Pondìlí 1. srpna 1921

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 78. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pondìlí dne 1. srpna 1921.

1. Øeè posl. Patzela (viz str. 854 protokolu):

Hohes Haus! Auch die Verhandlu ngen über die Umsatzsteuer zeigen wieder so recht die Teufelsfratze eines perversen Parlamentarismus, wie wir sie in diesem Hause schon oft genug gesehen haben. (Souhlas na levici.) Monate lang wird getrödelt, dann wird gehetzt, dann wird die Sache im Ausschuß durchgepeitscht, dann wird wieder einmal gepackelt und dann sollwieder gehetzt und gepeitscht werden. Am Freitag vorige Woche sah es aus, als wenn der Staat in Trümmer gehen würde, wenn wir nicht heute Abends um sieben Uhr zusammenkommen und die Umsatzsteuer bis Mitternacht durchpeitschen und fertigbringen. Aber da feiert der luogo di trafico des Grafen Taaffe in diesem so wenig entösterreicherten Staate seine wunderbare Auferstehung und das polnische "nie honorowo, ale zdrówo" es ist zwar nicht ehrenhaft aber gesund - dieses Packeln, das wirkt und lebt sich in einer Weise aus, die eines Parlamentes zwar unwürdig ist, aber scheinbar nicht dieses Parlamentes. Sonst könnte nicht diese Gepflogenheit in so unerhörter Weise einreißen. Am Freitag konnten wir deutschen Abgeordneten es nicht erreichen, daß die Verhandlungen unterbrochen werden, um unseren Kollegen, die nicht im Ausschuß saßen, die Möglichkeit zu geben, den Ausschußbericht und die etwas unklare Übersetzung auch nur durchzustudieren. Heute müssen wir hereinzitiert werden und müssen morgen wieder weiter beraten, es werden Redner angefädelt und Verlegenheitsreden gehalten, bloß deshalb damit neu gehandelt und neu gepackelt werden kann. Und dann gibt es Zeitungen auf dieser (ukazuje na pravo) Seite des hohen Hauses, die schreiben, daß an all dem nur die Deutschen schuld sind, die Obstruktion treiben, die die Obstruktion wie überall, so auch im Budgetausschuß treiben. Aber auch die Parteigenossen jener Zeitungen im Budgetausschuß wissen, wie wir versucht baben, redlich mit einem Eifer, der, ich gebe es ja selber zu vielleicht einer besseren Sache wert gewesen wäre (Souhlas na levici.), diesen Steuergesetzen vieles Unangenehme zu nehmen, das ja nicht bloß auf unsere Steuerträger, sondern auch auf Ihre Steuerträger drückt. Vor Monaten hat man uns so etwas wie einen Finanzplan vorgelegt und jeder von uns, der diese monatelangen Verhandlungen in der sogenannten "Finanz-Pìtka" mit ansach, mußte erwarten, daß ein Wunderwerk an Steuertechnik aus diesen Verhandlungen hervorgehen werde. Und was kam heraus? - die Wasserkraftsteuer, von der der Referent selbst zugibt, daß sie nicht einen Bruchteil von dem Erträgnis liefern werde, das der Finanzminister voraussetzt und daß auch dieser Bruchteil wahrscheinlich die Einhebungskosten noch verschlingen werde. Und während Herr dr. Engliš eine Einkommensteuerreform bringen wollte, die noch halbwegs die Kleineren weniger belastet, haben diese Herren das System einer gründlichen Steuerreform gründlich dahinschwinden und laufen lassen; denn es mußten unter den Parteien der "hohen " Pìtka - so muß man wohl bald sagen, wie vom hohen Sovjet in Rußland - die verschiedenen Vorteile und Schlupfwinkel und Hintertürln dieser Steuerdesetzgebung entsprechend ausgeknobelt werden. Geblieben ist die Verdoppelung der Umsatzsteuer, die gerade jetzt in allen Steuerträgerkreisen, auch in den èechischen, soviel Unmut, soviel Entrüstungs und Unwillenskundgebungen auslöst, die freilich von der anderen Seite als Aufruhr gegen den Staat gedeutet werden, worauf ich noch Gelegenheit haben werde zurückzukommen, falls meine Redezeit von einer Stunde, wie ich annehme, mir das ermöglicht. (Posl. dr. E. Feyerfeil: Die tschechische Gewerbepartei wird aber trotzdem für die Steuer stimmen! - Posl. dr. Baeran: Ganz recht, sie sollen nur mehr solcher Steuern machen!) Es ist wahr, was die Herren Kollegen sagen. Wir erleben hier ein eigenartiges Spiel. Man muß sich wundern, daß die èechischen Steuerträger aus lauter Liebe für "naše Republika" mit den Scheuklappen der "naše Republika" dieses Trugspiel nicht längst durchschaut und auf seine ganze Nichtigkeit zurückgeführt haben, das Spiel das die Steuerträger auf die Straße lockt und ellenlange Protestresolutionen und Interpellationen einbringt, wobei aber dann hier mitgestimmt wird - nach dem Muster der Barrierestöcke, wie im Wiener Gemeinderat diese Abstimmungsmechanik genannt wurde - für alles, was von der hohen Regierung und den Bürokraten kommt.

Der ehemalige Finanzminister dr. Engliš hat selber, da er noch Abgeordneter war, eine Umsatzsteuer als eines der unsozialsten und ungerechtesten Steuerprojekte bezeichnet. Als Minister hatte er allerdings aus fiskalischen Erwägungen zu diesem Mittel gegriffen und ich werde noch den Grund anführen, warum der Finanzminister zur Verdoppelung schrei ten wird, einen Grund, über den in der Öffentlichkeit noch eln Wort geredet werden muß, wenn man die Steurträger auf die weiteren Annehmlichkeiten zum Schlusse dieses Steuerjahres entsprechend vorbereiten muß. Auch dieses Gesetz ist ein Schulbeispiel der falschen resp. unüberlegten Gesetzmacherei in der Èechoslovakischen Republik. Denn nach kaum einem Jahr Geltung muß das Gesetz novelliert werden. Wenn gleich ich nicht bestreiten will, daß man notgedrungen, nicht deswegen, weil die Deutschen, sondern weil auch die Èechen darunter litten einzelne Härten des alten Gesetzes beseitigt, bleibt für uns doch das drückende der Verdoppelung der Umsatzsteuer. Auch andere Staaten habe ja unter dem Zwang der wirtschaftlichen Verhältnisse etwas ähnliches wie eine Umsatzsteuer eingeführt. Aber Deutschland, auf das man immer so mit Finger hinweist, Deutschland ist doch angeblich ein besiegter Staat, und dieses besiegte Deutschland, das geradezu ungeheuerliche Summen an Kriegsentschädigung zahlen muß auch der glorreiche csl. Staat streckt ja seine begehrlichen Hände nach einem Teil davon aus, er wird aber nicht soviel bekommen, als er verlangt - dieses Deutschland hebt nur 1 1/2 % ein; und dieses Deutschland ist noch dazu auf diese Steuer ganz anders vorbereitet und in diesem Deutschland herrscht eine Musterwirtschaft auch in der Steuerverwaltung und Steuergebarung, was wir von dieser Republik nicht behaupten könuen. Auch der Motivenbericht, den wir zur ersten Novelle des dr. Engliš im vergangenen Winter erhalten haben, gab, wenn auch eingeschränkt, zu daß die erste Umsatzsteuer bereits eine ziemlich ansehnliche Verteuerung der allgemeinen Lebenshaltung der Bevölkerung mit sich brachte. Daß wir aber durch die Verdoppelung der Umsatzsteuer eine neue ungeheuere Verteuerung hervorrufen, darüber kann kein Zweifel bestehen und die Herren werden, sobald sie die Umsatzsteuer nur ein bis zwei Monate eingehoben haben werden, die schädliche Wirkung ihrer Verdoppelung erleben, auch jene, die sich abquälen und bemühen, die Begründung der Verdoppelung hier von dieser Stelle aus und im Budget ausfindig zu machen. Man sagt, daß auch Deutschland die Warenumsatzsteuer hat. Aber die Statistiken der Èechoslovakischen Republik geben bekannt daß zur selben Zeit in der Èechoslovakischen Republik der Teuerungskoeffizient gegenüber Juli 1914 für die Lebensmittel 14-1500, für die Bekleidungsmittel sogar 1700 bis 1800 betrug, das heißt also, in Kronen und Hellern ausgedrückt, daß in der Èechoslovakei die Lebensmittel 13 bis 14mal, die Bekleidungsstoffe 18mal soviel kosteten als nach denselben Ziffern für das Deutsche Reich, wo mit allen seinen Steuern, die es einheben muß, für die Kriegsentschädigung, dieser Koeffizient in derselben Zeit 880 bis 890 betragen hat.

Meine Herren! Das ist wohl ein kleiner Unterschied. Wenn wir nun vor Augen haben, daß zwar jetzt in einigen wenigen Artikeln eine vorübergehende Preissenkung erfolgt ist, so müssen wir mit Schrecken der Zukunft entgegenschauen, nicht wegen der Preissenkungen, sondern wegen der neuerlichen ungeheuren Verteuerung aller Bedarfsgegenstände, die uns die Verdoppelung der Umsatzsteuer bringen wird. Diese Steuer ist weder eine Produktionsnoch ist sie in Wirklichkeit eine Umsatzsteuer. Bei jedem Umsatz wird die alte Steuersumme, das Entgelt für die Arbeitsleistung wie überhaupt alle hinzukommenden Mehrkosten mit besteuert. Diese Steuer gleitet fort wie eine immer sich weiter entwickelnde Spirale. Ich möchte sagen, sie ist das Prototyp der Steuerschraube ohne Ende.

Was aber das Ungeheuerlichste ist, ist die Art, wie die Steuerschraube auch bei der geistigen Arbeit angezogen wird. Es ist ein Hohn auf die Gesetzgebung, wenn man liest, daß Arbeitsleistungen von geistigen Arbeitern, von Rechtsanwälten, Notaren, Ärzten - der Arzt, der uns das Leben rettet - daß dessen Arbeitsleistu ng als Ware zur Umsatzbesteuerung betrachtet wird. Die Arbeitsleistung von armen Musiklehrern, Sprachlehrern usw., die kaum zu leben haben, zur Warenumsatzsteuer anzurechnen, ist doch stark. Hier sollte man doch einen Unterschied machen. Während der eine schließlich einen bestimmten Ertrag als Ertrag seiner Arbeit, als Reinertrag seines Geschäftes herausrechnen kann, wird diesem geistigen Arbeiter die Summe, die er als Entlohnung seiner Arbeit empfängt, die er einnimmt, versteuert, u. zw. unter dem Titel Erwerbsteuer, Person aleinkommensteuer und der Warenumsatzsteuer! Und dann wundern sich die Herren, wenn nicht die Fabrikanten und Millionäre, sondern gerade die kleinen Leute, die Kleingewerbetreibenden, die Kleinbauern, aber auch die Intelligentschichten auf die Straße gehen und gegen die Unerträglichkeit der Besteuerung schärfstens Protest einlegen. (Výkøiky.)

Der kleine Geschäftsmann, der um seines Geschäftes Willen ins Ausland reist, muß nicht nur für den Auslandspaß eine ganz ansehnliche Summe zahlen - die Paßgeschichten sind ja für die Staaten jezt eine ansehnliche Einnahmsquelle geworden, - er muß auch alle Steuerrückstände bezahlen.

Wenn aber der Mann dem Staate infolge des Diktates der Steuerverwaltung und der Paßstellen mehr bezahlt hat, als er eigentlich schuldig wäre, dann vergütet ihm der Staat nicht die erzugszinsen bis zu dem Augenblick, da ihm der Betrag zurückgezahlt wird, sondern bis zu dem Augenblick, da ihm bekanntgegeben wird, daß er so und so viel Kronen zurückgezahlt erhält. Ich meine, es geht nicht an, von Steuermoral bei der Bevölkerung zu reden, wenn der Staat selbst, und mag es sich im einzelnen Falle auch nur um Kronen handeln, die Unmoral an den Tag legt, daß er vom Steuerträger Verzugszinsen verlangt bis zu dem Augenblicke, da der Mann im Amte erscheint, selber aber nicht die Verpflichtung für sich übernehmen will. Und es ist die höchste Steuerunmoral, wenn man sich weigert, den Steuerträgern sogar die Umsatzsteuer nachzulassen, bei den Geschäften, bei denen sie nachweisbar mit Verlust gearbeitet haben. Der Mann, der in Zeiten der Hochkonjunktur gekauft hat und jetzt, wo das Geschäft abflaut, die Konjunktur sinkt, mit Schaden verkauft, auch er wird der Umsatzsteuer unterworfen; die Herren haben die Aufnahme einer klaren Bestimmung verweigert, wornach Verlustgeschäfte nicht umsatzsteuerpflichtig - wenigstens eine Refundierung der bezahlten Steuern zu verlangen. Und da geht es nicht an, die Bevölkerung anzuklagen und zu sagen diese und jene Kreise versuchen die Steuer zu sabotieren, sich der Steuerverpflichtung zu entziehen, wo der Staat selbst mit der höchsten Unmoral bahnbrechend beispielgebend vorangeht. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. Hruban.)

Wir haben aber auch noch andere berechtigte Klagen. Ich will mich nicht in Einzelheiten ergehen, wir haben Klagen bei der Art der Untersuchung der Steuerfähigkeit der Unternehmungen. Es sind hier im Hause durch den Abgeordneten Kollegen Kostka und andere Herren ge radezu schandbare Fälle von infamer Spionage unter dem Titel der Einsichtnahme in die Geschäftsbücher zur Kenntnis der Regierung gebracht worden, Fälle, in denen nachgewiesen war, daß Staatsbeamte und Steuerorgane zu Firmen kamen, Einsichtnahme in die Bücher verlangten, Abschriften aus Geschäftsbüchern nahmen, wozu sie gar nicht berechtigt sind, und als man endlich sich das nicht mehr gefallen lassen wollte, angaben, daß sie das täten, weil irgend eine - allerdings èechische - Firma in Prag Verluste erlitten habe und der die Staatsverwaltung helfen wolle, Abschreibungen zu erzielen. (Výkøiky. - Nepokoj.) Meine Herren, das ist eine so ungeheuerliche Art des Mißbrauches von öffentlichen Finanzorganen zu Privatzwecken, (Souhlas na levici.) daß mir eine in gesitteten Kreisen mögliche Bezeichnung für dieses Vorgehen fehlt. Ich habe unter Hinweis auf die klaren Tatsachen im Budgetausschusse diese Dinge zur Kenntnis der Regierung gebracht, ich habe um eine Antwort gebeten und die Antwort steht heute noch aus, obwohl ich meine, daß es sich um einen so ungeheuerlichen Fall handelt, daß kein Finanzminister oder dessen Stellvertreter die zweimonatliche Frist vorübergehen lassen, sondern klar Rede und Antwort stehen sollte. Diese Art des Verhaltens muß uns die Überzeugung aufdrängen, daß auch in der obersten Finanzverwaltung vieles faul im Staate Dänemark ist und daß auch die Oberste Finanzverwaltung wenigstens stillschweigend und wohlwollend zusieht, (Posl. dr. E. Feyerfeil: Wie kommt denn Dänemark zu diesem Vergleich?) - Ja, vielleicht wird mich das dänische Konsulat noch klagen - wie die öffentliche Staatsgewalt schamlos zu Privatzwecken mißbraucht wird, wahrscheinlich noch unter Gewährung der üblichen Benefizien, die in solchen Fällen gewährt werden. (Výkøiky.)

Aber, meine Herren, der Herr Vorredner hat, soviel ich verstanden habe, vor allem das alte Lied gesungen: "Was nützt alles Klagen, der Staat braucht Geld und der Staat will leben." Ja, wenn die Herren eine ordentliche Finanzgebahrung einführen wollten, wenn Sie den Steuerorganen Zeit lassen würden, die Steueru nach und nach einzuheben und ordentlich orzuschreiben, dann würden wir als Opposition zwar auch gegen die Steuern stimmen, weil es unsere heilige Pflicht ist, wir würden aber eine Sauberkeit in der Finanzgebarung verstehen und würdigen, gerecht, wie wir Deutschen nun einmal sind. Aber wenn die Steuerkompliziertheit immer größere Dimensionen annimmt, wenn die Steuerverwaltungen und die Steuerbehörden draußen allmonatlich mit überflüssigen Statistiken und Sprachenerlässen gequält werden und dann auf einmal, im Jahre 1920 gerade bei der Umsatzsteuer mit den Vorschreibungen nicht nachkommen und in der letzten Woche den Auftrag bekommen, von den Steuerträgern die rückständigen Steuern samt Verzugszinsen mit allen Mitteln, sogar mit denen der Exekution, einzutreiben, dann kann man sich nicht wundern, daß die Steuerträger einmal sich gegen eine solche Wirtschaft aufbäumen, daß sie nicht die Kosten dafür zahlen wollen, daß diese èechoslovakische Republik und ihre Finanzverwaltung in den Jahren 1919 und 1920 ihren Aufgaben einfach nicht gewachsen waren.

Aber, sagt man uns noch, die Gemeinden brauchen Geld. Das ist ja auch so ein eigenes Stück, das die Herren aus dem alten Osterreich, von dem man sich ja so entösterreichert hat, übernommen haben. Immer wird in ein möglichst unpopuläres Steuergesetz irgend eine in die Augen leuchtende Bestimmung hereingenommen, und so bringt man die Warenumsatzsteuer in Verbindung mit der Notwendigkeit der Sanierung der autonomen Finanzen und vor allem der Sanierung der Gemeindefinanzen, eine Angelegenheit, die natürlich unseren Gemeinden mindestens ebenso am Herzen liegt, wie irgend welchen anderen Aber wie ist denn das mit der Sanierung der Gemeindefinanzen? Wie schaut es denn überhaupt mit dem Ertrag dieser Steuer aus? Man hat uns im Budgetausschuß gesagt, die Warenumsatzsteuer habe im Jahre 1920 einen tatsächlichen Ertrag von rund 500 Millionen ergeben, und bis gegen Ende Mai dieses Jahres seien neuerdings etwa 500 Millionen eingegangen.

Der Staatsvoranschlag für das Jahr 1920 errechnete einen Ertrag der Umsatzsteuer von 800 Millionen Kronen, für 1921 an einer Stelle 1050, an einer anderen 1100 Kronen. Man sieht, wie genau selbst mit dem Voranschlagsbuch umgegangen wird. Aber, meine Herren, die Antwort, wieviel für das Jahr 1920 an Warenumsatzsteuer bis jetzt vorgeschrieben und was wir als das wirkliche Ergebnis der Steuer annehmen können, diese Antwort ist man uns bisher schuldig geblieben, weil die Steuer eben weit mehr trägt als man eingestehen will und weil schon jetzt der Ertrag der Steuer vollauf genügen würde, um nicht nur die erhöhten Bedürfnisse der Staatsangestellten und Eisenbahner, sondern auch die Bedürfnisse für die Sanierung der autonomen Finanzen zu tragen, wenigstens soweit sie in den Gesetzen ausgedrückt sind, die uns zur parlamentarischen Behandlung vorliegen. (Výkøiky.) Aber, meine Herren, wir wissen, warum man jetzt diese Steuerschraube so anzieht. Der erste Motivenbericht des Dr. Engliš sagt, daß die Steuer sich am meisten eingelebt hat, daß die Bevölkerung sie am wenigsten empfindet. Sie ist natürlich am leichtesten zu haben, denn der Mensch muß ja leben, muß sich Stiefel kaufen, sich kleiden, und davon ihm die Steuer förmlich mit einer Schere abzuschneiden, ist wahrlich keine Kunst, das verstehen auch mindere Steuertechniker als die Èechoslovakische Republik. Aber wir wissen, daß die Herren, die die Ehre haben, den Staatsvoranschlag für 1922 vorzubereiten, vor der furchtbaren Tatsache stehen, daß die Ausgaben, die die Staatsverwaltung einstellt, nicht wie vor dem Jahre 1921 wird mit 14 Milliarden, sondern mit 28 bis 30 Miliarden werden präliminiert werden müssen, weil die Ausgaben für den Militarismus ins Ungemessene wachsen. (Rùzné výkøiky na levici.)

Místopøedseda dr. Hruban (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Patzel (pokraèuje): Wir haben uns gewiß nie dem Standpunkt abgeneigt gezeigt, daß produktive Auslagen auf dem Wege der Anleihen und Kredite gedeckt werden können, aber, meine Herren, das ist es eben. Der Finanzkredit des Staates versagt. Die Kreditwirtschaft ist in eine ungeheuere Mißwirtschaft geraten und zwar gerade deswegen, weil die Herren mit ihren Herrn Bürokraten den Eigensinn bis zur allerhöchsten Potenz treiben und weil sie nun sehen, daß sie, weil sie unsere Warnungen nicht gehört haben, mit der 4. Staatsanleihe ein Fiasko erlebt haben, desgleichen das Anleihewesen keines Staates noch erlebt hat, und daß sie auch mit der Verkehrsanleihe nach viel kürzerer Zeit dasselbe Fiasko erleben und daß sie in einem Augenblick, wo diese Anleihe noch gar nicht recht ins Leben gerufen ist, schon an die Novellierung denken müssen, die wir Ihnen vor 8 Wochen als selbstverständliche Notwendigkeit vor Augen gestellt haben. Freilich, wenn man das Zerrbild einer Bodenreform schafft, eine Bodenreform, die Grund und Boden nicht demjenigen gibt, der ihn bearbeiten kann, sondern demjenigen, der Protektion hat, den man als Schutz, als Schutzwache gegen die inneren und äußeren Staatsfeinde einstellen will. Und wenn dann die Produktion ins Ungemessene zurückgeht, wenn man dann das Nationalvermögen in ungeheuerlicher Weise verschleudert, dann darf man sich auch nicht wundern, daß mit der Finanzwirtschaft des Staates umgesprungen wird in einer Weise, die ihres gleichen sucht. Meine Herren, unsere deutschen Gemeinden erhalten keinen blanken Heller zur Förderung der Wohnungszwecke. Aber Kasernen müssen gebaut werden. (Výkøiky, nepokoj na levici.) In allen unseren Gemeinden, im Falkenauer Kohlengebiet, in Aussig, Bodenbacb müssen ungeheuere Kasernen gebaut werden. In Aussig bot zum Beispiel die Stadtgemeinde einen Platz an, der ausgezeichnet geeignet wäre. Aber die Herren Offiziere, die Legionäre kaprizieren sich eben auf einen bestimmten Platz und fragen nicht darnach, ob dadurch so und soviel Hektar Ackerland der Bebauung entzogen werden. Die Behörden schweigen und auch die èechischen Agrarier schweigen zu dieser Verkürzung der Getreideproduktion. Meine Herren, wenn wir wissen, daß für die Spionage Millionen ausgegeben werden, begreifen wir natürlich, daß mit den normalen Staatsausgaben nicht das Auslangen gefunden werden kann. Meine Herren, es wird uns Deutschen Sabotage vorgeworfen, Sabotage und Demonstrationen gegen die Republik. (Posl. dr. Schollich: Leider ist das nicht richtig!)

Vielleich wird es einst werden. Die Leute bekommen ja eine gut nationale Erziehung. Weil unsere Steuerträger gegen den unerhörten, plötzlich, auf einmal, über sie hereingebrochenen Steuerdruck protestieren und auf die Straße gehen und weil irgendein Steuerverwalter nicht gerade mit Glacehandschuhen angefaßt worden ist und ihm unverblümt die Wahrheit gesagt worden ist; umgebracht ist keiner worden und geschehen ist dabei keinem etwas, und bei allem menschlichen Mitleid, das ich mit den Opfern dieses Systems habe, muß ich sagen, daß man sich beinahe freuen könnte, daß auch solche Herren die Folgen dieses Systems am eigenen Leibe verspüren, damit sie imstande sind, aufgrund eigener Wahrnehmungen im wahrsten Sinne des Wortes die Herren von der hohen Regierung in Prag über die Stimmung der Bevölkerung zu unterrichten. - Was erleben wir, meine Herren? Während auch in èechischen Kreisen Steuerdemonstrationen stattfinden, während der Finanzminister sich bemüßigt fühlt, in Erlässen auf die Bevölkerung beruhigend zu wirken, sie anzurufen, der Republik zu geben, was der Republik gehört, werden in unserem deutschen Gebiet die Steuerdemonstrationen als Hochverrat verfolgt. (Výkøiky.)

Und, meine Herren, gegenüber dem, was vor einigen Tagen von dieser Stelle aus über die Vorfälle in Mies gesagt worden ist, haben wir bei uns ganz andere Verhältnisse. Ich möchte da vor allen auf zwei Vorkommnisse der letzten Tage die Aufmerksamkeit des hohen Hauses lenken, und zwar schon deswegen, weil das auch so recht typisch ist und ein praktisches Beispiel, wie die Steuergelder durch die Beamten verwendet werden und für welche Zwecke sie unseren Steuerträgern erpreßt werden. Meine Herren, wenn es wahr wäre, daß wir die Steuern der Republik sabotieren, wenn ein so friedsamer und ruhiger Mensch, der Senator Professor Dr. Spiegel, dem man wahrlich nicht politischen Radikalismus und Irredentismus nachsagen kann, in dem Buch "Deutsche Abgeordneten das èechische Volk" in dem Kapitel, in dem es sich mit unserem Standpunkt zur Verfassung befaßt, dargetan hat, daß die Anwürfe der Èechoslovakischen Republik gegen die Deutschen nicht wahr sind, wie wir sagen, leider im Augenblick nicht wahr sind, und daß die Deutschen vielleicht die èechischen Gesetze besser beobachten, ihre Gerichte und Behörden respektieren und Steuer zahlen. (Posl. dr. Schollich: Wir sind leider die besten Patrioten in diesem Staate!)

So beweist das, daß wir so leben, als wenn wir neben gleichen Pflichten auch gleiche Rechte hätten. Ist das aber der Fall? Meine Herren, zwei Vorfälle der letzten Tage bringe ich zu Ihrer Kenntnis und erwarte, daß die Regierung, ob nun der Herr Ministerpräsident da ist oder ein anderer Mundwart der hohen Regierung, das kann uns gleich sein, darauf Antwort geben wird. Der eine Vorfall, der so recht bezeichnend ist für den Geist, von welchem auch die untergeordneten Organe erfüllt sind, die sozusagen zur Knebelung, um uns mit Ruten zu züchtigen, in unser deutsches Gebiet herausgekommen sind, von welchem Größenwahn sie erfüllt sind, mit welchen Aufgaben sie sich betraut fühlen. Der Vorfall ereignete sich im Orte Flöhau, Bezirk Podersam, der am Donnerstag in der vergangenen Woche stattfand; weil er klar und charakteristisch ist, will ich ihn, ohne schmückende Beifügung, anführen. Einige deutsche Burschen gingen abend spazieren, als sie plötzlich ohne jeden Grund von einem hier bediensteten èechischen Knechte namens Josef Hnilièka tätlich angegriffen und mit einem derben Rohrstock geschlagen wurden, wobei derselbe gegen die Deutschen in gemeiner Weise schimpfte.

Daß auch in einem Gebiet, wo die Deutschen zu 95 % leben, unter Umständen der Gebrauch der deutschen Sprache ebenso als Provokation erscheinen kann, wie in Podol, wo die Deutschen aufgefordert wurden, im Strandbade sich nicht der deutschen Sprache zu bedienen; das Wasser ist ja, glaubten wir, neutral. Als sich die Angegriffenen, die Hochschüller Viktor Löschner und Lang zu Wehr setzten, sprang plötzlich der hiesige èechische Gendarm Petlak, welcher bereits vorher in Gemeinschaft mit dem obgenannten Knechte gesehen wurde, aus dem Hintergrunde, mit gezücktem Bajonett hervor, packte Löschner von hinten und hielt ihn mit den Händen fest, sodaß der angreifende Knecht ruhig zuschlagen konnte. (Výkøiky na levici. - Hluk.)

Místopøedseda dr. Hruban (zvoní): Prosím o klid.

Posl. Patzel (pokraèuje): Der Gendarm leistet also Beihilfe, damit ein Rowdy schlagen kann. Mei ne Herren, wir sind begreiflicher Weise gerne bereit, einzelne Schlägereien zwischen einzelnen Personen nicht allzu tragisch zu nehmen, aber der Gendarm, der, statt den Angreifer zu packen und ihn irgendwie zur Ruhe zu verweisen oder, wenn er sehr neutral sein will, dazwischen zu treten und den Zusammenstoß zweier Staatsbürger zu verhindern, selbst aktiv eingreift und den einen förmlich hemmt und fesselt, damit der andere ihn mißhandeln kann, ich meine, das Prototyp eines solchen Gendarmen werden Sie auch in Honolulu vergeblich suchen müssen. (Výkøiky na levici. Místopøedseda dr. Hruban zvoní.) Löschner erlitt am Kopf und am Ohr bedenkliche Verletzungen. Trotzdem er den Gendarm doch um Verhaftung des Angreifers ersuchte, machte dieser keine Anstalten dazu. Erst, als durch den Lärm aufmerksam gemacht, die Bevölkerung von allen Seiten herbeieilte, ließ er ihn los und lief davon. Auch Löschner machte sich auf den Heimweg, wurde aber daran durch das Erscheinen des èechischen Postenkommandanten Šimek verhindert, der ihn beim Kragen packte und in den Hausflur des Gasthauses Fiedler zog, indem er ihn für verhaftet erklärte. Das haben wir auch schon erlebt, daß geprügelte Deutsche verhaftet werden, so z. B. in Mies, Teplitz, Eger, Asch. Die über die Verhaftung eines friedlichen Spaziergängers aufgebrachte Bevölkerung verlangte die Verhaftung des schuldigen èechischen Angreifers und die Freilassung der Unschuldigen. Postenkommandant Šimek, welcher die Haustüre hinter sich abgesperrt hatte, öffnet darauf dieselbe und drohte den versammelten - offenbar eine neue Beruhigungsart - mit der Reitpeitsche und gebrauchte folgende wörtliche (Hört! Hört!) wiedergegebene, die ganze Bevölkerung provozierende, demütigende, unerhörte Drohung: "Marsch auseinander, oder ich lasse zehn Gendarmen holen und werde euch dann schon peinigen."

Místopøedseda dr. Hruban (zvoní): Prosím o klid a žádám pana poslance, aby mluvil k vìci.

Posl. Patzel (pokraèuje): Der Herr Präsident hatte die Güte, mich zur Sache zum ahnen. Ich bin immer loyal gegenüber dem Präsidium, aber ich habe, bevor ich diese Mitteilungen begann, ausdrücklich klargelegt, daß ich einige Beispiele bringen will, wie nach meiner Überzeugung Staatsgelder in unrechtlicher und unredlicher Weise gebraucht werden, nicht um Beruhigung in die Bevölkerung zu bringen, sondern unsere deutsche Bevölkerung immer aufs neue zu peinigen, zu mißhandeln und herauszufordern. Die darüber selbstredend aufs äußerste aufgeregte Menge bestand auf einer gerechten und unparteiischen Untersuchung der Angelegenheit und sofortigen Freilassung des Verhafteten. Nur durch Intervention der hiesigen politischen Parteivertreter gelang es, ein Blutbad zu verhüten, da auch die anderen zwei Gendarmen mit geladenem Gewehr herbeigeeilt waren und von Šimek aufgefordert wurden, von der Waffe Gebrauch zu machen. (Hört! Hört! Hluk. - Místopøedseda dr. Hruban zvoní.)

Der Gendarm, der solcher Weise das Amt mißbraucht, will in der Bevölkerung noch ein Blutbad anrichten! Nachdem die Vermittler auf die Folgen eines Zusammenstoßes hingewiesen und die Haltung der Menge immer drohender wurde, gaben die Gendarmen den Gefangenen heraus. Die erregte Bevölkerung verlangte mit stürmischen Zurufen die sofortige Ablösung und Bestrafung der wider Recht und Gesetz handelnden Gendarmen, welche in der brutalsten Weise unter wiederholter Androhung von Waffengewalt die Bevölkerung auseinandertrieben. Daß das Vorgehen der drei Gendarmen ein ganz ungerechtfertigtes war, beweist, daß selbst alte Männer ihr Hemd aufrissen und die Gendarmen aufforderten, erst sie niederzustechen, da sie so eine Schmach und Verhöhnung der friedliebenden deutschen Bevölkerung nicht mitansehen wollen. (Posl. dr. Schollich: Das ist, weil es sich die deutsche Bevölkerung gefallen läßt, statt ihn zu erschlagen!)


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