Pátek 9. èervence 1920

2. Øeè posl. Wenzela (viz str. 641. protokolu):

Hohes Haus! Als im - Wonnemonat Mai hier in diesem Hause das Parlament sich zum erstenmal zusammentraf und als in parlamentarisch feierlichem Tone verkündet wurde, daß das èechoslovakische Parlament sich konstituiert hat, da war man im allgemeinen der Anschauung, daß nun endlich in diesem Staate eine ordentliche Wirtschaft einziehen werde, da war man der Meinung, daß endlich einmal alles besser werden werde. Diese Hoffnungen wurden wohl von verschiedenen Seiten pessimistisch aufgefaßt, ein großer Teil glaubte aber doch daran. Doch im allgemeinen war es wohl vorauszusehen, daß diese Hoffnungen selbstverständlich auf einer irrigen Auffassung aufgebaut sind, da wir ja bei der eigentlichen Schaffung dieses Staates, bei der Tätigkeit der Begründer dieses Staates, zu der Überzeugung gekommen sind, daß in diesem Staate Elemente wirken, die ja gar nicht den sittlichen Willen haben, in diesem Staate Ordnung zu schaffen. Jener Staat und jene Schöpfer dieses Staates haben bei allem Anfang bewiesen, wie sie vorgingen. Noch rufen uns vom 4. März die Toten entgegen, welche jämmerlichen Verbrechen damals begangen wurden, und vergebens suchen wir noch nach der Sühne dieser Taten, die sich ergeben haben in Kaaden, Eger usw. Wenn wir uns überlegten und wenn wir glaubten, daß wohl eine solche Entgleisung schließlich eine Lehre für die Allgemeinheit, insbesondere für die Regierung selbst sein sollte, da hätten wir glauben müssen, daß diese Regierung endlich Schritte einleitet, diesem kannibalischen, gemeinen Vorgehen der militärischen Soldateska dieses Staates Einhalt zu tun. Wir forderten damals Sühne und wir glaubten, daß wirklich etwas geschehen werde, um in dieser Form Ordnung zu schaffen. Doch statt Sühne ereigneten sich damals die Fälle in Leitmeritz, wo man den Bürgermeister der Stadt regelrecht tätlich mißhandelte, indem man ihn sozusagen systematisch verfolgte, und wenn damals in diesem kritischen Augenblick nicht die Besonnenheit der Leute vorhanden gewesen wäre, so wäre buchstäblich der Bürgermeister zum Fenster hinausgeworfen worden. Im allgemeinen glaubte man auch da, daß endlich einmal Ordnung einziehen werde und daß vielleicht dieser Staat und seine Auto rität durch die Minister für das gute Vertrauen jener breiten Massen des èechi schen Volkes wirken werde, durch die dieser Staat aufgebaut wurde und daß endlich einmal Ordnung einziehen werde. Doch alles vergebens. Der Fall Iglau, die blutige Sonnwendfeier, sie ist ja heute in ihrer Gänze so ziemlich voll und ganz besprochen worden und wir haben ja ein objektives Bild durch glaubwürdige Schilderungen darüber, wie es sich erge ben hat. Wohl könnte man im allgemeinen annehmen, daß vielleicht jene, die national geschlechtslos sind und das Gefühl natio nalen Bewußtseins nicht in sich tragen, daß die vielleicht sagen würden: Nationale Bestie hier und nationale Bestie da. Allerdings, diese Reden werden sehr gerue gebraucht von jenen, die für die Gefahr der Unterdrückung des deutschen Volkes kein Verständnis haben. Aber ich meine, es ist auch ganz handgreiflich, daß sich diese militärische Diktatur, jene Politik, die sich hinter das Militär stellt, nicht allein auf einen Gegensatz der nationalen Weltanschauungen beruft, sondern der Fall Muna hat gezeigt, daß man auch nach der anderen Seite einen Terror gegen eine soziale Bewegung in der rücksichts losesten Art entwickelt. Von diesem Ge sichtspunkte aus möchte ich nur jenen Leuten zurufen, die glauben, daß das nationale Gegensätze sind, daß auch die Munaangelegenheit ein Fall ist, der den objektiv national Empfindenden zur Über zeugung kommen lassen muß, daß auf dieser Bahn nicht weiter gewandelt wer den kann.

Die Ursache, welche in Iglau bewirkte, daß sich die Dinge in dieser Form ereigneten, ist ja zweifellos der Zorn jener èechischen Minorität, die sich dort befindet, der sich anläßlich der Gemeinde wahlen bemerkbar machte. Aber in Wahrheit ist es auch der Haß zwischen Èechen und Slovaken, und aus den Ausführungen meines Herrn Vorredners ist klar und deutlich hervorgegangen, daß die Ver hältnisse ganz anders sind, als die lügen hafte èechische Presse berichtet, und daß man eigentlich zur Zeit des Sokolfestes einen förmlichen Lügenrekord aufgestellt hat und diese Schuld auf die Deutschen wälzen wollte. Nun allerdings, die Wahr heit wird durchdringen. Es wird Licht in diese Sache kommen und wenn man es vielleicht auch heute seitens der Regie rung und der verantwortlichen Faktoren, die eben leider durch ihre Abwesenheit glänzen, sobald sie einmal zu den Ver hältnissen Stellung nehmen müßten, nicht sehen will, das wird schon einmal klar werden, daß diese Drangsalierung der Deutschen nicht so weiter gehen kann. Im allgemeinen ist es ja eine erwiesene Tatsache, daß diese günstige Konjunktur, diese militärische Stimmung, wie sie heute im èechoslovakischen Staate ist, von ganz unlauteren Elementen gefördert wird, von Elementen, die zweifellos in ihren Herzen eine doppelte Buchführung haben. Auf der einen Seite spielen sie sich wohl scheinbar als auf die Interessen dieses Staates bedacht auf, doch auf der anderen Seite reiben sie sich die Hände und sind froh, wenn diese Soldateska auf diesem Wege so weiter wandelt. Hohes Haus! Diese Tatsache ist ja wiederholt bewiesen worden, sie ist auch bewiesen worden durch folgenden typischen Fall: In dem Orte Stecken vor Iglau fand man vor der Tabaktrafik groß angeschlagen folgenden Aufruf: "Èechische Volksgenossen aller Parteien! Vergeßt nicht an die frischen Gräber unserer Legionärsbrüder, jener, die von den Horden des Volksrates er mordet worden sind. Vereinigt Euch. Bartel, Legionär und Trafikant!" So, in diesem Sinne wird geworben, so in die sem Sinne wird gehetzt, so in diesem Sinne wird die Leidenschaft aufgepeitscht. Und die Regierung, jene Herren, die da gewaltsam Einhalt tun könnten, rühren sich nicht und freuen sich, wenn ein solcher Typus sich weiter entfaltet. Wie soll da eine Liebe der Minoritäten dieses Staates erzeugt werden? Glauben Sie vielleicht, man wird Achtung haben vor dem eigentlichen Parlament, vor der eigentlichen Verfassung? Glauben Sie, man wird da irgend eine Meinung von den Herren Ministern haben, die wohl scheinbar manchmal guten Willen haben, die aber in dem Moment nicht da sind, wo man es ihnen sagen will? Nein! man wird selbstverständlich auch in èechischen Kreisen zu der Einsicht kommen, daß Legionäre scheinbar wohl in ihrem kannibalischen Vorgehen als Militaristen sozusagen ihr Stückchen Zuckerl kriegen, wenn sie brav sind, im Großen und Ganzen aber einen Freibrief haben, weiter so vandalisch zu hausen, wie es seit dem Beginn der Republik und wie es auch noch heute in viel größerem Maße stattfindet, als man sich je denken konnte.

Der Herr Ministerpräsident Tusar hat allerdings die Verwendung von Militär zur Politik verurteilt. Nun, ich glaube, diese Meinung, die er ja offen ausgesprochen hat und die auch zweifellos festgehalten werden muß, wird aber doch nicht mit dem nötigen sittlichen Ernst von den unteren Faktoren aufgefaßt. Man spricht ja direkt mit Hohn darüber und man drückt das dadurch aus, daß man einfach die staatlichen Anregungen nicht durchführt und ich meine, daß es sozusagen direkt den Herrn Ministerpräsidenten bloßstellt, wenn er sieht, wie die untergeordneten Organe einfach machen, wozu sie Lust haben. Wir stehen heute im Aufbau. Der èechoslovakische Staat benötigt dringend Kredit, benötigt dringend Ansehen in der Außenwelt. Doch, hohes Haus, wenn wir uns diese Skandalzustände überlegen, wenn wir sehen, daß der Ministerpräsident und das gesamte hohe Haus in seiner Führung ganz einfach hier auf den Bänken fehlt, wenn man überlegt, daß gar nichts geschieht, daß man in diesen Fragen förmlich einen Eiertanz aufführt, dann kann man selbstverständlich den Staat in dieser Form nicht ernst nehmen. Als die Vorfälle in Iglau bekannt wurden, hetzte die èechische Presse. Sie entstellte Tatsachen und schilderte die Wahrheit wesentlich anders als sie war. Da sah man aber keine Konfiskation der èechischen Presse, so wie sie im Gegenteil in der deutschen Presse bei verschiedenen Angelegenheiten wohl übermäßig stattgefunden hat. Und als damals Parteigenosse Senator Fahrner den Antrag stellte, eine Untersuchungskommission nach Iglau zu schicken, da war man nicht gleich einig. Und erwiesenermaßen ist in dieser Angelegenheit weiter nichts geschehen, als eine Affenkomödie, die man aufgeführt hat, als ein Theater, wo man eigentlich gar nicht den Ernst der Lage erkennen und wo man gar nicht jene, die gefehlt haben, zur Rechenschaft ziehen wollte. Diese Dinge zeigen ja so recht die Verhältnisse der Justiz in diesem Staate. Wir rufen von dieser Stelle aus: Macht es nur so weiter, handelt nur in diesem Sinn und Ihr werdet sehen, Ihr werdet keine staatstreuen, keine republikanisch treuen Bürger erziehen, sondern Irredentisten. Ihr werdet in diesem Sinne Sabotage erziehen, weil wir dann kein Vertrauen, keinen Glauben zu dieser Form der Regierung und zu diesem Staate haben können. Im allgemeinen wurde seitens der Herren Vorredner von deutscher Seite der eigentliche Vorgang in Iglau im Großen und Ganzen geschildert. Aber das wichtigste, was mir von Augenzeugen geschildert wurde, wurde unterlassen. Und ich fühle mich deswegen sozusagen verpflichtet, diese wichtigen Argumente der wahren Begebenheiten hier zu schildern. Der erste Zusammenstoß in Iglau erfolgte auf dem Mark tplatz, als ein Mann mit einem Stock auf einen Heil-rufenden Deutschen einschlug. Es waren Legionäre, welche ausrufen: "To je naše republika!" Polizei führte den Stockschläger, dem sein Prügel entwunden worden war, hinweg und suchte zu beruhigen. Altbürgermeister Inderka, der entgegen èechischen Behauptungen bei der Sonnwendfeier nicht gesprochen hatte, forderte mit lauter Stimme die Volksmassen auf, sich zu beruhigen, sich das Fest durch diese Vorkommnisse nicht stören zu lassen und ruhig nach Hause zu gehen, und schloß mit den Worten: "Wir bleiben die Alten". In der Tat löste sich der deutsche Zug in Gruppen auf, welche den Heimweg antraten und noch ein Gasthaus aufsuchten. Das war um 10 Uhr. Èechische Soldaten, deren herausfordernde Absicht nicht geglückt war, holten bewaffnete Kameraden aus der nahen Kaserne. Mein Gewährsmann sah und hörte, wie ein Legionär mit erhobenem Gewehr in der Hand auf den Marktplatz lief, im Laufen das Bajonett aufpflanzte und rief: "Wir wollen ihnen geben, den Hunden! " Ein anderer Legionär rief: "Jsou tam kvery a munice, je tam všechno." "Es sind die Gewehre dort und die Munition, alles ist dort." Das sind Schilderungen, die von Augenzeugen seitens unserer Gewährsleute dort festgehalten wurden. Ganz abgesehen davon, wie man die Wahrheit in der èechischen Presse umstellt, wie man falsche Schilderungen gibt, will ich nur mitteilen, in welcher gemeinen und geradezu gefahrvollen Art jene Deutschen behandelt werden, die dort verhaftet wurden, trotzdem erwiesenermaßen festgestellt wurde, daß wohl nicht anzunehmen ist, daß die Schüsse seitens der Deutschen abgegeben wurden. Und es ist doch unmöglich, wenn man nicht den Beweis erbringt, daß irgend jemand sich einer strafbaren Tat schuldig gemacht hat, daß man denselben verhaften, im Kerker festhalten und zu gerichtlicher Untersuchung und Anklage führen kann. Dazu erwähne ich noch folgenden Brief: "Sehr geehrter Herr Abgeordneter! Donnerstag früh ist leider immer noch nicht mein Mann daheim und aus diesem Grunde sehe mich genötigt, Ihnen alle meine Sorgen und mein Leid mitzuteilen und gleichzeitig das Ersuchen zu stellen, sich meines vollständig grundlos verfolgten Mannes anzunehmen und seine Freigabe zu betreiben. War es nicht ein Wahnsinn, meinen Mann wegen § 63 (Hochverrat) zu verfolgen, wenn er weder bei der Sonnwendfeier, noch später bei den Vorfällen zugegen war?" Wenn wir uns diese Dinge überlegen, wenn wir uns in die Seele dieser Gemarterten hineindenken, dann sehen wir, es ist zweifellos ein Verbrechen, das da begangen wird. Wir fordern laut, so laut wir rufen können und mit Nachdruck: Laßt jene frei, die da drangsaliert werden und denen gegenüber Ihr gar kein Recht habt, sie zu verhaften. Auch Parteigenosse Jung wurde in die Angelegenheit hineingezogen, dadurch, daß èechische Arbeiter den Antrag stellten, vielmehr in einer Versammlung die Entschließung faßten auf Entlassung des Parteigenossen Jung aus dem Staatsdienste. Es ist erwiesen, daß Parteigenosse Jung zur kritischen Stunde überhaupt nicht in Iglau anwesend war und zweifellos all diese Dinge und Verdächtigungen nicht auf Wahrheit beruhen. Nachdem die Untersuchungskommission dort getagt hat, trotzd em man sieht, daß die Verhältnisse anders sind, als man sie zu schildern versucht hat, schmachten heute noch angesehene Bürger im Kerker, die deshalb dort schmachten müssen, weil èechische Legionäre aufeinander geschossen haben. Wir verlangen, daß die Regierung die Schuldigen bestrafe und den Deutschen Genugtuung gewähre.

Derselbe typische Fall ereignete sich in den Städten Tetschen und Bodenbach. In Tetschen zog ohne weitere Begründung eine Menge von Legionären aus und ent fernte dort das Kaiser-Josefsdenkmal, sie rissen es mit Stricken zur Erde und gin gen dann weiter und schändeten ein weiteres Denkmal, das Kaiserin-Elisabeth denkmal. So wird in diesem Staate De mokratie gemacht. Noch nicht genug da mit, sie gingen weiter, gingen nach Bodenbach und versuchten im nämlichen Sinne das dort befindliche Schillerdenkmal zu demolieren. Als der Bürgermeister der Stadt und Polizei dort eingriffen, es war auch der Kollege Schwaichert zugegen, da war man allgemein nicht ganz entzückt davon, daß man es verhindern wollte. Allgemein wurde festgestellt, daß die Offiziere ihre Mannschaften nicht in Zügel hatten. Es wurde festgestellt, saß diese vandalisch hausen, wie sie wollen und daß sie den Anordnungen der Offiziere Hohn sprechen. Wir fragen deshalb heute: ist es möglich, daß solche Zustände weiter bestehen? Ist es möglich, daß Sie gleichgültig zusehen können, wie die einzelnen autonomen Behörden einer Gefahr ausgeliefert sind, da die Sicherheit nicht verbürgt wurde? Die sozialdemokratische Partei hat den Antrag gestellt: Aufhebung des Militarismus und Einrichtung einer Miliz. Wenn schon die Herren Minister sehen, daß sie ihre Horden nicht mehr halten können, dann schickt sie doch gefälligst nach Hause und gebt jedem anständigen Staatsbürger Waffen, damit sie die Ordnung und Ruhe in diesem Staate aufrecht erhalten. Diese Dinge sind selbstverständlich außerordentlich wichtig und es ist tief bedauerlich, daß alles in der Form getan wurde, und bis heute ist das Ende dieses Vorgehens noch nicht abzusehen. Der Stadtrat von Bodenbach hat ein amtliches Schriftstück an die verschiedenen Abgeordnetenklubs geschickt. Dieses lautet (ète):

"Der Stadtrat von Bodenbach protestiert auf das entscheidendste gegen die Gewalttätigkeiten, deren sich am 6. Juli d. J. Teile der in Tetschen und Bodenbach befindlichen militärischen Abteilungen in den Städten Tetschen und Bodenbach zu schulden kommen ließen. Es muß wohl allseits anerkannt werden, daß es bis jetzt, dank der Disziplin der Bevölkerung unserer Städte, niemals zu einem Konflikte mit der militärischen Besatzung gekommen ist und es muß mit Bedauern festgestellt werden, daß durch die Her versetzung von neuen Abteilungen, deren Verhalten sich sehr ungünstig von dem der bisherigen Besatzungstruppen abhebt, die Erregung der ohnedies durch die Ernährungslage erbitterten Bevölkerung und insbesondere der Arbeiterschaft ge steigert wird.

Der Stadtrat verurteilt mit Entrüstung die unkulturelle Bilderstürmerei, welche auf der Höhe steht, wie die ähnliche Handlungsweise der reaktionären Truppenteile in Iglau, Olmütz usw. und die sogar davor nicht zurückschreckte, sich an dem Standbilde des großen Freiheitsdichters Friedrich Schiller zu vergreifen.

Der Stadtrat protestiert insbesondere gegen das unqualifizierte Benehmen der Soldaten gegen den amtierenden Bürgermeisterstellvertreter und andere Organe der Gemeinde, welche sich bemühten, die Ruhe und Ordnung herzustellen und hiebei von den sich wie Wilde gebärdenden Soldaten körperlich bedroht worden sind. Hunderte von Theaterbesuchern, darunter viele Frauen, welche unabsichtlich Zeuge der Vorgänge in Bodenbach wurden, sind hiebei ebenfalls bedroht gewesen und es ist nur der Besonnenheit der Bevölkerung zuzuschreiben, daß schweres Unheil verhütet wurde.

Der Stadtrat ist davon überzeugt, daß er im Sinne der ganzen Bevölkerung von Bodenbach spricht und auch die Zustimmung der friedliebenden èechischen Minderheit hat, wenn er das Verlangen stellt, daß diese reaktionär gesinnten Truppenteile, deren weiteres Verbleiben großes Unheil herbeiführen kann, im Interesse der Ruhe und der Sicherheit der beiden Schwesterstädte sofort entfernt werden und gegen sie die strengste Untersuchung eingeleitet werde."

Wenn wir uns überlegen, daß dieser Militarismus uns täglich 10 Millionen kostet, wenn wir uns klar werden, daß besonders im deutschen Gebiet ganze Fabriken von diesen Truppenteilen sozusagen besiedelt sind, daß es einzelnen Kommunen eine Unsumme Gelde kostet, dieses Militär zu erhalten, stellen wir mit vollem Recht die Forderung: Zieht das Militär zurück, welches so provoziert, sorgt dafür, daß wieder Ordnung wird!

Die Stunde hat uns Deutsche in den Notstand gedrängt und es ist allgemein vielleicht beabsichtigt, uns zu drosseln und zu knebeln. Diese Versuche, sie mögen sein wie immer, unterkriegen werdet Ihr uns nicht! Ihr werdet nicht in der Lage sein, uns so zu knechten, wie Ihr es durch Euerc militärischen Vorgänge in dieser Form bisher versucht habet. Ich stelle deshalb heute das dringende Verlangen: schaffet ab diese trostlosen Verhältniße, den Militarismus, gebet uns un sere Freiheit, damit wir uns würdig weiter entwickeln können. (Potlesk na levici.)

3. Øeè posl. Pittingera (viz str. 644. protokolu):

Hohes Haus! Es ist heute über Iglau und über die Übergriffe des Militärs in diesem Staat viel gesprochen worden und speziell die Bluttaten der letzten Tage in Iglau sind des näheren erörtert worden. Ich will dem nichts mehr hinzufügen. Es scheint mir, daß all der Haß, der in diesem Staate und Volke großgezogen worden ist, der Haß gegen das alte Osterreich, abgewälzt wird in erster Linie gegen Deutsch-Österreich und in zweiter Linie gegen alles Deutsche in diesem Staate. Da es sich um Deutsch-Österreich handelt, wird selbstverständlich das südliche Grenzgebiet von Haß und seinen Auswirkungen am meisten getroffen, nämlich Südmähren. Ich will damit nicht sagen, daß die anderen deutschen Gaue im èechoslovakischen Staate weniger hart bedrückt würden. Es ist aber bekannt, daß speziell wir Südmährer unseren ganzen deutschen Beamtenapparat verloren haben, daß man uns die deutschen Beamten aller Kategorien vertrieben, ausgewiesen und unmöglich gemacht hat,-ferner die Gendarmerieposten usw. Südmähren ist heute cinem rein èechisch-chauvinistischen Beamtenapparat ausgeliefert, gegen den wir ohnmächtig sind und bei dem wir niemals unser Recht, auch wenn es noch so begründet ist, finden können. Und speziell in Südmähren ist ja die Èechisierungspolitik mit ganz besonderer Rücksichtslosigkeit betrieben worden. Die Schulgesetze werden dort derart rücksichtslos durchgeführt, daß es jeder Beschreibung spottet, und wenn wir uns fragen, wer denn die Handlanger sind, um das möglich zu machen, so müssen wir sagen: Es ist dies eben der genannte chauvinistische Beamtenapparat, den wir da unten haben. Gerade die unters ten Beamten sind es, und das Höchstmittel dazu sind die Legionäre.

Gestatten Sie mir nun, daß ich diese glorreiche Armee dieses Staates und speziell die Legionäre einer näheren Betrachtung unterziehe. Wir alle wissen ja, wessen Ursprunges die Legionäre sind und wir wissen auch, daß nach dem Umsturz, als die Heldenscharen, in das befreite Vaterland nach Hause kehrten, daß sie da von den Herren Vertretern des Revolutionstribunals als die Helden begrüßt und hingestellt wurden, als das glorreiche Beispiel von Manneszucht nach innen und nach außen. Wie es nun mit dieser Disziplin in Wirklichkeit aussieht, das haben besonders wir gesehen, die wir in den Gebieten zu wohnen das Glück hatten, die besetzt werden mußten, aber natürlich ohne Gegenwehr. Dort hat man die Helden hingeschickt, damit sie ihr Heldentum nochmals zeigen, und was sie dort als Heldentum dokumentiert haben, das ist eine Schande, die diesem Staatsvolk anhaftet und immer anhaften wird. (Souhlas nìmeckých poslancù.)

Ich will Ihnen eine Blütenlese von einigen Vorfällen geben, die nicht nur gegen Deutsche, sondern auch gegen Èechen gerichtet waren. Da fuhr einmal der Landeskommandant von Brünn, der Herr General Podhajský von Grußbach nach Brünn. In Grußbach wurde er im Waggon untersucht nach den verschiedenen Sachen, die man mitnehmen darf oder nicht. Es kam der erste, untersuchte ihn und sein Gepäck, fand nichts und ging weiter. Nach ganz kurzer Zeit kam ein zweiter. Dem General war dies etwas unangenehm. Er machte den Soldaten darauf aufmerksam, daß er bereits untersucht sei, daß er nichts bei sich habe und daß man ihn weiterfahren lassen möge. Darauf hin versetzte ihm der èechische Soldat eine gewaltige Ohrfeige. Es ist selbstverständlich, daß der Landeskommandant einen Strafbefehl von Brünn heruntergab an den zuständigen Kommandanten. Und wie, meine Herrschaften, glauben Sie, war die Antwort? Die Antwort lautete: "Herr Landeskommandant, die Strafe müssen Sie durchführen, ich bin machtlos. Ich kann das nicht."

Ein weiterer Fall: Von der Garnison der Kadettenschule in Königsfeld bei Brünn wurde ein Mann mit einigen Tagen Einzelarrest bestraft - es sind dies Beispiele, wie sie täglich vorkommen und die ganz lehrreich sind. Die ganze Garnison der Kaserne erklärte sich solidarisch und verweigerte und verhinderte unbedingt die Durchführung der Strafe. Die Brünner Garnison mußte ausrücken. Die ganze Brünner Garnison mußte kommen und es begann eine Schießerei unter den èechischen Soldaten - ob es Slovaken oder Èechen waren, weiss ich nicht genau es begann eine regelrechte Schießerei.

Ein dritter Fall, wie sich die Disziplin des Militärs auch nach aussen hin jederzeit zeigt, ist, daß in Brünn bei hellichtem Tag geschlossene Militärabteilungen Firmentafeln stürmten, unter dem Hohn und Jauchzen und Johlen und unter Zustimmung des Straßenmobs. Weiter ist bekannt, daß die Grenzrevision in Lundenburg berüchtigt ist, daß man dort Reisende unschuldig tagelang zurückhält, daß man ihnen die Weiterreise verweigert, daß man ihnen alles wegnimmt und daß man mit dem, was man diesen Leuten stiehlt und raubt, schwunghaften Handel treibt. Wer Daten wünscht und Namen, ich bitte, ich stehe jederzeit zur Verfügung. Daß auch Gegensätze in dieser disciplinierten Armee bestehen, die man heute so gerne beilegen möchte, darüber möchte ich folgendes Beispiel anführen: Es ist ja bekannt, daß bei den Znaimer Gemeindewahlen die Soldaten den Ausschlag gegeben haben. Dort haben nicht nur 2000 Soldaten gewählt, sondern 3800. Und diese 3800 Mann haben es zuwege gebracht, daß das deutsche Znaim nach außen hin ein èechisches Znaim geworden ist. Aber es ist nur ein Schein, eine Lüge. Znaim ist deutsch, so wie es war und wird es vorläufig bleiben. Damals in Znaim, als man den èechischen Siegern aus den Wahlen einen Fakelzugsabend bereitete, kam es in der Oberen Böhmgasse zu einer derartigen Gegnerschaft zwischen èechischen und slovakischen Legionären, daß sie sich Brust an Brust mit der Pistole in der Hand gegenüber standen und es hat nur der erste Schuß gefehlt und es wäre vielleicht mehr geschehen im Kampfe zwischen èechischen und slovakischen Soldaten, als in Iglau geschehen ist.

Das vom militärischen Standpunkt aus. Nebenbei bemerkt ist noch hinzuzufügen, daß eine Autorität überhaupt nicht anerkannt wird. Man möchte doch glauben, daß es in einer militärischen Organisation Leute geben muß, die Führer sind und - Gehorchende darf man doch in einer demokratischen Republik nicht sagen - aber Leute, die folgen. Das gibt es aber in dieser Armee nicht. Jeder tut was er will, wie er will und solange er will. Jeder tut, was ihm angenehm ist. Betrachten wir diese Armee einmal vom wirtschaftlichen Standpunkt, so müssen wir konstantieren, daß das Kontingent, die Höhe dieser Armee weit hinausschießt über die Finanzkraft dieses Staates, weit hinausschießt über die militärischen Bedürfnisse dieses Staates. Wir wissen ja, daß diese Armee eigentlich nicht eine èechische Armee ist und nicht für èechische Zwecke geschaffen, sondern daß sie eine französische Armee ist, daß es französische Soldtruppen sind und sein sollen. Aber das wollen sich die Èechen nicht eingestehen. Ich möchte zum Beweise, inwieweit diese Armee über den Rahmen dieses Staates hinausragt, einige Ziffern vorführen. Es ist bekannt, daß die èechische Republik 144.000 Quadratkilometer groß ist und 13 Millionen Einwohner hat. Sie zählt ei ne Armee von 500.000 Mann. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika sind um ein Vielfaches größer, haben eine Einwohnerziffer von 130 Millionen und diese Vereinigte Staaten kommen mit einer Armee von 300.000 Mann aus. Weiter kann ich Ihnen einige Zahlen aus dem statistischen Jahrbuch von 1913 über das Heeresbudget des alten Österreich-Ungarn nennen. Im alten Österreich-Ungarn hat die Armee im Jahre 1913, gemeinsames Heer, Landwehr, Honvéd und Kriegsmarine zusammengefaßt 600 Millionen gekostet. Die èechoslovakische Armee hat im Jahre 1919 1 1/2 Milliarden gekostet. Das sind aber nur die ordentlichen Ausgaben. Die außerordentlichen Ausgaben betrugen wieder soviel mehr. Das sind nämlich die Ausgaben für den Bau von strategischen Bahnen, Anlage von Festungen, Bau von neuen Kasernen und dgl. Aus diesen Zahlen sehen Sie, daß die Armee in diesem Staate ja überhaupt gar nicht berechtigt ist, wenn man sie vom wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet. Wie viel ist aber gerade von den Èechen, von diesem Staatsvolke gegen den preußischen Militarismusgeschrien worden, speciell von den Sozialdemokraten. Und da möchte ich Ihnen gerade wieder einige Zahlen nennen. Im alten Militärstaat Preußen - und es war ein Militärstaat - kamen auf 121 Mann 1 Soldat, und hier kommen auf 87 Mann 1 Soldat. Ich frage Sie: Wo ist mehr Militärstaat, dort oder hier? Und vom volkswirtschaftlichen Standpunkt betrachtet müssen wir konstatieren, daß diese ungeheuere Armee, die weit über die Kräfte dieses Staates hinausschießt, in volkswirtschaftlicher Hinsicht nur ein negativer Faktor ist und bleibt. Ein reiner Konsument, ein Polyp, der uns ohne irgendwelche positive Arbeit im Staate zu leisten auffrißt ind auffressen muß. Und wenn man die Ernährungskrise auf verschiedene Gründe zurückschiebt, so wird man wohl auf diese Faktoren nicht vergessen. Moralisch betrachtet müßen wir auf diese Armee das Sprichwort anwenden, das wahr ist: Müßiggang ist aller Laster Anfang.

Wer kann mir die Frage beantworten, wozu wir dieses ungeheuere Militär eigentlich in diesem Staate haben. Und wer wird es verantworten, wenn die Folgen des Umstandes sich bemerkbar machen, daß man dieses Militär eben als Müßiggänger großzieht und erhält. Alle diese Leute werden zur Arbeitsscheu erzogen, sie werden nie mehr richtige bürgerliche Arbeit leisten wollen und ich glaube auch von der anderen Seite, diese Trunkenheitsszenen, die man auf Schritt und Tritt sieht, diese Raufszenen u. dgl., alle diese Beteiligungen an öffentlichen Plünderungen, wie sie in Prag, Olmütz u. s. w. vorkamen, das ist alles absolut nicht geeignet, die moralische Kraft des Staates zu stärken.

Meiner Ansicht nach liegt der Hauptwert dieser Einrichtung - als solcher ist er von oben inspiriert - im Politischen. Diese Armee ist ja nicht das, was eine Armee in ei nem Staate sein soll, der Schutz der Bürger im Innern, die Gewähr der Sicherheit und der Schutz des Staates nach außen, sondern diese Armee und besonders die Legionäre sind ja nichts anderes als die Vollstrecker jenes chauvinistischen Imperialismus, wie er von Prag aus betrieben wird. Wir leben allerdings in einer demokratischen Republik und früher hat man um das Ziel erreichen zu können, damit das Heer jederzeit seiner Bestimmung entsprechen soll, es immer fern gehalten von jeder Politik. Wir verlangen das heute nicht mehr, auch die Soldaten sollen Staatsbürgerrechte haben, aber nicht daß sie diese Staatsbürgerrechte mit der Waffe in der Hand gegen andere Staatsbürger zur Durchsetzung bringen. Wenn das trotzdem geschieht, so ist das nichts anderes als Terror, als Militärterror. Und ich werfe den Herren, von denen leider heute keiner hier ist, so gern die Frage vor, was wir eigentlich in diesem Staate haben, ob das ein militärischer Terror, eine Militärherrschaft ist oder die Demokratie.


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP