Místopøedseda dr. Hruban (zvoní):
Prosím pana posl. dr. Schollicha, aby pana øeèníka
nevyrušoval!
Posl. Patzel (pokraèuje): Nach einer halben Stunde trat Ruhe ein. Nur die Herren Gendarmen provozierten weiter, indem sie durch die Straßen patrouillierten und jeden Einzelnen mit groben Worten und Kolbenstößen nach Hause trieben. Und wenn wir dann sagen, daß wir uns in diesem Staate wie in einem Zuchthaus fühlen, werden wir zur Ordnung gerufen. Dagegen hielten es die Gendarmen nicht unter ihrer Würde, mit dem Anstifter des genzen, mit dem èechischen Knechte Hnilièka, der erst drei Wochen in Flöhau ist, auf der Brücke Zigaretten zu rauchen und so die Gesinnungsgemeinschaft deutlich vor Augen zu führen. Er ist wahrscheinlich bearbeitet worden, wie er die Aussagen zu machen hat.
Nach 12 Uhr zogen sie, um doch etwas zu unternehmen, zum Hause des Löschner sen, der schwer krank darniederliegt, schlugen mit den Gewehrkolben an die Haustüre und verlangten Einlaß. Frau Löschner, die Mutter des obgenannten Hochschülers, eilte tief erschrocken zur Türe und fragte nach ihrem Begehren. Sie verlangten den Sohn, und als derselbe erschienen war, nahmen sie neuerlich sein Nationale ab, obwohl sie bereits seine Legitimation besaßen, und entfernten sich sodann unter Drohungen.
Durch diese unerhörte Herausforderung der gesamten deutschen Bevölkerung aufs äußerste erbittert, ersuchen die dortigen Parteienvertreter, die Regierung aufmerksam zu machen, daß sie, wenn diese Herrschaften weiter im Amte bleiben werden, wahrscheinlich in Deutschböhmen Blutvergießen hervorrufen werden wird und daß wahrscheinlich die Herren Legionäre die Ruhe der èechoslovakischen Republik nicht mehr werden retten können.
Einen anderen Fall will ich erzählen.
Es hat von dieser Stelle einer der Herren Legionärabgeordneten
dagegen protestiert, daß man die Legionäre als Prätorianer bezeichnet
und hat nun ihr Recht reklamiert, daß sie, die den Staat geschaffen,
auch überall freimütig für den Schutz der Republik auftreten.
Ich will über die Qualifikation oder Nichtqualifikation der Legionäre
zu diesem hohen Amte keine Worte verlieren. Aber ich will nur
einen Fall erzählen, der sich erst gestern ereignet hat, der noch
nicht durch die Zeitungen bekannt ist und der Ihnen zeigt, wie
die Herren Legionäre dieses ihr hohes Amt auffassen. In der Elbestadt
Aussig, bekanntlich der größte Hafen der alten österreichisch-ungarischen
Monarchie und wahrscheinlich auch der èechoslovakischen Republik,
fand vor einigen Tagen wie an vielen anderen Orten eine Steuerdemonstration
statt. (Hluk, výkøiky.)
Místopøedseda dr. Hruban (zvoní):
Prosím, aby se øeèník nevyrušoval. Žádám pana øeèníka, aby skonèil.
Posl. Patzel (pokraèuje): Ich stelle fest, daß auch der Herr Finanzminister bzw., da derselbe erkrankt ist, sein Vertreter Hotowetz, in einer Interpellationsbeantwortung zugab, daß die Entrüstung der Bevölkerung über die gegenwärtig in rascher Aufeinanderfolge erscheinenden Steuervorschreibungen und Exekutionen berechtigt sei, und daß er selber die Weisungen an die Ämter herausgab, um das zu lindern, gewisse Steuerzahlungen zu erleichtern, Fristen zu gewähren u. dgl. Während aber der Herr Finanzminister selbst zugibt, daß die augenblickliche Art der Steuereinhebung und Steuereintreibung schmerzhaft und nahezu unerträglich sei, empfinden die Herren Legionäre etwas anderes, und sie beriefen gestern vormittag auf den Marktplatz in Aussig eine große Versammlung ein, in der sie in Gemeinschaft mit vielen anderen Stellung nehmen wollten gegen die Angriffe auf die èechoslovakische Republik. Selbstverständlich ging eine Forderung dahin, daß alle deutschen Beamten beseitigt und durch lauter èechische ersetzt werden müssen, (Výkøiky. Nepokoj na levici.) trotzdem unsere deutschen Beamten immer mehr verschwinden und gerade unsere deutschen Steuerbeamten nur allzusehr zu Werkzeugen der Staatsgewalt dort gebraucht werden, wo es gilt, dem Staat seine Einnahmen zuzuführen. Ich will von der Resolution der Legionäre nicht reden ich will auch nicht davon sprechen, daß wir wissen, daß sehr viele der sogenannten Hetzausflüge ins deutsche Gebiet nur dazu bestimmt sind, den èechischen Staatsbürgern zu zeigen, daß sie überall im der Republik zu Hause sind, während wir nicht einmal hier auf diesem Boden zu Hause sind. (Hluk. Nepokoj.) Es wird nicht zuzückgewiesen, daß wir deutsche Abgeordnete in der Ausübung des Mandates bedroht werden, ich will nicht darauf verweisen, daß nachgewiesenermaßen solche Ausflüge durch Freikarten der Eisenbahnverwaltung indirekt bezahlt und gefördert werden. Aber ich frage die Regierung, ob das erlaubt ist. Diese Legionäre beschränken sich nicht darauf, gegen die vermeintlichen deutschen Angriffe auf den Bestand der èechoslovakischen Republik zu protestieren; wie immer verlangen sie die Beseitigung der deutschen Beamten und die möglichste Beseitigung der deutschen Sprache und das in einem Augenblick, im selben Augenblick, wo man für einen Esperantokongreß ungeheuere Reklame macht, während man die Sprache Goethes und Richard Wagners, die doch auch jemand auf der Welt waren, in dem Staate entgegen allen ehrenwörtlichen und von Ministern unterschriebenen Memoires nicht zur Geltung kommen lassen will.
Aber diese Herren Legionäre begnügten
sich nicht damit, zu demonstrieren, sondern es gingen dabei auch
ein paar Fensterscheiben flöten. Selbstverständlich wurde, um
dem Ganzen die Würze zu geben und den Anschein der Staatsbeschützung
zu wahren, das "Kde domov mùj" gesungen und die deutschen
Staatsbürger, die vorübergingen und nicht wußten, was da vorgeht,
wurden geprügelt, weil sie nicht den Hut abzogen. Das ist wahrscheinlich
die Art, wie uns das beigebracht werden soll, wie einmal der Herr
Präsident Masaryk geäußert hat, daß er glaube, daß weder
das "Hej Slované", noch das "Kde domov mùj"
die künftige Nationalhymne sein sollen (Posl. dr. E. Feyerfeil:
Sondern "Pryè a pryè je všecko!"), sondern
eine Hymne, die alle Deutsche, Èechen und Slovaken einmütig singen
könnten. Wahrscheinlich ist das die Methode, nach der wir zu der
neuen èechoslovakisch - deutschen Staats - Nationalhymne gedrillt
und gezwungen werden sollen. Aber wie erschienen diese Legionäre,
um den èsl. Staat gegen Steuerdemonstrationen zu verteidigen?
Mit Bajonetten und Handgranaten in einer ganz wehrlosen Stadt.
Dann, meine Herren, sollen wir nicht von Prätorianern reden! (Rùzné
výkøiky na levici.)
Místopøedseda dr. Hruban (zvoní):
Žádám pana øeèníka, aby ukonèil.
Posl. Patzel (pokraèuje):
In einer Stadt, wo auch bei Steuerdemonstrationen nicht das
geringste vorgekommen ist, nicht die geringste Eigentumsbeschädigung,
wo keinem Staatsbeamten und Steuerbeamten anch nur ein Haar gekrümmt
wurde, oder auch nur ein unvornehmes Wort gesagt wurde, da rücken
die Legionäre gegen Steuerdemonstrationen mit Bajonetten und Handgranaten
aus, wahrscheinlich deswegen, damit sie, wenn ein Deutscher ein
Wort gebraucht, oder die Faust ballt, ein Blutbad anrichten können.
Místopøedseda dr. Hruban (zvoní):
Žádám pana øeèníka, aby ukonèil, ponìvadž jeho øeènická lhùta
uplynula.
Posl. Patzel (pokraèuje):
Ich bitte nur eine kurze Sache, ich bin schon fertig. Aber
darüber müssen wir Aufklärung haben und das können auch Sie nicht
billigen, daß in einer Stadt, wo gar nichts vorgekommen ist und
sich nichts ereignet hat, die Legionäre mit Waffen ausrücken,
förmlich dazu berufen, ein Blutbad anzurichten. Meine Herren,
Sie loben heute die Legionäre. Vielleicht wird der Tag kommen,
wo Sie die Legionäre als Totengräber Ihrer Republik beweinen werden,
sowie die Prätorianer das Ende des römischen Kaisertums, nicht
nur der römischen Freiheit, sondern des römischen Staates überhaupt
geworden sind. Vielleicht werden Sie an die Tage denken, da von
dieser Stelle, von deutscher Seite warnende Worte gesprochen wurden.
Sie schlagen sie in den Wind; wir haben nichts dagegen, die Folgen
werden nicht wir, sondern Sie tragen. Am Bahnhof gehen ein paar
harmlose Bürger, der eine trägt eine Kornblume, der andere eine
rote Nelke. Wir tragen eine Kornblume, die èechischen Agrarier
tragen die Kornrade, andere tragen rote und weiße Nelken. Daß
die Kornblume durch die Verfassung staatsgesetzlich oder sonst
wie verboten ist, ist uns bis zum Augenblick noch nicht zur Kenntnis
gebracht worden. Der Legionärkodex scheint aber andere Bestimmungen
zu enthalten: Leute, die diese Kornblumen tragen und nicht den
Mund aufgemacht haben, die, die eine Kornblume trugen, wurden
mit Bajonettstichen mißhandelt. Und eine Frau, die ein Kind (Hluk.
Výkøiky.) unter dem Herzen trug und ihrem Unmut über diese
Roheit Ausdruck gab, wurde zu Boden geschlagen. (Hluk. Výkøiky.)
Místopøedseda dr. Hruban (zvoní):
Prosím o klid a pana øeèníka žádám, aby se neodchyloval
od vìci.
Posl. Patzel (pokraèuje):
Für solche Bestialitäten haben wir keinen Kreuzer und keine
Krone. Darüber sollte eine Frau nicht lachen, Frau Kollegin Zemin.
Ich habe bisher geglaubt, in Ihnen eine Frau zu respektieren,
von dem Augenblick, wo Sie über so etwas lachen, hört alles auf.
Und ich sage Ihnen: Es ist durch die ganze Verwaltung, durch den
steten Druck, durch die unausgesetzte Mißhandlung unserer deutschen
öffentlichen Angestellten, durch die unausgesetzte Beunruhigung
unserer deutschen Gebiete und nunmehr auch durch die Steuerpraktiken
eine so ungeheuere Erregung in unseren deutschen Gebieten angesammelt,
daß vielleicht ein Funke genügt, um die Dinge zur Entladung zu
bringen. Dann wundern Sie sich nicht mehr, wenn unsere Bevölkerung
mit der Steuerverweigerung allein sich vielleicht nicht mehr begnügen
wird, sondern wenn der Druck zu groß wird, sich auch anderwärts
wird zur Wehre setzen. (Potlesk na levici.)
Sehr geehrte Herren! Der èechoslovakische Staat zählt sich zu den sogenannten Siegerstaaten und hat als solcher, wie aus Zeitungsberichten zu entnehmen war, seinerzeit auch 40 Milliarden Kriegsentschädigung verlangt. Womit er diese Forderung begründet hat, ist allerdings ein Rätsel. Dieser Staat hatte bei seiner Gründung keine anderen Schulden als die, welche vom alten Österreich auf ihn entfallen und die von der Reparationskommission bis heute noch nicht festgestellt worden sind, zweitens jene Ablösungssumme, welche er an die Entente als Befreiungstribut für die Errichtung der Republik zahlen muß, deren Höhe ebenfalls nicht bekannt ist und die nur in verschleierter Form aus dem Zinsendienste zu entnehmen ist, und drittens schuldet er 8 Milliarden dem Volke an Kriegsanleihen und für drei Jahre rückständige Zinsen. Bei einer vernünftigen Finanzpolitik sollte dieser Staat nicht mehr als 26 Milliarden Schulden haben auch wenn die Kriegsanleihe voll und ganz eingelöst würde und wenn er die Zinsen, wie es einem ordnungsmäßigen Staat gebührt, bezahlt hätte - aber nicht, wie es tatsächlich der Fall ist, mehr als das Doppelte dieser Ziffer.
Durch die enormen Militärlasten, durch die riesigen Ausgaben, die unser Beamtenheer verschlingt, und nicht zuletzt durch die ganz verfehlte Finanz- und Wirtschaftspolitik unserer verschiedenen Regierungen, haben wir es soweit gebracht, daß wir glücklicherweise dort halten, wo die besiegten Staaten sind, nämlich am Abgru nd, vor dem Ruin. (Výkøik: Wir sind noch viel tiefer!) Ja, wir sind noch viel tiefer, könnte man sagen, in mancher Beziehu ng. Obwohl die Grundsteuerzuschläge bei Äckern und Wiesen um 200 %, bei Weinbergen und Waldungen um 400 % erhöht worden sind, obwohl eine Reihe von neuen Steuern eingeführt worden ist, wie die 1 %ige Umsatzsteuer, die Kohlensteuer, verschiedene Tariferhöhungen, die Brotkartensteuer und dergleichen mehr, wodurch dem Volke nicht weniger als insgesamt 14 Milliarden jährlich abgezwickt werden, trotzdem finden wir mit dieser Riesensumme nicht das Auslangen, man hat ein Defizit und muß an neue Steuern schreiten. Die erwerbenden Stände, die Landwirtschaft, die Gewerbetreibenden, die Handwerker sind bereits am Rande ihrer Leistungsfähigkeit angelangt. Man sieht es an den Steuerdemonstrationen. Die Leute können heute ihre Steuern nicht mehr aufbringen. Dessen ungeachtet wagt man die Umsatzsteuer auf das Doppelte zu erhöhen. Man hat weiters die Absicht, die Gebühr für Vermögensübertragungen zu erhöhen und eine Reform der Einkommensteuer vorzunehmen. Man will sogar, obwohl die Zuschläge zur Grundsteuer ohnedies so groß sind, noch einen 200 %igen Zuschlag zur Grundsteuer beschließen. Sollte das der Fall sein, würde man die wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeit des Mittelstandes dadurch ganz untergraben. Man würde ihn an den Rand des Ruins treiben.
Als vor mehr als einem Jahre die 1 %ige Umsatzsteuer eingeführt worden ist, äußerten Volkswirte die größten Bedenken dagegen, denn diese Steuer war und ist geeignet, durch ihre wiederholte Entrichtung die herrschende Teuerung zu verstärken, zweitens unsere inländische Produktion bezüglich der Konkurrenz gegenüber dem Ausland zu erschweren. Diese Befürchtungen haben sich denn auch tatsächlich im vollsten Maße als berechtigt erwiesen. Diese Steuer wird ohne viel Umschweife und ohne Fassionen auf leichte Weise eingetrieben, und bildet eine beliebte Einnahmsquelle für den Staat. Die frühere Regierung hat noch einen raffinierten Zweck damit verfolgt, daß nämlich ohne viel Umschweife und Bucheinsicht jeder Steuerträger gezwungen ist, seinen Umsatz einzubekennen, auf Grund dessen dann die übrigen Steuern berechnet werden. Der Appetit kommt bekanntlich mit dem Essen. Nachdem diese Steuer ohne viel Murren und Schwierigkeiten eingetrieben wurde und nachdem verschiedene Aktivposten in diesem viel gerühmten Gleichgewichtsbudget versagt haben, wagt man das für die Volkswirtschaft gefährliche Experiment und erhöht diese Umsatzsteuer um 100 %.
Bei der Landwirtschaft war diese Umsatzsteuer seinerzeit pauschaliert worden. Es werden z. B. für Futtergebiete 20 K, für Getreidegebiete 30 K und bei den übrigen Gebieten 40 K pro Hektar eingehoben und nebstdem sind die Einnahmen mit einem Prozent zu versteuern aus der Spezialzucht, wie Schweinezucht, Pferdezucht, aus Fuhrwerk u. dgl. Jene Landwirte, die keine Aufschreibungen ge macht hatten und letzten Endes gezwungen waren, zur Pauschalierung zu greifen, haben bekanntlich um die Hälfte, ja doppelt mehr gezahlt, wie wenn sie Aufschreibungen gemacht hätten. So sehr die Pauschalierung zu begrüßen wäre, der Einfachheit halber und aus steuertechnischen Gründen kann man vernünftiger Weise keinen Gebrauch davon machen. Es wäre höchstens dann der Fall, wenn sie auch mindestens um ein Drittel reduziert werden würde. Die Umsatzsteuer ist deshalb besonders hart und schwer, weil sie wiederholt vielfach, oft zehnmal für ein und dasselbe Produkt entrichtet werden muß. Das ist auch der Fall bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen, z. B. bei Molkereien. Jene Landwirte, die Mitglieder einer Molkereigenossenschaft sind - und diese Molkerei muß für das Produkt, das sie angeliefert bekommt, Umsatzsteuer zahlen - diese Landwirte müssen für die angelieferte Milch noch einmal Umsatzsteuer zahlen, während der Nachbar, der nicht Mitglied einer Mölkereigenossenschaft ist und auch Milch verkauft oder Butter, Käse oder Topfen, nur einmal Umsatzsteuer zahlt.
Die Umsatzsteuer bedeutet auch und das ist die größte Ungerechtigkeit - eine Verteuerung unserer ganzen Produktion und lastet sehr schwer auf der Landwirtschaft. Sie verteuert unseren Konsum horrend. Nicht nur die Landwirtschaft leidet darunter, sondern auch die Gewerbe- und Handeltreibenden. Die Umsatzsteuer belastet aber nicht nur den Handel und die Industrie, sondern auch den ganzen Export. Warum? Diese Umsatzsteuer muß auf den Export draufgeschlagen werden und die Exporteure sind dadurch nicht konkurrenzfähig gegenüber dem Ausland. Die Folge davon ist, daß unsere fabriksmäßigen Betriebe schwer geschädigt werden. Die Fabriksarbeiter werden arbeitslos und so kann die Arbeitslosigkeit nicht abnehmen, sie nimmt im Gegenteil zu. Wenn so weiter gewirtschaftet wird wie bisher, dann wird unser Staat bald ein Produktionsland ohne Produktion sein. Diese Umsatzsteuer ist vor 1 1/2 Jahren geschaffen worden und war nur als Provisorium, als vorübergehende Steuer gedacht. Und trotzdem wird sie jetzt nach kurzer Zeit um das Doppelte erhöht. Es hat den Anschein, als ob Provisorien bei uns eine sehr lange Dauer hätten, vielleicht länger als dieser Staat. Wenn diese 2 %ige Umsatzsteuer Gesetz werden sollte, ist man auf dem besten Wege, unsere Volkswirtschaft zu erdrosseln.
Der Finanzminister hat auch eine Reform der Einkommensteuer vorgelegt. Diese Einkommensteuer wäre noch die einzige ideale Steuer, wenn sie in gerechter Progression nach aufwärts durchgeführt werden würde, anstatt aller übrigen Steuern, weil ein jeder nur nach seinem faktischen Einkommen zu zahlen hätte. Es würde dann die ganze Steuerverwaltung dadurch vereinfacht werden, es würden die Beamten, die zur Eintreibung der vielseitigen Steuern nicht ausreichen, um die Hälfte reduziert werden können, was eine bedeutende Ersparnis für den Staat bedeuten würde. Heute muß bei jeder Einführung neuer Steuern die Zahl der Beamten, Kanzleien und Einrichtungen erhöht werden und die Steuern werden manchmal von den Spesen aufgefressen und für den Staatssäckel bleibt nichts mehr übrig. Die Personaleinkommensteuer hat nur einen Pferdefuß, daß nämlich die Bemessungsgrundlage keine einheitliche ist und die Steuerbeamten ganz willkürlich und rücksichtslos vorgehen können. Die Steuerträger haben zwar das Recht, dagegen zu rekurierren, aber diese Rekurse werden ohne weiteres, oft ohne angesehen zu werden, wenn auch die Begründung noch so gerecht ist und es auf der Hand liegt daß die Vorschreibung ungerecht war, in Bausch und Bogen einfach abgewiesen oder durch 2 bis 3 Jahre nicht erledigt. Die Zusammensetzung der jetzigen Steuerkommissionen ist aber auch eine derartige, daß man nichts besseres zu erwarten hat; Schieber sitzen drinnen, die die Steuer allen anderen vorschreiben. Es wird keine Rücksicht genommen auf Elementarereignisse, wenn irgend ein Unglück in der Wirtschaft passiert, die Steuer wird einfach nach dem Hektarertrag vorgeschrieben und das übrige Einkommen dazu gerechnet. Es heißt immer, wir sollen Bücher führen, aber wenn Buch geführt wird, wenn Aktiven und Passiven genau ausgewiesen werden, findet man keine Berücksichtigung und keinen Glauben.
Der Entwurf des neuen Personaleinkommensteuergesetzes erhöht das steuerfreie Existenzminimum von 4800 auf 6000 Kronen; die Zuschläge sollen bis zu Einkommen von 39.000 um 5 % reduziert werden, während sie in den höheren Stufen mehr anziehen, was vom sozialen Standpunkt aus ganz gerecht ist, wenigstens in dem einen Sinn, daß jene, die mühelos große Gewinne machen ohne ihr Dazutun, entsprechend herangezogen werden. Es wäre nur zu wünschen, daß, nachdem besonders von Seiten des Budgetausschusses eine diesbezügliche Resolution angenommen worden ist, in kürzester Zeit Steuerkommissionen gewählt werden, die dem Rechnung tragen sollen. Jene Kreise und Stände, die heute in den Kommissionen sitzen, kommen bei der Besteuerung am besten weg und die anderen können sich nicht verteidigen.
Zu den Ständen, die eine Erhöhung der Steuer vertragen würden, werden von verschiedenen Volksschichten unter totaler Verkennung der Tatsachen die Landwirte gezählt besonders von der großstädtischen Presse, aber auch von bauernfeindlichen Agitatoren. Die Landwirte werden als diejenigen hingestellt, welche am meisten verdienen, obwohl diese Leute von der Landwirtschaft keinen blauen Dunst verstehen. Sie glauben, der Verdienst komme den Landwirten zugeflogen, wie das Mannah vom Himmel und sie wettern und zetern in der Presse, damit man der Landwirtschaft die größten Lasten aufbürden soll. Ich gebe unumwunden zu, die Landwirtschaft hat sich während des Krieges erholt, weil sie ihre Wirtschaft ausgebeutet und das Inventar nicht nachgeschafft hat. Heute muß sie aber zu den teueren Preisen nachschaffen und steht nun auf demselben Standpunkt, wie vor dem Kriege im Gegenteil, manche Landwirtschaften sind noch schlechter gestellt.
Und trotzdem wagt es, wie man hört, die Regierung und hat die Absicht, obwohl die Zuschläge zu den Grundsteuern erst neulich um 200 % bezw. 400 % erhöht worden sind, sie neuerdings um 200 % zu erhöhen. Dagegen müßte man sich entschieden wehren. Man sieht, daß die Regierung für die Erhaltung des Mittelstandes, für die Erhaltung eines gesunden Bauernstandes absolut kein Verständnis hat und daß dieses Verständnis ihr vollständig abhanden gekommen ist. Ich gebe vollkommen zu, daß manche Konsumentenkreise den Stand der Landwirtschaft als weiß Gott wie rosig be trachten.
Wenn aber in ein bis zwei Jahren etwa der volle Preisabbau einsetzen wird, dann geht bei den hohen Steuern und den hohen Löhnen die Landwirtschaft einer Krise entgegen, wie sie noch nicht dagewesen ist. Besonders die deutschen Landwirte, die kleinen Gebirgsbauern, die immer ihrer Pflicht gegenüber dem Staate nachgekommen sind, die sogar Mengen abgeliefert haben, die das vorgeschriebene Kontingent weit übertrafen, die in der Tat ehrlich waren und nicht mit Wuchergewinnen verkauften, die haben nichts mehr zuzusetzen. Sie sind für ihre Ehrlichkeit in ihrer Existenz untergraben. Besonders hart trifft es die Gebirgsbauern, die viel Waldbesitz haben. Man kann sich gar nicht vorstellen, daß man auch solchen armen Gebirgsbauern mit 10 bis 15 Hektar Waldbesitz die doppelten Zuschläge zur Grundsteuer aufhalsen will. (Posl. dr. E. Feyerfeil: Und das ausgerechnet in den deutschen Gegenden!) Ja, das ist richtig. Die Leute haben ihren Wald vor dem Kriege infolge der schlechten wirtschaftlichen Lage zumeist abholzen müssen, so daß sie gezwungen sind, heute zumeist selbst das Holz zu kaufen, und können infolge ihrer schlechten Lage die heutige gute Konjunktur in den Holzpreisen nicht ausnützen; trotzdem haben sie die vierfache Brotkartensteuer zu bezahlen. Dazu kommt, daß man diesen armen deutschen Bauern, den Leuten, die in einer Zuckerrübengegend wie in der Hanna wohnen, sogar noch die Kunstdüngersteuer auferlegt; die sind gut genug dazu, für die reichen Landwirte zu zahlen. Wenn da nicht bald Remedur geschaffen wird, werden diese die ersten sein, die unter den Hammer kommen, die ersten, deren Hab und Gut exekutiv verkauft wird.
Dasselbe ist auch bei den Handelsund Gewerbetreibenden der Fall. Auch die ringen schwer um ihre Existenz. Besonders unter den jetzigen Preisschwankungen haben sie horrend zu leiden. Namentlich bei den Eingerückten ist das der Fall, die während des Krieges keine Möglichkeit hatten, Rohmaterial einzukaufen, und auch sonst keine Verdienstmöglichkeit besaßen. Nach dem Kriege hätte es Verdienst genug gegeben. Da waren es aber die Zentralen, die keine Rohprodukte ablieferten. So mußten diese Leute sehen, wie die èechischen Kollegen diese Kundschaft weggenommen haben oder wie die Industriebetriebe die Kundschaften an sich gezogen haben. Ein grober Fehler der Regierung war auch die ganze Bekleidungsaktion, die den ganzen Kleingewerbestand auf das schwerste getroffen und geschädigt hat. Heute, wo die Leute Rohprodukte in Hülle und Fülle bekommen könnten, haben sich die Kundschaften verlaufen, sind nicht mehr kaufkräftig und so stehen die Kleingewerbetreibenden ohne jeden Auftrag da, während sie an den Staat Steuern, an die Gemeinde, an das Land Umlagen mehr wie hinreichend zu leisten haben, und sie werden nun durch die neue Umsatzsteuererhöhung wiederum geschädigt.
Meine Herren, man sieht daraus, daß diese Regierung für eine gesunde Mittelstandspolitik eigentlich gar keinen Sinn hat, sie hat dafür gar kein Verständnis, daß ein Staat nur bestehen kann, wenn ein guter, gesunder Mittelstand besteht. Sie ist auf dem besten Wege, durch ihre verfehlte Steuerpolitik den Mittelstand zu vernichten, man sinnt nur immer darauf und zerbricht sich den Kopf, welche neuen Steuern man einführen soll, und alle verschwinden sie in ein bodenloses Faß durch die großen horrenden, unproduktiven Ausgaben, welche der Staat in allen Belangen macht. (Výkøiky: Man hat ja auch die Absicht, eine Ersparungskommission einzuführen!) Eine solche Kommission wäre sehr zu begrüßen, ja sie wäre das einzig Gute, das man noch schaffen könnte. Aber gespart müßte dort werden, wo es am Platze ist. Ich befürchte aber sehr, daß, obwohl wir heute kein Geld zu einem Straßenbau, zu Meliorationen, zu einem Bahnbau haben können, wenn wir kommen, man soll uns eine Subvention geben, es wieder heißen wird: Ja, der Kredit ist schon erschöpft. Und wenn es auch schon im Jänner ist, der Kredit ist schon im Jänner erschöpft. Wenn wir aber schon einmal etwas bekommen, so sind die Subventionen bedeutend niedriger, als verhältnismäßig für die besser situierten èechischen Gegenden. Wenn aber bei uns noch mehr gespart werden soll, dann werden wir uns gegen eine solche Ersparung entschieden zur Wehr setzen. (Posl. Knirsch: In die ganze Debatte hat noch kein Regierungsorgan eingegriffen!) Dazu haben sie keinen Mut! Sollte die Umsatzsteuer ja um 100 % erhöht werden, dann müssen wir fordern, daß von den 40 % dieser Steuer, welche zur Sanierung der Gemeinde-, Bezirks- und Landesfinanzen bestimmt sind, mindestens 20 % davon zur Sanierung der Gemeindefinanzen verwendet werden.
Dieser Staat muß sich von jeder Gewaltpolitik fernhalten, er muß sich von jeder Eroberungspolitik fernhalten, dann wird er es nicht notwendig haben, eine derartige horrend große Armee zu halten, die so groß ist, aber bedeutend mehr kostet, als die Miliz von Amerika, und der kleine Maikäfer, den der èechische Staat gegenüber Amerika darstellt, hätte mit der Hälfte Militär mehr als zu viel. Dadurch könnten gewaltige Ersparungen gemacht werden. Wenn man noch dazu die ganzen Zentralen verschwinden ließe, wenn man die unzähligen èechischen Beamten, die Protektionskinder, die in manchen Kanzleien sitzen, hinausschicken würde, dorthin, wohin sie gehören und wo sie ihren Beruf ausfüllen, den sie gelernt haben, dann würde dort gespart werden, wo es am Platze ist.
Wir finden die neue Steuer ungerecht
und nur geeignet, vollends das deutsche Volk finanziell zu ruinieren.
Deshalb werden wir gegen jede neue Steuer stimmen. (Souhlas
a potlesk na levici.)
Verehrte Versammlung! (Výkøiky.) Ich bin den geehrten Anwesenden sehr dankbar, daß sie um diese mitternächtliche Stunde meinen Ausführungen noch folgen wollen. Allerdings habe ich das Gefühl, wenn schon hier über Steuern philosophiert werden soll, daß es angenehmer wäre, man philosophierte ganz allein, denn zwei, drei Mitwirkende können da wenig dazu beitragen, daß man die Sache wirklich ersprießlich erörtert. Sei dem, wie ihm wolle. Ich habe das Glück, immer um die vierundzwanzigste Stunde hier zu Steuern zu sprechen. Es ist mir das wiederholt passiert. Ich hoffe, daß das eine gute Vorbedeutung für meine Reden in Zukunft sei und für die Ermahnungen, welche an die geehrte Versammlung aus meinen Reden fließen sollen.
Wir gehen daran, eine sehr schwer zu ertragende und offenbar den Konsum schwer belastende Steuer um das Doppelte zu erhöhen, und zwar in einer Zeit, wo wir alle schwer unter der Siedehitze leiden und wo auch der Überdruck und die Siedetemperatur bei der Steuerbelastung bereits das Maximum erreicht hat. Auch die Steuerdemonstrationsversammlungen sowohl auf deutscher wie auf èechischer Seite zeigen es ja sehr deutlich, daß möglicherweise, wenn so weiter verfahren wird, der Kessel auch einmal explodieren und platzen könnte.
Nun sei dem, wie ihm wolle. Soweit sind wir noch nicht. Wir wollen es verhüten und wir streben nach einem Minimum im Wetter oder in den Steuern, wenigstens nach Erleichterungen, und es wird uns gewiß nicht leicht, in dem Augenblick über Steuererhöhungen und speziell Umsatzsteuererhöhungen zu sprechen. Es wird uns auch deshalb nicht leicht, weil ohnedies bereits alle, welche mit der Industrie, Gewerbe, Handel und Landwirtschaft im Zusammenhange stehen, durch die gegenwärtige Steuergesetzgebung auf das schärfste bedrückt sind. Sie wissen ja alle, daß die Steuerrekurse trotz aller schönen Zusagen, welche wir von der Steuerverwaltung erhalten, für 1919 und 1920 noch nicht erledigt sind. Sie wissen, daß, trotzdem die industrielle und gewerbliche Konjunktur bedeutend im Abstieg begriffen ist, die Steuern nach den letzten Vorschreibungen vorgeschrieben werden. Sie wissen weiters, daß die Erwerbsteuer, die früher immerhin ein gewißer fester Pol war in den Erscheinungen Flucht, daß auch die bereits für die Einzelnen unkalkulierbar geworden ist, weil sie vollständig dem Ermessen der Steuerbehörden anheim gegeben worden ist. Und Sie wissen endlich, daß wir bereits die Gesellschaften m. b. H. durch die Steuergesetzgebung an den Rand des Abgrundes gebracht haben. Über diese Dinge wird sich gewiß einmal eine eigene Steuerdebatte hier entwickeln müssen.