Pátek 9. èervence 1920

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 12. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pátek dne 9. èervence 1920.

1. Øeè posl. dra. Raddy (viz str. 634. protokolu):

Meine Damen und Herren! Nach den Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten ist es außerordentlich schwer, die Iglauer Vorfälle ruhig zu behandeln. Der Herr Ministerpräsident hat sehr viel von Demokratie gesprochen, aber von unserem Standpunkt aus riecht diese Demokratie sehr stark nach Terror. Denn was sich in Iglau ereignet hat, ist eine brutale Vergewaltigung der Deutschen, nicht nur seitens der Legionäre und seitens der èechischen Bevölkerung, sondern auch seitens der èechischen Behörden. Wenn der Herr Ministerpräsident gesagt hat, daß das Militär zur Aufrechterhaltung der Ordnung da ist, so wäre das wünschenswert. Mir scheint es aber, daß die Regierung dem militärischen Terror ebenso unterliegt wie die deutsche Bevölkerung, sonst würde sie sich getrauen, deutlich und offen die Mitschuldigen an diesen Gewalttaten aufzuzeigen. Der Herr Ministerpräsident spricht davon, daß er es nach den vorliegenden Zeugenaussagen schon schriftlich hat . . . ., daß die Schuld der Deutschen erwiesen wäre. Aber er hat bis jetzt noch keine einzige Zeugenaussage von deutscher Seite vorweisen können, denn man hat es unterlassen, die deutsche Bevölkerung darnach zu fragen, wie sich die Vorfälle ereignet haben, weil man es unterläßt, die deutsche Bevölkerung zu schützen, wenn sie eine Aussage macht. Heute ist die Lage in Iglau so, daß sich tatsächlich niemand auf die Straße getraut. Ich bitte, es hat Zeugen der ganzen Sache gegeben, die wissen, wie sie vorgegangen ist. Der Terror wirkt so nach, daß es tatsächlich nicht möglich ist, eine vollständig unparteiische Untersuchung durchzuführen, so lange dieser Terror nicht verschwindet. (Výkøik: Revolver bei der Sonnwendfeier! - Posl. dr. Lehnert: Auch hierher werden wir Revolver mitbringen! - Výkøiky.)

Pøedseda (zvoní): Volám pana posl. dra. Lehnerta k poøádku.

Posl. dr. Radda (pokraèuje): Wenn man die Iglauer Vorfälle überhaupt erörtern will, muß man zuerst etwas zurückgreifen. In Iglau wurden von vornherein die Gemeindewahlen aus unerklärlichen Gründen verschoben und endlich im September 1919 durchgeführt. Natürlich haben diese Gemeindewahlen eine bedeutende Mehrheit der deutschen Bevölkerung ergeben und mit diesem Wahlergebnisse konnte man natürlich èechischerseits nicht zufrieden sein. Es sind ganz unbegründete Proteste gegen diese Wahahl eingebracht werden und diese Proteste wurden trotz wiederholter Urgenzen lange hinausgezogen und sind nicht entschieden worden. Auf einmal, kurz vor Auflegung der ständigen Wählerlisten im Juni 1920, also nahezu ein Jahr nach den Wahlen, wurden 2412 Soldaten nach Iglau dirigiert. Die wurden a tempo in die ständigen Wählerlisten eingetragen; ich bin im Verein mit dem Abg. Pittinger sofort zu dem Ministerpräsidenten als dem Minister für nationale Verteidigung gegangen, habe darauf hingewiesen, daß das wieder ein brutaler Gewaltakt gegen die Deutschen ist und daß wir vermuten, daß wahrscheinlich jetzt, nachdem die Soldaten eingetragen sind, die Wahlproteste selbstverständlich im Sinne einer Annullierung erledigt werden. So ist es auch tatsächlich gekommen. Kaum waren die Soldaten eingetragen, als auch schon die Statthalterei, die politische Landesverwaltung, die Entscheidung herabgab, daß die - Gemeindewahlen aufgehoben werden. Und nunmehr hat Iglau um 2412 èechische Wähler mehr. Das bedeutet 6 Mand ate mehr auf èechischer Seite in der Gemeindestube. Sehen Sie, auch das ist Terror, allerdings geht dieser Terror nicht von der Bevölkerung allein aus, sondern von der Regierung oder ihren Stellen. Und trotz dieser ganz ungeheuerlichen Gewalttat hat sich die deutsche Bevölkerung in Iglau ruhig verhalten. Am 23. Juni wurde nun eine Sonnwendfeier abgehalten. Diese Sonnwendfeier war behördlich bewilligt und trotzdem sind die Deutschen schuld an allem, sagen die Regierungsstellen in Iglau und Brünn. Denn die Deutschen - sagen sie - haben es verabsäumt, auch anzuzeigen, daß sie von der Feier wieder zurückkommen werden und deshalb konnte eben keine Vorsorge getroffen werden. Nun, wie läppisch diese Ausrede ist, brauche ich wohl nicht weiter zu erörtern.

Trotzdem also die Behörden nicht ahnen konnten, daß die Deutschen in die Stadt, und zwar in größeren Gruppen, singend zurückkommen werden, die èechischen Legionäre, die èechische Bevölkerung, haben es doch gewußt, daß sie zurückkommen. Schon um 10 Uhr, bevor noch der Zug in die Nähe des Hauptplatzes gekommen war, hat man nach verläßlichen Zeugenaussagen Gruppen von Zivilisten und Soldaten herumstehen sehen, die erregt den Anmarsch der Deutschen besprachen. Und jetzt sind die Teilnehmer tatsächlich auf dem Hauptplatze angelangt. Sie sind nicht sehr weit gekommen, etwa bis zur Mariensäule in der Mitte des Hauptplatzes, und schon sind die Legionäre bewaffnet, mit aufgepflanztem Bajonett, auf die Menge eingedrungen und haben eine große Anzahl der deutschen Teilnehmer an der Sonnwendfeier auf das gröblichste mißhandelt. Der Abiturient Salomon wurde mit einer schweren Stichverletzung am Oberschenkel in das Café Simader gebracht und mußte von dort sofort mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden. Das eine steht zweifellos fest: in diesem Zeitpunkte wurde mit Gewehren noch nicht geschossen, wohl aber mit Maschinengewehren, denn es ist nachgewiesen, daß 2 Maschinengewehre aufgestellt waren - und zwar eines bei der Ignazkirche, das andere etwas abseits und daß diese Maschinengewehre so aufgestellt waren, um den Platz bestreichen zu können. Allerdings waren sie "Lauf hoch" gerichtet und es scheint, daß aus diesen Maschinengewehren nur Schrecksalven abgegeben wurden. Aber geschossen ist worden und einzelne Teilnehmer haben sich platt auf die Erde gelegt, um nicht getroffen zu werden. Heine Herren, die Soldateska war in das Café Simader eingedrungen, weil das gerade am Platze war und mehr besucht ist als ein anderes Lokal. Sie verlangte, daß die Gäste sofort das Lokal verlassen, da sie sonst alles kurz und klein schlagen werden. Ein Kaufmann, den ich auch als Zeugen in meiner Interpellation angeführt habe, und dessen Aussage vorliegt, hat beruhigend auf die Legionäre einzuwirken versucht; sie ließen aber von ihrem Beginnen nicht ab, sondern begannen tatsächlich das Kaffeehaus zu räumen, aber nicht nur von den Gästen, sondern von allen beweglichen Gegenständen, die dort vorhanden waren. Es blieb kein Aschenbecher dort, kein Bild, kein Zeitungsrahmen usw. In diesem Augenblick ist das elektrische Licht in Iglau verlöscht. Das geschieht tagtäglich. In Iglau wird nämlich um 1/2 11 Uhr abends das elektrische Licht aus Ersparungsrücksichten abgesperrt. Natürlich erklärte die èechische Bevölkerung, die Deutschen hätten das Licht abgedreht; und es ist ganz merkwürdig: die Behörden haben nicht gewußt, daß die Teilnehmer des Zuges in die Stadt zurückkomen werden und der Leiter des Elektrizitätswerkes, der Dienst tuende Beamte, hätte ausgerechnet wissen sollen, daß um 1/2 11 Uhr die Legionäre in Iglau schießen wollen. Es ist also unglaublich, daß man aus dem Auslöschen des elektrischen Lichtes irgend einen Schluß auf die Schuld der Deutschen ziehen will. Tatsache ist, daß ein Legionär tot vor der Ignazkirche und ein anderer schwer verletzt, vielleicht auch schon tot, vor dem Tore des Postgebäudes in der Spitalgasse gefunden wurde. Der Tod des ersteren wird von der èechischen Öffentlichkeit auf einen Schuß aus dem Fenster des Gebäudes neben der Ignazkirche zurückgeführt, den Stadtpfarrer P. Honsig abgegeben haben soll. Es liegt die Aussage des Infanteristen František Peroutka vor, der dies behauptet. Wie haltlos diese Beschuldigung ist, beweist der Umstand, daß der Stadtpfarrer Honsig schon seit sieben Monaten nicht mehr in diesem Hause, sondern im städtischen Pfarrhof wohnt, der weit abseits des Hauptplatzes liegt, und daß seine frühere Wohnung, aus der eben geschossen worden ist, nunmehr von einem èechischen Volksschullehrer namens Grundman bewohnt wird. Die übrigen Wohnungen sínd im Besitz von èechischen Kaplänen und wenn also aus diesem Hause geschossen worden ist, so kann der Schuß nur von einem Èechen abgegeben worden sein. Daß der zweite Legionär nicht von der Hand Deutscher gefallen ist, das ist durch die Aussagen von 4 Zeugen einwandfrei festgestellt: 15-20 Soldaten sind mit gefälltem Bajonett aus der Frauengasse über den Hauptpla tz in die Spitalgasse gelaufen, um dort noch einige versprengte Teilnehmer an der Sonnwendfeier entweder anzugreifen oder vielleicht nur auseinander zu treiben. An der Ecke der Schillerund Spitalgasse ging dem letzten der laufenden Legionäre, der etwa 3 bis 4 Meter hinter den ersten gelaufen ist, ein Schuß los und zwar in die Pflastersteine. Offenbar hatte dieser Schuß in die Pflastersteine einen Geller zur Folge und dieser Geller verletzte ein deutsches Mädchen namens Herta Czech und den Legionär. Ich habe die Zeugenaussage dieser Zeugen niedergelegt und sie liegen auch meiner Interpellation bei. Es muß sich auf Grund dieser Zeugenaussagen ganz entschieden feststellen lassen, daß der Tod des Legionärs lediglich auf eine Unvorsichtigkeit zurückzuführen, diese Unvorsichtigkeit aber keinesfalls von einem Deutschen verursacht worden ist. Durch diesen Schuß - das war der erste Schuß, der in Iglau gefallen ist, all das hat sich natürlich etwas rascher abgespielt, als ich das jetzt erzähle - durch diesen Schuß wurde die ganze Soldaten- und Zivilbevölkerung alarmiert und ist nun von allen Seiten, hauptsächlich aus der großen Kaserne, herbeigelaufen. Die Legionäre hatten Gewehre, einige repetierten, die anderen machten die Sperrklappen auf und es begann eine Schießerei auf dem Hauptplatze, die einige Minuten dauerte. Daß von diesen Schüssen kein Deutscher verletzt wurde, beweist, daß in dieser Zeit kein Deutscher mehr auf dem Hauptplatze war, und daß so viele Soldaten Schußverletzungen erlitten, beweist, daß die Soldaten sich gegenseitig angeschossen haben, entweder absichtlich oder unabsichtlich. Daß die Teilnehmer an dem Sonnwendumzug vollständig unschuldig sind an dem Tode dieser Legionäre, beweist auch eine Reihe von Zeugen, die aussagen, daß, bevor der Schuß in der Spitalgasse fiel, der Hauptplatz vollständig von Zivilisten geräumt war, daß also dort absolut kein Zivilist mehr zu sehen war, daß also Zivilisten oder Deutsche nicht geschossen haben konnten. Meine Herren! Diese Zeugen sind kurz nach dem Einmarsch der Deutschen, kurz nachdem das Café Simader geräumt wurde, an der Ignazkirche und an dem Postgebäude vorübergegangen und alle diese Zeugen bestätigen, daß in diesem Zeitpunkt keine Blutlachen an den Stellen zu sehen waren, wo sie sich später vorfanden.

Daraus ergibt sich, daß es zu einer Schießerei zwischen dem Militär und der Zivilbevölkerung nicht gekommen ist, weil die Zivilbevölkerung längst das Weite gesucht hatte, und daß die Schießerei lediglich unter dem Militär oder vom Militär veranstaltet wurde, wobei wir nicht untersuchen wollen, ob es wahr ist, wie in der Bevölkerung Iglaus behauptet wird, daß es zu einem Kampf zwischen Slovaken und Legionären gekommen ist, oder ob die vielen Schußverletzungen der Soldaten von ihrem blindwütigen Herumschießen herrühren. Der Herr Ministerpräsident sagt zwar, es sei ganz ausgeschlossen, daß es zu einem Kampf zwischen dem Militär gekommen sei, aber ich möchte darauf hinweisen, daß es schon anläßlich des Berghauerzuges zu ganz heftigen Prügeleien zwischen Slovaken und Legionären gekommen ist und daß diese Kämpfe weiter fortgepflanzt wurden und bis jetzt nicht aufgehört haben. Die Legionäre haben mit den Slovaken in der Kaserne - sie sind nämlich in verschiedenen Trakten untergebracht einen Kampf ausgeführt, bei welchem ein Soldat den Tod gefunden hat. Und dieser Soldat, der nicht bei den Unruhen am 23. fiel, wurde, in aller Stille selbstverständlich, vor dem öffentlichen Begräbnis der zwei gefallenen Legionäre beerdigt. Die Tötung des einen Legionärs, der später bei der Ignazkirche gefunden worden ist, kann ganz leicht durch Schüsse erfolgt sein, die nach der Aussage des Geistlichen Herrn P. Novák, der jetzt Kaplan in Prosek bei Prag ist, von 2 Soldaten, wovon der eine in Hemdärmeln, der andere in der Bluse war, aus dem Fenster der Kaserne auf den Platz zu abgegeben wurden. Es wäre absurd anzunehmen, daß die Deutschen zur Sonnwendfeier bewaffnet ausgezogen sind, weil sie doch unmöglich ahnen konnten, daß bei ihrer Rückkehr die èechische Bevölkerung, beziehungsweise die Herren Legionäre an ihrer Sonnwendfeier etwas werden auszusetzen haben. Und dazu sei noch Folgendes bemerkt: Alle Deutschen, die beschuldigt werden, daß sie geschossen haben - sie sind in Untersuchung wegen § 8 und 134 St.-G. - wurden durch Hausdurchsuchungen bis auf den letzten Winkel im Hause gequält. Man hat alles Mögliche gesucht und selbstverständlich vor allem andere Waffen, aus denen sie geschossen haben sollen.

Aber bei keinem dieser Deutschen wurde auch nur eine Andeutung von Waffen gefunden; die Waffen, die in Iglau überhaupt gefunden wurden, sind einige verrostete Säbel, mit denen man bekanntlich nicht schießen kann, dann alte Flobertgewehre, einige Jagdgewehre, die bekanntlich auch mit anderen Patronen geladen werden als Militärgewehre und dann tatsächlich ein großer Fund an Gewehren beim Oberschützenmeister des Schützenvereines. Der hat nämlich als Vorstand des Vereines eine sorgsam verpackte Kiste mit Gewehren, teilweise Dekorationsgegenstände, teilweise Gewehre für das Schießen auf der Schießstätte, sogar Mannlichergewehre sind darunter, weil bekanntlich auch die Schützenvereine Mannlichergewehre zum Schauschießen benützen. Das wird natürlich als großer Fund ausposaunt: "Da sieht man, wo die Deutschen die Waffen verborgen haben!" Es muß noch eines ausdrücklich festgestellt werden: Die Schießerei, die nach dem Einmarsch der Deutschen auf dem Hauptplatz stattgefunden hat, war um 3/4 11 Uhr längst beendet. Die Stadt war vollständig ausgestorben, niemand hat sich auf den Straßen gezeigt, als vereinzelte Leute, die vom Bahnhof gekommen sind. Die Soldaten haben sich auch darauf beschränkt, nur mehr herumzuziehen, gruppenweise die Schilder zu demolieren, die verschiedenen Gasthäuser, die noch geöffnet waren, zu räumen, u. s. w. Rache haben sie selbstverständlich den Deutschen geschworen. Allerdings haben sie keine Gelegenheit gefunden, eines oder des anderen Deutschen habhaft zu werden, weil diese längst verschwunden waren. Es ist nun umso auffallender, daß um 1/2 12 Uhr nachts auf dem Hauptplatz neuerlich eine Schießerei losgegangen ist, bei der wenigstens 80 bis 100 Schüsse gefallen sind.

Ein Zeuge sagte mir - und ich habe ihn aufmerksam gemacht, daß er die Wahrheit sagen solle, daß er sich gut überlege, was er sage - daß diese Schießerei zwischen slovakischen Soldaten und anderen Soldaten stattgefunden hat. Und zwar waren die slovakischen gesammelt bei einem elektrischen Ständer in der Nähe des Geschäftes Malek und haben geschossen in der Richtung der Ignazkirche, beziehungsweise der Zivnostenská banka, in deren Nähe die große Kaserne ist. Man muß auch feststellen, daß diese Deutschenhetze langerhand vorbereitet gewesen sein mußte. Denn es liegt eine Aussage vor, wonach sich eine Arbeiterin namens Travnik ihrer Kollegin Paul gegenüber geäußert hat, es wäre ganz bestimmt zu solchen Szenen am Sonntag gekommen, an welchem die Deutschen ein Kulturverbandsfest abhalten wolten, wenn nicht schon die Sonnwendfeier Gelegenheit dazu geboten hätte. Das sind èechische Zeugen, bitte schön. Und weiter muß man wohl darauf hinweisen, daß diese vielen Patronenhülsen, die man am nächsten Tag vorfand, unmöglich jene Munition sein können, welche etwa die Wache ausfaßt während ihres Wachdienstes. Es sind am nächsten Morgen nicht weniger als 300 Patronenhülsen gefunden worden. Und die militärische Vorschrift bezüglich der Beteilung der Mannschaft mit Munition ist derart, daß es unmöglich ist, daß dem Militär eine derartige Anzahl von Munition zu Verfügung stehen kann, wenn sie nicht früher vorbereitet wurde. Das sind Tatsachen, die ich natürlich an der Hand der Zeugenaussagen beliebig erweitern könnte, aber ich will mich beschränken darauf, was ich jetzt ausgeführt habe, weil diese Zeugenaussagen tatsächlich der Regierung bereits zur Verfügung stehen. Am nächsten Tage haben die Legionäre und Sokoln über den Kopf der Behörden hinweg die Führung der Amtsgeschäfte in Iglau übernommen. Das ist sicher nichts Anderes als ein Terror, eine Diktatur, die sich der Advokat Dr. Èervený mit seinen Genossen angemaßt hat. Diese Kommissionen haben sofort alle deutschen städtischen Beamten vom Dienste suspendiert, haben die Polizeileute entlaßen, haben veranlasst, daß sämtliche deutschen Tabakfabriksarbeiter und Arbeiterinnen entlassen werden und haben mit einem Wort sofort damit eingesetzt alles Deutsche aus Iglau möglichst verschwinden zu machen. Diese Legionäre und Sokoln haben fliegende Kommissionen zusammengestellt und sind förmlich von Haus zu Haus gegangen, um Hausdurchsuchungen abzuhalten. Sie haben Verhaftungen vorgenommen, und est ist bezeichnend, daß alle diese Verhafteten dem Regierungskommissär Finanzrat Koráb vorgeführt wurden, der allerdings heute erklärt, er sei gegenüber diesem Terror machtlos gewesen.

Meine Herren! An diesen fliegenden Kommissionen hat sich, so viel ich gehört habe - allerdings ist das nicht ganz verläßlich - auch der jetzige Polizeigeschäftsleiter Oberkommissär Mašek beteiligt. Wir sehen also, das es durchaus nicht vielleicht eine Diktatur einiger Weniger war, sondern daß die Behörden bei diesen ungesetzlichen Maßnahmen mitgewirkt haben. (Výkøiky. - Pøedseda zvoní.)

Meine sehr Geehrten! Tatsache ist, - das muß ich vielleicht deshalb erwähnen, weil es so bezeichnend ist - es wurde auch angezeigt, daß zwei Arbeiter namens Zenzinger eine Höllenmaschine versteckt haben. Man hat in ganz Iglau nach dieser Höllenmaschine gesucht und hat sie natürlich nicht gefunden, hat aber trotzdem die zwei Arbeiter eingesperrt und in Untersuchungshaft gesetzt, weil das natürlich nicht ausreicht, da man keine Höllenmaschine gefunden hat, also keine eigentliche Handhabe gegen sie hat, so werden sie selbstverständlich noch verfolgt wegen § 65a und wegen § 87 des Strafgesetzes. Auf diese beiden Paragraphe werde ich noch zu sprechen kommen. Es wurde eine Unmenge von Bürgern verhaftet. Sie sind mittels Eskorte auf das Rathaus geführt worden und wurden trotz dieser Eskorte von der Menge und von Soldaten verprügelt und auf das gröblichste mißhandelt. Ein großer Teil ist allerdings später wieder frei gelassen worden. 14 Personen wurden aber in gerichtlicher Untersuchungshaft gelassen. Und ich betone - ich weiß, daß ich als Jurist das nicht ohne weiteres sagen kann, wenn ich nicht davon überzeugt bin - daß bezüglich keiner dieser Personen auch nur der geringste Verdacht besteht, daß sie an einer strafbaren Handlung teilgenommen haben.

Meine Herren! Ich will die Namen der 14 Personen nicht verlesen, weil Sie sie ohnedies aus der Zeitung kennen. Das Verbrechen, welches diesen Personen zur Last gelegt wird, erschöpft sich in den §§ 65a, 87, 8, 134, 302 und dann in dem Einzelfall § 6 des Sprengmittelgesetzes.

Meine sehr Verehrten! Ich war während meiner militärischen Dienstzeit Schriftführer bei der Landwehranwaltschaft in Wien. Dr. Kramáø - er ist nicht da - kennt sie sehr gut und andere Herren auch, glaube ich. Wir haben damals nach der Militärstrafprozessordnung einen sogenannten zuständigen Kommandanten gehabt, der allein das Verfolgungs recht hat. Ein Mann, der selbstverständlich nicht Jurist ist und der lediglich, sagen wir, die militärische Autorität darstellte, in Wirklichkeit aber gerade in das Juristische eingreift. Ich bin im politischen Referat beschäftigt gewesen und da habe ich mich auch hauptsächlich mit den Verfolgungen der Èechen zu befassen gehabt. Ich kann Ihnen ruhig sagen, daß die Art, wie man die Èechen damals verfolgt hat, jeden halbwegs vernünftigen Juristen anwidern mußte und wir haben alles getan, um die Praxis der Militärkommandanten etwas zu mildern. Das ist nicht immer gelungen. Denn wenn ein kriegsgefangener Èeche - ich erwähne nur ein Beispiel - aus Rußland geschrie ben hat, er freue sich, in die befreite Heimat zurückzukommen, so wurde er verfolgt, wegen Störung der öffentlichen Ruhe natürlich, nach § 65 a, wegen Hoch verrates, ganz klarer Weise. Das hat aber nicht genügt, er wurde auch wegen des Verbrechens gegen die Kriegsmacht des Staates verfolgt, weil er in Gefangen schaft war, und viertens wurde er noch verfolgt, und das ist charakteristisch, auch wegen Desertion, weil man gesagt hat: Ja es ist doch immerhin möglich, daß er zum Feinde desertiert ist. Aber meine sehr geehrten Herrn, damals hat man wenigstens annehmen können, daß nach dem berühmten Beispiele viele der èechischen Soldaten tatsächlich zum Feinde übergelaufen sind. Man hat also wenig stens halbwegs eine Andeutung für eine strafgerichtliche Verfolgung gehabt, die ich aber durchaus nicht billige.

Meine sehr Verehrten! Hier liegt aber gar nichts vor, man weiß nicht, warum man einem sagt: "Du hast den Versuch des Mordes begangen." Denn entweder hat er geschossen und hat einen oder den anderen Legionär getroffen, dann ist es eben Mord, oder er hat nicht geschossen, dann kann er nicht den Versuch des Mordes begangen hab en. Man hat die Leute wegen der Störung der öffentlichen Ruhe verfolgt, z. B. den Altbürgermeister Inderka. Der arme Teufel war nicht einmal bei der Sonnwendfeier, war gar nicht beteiligt gewesen, wie andere nicht beteiligt waren, und trotzdem hat man sie eingekerkert, weil irgend jemand, wahrscheinlich Herr Dr. Èervený, die Qualifikation der strafbaren Tatbestände vorgenommen hat. Dieser Dr. Cervený macht das aus Rache gegen diese Leute, weil er seinerzeit während des Krieges in Haft gesetzt wurde wegen Spionage, Hochverrat und solcher ähnlicher Sachen und weil die Deutschen als Zeugen die Wahrheit über ihn ausgesagt haben. Und das kann er ihnen nicht vergessen und hat geglaubt, jetzt sei endlich die Zeit gekommen, wo er diese Leute dafür büßen lassen kann. Der Dr. Cervený ist in seinem fanatischen Haß so weit gegangen, daß er in die Menge hineingerufen hat, sie sollen die Auslieferung der Gefangenen verlangen, die sie auf das Rathaus gebracht haben, sie sollen Galgen aufstellen und sollen den Altbürgermeister, den alten Inderka aufhängen, sollen also Lynchjustiz aus üben (Hluk u nìmeckých poslancù a výkøiky.). Und da ist es bezeichnend, daß die Verhafteten nicht auf freien Fuß gesetzt werden, weil sich die Oberbehörden das Recht vorbehalten haben, darüber zu entscheiden.

Wir haben es also hier mit einer ausgesprochenen Kabinetsjustiz zu tun. (Souhlas a potlesk nìm. poslancù.) Und bezeichnend ist es, daß jene Èechen, die mit Brechstangen, wie Dr. Èervený, in private Häuser und Fabriksräume eingedrungen sind, die das städtische Museum aufgebrochen haben, daß dieser Dr. Èervený und alle die anderen immer noch auf freiem Fuße sind und daß gegen sie immer noch keine Untersuchung eingeleitet wurde. Meine sehr Verehrten! Es ist auch sehr bezeichnend, daß man einen Brand- und Hetzartikel der "Jihlavské Listy" auch bis heute noch nicht unter Strafaktion gesetzt hat, obwohl darin Mord und Brand gegen alles Deutsche gepredigt wird, und hier, meine sehr Geehrten, haben Sie auch ein Schulbeispiel für das Verbrechen der öffentlichen Gewalttätigkeit. Aber gegen die Èechen kommt dieser Paragraph nicht in Anwendung, sondern nur gegen die Deutschen. Und jetzt muß ich Ihnen ein besonderes Kunststückel, eine essentiell èechische Erfindung mitteilen. Die Herren sind alle auch wegen § 87 des Strafgesetzes in Untersuchung. Dieser Paragraph handelt von dem Verbrechen der öffentlichen Gewalttätigkeit durch boshafte Beschädigung fremden Eigentumes unter besonders gefährlichen Verhältnissen. Man argumentiert bei der èechischen Staatsanwaltschaft folgendermaßen: wenn jemand harmlos den Zug mitmacht, und die Èechen oder das èechische Militär regen sich darüber auf und schießen, so ist derjenige, der harmlos mitgegangen ist im Zuge, mitschuldig an dem Verbrechen, das die anderen begangen haben. Meine sehr Verehrten! Es ist unglaublich, daß es Juristen geben kann, die eine solche Konstruktion zu einer strafgerichtlichen Verfolgung benützen. Es ist ferner bezeichnend, daß die Verwaltungsbehörden es abgelehnt haben, beziehungsweise es nicht als ihre Pflicht erachten, alle jene Schäden zu erheben, die an deutschem Privateigentum verursacht wurden. Mir hat der Herr Regierungskommissär gesagt, er könne doch nicht die Leute auffordern, daß sie diese Schäden namhaft machen, daß sie einen Ersatz ansprechen, das soll wer anderer machen. Es ist aber Pflicht der Behörden, weil hier verbrecherische Tatbestände vorliegen, daß sie auch erheben, welcher Schaden hier verursacht wurde und in welcher Höhe.

Und jetzt hat man eine parlamentarische Untersuchungskommission nach Iglau geschickt; diese hat natürlich nicht das geringste Ergebnis gezeitigt. Man hat der parlamentarischen Untersuchungskommission die Gegenüberstellung mit den Verhafteten verweigert, man hat ihr die Einvernahme der slovakischen Soldaten verweigert. Man hat ihr Aufklärung nicht zuteil werden lassen, wer den Befehl zu den Hausdurchsuchungen gegeben hat, woher die Soldaten die verwendete Munition genommen haben, man hat der Untersuchungskommission keine Aufklärung gegeben über die Entlassung der deutschen Beamten und Arbeiter. Es muß als bezeichnend hervorgehoben werden, daß über das Ergebnis dieser parlamentarischen Untersuchungskommission nicht einmal ein Protokoll aufgenommen wurde, offenbar, weil man diese Farce nicht auch noch schriftlich niederlegen wollte. Daß die Regierung diese terrorisierenden Akte abstellen wird, können wir trotz der Erklärungen des Herrn Ministerpräsidenten nicht erwarten. (Hluk.) Wir werden verlangen, daß die Regierung wenigstens ihrerseits den Terrorismus, die Gewalt, die Brutalität gegen alles Deutsche endlich aufgibt. Ist es vielleicht nicht Terror oder offene Gewalt, wenn man drei Gemeinden, Mißlitz, Knönitz und Bochtitz gegen den Willen der Bevölkerung vereinigen will, obwohl diese Gemeinden in der Luftlinie 4 bis 6 Kilometer voneinander entfernt sind und obwohl diese Gemeinden nicht den geringsten wirtschaftlichen Zusammenhang haben? Diese Vereinigung soll zu Èechisierungszwecken geschehen und wenn solche Motive vorliegen, scheint auf der èechischen Seite immer das Wort "Demokratie" zu gelten und nicht das Wort "Terror". Ein anderes Beispiel bietet die Behandlung der Kroaten in diesem Staate. Meine Herren, Sie schauen, weil Sie glauben, wir haben keine Kroaten. Wir haben drei Gemeinden mit ausgesprochen überwiegender kroatischen Majorität.

Pøedseda (zvoní): Pana posl. dr. Raddu prosím, aby skonèil, ponìvadž pùl hodiny již uplynulo. (Hluk. Pøedseda zvoní.)

Posl. dr. Radda (pokraèuje): Diese kroatische Majorität wird in einer Weise behandelt, die jeder Beschreibung spottel. So hat zum Beispiel Sektionschef Èerný es für notwendig erachtet, daß diese kroatischen Gemeinden. . .

Pøedseda (zvoní): Pana posl. dr. Raddu vyzývám, aby skonèil. (Výkøiky nìmeckých poslancù: Er versteht nicht èechisch!)

Posl. dr. Radda (pokraèuje): Ich verstehe Sie nicht, Herr Präsident.

Pøedseda: Pana posl. dr. Raddu volám za to k poøádku. (Výkøiky nìmeckých poslancù. Hluk.) Dvakráte jsem ho vyzýval, aby skonèil, a on pokraèuje. Upozoròuji pana poslance, že neskonèí-li, musel bych ho vylouèiti ze schùze. (Hluk.)

Posl. dr. Radda (pokraèuje): Herr Präsident, noch eine Minute. Über die schwere Vergewaltigung der Schulen hat gestern in eingehender Weise Herr Dr. Czech gesprochen, man braucht das nicht weiter auszuführen, obwohl man natürlich über die Gewaltakte der Regierung, der èechischen Bevölkerung und des Militärs noch stundenlang erzählen könnte. Ich glaube, die èechische Regierung und auch die èechische Mehrheit wird gut daran tun, wenn sie rechtzeitig Einhalt tut, denn das deutsche Volk kann man vielleicht bedrücken, aber unterdrücken kann man das deutsche Volk niemals. Wenn Sie uns unser Recht und unsere Freiheit nehmen, dann werden wir uns unser Recht und unsere Freiheit erkämpfen. Ich bin überzeugt, daß der èechoslovakische Staat diesen deutschen Freiheitskampf nicht überstehen wird. (Souhlas a potlesk nìmeckých poslancù.)


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