Ètvrtek 10. bøezna 1921

Ich glaube, hier an dieser Stelle sagen zu müssen, daß natürlich mit der Bürgschaft allein nichts getan ist, sondern, wenn man die Wohnungsfürsorge tatsächlich und wirksam bekämpfen will, muß der Staat selbst dafür sorgen, daß an Stelle der Bürgschaft die direkte Darlehensgewährung durch den Staat erfolgt. Welche Erfahrungen haben wir in dieser Beziehung bisher gemacht? Es wurden von Seite des Ministeriums für soziale Fürsorge und auch von Seiten des Arbeitsministeriums weiß ich in wie vielen Fällen den Gemeinden und sonstigen öffentlichen gemeinnützigen Körperschaften alle notwendigen Beihilfen in Aussicht gestellt und auch zugesprochen. Wenn es darum gegangen ist, zur Verwirklichung der Tat, zur Erbauung von Wohnhäusern zu schreiten, haben wir gesehen, daß die Körpersch aften, die diese Aufgabe lösen wollten, nicht in der Lage waren, dies zu erfüllen, weil sie sich bis heute die notvendigen Mittel nicht verschaffen könnten, trotz aller Bürgschaften dieses Staates. Darauf muß unter allen Umständen hingewiesen werden und das Gesetz wird, insolange man ihm überhaupt gute Eigenschaften zubilligen kann, diese guten Eigenschaften nur dann zur Wirkung bringen, wenn tatsächliche Abänderungen solcher Art geschaffen werden, daß sie tatsächlich Hilfe bringen.

Nun möchte ich noch über die Förderung der provisorischen Bauten etwas sagen. Die Förderung der provisorischen Bauten beinhaltet - so habe ich das Empfinden - eine Konzession an die besitzenden Klassen, man will darin die besitzenden Klassen fördern, man will den besitzenden Klassen das neue Baugesetz mundgerecht machen und es ihnen auf diese Weise ermöglichen, daß sie sich dazu verstehen, auch ihrerseits selbständige Bewegung der Bautätigkeit etwas mehr an Mitteln zu widmen, als es jetzt in privater Beziehung geschieht. Ein Wort auch noch über die geplante Bauordnungsabänderungen.

Es ist sicher nicht von der Hand zu weisen, daß die derzeitigen Bauordnungsbestimmungen veraltet sind, daß sie weder den Bedürfnissen, noch den Verhältnissen mehr entsprechen, aber es liegt in diesen gesetzlichen Bestimmungen, die hier festgelegt sind, die drohende Gefahr, der Umgehung der Bauordnung, insbesondere wenn Begünstigungen an Private gewährt werden, daß die Umgehung dazu benützt werden kann, die Wohnungsverhältnisse noch mehr zu verschlechtern, als es heute schon der Fall ist. Das ist eine sehr gefährliche Sache. Und es wäre viel klüger und besser gewesen, an Stelle eines Umgehungsgesetzes eine den Verhältnissen angepasste Bauordnung zu schaffen, sonst kann der Segen der Umgehung der Bauordnung unter Umständen zum Fluche für diejenigen werden, die in solche Wohnungen einzuziehen haben, die auf Grund der Abänderung der Bauordnungen geschaffen werden.

Im Großen und Ganzen wäre vielleicht das Gesetz besser, günstiger und praktischer ausgefallen, wenn nicht, wie ich bereits im Anfang erklärt habe, sein Zustandekommen nicht in einer Art und Weise erfolgt wäre, gegen die wir hier natürlich auf das allerentschiedenste schon einmal protestiert haben, und welchen Protest ich heute hier wiederhole. Wir wollen nun abwarten, ob dieses Gesetz, wenn es die Sanktion erlangt hat, wenn es in die Tat umgesetzt wird, auch das erfüllen wird, was man sich von ihm erhofft. Ich glaube, wenn mit diesem Gesetz auch die notwendigen Mittel verbunden werden, wenn man sich ernstlich bemüht, die notwendigen materiellen Mittel beizustellen, dann kann möglicherweise eine Milderung und Linderung der Verhältnisse herbeigeführt werden, wenn aber die notwendigen Mittel nicht beschafft werden, dann wird auch dieses Gesetz, wie so viele hundert andere in diesem Staate ein Gesetz auf dem Papier bleiben, ein Gesetz bleiben, an das sich niemand kehrt und um das sich niemand kümmert.

Wir als Sozialdemokraten werden, nachdem ja etwas besseres nicht vorhanden ist, uns, obzwar eine Anzahl von Bestimmungen eine schwere Gefährdung beinhaltet, gegen das Gesetz nicht kehren, solange es sich nicht gegen die Interessen der Arbeiterschaft richtet. Richtet sich das Gesetz aber einmal gegen die Interessen der Arbeiterschaft, so werden wir es verstehen, uns dagegen in der energischesten Weise zur Wehre zu setzen. (Souhlas a potlesk na levici.)

3. Øeè poslance Kostky (viz str. 2496. protokolu):

Geehrte An- und Abwesende! (Veselost.) Ich möchte zuerst, nachdem die Versammlung wirklich so zahlreich besucht ist, und die sachlichen Momente deshalb doch weniger in Frage kommen, etwas formelles zur Sprache bringen. Ich muß mein Bedauern von dieser Stelle aussprechen, daß das geehrte Haus und auch der geehrte Ausschuß, der sich mit dieser Frage befaßt hat, bei dieser Gelegenheit den Senat tatsächlich als ein "Senatorium" behandelt hat. Es ist eine durchaus unwürdige Behandlung, die wir einer gesetzgebenden Körperschaft hier zuteil werden lassen, und ich halte es für eine Pflicht, daß an dieser Stelle dagegen Widerspruch erhoben wird. Wir haben vor einem Monat nur 3 Stunden Zeit bekommen, um uns mit dieser hochwichtigen Gesetzesvorlage im Ausschuß hier zu beschäftigen. In der Zwischenzeit ist das Bauwetter wahrscheinlich einigermaßen schlechter geworden und man hat dem Senat Zeit gelassen, sich beinahe einen Monat mit dieser Frage zu beschäftigen. Er hat das in durchaus sachlicher Weise getan und nun erfährt er hier das unwürdige Schicksal, daß einfach über seine Beratungen zur Tagesordnung übergegangen wird. Ich halte es für ein Verbrechen am Parlamentarismus, wenn man verfassungsmäßige Einrichtungen in dieser Art und Weise behandelt. Es wäre möglich gewesen, ohne der Dringlichkeit der Angelegenheit hier Abbruch zu tun, die Sache in gewissenhaftester Weise in kürzester Zeit zu erledigen, indem man einen gemeinsamen Ausschuß eingesetzt hätte, der in kurzer Frist, vielleicht schon in 48 Stunden, die wichtigsten Fragen nochmals hätte besprechen und gewiß auch über den § 40, dem, wie ich gehört habe, der Ausschuß hauptsächlich wiedersprochen hat, mit den Mitgliedern des Senates hätte einig werden können.

Nun möchte ich auch die Gelegenheit benützen, von dieser Stelle aus der Öffentlichkeit den Protest kundzugeben, daß in letzter Zeit wiederholt tendenziöse Nachrichten, gerade so wie beim Baugesetz, von èechischen Parlamentariern verbreitet worden sind, als würden wir die wichtigesten Gesetze durch unsere Arbeit oder Nichtarbeit, durch unser fortgesetztes Desinteressement an den Arbeiten, sabotieren. Das ist nicht der Fall und es sind - ich konstatiere das von dieser Stelle aus - von Parlamentariern Unwahrheiten in der Öffentlichkeit verbreitet worden. Es wurde z. B. darauf hingewiesen, daß die Konjunktursteuer nur von der èechischen Seite bekämpftwerde. Das ist nicht wahr. Ich erinnere daran, daß die erste Interpellation darüber von unsere. Seite eingebracht wurde, sie wurde nur von der geehrten Regierung nicht beantwortet. Wir haben deshalb nochmals interpelliert. Wir haben in der Zwangswirtschaft oder besser gesagt bezüglich der Einführung der freien Wirtschaft die Initiative ergriffen und da auch schon einen gewissen Sieg errungen. Diese Frage ist von èechischer Seite zumeist anders behandelt worden. Wir haben auch in der Kriegsanleihefrage ganz zweifellos die Initiative ergriffen und es ist sicher, daß wir in dieser Frage in Zukunft einen Sieg erringen müssen. Und das ist vielleicht für den ganzen Staat derzeit die wichtigste Frage. Sie betrifft auch die Baufrage, wie von meinen Kollegen von dieser Stelle aus bereits gesagt wurde, in intensivster Weise. Ich möchte mich dagegen verwahren, daß wir in diesem Staate eine fortgesetzte Sabotage treiben. Wir haben Widerspruch erhoben, weil wir es für unangebracht halten, bei so wichtigen Gesetzen innerhalb 3 Stunden unsere Entschlüsse zu fassen, und erheben auch heute Widerspruch, daß man die sachlichen Beratungen des Senats einfach in den Papierkorb wirft, zu dem alten Gesetze zurück greift und damit für uns diese 4 Wochen einfach vergeudet hat. Das haben nicht wir auf dem Gewissen, das hat die geehrte, wie sie heißt, "skuteèná vláda" auf dem Gewißen - so heißt ja wohl in der Tat der neue fachtechnische Ausdruck für die "wirkliche Regierung.

Ich möchte mich nun zur eigentlichen Sache wenden und glaube, daß wir nicht erst ausführlich betonen müssen, daß wir die dringende Notwendigkeit der Wohnungsfürsorge und der Baureform anerkennen. Es ist ja vielleicht gerade das Bauwesen jenes Gebiet, wo der Schleichhandel während der ganzen Kriegszeit und Nachkriegszeit das Korrektiv nicht bilden konnte (Veselost a souhlas na levici.) Während wir bei den Waren immer nur noch die Versorgung durch den Schleichhandel hatten, so ist bei den unbeweglichen Gütern leider ein solcher bis heute noch nicht erfunden worden und darum hat sich die Zwangswirtschaft gerade beim Bauwesen in der furchtbarsten Weise geäußert und tut es noch heute. Es sind leider von der geehrten Regierung noch keine genauen Erhebungen darüber gepflogen worden, inwieweit heute noch die krasse Wohnungsnot überall vorhanden ist. Man geht aber gewiß nicht fehl, wenn man heute im ganzen 5% der Stadtbewoh ner als wohnungslos bezeichnet. Ich kann diese Ziffern aus meiner nächsten Umgebung, meiner Heimat, herausrechnen, und wir kommen dazu, daß heute 150.000 bis 200.000 Personen in diesem Staate wohnungslos sind.

Das ist der beste Beweis, daß es eine brennendere Frage neben der Ernährungsfrage überhaupt nicht geben kann. Die Ernährungsfrage wird, wenn die verehrten Herren von der geheimen und der öffentlichen Regierung einmal zur freien Wirtschaft übergehen, wohl gelöst werden können. Die Wohnungsfrage aber halte ich für viel schwieriger lösbar. Ich kann auch nicht umhin, zu sagen, daß mir eigentlich die vorliegenden Gesetzentwürfe, ob es nun der erste Bericht ist oder die späteren Ergänzungen dazu, im Kern als systemlos erscheinen. Ich finde nicht das zusammenfassende System, welches bei der Behandlung dieser Fragen unbedingt notwendig wäre. Es ist ja bekannt und braucht wohl nicht erörtert zu werden, daß die Neuproduktion beim Wohnungsbau seit Kriegsbeginn still liegt. Aber wir müssen auch eines betonen, und das ist auch bei dieser Debatte und, soviel mir bekannt ist, auch im Ausschusse nicht betont worden: Wir haben uns in der Kriegszeit und in der Nachkriegszeit, also im Augenblicke der Not, Bedürfnisse angewöhnt, die eigentlich über unsere Verhältnisse hinausgehen; und gerade auf dem Gebiete des Wohnungswesens ist dies geschehen. Ich möchte den Beweis hiefür sofort antreten. Es ist nach früheren Statistiken ziemlich klar bewiesen, daß in einem Haushaltungsbudget der Wohnungsaufwand 10% ausgemacht hat. Nun sind zweifellos die Einkommen in der Nachkriegszeit und auch im Kriege bedeutend gestiegen. Ich frage aber heute, ob derjenige, der ein Einkommen von 10.000 Kronen hat, für seine Wohnung heute 1000 Kronen bezahlt, oder ob derjenige, - und jetzt kommen wir erst zu allgemeineren Ziffern - der 20.000 Kronen Einkommen im Jahre hat, 2000 Kronen für seine Wohnung bezahlt, und wenn wir höher gehen, frage ich, ob derjenige, der 40.000 Kronen Einkommen hat, ein Zehntel, also 4000 Kronen für die Wohnung auslegt. Es rächt sich hier, daß wir die Lebenshaltung in der Wohnungsfrage verbessert haben, mit den Mieten aber nicht in entsprechender Weise nachgefolgt sind. Das ist eine Sache, die wohl überall bekannt, aber noch nicht mit genügender Schärfe betont worden ist. Es ist gewiß hart, davon zu sprechen, und ich verkenne nicht, daß mir vielleicht die Einwendung gemacht werden wird, und zwar gerade von Seite der Arbeiterschaft: ja, unsere anderen Bedürfnisse, die Preise für die anderen notwendigen Lebensbedürfnisse, sind so bedeutend gestiegen, daß wir hier nicht mitkönnen. Ich gebe das zum großen Teile sicherlich zu. Aber das Problem der Wohnungsnot rührt meiner Ansicht nach gerade daher, daß wir hier diesen einen Preis während des ganzen Krieges und in der Nachkriegszeit auf Kosten aller übrigen Preise gedrosselt haben. Es erscheint mir notwendig - so verantwortungsvoll es auch ist, in der Öffentlichkeit darauf hinzuweisen - es von dieser Stelle aus als meine Ansicht zu betonen. Damit stelle ich von vornherein das Prinzip in den Vordergrund, daß wir eigentlich bei der Wohnungsfrage, beim Bauwesen, das Grundprinzip der Wirtschaft: Angebot und Nachfrage, verletzt haben, und es rächt sich jetzt an uns in der schrecklichsten Weise, daß wir uns einfach jahrelang auf Zwangsmaßnahmen verlassen haben, wodurch wir die natürliche Produktion unbedingt gedrosselt haben. Nun sind wir leider und das ist etwas, was ich auch dem Ausschusse vorwerfen möchte - auch hier noch zu keinem System gekommen. Ich finde auf dem Programme des sozial-politischen Ausschusses heute noch immer Beratungen über die Beschlagnahme von Wohnungen, über die Beschlagnahme der Wohnungsgebäude und die Erweiterung von Zwangsmaßregeln, die wir ja eigentlich heute nicht mehr dauernd aufrecht erhalten sollten. Denn was kann man eigentlich noch beschlagnahmen? Wenn vernünftige Wohnungsämter da sind, dann sind sie mit der Beschlagnahme zum größten Teil schon fertig. Sie finden nichts mehr zu beschlagnahmen. Im Gegenteil! Ihre Tätigkeit wird in Zukunft darin bestehen müssen, die Beschlagnahmen wieder aufzuheben. Wir haben ja gerade dadurch, daß Leute in Wohnungen hineingesetzt worden sind, mit denen der Hausherr, und die Mieter wieder mit dem Hausherrn nicht einverstanden sind, wo also lauter Zwangsverhältnisse und Streitigkeiten über alles Mögliche bestehen, ein durchaus ungesundes Wohnungswesen, das sich aus diesen Zwangsmaßnah men entwickelt hat. Leider kann ich nur feststellen, daß diese Zwangsmaßnahmen im vorliegenden Gesetze zum größten Teil in einer für uns durchaus nicht annehmbaren Weise wieder enthalten sind.

Ich möchte da vor allem auf jenen Punkt des Gesetzes kommen - es ist der erste Abschnitt - welcher schon durch das Gesetz vom Dezember 1919 geregelt ist, die Enteignung. Ich bin der Meinung, daß wir hier eigentlich ein sozial-wirtschaftliches Prinzip auf den Kopf stellen; denn wenn wir uns die Bestimmungen des Gesetzentwurfes betrachten, so heißt es da, daß der Private Grund und Boden, den die Gemeinde besitzt, enteignen kann. Bisher aber war es allgemeine Rechtsanschauung, daß man zu einer Enteignung nur dann greifen soll, wenn es im allgemeinen, also im öffentlichen Interesse liegt, Grund und Boden, Hausbesitz oder andere Rechte zu beschlagnahmen. Es ist nun höchst merkwürdig, daß wir hier einen Träger der Gemeinwirtschaft - und das ist doch die Gemeinde zweifellos - als den Enteigneten finden und den Privaten als den zur Enteignung Berechtigten. Das scheint mir eigentlich das ganze Rechtsprinzip bezüglich der Enteignung auf den Kopf zu stellen, und ich kann es nicht verstehen, daß man dem Privaten derartige Rechte auch gegenüber der Gemeinde von vornherein gibt.

Gehen wir nun etwas weiter. Es ist gewiß gefährlich, auch gegenüber Privaten so vorzugehen. Es heißt ja im Gesetzentwurfe, daß zuerst der Staat, dann die Gemeinden und dann auch die Privaten in Anspruch genommen werden können. Es ist zwar kein Baudiktator mehr eingesetzt, aber schließlich und endlich wird in Zukunft der Bezirkshauptmann die Stelle dieses Baudiktators bei Inanspruchnahme von Grund und Boden einnehmen. Nehmen wir an, es handelte sich darum, daß sich ein Privater Grund und Boden schon lange Zeit vorbereitet hat, um später darauf bauen zu können; nun kommt der im Kriege reich gewordene Schieber und sagt sich: hier ist kein Gemeindeland, kein Staatseigentum, aber mir paßt das eine private Grundstück hier, das will ich mir enteignen. Und nun kommt der Bezirkshauptmann - ich will nicht sagen, daß Sie hier von vornherein daran gedacht haben, nationale Interessen zu verfolgen, obwohl sich unter diesem Mäntelchen sehr böse nationale Fragen verbergen lassen, die wir vielleicht in Zukunft einmal entdecken werden. Ich will aber, nachdem es sich um ein soziales Gesetz handelt, derartige Dinge nicht in den Vordergrund schieben, aber ich halte es für ungerecht, daß in dem Augenblicke der Schieber, der zu Reichtum gekommen ist, demjenigen, der sein Grundstück zusammengespart hat, es einfach wegnimmt - und dieser Bezirkshauptmann soll nun die Entscheidung treffen oder vielleicht die Landesbehörde hier in Prag als Rekursbehörde. Die Behörden werden natürlich eher davon ausgehen, die Schwierigkeiten zu beheben, werden aber dabei sehr leicht private Interessen in den Hintergrund schieben und werden sich sagen müssen: Was geht mich dein privates Interesse an? Wir aber als gesetzgebende Versammlung müssen in diesem Augenblicke das moralische Interesse höher stellen und müssen sagen, eine derartige Gesetzesbestimmung könnten wir eigentlich nicht anerkennen oder müßten solche Kautelen schaffen, die zumindestens den Betreffenden, der schon längere Zeit in ehrlichem Besitz von Grund und Boden ist, schützen. Der Grundbesitz darf nicht vogelfrei erklärt werden. Es ist eine Unmöglichkeit, auf diese Art und Weise die Bautätigkeit zu fördern. Wenn ich einen Industrieund Gewerbetreibenden voraussetze, der vielleicht auch für eine zukünftige Vergrößerung seines Betriebes Gelände gesammelt hat - er kann z. B. die Textilfabrik nicht wo anders bauen, wo andershin die Färberei - und nun kommt einer mit dem Enteignungsbegehren und die Behörde hat darüber zu entscheiden, ob der Eigentümer den Grund im Interesse seines Betriebes für die Zukunft entbehren kann oder nicht. Nun kenne ich leider viele Verwaltungsbehörden, denen vielleicht die nötige Einsicht abgehen wird, die sich einfach sagen: hier haben wir nur augenblickliche Not und die in diesem Falle den Einzelnen schwer schädigen werden.

Ich glaube, daß wir durch derartige Bestimmungen die Bautätigkeit nicht beleben; denn es wird sich der Einzelne sagen: wenn mein Grund und Boden nicht sicher vor einem Eingriff ist, werde ich in Zukunft nicht nur keinen Grund und Boden erwerben, ich werde auch nicht bauen. Es ergibt sich bereits heute die Gefahr, daß wir durch die Gebäudebeschlagnahme, die sich, soviel ich weiß, auch auf Neubauten beziehen kann, auch da von vornherein die größten Schwierigkeiten bei der Belebung der Bautätigkeit haben werden. Ich muß also von meinem Standpunkte aus das erste Hauptstück bezüglich der Enteignung vollständig ablehnen. Es ist mir unmöglich, ihm in dieser Form meine Zustimmung zu erteilen.

Ich möchte auch den Herren Berichterstattern zur Erwägung geben, ob sie nicht doch vielleicht einen ausführlicheren Rat, und eine Kritik gebraucht hätten. Denn es heißt zum Beispiel - das ist mir aufgefallen - "der Wohnungsinhaber muß innerhalb einer bestimmten Frist den Bau beenden", wenn er sich nämlich der Enteignung entziehen will. Für den Wohnungsinhaber wird eine bestimmte Frist festgesetzt. Es ist mir aber aufgefallen, daß dieselbe Frist nicht festgesetzt ist für denjenigen, der enteignet. Wohl ist eine Frist im Gesetze, wann er zu beginnen hat, damit ist aber gar nichts getan. Wenn ich anfange, auf meinem Grund und Boden auszuheben und ein paar Grundmauern zu errichten oder vielleicht auch das nicht, so habe ich begonnen. Wann ich aber fertig werde mit dem Bau, vielleicht einmal nach 10 oder 20 Jahren, das ist meine Sache. Daß die Behörde nach dem Gesetze verpflichtet ist, eine Frist für die Vollendung des Baues vorzuschreiben, steht zumindest nicht im Entwurfe. Ich möchte das also als sehr bedenklich in dem vorliegenden Entwurfe feststellen; denn es werden alle Rechte dem Enteigner und gar kein Recht dem Besitzer von Grund und Boden gegeben. Das ist ein Widerspruch, der deutlich hervorgehoben werden muß.

Die Lohnschiedsgerichte sind bereits vom Herrn Vorredner kritisiert worden.

Ich möchte hier noch auf ei nen Punkt hinweisen, der mir recht merkwürdig erscheint. Die Preisgerichte können auch die Warenpreise festsetzen. Es heißt da in der betreffenden Bestimmung des Gesetzes, daß sie auch die Warenpreise für die Bauvoranschläge, also die Bauvoranschläge selbst prüfen und die Preise festsetzen können.

Nehmen wir nun den Fall an, es sei eine Lohnerhöhung notwendig geworden und das Schiedsgericht hat eine solche Lohnerhöhung festgesetzt. Das Warenpreisgericht habe aber bereits die Bauvoranschläge festgesetzt. Der Baumeister ist nun nicht in der Lage, nachdem das Warenpreisgericht im Verlaufe eines Jahres die Preise nicht erhöhen darf, dem Preisgericht neue Warenpreise vorzulegen. Er hat also entweder eine Erhöhung der Löhne, die irgendwo sich als notwendig erweist, auf sein Risiko zu nehmen, oder, was er in Wirklichkeit tun wird, er wird den Bau überhaupt einstellen. Wir sehen also, daß aus diesem inneren Widerspruch des Gesetzes wahrscheinlich eine Einstellung der Bautätigkeit erfolgen wird, wenn wir nicht die stille Hoffnung hegen können, daß wir wieder ein Gesetz schaffen, das, wie der Herr Vorredner sagte, auf dem Papier stehen bleibt; denn wir haben auch die Volkspreisgerichte gehabt, aber diese haben zum Glück bisher überhaupt nicht funktioniert, oder nur eine ganz unbedeutende Tätigkeit entwickelt.

Widerspruch muß auch dagegen erhoben werden, daß wir uns dem Preisgericht von Prag zu fügen haben. Es ist unmöglich, daß das Preisgericht von Prag eine entsprechende Tätigkeit entwickeln und eine ersprießliche Arbeit leisten kann, denn es kann nicht für hunderte Bezirkshauptmannschaften die Warenpreise festsetzen. Entweder ist dies lediglich eine Farçe und man hat daran gedacht, das Preisgericht allein für Prag arbeiten zu lassen, oder man muß wirklich daran gehen, ein solches Preisgericht, wenn man es wirklich für notwendig hält, auch in der Provinz zu schaffen. Ich halte es nicht für notwendig, denn dem ganzen System nach wird dieses Preisgericht überhaupt nicht den Anforderungen nachkommen können. Stellen Sie sich folgendes vor: Wir haben in den Eingaben für die Kalkulationen doch zweifellos die Frachten, Steuern und Abgaben zu berücksichtigen. Auch der Baumeister und der Bauunternehmer müssen natürlich Frachten und Baumaterialien mit einkalkulieren.

Nun sind diese Voranschläge von dem Preisgerichte in Prag einmal genehmigt worden, und plötzlich erklärt der Minister für Post oder für Eisenbahnen oder ein anderer Herr Minister, daß die Frachten in die Höhe gehen müssen, u. zw. innerhalb 14 Tagen. Nun bringt der Baumeister eine neue Kalkulation ein, das Preisgericht muß nachhinken, muß erst die Sache genehmigen, früher kann er nichts anfangen. Was wird eintreten? Ein Einstellen der Bautätigkeit, denn wahrscheinlich wird in diesem Falle das Preisgericht die Sache niemals erledigen können. Wenn Sie das Wort "ruch" übersetzen, möchte ich es in diesem Sinne mehr als Beförderung der Einstellung der Bautätigkeit übersetzen, als mit "Förderung der Bautätigkeit".

Ich wünsche der Losanleihe sehr guten Erfolg. Ich möchte, daß diese Baulotterie nicht zu einer "Blaulotterie" wird, daß sie nicht so kleinliche Verhältnisse annimmt, wie wir sie hier in dem analogen Worte finden. Leider verspreche ich mir davon nicht übermäßig viel. Ich finde es als einen zu rügenden Fehler des Gesetzes, daß darin nicht ausgesprochen ist, was mit dem Mehrertrag der Losanleihe, über den im Gesetz nicht verfügt ist, zu geschehen hat. Denn es kann ja sein, daß der veranschlagte Ertrag von einer Milliarde überschritten wird. Es wäre uns nun durchaus nicht angenehm, wenn unser Losgeld, das jeder für diese Anleihe zeichnet, vielleicht für ganz andere Zwecke verwendet wird, als für die Zwecke der Bautätigkeit, und es müßte von Vornherein durch das Gesetz fixiert sein, daß das Geld nur für die Zwecke der Bautätigkeit überhaupt Verwendung finden darf.

Es ist ja hier im Gesetzentwurf von Staatshilfe sehr viel die Rede. Wenn Sie aber die Rechnung durchführen, so kommen Sie zu sehr interessanten Ziffern. Die möchte ich zum Schluß noch zur Illustrierung unserer sabótierenden Mitarbeit hier zur Kenntnis bringen: Nehmen Sie einmal an, Sie wollen ein Haus bauen von 200.000 K. Da bekommen Sie in Nordböhmen ungefähr zwei Wohnungen a zwei Zimmer und Küche. Ich setze dafür einen Mietpreis a 1200 K Miete, macht zusammen 2400 K, ein. Ich habe nun den Ehrgeiz, dem Staate zu dienen und nehme die 200.000 K ganz aus meinem eigenen Vermögen, ich nehme nicht die Gesellschaft zu Hilfe. Wenn Sie nun hier die Rechnung durchführen, sehen Sie, daß ich zu guter Letzt nach 25 Jahren vom Staat samt den Zinsen einen Zuschuß von 38.600 K bekommen habe. Der Ertrag nach 25 Jahren aus dem Hause beträgt bei einer Miete von 1200 K 2400 K, die 4% ige Verzinsung von 38.600 K 1544 K, macht zusammen 3944 K. Und nun kommt der springende Punkt: Ich habe jetzt ein Haus, das nach diesem Ertrag einen Kapitalswert von 98.000 K hat, wofür ich seinerzeit 200.000 Kronen aufgewendet habe. Ich weiß nicht, ob es möglich ist, damit dieBevölkerung übermäßig zulocken. Bei geliehenem Geld geht das Experiment und die Rechnung noch viel schlechter aus. Wir kommen dazu, daß wir eine Zimmermiete in diesem Hause nach 25 Jahren auf 1600 K festsetzen müssen, für ein Zimmer! - wenn wir überhaupt die normale Verzinsung für die 200.000 K, die der Betreffende aufgewendet hat, erzielen wollen; und deshalb sage ich, daß die Mittel, die hier von der Regierung gewährt werden, unzureichend sind. Sie müssen gesteigert werden. Es wird aber nicht genügen, allein mit Subventionen vorzugehen, sondern man wird vielleicht, wenn man in Zukunft einmal die Erfahrung gemacht hat, daß man mit diesen Subventionen nicht ausreicht, zur Selbsthilfe greifen und zu guterletzt durch entsprechende Mietsteigerungen dafür vorarbeiten müssen, daß wir das natürliche Gesetz auch beim Bauwesen wieder zur Wirkung bringen, das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Der Bauherr, der Bau meister, der Privatmann, die Gemeinde müssen ihre normale Verzinsung finden und es muß auch dara uf Rücksicht genommen werden, daß nicht ein großer Kreis von jetzigen Hausbesitzern im Hintergrund stehen bleibt, denen vielleicht in der Zwischenzeit die Häuser einfallen, während die durch die Regierung subven tionierten neugebauten Häuser auf keinen Mietzins kommen.

Das sind, soweit man in einer halben Stunde darüber sprechen kann, die Mängel, die ich diesem Entwurf vorzuwerfen habe. Wir können, wie gesagt, bei dieser Art der Beratung die Verantwortung für diesen Entwurf nicht mitübernehmen. (Souhlas a potlesk na levici.)

4. Øeè posl. Simma (viz str. 2500. protokolu):

Sehr geehrte Herren! Wir wollen zunächst einmal zugestehen, daß der Krieg wohl auf allen Gebieten außerordentliche Verhältnisse geschaffen hat, deren Überführung ins Normale selbstverständlich nicht immer leicht ist.

Im Gegenteil, die Überführung der durch den Krieg und die Nachkriegszeit geschaffenen außerordentlichen Zustände verursacht oft geradezu ungeahnte Schwierigkeiten. Mit diesem Zugeständnisse stellen wir uns in die Reihe jener, die einsehen, daß Mittel und Wege gefunden werden müssen, das Abnormale ins Normale gleiten zu lassen. Freilich ist, wie ich schon betonte, die Ordnung der außerordentlichen Verhältnisse nicht einfach, besonders schwierig aber auf dem Gebiete des Wohnungswesens, der Wohnungsfürsorge und der Wohnungsnot. Wir meinen, daß es nicht so rasch gehen wird, die Zustände zu bessern, daß es in absehbarer Zeit nicht möglich sein wird, sondern daß es immerhin geraume Zeit brauchen wird, die Frage, die heute zu Debatte steht, zu lösen. Wir sind vernünftig genug, einzusehen, daß die Dauer der außerordentlichen Zustände Bestimmungen, Verfügungen und Verordnungen notwendig macht, wie sie in den vorliegenden Gesetzen zum Ausdrucke kommen, Bestimmungen, die zum Schutze jener gemacht worden sind und auch in Zukunft werden gemacht werden, die von der Schwere der Zeit an meisten bedrückt sind, die selbstverständlich von den einen oder anderen auch gewisse Opfer verlangen. Darüber kommen wir in der Zeit von Ausnahmszuständen nicht hinweg. Auf diesen Grundsätzen zu fußen, ist jedem sozial denkenden Menschen Pflicht und in solcher psychologischen Verfassung sind auch wir als Nationalsozialisten im gegenwärtigen Zeitpunkt.

Ich erklärte schon in meiner ersten Rede hier in diesem Hause gelegentlich der Stellungnahme zur Regierungserklärung des Herrn Ministerpräsidenten, daß wir als Partei freudig an jede Arbeit schreiten, die geeignet erscheinen kann, lösend in die bestehenden traurigen sozialen Ver hältnisse einzugreifen. Allerdings aber, meine Herren - und da wende ich mich insbesondere an die Herren von der Gegenseite - diese Arbeit, die wir hier in diesem Hause so gerne verrichten möch ten, wird uns nicht leicht gemacht. Jede noch so gute Reform, jede noch so be greifliche Verordnung wird in diesem Staate nur einem Teile zu Gute zu kom men, nur einen Teil befriedigen, die An gehörigen der herrschenden Nation, wäh rend nur der geringste Teil einer solchen vielleicht gut gedachten Maßnahme und Verordnung, wenn überhaupt etwas, uns zu Teil wird. Das kann in einem Staate von solcher ethnographischer Zusammen setzung, wie er durch die Èechoslova kische Republik charakterisiert und dar gestellt wird, selbstverständlich nicht an ders sein. Aber es ist in diesem Staate nicht einmal so sehr die ethnographische Zusammensetzung der schuldtragende Teil an diesem Zustand. Mehr noch als die völkermäßige Zusammensetzung ist es der Wille der Herrennation, sich in allen Fällen die Vorteile zu sichern, die eben solche Zustände schaffen.


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