten des Christenthums, der katholischen Kirche. Die kirchliche Gemeinde kann aber nur gedacht werden als ein organisches Ganze der Laien und Priester vermittelst einer Synodalverfassung. Je nach der Beschaffenheit und der Größe des kirchlichen Eigenthumes, je nach den Lasten und Leistungen wird dabet die Pfarrgemeinde, die Diöcesangemeinde, die Provincialgemeinde, und bei dem Umstande, daß bis auf einen geringen Bruchtheil die Bevölkerung der hier vertretenen Länder Oesterreichs katholisch ist, die große Staatsgemeinde selber bei gemeinsamen Entscheidungsfällen sich an der Verwaltung des Kirchenvermögens zu betheiligen das Recht haben, der Staat aber verpflichtet sein, dieses Recht des Gemeindelebens so in kirchlicher, wie in politischer Hinsicht zu wahren, und ein Gemeindesetz auch in dieser Hinsicht auf Grundlage constitutioneller Freiheit abzufassen. Nicht darf also der Staat, wie dieß leide, in so vielen Ländern geschah, sich selber zum Herrn des kirchlichen Gemeindevermögens machen.
Schließlich muß ich auf eine Aeußerung mehrerer geehrten Herren Redner und Volksvertreter aus einem Lande erwiedern, bei dessen Erinnerung jedem Oesterreicher, jedem Deutschen, jedem Freunde nationeller Freiheit das Herz im Vefühle edlen Männerstolzes hochschlägt. Mit Freuden vernahm ich im Munde jener Redner, daß die Vertreibung der Protestanten des Zillerthales nachträglich die Mißbilligung aller Einsichtsvolleren erfuhr, und somit gleichfalls auf das große Sündenregister des Polizeistaates zu setzen sei. Täuscht mich jedoch mein Gedächtniß nicht sehr, so wurde durch den Provinziallandtag die Regierung zu dieser Maßregel gedrängt. Und wie steht mit jener Schuldbelastung die fünf Foliobände füllende, von 60.000 Namensfertigungen unterstützte Petition, wie die Berufung von eben jenen Rednern auf eben diese Petition im Einklange, eine Berufung, welche die numerische Majorität geltend machte, und ziemlich unverblümt den Reichstag im Falle eines pflichtgemäßen, also freisinnigen Beschlusses verantwortlich für den als leicht möglich dargestellten Bürgerkrieg? — Ja, einer dieser Herren geehrten Redner fügte sogar bei: Bedenken Sie, meine Herren, "Volksstimme, Gottesstimme," und glaubte uns dadurch entweder zur Anerkennung eines vermeintlichen demagogischen Grundsatzes oder zu einem Widerspruche mit dem Principe der demokratischen Freiheit zu setzen. — Ja, Volkes Stimme ist Gottes Stimme, denn sonst hätte das Christenthum nicht gesiegt über das Heidenthum, und nicht die Freiheit über die Sclaverei und die Leibeigenschaft; aber eine dem Volke eingeflüsterte Stimme, ob von Demagogen oder Reactionären, bleibt immer eine falsche, dem Volke fremde Stimme. Wollt ihr die in dem Herzen jedes civilisirten Volkes sich verkündende Gottes Stimme vernehmen, so befragt es um die Anwendung des Gottesgebotes: "Liebe deinen Nächsten wie dich selber." Wirket in diesem Sinne ein, Ihr treuen Vertreter der constitutionellen Freiheit in Tirol, und gewiß wird in Bälde das biedere, hochherzige Volk Tirols sich Eurer Mißbilligung der Vertreibung der protestantischen Zillerthaler durch eine werkthätige Ausübung christlicher Duldung anschließen.
Der Herr Abgeordnete für Tachau hat hier sehr Vieles, worauf ich unmöglich schweigend bleiben kann, auf dieser Rednerbühne geäußert. Ich würde es nicht berühren, wenn es nicht immer eine Manifestation des Ministeriums, wenigstens jenes des Cultus wäre.
Er kennt nur zwei Principien: das der Bevormundung oder der Freiheit der Kirche. Ich kenne noch ein drittes Princip, nämlich das der ultramontanen Hierarchie in Vereinbarung mit dem Staate. In der ganzen Rede des Herrn Abgeordneten für Tachau, wo er den Laien beständig Begriffsverwechslung vorwarf, ist jedesmal der dreifache Begriff von Kirche, dasselbe Wort jedoch in sehr verschiedenem Sinne gebraucht. Er hat sich dagegen verwahrt, daß man die Hierarchie von dem Begriffe Kirche scheide; — er hat Recht. In meiner ersten Rede habe ich die nothwendige Abstufung eben auch als das Wesen der Hierarchie kat' exokhen geltend gemacht. Allein die ultramontane Hierarchie ist es, die Kirche als eine unsichtbare göttliche Gewalt, und ihre Erscheinung nach außen hin als eine kirchliche Gemeinde, welche dreifachen gänzlich verschiedenen Begriffe in seiner Rede durcheinander geworfen waren. Seines Lobes Kaiser Joseph des II., das mir wehe that als Impietät, will ich weiter nicht erwähnen; es war eine Impietät in der Form, wie vorgebracht wurde, wie Kaiser Joseph beschuldiget war, nämlich das System eines unbedingten Herrscherwillens geschaffen zu haben. Wollte Gott, es hätten von jeher alle Fürsten den unbedingten Herrscherwillen zum Schutze des Bauers und Bürgers gegen den Uebermuth der Mächtigen und Hohen, es hätten alle durch ihren unbedingten Herrscherwillen die religiöse Duldung, die Rede- und Preßfreiheit, und die Gleichheit vor dem Gesetze zu einer Wahrheit gemacht, so wäre es niemals dahin gekommen, daß auch der Herrscherwille des Volkes seine Ansprüche gemacht hätte, obwohl er sich immer weise selber beschränkt und nur constitutionell seinen Willen ausüben will. — Wir wollen also Kaiser Josephs System in dem Sinne nicht halb, wie der Herr Abgeordnete für Tachau meinte, wir wollen es ganz, aber so wie es für die heutige Zeit paßt: als das constitutionell-garantirte System der Geistesfreiheit und der Wohlfahrt des Volkes.
Der Herr Abgeordnete für Tachau meinte, wenn nicht das von ihm vorgeschlagene System hier angenommen würde, so könnte der sociale Krieg nicht hintangehalten werden, was weit schrecklicher wäre, ais die Sündfluth. Allerdings wäre ein solcher Krieg das Entsetzlichste, aber ich hoffe, daß der liebe Gott die Freiheitssünden der Völker noch nicht, hinwegschwemmen und die kaum begonnene Civilisation des Menschengeschlechtes schon jetzt zu einer tabula rasa machen werde, nachdem er so lange und so viel Geduld gehabt hat mit den Sünden der Vöikerunterdrücker. (Bravo rechts.)
Er findet vor Allem nöthig, um einem so entsetzlichen Unheile zu begegnen, sittliche Schranken, religiöse Gesinnung und Freiheit der Kirche! Nun das ist aber ganz dasselbe, was wir wollen, nur die Mittel dürften etwas verschiedener Natur sein. Wir glauben nicht, daß die sittlichen Schranken der Polizeistaat zu geben vermöge durch seine Präventivmaßregeln; wir glauben nicht, daß durch eine ultramontane Gesinnung die religiöse Duldung gefördert werde. Und was der Abgeordnete für Tachau unter Freiheit der Kirche versteht, das zeigt sich aus einigen weiteren Aeußerungen. Die Kirche soll frei sein, unbeschadet aller bisherigen Rechtstitel des Rechberger'schen Kirchenrechtes, des jus advocatiale, jus inspectionis, jus principis und des jus circa sacra, und außerdem des dem Landesfürsten traft besonderer Erwerbungen zustehenden Rechtes. Die Freiheit der Kirche soll auf dieser Grundlage durch eine besondere Vereinbarung mit den dazu berufenen Organen durch ein Nachtragsgesetz geregelt werden. Also alles Mögliche! nachttägliches Gesetz, Concordat — eigentlich weiß man nicht was; jedenfalls aber keine kirchliche Freiheit, da von der Freiheit der kirchlichen Gemeinde auch nicht ein Wort in des Abgeordneten Rede vorkömmt.
Joseph II. System nannte er eine Entwürdigung der Kirche, weil es sie nur als eine Polizeianstalt des Staates und die Bischöfe nur als die Organe ansieht, welche es in Ausführung bringen. Nun, wird das besser gemacht, wenn der Staat sich alle jene Rechte vorbehält, und insbesondere auch das Recht, alle höheren Kirchenämter selber zu besetzen? Der Herr Abgeordnete hat eine Furcht vorausgesetzt, er hat gesagt, die Kirche hat einen Mirabeau, Gregoire, einen Robespierre, einen Napoleon durchgemacht und bestanden, sie wird auch den Abgeordneten für Olmütz bestehen. Ich bin gewiß nicht für die frivole Behandlung eines Stoffes, der ein heiliger auch für mein Herz ist; aber fragen muß ich doch, warum hat der Herr Abgeordnete für Tachau nicht viel lieber statt Napoleon, der ja wieder zur Alma Mater flüchtete, eines Tayllerand gedacht? Versagen wir aber der Kirche, fuhr der Herr Abgeordnete fort, was sie verlangt, dann kann uns allerdings bange werden vor der Macht der Kirche; denn dann dürfen wir nicht erwarten, daß sie mit ihrer Macht unserer Constitution zu Hilfe kommt. Welche Kirche meinte der Herr Abgeordnete? die ultramontane Hierarchie? Von der erwarte ich nicht, daß sie unserer Constitution zu Hilfe kommen wird. Meint er aber die katholische Kirche, wie alle Katholiken sie verstehen, welche im Geiste jenes wissenschaftlichen Katholicismus fortgeschritten sind, die sich deßhalb nicht losgesagt hat von Rom, die auch das Primat Roms anerkennt, meint er diese, dann stehe ich ihm dafür, die katholische Kirche werde gehen mit der constitutionellen Freiheit. "Wenn Jemand etwas begehrt," fügt er hinzu, "so ist es ja ganz natürlich, daß er die Gränzen Desjenigen überschreitet, was der andere gewähren kann. Das sagen die Episcopate, es kommt nun darauf an, was wir dazu sagen werden." Ich sage zu diesem gar nichts. (Heiterkeit.) Staat und Kirche müssen Hand in Hand gehen und dann wird dem Abgeordneten vor der Freiheit der Kirche nicht bangen; mir aber gar sehr für unsere constitutionelle Freiheit. In diesem Falle heißt es nichts Anderes als: Laßt uns ultramontane Bischöfe die unverantwortlichen Minister sein in euerem constitutionellen und jetzt auch in unserem constitutionalisirten Staate, abhängig von einem absoluten Fürsten, der durch Concilium auch ein constitutioneller war, in früheren Jahrhunderten, und hoffentlich wieder werden wird, da noch das Basler Concilium die Anordnung von einem Concilium für je zehn Jahre angeordnet hat. — "Die Reformen in der Kirche dürfen nicht von Laien ausgehen, das Heiligthum" — hört! — "der eleusinischen Geheimnisse durften nur Eingeweihte betreten, — odi profanum vulgus et arceo." — Dieser profane Vulgus, er wurde auch so behandelt von der römischen Rechtsgelehrsamkeit, er wurde auch so behandelt von der Diplomatie. Was aus dem Leben erwächst als ein heiliges Gut der Menschheit, da paßt nicht darauf das: odi profanum vulgus. Durch seine Geltendmachung gegen das Metternich'sche System, welches auch so sprach, verdankt der Herr Abgeordnete heute seinen Sitz auf der Ministerbank. (Bravo.) "Wer zur Reform der Kirche Hand anlegen will, muß vor Allem kirchliche Gesinnung und Beruf mitbringen." Kirchliche Gesinnung wird, mit aller gebührender Ehrerbietung vor den Bischöfen gesprochen, doch gewiß bei den Laien vorausgesetzt werden. Denn hätten die Laien sämmtlich keine kirchliche Gesinnung mehr, dann wäre es auch mit dem Episcopate zu Ende. Oder meint der Abgeordnete für Tachau, daß nur Professoren des Kirchenrechtes etwa den Beruf zu Reformen der Kirche haben?
Man schaffe uns, sagt er, diejenigen Zustände, indem er auf frühere Jahrhunderte hinweist, diejenigen Zustände und Verhältnisse der ersten christlichen Jahrhunderte, und führt nach seiner Weise einen Beweisgrund ad absurdum an, indem er auf die herzinischen Wälder verwies. Nun in den herzinischen Wäldern da war Preßfreiheit, da waren Geschwornengerichte, und bei den alten Römern war Rede-, und wenn auch nicht Preßfreiheit, so kam es doch auf Eines heraus, die freie Veröffentlichung der Bücher in 100.000 von Abschriften. Also diese Güter alle sollten wir nicht wieder verlangen dürfen, ohne nicht zugleich zu allen übrigen schlechten Zuständen der damaligen Zeit, denen sie noch unantastbar angehört haben, zurückkehren zu müssen. Verlangen wir etwa alte Reformen? Wir wollen das Wesen, und da kann man nicht auf diese Weise, die mit Recht verlangen, abfertigen.
Auch ich habe die Nothwendigkeit der Hierarchie schon in meiner ersten Rede anerkannt, ich bin Katholik, und ein Hauptprincip desselben ist eben jener wohlthätige Universalismus, der den Katholicismus schützt vor einer endlosen Zersplitterung in Sectirerei. Ich will auch nicht einmal, wie ein Herr Abgeordneter, der selber der Kirche angehört — nicht als Bischof — daß die Kirche arm sei. Nein, wenn es im Evangelium heißt: "Viel leichter geht ein Kameel durch ein Nadelöhr, als daß ein Reicher in das Himmelreich einginge," — so gilt das nur von den hartherzigen Reichen. Die zahllosen wohlthätigen Stiftungen, die zahllosen Summen, welche in Humanitätsanstalten aller Art über den Boden Oesterreichs weithin ausgebreitet sind, sie dienen zugleich als Beweis, daß sehr viele Reiche einen guten Gebrauch von ihrem Reichthume zu machen wissen, und sehr viele Arme, die morgen reich werden, sind hundertmal ärger als gar mancher Reiche. Ich will also die Kirche nicht tadeln; es ist etwas Anderes ein Urzustand, es ist etwas Anderes ein fortgeschritten sein, ein Organisirtes, ein ungeheuer verbreitet sein, ein organisirt worden sein. Reichthum ist Macht, die Macht wohl angewendet wird wohl Niemand hinwegwünschen; durch ein reges kirchliches Gemeindeleben ist sie überwacht, durch freie Selbstverwaltung unter Beiziehung der Laien zur Priesterschaft, dann kann nur, wird nur ein guter Gebrauch gemacht werden. Die katholischen Gemeinden werden gewiß nicht wünschen, daß ihr Gottesdienst alles jenes Schmuckes, dieses schönen zu Andacht stimmenden Beistandes der Kunst entkleidet werde, wodurch auf die schwache Natur des Menschen mit eingewirkt werden muß, was, wenn man es vernachlässiget, zum weit bedauerlicheren Muckerthum führt, wie wir es bei den Protestanten finden, und so der Einseitigkeit der Verstandesrichtung in dieser Weise doch wieder der Phantasie, vielleicht auch der Sinnlichkeit, dem Gemüthe Rechnung tragen muß.
Ich will nicht die Bischöfe arm; wir selber genießen hier das Gastrecht eines Kirchenfürsten, über den nur eine Stimme ist, wo wir nur einen Blick hinauswerfen dürfen, um den weisen Gebrauch der ihm anvertrauten Güter zu sehen. (Beifall.) Die Kirche selber ist reich auch an hohem Adel, der in die Kirche übertreten ist; deßhalb aber werde ich nicht wie der Abgeordnete für Tachau die Besetzung der höheren Kirchenämter dem Staate allein vorbehalten, damit auch die Kirche herabgewürdiget werde zu einer Sinecur für die nachgeborenen Söhne des Adels. (Bravo.) In Prag lebt jetzt noch der Name eines Fürsten Salm und des Fürsterzbischofes Thun, und der Name des heiligen Carolus Boromäus aus einer der ersten Familien Italiens beweist uns wie die höchsten Kirchenämter mie hoher weltlicher Geburt in evangelischer Einfalt, Demuth und Hinopferung für das Volk, durch Uebung aller christlichen Tugenden, auch während der Pest, wohl vereinbar ist. Es gleicht die katholische Kirche, wie sie sich allgemein verbreitet hat, ungefähr der ursprünglichen Küstenfahrt, da reicht ein Nachen hin, ein Canot; geht es zur Weltverbreitung weit in die See, da bedarf es natürlich ganzer Flotten, großer Schiffe, endlich auch der Admiräle. Ich werde daher weder in dieser Beziehung tabulam rasam machen, noch dem reinen Utilitäts-System huldigen, welches überall und überall nur Kartoffelfelder sehen möchte und alles Schöne, Große, alles Erhabene, was auch mit zu dem höchsten Zwecke der Menschheit gehört, entbehrt wissen wollte, auch das nur zu einer Ernährungsanstalt gemacht wissen will. Daß nun in dieser Beziehung, sobald nämlich die constitutionelle Freiheit gewahrt ist, auch das kirchliche Gemeindeleben, und das kirchliche Gelübde in seiner Entfaltung, der volle freie Verkehr mit Rom nicht gehindert werden könne, solle, dürfe, ist meine einfache constitutionelle Ueberzeugung; eben so wenig, wofern es nicht — und dann hätte allerdings der Staat nicht nur das Recht, sondern die Pflicht einzuschreiten — in der Form von Täzel'scher Ablaß-Krämerei mißbraucht werde, wenn Summen Geldes nach Rom zu religiösen Zwecken gehen, wer dürfte das hindern? Hindert man im constitutionellen England, daß Millionen für die Bibelverbreitung nach Auswärts hinwandern? dürfen wir hindern, wenn heute wieder der Tempel zu Jerusalem erbaut wird, und unsere Frommen, glaubigen Israeliten ihre Beiträge hinsteuern? Gewiß nicht. Endlich, verhindert man die Engländer, die zwanzig Millionen Pfund Sterling jährlich während der Sommersaison nicht im Lande, sondern außerhalb desselben zu verzhren, in ihrem constitutionellen Freiheitsrechte? Nein, von allem dem wird man keine Gefahr, keinen Mißbrauch zu fürchten haben, wenn die constitutionelle Freiheit zar Grundlage des Seins gemacht wird.
Ebenso gilt es hinsichtlich der Reform. Bezuglich der Glaubensartikel unterfertige ich das: "odi profanum vulgus", wenngleich in einem anderen Sinne; es gehört Concilien an, oder wir würden von vornherein dem Katholicismus selber seine Grundlage rauben; allein für alle übrigen weltlichen Beziehungen, in welche nothwendig die Kirche auch treten muß, da hat die Gemeinde das Recht, und es haben die Ministerialen der Kirche die Pflicht, dieses Recht zu erkennen, sich an der freien Selbstverwaltung zu betheiligen.
Ich habe schließlich zu diesem Paragraphen ein Amendement gestellt, welches die beiden früheren Paragraphen bis auf den ersten Absatz des §. 13 mit einschließt. Eigentlich habe ich es nur gestellt, um des Herrn Abgeordneten für Tachau willen, um ihm zu beweisen, daß man ein Amendement streng logisch abfassen könne, daß man einerseits, was er nicht gethan hat in seinem Amendement, wohl Präventivmaßregeln des Staatee den Riegel vorschieben müsse, und andererseits keine Willkürgesetze dürfe einschmuggeln lassen; endlich aber, woran mehrere bisher eingebrachte Amendemente zu meinem Bedauern sehr leiden, die Grundrechte nicht durch Rudimente von organischen Gesetzen, ich möchte sagen, entstellen dürfen. Was sollen unsere Grundrechte sein? Die mächtigen Quadern zum Grundbau für die Constitution; da hilft ein Conglomerat der mürben Gesteine der Amendements sehr wenig, leicht könnte der Ueberbau dann einstürzen, und ebenso ist es klar, daß organische Gesetze aus der Constitution selber und aus dem constitutionellen Leben sich werden entwickeln lassen müssen. Mein Antrag lautet also:
"Die Selbstständigkeit jeder Kirche bezüglich ihres eigentlichen Wirkungskreises auf dem Gebiete des religiösen Glaubens, insoferne er nicht in den weltlichen Bereich der Staatsgewalt übergreift, ist unbedingt gewährleistet. Jeder solchen zu einer kirchlichen Gemeinde vereinten Glaubensgenossenschaft wird bezüglich ihres kirchlichen Gemeindelebens nach dem constitutionellen Grundsatze einer freien Selbstverwaltung der volle Rechtsschutz verbürgt, und derselbe auch jedem einzelnen Staatsbürger gegen Antastungen der persönlichen Freiheit oder der constitutionellen Rechte und Pflichten zugesichert, mögen nun diese Verletzungen von einer fremden oder der eigenen Kirche ausgehen."
Präs. Ich werde einige Abänderungsanträge zur Unterstützung bringen. Der Antrag des Abg. Borrosch lautet: (Wie oben.) Wird dieser Antrag unterstützt? (Geschieht.) Er ist unterstützt. — Der Verbesserungsantrag des Abg. Dylewski lautet:
"Die Rechte und Pflichten des Patronats gehen auf die Pfarrgemeinde über. An der Wahl der übrigen Vorsteher der christlichen Kirche, sowie an jener der Vorsteher anderer Religionsgesellschaften haben, soferne dieselbe bisher dem Staate oder sonst Jemanden kraft eines Rechtstitels zustand, die Glaubensgenossen des Bezirkes Antheil zu nehmen, welcher dem zu wählenden Kirchenvorsteher unterordnet ist. Ueber die Substanz des Kirchen- oder sonstigen Confessionsvermögens kann in Bezug auf das Vermögen einzelner Pfarreien ohne Zustimmung der Pfarrgemeinde, in Bezug auf das Vermögen der Bisthümer und Capitel ohne Zustimmung der zu der betreffenden Diöcese gehörenden Glaubensgenossen, endlich in Bezug auf die in einer Provinz bestehenden Klöster und religiösen Stiftungen ohne Zustimmung der Glaubensgenossen der betrefsenden Provinz nicht verfügt werden. Die bisherigen Amortisationsgesetze verbleiben in ihrer Wirksamkeit, und können stets von der Staatsgewalt abgeändert werden. — Alle übrigen Angelegenheiten der Kirche und anderer Religionsgesellschaften verbleiben denselben mit Rücksicht auf §. 13 und 14 der Grundrechte zur ausschließlichen Besorgung."
Wird dieser Verbesserungsantrag unterstützt? (Wird zureichend unterstützt.)
Es hat noch der Abg. Cajetan Mayer einen Verbesserungsantrag gestellt. Er lautet:
"Jede Religionsgesellschaft (Kirche) ordnet und verwaltet ihre inneren Angelegenheiten selbstständig, bleibt aber wie jede andere Gesellschaft im Staate den Staatsgesehen unterworfen. Die Verhältnisse zwischen Staat und Kirche, insbesondere in Beziehung auf das Kirchenvermögen und die Wahl der Kirchenvorsteher, sowie die Bedingungen, unter welchen Klöster und geistliche Orden zu bestehen haben, werden durch besondere Gesetze bestimmt."
Ich werde mir erlauben, jetzt auf den Schluß der Sitzung anzutragen. Die nächste Sitzung ist morgen um 9 Uhr, und die Tagesordnung: die Verlesung des heutigen Protokolles und die Fortsetzung der Debatte über den §. 15. Die Redaction der stenographischen Berichte haben in dieser Woche zu besorgen die Herren Wildner, Schuster und Schneider. Ich ersuche die Herren, sich mit der Redaction zu befassen.
Die heutige Sitzung erkläre ich für geschlossen.
(Schluß um 2 1/4 Uhr Nachmittags.)