Pondìlí 7. øíjna 1878

an die Commission für Gemeinde- und Bezirksangelegenheiten zu deschließen.

Snìm. akt. Lederer: Co do formálního pojednání, ponavrhuje se, aby záležitost ta pøikázána byla komisi pro záležitosti obecní a okresní.

Oberstlandsmarschall:

Žáda nìkdo za slovo ?

Wünscht Jemand das Wort?

Diejenigen, welche dem Antrage zustimmen, wollen die Hand erheben.

Kteøí jsou pro ten návrh, nech pozdvihnou ruku.

Der Antrag ist angenommen.

Rächster Gegenstand ist der Landesausschuß bericht über das Gesuch der Gemeinde Polkendorf um Bewilligung der Verwendung des Steuergeldfondes per 683 fl. 86 fr. für Schulzwecke in der Gemeinde Polkendorf.

Nám. nejv. marš.: Nejblíže pøíští pøedmìt rokování je zpráva zemského výboru o žádosti obce Polkendorfu za povolení, aby èástka 683 zl. 86 kr. vypadající z kontr. fondu, vynaložena býti mohla k úèelùm školním v obci tamnìjší.

Oberstlandmarschall: Berichterstatter ist derselbe.

Dr. Schmeykal: Die Gemeinde Polkendorf im Bezirke Arnau hat im Jahre 1877 ein neues Schulgebäude aufgeführt mit einem Kostenaufwande von 4219 fl. 60 kr. Nach einer Abzahlung von 3400 fl. blieb sie noch einen Rest Von 800 fl. Schuldig. Es handelt sich um die Bedeckung dieses restlichen Aufwandes, und die Gemeinde Beschloß im Einvernehmen mit den Theilnehmern des Steuergeldfondes, dazu ein Stammkapital von 683 fl. 86 kr. zu verwenden. Diese Verwendung ist Schon geschehen, und der Landesausschuß findet seinen Grund, der Gemeinde diesfalls entgegenzutreten, stellt vielmehr den Antrag, daß der hohe Landtag die Bewilligung zu dieser Vertleilung aussprechen, beziehungsweise die schon geschehene Verwendung nachträglich genehmigen wolle. In formeller Beziehung wird der Antrag gestellt, daß diese Angelegenheit der Commission für Bezirks- und Gemeindeangelegenheiten zugewiesen werde.

Snem. akt. Lederer: Slavný snìme raèiž se usnésti takto:

Úèastníkùm kontribuèenského penìžního fondu v obci Polkendorfu povoluje se podle §. 6. zákona ze dne 7. èervence 1864 a §. 68 odst. 2. zøízení obecného rozdìlení kmenového kapitálu 683 zl. 86 kr. pokud se týèe schvaluje se vynaložení kapitálu onoho na stavbu školy obecní v Polkendorfu.

Co do formálního ponavrhuje se, aby záležitost tato odevzdaná byla komisi pro okresní a obecní záležitosti.

Nejv. marš.: Žádá nìkdo za slovo?

Wünscht Jemand das Wort? Diejenigen, welche dem Antrage zustimmen, Wollen die Hand erheben.

Kteøí jsou pro ten návrh, nech pozdvihnou ruku.

Der Antrag ist angenommen.

Nächster Gegenstand ist der Landesausschußbericht betreffend das Gesuch der Gemeinde Dudin um nachträgliche Bewilligung zur Verwendung des Steuergeldfondes.

Nám. nejv. marš.: Nejblíže pøíští pøedmìt rokování je zpráva zemského výboru o žádosti obce Dudína za dodatné schválení vynaloženého kmenového jmìní kontr. obilního fondu penìžního v èástce 854 zl. k úèelùm školním.

Berichterst. Dr. S ch m e y k a l: In den Jahren 1874 und 1875 wurde von der Gemeinde Dudin der Bau einer neuen Schule unternommen und von der Gemeindevertretung im Einverständnisse mit den Fondstheilnehmern beschlossen, die dem Steuergeldfonde gehörigen Capitalien pr. 854 fl. zur theilweisen Deckung des mit 1854 fl. 76 kr. veranschlagten Bauaufwandes zu verwenden, was geschehen ist. Die Erhebungen, welche hierüder gepflogen worden sind, rechtfertigen den Vorgang in meritorischer Beziehung, wenn auch nicht in formeller. Seitens des Landesausschußes wird be-antragt, zu dieser Verwendung des Stammkapitals des Steuergeldfondes die Genehmigung auszusprechen und in formeller Beziehung wirb die Ueberweisung an die Bezirks und Gemeindekommission zur Vorberathung beantragt.

Snìm. akt, Lederer: Slavný snìme raèiž se usnésti jak následuje: Úèastníkùm kontrib. penìžního fondu v obci Dudínì udílí se podle §. 6. zákona ze dne 7. èervence 1864 a §. 68: odst. II. zøízení obecného povolení k rozdìlení kmenového kapitálu 854 zl. vztahmo dodateèné schválení provedeného již vynaložení sumy té na stavbu školy obecní v Dudínì.

Co do formálního navrhuje se pøikázati záležitost tuto komisi pro obecní a okresní záležitosti.

Oberstlandmarschall: Wünscht Jemand das Wort?

Žáda nìkdo za slovo?

Diejenigen, welche dem Anträge zustimmen, wollen die Hand erheben.

Kteøí jsou pro ten návrh, nech pozdvihnou ruku.

Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen nun zur ersten Lesung des Anträges des Abg. Dr. Ruß auf Revision der Gemeindevertretung.

Nám. nejv. marš.: První ètení návrhu poslance pana Dr. Russa na revisi obecního zøízení.

Oberstlandmarschall: Der Antrag ist bekannt.; es dürfte daher von der Vortesung Umgang genommen werben und ich ertheile Herrn Dr. Ruß das Wort.

Abg. H. Dr. Ruß: Hoher Landtag!

Nicht ohne einiges Zögern ergreife ich das Wort zur Begründung eines Antrages, dessen Wichtigkeit und Bedeutung mir gerade in diesem Augenblicke klar vor der Seele steht. Nieht blaß dieser Umstand ist es, sondern auch ein anderer, aus der Geschäftsordnung hergeholter, welcher mir eine gewisse Reserve aufzwingt u. z. jene Bestimmung der Geschäftsordnung, welche in merito nur dem Antragsteller Bei der ersten Lesung das Wort zur Begründung gestattet. Es zwingt mich dies sowohl, mich auf formale Vorschläge zu beschränken, als auch in ber Begründung dessen, mas ich für die Plausibilität dieser Vorschläge vorzubringen habe, mich auf jene Umstande zu Beschránken, welche zienlich unbestritten sind, und mich ferne zu halten von Behauptungen: von Argumentationen, welche entweder als zum Fenster htnausgesprochen gelten könnten, ober welche des halb nicht ausgesprochen werben sollten, weik sie eine Entgegnung tu derselben Stunde nicht finden können, ja weil sie in dem Falle vielleicht eine Entgegnung gar nicht sinden könnten,, wemm der hohe Landtag etwa beschließen sollte, meinen Antrag nicht an eine Kommission zu verweisen. Es würde im Gegentheil, wenn ich mir diese Beschränkungen nicht auferlegen wollte, ausehen können, als ob ich gerade durch die gemachten Behauptungen eine Pression auf den hohen Landtag ausüben würbe, der sich eben, um die Gelegen-; heit zur Widerlegung dieser Behauptungen zu sinden, bewogen finden könnte, meinen Antrag an eine Kommission zu weisen und so noch einmal auf die Tagesordnung zu Bringen.

Erwarten Sie daher, meine Herren, keine lebhaft gefärbte Darstellung ober dramatische Exkursionen in einer Angelegenheit, welche von außerordentlich praktischer Bedeutung ist.

Gestatten ste mir in trockenen und schlichten Worten den Gegenstand zu erledigen, welcher mir zur Erledigung obliegt.

Es ist vor allem andern darauf hinzuweisen, daß seitdem die Gemeindeordnung vom 16. April 1864 durch diesen hohen Landtag beschloßsen wurbe, in ber Competenz der Gesetzgebung in Gemeindeangelegenheiten eine Verschiebung eingetreten ist. Bis zum Jahre 1867 hatte die Landesgesetzgebung nur das Recht, die näheren Anordnungen in Be= treff der Gemeindegesetzgebung zu erlassen, auf Grundlage jener Principiell, welche in dem Reichsgesetze über die Gemeindeordnung enthalten waren. Seit dem Jahre 1867 hat sich die Competenz geändert, und die Gemeindegesetzgebung in

ihrem ganzen, Umfange ist an die, Landesgestzegebung übergangen, - beiläufig gesagt, einer jener merkürdigen staatsrechtlichen Fálle, in welchem eine Landesordnung ihre Abanderung erfahren hat, ohne Intervention des Landtages, merkwürdiger aber noch deßhalb, weil gegen diese uhne Intervention des Landtages eingetretene Aenderung - wenn auch Erweiterung aber doch Aeuderung - der Landesordnungsmäßigen Kompetenz, von gar keilner Seite irgend ein Einspruch erhoben werden ist. Es wird also die Revision der Gemeindegesetzgebung ganz allein. Sache des Landtages sein und das gestattet auch jene Vestimmung, welche iu dem ursprunglichen Reichsgesßtze, enthalten mar, derzeit in die Landesgesetzgebung voll einzubeziehn.

Die Mangel, welche an der derzestigen Gemeindegesetzgebung hasten, sind vielerkei, Art; es ist mir nicht möglich, sie alle aufzuzählen; ich wurde den hohen Landtag zu sehr, ermüden. Ich will auch ferne bleiben davon, einen Gruff zu thun in den Anekdotenschatz über Vorgänge des autonomen Lebens; denn solche Anekdotenschätze ließen steh in allen Competenzen und Verwaltungsweigen sinden, und es würde damit wohl etwas zur Cr= heiterung und Unterhaltung, Nichts aber zur Sache beigetragen werden; ich werde mich daher vollständig davon fernhalten.

Wenn wir untersnchen, auf welchen Grundsätzen das lebendige Wesen der Gemeinde ruht, so müssen mir uns erinnern, daß der Wukungskreis der Gemeinde als ein zweifacher, in der Gesetzgebung aufgefaßt wird und zwar als selbstständiger und übertragener oder als, autonomer, und übertragener oder, wie man gesagt has, als "natürlicher", wobei man ganz übersehen hat, baß mit dieser Bezeichnung gleich der Verdaucht herbeigeführt würde, als wäre, der übertragene ein nicht oder minder natürlicher als der autonome.

Die Desinition dieses autonomen Wirkungskreises murde nilsach versucht: wer sich an die interessante. Debatte des Abgeordnetenhauses tut Jahre 1861 ermnext, wird wissen, daß man darauf verzichtet hat, eine erschöpfende Desinition autonomen Wirkunfskreiser zusinden und daß man endlich darauf gekommen ist zu sägen, es bestehe ber selbstständige Wirkungskreis darin, daß er alles umfafft, was das Interesse der Gemeinde zunächst berührt, innerhalb ihrer Grenzen durch ihre eigenen, Kräfte besorgt und durchgeführt werden kann,

Ob nun aber, die Enumeration, welche das Gesetz der Definition anfügt, dieser auch entspricht, ist etwas, was sehr bezweifelt werden kann. Untersuchen wir die einzelnen Bweige des selbstständigen Wirkungskreises der Gemeinde, so werden wir zweierlei finden: einmal, daß dieser selbstständige Wirkungskreis der Gemeinde so außerordentlich umfassend ist, daß er ausreichen würde, die Gemeinde voll zu beschäftigen und daß er Selbst schon über jene Grenzen und Kräfte weit hinausreicht, welche in der Definition des selbstständigen Wirkungskreises Bezeichnet werden wollten.

Gestatten Sie wir eine Enumeration: Für die Sicherheitder Personunddes Eigent h u m s hat die Gemeinde im selstständigen Wirkungskreise zu sorgen, sie hat das Meldungswesen zu besorgen, Maßregeln gegen Arbeitsscheue und Landstreicher zu ergreifen, die polizeiliche Abschaffung, das Schubwesen zu verwalten, die Befolgung des Waffenpatentes zu überwachen und einige andere mindere Obliegenheiten; ferner hat sie die B e r k e h r s- und F l u rpolizei, die Strassenpolizei und die Stras= senerhaltung zu besorgen, sie hat den Verkehr auf den Gewässern zu überwachen, bei Ueberschwemmungen den Gefahren vorzubeugen u. s. w. und hat das Feldschutzgesetz zu handhaben, ein Gesetz, welches erst vor wenigen Jahren, ich glaube es ist 2 Jahre her, geschaffen wurde. Es mag mir gerade hiebei gestattet sein, ba ich schon damals die Besorgniß ansprach, ob das Gesetz nicht überhaupt auf dem Papiere bleiben wird, nur an zwei dieser Bestimmungen zu erinnern.

Jede Gemeinde ist verpflichtet, Flurwächter aufzustellen.

Ich möchte nicht wünschen, daß eine Statistik, aber eine richtige Statistik, über die Durchführung dieser Bestimmung im Lande herbeigeschafft würbe, denn ich glaube, sie würde den traurigen Beweis liefern, daß ein ganz geringer Percentsatz der Gemeinden dieser Verpflichtung nachkommt. Ober man hat damals mit Aufgebote von Kraft und Witz die Strickweide verboten und ich habe im vorigen Jahre, als mich der Weg auf der Eisenbahn von Budweis nach Prag führte, Gelegenheit gehabt, in allen Gemeinden an der Eisenbahn die Strickweide in voller Blüthe zu sehen. (Bravo!)

Die Handhabung dieses Gesetzes, also auch dieser Bestimmungen, gehört in den autonomen Wirkungskreis der Gemeinde.

Wir kommen zu einem wetteren Punkte des autonomen Wirkungskreises, der Lebensmittelpolizei. Es soll die Ueberwachung des Marktverkehres eintreten und die Ueberwachung von Maß und Gewicht.

In einem weiteren Punkte handelt es sich um die Gesundheitspolizei; hier ist das Gesetz vom 30. April 1870 über die Einrichtung des Sanitätsdienstes wichtig; das ist einer der wundesten Punkte des autonomen Wirkungskreises. Hieher gehören die Ueberwachung des Gesundheitszustandes an öffentlichen Orten und in Wohnungen, von Canälen und Gewässern, des Trink- und Nutzwassers, der Bieh- und

Fleischbeschau und der Badeanstalten, die sanitätspolizeiliche Ueberwachung von Leichenkammern und Friedhöfen, Biehmärkten und Biehtrieben, die Aussstellung von Viehpässen, die nöthigen Maßregeln gegen Epidemien und Thierseuchen u. s. w., alles das verlangt man im autonomen Wirkungskreise von der Gemeinde.

Wir kommen zu der Dienstboten- und Arbeit er polizei. Die Handhabung der gesammten Dienstbotenordnung ist Sache der autonomen Gemeinden, ebenso die Fremdenpolizei:

Es folgt die Sittlichkeitspolizei, die Ueberwachung der Gasthäuser, der Tanzmusiken und öffentlichen Schaustellungen, Hintanhaltung verbotener Spiele.

Weiters obliegt der Gemeinde im autonomen Wirkungskreise die Sorge für das Armenwesen und die öffentlichen Wohlthätigkeits-Anstalten.

Und nun kommen wir zu einem großen Capitel: der autonomen Bau- und Feuerpolizei.

Wer, ber irgend einmal längere Zeit in Gemeinden sich aufgehalten hat, weiß nicht, wie die Bauordnung gehandhabt wird ?

Ich glaube erwarten zu dürfen, daß die Bauordnung nicht nur aus administrativen und competenzpolizeilichen, sondern auch aus technischen Gründen demnächst einer Umarbeitung wird unterzogen werben müssen.

Bei dieser Gelegenheit wirb es auch möglich sein zu beurtheilen, ob die Baupolizei in den Händen der Gemeinde bleiben kann und bleiben darf.

Ebenso verhält es sich mit der Fenerpolizeiordnung aus dem Jahre 1876.

Wenn die Aufgaben, welche die Gemeindevorsteher durch dieses Gesetz erhalten, nur in dem hundertsten Theile der Gemeinden wirklich durchgeführt sind, so will ich mich zufrieden stellen. Ich glaube aber, baß, wenn die Bestimmungen der Feuerpolizeigesetze genau gehandhabt werden sollten, wahrscheinlich ein Sturm der Entrüstung von den Gemeinden ausgehen würde, mit der Bitte, das Gesetz nicht zu vollstrecken. Ich gebe zu, daß alle diese Gesetze ganz vortrefflich sind, ich gebe zu, daß sie sogar in kräftigen Gemeinden, namentlich in Stadtgemeinden mit Erfolg und zwar mit aussreichendem Erfolg zur Durchführung gelangen könnten, bestreite aber, daß sie bei der großen Zahl von kleinen und unkräftigen Gemeinden auch nur zum geringsten Theile Durchführung erlangen.

Ich will vom Schulwesen nicht sprechen, weil dasselbe einer großen, anderweitigen Organisation angehört, welche hier nicht ber Erörterung unterzogen werben kann; ebenso will ich von mehreren kleineren Angelegenheiten, welche dem autonomen Wirkungskreise angehören, keine Erwähnung thun; aber das ist klar, viele der Agenden, welche hier angeführt worden sind, sind staatlich. er Natur, betreffen Bedürf. nisse des allgemeinen Wohles ober doch mindestens jenes größerer gesellschaftlicher Kreise und nicht in erster Linie Interessen der Gemeinde.

Es ist also nicht richtig, wenn vom theoretischen Standpunkte aus die Agenden, welche jetzt Berührt wurden, in den autonomen Wirkungskreis einbezogen werden. Es ist noch weniger richtig, wenn man den autonomen Wirkungskreis so desiuirt wie das Gesetz selbst, baß in denselben nur dasjenige gehöre, was innerhalb der Grenzen der Gemeinde liegt und durch eigene Kraft der Gemeinde besorgt und durchgeführt werden kann.

Ich gelange nunmehr zum übertragenen Wirkungskreis. Im übertragenen Wirkungskreis hat es sich die Gesetzgebung sehr leicht gemacht. Sie hat den übertragenen Wirkungskreis denjenigen genannt, der die Verpflichtung der Gemeinden enthält zur Mitwirkung zu Zwecken öffentlicher Verwaltung und zwar im Rahmen der allgemeinen Gesetze, wie innerhalb des Rahmens der Landesgesetze.

Fast jedes Gesetz, das seit dem Bestehen der Gemeindeordnung gegeben worden ist, hat sofort die Mitwirkung der Gemeinden und Gemeindevorsteher in Anspruch genommen.

Auf Grund dieses unscheinbaren § über den übertragenen Wirkungskreis, ist dem übertragenen Wirkungskreis eine Ausdehnung gegeben worden, welche faktisch den autonomen Wirkungskreis weit überragt und so ist der Gemeindevorsteher und der Gemeindeausschuß vielmehr ein Verwalter staatlicher Funktionen (Rufe; sehr richtig, ganz richtig) als ein Verwalter autonomen Lebens. (Rufe: richtig).

Ich bitte den hohen Landtag mir zu gestatten, auch da eine kleine Enumeration vorzunehmen; ob sie ausreichend, ob sie erschöpfend fein wird, das wirb der Beurtheilung des hohen Landtages überlassen sein.

Einmal hat die Gemeinde die K u n d m a ch u n g der Gesetze zu vollziehen, sie hat mitzuwirken bei den Agenden der Staatspolizei. Ich will da nur den einen Fall nennen: Man verlangt von den Gemeinden, und nicht bloß von den Stadtgemeinden. Seitens der Bezirkshauptmannschaften die Uiberwachung der Vereinsversammlungen, welche in den kleineren Orten stattfinden. Ich frage, ob in den meisten Fällen die Vorsteher der Landgemeinden wirklich Berufen sein können, das Vereinsgesetz zu handhaben und zwar in dem Sinne und von dem Standpunkte aus, wie das Vereinsgesetz von den landesfürstl. Kommissären erwarten und verlangen kann. Die Gemeinde hat mitzuwirken bei der Volkszählung, die Gemeinde hat endlich mitzuwirken in Militärangelegenheiten Uiber die Pflichten des Gemeindevorstehers in Militärangelegenheiten ist ein zwei Finger dickes Buch erschienen; das allein, glaube ich, zeigt schon. wie weit die Gemeinden bei der Militärverwaltung herangezogen worden sind. Bei der Rekrutirung, Evidenzhaltung, Mobilisirung, Pferdekonskriptionen u. s. w. Aber bei diesem Anlasse glaube ich, gebührt ein Wort der warmen und lebhaften Anerkennung dafür, wie anläßlich der ersten Mobilisirung auf Grund des, allgemeinen Wehrgesetzes in der jüngstverflossenen Zeit die Gemeinden ihre Pflichten voll und ganz erfüllt, haben (Bravo !) und wie es nur durch die strenge Pflichterfüllung der Gemeinden möglich wurde, daß die Mobilisirung in so vorzüglicher Weise vor sich gegangen.

Die Gemeinden haben im übertragenen Wirkungskreise Beispielsweise auch Statistik zu treiben, und auf diese Weise kommt unsere officielle Statistik zu Stande, z. B. die Ackerbaustatistik. Die Tabellen werden unsern Gemeindevorständen hinausgegeben zur Ausfüllung. Wie das unn geschehen ist, darüber will ich mich nicht äußern. Hieraus entsteht z. B, unsere Erntestatistik, welche das Ackerbauministerium mit großen Kosten aus dem Reichssäckel beschafft, oder auch die Statistik z. B. (denn einzelne Beispiele muß ich anführen) über Kinderarbeit in Fabriken.

Der Bezirkshauptmann bekommt den Auftrag, solche statistische Materialien zu liefern. Aber es ist dies eine raisonnirende Statistik, denn es wird auch verlangt, daß die Bezirkshauptleute Bericht erstatten über den sanitären und pädagogischen Einfluß der Fabriksarbeit auf die Kinder. Es geschieht, daß die Bezirkshauptleute diese Tabellen durch ihre Litographie vervielfältigen lassen und an alle Gemeinden hinausgeben. Wie diese- raisonnirende -Statistik aus der Hand der Gemeinden aussieht, und was für Elaborate der Bezirkshauptmann in der Lage ist, der Statthalterei und die Statthalterei an das Ministerium zu übersenden, überlasse ich der Beurtheilung des hohen Landtages.

Ich komme nun zu der Mitwirknug der Gemeinden in Gewerbe und Handel, Die Uibertretungen der Gewerbeordnung haben es soweit gebracht, daß, wenn Volt der Gensdamerie die Anzeige geschieht, daß irgend jemand ebne Concession Handel treibe, der Auftrag an das Gemeindeamt hinausgeht, es möge die nöthigen Erhebungen pflegen, ob ein Unbefugtes Gewerbe ausgeübt wird, ob unbefugt Handel getrieben; wird; alle jene, Welche mit dem Beanzeigten nur einmal ein Geschäft gemacht haben, sind einzuvernehmten; also eine vollständige Detektivgewerbepolizei muß von der Gemeinde geübt Werden. Ich spreche gar nicht von der Concessionirung von Gewerben, namentlich der Gastwirthsgewerbe.

Aber auch im Gebiete der Rechtspflege werden die Gemeinden herangezogen, u. zw. im Gebiete der Zivil- wie der Strafgerichtspflege, Bei den Verlassenschaften, Bei den Vormundschaftssachen, Zustellungen aller Art. So ist es jüngst in unserem Bezirke vorgekommen, baß das Bezirksgericht den Auftrag gegeben hat, baß die Gemeinde die Todesfallsaufnahme unaufgefordert und in allen Fallen selbst zu machen und Sofort an baß Bezirksgericht einzusenden habe. Mir scheint, hier droht schon eine Ausdehnung des übertragenen Wirkungskreises auf die Eivilrechtspflege, welche von einer solchen Bedeutung und, ich möchte sagen, von einer solchen Gefahr ist, baß eine Abhilfe wohl räthlich erscheint,

(Dr. Rieger ruft: "Das ist gesetzlich, ")

Es wird mir eingeworfen: das sei gesetzlich. Ich mache auch nicht den Borwurf, daß es ungesetzlich sei; allein eben aus dem Umstande, baß es gesetzlich ist, glaube ich das Argument herleiten zu dürfen,. baß der übertragene Wirkungskreis gesetzlich eingeschränkt Werben müsse.

Das Zusammenstellen der Geschworen enlisten auf dem Gebiete des Strafrechtes ist Gemeindesache.

Aber endlich auf dem großen Gebiete der Besteuerung!

Die Einhebung der Steuern durch den Gemeindevorsteher war schon wiederholt Gegenstand von Beschwerden; allein es darf nicht geläugnet werden und, ich möchte sagen, es ist fast traurig, baß der Bequemlichkeitsstandpunkt in der österreichischen Gesetzgebung ein so mächtiger ist, und baß von vielen Seiten gegen die Beschwerden über eine berartige Art der Einhebung der Wunsch laut wird, man möchte den einzelnen Steuerträgern nicht den Zwang auflegen, mit ihren Steuern zum Steueramte zu gehen. Ich will nicht darauf hinweisen, baß in allen anderen Provinzen Oesterreichs, außer Böhmen, diese Art Steuereinhebung nicht besteht, und daß sie in Böhmen nur durch einen Finanzministerial-Erlaß brevi manu eingeführt wurde. Ich will aber darauf hinweisen, baß in Böhmen die individuelle Eontirung statt hat, welche die doppelte Arbeit macht, denn es muß der Gemeindevorsteher große Bücher führen, über die richtige und in jeder Rubrik geschehene Abstattung der Raten der einzelnen Steuern. Aber sie müssen es auch umsonst thun, oder wenn sie es selbst nicht im Stande sind, so muß die Gemeinde, und zwar in der Regel durch Umlagen Beamte anstellen, die das zu thun haben. In Galizien erhalten die Ge-meindeämter für diese Einhebung der landesfürstlichen Steuern 1 % von der Steuersumme als Entschädigung. In Böhmen ist dies nicht der Fall.

Ich will nichts weiter erwähnen von der Mitwirkung der Gemeindeämter bei den Wahlen in den Landtag wie in den Reichsrath. Ich will auch

nichts sagen von der Strafrechtspflege der Gemeinden und vom sogenannten Strassenat, wobei es sehr interessant wäre, einmal eine Nachschau zu halten, ob denn das Strafrecht in den kleineren Gemeinden, (denn von diesen spreche ich hauptsächlich), wirklich auf dem Wege des Strafsenates, der aus drei Mitgliedern zu Bestehen hat, in der Form geübt wird, wie es die Gemeindeordnung vorschreibt. Ich hege die Befürchtung, daß in den meisten Gemeinden Strafsenate nie existirt haben, weil solche Strafurtheile wirklich von den Gemeinden in den seltensten Fällen gefällt werben, und Wenn überhaupt ein Widerspruch gegen diese Behauptung erhoben werben sollte, so muß ich denselben im großen Ganzen für größere gut verwaltete Gemeinden zugeben, für die Menge unkräftiger und nicht gut verwalteter Gemeinden ist die Behauptung richtig.

Wenn wir das Zahlenverhältniß zwischen den Seschäftsstücken des übertragenen und des autonomen Wirkungskreises Betrachten, so glaube ich aussprechen zu dürfen, daß eine dreifach größere Anzahl von Geschäftsstücken im übertragenen Wir= kungskreise, als im autonomen Wirkungskreise vorkommt. Es verhalt sich die Anzahl der erledigten autonomen Stücke zu denen im übertragenen Wirkungskreise in Gemeinden, wo ein EinreichungsProtokoll Besteht (und das wird Wohl selten in kleinen Gemeinden der Fall sein), (Heiterkeit. Rufe: Oho!) wie eins zu drei.

Ich glaube, daß der Gemeinde die Möglichkeit gegeben werden soll, wirklich frei und wirklich autonom zu leben, und ihr zu gestatten, baß ihrer Autonomie und wirthschaftlichen Selbstverwaltung - denn die Gemeinde scheint mir zuerst eine wirthschaftliche Genossenschaft zu sein und nicht eine politische - Spielraum zur Entwickelung gelassen, baß ihre Freiheit nicht erbrückt und erstickt werbe von dem übertragenen Wirkungskreise.

Die Gemeindeordnung vom 16. April 1864 Besteht in den vielen Tausend Gemeinden Böhmens ohne jeden Unterschied, das heißt, sie gilt für Pilsen mit 23. 600 Einwohnern (nach der letzten Volkszählung, Pilsen wird jetzt höchst Wahrscheinlich schon 30. 000 Einwohner haben) wie für die kleinsten Gemeinden, deren es in meinem Reichsrathswahlbezirke solche gibt bis zu 61 Einwohnern herab. Ich überlasse es der selbst minder angeregten Phantasie jedes Einzelnen, sich das Bild auszumalen, wie diese Selbstverwaltung und wie dieser übertragene Wirkungskreis, den ich mir erlaubt habe Ihnen zu skizziren, aussehen mag in Ortsgemeinden mit 61 Einwohnern, von denen die Hälfte weiblichen Geschlechtes sind; es bleiben blos 30 männliche Individuen, von welchen vielleicht nur 10 Steuern zahlen. (Rufe: Und die Kinber?) Die Kinder rechne ich unter die audern 20. Wie gesagt: Ich kann es einer selbst minder angeregten Phantasie überlassen, sich den autonomen und übertragenen Wirkungskreis in diesen Gemeinden auszumalen. aber es ist nicht zu vergessen, baß es solche Uebelstände überall gibt; ich weiß zwar nicht, wie sie zu saniren sind, denn eine imperative Zusammenlegung gibt es bis heute nicht, und die Eifersucht der Gemeinden lodert hell auf in dem Augenblicke, wo man einen Versuch machen wollte, eine kleine Gemeinde, welche bisher selbstständig war, mit irgend einem anderen zu wichtigem und lebenskräftigem Gemeindewesen zusammen? zulegen.

Dennoch ist die Durchschnittszahl der Gemeindeeinwohner in ganzen großen Landstrecken eine außerordentlich niedrige; u. zw. ist sie beispielsweise in meinem Reichsrathswahlbezirke zwischen 300 und 400. aber es gibt noch kleinere Ortsgemeinden, im Bezirk Luditz hat jede Ortsgemeinde durchschnittlich 277 Einwohner; welch ungeheure Unterschiebe in dieser Beziehung obwalten, erhellt aus dem Datum, daß es Bezirke gibt in Böhmen, wo die Ortsgemeinde durchschnittlich 3517 Einwohner hat, nämlich im Bezirk Tannwald.

Es ist innerhalb dieser Rubrik eine Verzwölffachung der Einwohnerzahl der Ortsgemeinde vorhanden, wobei ich noch in diese Durchschnittszahl die Städte einbezogen habe, denn, wenn die Stadtbevölkerung abgezogen wird, erscheint die Differenz noch größer.

Ebenso ist es auffallend, baß es Bezirke mit 60 und mehr Gemeinden gibt, während es wieder Bezirke mit nur 5 Gemeinden gibt. So hat z. B. Platten nur 5, Luditz 60 Ortsgemeinden. Das sind Verhältnisse, die gewiß zu denken geben, ob ein und dieselbe Gemeindeordnung und aus Grund derselben ein und dasselbe System der untersten politischen Verwaltung gerechtfertigt fein kann. Diese Umstände allein und daß in ganz Böhmen mir 2 Städte, Prag und Reichenberg, eigene Gemeindestatuten haben, sollten, wie ich glaube, ausreichende Argumente sein, darüber nachzudenken, ob die derzeit bestehende Gemeindeordnung nicht in der Richtung abzuändern wäre, baß eine Städteordnung und Landgemeindenordnung geschaffen würde. (Bravo!)

Aus der Zahl der Einwohner so mancher Gemeinden und aus der Durchschnittszahl in ganzen Bezirken laßt sich ohne Zweifel die Behauptung rechtfertigen, baß die Definition des autonomen Wirkungkreises für so kleine Gemeinden nicht ausreiche. Demi durch ihre eigenen Kräfte können jene ihren Wirkungskreis, den ich. mir früher darzuthun erlaubte, unmöglich ausfüllen. Und es ist gekommen, und es läßt sich nicht läugnen, daß die Gemeindevorsteher mehr weniger u. zw. durch Mißbrauch und Gebrauch herabgesunken sind zu Bezirksamtsdienern (Bravo!) für den Umkreis der Gemeinde, daß sie die Büttel der politischen Verwaltung geworben sind, nicht aber die Spitze der autonomen Verwaltung in ihrem heimischen wirtschaftlichen Kreise. (Bravo!)

Ich komme zum zweiten Gesichtspunkt, von welchem aus ich mir erlaubt habe, meinen Antrag der Würdigung des hohen Landtages zu unterbreiten und zwar zur Frage der C o m m u n a l b e st e u erung, Wenn wir die Gesetzgebung über die Communalbesteuerung im Rahmen der Gemeindeordnung betrachten, so sehen wir, baß der Gemeinde eigentlich nichts anderes übrig bleibt, als Umlagen zu machen, und zvar Umlagen, welche nach einer vom Landesausschuß verfaßten Statistik für Polizei-Verwaltung, Communal-Verwaltung, Sanität, Armenpflege u. s. w. im Jahre 1876 7, 500. 000 fl. im Lande betragen. Diese Umlagen hatten 4320 Gemeinden nämlich 62. 8 pCt. in der durchschnittlichen Höhe von über 15 pCt. - Schulzwecke ausgenommen - das heißt zur Verwaltung des autonomen und übertragenen Wirkungskreises auflegen müssen.

Diese Umlagen werben aber lediglich auf directe Steuern gelegt; es mag das Bedürfniß einer Gemeinde aus diesem oder jenem Grunde steigen, diesen oder jenen Anlaß haben, der mit dem Besitze, dem Gewerbe, dem Einkommen in gar keiner Verbindung steht, immer wirb die Deckung geschehen durch Umlagen auf die direkte Steuer, das ist etwas, was beim Steigen dieser Umlage sehr zu bedenken gibt, wenn man darauf Rücksicht nimmt, baß nach demselben Landesausschußberichte, den ich schon einmal citirt habe, die Gemeinden neben den direkten Steuern im Lande durchschnittlich mit über 70 pct. Umlagen beschwert sind.

Es wird sich also fragen, ob es nicht nothwendig ist, das Communalsteuersystem einer Aenderung zu unterziehen, ob es nicht räthlich erscheint, von der ausschließlichen Regel abzugehen, die Umlage mir auf direkte Steuern zu vertheilen, ob es nicht möglich ist, in parallelem Gang mit der Reichsgesetzgebung, von der ich hoffe, baß sie ein Einkommensteuergesetz zu Stande Bringen wird, auch ein Communalsteuergesetz zu schaffen. Es ist sehr interessant, sie Erhebungen der deutschen Reichsgesetsgebung diesfalls zu verfolgen, und namentlich einen Gesetzentwurf der preußischen Regierung vom 19. November 1877, welcher dem preuß. Landtage vorgelegt worden ist, betreffend die Auflage und die Hereinbringung der Gemeindeabgaben.

Es wird also gefragt werben müssen, kann nicht eine Communaleinkommensteuer neben der Umlage auf die direkten Steuern destehen und sollte nicht ein solches gemischtes System herrschen ? sollte nicht ein unüberschreitbares Maximum der Umlagen auf die direkten Steuern festgesetzt werben im Wege der Gesetzgebung?


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