Meine Damen und Herren! Ich muß meine Rede mit einem Protest dagegen einleiten, wie in diesem Hause Gesetzesvorlagen von ungeheuerer volkswirtschaftlicher Bedeutung behandelt werden. Der Vorgang, der hier bei Beratung der Vorlagen geübt wird, ist geradezu unwürdig. Vorlagen, die vor acht Monaten eingebracht worden sind, liegen ruhig im Hause, kein Mensch beachtet sie, und plötzlich werden sie hervorgezogen, durchgepeitscht, werden nicht einer ordnungsmäßigen Beratung unterzogen, sondern sie werden mit der Uhr in der Hand behandelt, und es ist den Parteien keine Möglichkeit gegeben, zu den Gesetzentwürfen Stellung zu nehmen, weil von vornherein die Majorität sich auf einen Standpunkt festgelegt hat, an dem sie unverrückbar festhält. Das Reden gegen diese Vorlagen hier im Hause und in den Ausschüssen ist eigentlich zwecklos, denn eine parlamentarische Verhandlung der Gesetzesvorlagen wird überhaupt nicht durchgeführt. In Wirklichkeit werden diese Vorlagen von einem kleinen Kreise von Personen behandelt; die Abgeordneten, die ihre Pflicht ernst nehmen, bekommen die Änderungen dieser Vorlagen in der letzten Stunde, wenn sie in den Beratungssaal des Ausschusses gehen, haben hier keine Möglichkeit, diese Vorlagen zu studieren, und können dazu naturgemäß nicht in der Weise Stellung nehmen, wie es die Gesetzesvorlagen selbst erfordern würden. Wenn man diese Behandlung der in anderen Parlamenten an die Seite stellt, so sieht man erst, wie hier in diesem Hause gearbeitet wird. Ich ziehe hier die Umsatzsteuer aus Deutschland an: Ein prächtiges Werk, das wirklich ein Guß und eine Form ist, das nach jeder Richtung hin technisch und formgerecht gearbeitet ist. Zu dieser Beratung hat man 53 Ausschußsitzungen aufgewendet; bei uns, wo mehr Paragraphen in dem Gesetze enthalten sind, wo man überhaupt eine viel erweitertere Vorlage hat, bei uns haben 5 Sitzungen genügen müssen, und in diese 5 Sitzungen wurden noch andere Gegenstände eingeschoben, um die Beratungszeit auf das Mindestmaß herabzusetzen. Wenn das eine parlamentarische Form der Behandlung sein soll, dann, meine Herren, danken wir dafür. Die Verantwortung für diese Form der Beratung müssen die Majoritätsparteien tragen, und wenn Sie dann diese Vorlagen novellieren müssen, wie es beinahe bei allen Gesetzen der Fall ist, die das Haus passieren und hier beraten werden, so ist die Form, wie Sie Gesetze machen, gerade diejenige, die dazu führt, daß nichts Ordentliches, nichts Ganzes, nichts Vollständiges herauskommen kann. Wir protestieren gegen diese Art der Behandlung und Sie werden die Folgen tragen müssen, wenn wir infolge der Art, die Sie praktizieren, nicht im Stande sind, mitzuarbeiten.
Und nun zur Vorlage selbst. Die Vorlage ist ja von einer ganzen Reihe von Personen kritisiert worden, und der Herr Referent hat ebenfalls hier und in seinem Motivenbericht auf die volkswirtschaftlichen Schäden, die dieses Gesetz in sich birgt, hingewiesen. Und alle die Redner, die dazu im ersten Hause, in der Revolutionsversammlung gesprochen haben, alle diese Redner haben erklärt, "dieses Gesetz sei schlecht, dieses Gesetz sei nicht gut in seiner Wirkung, es sei eines der ungerechtesten Gesetze". Aber Sie haben es beschlossen, haben es durchgeführt. Der Referent Dr. Engliš hat in seiner Begründung ganz bemerkenswerte Worte gebraucht, und ich will mich dieser Worte bedienen, weil sie die schärfste Kritik des Gesetzes überhaupt sind, die man üben kann. Er sagte: "Die Träger dieser Steuer werden schließlich und endlich niemand anderer se in, als die Verbraucher. Es handelt sich also eigentlich um eine Konsumsteuer, die den ganzen Konsum belastet, jedoch nicht gleichmäßig, sondern in verschiedenem Maße, und zwar je nach dem, wieviel Unternehmungen das bezügliche Gut von der Erzeugung bis zum Verbraucher passiert." Er sagte weiter: "Vom finanziellen Standpunkte sei betont, daß eine derartige Steuer nur unter solchen Verhältnissen überhaupt möglich ist, unter denen wir heute leben, da alle Preise Schwankungen unterworfen sind und die Bevölkerung an beständige Preisänderungen derart gewöhnt ist, daß man annehmen darf, daß sie ohne besondere Widerstände auch die durch diese Steuer bedingte Preiserhöhung hinnehmen wird."
Das sagte der Referent über dieses Gesetz und eine vernichtendere Kritik kann wohl schwer geübt werden. Er sagte weiters, der Verbrauch werde durchschnittlich um 5 % verteuert. Sonach wird die Steuer am drückendsten Personen mit festem Einkommen, namentlich mit festen Dienst- und Lohnbezügen belasten, insbesondere jene, deren Einkommen und Bezüge durch gesetzliche Normen bestimmt sind. Dr. Engliš meinte, das Gesetz gelte nur bis Ende 1923; aus wirtschaftlichen Gründen sei diese Steuer nur vorübergehend gedacht. Das war im vorigen Jahre. Wir haben kaum ein Jahr hinter uns und derselbe Dr. Engliš, der nachmals Finanzminister war, ist im Herbste gekommen und hat uns eine Vorlage vorgelegt, in der die Steuer reformiert wird, aber nicht vielleicht unter Berücksichtigung der volkswirtschaftlichen Interessen, sondern reformiert wird vom rein fiskalischen Standpunkte, um die Staatskassen zu füllen und dem Staat ein höheres Erträgnis zu sichern. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Buøíval.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir uns hineindenken in die Zeit, in der dieses Gesetz beraten wurde, so wissen wir, daß damals eine kritische Zeit war, daß die Preissteigerungen ganz außerordentlich fühlbar wurden und daß damals von Staatswegen aus versucht wurde, Maßnahmen zu treffen, um einen Preisabbau herbeizuführen. Ob zu diesen Maßnahmen dieses Gesetz geeignet war, weiß ich nicht, aber ich glaube, Sie haben alle die Überzeugung, daß durch dieses Gesetz die Teuerungswelle einen neuen Antrieb erhalten hat und daß uns dieses Gesetz damals eine ganz besondere Preissteigerung aller Bedarfsartikel gebracht hat. So wie es damals war, wird es auch heute sein. Heute wird uns die Teuerung noch schwerer treffen, als in der damaligen Zeit, weil wir mitten in einer wirtschaftlichen Krise von ganz besonderer Heftigkeit leben, weil wir in der Zeit einer großen Arbeitslosigkeit sind, in einer Zeit der Betriebseinschränkungen in allen Produktionsbetrieben, und da wird die Wirkung dieser Steuer umso verheerender sein. Aber ich meine, vom Standpunkte des Staates aus sollte man doch auch mit der Vorlage solcher Gesetzentwürfe vorsichtig sein. Heute erklärt man, die Vorlage sei eine Folge der Bewilligung der höheren Gehalte an die Beamten dieses Staates. Heute erklärt man, man müsse diese Gelder herbeischaffen, um diese erhöhten Gehälter an die Staatsbediensteten auszahlen zu können, und deswegen sei die Steuer da. Der Staat ist aber zugleich auch Arbeitgeber, und seine Bediensteten werden die Wirkung der Steuer in demselben Maße fühlen müssen, wie alle übrigen Konsumenten. Die Folge wird sein, daß die Staatsbediensteten wieder an den Staat herantreten und von ihm eine Erhöhung ihrer Bezüge verlangen werden, weil durch die Steuer wieder eine Verteuerung aller Bedarfsartikel eintreten wird. Der Staat wird aus den Einnahmen dieser Steuer einen großen Betrag rückvergüten müssen, er wird wieder eine Erhöhung der Bezüge aller Bediensteten vornehmen müssen. Und so haben Sie den circulus vitiosus, um den sich alles bewegt, der alles treibt und der eine Verteuerung aller Artikel mit sich bringt.
Ich will noch einige andere Redner zit!eren, u. zw. will ich den Herrn Dr. Heidler zitieren, der sicherlich einer von denen ist, die vom Wirtschaftsleben etwas verstehen. Er sagt: "Die Steuer ist ungerecht durch ihre Ungleichheit, mit der sie alle Eingänge erfaßt ohne Rücksicht darauf, ob der Eingang groß oder klein ist. Es ist dies eine Steuer, die unser ganzes Wirtschaftsleben erfaßt. Wir begegnen ihr auf Schritt und Tritt, und es wird auch sicherlich im ersten Augenblick sehr unangenehm sein, auch vom allerkleinsten Kauf Steuer zu zahlen. Die Wirkung dieser Steuer ist eine furchtbare Teuerung und diese Teuerung, das ist meine feste Überzeugung, wird nicht bei 5 % stehen bleiben, sondern sie wird auch noch denen helfen, die verkaufen. Ich denke, diese Steuer wird sicherlich mehr als notwendig nach oben abgerundet werden, und wir werden nicht mit einer fünfprozentigen, sondern mit einer erheblich höheren Verteuerung zu rechnen haben."
Ich möchte noch den ehemaligen Finanzminister Dr. Horáèek zitieren, der ebenfalls sagt: "Das einzige, was uns mit den Verbrauchssteuern versöhnen kann, sind die Steuern, die auf den Verbrauch überflüssiger Artikel gelegt sind." Weiter sagt er: "Es ist gestattet, die Steuer auf den Käufer abzuwälzen, aber nicht, sie ihm gesondert zu berechnen; das ist gewiß unlogisch und es scheint, daß das Motiv dazu ist, daß sich die Verbraucher nicht recht bewußt werden, daß die Teuerung eine Folge dieser Steuer ist. Die Steuer soll ein Prozent abwerfen, aber sobald der Wechsel öfter eintritt, so berechnet der Referent, daß sie zusammen ungefähr 5 % ausmachen wird. Das ist aber alles gefährlich, weil bei kleinen Beträgen die Šteuer sich nicht auf 1 % beschränken wird, sondern nach oben abgerundet wird."
Alle Redner sindsich also darüber einig gewesen, daß gerade durch die Form, in der diese Steuer berechnet und eingehoben wird, auch noch ein privater Nutzen bei den Händlern erzielt werden wird. Wir haben im Ausschuß mit Rücksicht auf diese Kritik, die allgemein an dem Gesetzentwurf geübt wurde, den Antrag eingebracht, daß die Steuer gesondert zu verrechnen sei, damit der Verbraucher ersehe, wieviel sie bei den einzelnen Artikeln eigentlich betrage. Die Majorität hat diesen Antrag glatt abgelehnt und erklärt. das sei eine überflüssige Belastung der privaten Verwaltungen und das könne man schwer durchführen und überwachen. Ich meine, die einzige Möglichkeit, wenn der Staat diese Steuer rein erhalten soll, ohne daß von den Konsumenten ein weiterer Zuschlag erpreßt wird, ist, daß sie gesondert in Anrechnung gebracht wird. Wir hatten früher während der Giltigkeitsdauer des alten Gesetzes Maßnahmen der Finanzverwaltung herbeigeführt, die durch die allgemeinen Verhältnisse bedingt waren und den Konsumenten eine kleine Begünstigung brachten. Durch dieses Gesetz werden auch diese Begünstigungen aufgehoben. Im allgemeinen ist das Gesetz eine ganz gewaltige Verschärfung, der fiskalische Geist wird in diesem Gesetze noch mehr lebendig und es werden alle diejenigen Gegenstände erfaßt, die im früheren Gesetze nicht so klar aufgezählt waren.
Von den Lebensmitteln und den wichtigsten Bedarfsartikeln hat man bis jetzt die Umsatzsteuer nur vom Bruttoertrag eingehoben. Auch diese Begünstigung wird mit dem neuen Gesetz aufgehoben. Allerdings erzählt und sagt man der Öffentlichkeit, der Lebensmittelverbrauch werde günstiger behandelt, indem man hiefür die Steuer 1 % festsetzt. Aber, meine Herren, die Wirkung dieser Begünstigung zeigt sich sofort an einem einfachen Rechenexempel. Wenn wir Brotmehl nehmen, das heute um 82 Heller abgegeben wird und im Verkauf an den Verbraucher eine Krone kostet, so wurde bisher die Steuer von 18 Hellern Bruttoertrag berechnet, das waren also 18/100 Heller. Nach den Bestimmungen des neuen Gesetzes aber wird man von der ganzen Krone ein Prozent einheben, also einen ganzen Heller, das ist eine Erhöhung um über 500 %. So wie in diesem Falle, wird es bei allen wichtigsten Nahrungsmitteln sein, welche nach diesem Gesetze begünstigt behandelt werden. Wenn die Majorität auf diese Begünstigung stolz ist und wenn die Majorität mit dieser Begünstigung vor dieWähler tritt, ihnen sagt: schaut, was wir Euch gebracht haben, so kann sich vielleicht doch auch unter den èechischen Wählern einer finden, der diese Rechnung nicht für ganz richtig hält und vielleicht wird auch unter den èechischen Verbrauchern diese Steuer die Wirkung ausüben, die sie unbedingt verdienen würde. Es ist bezeichnend dafür, daß gerade diese indirekte Steuer, die drückendste, die volkswirtschaftlich schädlichste Steuer als erste aus dem Steuerbouquet in dem Hause verhandelt wird; sie muß zuerst daran glauben. Man denkt sich vielleicht, wenn wir nur die sicher haben. Man kennt ja noch nicht das Schicksal der anderen Vorlagen und es kann sei n, daß irgend ein Zwischenfall kommt, der die Beratung der weiteren Steuergesetze unmöglich macht. Und man wird zumindest die eine Steuer in Sicherheit haben, und viele Herren von der rechten Seite, insbesondere die Herren von der äußersten Rechten, die würden herzlich froh sein, wenn ein solcher Zwischenfall einträte, wenn sie die Warenumsatzsteuer bewilligt erhielten und die anderen unter den Tisch des Hauses fielen. Aber wir sagen Ihnen klar und mit allem Nachdruck, "das gibt es nicht", daß über diese Steuern allein verhandelt wird und die sozialpolitische Gesetze vielleicht vernachlässigt werden, und nicht zur Beratung kommen." Wir verlangen, daß das Betriebsrätegesetz, daß die Arbeitslosenversicherung ebenfalls in einen Zusammenhang gebracht werden, und verlangen vor allem insbesondere eine Sicherung der Ernährung der minderbemittelten Schichten. Wir verlangen, daß das Haus Gelegenheit haben solle, gerade das Ernährungsproblem zu lösen, es nicht den Bürokraten dieses Staates zu überlassen.
Nun will ich mich den Anträgen zuwenden, die wir gestellt haben. Ich möchte vor allem noch darauf verweisen, daß die Art, wie die Steuer bemessen und eingehoben wird, in den breiten Massen eine ungeheuere Aufregung hervorruft. Gerade bei den kleinen Häuslern, bei den kleinen Landwirten, bei jenen, deren Einkommen ohnehin ein beschränktes ist, gerade bei denen zeigt es sich, daß die Art der Steuerbemessung unerträglich wird. Es mag ja sein, daß unsere Beamten mit Arbeit überhäuft sind, es mag sein, daß es schwierig ist für sie, die Bemessungen in ordentlicher Weise vorzunehmen. Daran ist aber auch dieses Haus und die Regierung schuld, weil ein Steuergesetz das andere jagt, weil die Beamten gar nicht die Möglichkeit haben, sich in die Gesetze einzuarbeiten, weil durch die Arbeiten dieses Hauses die Verwaltungsmaschine des Staates auf das ärgste gestört wird. Und so mag es sein, daß vielleicht manchmal ohne Absicht bei den Bemessungen Fehler unterlaufen, aber nachdem ganze Gebiete betroffen werden, nachdem in einzelnen Bezirken nach einer Schablone bemessen wird, ist die Vermutung berechtigt, daß da auch Absicht dahinter steckt, daß man mit Absicht die Steuer auf das höchste hinauftreibt, weil man mit der Gleichgültigkeit dieser kleinen Leute rechnet, mit ihrem Unverstand, weil man glaubt, daß diese Leute die gesetzlichen Wege nicht kennen, die ihnen zu ihrem Rechte verhelfen würden. Und darum muß von dieser Stelle aus auf das schärfste gegen die Art protestiert werden, wie die Bemessung der Steuer im allgemeinen draußen in den Landgebieten erfolgt. Es wird nicht Rücksicht genommen auf die Bonität des Grundes, nicht Rücksicht genommen auf alle die Nebenumstände, die gewiß sehr berücksichtigungswert sind, es wird nicht Rücksicht genommen, daß man auch den Kleinen in einer Weise schütze, wie es notwendig wäre. Es wird ganz einfach die Vorschreibung nach der Schablone hinausgegeben und die schwerste Ungerechtigkeit verübt. Da wäre es wohl vor allem Aufgabe der Finanzverwaltung dieses Staates, Ordnung in dieses System zu bringen. Da müßte vor allem anderen die Finanzverwaltung des Staates dafür sorgen, weil der Ruf des Staates gerade durch diese unerhörten Übertretungen auf das schwerste leidet.
Meine Damen und Herren! Nun möchte
ich noch die wenigen Minuten benützen, um einige wichtige Anträge
zu besprechen. Unter unseren Anträgen ist selbstverständlich auch
einer, daß die Steuer mit einem Prozent berechnet bleibe, daß
sie keine Erhöhung erfahre. Ich glaube, dieser Antrag hat eine
Berechtigung. Er ist deswegen berechtigt, weil man auf der anderen
Seite die Luxussteuer vollständig unberührt läßt. Man erhöht die
Verbrauchssteuer, und es wird vorkommen, daß beim Verbrauch 15
bis 20 % an allgemeiner Umsatzsteuer zu bezahlen sid, während
derjenige, der Luxusgegenstände kauft, eine Steuer von 12 1/2
% entrichtte. Darin liegt die allergrößte Ungerechtigkeit und
ich möchte Sie, meine Herren von der Majorität, schon fragen,
ob Sie Ursache haben, gerade die Kriegsgewinner zu schützen, diejenigen,
welche Juwelen und Schmuck kaufen, die Luxus treiben. Die konsumierende
Bevölkerung dieses Staates wird nicht besonders erfreut sein darüber,
daß Sie zwar die allgemeine Steuer erhöhen, aber den Luxus der
Reichen ganz unberührt lassen. Das ist die größte soziale Ungerechtigkeit,
die in diesem Gesetze liegt, und deswegen haben wir den Antrag
eingebracht, es möge die Steuer belassen werden, wie sie bisher
war. Noch einen anderen Antrag haben wir gestellt, und zwar einen
Antrag, dem wir besondere Wichtigkeit beimessen, wenn die 2 %ige
Umsatzsteuer angenommen werden sollte. Wir haben uns angelehnt
an das deutsche Gesetz und verlangen, daß für die Familien, die
ein bestimmtes Minimaleinkommen haben, aus dem Steuererträgnisse
am Schluße des Jahres eine Rückvergütung geleistet wird, u. zw.
setzten wir fest ein Gesamteinkommen von 20.000 K und verlangen:
die Vergütung beträgt bei einem Einkommen von nicht mehr als 6000
K 100 K, von 6000 bis 14.000 K 75 K, von 14.000 bis
20.000 K 50 Kronen. Die Beträge werden für jede im gemeinsamen
Haushalt und in Versorgung stehende Person gewährt. Das wäre eine
teilweise Gutmachung der Schuld, die Sie durch dieses Gesetz der
Bevölkerung auferlegen, und wir hoffen, daß dieser Antrag vor
Ihren Augen Gnade finden wird, daß sie ihn berücksichtigen werden
und daß sie ihn tatsächlich auch annehmen werden. Wir haben weiter
eine Reihe von Abänderungsanträgen gestellt und haben uns erlaubt,
zu den wichtigsten Punkten, die im Gesetze enthalten sind, Abänderungsanträge
einzubringen. Sie liegen dem Hause vor und wir glauben, daß diese
Anträge ganz berechtigt sind, und daß sie auch Annahme finden
werden. Sicher ist, daß diese Steuer wieder einen neuen Antrieb
für die Teuerung geben wird, daß soziale Kämpfe in diesem Lande
entbrennen werden, sicher ist, daß die Arbeiter, die Minderbemittelten,
die in festem Einkommen Stehenden nicht imstande sein werden,
die Erhöhung, die diese Steuer bringt, zu tragen, daß sie an ihre
Dienstgeber herangehen werden um eine Erhöhung ihrer Gehälter
und Bezüge zu verlangen. Sie werden mit diesem Gesetz sicherlich
wieder neue soziale Kämpfe von besonders heftiger Form auslösen.
Wir bitten Sie, bei der Beschlußfassung auf unsere Anträge Rücksicht
zu nehmen, wir bitten Sie das, was in dem Gesetze schlecht ist,
gutzumachen, damit doch wenigstens teilweise die volkswirtschaftlichen
Schäden, die dieses Gesetz der Bevölkerung schlagen wird, behoben
werden. Meine Partei wird gegen dieses Gesetz stimmen. Wir stimmen
dagegen nicht nur deswegen, weil wir zu dieser Regierung kein
Vertrauen haben, uns verpflichtet die schwere Belastung der Konsumenten
zur schärfsten Opposition, die wir in der Abstimmung zum Ausdruck
bringen werden. (Potlesk nìmeckých poslancù.)
Sehr geeherte Damen und Herren! Bevor ich zu dem Gegenstande, dem Gesetzentwurfe übergehe, möchte ich, um Mißverständnissen über das Verhalten der Abgeordneten des deutschen parlamentarischen Verbandes zu begegnen, hier eine Feststellung machen.
Die èechischen Zeitungen haben über die Vorfälle in der letzten Zeit, und ich meine hier besonders den Fall Sajdl, und über die letzte Sitzung Berichte gebracht, die eine vollständig einseitige Information zeigen, ja die den Verdacht eines Interesses an einer solchen einseitigen Information der breiten Schichten aufkommen lassen und die schließen lassen, daß sie inspiriert sind von Kreisen aus dem Hause selbst. Die èechische Presse hat den Fall Sajdl in einer Weise aufgemacht, daß dieser Herr Kollege den Mut fassen durfte, die Kluft in diesem Hause noch zu vergrößern, und sich Eigenmächtigkeiten als Ordner herausnahm, Dinge, die durch das Präsidium jedenfalls nicht gedeckt werden sollten. Wir stehen auf dem entschiedenen Standpunkt, daß Herr Sajdl, mag er seine Taten im Sitzungssaale oder draußen auf dem Gange verübt haben, die Qualifikationen zu einem Ordner nicnt mehr besitzt, zumindest nicht mehr in einem westeuropäischen Parlament. Über Mannesmut und Feigheit abzuurteilen, enthalte ich mich in diesem Falle.
Dem gegenüber mißdeutet man das Verhalten von uns Deutschen im Parlamente auch von berufener Seite, auch von der Seite der èechischen Kollegen, ja selbst von Seite des Präsidiums, wie wir bei der letzten Vorsprache des Vorstandes des deutschen parlamentarischen Verbandes gesehen haben, in einer Weise, die uns in Erstaunen setzt und die nicht darnach angetan ist, die in der gegenwärtigen Situation ja doch etwas fiebernden Nerven zu beruhigen, die Gegensätze abzuschwächen. Es ist uns ganz unverständlich, daß man die èechische Öffentlichkeit in voller Verkennung der Sachlage dahin informierte, als wollten wir um jeden Preis eine Störung der ordnungsmäßigen Verhandlung herbeiführen. Selbst unsere, in letzter Zeit doch tatsächlich lebhafte und anerkannt sachliche Beteiligung an den Verhandlungsgegenständen ist uns als ein Versuch zur Störung angekreidet worden.
Was nun die Vorfälle in der letzten Sitzung betrifft, zeigt sich bei unvoreingenommener Prüfung, daß das Signal dazu die herausfordernde Art gegeben hat, mit welcher der Herr Abg. Lukavský unter Mißachtung der uns Deutsche doch sicherlich stiefmütterlich behandelnden Geschäftsordnung bei einem für uns wichtigen Gesetz, wie es das Wasserkraftsteuergesetz war, die Redezeit auf 5 Minuten beschränkt wissen wollte, woraus hervorgeht, daß die Èechen dieses Parlament nicht ernst nehmen. Das ist einfach eine Farce, eine Frivolitäl, das ist Mißachtung der parlamentarischen Arbeitsfreude sondergleichen. Als Antwort darauf war der ironische Gegenantrag des Kollegen Radda wohl etwas sehr Begreifliches. Er war nichts weiter als eine gewissermaßen in der Notwehr getane Äußerung, eine Reflexbewegung. Dies aber wurde dazu benützt, um gegen die deutschen Abgeordneten vorzugehen, und die èechische Presse wieder dazu benützt, unser Vorgehen in Bausch und Bogen zu verurteilen und ganz unsachlich und der Wahrheit widersprechend uns jetzt als Ursache dieser himmelschreienden Zeitvertrödelung hinzustellen, auf die der Herr Vorredner so scharf hingewiesen hat und an der niemand anderer schuld ist als die èechische Majorität selbst, die in einem halben Jahre kostbarster Zeit ihre inneren Schwierigkeiten nicht zu bereinigen vermag und die einzig dadurch dem Parlament die Möglichkeit benimmt, seinen verfassungsmäßigen Verpflichtungen zur rechten Zeit nachzukommen. Jetzt, wo eine ruhige parlamentarische Arbeit schon durch die vorgeschrittene Jahreszeit, durch die Hitze, durch die große Anspannung unserer Nerven an uns die größten Anforderungen stellt, jetzt bricht eine Flut von Arbeit auf uns herein. Aber das ist kein großer einheitlicher Plan mehr, das ist heute nur mehr Stückwerk ohne inneren Zusammenhang, es sei denn, daß man die Gegensätze in der " Pìtka" und in den èechischen Parteien als den inneren Zusammenhang dieser ganzen Geschichte betrachtet.
Wir haben dem Herrn Präsidenten erklärt, wir wünschen, daß díe wichtigsten Beratungen in die Ausschüsse verlegt werden und daß, wenn die Arbeit wirklich fortschreiten soll, wir volle Kenntnis der gestellten Anträge haben müssen. Dazu gehörten die Übertragungen in das Deutsche. Wiederholt wurde uns Remedur zugesagt, aber trotzdem im sozial-politischen und im gewerblichen Ausschuß unser Verlangen wiederholt gestellt worden ist, geschieht hier nicht das Notwendige, um eine reibungslose Abwicklung der Arbeit zu ermöglichen. Wir bekommen, wie Herr Kollege Dietl sehr richtig erwähnt hat, im letzten Moment wo mehrere Ausschüsse zu gleicher Zeit tagen, die Übersetzungen. Aber wies schauen die aus! Bitte schaueu Sie sich die Übersetzung der Umsatzsteuer an. In einer der Hauptzahlen haben Sie gleich eine falsche Angabe. Als Steuersatz wird angeblich 3 % angesetzt. Und diese Übersetzung haben wir heute zu Mittag bekommen. Wir müßten eigentlich auf diese Entdeckung hin jetzt in der einen Mittagsstunde die ganze Übersetzung kontrollieren, ob nicht noch mehrere solcher Fehler darin enthalten sind. Wir machen absolut nicht die Dolmetscher dafür verantwortlich, denn die sind die allerbedauernswertesten Beamten dieses Parlamentes, der ganze bisherige Dolmetschapparatlangt einfach nicht. Denn das geht über menschliche Kräfte, was von den drei bis vier, Herren in dieser Richtung verlangt wird, aber das Prinzip müssen wir dafür verantwortlich machen, das eben auch in diesem Falle, eben weil es sich um deutsche Forderungen handelt, diese nicht glatt erfüllt, mag dabei auch noch soviel wertvolle deutsche Mitarbeit unter den Tisch fallen.
Ich habe durch diese meine Ausführungen, die der Klärung der unhaltbaren Situation dienen sollen, bewiesen, daß das Verlangen, welches im Antrag Kostka niedergelgt war, sachlich vollständig begründet war.
Die Steuer, die uns heute beschäftigt, ist von großer Bedeutung für die staatliche Finanzwirtschaft und für die Finanzwirtschaft unserer Verwaltungskörper. Aus ihrem Ertrag sollen die Gemeinden, Bezirke, bezw. Gaue und Länder ihren Anteil bekommen. Das ist die begrüßenswerte Seite. Aber diese Steuer ist andererseits eine sehr unpopuläre. Sie traf im ersten Jahre ihres Bestehens sehr schwer die Produktion jeder Art, sie erwies sich direkt als produktionshemmend, als verteuernd, sie erfaßte nicht die steuerpflichtigen und die steuerfähigen Objekte, und diejenigen, die sie erfaßte, erfaßte sie ungerecht. (Pøedseda Tomášek ujal se opìt pøedsednictví.)
Ihre Unpopularität verdankt sie vor allem der geringen Sorgfalt, mit der das alte Gesetz ausgearbeitet worden ist. Es ist bedauerlich, und es ist im Senat auch von èechischer Seite lebhaft anerkannt worden, daß die Zahl der geschaffenen Gesetze im verkehrten Verhältnis zu ihrer Qualität steht, und daß der deutsche Anteil an der Verbesserung der Qualität etwas Hervorrangendes sein muß. Die alte Umsatzsteuer zeigte eine ganze Reihe von Unklarheiten, die, wie wir aus dem jetzigen Motivenberichte ersehen, durch die Anträge im Budgetausschuß in dankenswerter Weise ausgemerzt werden sollen. Jch verweise nur auf die doppelte Besteuerung, den Steuersatz, die Art der Abzahlung, die Strafbestimmungen und anderes. Unpopulär und geradezu verhaßt aber wurde diese Steuer durch die Schuld der Steuerorgane. Sagen wir es ganz offen: Gerade bei dieser Steuer wurde nicht nur die ratio legis von den meisten der Steuerbeamten nicht erfaßt, sondern es herrscht bei den steuerbemessenden Organen vielfach ein Verhalten, das man gar nicht anderes bezeichnen kann denn als Steueranarchie. Ja, nach einem èechischen Blatt ist direkt von Steuerbolschevismus unserer Beamten gesprochen worden. Und wenn der neue Motivenbericht heute sagt, daß die Erfahrungen der Staatsverwaltung über die Steuermoral gerade bei dieser Steuer sehr reich waren, so hätte er doch noch viel deutlicher, als er es getan hat, von der Unwissenheit, von der krassen Willkür der Beamten und vor allem von dem mangelnden Takt auch gegenüber dem ehrlichen Steuerzahler sprechen müssen.
Durch diese Steuer kam vor allem der produzierende Stand des Landvolkes zum Handkuß. Das verdient eine besondere Beachtung, denn damit rühren wir an dem schwierigsten Punkte, an dem verhängnisvollen Grundfehler unseres ganzen Steuersystems. Es ist ja selbstverständlich, daß kein Mensch, der gegenüber den Verhältnissen der Nachkriegszeit die Augen offen hält und der nur halbwegs ein Herz für die wirtschaftliche und soziale Not unserer Zeit hat, sich der Ansicht entziehen kann, daß heute jeder Staat große Steueranforderungen an seine Bürger stellen muß. Aber der Staat muß diese Anforderungen eben an alle Bürger streng gerecht und demokratisch nach ihrer Steuerfähigkeit stellen. Ein gesundes Steuersystem muß die wirtschaftlich stärksten auch am stärksten treffen. Es geht aber nicht an, in so furchtbarer wirtschaftlicher Übergangszeit einzelne Gesellschaftsklassen zu allein bevorzugten Objekten der Steuerleistung zu machen. Dies geschieht mit dem sogenannten Mittelstand, dessen Rückgrat die bäuerliche und gewerbliche Produktion aller Grade bildet. Dieser Stand wird durch eine ins Uferlose gehende Überwälzung von Steuern zerrüttet, ja vernichtet, während auf der anderen Seite das Großkapital, seien es Organisationen oder Einzelne, die heute unter dem Vorstoße des Kapitalismus der Ententeländer merklich stärker und kühner werden, nicht nur nicht am stärksten, sondern nicht einmal verhältnismäßig stark belastet wird. Und auf der anderen Seite wirkt der Druck des radikalen Sozialismus, dem es gelingt, die Steuerlasten von jenen Schichten, die man früher als die proletarischen bezeichnet hat, abzuwälzen und sie auf die Mittelstandsschichten zu überwälzen, die im wahrsten Sinne des Wortes zwischen die bösen Mühlsteine hineingeraten.