Pátek 29. èervence 1921

Was wir da in der Steuerfrage erlebt haben, haben wir bekanntlich auch in der Ernährungsfrage: die Einteilung der Menschheit in Krankenkassenpflichtige und in nicht Krankenkassenpflichtige und die Bevorzugung der ersten Kategorie.

So kommt es, daß gerade die arbeitsamste Volksschicht, die bäuerliche, in deren Wörterbuch das Wort Generalstreik, Arbeitsstreik, noch nicht darinnen steht, deren Wohlstand aber die Grundlage des Wohlstandes aller anderen Schichten ist, daß diese Schichte durch kurzsichtigen Klassenradikalismus zum vornehmlichsten Objekt einer unbedenklich zugreifenden Steuerpolitik gemacht wird. Es ist sehr bedauerlich, daß ein Finanzmann vom Range des Dr. Engliš, der sich leider in der Kriegsanleihe von nationalistischen statt von wirtschaftlichen und staatlichen Interessen hat leiten lassen, dem Drucke des milderen und des extremen Sozialismus soweit nachgegeben hat, daß das ganze Steuersystem des jungen Staates auf eine so ungerechte, ungesunde und unhaltbare Grundlage gestellt wurde. Auch die èechischen Blätter haben ja darüber berichtet, daß gerade die Unnachgiebigkeit der èechischen Sozialdemokratie in den Ernährungs- und Steuerfragen jene unheilvolle Verschleppung in der Verständigung über diese Frage in der "Pìtka" herbeigeführt hat. Wenn diese Verschleppung den Staat tatsächlich, wie es heißt, den ganzen Ertrag der Umsatzsteuer pro 1920 gekostet hat, so liegt das Fiasko einer solchen Klassen- und Finanzpolitik auf der Hand, die wir als antiagrarisch mit großem Bedauern empfinden, weil sie zwischen diese beiden wichtigen, in Wahrheit produzierenden Stände, nämlich zwischen das arbeitende Industrievolk und das arbeitende Landvolk, einen neuen Keil treibt und durch diese einseitige Besteuerung die landwirtschaftliche Produktion, die ja bekanntlich neben der Kopfarbeit das Einzige auf der Welt ist, was nicht sozialisiert werden kann, so schrecklich hemmt. Man sollte meinen, daß auch die Sozialdemokraten und gerade sie alle Ursache haben, dafür zu sorgen, daß die Nahrungsmittelproduktion ungestört vor sich gehen kann. Alle berühmten Agrarmarxisten raten dazu, so z. B. Karl Kautsky in seinem schönen Buche über Sozialismus und Landwirtschaft.

Eine solche ungestörte Nahrungsmittelproduktion kann nur vor sich gehen, wenn der produzierende Stand, und da spreche ich in erster Linie von dem mittleren und kleineren Grundbesitz, unter den Steuern nicht zusammenbricht. Dazu aber ist man bei der Fortsetzung des gegenwärtigen Steuersystems auf dem besten Wege. Unser Bauernstand geht bei der rasend sinkenden landwirtschaftlichen Konjunktur und angesichts der notwendigen hohen Investitionen von nicht sinkenden Industrieerzeugnissen und weiterhin infolge des Raubbaues der Steuerpolitik seinem Ruin entgegen, weil er vom Staate gezwungen wird, bei seinen Steuerleistungen schon vielfach auf das Produktionskapital, also auf das Stammkapital zu greifen, was für ihn den Anfang vom Ende bedeutet. Der Bauernstand ist eben das, was jener alte èechische Weise an den Großen seiner Zeit getadelt hat, jener Tomáš von Stítné, der die Meinung der Adeligen tadelt, der Bauer sei wie ein Weidenbaum, je öfter man ihn köpft und kröpft, desto üppiger treibt er, von dem kann man erpressen, was man will.

Überlegen wir, wie ungerecht die Steuerpolitik gegenüber der Landwirtschaft ist, die ja durch die Kriegsanleihe schwer belastet ist. Die Grundsteuer, die heute mit so viel hundert Prozent Zuschlag bedacht ist, bezahlt der Bauer doch nicht vom Grund und Boden, sondern von der auf den Grund und Boden aufgewendeten Arbeit und von dem Produkt, das er dem Grund und Boden durch diese Arbeit entlockt. Dasselbe Produkt aber muß er mit der Einkommensteuer besteuern, und wiederum figuriert ganz dasselbe Produkt als Objekt bei der Umsatzsteuer. Rechnen wir dazu die anderen schon bestehenden und noch geplanten Abgaben, z. B. die Erbschaftssteuer, so sehen wir die Härten, die keinen anderen Stand in diesem Ausmaße treffen. Ganz frei von jeder Demagogie müssen wir ernst und ruhig unsere Stimme erheben, daß der Stand des Landvolkes, diese Hauptstütze nicht nur des Staates, sondern auch der Völker, am Ende seiner Steuerleistungsfähigkeit angelangt ist. Man hätte uns doch wenigstens die unmoralischste aller Steuern ersparen sollen, die Mehlsteuer oder Brotsteuer oder Katastralsteuer. Ich bitte die Herren zu überlegen, daß der Bauer diese Steuer zahlen muß von einem Produkt, das er als sein ureigenstes erwirtschaftet und zwar deswegen, weil er von diesem Produkt lebt; das kann doch niemand begreifen.

Über die Praxis der Steuerbehörden, was insbesondere die Umsatzsteuer betrifft, haben wir èechische und deutsche Interpellationen in Menge gehabt, alle Klagen, die diesbezüglich erhoben wurden, beruhen also auf Wahrheit. Vielfach haben sich die Beamten einfach nicht an das bestehende Gesetz gehalten. Der Bauer wird vom Staate gezwungen, seine Aufzeichnungen zu führen. Wenn er aber diese Aufzeichnungen vorlegen will, so weist der Beamte, das Organ dieses Staates, sie einfach brüske zurück und macht Vorschreibungen, die 100 und mehr Prozent über das Bekenntnis hinausgehen. Vielfach wurde zur Pauschalierungen gegriffen, die dem im Gesetz normierten Pauschalbetrage nicht entsprechen. Unsere deutschen Randgebiete, die im Gebirge liegen, wissen von diesen Pauschalbeträgen ein Lied zu singen.

Es hat Steueradministrationen gegeben, die für Landwirtschaften, die 600 Meter und noch höher liegen und die nur durch die bodenlose Oberflächlichkeit unserer Gesetzgebung in die Getreidekategorie versetzt wurden, die aber in Wirklichkeit Kartoffel- oder Futterbaugebiet sind, einfach Pauschalbeträge von 32 bis 36 K pro ha vorgeschrieben haben, wie sie für die bedeutend besseren Böden in Betracht kommen. Die Behandlung der Rekurse ist ein Kapitel für sich. Wie verständnislos die Beamtenschaft, die von den realen Verhältnissen meist gar keine Idee hat, arbeitet, das mag der Umstand zeigen, daß sie bei den Pauschalierungen keinen Unterschied zwischen größeren Bauern und Kleinlandwirten machen.

Der normale Pauschalbetrag, das ist eine Erfahrung, ist für die Landwirtschaft nur zu erreichen durch das Erträgnis aus dem Viehstand, denn bekanntlich ist unser Getreidebau passiv. Jedes Kind, das von Arbeitslöhnen und Kunstdüngerpreisen eine Idee hat, weiß, das ein Preis von 190 Kronen für den Meterzentner Edelgetreide, die Gestehungskosten etwa zu einem Drittel deckt. Bei größeren Bauern ist nun der Viehverkauf etwas regelmäßiger in jedem Jahre. Der Bauer kann also das eine wie das andere Jahr den Pauschalbetrag aus dem Vieherlös erreichen. Nicht aber der Kleinlandwirt, der nur 3 bis 4 ha Boden hat. Er erreicht einen Pauschalbetrag nur in jenen Jahren, wo er wirklich etwas zu verkaufen hat. Er kann in einem Jahre den 25 prozentigen Pauschalbetrag erreichen, aber er sinkt im nächsten Jahre auf 12 bis 14 %. Das sind Dinge, die über die Fassungskraft unserer Steueradministrationen hinausgehen.

Es ist ganz selbstverständlich, daß bei dem unerträglichen Steuersystem und bei der Beamtenwillkür unser Landvolk, das sich Gott sei Dank der Stärke seiner Organisation bewußt ist, seine Stimme erhebt und daß wir Vertreter des Landvolkes es als unsere blanke Pflicht und Schuldigkeit ansehen, diesem bedrückten Volke beizustehen. Daran wird uns auch die Vernaderung, die dem Bund der Landwirte als einer angeblich staatsumstürzlerischen Partei seitens der Partei des Herrn dr. Rašín zuteil wird, nicht hindern. Wir werden nicht aufhören, mit allem Nachdruck nach Verbesserungen und Erleichterungen zu rufen. Vor allem verlangen wir, daß die Willkür aus dem Steuersystem ausgeschaltet wird und die soziale Gerechtigkeit einzieht, die sich darin äußern möge, daß das schon unübersichtliche System der vielen einander kreuzenden Steuern aufgehoben und endlich eine einzige progressive gerechte Einkommensteuer geschaffen wird, die alle nach ihrer Steuerfähigkeit trifft. Wir verlangen eine Milderung der drückenden Vorschriften über die Steuerzahlung, vor allem die Abschaffung jener lopro zentigen Verzugszinsen, die, wenn man sich auf den Boden des Gesetzes stellt, von uns als wucherisch bezeichnet werden müssen. Wir fordern dringend, daß endlich auch die Vertreter unseres Standes, unseres Gewerbes ihre Vertretung in den gewählten Einschätzungskommissionen erhalten, daß die ernannt en Mitglieder dieser Kommissionen abgeschafft werden, daß vor allem alle Revisionskommissionen aufgelöst werden, weil sie ihren Zweck verfehlen und bloß die legitimen, ohnehin besteuerten produktiven Erwerbsstände belasten. Wir verlangen vor allem auch eine Novellierung der Konskription zur Vermögensabgabe für die Landwirtschaft, weil uns der ungeheuere Preissturz der landwirtschaftlichen Produkte dazu zwingt. Wir verlangen schließlich eine menschenwürdige Einlösung der Kriegsanleihe, die heute nicht mehr unser deutsches Problem ist, sondern ein Staatsproblem. Wir verlangen die Aufhebung der Zwangsbewirtschaftung nicht nur auf dem Papier des Verordnungsplanes, sondern in der Tat, und die Aufhebung aller Zentralen und vor allem verlangen wir die endliche Einführung einer rigorosen Sparsamkeit in der Staatswirtschaft, über die es ja nicht schwer fällt, mit einzelnen Anregungen zu dienen.

Ich möchte zum Schlusse, um den Blick wieder ins Weite zu richten, der Mehrheit, deren Hand so schwer auf uns lastet, das Wort zurufen: Schaffen Sie die Bedingungen, daß wir uns als Gleiche neben Gleichen fühlen können in diesem Staate, weil dies in unserem Zeitalter das einzig mögliche Verhältnis zwischen Völkern ist, die sich ihrer Kraft und ihrer Würde bewußt sind. Tun Sie das, was Sie von uns stets verlangen: Stellen Sie sich auf den Boden der realen Tatsachen dieses mitteleuropäischen Staates, wie sie durch die Natur und die Siedlungsverhältnisse gegeben sind. Dann werden Sie für einen ewig zitternden und schwer zur Konsoldierung kommenden èechoslovakischen Staat einen fest fundierten èechisch-deutsch-slovakischen Staat eintauschen können. Für uns aber gilt das Wort, daß nur diejenigen Völker sterben, die sterben wollen, und daß wir Deustche in diesem Staat noch lange nicht daran denken zu sterben. (Potlesk nìmeckých poslancù.)

3. Øeè posl. inž. Junga (viz str. 830 protokolu):

Verehrte Damen und Herren! Ich habe mir zu einer tatsächlichen Berichtigung das Wort erbeten. Es handelt sich um eine persönliche Angelegenheit.

In der Sitzung vom 12. d. M. hat während meiner Rede Kollege Pelikán einen Zwischenruf gemacht, aus dem ich bloß das Wort "Schwindel" verstanden habe. Ich war daher nicht in der Lage, sofort zu antworten. In der Sitzung vom 22. d. M. nun bin ich in meinen Ausführungen auf diesen Zwischenruf zurückgekommen und habe darauf geantwortet, indem ich schilderte, aus welchen Ursachen ich zur Staatsbahndirektion Olmütz versetzt wurde. Kollege Pelikán hat sich daraufhin in seiner Rede mit mir beschäftigt und verschiedene Behauptungen aufgestellt, die meiner Ehre nahe gehen. Ich war während seiner Ausführungen nicht im Saale, übrigens hätte auch meine persönliche Anwesenheit nichts genützt, weil ich die Ausführungen nicht verstanden hätte. Erst aus dem "Prager Abendblatt" vom 26. d. M. entnehme ich, was Kollege Pelikán über mich gesprochen hat. Darnach hat er folgendes gesagt: "Der Abg. Jung hätte als Eisenbahnkomissär eine fachmännische Rede halten können, aber statt dessen schmähte er nur unsere Republik. Er vergaß aber auch, darüber sich zu beklagen, daß ihm die Olmützer Eisenbahndirektion nicht genug entgegenkam, als er als Privatperson erschienen ist, um für sich Tarifbegünstigungen zu erbitten. Er erwirkte auch tatsächlich für sich die Beistellung eines Waggons zur privaten Übersiedlung". Das " Prager Abendblatt" bringt diese Ausführungen im Leitaufsatz unter dem Titel "Die offene Faust" und knüpft daran verschiedene Bemerkungen. So heißt es unter anderem: "Die Abgeordneten und die Wähler wollen von ihrem Mandate auch etwas haben". Weiter: "Die sich radikal geberdenden Staatsbeamten waren schon im alten Parlamente verdächtig und es gehörte zu den Selbstverständlichkeiten des politischen Taktes, sich des Antichambrierens zu enthalten, wenn sie nicht wollten, daß der Radikalismus einen pikanten Beigeschmack erhielt. Man sollte meinen, daß die Gegner der Konzessionspolitik keine persönlichen Konzessionen verlangen würden. Aber man sieht, daß der Schein trügt."

Dem gegenüber stelle ich vor allem fest, daß meine Rede vom 22. d. M. streng sachlich war. Wenn ich mich hauptsächlich mit Maßregelungen deutscher Bediensteter und ähnlichen Dingen beschäftigen mußte, so ist es wahrlich nicht meine Schuld, sondern die Ursache liegt in dem System, das gegen uns Deutsche gehandhabt wird. Was nun meine persönliche Angelegenheit anbelangt, so weiß Kollege Pelikán ganz gut, daß ich für mich keinerlei Zugeständnis als Privatperson verlangte, sondern daß ich als derzeit noch aktiver Eisenbahnbediensteter nur die mir rechtlich auf Grund der Vorschriften zustehende Frachtbegünstigung in Anspruch nahm. Es ist lächerlich, von mir zu verlangen, auf offenkundige Rechte, die mir zustehen, zu verzichten. Etwas derartiges hat auch im alten Staate weder von den èechischen Nationalsozialisten, noch von einer anderen Partei jemand verlangt. Es ist auch nicht meine Schuld, daß ich übersiedeln muß. Man hat mich im April 1919 aus meiner Wohnung ausgemietet, weil sie eine sogenannte Naturalwohnung und weil ich beurlaubt und später enthoben war. Seit dieser Zeit hatte ich keine Dauerwohnung. Ich mußte damals, obzwar ich nur auf die Beihilfe von monatlich 650 K angewiesen war, auf meine Kosten übersiedeln und habe erst nach meiner Wiederaufnahme im Vorjahre diese Auslagen rückerstattet bekommen. Als ich aus triftigen Gründen, die ich hier wohl nicht erst anführen muß, nach einem zweiten Orte übersiedeln mußte, geschah es abermals auf meine eigenen Kosten und ich habe auch diese Auslagen erst nachträglich zurückerstattet bekommen. Nun habe ich endlich nach zweijährigem Herumwandern eine dauernde Wohnung gefunden. Und da macht man es mir zum Vorwurfe, daß ich bei der Übersiedlung, welche übrigens mit ausdrücklicher Genehmigung meiner Dienststelle geschieht, und deren Kosten ich aus eigenem trage, auf ein mir zustehendes Recht nicht verzichte, weil ich einer oppositionellen Partei angehöre. Über diese Kampfesweise gegenüber einem politischen Gegner ein Wort der Kritik zu verlieren, halte ich für unter meiner persönlichen Würde. (Potlesk nìmeckých poslancù.)

4. Øeè posl. dr. Ed. Feyerfeila (viz str. 834 protokolu):

Ich habe den schriftlichen Antrag eingebracht, daß die Punkte 15 und 16 der heutigen Tagesordnung, welche die Kriegsverletzten betreffen, als Punkte 1 und 2 auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung gestellt werden. Ich glaube, daß bei dem Umstande, als diese Punkte schon in der 4. oder 5. Sitzung auf der Tagesordnung stehen und bisher noch immer nicht erledigt worden sind, es weiter keiner Begründung bedarf.

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