woraus ersichtlich ist, daß der Import
fremder Kohle nach Oesterreich von Jahr zu Jahr wächst und
innerhalb eines Jahrzehntes um 100% gestiegen ist, im Jahre 1907
das doppelte Quantum des Importes vom Jahre 1897 erreicht hat.
In den Jahren 1908 und 1909 ist aber der Import weitergestiegen,
denn es wurden nach Oesterreich-Ungarn aus dem Deutschen Reiche
im Jahre 1908 8,996.220 Tonnen, im Jahre 1909 9,536.882 Tonnen
Steinkohl eingeführt. Faßt man aber jene Ziffern ins
Auge, die sich aus den Export aus Oesterreich beziehen, dann gelangt
man zu folgenden Resultaten:
Während an böhmischer Braunkohle
nach Deutschland ausgeführt wurde:
sinkt die Ausfuhr im Jahre 1909 auf 3,166.479
Tonnen zurück.
Dagegen betrug der Import der schlesischen
Steinkohle nach Oesterreich-Ungarn:
und es stieg die Einfuhr im Jahre 1909 auf
9,536.882 Tonnen.
Die Ausfuhr an Steinkohle aus Oesterreich nach
Deutschland betrug dagegen:
und im Jahre 1909 sank die Ausfuhr auf 656.065
Tonnen.
Es betrug demnach in den Jahren 1900 bis inklusive
1908 die Ausfuhr der böhmischen Braunkohle nach Deutschland
73,502.862 Tonnen im Werte von 607,433.327 Mark.
Die Ausfuhr der österreichischen Steinkohle
nach Deutschland betrug 5,841.556 Tonnen im Werte von 84,320.000
Mark.
Dagegen betrug der Import nach Oesterreich
von deutscher Steinkohle 59,127.413 Tonnen mit 699,726.192 Mark.
Hiebei ist das Jahr 1909, wie ausdrücklich
erwähnt werden muß, nicht berücksichtigt, obwohl
dies eine weitere Verringerung der Ausfuhren nach Deutschland
und eine Erhöhung der Einfuhren deutscher Kohle nach Oesterreich
ergibt, und trotzdem resultiert für diese Periode eine Differenz
der Einfuhr gegenüber der Ausfuhr von 7,972.865 Mk. Plus.
Diese Ziffern geben ein untrügliches Bild
der Abhängigkeit der österreichischen Industrie von
der deutschen Kohlenproduktion, sie weisen aber auch außerdem
nach, daß Oesterreich an Deutschland innerhalb dieses Zeitraumes
7,972.865 Mark meh gezahlt hat, als es von Deutschland für
böhmische Braunkohle und österreichische Steinkohle
empfangen hat.
Bei der Verschuldung Oesterreichs an das Ausland,
durch die Oesterreich einen von Jahr zu Jahr steigenden Bedarf
von Gold hat, erscheint es außerordentlich notwendig, eine
Aenderung herbeizuführen, aber auch aus dem Grunde, weil
durck das Vordringen der deutschen Steinkohle die Produktionsverhältnisse
des einheimischen Bergbaues nachteilig beeinflußt werden,
die Arbeitsgelegenheit bei dem österreichischen Bergbau eine
Verringerung erfährt und die große Abhängigkeit
der österreichischen Industrie von der Lieferung ausländischer
Kohle eine Gefahr in sich birgt, die bei einer Veränderung
der politischen Konstellation einen großen Schaden für
das Reich mit sich bringen kann.
Was gedenkt Seine Exzellenz der Herr Statthalter
zu tun, um eine Abänderung dieser unhaltbaren Verhältnisse
herbeizuführen?
Prag, am 7. Feber 1910.
Abg. Joh. Melhardt und Genossen. |
Oberstlandmarschall:
Anfrage des Abg. Dr. Hackl und Genossen an Seine Exzellenz den
Herrn Statthalter.
Landtagsaktuare Dr. Maschek und Dr.
Dvoøák (lesen abwechselnd):
Anfrage des Abg. Dr. A. Hackel und Genossen
an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter.
In der 20. Session des hohen Abgeordnetenhauses
hat die hohe Regierung nachstehende Gesetzentwürfe eingebracht:
Mit Zustimmung beider Häuser des Reichsrates
finde Ich anzuordnen, wie folgt:
Wer infolge von Geisteskrankheit oder Geistesschwäche
unfähig ist, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen, kann
entmündigt werden; unter dieser Voraussetzung kann insbesondere
ein unter väterlicher Gewalt oder Vormundschaft stehender
Minderjähriger entmündigt werden (volle Entmündigung).
Eine volljährige Person, die zwar nicht
unfähig ist, ihre Angelegenheiten zu besorgen, aber infolge
von Geisteskrankheit oder Geistesschwäche zur gehörigen
Besorgung ihrer Angelegenheiten eines Beistandes bedarf, kann
in ihrer Handlungsfähigkeit beschränkt werden (beschränkte
Entmündigung).
Eine Beschränkung der Handlungsfähigkeit
(beschränkte Entmündigung) einer volljährigen Person
kann ferner stattfinden:
1. Wenn sie durch Verschwendung sich oder ihre
Familie der Gefahr des Notstandes preisgibt, oder
2. wenn sie infolge von gewohnheitsmäßigem
Mißbrauch von Alkohol (Trunksucht) oder von Nervengiften
sich oder ihre Familie der Gefahr des Notstandes preisgibt oder
die Sicherheit anderer gefährdet oder eines Beistandes zur
gehörigen Besorgung ihrer Angelegenheiten bedarf.
Wer voll entmündigt ist, steht hinsichtlich
deiner Handlungsfähigkeit einem Kinde vor vollendetem siebenten
Lebensjahre gleich. Zur Fürsorge für die Person und
das Vermögen des Entmündigten ist ein Kurator zu bestellen.
Steht der Entmündigte unter väterlicher Gewalt, so ist
der Vater zum Kurator zu bestellen,- es sei denn, daß die
Bestellung eines anderen Kurators durch das Interesse des Entmündigten
geboten ist.
Wer gemäß §§ 2 und 3 beschränkt
entmündigt ist, erhält einen Beistand und steht einem
mündigen Minderjährigen (§ 21 a. b. G. B.) gleich.
Das Pflegschaftsgericht kann jedoch dem Beistand die Verfügung
über das, was sich der Entmündigte durch seinen Fleiß
verdient, vorbehalten. Mit der beschränkten Entmündigung
wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche ist die Unfähigkeit
verbunden, eine Ehe einzugehen.
Der Beistand hat als gesetzlicher Vertreter
mit den Rechten und Pflichten emes Vormundes in allen Fällen
einzutreten, wo ein mündiger Minderjähriger gesetzlich
der Mitwirkung und Zustimmung seines Vormundes bedarf.
Die Bestimmungen der §§ 176, 191,
1308 bis 1310 und 1494 a. b. G. B. finden auf Personen Anwendung,
die wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche voll oder
beschränkt entmündigt sind.
Die Bestimmungen der §§ 176, 568,
1210 a. b. G. B. gelten für alle Personen, die aus einem
der im § 3, Z. 1 und 2, bezeichneten Gründe beschränkt
entmündigt sind.
Das Pflegschaftsgericht ist bei Auswahl des
Kurators oder Beistandes einer entmündigten Person durch
die sonst bestehenden Vorzugsrechte (§§ 196 bis 198,
259, 281 a. b. G. B.) nicht beschränkt.
Die Verwaltung des Vermögens eines Entmündigten
ist nach den Vorschriften des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches
über die Vermögensverwaltung des Vormundes (§§
222 ff. a. b. G. B.) zu führen. Nebstdem ist darauf Bedacht
zu nehmen, daß der Pflegebefohlene, wenn die Vermögensverwaltung
aufhört, nicht unnötig in der Verfügung über
sein Vermögen behindert sei.
Dauernde Aenderungen in der Anlage des Vermögens
und in der Benützung einzelner Sachen sollen, wenn baldige
Heilung zu erwarten ist, nicht vorgenommen werden.
Insoweit der Haushalt und Aufwand der Familie
und die Erziehung der Kinder des Pflegebefohlenen dessen Vermögens-
und Familienverhältnissen und seinem Stande entsprechen,
sollen wegen der Entmündigung Aenderungen nur insoweit stattfinden,
als mit Rücksicht auf das Vermögen und Einkommen des
Kranken und die mit seiner Heilung und Pflege verbundenen Auslagen
eine Einschränkung unabweislich ist.
Beginn der Wirksamkeit der Entmündigung
und ihrer Umwandlung oder Aufhebung.
Der Beschluß, mit dem die Entmündigung
ausgesprochen oder eine rechtswirksam gewordene Entmündigung
aufgehoben oder die volle in beschränkte Entmündigung
umgewandelt wird, tritt mit Beginn des Tages in Wirksamkeit, an
dem er rechtskräftig wird.
Tritt die Rechtskraft infolge der Entscheidung
über einen Rekurs oder Widerspruch ein, so beginnt die Wirksamkeit
der Entmündigung mit Beginn des Tages, an dem die Entscheidung
dem Entmündigten oder derjenigen Person zugestellt wird,
die für ihn den Beschluß in Empfang zu nehmen hat (§
71, Absatz 2).
Die Entmündigung, sowie die Aufhebung,
oder Umwandlung einer rechtswirksam ausgesprochenen Entmündigung
ist vom Pflegschaftsgerichte unverzüglich nach Eintritt der
Rechtskraft des Beschlusses öffentlich bekanntzumachen.
Ueber die Art der Bekanntmachung können
im Verordnungswege nähere Vorschriften erlassen werden.
Für eine eigenberechtigte Person, die
in eine Irrenanstalt aufgenommen oder betreffs deren das Verfahren
zur Entmündigung eingeleitet wird, kann von dem zur Entmündigung
zuständigen Gerichte auf Antrag oder vom Amts wegen ein vorläufiger
Kurator bestellt werden, wenn dies zum Schutze der Interessen
des Eigenberechtigten während des eingeleiteten Verfahrens
dringend notwendig ist, um eine ihm drohende Gefährdung seiner
Person oder seines Vermögens abzuwenden.
Zur Bestellung eines vorläufigen Kurators
ist auch das Bezirksgericht befugt, das zur Entscheidung über
die Zulässigkeit der Anhaltung in einer Irrenanstalt zuständig
ist.
Vor der Bestellung ist der Gefährdete,
wenn es ohne Beeinträchtigung des Zweckes geschehen kann,
einzuvernehmen.
Wenn gegen eine Person, die in eine Irrenanstalt
aufgenommen oder betreffs deren das Verfahren zur Entmündigung
wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche eingeleitet ist,
Klage erhoben wird oder Exekution bewilligt werden soll, kann
im Falle der Dringlichkeit auch das Prozeßgericht oder das
zur Exekutionsbewilligung zuständige Gericht für den
Aufgenommenen einen vorläufigen Kurator bestellen.
Die Bestellung ist dem Pflegschaftsgerichte
mitzuteilen. Dieses kann eine andere Person zum vorläufigen
Kurator bestellen.
Der vorläufige Kurator hat die Befugnisse
des Vormundes eines Minderjährigen. Das Gericht kann bei
Bestellung eines vorläufigen Kurators dessen Wirkungskreis
auf Antrag oder von Amts wegen mit Rücksicht auf Grund und
Zweck seiner Bestellung beschränken oder begrenzen.
Mit diesem Vorbehalte bedürfen Rechtsgeschäfte
des Pfegebefohlenen, in gleicher Weise, wie die eines Minderjährigen
zu ihrer Gültigkeit der Zustimmung des vorläufigen Kurators.
Diese Bestimmung gilt jedoch nicht für Kuratorsbestellungen
nach § 11, Absatz 4.
Der vorläufige Kurator ist seines Amtes
auf Antrag oder von Amts wegen unverzüglich zu entheben,
sobald der Pflegebefohlene seines Schutzes nicht mehr bedarf.
Die Enthebung ist außerdem auszusprechen, wenn der Antrag
auf Entmündigung rechtskräftig abgewiesen, oder das
Verfahren rechtskräftig eingestellt wird, oder wenn aus Grund
der Entmündigung ein Kurator oder Beistand bestellt wird.
Wenn der in der Irrenanstalt Angehaltene für
geistesgesund erklärt, das Verfahren rechtskräftig eingestellt,
die Entmündigung rechtskräftig abgelehnt oder der vorläufige
Kurator infolge Rekurses gegen seine Bestellung seines Amtes enthoben
wird, werden die vom Kurator in der Zwischenzeit vorgenommenen
Rechtshandlungen dadurch nicht berührt.
Sofern sie nicht mit solchen Rechtshandlungen
des vorläufigen Kurators in Widerspruch stehen, können
unter den im Eingange des vorhergehenden Absatzes bezeichneten
Voraussetzungen Rechtshandlungen, die der Pflegebefohlene in der
Zwischenzeit vorgenommen hat, nicht deshalb angefochten werden,
weil für ihn ein vorläufiger Kurator bestellt worden
ist.
Die Entmündigung wird durch Beschluß
des Bezirksgerichtes ausgesprochen, in dessen Sprengel die Person,
die entmündigt werden soll, zur Zeit der Einleitung des Verfahrens
ihren ständigen Aufenthalt hat.
Wenn die zu entmündigende Person während
des Entmündigungsverfahrens ihren ständigen Aufenthalt
wechselt, so kann die Verhandlung und Entscheidung dem Bezirksgerichte
des neuen Aufenthalts übertragen werden, sofern dies zur
wesentlichen Erschwerung des Verfahrens notwendig ist.
Wird die Uebernahme des Verfahrens abgelehnt,
so entscheidet der Gerichtshof erster Instanz, der dem Gerichte
übergeordnet ist, an das die Uebertragung stattfinden soll.
Für die Entmündigung eines Inländers,
der im Inlande keinen ständigen Aufenthalt hat, ist das Bezirksgericht
des letzten inländischen Aufenthaltsortes und, wenn auch
ein solcher nicht gegeben ist, das im Verordnungswege zu bezeichnende
Bezirksgericht in Wien zuständig. Das hienach zuständige
Gericht kann mit Zustimmung des Oberlandesgerichtes von der Einteilung
oder Fortsetzung des Entmündigungsverfahrens im Inlande absehen,
wenn der Inländer im Auslande seinen Wohnsitz oder Aufenthalt
hat und wenn die im Auslande eröffnete Kuratel oder Vormundschaft
zum Schutze der Rechte und Interessen des Inländers ausreicht.
Die Entmündigung eines Ausländers
ist dem Staate zu überlassen, dem der Ausländer angehört.
Für einen Ausländer, der im Inlande
seinen ständigen Aufenthalt hat, können bis zur Entscheidung
der zuständigen Behörde des Heimatsstaates alle zum
Schutze seiner Person und seines Vermögens erforderlichen
Maßnahmen getroffen und insbesondere ein vorläufiger
Kurator bestellt werden, wenn die Voraussetzungen des § 11
vorliegen.
Von der Einleitung einstweiliger Schutzmaßnahmen
für den Ausländer, sowie von einem bei den inländischen
Gerichten angebrachten Antrag auf Entmündigung sind die zuständigen
Behörden des Heimatsstaates ohne Verzug zu benachrichtigen.
Wenn der Ausländer im Inlande seinen ständigen Aufenthalt
hat, ist zugleich eine angemessene Frist für die Entscheidung
über die Entmündigung durch die Behörde des Heimatsstaates
zu bestimmen, nach deren fruchtlosem Ablaufe das Bezirksgericht
über die Entmündigung zu entscheiden hat, in dessen
Sprengel der Ausländer zur Zeit der Einleitung des Verfahrens
seinen ständigen Aufenthalt hat.