Úterý 2. srpna 1921

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 79. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v úterý dne 2. srpna 1921.

1. Øeè posl. Krause (viz str. 912 protokolu):

Geehrte Herren! Die Erhöhung der Umsatzsteuer, wie sie in dem vorliegenden Gesetzentwurfe enthalten ist, wird ganz bestimmt nachteilig auf das Wirtschaftsleben einwirken und in den meisten Fällen zu einer Erhöhung der Preise führen. Wir halten diesen Gesetzentwurf, die Erhöhung der Umsatzsteuer von 1 auf 2 % in der jetzigen Zeit erstens einmal schon deswegen für unangebracht, weil die Regierung unmöglich sich über das finanzielle Erträgnis der bisher 1 %igen Umsatzsteuer klar sein kann, da ja die Bemessung der Umsatzsteuer noch vor sich geht und mit Sicherheit zu erwarten steht, daß die Umsatzsteuer ein viel größeres Ergebnis für den Staat abwerfen wird, als die Regierung annimmt, beziehungsweise glauben machen will. Die Erhöhung der Umsatzsteuer ist aber auch deswegen für den Handels- und Gewerbestand, und nicht minder für die Industrie, von großer, und zwar nachteiliger, Bedeutung, weil diese Steuer infolge der gegenwärtigen Wirtschaftslage in vielen Fällen von dem Erzeuger wird getragen werden müssen, und zwar deswegen, weil sich die wirtschaftliche Lage gegenüber den Vorjahren wesentlich geändert hat. Es ist nicht mehr so wie im Jahre 1919 oder 1920, wo die Waren den Industriellen, den Gewerbetreibenden, den Erzeugern direkt aus der Hand gerissen wurden. Heute steht die wirtschaftliche Lage mehr oder weniger so, daß Angebot und Nachfrage für die Preisbildung maßgebend sind, daß aber auch die außereuropäische Marktlage für die Preisbildung auf dem Inlandsmarkt von ausschlaggebender Bedeutung sein muß.

Als ein Beispiel möchte ich bloß anführen, daß einer meiner Bekannten bei einer Maschinenfabrik eine Bestellung machen wollte und daß er dazu Offerten von einer maßgebenden èechoslovakischen Firma, von einer polnischen Firma, welche diese Maschinen als Spezialität verfertigt, und auch von einer reichsdeutschen Firma einholte. Und nun, meine Herren, hat sich ergeben, daß das Offert der èechoslovakischen Firma für diese Maschine 17.000 Kronen betrug, die polnische Firma würde diese Maschine mit 7000 Kronen, die deutsche Firma dieselbe Maschine in der gleichen Ausführung um den Betrag von 6000 Mark liefern. Ich erwähne diesen Fall bloß deshalb, weil, wenn der betreffende Besteller wirklich unter diesen drei Offerten zu wählen hätte, und beispielsweise lediglich die Höhe der Umsatzsteuer für den Wert der Maschine maßgebend wäre, der Verkäufer ohneweiters, um die Maschine zur Lieferung zu bekommen, die Umsatzsteuer aus eigenem tragen würde. So wie bei diesem Falle, würde sich in vielen ande ren Fällen das Gleiche herausstellen. Wenn das Anbot eben zu groß ist, dann wird der Erzeuger, wenn er die Ware nicht selber behalten will, ohneweiters die Umsatzsteuer aus eigenem tragen müssen. Das muß selbstverständlich zum Untergang gerade dieser Kreise des selbständigen Gewerbestandes führen, und ich begreife eigentlich nicht, warum die Vertreter der èechischen Parteien, die ebenso wie unsere Partei Mittelstandsinteressen zu vertreten haben, den Mut aufbringen, für diese 2 %ige Umsatzsteuer zu stimmen. Wohl hat ein Vertreter der èechischen Gewerbepartei sich gestern gegen diese Umsatzsteuer ausgesprochen. Der nächste Redner aber, der Herr Abgeordnete Slavíèek, ebenfalls ein Vertreter gewerblicher Interessen, hat sich für die Erhöhung dieser Steuer erklärt.

Nun, meine verehrten Anwesenden, steht die Sache doch so: Der Gewerbestand hat sich vielleicht noch niemals in einer derartig ungünstigen Lage befunden, wie gerade jetzt. Ich erwähne die Angelegenheit der Freigabe der Einlagen in der Postsparkassa in Wien. Vor ungefähr 6 Monaten richtete ich in dieser Angelegenheit eine Interpellation an den Herrn Handelsminister. Der Handelsminister gab mir damals in der Beantwortung bekannt, daß eine Regelung dieser Frage bevorstehe, daß die Verhandlungen so weit gediehen sind, daß er eine günstige Lösung dieser Frage versprechen könne, und heute, nach einem Zeitraume von über einem halben Jahre, ist die Frage der Freigabe der Einlagen beim österreichischen Postsparkassenamt immer noch nicht gelöst worden. Wenn ich von der Rückgabe dieser Einlagen spreche, so betrachte ich es als eine Selbstverständlichkeit, daß diese Einlagen nicht in deutschösterreichischer Währung zurückgezahlt werden dürfen, sondern in vollwertiger èechischer Währung.

Wenn wir die Lage des Handels- und Gewerbestandes betrachten, kommen wir noch zu einer zweiten Frage. Es dürfte im allgemeinen bekannt sein, daß vom alten österreichischen Staate noch Heereslieferungen aushaften, das heißt noch nicht bezahlt worden sind, Lieferungen im Werte von ungefähr einer halben Milliarde.

Nun sollte man wohl glauben, und es würde der Moral und Gerechtigkeit eines Staates entsprechen, daß der èechoslovakische Staat, weil er ja die Werte in den verschiedenen Monturdepots für den Staat übernommen hat, auch auf der anderen Seite aus Gerechtigkeits- und Moralgefühl sich herbeilassen würde, die Betreffenden, die noch diese Forderungen an den alten österreichischen Staat haben, zu befriedigen, u. zw. aus dem Grunde, weil er ja auf der anderen Seite die Werte, die in dem Monturdepots waren, ebenfalls in seinen Besitz genommen hat. Anstelle der Befriedigung dieser Gläubiger hat nun die Èechoslovakische Republik eine Liquidierunskommission in Wien eingesetzt. Dieser Liquidierungskommission gehören Parteigänger der größeren èechischen Parteien an, und man hätte wohl mit einer gewissen Sicherheit erwarten können, daß diese Liquidierungskommission ihrer Verpflichtung ganz und voll nachkommen würde. Aber es hat bereits den Anschein, als ob die Liquidierungskommission solange liquidieren wollte, bis die Werte, die betreffenden Güter, aufgebraucht sein werden. Dann wird sich die Liquidierungskommission auflösen und wir werden einen Konkurs der schlechtesten Art vor unseren Augen haben.

Um die Lage der Stände, die durch die Umsatzsteuer betroffen werden, eingehender zu schildern, möchte ich auch auf die Rückgabe der konskribierten Spareinlagen und Gelder hinweisen. Es wäre Pflicht dieser Regierung, den wirtschaftlichen Verhältnissen des Mittelstandes insoweit Rechnung zu tragen, daß die Rückgabe dieser Gelder an die betreffenden Besitzer erfolgt, umso mehr als nach unserem Standpunkt die Konskription zu einem Zeitpunkte erfolgt ist, da wir weder freiwillig noch durch einen Vertrag gezwungen, diesem Staate angehörten. Das alles zusammengenommen wird zu einer Zahlungsunfähigkeit des Mittelstandes führen müssen. Der Mittelstand ist geschädigt durch die Verhältnisse, die ich in gedrängter Kürze anführte, sowie durch die Nichteinlösung der Kriegsanleihe, und Sie werden, wenn Sie diese Angelegenheit objektiv prüfen, gewiß zu der Uberzeugung kommen, daß der Widerstand unserer Bevölkerung, der sich gegen eine neuerliche Belastung des Gewerbes und des Handels richtet, vollständig berechtigt und begreiflich ist. Auch wir deutschen Abgeordneten protestieren gegen die Erhöhung der Umsatzsteuer und wir werden diesen Protest bei der Abstimmung zum Ausdruck zu bringen versuchen.

Aber wir protestieren auch gegen die Art der Verhandlung dieser Vorlage. Es ist entschieden zu verurteilen, daß ein Gesetzentwurf, der derartig belastend auf unsere ganzen Verhältnisse einwirken muß, zwischen Tür und Angel innerhalb weniger Stunden erledigt werden muß, und daß wir zwei Stunden, bevor die Verhandlung im Plenum beginnt, erst die Übersetzung der ganzen Vorlage erhalten.

Wir haben trotzdem in sachlicher Weise verschiedene Abänderungsanträge zu diesem Gesetzentwurf gestellt.

Der erste Abänderungsantrag geht dahin, daß der von städtischen Unternehmungen, von Gas- oder Elektrizitätswerken erzeugte elektrische Strom, bzw. das so erzeugte Gas von der Umsatzsteuer befreit werde. Der Budgetausschuß hat zu diesem Antrag Stellung genommen, er hat aber leider nicht vollständig unserem Wunsche Rechnung getragen, sondern lediglich die Umsatzsteuerbefreiung für jene Strommenge oder den Wert jenes Gases beschlossen, welches für die öffentliche Beleuchtung bestimmt ist und abgegeben wird. Ich verstehe das offengestanden nicht, denn jede Regierung und jeder Staat sollten froh sein, wenn durch die eigene Tatkraft der Bürgerschaft, durch die Tüchtigkeit einer Stadtvertretung eigene Elektrizitäts- oder Gaswerke entstehen, und wenn dadurch die ganze Erzeugung in städtischen Besitz übergeht. Städtische Unternehmungen arbeiten in der Regel ohnedies teuerer. Sie arbeiten deswegen teuerer, weil ihnen von der Regierung verschiedenes vorgeschrieben wird, ferner deswegen, weil die Erwerbsteuer der zweiten Klasse für solche Unternehmungen bedeutend höher ist, als beispielsweise die Erwerbsteuer anderer Erwerbsgruppen. Die städtischen Unternehmungen arbeiten auch deswegen teuerer, weil sie gezwungen sind, das ganze Anlage- und Betriebskapital aufnehmen und dann selbstverständlich verzinsen zu müssen.

Ein zweiter Abänderungsantrag, den wir zu diesem Gesetzentwurf gestellt haben, betrifft die Umsatzsteuerfreiheit für die Hausindustrie. Auch hier hat der Budgetausschuß bloß zum Teile unserem Verlangen Rechnung getragen, indem er beschlossen hat, daß bloß jene Hausindustrie, bzw. der Wert der durch diese erzeugten Gegenstände, umsatzsteuerfrei sein soll, wenn in der betreffenden Hausindustrie die Arbeit lediglich von den Familienangehörigen vollzogen wird. Dagegen sind jene Fälle umsatzsteuerpflichtig, wo fremde Hilfskräfte mitarbeiten. Dieser Beschluß des Budgetausschusses - ich kann es nicht anders auffassen - kann bloß darauf zurückzuführen sein, daß der Begriff der Hausindustrie in den èechischen Kreisen vielleicht viel zu wenig bekannt ist. Die Hausindustrie - und ich habe da selbstverständlich als Vertreter von Nordböhmen die Hausindustrie des Gablonzer und Haidaer wie nicht minder des Schluckenauer und Rumburger Bezirkes im Auge - ist zu 90 bis 95 % eine Exportindustrie. Ich möchte daran erinnern, daß auch im Erzgebirge eine gleich große und tüchtige Hausindustrie besteht, die ebenfalls, vielleicht noch in größerer Zahl ihre Erzeugnisse ins Ausland exportiert. Solche Industrien sollten durch Maßnahmen des Staates, durch Steuern nicht gedrückt werden. Der Staat hat vielmehr die Aufgabe und die Verpflichtung, derartige Exportindustrien zu fördern und es ihnen möglich zu machen, Produkte ins Ausland ausführen zu können.

Die Hausindustrie, wie sie in Nordund Westböhmen besteht - um sie mit wenigen Worten zu schildern - wird nicht ausgeübt in großen Werkstätten, sondern in kleinen Häuschen; ein einfacher und schlichter Arbeiter mit seiner Familie ist es, der diese Ware erzeugt. Ich möchte da an die Glasindustrie in Haida erinnern, wo das fertiggestellte Glas durch die betreffenden Glasofenbesitzer den Exporteuren übergeben wird, die gewissenhafte Kaufleute sind, ich möchte sagen Kaufleute in des Wortes bester Bedeutung. Aus dieser Hand geht das Glas in die Hand des Glasmalers, Glaskuglers u. s. w. und diese Feinarbeiter, die man nicht gut Handwerker, aber ebensowenig Gewerbetreibende nennen kann, geben dem Glas den nötigen Schliff, drücken dem Glas den Stempel ihrer Tüchtigkeit auf; die Glasmaler und Glaskugler, die durch Vererbung vom Vater auf den Sohn durch viele Jahrzehnte sich die nötige Eignung erworben haben, sind es, die dem Glas den Namen geben und die durch eigene Kunstfertigkeit, ihren Kunstfleiß und besondere Tüchtigkeit den Weltruf der nordböhmischen Glasindustrie begründet haben. Ebenso wie bei der Glasindustrie, verhält es sich mit einer zweiten Industrie, die besonders in Rumburg und Schluckenau betrieben wird, es ist dies die sogenannte Sparterieindustrie, eine vielleicht dem Namen nach weniger bekannte Industrie. Sie erzeugt Strohhüte, Mützen verschiedener Formen, aus Auspenholz, das aus Rußland eingeführt wird. Und während der Exporteur lediglich den Verkauf dieser so fertiggestellten Ware besorgt, muß er das betreffende Holz der Heimindustrie übergeben. In dieser Hausindustrie wird das Holz gehobelt, geglättet, im weiteren Verlauf auf Webstühlen zu Geweben verschiedenster Art verarbeitet und nach Fertigstellung in den Handel gebracht.

Das ist, mit wenigen Worten gesagt, die Eigenart der nordböhmischen Heimindustrie, und weil wir die Bedeutung der Heimindustrie voll und ganz einschätzen, weil wir wissen, daß in dieser Heimindustrie Tausende Arbeiter Beschäftigung finden, und weil wir wissen, daß diese Heimindustrie sorgfältig behütet, daß ihr die Exportmöglichkeit gewahrt werden muß, deswegen haben wir den Antrag gestellt, daß die Erzeugnisse dieser Heimindustrie vollständig umlagen- und steuerfrei sein sollen. Der Antrag liegt vor und Sie, meine Herren auf der Seite der Mehrheit, Sie werden sich zu entscheiden haben, ob Sie dieser Industrie die Möglichkeit geben wollen, daß sie exportieren kann. Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie selbstverständlich gegen jede neuerliche Belastung der Heimindustrie und für deren Steuerfreiheit stimmen.

Wenn wir uns den Gesetzentwurf über die Umsatzsteuer weiter betrachten, so fallen uns die außergewöhnlich hohen Strafen auf. Derjenige beispielsweise, der sein Bekenntnis zur Umsatzsteuer nicht rechtzeitig einbringt, der hat einen Zuschlag zur 2 %igen Umsatzsteuer von 5 % zu entrichten. Das ist kein Steuerfiskus mehr, das ist offenbarer Raub, der ganz bestimmt meist an jenen begangen wird, die nicht über die nötigen Kenntnisse und über die nötige Eignung verfügen, die sich nicht der ganzen Tragweite einer Nichteinbringung des Bekenntnisses am richtigen Tage bewußt sind.

Und nun sollen wir deutsche Abgeordnete zwischen Tür und Angel, wie ich schon anfangs sagte, für diese Umsatzsteuer und später für den Zuschlag zur Einkommensteuer eintreten. Da müssen wir uns denn doch die Frage vorlegen, ob wir ein solches Eintreten mit unserem Gewissen verantworten können. Ich sage, jede Steuerbewilligung in einem konstitutionellen Staate ist eine Vertrauensfrage gegenüber der betreffenden Regierung, und weil wir ein Vertrauen zu dieser Regierung nicht haben, können wir schon aus diesem Grunde für die Umsatzsteuer und für die späteren Steuern nicht stimmen. Wir können auch deshalb nicht dafür stimmen, weil wir bisher, wie eigentlich jeden Tag, in diesem Staate immer wieder und auf die verschiedenartigste Weise geknechtet werden. Deutsche Schulen werden uns gesperrt, an deren Stelle èechische gesetzt. In vielen Orten werden èechische Schulen errichtet für 2 oder 3 Kinder. In Deutsch-Gabel zum Beispiel verstehen von den 22 angemeldeten Kindern nur 3 èechisch und trotz alledem mußte eine èechische Schule errichtet werden. Und wie ist man eigentlich bei der Einschreibung in diese Schule vorgegangen? Es kam selbstverständlich eine Kommission aus Prag, die èechische Minderheit war dieser Kommission beigezogen worden, der deutsche Ortsschulrat, der ungefähr eine Bevölkerung vertritt, die mindestens hundertmal so groß ist, hat keine Verständigung erhalten, und nachdem die Einschreibungen eine Stunde gedauert hatten, entfernte sich der betreffende Beamte des Ministeriums für Volksschulwesen. Und nun ereignete sich das Unerhörte, daß dieser Beamte einem jungen Manne von 20 Jahren, dem Sohne eines Vertreters der èechischen Minderheit in Deutsch-Gabel, den Auftrag erteilte, die Einzeichnung in die Schülerliste für die èechische Schule weiter vorzunehmen. Also einem vollständig unverantwortlichen Menschen in jugendlichem Alter wurden die Rechte eines höheren Ministerialbeamten eingeräumt. Und ich möchte darauf hinweisen - weil es notwendig ist, weil es zur Kennzeichnung des ganzen Vorgehens der Regierung gegen uns beiträgt - daß in derselben Stadt, in Deutsch-Gabel, vor ungefähr vier Wochen ein Jubiläumsfest des 50jährigen Bestandes der Bürgerschule stattfand, ein Fest, das in herrlichster Weise verlief, zu dem sich Hunderte Angehörige der Stadt, Hunderte, die diese Schule in diesem halben Jahrhundert besucht hatten, eingefunden hatten. Das Fest wurde auch dadurch verherrlicht, daß die Häuser geschmückt wurden, geschmückt selbstverständlich in deutschen Farben. Und nun fiel es einem einfachen und schlichten Bürger der Stadt ein aus Unkenntnis oder wie immer - aus einem Winkel eine schwarz-gelbe Fahne herauszuholen. Es dauerte nicht lange und es erschienen unter Führung eines èechoslovakischen Oberleutnants zwei èechische Beamte und zwei bis an die Zähne bewaffnete ukrainische Gendarmen, ohne eine Assistenz der Gemeinde einzuholen, ohne die zuständige Gendarmerie mitzunehmen, in der Wohnung des betreffenden Hausbesitzers, entfernten gewaltsam die Fahne, beschimpften den Hausbesitzer und nahmen die Fahne mit sich. Es wurde selbstverständlich wegen dieses Vorgehens beim Bezirksgericht von Seiten des Stadtamtes die Klage wegen Hausfriedensbruches und Raubes eingebracht. (Nepokoj. Výkøiky na levici.)

Místopøedseda inž. Botto (zvoní): Prosím o ticho.

Posl. Kraus (pokraèuje): Die Klage ist selbstverständlich heute noch nicht erledigt, aber, was bezeichnend ist, der betreffende Hausbesitzer wurde zu einer Geldstrafe von 100 Kronen verurteilt, und zwar - es war eine schwarz-gelbe Fahne, meine Herren - wegen Übertretung einer kaiserlichen Verordnung aus dem Jahre 1854. (Veselost na levici.)

Alle Sonntage ereignen sich nun in Deutschböhmen diese èechischen Vorstösse. Wir hatten Gelegenheit, vorigen Sonntag derartige èechische Besuche in Aussig und Böhm. Leipa zu sehen. (Výkøik: Auch in Postelberg!) Jawohl, auch in Postelberg. Die Ereignisse in Aussig wurden bereits gestern durch den Kollegen Patzel geschildert. Auch das Sokolfest in Leipa vorigen Sonntag hat für die Èechen jedenfalls nicht jenen Verlauf genommen, den sie erwartet hatten. Die Stadt war verödet, die deutschen Vereine hatten die Losung ausgegeben, die Stadt zu verlassen. Böhm. Leipa glich einer Totenstadt. Die Fensterläden waren heruntergelassen, die Fenster geschlossen, eine Spalierbildung gab es nicht, und diese unerbetenen Gäste werden wohl in dieser Stadt den Eindruck bekommen haben, wie seinerzeit Napoleon I. im Jahre 1813 bei seinem Einzug in Moskau.

Und nun möchte ich zum Schluß kommen und unseren Standpunkt dahin zum Ausdruck bringen, daß wir aus all diesen Gründen, erstens einmal, weil wir in diesem Staate Tag für Tag unterdrückt sind, weil uns die staatsgrundgesetzlich gewährleisteten Rechte nicht zugestanden werden und auch deshalb, weil diese Vorlage unbedingt eine bedeutende und drückende Last für die erwerbende Bevölkerung ist, weil sie auch gleichzeitig zu einer Verteuerung der Preise führt, daß wir aus all diesen Gründen gegen diesen Gesetzentwurf stimmen. (Potlesk na levici.)

2. Øeè posl. R. Fischera (viz str. 919 protokolu):

Hohes Haus! Wenn wir an die Beratung einer Steuervorlage schreiten, die mit ihrem Ertrage vom Finanzminister mit 1400 Millionen Kronen veranschlagt ist, deren Erträgnis aber si cher weit höher sein wird, so ist es selbstverständlich, daß wir uns zunächst die Frage vorlegen, ob die Finanznot des Staates, die Art der Verwendung seiner Gelder, über die er verfügt, eine solche ist, daß sie diese Steuer rechtfertigt, und ob wir zu den Verwaltern dieser Steuer Vertrauen haben können. Da möchte ich vorausschicken, daß wir als deutsche Sozialdemokraten es grundsätzlich aus diesen Erwägungen heraus ablehnen müssen, dieser Regierung eine derartige Steuersumme zu bewilligen. Seit diese Regierung im Amte ist, hat sie alles unterlassen, um den sozialen Bestrebungen der Arbeiterklasse irgendwie gerecht zu werden. Wir sind heute noch so weit, wie je davon entfernt, an eine Altersversicherung der Arbeiter denken zu können. In der Ernährungswirtschaft sehen wir, daß gerade diese Regierung durch Verordnungen, zu denen sie nicht einmal das Recht hat, versucht, die Lebenshaltung der Arbeiter zu erschweren. Vor allem aber erheben wir gegen diese Regierung den Vorwurf, daß sie es ist, die die nationale Gewalttätigkeit in diesem Staate duldet und protegiert. Es haben sich erst vorigen Sonntag in Außig, hervorgerufen durch ganz unrichtige provokatorische Zeitungsmeldungen der èechischnationalistischen Blätter, Ereignisse abgespielt, die tief bedauerlich sind, unsomehr, als gerade in Außig die Opfer dieser nationalen Exzesse blinde und lahme Krüppel gewesen sind, Leute, von denen also niemand sagen und behaupten wird, daß sie es wären, die provokatorisch gegen die èechischen Gäste, die dorthin gekommen sind, auftraten.

Die Steuergesetzgebung der Èechoslovakischen Republik ist seit ihrem Bestande eine ungeheuer manigfaltige gewesen, so vielseitig und so produktiv, wie wahrscheinlich in keinem zweiten Staate. Es gibt kaum eine direkte oder indirekte Steuer, die nicht schon in der alten Nationalversammlung oder aber in diesem Parlamente umgeändert oder einer Neuordnung unterzogen worden wäre. Dazu ist eine Unmasse neuer Steuern gekom men. Wir haben einen so großen Wust von neuen Steuergesetzen, daß unter seiner Last fast gleichmäßig die Steuerzahler, aber auch ebenso die Leute zusammenbrechen, welche die Steuerverwaltung zu führen haben, welche die Vorschreibungen zu besorgen haben und mit der Einbringung der Steuern betraut sind. Es sind Steuern und Gebühren verordnet worden, die so unsinnig waren, wie zum Beispiel die Vergebührung der Mietverträge, daß die administrative Erledigung und der Papierverbrauch mehr Kosten verursacht haben, als das Steuererträgnis war. Aus diesem Grunde ist ja dann diese Gebühr wieder aufgelassen worden. Wir sehen durch die Uberlastung der Steuerbeamten vor allem anderen eines, darauf hat ei ner meiner Vorredner schon kurz hingewiesen, daß die Beamten überhaupt nicht dazu kommen, die Steuergesetze dieser Republik durchzuführen, weil sie gar nicht die Zeit und auch nicht die Möglichkeit haben, diese Gesetze zu studieren, weil wir gar nicht den Beamtenapparat haben, der im Stande wäre, die Arbeit, die sich so unermeßlich häuft, und deren Durchführung doch ein gewisses Studium erfordert, zu erledigen. Das beeinträchtigt aber ungeheuer den Ertrag der Steuer.

Ich verweise darauf, daß heute gerade die größten Steuerträger immer noch nicht die Vermögensabgabe vorgeschrieben erhalten haben, nach dem Bekenntnis vom 1. März 1919, also von einer Zeit, die fast 2 1/2 Jahre zurück liegt. Seit dieser Zeit sind große Vermögen verloren gegangen, von den Schiebern verspekuliert und auf andere Weise dem staatlichen Zugriff entzogen worden, und es ist so, daß das Ergebnis dieser Vermögensabgabe heute ein weit geringeres sein wird, als damals, weil gleichzeitig auch eine Unmasse Steuergesetze hinzugekommen ist, ohne welche wir die Möglichkeit gehabt hätten, die Erhebungen schneller durchzuführen und die Aufträge zur Bezahlung dieser Steuer rechtzeitig herauszugeben. Aber gerade die Nichteinbringung dieser Steuer hat noch einen ganz besonderen Nachteil. Es sind heute noch nicht nur großen Kapitalsgesellschaften, sondern auch gemeinwirtschaftlichen Unternehmungen aus dem Titel der Bedeckung der Vermögensabgabe ihre Konten gesperrt, bei der Wiener Postsparkasse, bei allen Geldinstituten, bei denen sie damals Geldbeträge erliegen hatten. Ebenso sind bei der Abstempelung der Banknoten große Beträge zu dem gleichen Zwecke, zurückbehalten worden, welche bis jetzt noch nicht verrechnet sind. Wir alle müssen wünschen, weil doch die Entziehung großer Beträge aus der Volkswirtschaft in einer Zeit, wo alle Produkte sich verteuern, in jedem Unternehmen fühlbar wird, dass auch aus diesem Grunde derartige Steuervorlagen rascher durchgeführt werden, als dies jetzt der Fall ist.

An Steuern hat es also nicht gefehlt, und wenn wir den Voranschlag und den Rechenschaftsbericht, den die Regierung für das Vorjahr gegeben hat, betrachten, können wir sehen, daß der Ertrag der Steuern ungeheuer groß gewesen ist. Wie kommt es nun, daß dieser Staat trotz dieser ungeheueren Steuersumme nicht sein Auslangen findet und zu einer neuen Steuer greifen muß, die vor allem anderen die ärmsten Schichten der Bevölkerung unverhältnismäßig schwerer trifft, als die Besitzenden? Da ist zu konstatieren, daß zunächst einmal den Hauptanteil der Staatseinnahmen aus den Steuern der Militarismus dieses Staates verschlingt, der Militarismus, den dieser kapitalistischnationale Gewaltstaat notwendig hat, den wir bekämpfen und dessen Einschränkung wir bei jeder Gelegenheit immer und immer wieder betonen werden. Aber auch in den Zweigen der staatlichen Verwaltung, wie z. B. bei den Eisenbahnen sehen wir, daß die Art der administrativen Verwaltung mit einen Teil der Schuld trägt, daß diese Unternehmungen des Staates selbst unrentabel sind. In allen diesen staatlichen Betrieben ist ein so ungeheuerer Bürokratismus eingenistet, und eine so unsinnige Erledigung der einfachsten Agenden eingeführt, daß dieser viel zu große, ich möchte sagen häufig auch noch die Verwaltung selbst störende Apparat einen ungeheuren Teil der Steuern verschlingt. Wenn z. B. deutsche Firmen, denen irgend etwas auf der Bahn gestohlen worden ist, die Schadensrechnung bei der Bahn deutsch überreichen, dann erhalten sie zwei Erledigungen, jede mit der Hand geschrieben, die eine deutsch und die andere èechisch, und wenn wir uns vorstellen, daß die ganze staatliche Verwaltung nach diesem Prinzip eingerichtet ist, so ist es selbstverständlich, daß die Leute, die in den Ämtern sitzen, Arbeit in Hülle und Fülle haben und sich die Finger wundschreiben können. Es sind dies aber ganz überflüssige Arbeiten, die nur aus der Großmachtstellung, die dieser Staat einnehmen will, und seiner nationalen Stellung, die er behaupten will, entspringen, die aber überflüssig sind und die dahin führen, daß die Unternehmungen dieses Staates unrentabel bleiben. Zu dieser Staatsverwaltung haben wir also kein Vertrauen, und wenn der Staat Geld braucht, so müssen wir schon sagen, er soll doch erst einmal versuchen, es dort zu bekommen, wo es leichter zu bekommen ist, als von armen Taglöhnern, die bei jeder Kleinigkeit, die sie für den Haushalt kaufen, die Umsatzsteuer entrichten müssen. Ein bürgerliches Blatt hat vor kurzem eine Zusammenstellung gebracht, aus der zu ersehen ist, daß es Unternehmungen gibt, die sich sehr gut rentieren. Die 14 Prager Großbanken haben voriges Jahr zusammen einen Reingewinn von 167 Millionen Kronen ausgewiesen. Sie alle, die diese Bilanzierungen der Banken nur halbwegs, flüchtig, studiert haben, wissen, daß das ja nur ein Bruchteil des wirklichen Reingewinnes ist. Denn der Löwenanteil dieses Reingewinnes wird nicht ausgewiesen, er wird verschleiert, abgeschrieben, wird das ga nze Jahr über schon verwendet, um das Unternehmen auszugestalten, und ungeheure Geldmittel werden investiert, ohne daß sie in der Bilanz dieser Unternehmungen zum Vorschein kommen. (Souhlas na levici.) Das Bankkapital also, das jetzt seinen Sieg gegen die Bankbeamten und Angestellten in so unverschämter Weise, so brutal ausnützt und die Leute auf die Knie zwi ngen will, könnte schon von seiten des Staates in ganz anderer Weise zur Steuerleistung herangezogen werden, als dies tatsächlich der Fall ist.

Die Umsatzsteuer - mein Kollege Dietl hat das schon ausgeführt und hat sich dabei auf den Motivenbericht des früheren Finanzministers berufen - ist die ungerechteste aller Steuern, die wir uns denken können, und steigt in ihrer Ungerechtigkeit verhältnismäßig mit der Größe des Steuersatzes; denn es ist ein Unding, daß der Arbeiter oder der Arbeitslose, der auf die Mittel der staatlichen Arbeitslosenunterstützung angewiesen ist, für lebenswichtige Bedarfsartikel dieselbe Steuer entrichten muß, wie der Kriegsgewinner, der in dem Auto vorbeifährt, wo der Arme sich anstellt, um die paar Heller Arbeitslosenunterstützung zu erhalten. (Výkøiky.) Diese Steuer wirkt aber sozial umso ungerechter, weil sie ja nicht nur einmal gezahlt wird, sondern weil gerade die zweiprozentige Steuer, die hier vorgeschlagen wird, und deren Abänderung auf 1 1/2 % wir beantragen, ja so oft gezahlt werden muß, als das Produkt vom Urproduzenten angefangen im Kreislauf von einer Hand zur andern bis zum letzten Käufer, jedesmal mit dieser Steuer neu belastet wird. Die Steuer wirkt also so, daß sie durch den so häufigen Umsatz der Ware, bevor diese in die letzte Hand geleitet wird, den Arbeitern den zehnten oder zwölften Teil ihres Einkommens entzieht.


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP