Pondìlí 19. prosince 1921

Eine ziemlich angeregte Debatte hat sich - worauf ja auch der Herr Referent hingewiesen hat - auch beim Absatz 2 des § 3 ergeben, wo es sich um den Antrag der Kollegin Landa-Štych gehandelt hat, der dahin geht, daß man dem Justizministerium im Einverständnis mit der Advokatenkammer oder umgekehrt das Recht geben soll, einer Advokatin, die infolge Verheiratung mit einem Fremden das Staatsbürgerrecht verliert, zu gestatten, daß sie die Advokatie weiter fortsetze. Meine Damen und Herren! Mit dem Rechtsgedanken, mit der Idee, bin ich vollkommen einverstanden. Aber ich muß denn doch sagen, daß es nicht ganz dem Ernste einer solchen Frage angemessen erscheint, hier gewissermaßen so en passant, bei Beratung eines Spezialgesetzes, eine so grundlegende Frage, deren Konsequenzen nicht ganz abgesehen werden können, zwischen Tür und Angel zu erledigen. Die Frage des Staatsbürgerrechtes ist eine Frage, die erstens einmal nicht nur vom innerstaatlichen Standpunkt, sondern auch vom Standpunkte des internationalen Rechtes beurteilt werden muß, und es muß die Wirkung der Staatsbürgerschaft in jedem einzelnen Falle erwogen werden. Ich habe in diesem seelischen Konflikt zwischen Politiker und Juristen dadurch einen vielleicht etwas bequemen Ausweg gesucht, daß ich mich der Absti mmung enthalten habe. Ich werde hier, nachdem die Formulierung eine solche geworden ist, daß schließlich und endlich nicht ein Anspruch daraus erwachsen ist, sondern die Advokatenkammer als autonome Behörde, wenn auch im Einverständnis mit dem Justizminister - was ich weniger begrüße - die Entscheidung fällen kann, keinen Antrag auf gesonderte Abstimmung stellen, sondern wir werden auch für diesen Antrag stimmen. Aber es ist notwendig, wenn man schon einmal für einen speziellen Fall diesem Rechtsgedanken Eingang verschafft, daß man dies unbedingt auch auf allen benachbarten und gleichgelagerten Gebieten tut. Es ist ausgeschlossen, daß man weiblichen Advokaten eine Sonderstellung gegenüber weiblichen Ärzten, gegenüber weiblichen Lehrern, einräumt, und ich bitte Sie darum, wenn sie das Gesetz in dieser Form annehmen, auch für den Resolutionsantrag zu stimmen, der die Mehrheit des Ausschusses gefunden hat, ich meine den Resolutionsantrag, in dem die Regierung aufgefordert wird, durch entsprechende Vorlagen die Anwendung dieses Rechtsgedankens auch auf andere Berufsgruppen zu sichern. (Potlesk na levici.)

4. Øeè posl. inž. Junga (viz str. 1738 protokolu):

Meine Damen und Herren! Ich habe mich deshalb zum Worte gemeldet, weil Kollege Schälzky und ich im sozialpolitischen Ausschusse zu dieser Vorlage Stellung genommen und dort einen Abänderungsantrag gestellt haben. Er hatte zum Inhalt, daß § 1 dieser Vorlage geändert werde derart, daß die Verlängerung sich nicht bloß bis zum 31. März, sondern bis zum 31. Dezember erstrecken solle. Die Gründe, die uns hauptsächlich zu diesem Antrag bewogen, waren, daß wir uns sagten, daß sich bis zum 31. März die Verhältnisse nicht im geringsten geändert haben werden, daß wir den Optimismus, der so oft in èechischen Kreisen über eine vollständige und durchgreifende Änderung der wirtschaftlichen Lage herrscht, nicht teilen können, und daß wir infolgedessen vor der Tatsache stehen werden, über eine neuerliche Verlängerung des Gesetzes zu beraten. Und da eine derartige Mehrarbeit, wie sie mit den ständigen Verlängerungen verbunden ist, ganz zwecklos ist, waren wir der Ansicht, daß man sofort die Verlängerung bis zum 31. Dezember aussprechen könnte. Nun ist dieser Antrag im Ausschuß abgelehnt worden, obzwar sich auch der heutige Berichterstatter, Kol. Tayerle, in seinen Ausführungen damit beschäftigte, und obzwar auch er Zweifel hegte, ob mit einer Verlängerung bis zum 31. März gedient sei. Man sagte uns im Ausschusse, daß die Regierungsparteien nun einmal untereinander übereingekommen wären, bloß eine Verlängerung bis zum 31. März zuzulassen, und daß ihre Vertreter gebundene Marschroute hätten und davon nicht abgehen könnten. Man hat uns aber doch etwas zugesagt, und das war, daß Fühlung genommen würde mit den èechischen Parteien in der Richtung, daß sie sich mit einer Abänderung dieses § 1 bis zur heutigen Plenarsitzung einverstanden erklären würden. Das ist nun - ich weiß nicht, ob ich recht berichtet bin - nicht geschehen. Wir stehen also heute vor der Tatsache, daß in Wirklichkeit mit dem § 1 in seiner heutigen Form gerechnet werden muß. Ich bin natürlich davon überzeugt, daß wir mit diesem Abänderungsantrag, den wir genau in demselben Wortlaut, wie wir ihn im sozialpolitischen Ausschusse gesstellt haben, auch hier stellen, kein Glück haben werden, und daß es ihm genau so ergehen wird, wie - von belanglosen Ausnahmen abgesehen - allen deutschen Anträgen, die in diesem Hause gestellt werden. Aber wenn wir trotzdem den Antrag einbrachten, und wenn ich dazu das Wort ergreife, so geschieht es, um denn doch auch das herrschende System mit einigen Worten zu kennzeichnen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Buøíval.)

Man mag über Parlamentarismus verschiedener Meinung sein. Eines ist sicher, daß er sehr viel von dem Nimbus, der ihn einst umgab, verloren hat, und daß man sich auch in jenen Staaten, deren parlamentarisches System weit über dem des èechischen Staates steht, ganz ernstlich fragt, ob denn das heutige parlamentarische System wirklich das ist, was man eigentlich von ihm voraussetzte. Aber ganz entschieden ist es richtig, daß das parlamentarische System, wie es in der Èechei üblich isst, unter aller Kritik steht. Man bezweifelt auf der èechischen Seite, daß uns Deutschen die Lust und Liebe zur Mitarbeit fehlt. Man spricht auch davon, daß wir nicht den nötigen E rnst zur Mitarbeit zeigen. Demgegenüber muß aber festgestellt werden, in welcher Art und Weise man mit uns Vertretern der Minderheit in den Ausschüssen und in der Vollsitzung umspringt. Wenn sich die Herren Èechen immer darauf berufen, daß man sie angeblich im österreichischen Reichsrat genau so behandelt hätte, wie sie uns hier behandeln, so muß das zurückgewiesen werden. Das eine hat man ihnen doch wenigstens zugebilligt, daß man im Verkehr mit ihnen, die Umgangsfo rmen, die durch einen gewissen Knigge einmal aufgestellt worden sind, einhielt. Aber uns behandelt man hier im Plenum und noch mehr in den Ausschüssen nach der Art des Versailler Friedensschlusses, um keinen anderen Ausdruck zu gebrauchen. Man behandelt uns als Bettler, die vor der Türe stehen und froh sein müssen, wenn man ihnen einmal einen Knochen zuwirft. Und das ist natürlich für Menschen, die denn doch gewöhnt sind, etwas auf ihren Ruf zu halten, und die von dem Standpunkte ausgehen, daß sie hier Vertreter eines Volkes sind, das auf einer gewissen Kulturhöhe steht, entwürdigend. Gegen das Entwürdigende dieser Behandlung nun, gegen die entwürdigende Form, in der man uns die Mitarbeit nahelegt, müssen wir auf das entschiedenste protestieren. Das eine ist ja sicher - darüber sind wir uns im klaren - daß die Minderheit das eine oder andere Mal niedergestimmt werden kann, aber man tut dies nicht in einer derart verletzenden Form, wie es in diesem Hause geschieht, und vor allem nicht derart, daß man über die Beschwerden, die sie vorbringt, einfach zur Tagesordnung übergeht. Meine geehrten Herren von der Mehrheit, auch Sie müßten sich doch einmal ernstlich die Frage vorlegen, ob das so weitergehen kann. Diese Gewissensfrage ist umso berechtigter im Hinblick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse Mitteleuropas, jene Verhältnisse, die sich infolge des unerhörten Zwangssystems, das seitens der Entente, besonders seitens Frankreichs gegen das Deutsche Reich verfolgt wird, heraus bilden. Die Folgen dieses Systems müssen doch jedem Einsichtigen nach und nach klar werden. Wohin wir steuern, hat in der Debatte zur Regierungserklärung einmal Kollege Støíbrný mit einigen Worten angedeutet, die mir nicht unbeachtenswert schienen. Aber weder er, noch die andern haben daraus Folgerungen gezogen. Kurz und gut, der Optimismus, den Sie bezüglich der Entwicklung der Verhältnisse in ihrem Staate hegen, ist nach unserer Ansicht vollständig unberechtigt und es wäre Ihre erste Aufgabe, mit uns, wenn Sie auf eine sachliche Arbeit von unserer Seite irgendwie Gewicht legen, in anderer Weise zu verkehren. Da angesichts Ihrer Geistesverfassung an eine E inkehr Ihrerseits nicht zu denken ist, so müssen wir uns ernstlich die Frage vorlegen, ob es für uns überhaupt noch einen Zweck hat, die Ausschußsitzungen zu besuchen, und ob es weiters einen Zweck hat, uns mit den Vorlagen zu beschäftigen. Denn schließlich wird ja doch jeder auch noch so ernst gemeinte sachliche Antrag glatt niedergestimmt. (Posl. dr. Srdínko: Vzdy jsme vám teï schválili Kafkovy návrhy!) Schön, aber das war ja doch nur eine Augenauswischerei und sonst nichts weiter. Ich weise darauf hin, daß sich erst vor einigen Tagen hier ein ganz anderes Schauspiel abwickelte, und daß wir auch gelegentlich der Abstimmung über den Staatsvoranschlag andere Dinge sahen. Es dreht sich also vor allem darum, daß wir Vertreter der deutschen Minderheit in diesem Hause zumindest auf die Einhaltung der allernotwendigsten Anstandsregeln von Ihrer Seite Anspruch erheben. (Souhlas a potlesk na levici.)

5. Øeè posl. Hausmanna (viz str. 1739 protokolu):

Meine Damen und Herren! Der Herr Referent der in Verhandlung stehenden Vorlage hat in einigen Worten auf die Unzukömmlichkeiten in dem jetzigen Arbeitslosenunterstützungsgesetz hingewiesen. Wir hätten erwartet, wenn konstatiert werden muß, daß dieses Gesetz unvollständig ist, daß bei der Verlängerung auch sofort alle jene Verbesserungen mit in Verhandlung gezogen würden, die notwendig sind, um das herbeizuführen, worauf die Arbeitslosen schon längst warten. Das soll jedoch heute noch nicht geschehen. Der Referent Kollege Tayerle hat erklärt, daß dies später der Fall sein wird. Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube, ob es jemals dazu kommen wird; denn wenn die Unzukömmlichkeiten, die tatsächlich bestehen, aus der Welt geschafft werden sollen, wäre es doch schon längst durch die Bestimmungen dieses Gesetzes selbst möglich gewesen.

Als nach Schaffung des Gesetzes vom 10. Dezember 1918 in den deutschen Gebieten der Republik die bis dahin auf Rechnung der deutschösterreichischen Regierung ausgezahlte Arbeitslosenunterstützung durch die èechoslovakische Regierung abgelöst wurde, und zwar nach dem zitierten Gesetze, so wurde in diesem Gebiete erklärt, daß dieses von der damaligen Nationalversammlung herausgegebene Gesetz bedeutend besser sei, daß bei dem Anspruch auf Unterstützung die Auslegung des Gesetzes eine bedeutend humanere sein werde, kurzum daß die Arbeiter nach diesem Gesetze bedeutend besser fahren würden als früher. Das ist nun nicht der Fall gewesen. Die deutschen Arbeiter haben damals dieses Gesetz überhaupt nicht gekannt, sie mußten auf diese Versprechungen bauen. Sie haben das Gesetz deshalb nicht gekannt, weil ja die damalige Regierung eine deutsche Gesetzesausgabe noch nicht zuließ. Eines ist aber richtig: Wenn wir das Ergebnis des Kampfes um die Verbesserung der Gesetze über die staatliche Arbeitslosenunterstützung in diesem Staate prüfen, so muß schon gesagt werden, daß das Stammgesetz vom 10. Dezember 1918 nicht das schlechteste war. Das Gesetz hätte bloß ausgebaut und verbessert werden dürfen. Das ist aber nicht geschehen. Man hat es nicht verbessert, man hat es verschlechtert und abgebaut, und alle diejenigen, die etwas in der Praxis mit diesen Dingen zu tun haben, werden zugeben müssen, daß seit dieser Zeit bis heute, bis zu diesem neuen Gesetze, das jetzt verlängert werden soll, so viel Erlässe und so viel Verordnungen herausgegeben wurden, daß sich es ist das hier schon einigemale ausgeführt worden - überhaupt niemand mehr ausgekannt hat. Man sieht in bestimmten Kreisen in der staatlichen Arbeitslosenunterstützung nicht eine Pflicht des Staates, sondern man behandelt die Sache als Gnade für die Arbeitslosen. Andere Teile, die noch weniger ihre Abneigung und ihren Haß gegen die Arbeiterschaft verbergen können, erklären diese gesetzlichen Bestimmungen zur Unterstützung der arbeitslosen Arbeiter als eine Förderung der Arbeitsunlust; es sei deshalb notwendig, soviel als möglich Erschwerungen herbeizuführen. Nach § 1 des Gesetzes vom 10. Dezember 1918 hatten alle Arbeitslosen das Recht auf Unterstützung. Es wurde damals grundsätzlich keine Arbeiterkategorie ausgeschlossen. Das Gesetz kennt auch eine Mitbestimmung darüber, wie über den Anspruch entschieden wird. Es waren dies die damaligen Demobilisierungsausschüsse, die bei den späteren Änderungen des Gesetzes nicht wiedergekehrt sind, und zwar, wie seínerzeit einmal gesagt wurde, deshalb, weil die Demobilisierungsausschüsse in einer ganzen Menge von Bezirken allzu weitherzig gewesen sind; sie haben den Bedürfnissen der Arbeiterschaft zu viel Rechnung getragen, und die Entscheidung darüber, wer die Arbeitslosenunterstützung zu bekommen hat, wurde später ausschließlich einem Beamten der politischen Bezirksverwaltung übergeben. § 3 der Verfügung des Ständigen Ausschusses vom 1. September 1920 gab dem Minister für sozile Fürsorge die Ermächtigung, zu geeigneter Zeit die Arbeitslosenunterstützung auf das im Artikel 4 des Gesetzes vom 12. Februar 1919 festgesetzte Maß herabzusetzen oder unter Umständen ganz einzustellen.

Von dieser Ermächtigung hat das Ministerium sehr reichlichen Gebrauch gemacht, nicht sosehr von der Herabsetzung, als von der gänzlichen Einstellung. Für einzelne Kategorien wurde nach dieser Ermächtigung die Arbeitslosenunterstützung gänzlich eingestellt, für andere teilweise. Jeder, der draußen in den Arbeiterorganisationen zu tun hat, wird wissen, daß das ein ununterbrochener Kampf gewesen ist für jede einzelne Arbeiiterkategorie und in jedem einzelnen Bezirk, um ja die Arbeitslosenunterstützung wieder zu bekommen. Die Auskünfte, die man draußen von den Beamten der politischen Bezirksverwaltungen und auch beim Ministerium für soziale Fürsorge wegen dieser Einstellungen und wegen der Wege bekommen hat, die einzuschlagen sind, um den Arbeitern doch die Unterstützung zukommen zu lassen, haben sich sehr oft widersprochen. Es ist geradezu mit einem gewissen Zynismus sehr oft zum Ausdruck gebracht worden, daß es Absicht ist, die Erreichung der Arbeitslosenunterstützung ja recht sehr zu erschweren, weil dadurch doch eine Summe Geldes für den Staat erspart wird. Das Gesetz vom 12. Februar 1919 hat ja noch eine Menge anderer Verschlechterungen nebst dieser Ermächtigung gebracht. Es wurden damals die bezahlten Sonntage eingestellt, die erwachsenen Familienangehörigen erhielten bloß eine Krone pro Tag.

Tausende wurden damals von der vollen Unterstützung ausgeschaltet. Das neue Gesetz vom 12. August dieses Jahres hat nun bei sehr vielen Arbeitslosen einige Hoffnungen erweckt. Man hat geglaubt, daß nebst der sehr geringen Erhöhung auch die Erreichung der Unterstützung etwas leichter sein wird, als das bis dahin der Fall war. Alle, die das geglaubt hatten, haben sich getäuscht. Als erstes, was diesem Gesetz gefolgt ist, hat das Ministerium eine Verordnung herausgegeben, wodurch eigentlich alles das, was noch eine Hoffnung hervorrufen konnte, daß die Arbeitslosen etwas besser behandelt würden, vollständig wieder zunichte gemacht wurde. In diesem Erlaß vom 19. September d. J. Zl. 19.500 wird die Sache folgende rmaßen eingeleitet: "Nachdem das neue Arbeitslosenunterstützungsgesetz den bisherigen Unterstützungssatz wesentlich erhöht, ist es unausweichlich notwendig, ein um so größeres Augenmerk dem Umstand zu widmen, daß die Arbeitslosenunterstützung nur Personen zuerkannt wird, die einen unzweifelhaften Anspruch auf Unterstützung haben." Ob eine Verschärfung überhaupt noch möglich war, ist kaum zu glauben. Es heißt weiter: " Zu diesem Zwecke ist die Wahrhaftigkeit der von den Parteien bei der Anmeldung gemachten Angaben genau zu überprüfen und durch eingehende Erh ebungen der Vermögensstand des Bewerbes sicherzustellen, wobei der Besitz, die Erwerbs- und Familienverhältnisse zu berücksichtigen sind. Durch zeitweise Kontrolle der unterstützten Personen ist die Überzeugung zu verschaffen, ob die Unterstützten nicht irgendein Nebeneinkommen haben". Aber auch noch weitere Dinge sind vorgekommen, die eine Verschlechterung brachten, und gerade diese durch die Verordnungen besonders noch verschärften und hervorgehobenen Unzukömmlichkeiten sollten unserer Auffassung nach bei der Verlängerung des Gesetzes mit ausgemerzt werden. Es heißt hier beispielsweise, daß auch diejenigen keinen Anspruch auf Unterstützung haben, die nach § 82 der Gewerbeordnung entlassen werden. Wer den § 82 der Gewerbeordnung kennt, wird wissen, daß es da auch Bestimmungen gibt, wo der betreffende Arbeiter ganz schuldlos die Arbeit verlassen muß, weil er zu der Arbeit, die er annahm, schließlich nicht die physische Eignun besitzt; auf Grund dieser Verordnung aber wird er auch derArAbeitslosenunterstützung verlustig werden. Daß diese Verordnung zu § 11 nebenbei wieder hervorhebt und für notwendig hält, daß die Arbeitslosen auf der Gemeindetafel öffentlich bekanntgegeben werden, und daß die politischen Bezirksverwaltungen besonders aufmerksam gemacht werden, immer wieder zu kontrollieren, wer eigentlich die Arbeitslosenunterstützung bekommnt, ist ebenfalls besonders zu erwähnen. In einer anderen Bestimmung heißt es auch, daß die Gelegenheitsarbeit verrichtenden Personen keinen Anspruch auf Unterstützung haben. Das ist etwas Verständliches. Aber der Schlußsatz, in dem es heißt, daß zu diesen Personen in den meisten Gegenden auch die Heimarbeiter der Textilindustrie gehören, ist unverständlich. (Výkøiky posl. Roschera.) Hunderte, ja vielleicht Tausende von Arbeitern werden dem Gelegenheitsarbeiter gleichgestellt, also jenen Arbeitern, die nur ab und zu, vielleicht jede Woche einige Stunden einmal eine Gelegenheitsarbeit verrichten. Es könnte noch eine ganze Menge derartiger Dinge aus der Verordnung zitiert werden.

Daraus ist zu ersehen, was eigentlich aus diesem Gesetz, auf welches die Arbeitslosen doch einige Hoffnungen gesetzt haben, durch das Ministerium für soziale Fürsorge gemacht worden ist. (Posl. Roscher: Die Bezirkshauptmannschaft in Mähr.-Trübau scheidet Kriegswitwen aus dieser Unterstützung aus!) Wenn diese Verordnung von einer Unternehmerorganisation herausgegeben worden wäre, würde sie schließlich verständlich erscheinen, aber auch nur von einer Unternehmerorganisation, die von sehr kurzsichtigen Menschen geleitet wird. Von einem Ministerium für soziale Fürsorge sollte man so etwas nicht erwarten. Im Punkt 8 des § 2 sagt das neue Gesetz, daß Saisonarbeiter grundsätzlich ausgeschieden sind. Das ist eine Verschlechterung des bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes bestandenen Zustandes. Wenn damals unser Klub für dieses Gesetz trotzdem und trotz dieser Bestimmung gestimmt hat, so deshalb, weil wir ve rmeinten, daß das Ministerium für soziale Fürsorge sofort die Initiative ergreifen werde, um die in § 19 des Gesetzes vorgesehene Regierungsverordnung zu erlassen, wie eigentlich diese Saisonarbeiter behandelt werden sollen. Bis heute ist eine derartige Verordnung nicht erschienen. Ob es dann geschehen wird, ob die Versprechungen, die uns der Referent der Vorlage gibt, eingehalten werden, wissen wir nicht. Aber zu sagen ist heute, daß durch das Versäumnis der Regierung, ob das nun absichtlich geschieht oder aus anderen Gründen, Tausenden von Arbeitern die Unterstützung verwehrt wird, die sie bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes tatsächlich erhielten und die deshalb jetzt in bitterer Not sind; und das trifft jetzt nicht mehr bloß die Grenzbezirke, die deutschen Gebiete der Republik, sondern ich weiß ganz genau, daß sich auch die èechischen Organisationen der Saisonarbeiter sehr nachdrücklich an das Ministerium für soziale Fürsorge gewendet haben, endlich dafür zu sorgen, daß die Initiative ergriffen wird, daß die Regierung von der im § 19 vorgesehenen Ermächtigung Gebrauch mache und eine solche Verordnung herausgebe, damit dieses Unrecht gutgemacht werde.

Es wurde bei den Besprechungen, die von verschiedenen unserer Kollegen mit den in Betracht kommenden Ressortbeamten gepflogen wurden, immer hervorgehoben, daß, falls die Saisonarbeiter, insbesondere die des Baugewerbes und die der Baustoffindustrie einbezogen würden, der präliminierte Betrag nicht ausreichen würde. Wenn das nun zutreffen würde, würde damit nur zum Ausdrucke gebracht werden, daß heuer in diesen Berufen die Arbeitslosigkeit eine bedeutend höhere ist als seit 1918 überhaupt. Denn bis zum Inkrafttreten des Gesetzes haben diese Berufe die Arbeitslosenunterstützung bekommen, und es können die bei den erwähnten Besprechungen genannten hohen Ziffern nicht richtig sein. Nach der Statistik über den Stand der Arbeitslosigkeit in der Republik, wie wir ihn ab und zu zu lesen bekommen, hat es ja überhaupt nicht viel Arbeitslose gegeben. In Wirklichkeit gibt es ihrer mehr, aber nach der Statistik des Ministeriums für soziale Fürsorge werden nur die Arbeitslosen angegeben, die man in Evidenz führt, die man unterstützt, nicht aber die Zahl derjenigen, die aus irgendeinem Grunde, weil sie vielleicht zu reich, zu vermögend sind, oder deshalb, weil die Regierung versäumt hat, von der Ermächtigung des § 19 Gebrauch zu machen, die Unterstützung nicht bekommen. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Tomášek.)

Mit dem neuen Gesetze sind auch eine ganze Reihe anderer Hoffnungen zerstört worden. Es heißt im Punkt 1 des § 3, daß diejenigen, welche ununterbrochen durch 6 Monate die Unterstützung bezogen haben, kurzerhand, und zwar fortlaufend auszuscheiden sind. In dieser Verordnung sind sehr genau und fein säuberlich die Daten angegeben, damit sich ja irgendein Beamter der politischen Bezirksverwaltung nicht verrechne, eine hübsch geordnete Tabelle, wann bei diesen oder bei jenen Arbeitslosen die sechs Monate abgelaufen sind. Wir sind auf dem Standpunkt gestanden, daß die sechsmonatige Bezugsfrist erst mit Beginn des Inkrafttretens des neuen Gesetzes in Wirksamkeit treten soll. Das Ministerium ist anderer Auffassung gewesen. Nehmen wir an, die Auffassung des Ministeri ums wäre die richtige gewesen; so müßten viele Arbeitslose ausgeschaltet werden. Da hätte man aber voraussetzen sollen, daß das Ministerium für soziale Fürsorge von der ebenfalls im Gesetze enthaltenen Ermächtigung Gebrauch machen würde, daß die Frist bis zum neuen Jahre verlängert werden kann.

Das Ministerium hat das nicht getan, die Ermächtigung ist nur ausgenützt worden für die Textilarbeiter, bei denen diese Frist auf 9 Monate ausgedehnt wird. Die anderen sind alle ausgeschaltet worden. In jedem Bezirke sind es Hunderte, welche auf Grund der neuen Bestimmung keine Unterstützung mehr bekommen. Es kann eingewendet werden, daß diese Menschen überhaupt nicht mehr arbeiten wollen und die Einrichtung der staatlichen Arbeitslosenunterstützung nur benützen, um ihr sonstiges Nebeneinkommen zu ergänzen und zu vergrößern. Das trifft nun nicht zu. Es gibt eine ganze Menge von Arbeiterberufen, wo die Arbeitslosigkeit schon länger als 6 Monate währt und diese Leute in ihren Berufen ein Unterkommen nicht mehr finden können. Wenn die Wesensfremdheit im Ministerium für soziale Fürsorge nicht so ungeheuer groß wäre, müßte man dort wissen, daß ein Arbeiter nicht so ohne weiteres seinen Beruf, dem er Jahre lang nachgegangen ist, ändern kann und in einen anderen Beruf einzutreten vermag. Das vermag ein junger Arbeiter, bei dem besteht die Möglichkeit, wenn er die nötige Energie und die nötige Arbeitsfreudigkeit aufbringt. Wenn der junge kräftige Arbeiter es nicht tut, kann man gegen ihn vorgehen. Aber hier werden die Ärmsten der Armen getroffen, speziell die Alten.

Nun sagt die Verordnung ganz trocken, das diese Menschen, die von der Arbeitslosenunterstützung nicht erfaßt werden können, der Armenunterstü zung der Gemeinde zuzuweisen sind. Wie das draußen mit der Unterstützung der Gemeinden für die A rmen aussiebt, darüber zu sprechen halte ich nicht für notwendig. Wir hätten erwartet, daß von dieser Ermächtigung besonders Gebrauch gemacht würde, und wenn diese abnormalen Verhältnisse weiter bestehen, daß das Ministerium irgendeinen Ausweg hätte finden müssen, um gerade die Ärmsten dieser Armen nicht der bittersten Not zu überliefern. Es ist nun vom Abgeordneten Jung ein Antrag gestellt worden, der dahin geht, daß die Vorlage bis 31. Dezember, nicht bis 31. März verlängert werden solle. Wir werden nicht für diesen Antrag stimmen, von der Voraussetzung ausgehend, daß nur durch ein neues Gesetz all diese Unzukömmlichkeiten des Bestehenden entfernt werden önnen. (Potlesk na levici.)

6. Øeè posl. Schustera (viz str. 1747 protokolu):

Hohes Haus! Innerhalb einer verhältnismäßig kurzen Frist von wenigen Monaten wird dem Parlamente zum zweitenmal eine Vorlage unterbreitet, auf Grund deren Gesetzwerdung die sehr darniederliegende Bautätigkeit, insbesondere der Wohnhausbau, gefördert werden soll.

Bevor ich mich aber, soweit die bemessene Zeit dies überhaupt gestattet, mit dem sehr umfangreichen Inhalte dieser Vorlage beschäftige, erachte ich es als meine Pflicht, im Namen unserer Fraktion auf das allerschärfste und entschiedenste gegen die Art und Weise zu protestieren, wie die Regierung die Gesetzesvorlagen hier einbringt und in den einzelnen Ausschüssen, wie auch im Plenum des Hauses durchpeitschen läßt. Schon bei der Schaffung des Gesetzes vom 11. März d. J. wurde ein ganz gleicher Vorgang eingehalten. Nach monatelangem Herumstreiten und Feilschen in der "Pìtka" kam die sehr umfangreiche Vorlage in das Parlament und wurde dort innerhalb weniger Tage trotz aller Mängel und Fehler im Eilzugstempo erledigt. Auch diesmal kann man die gleiche Vorgangsweise beobachten. Wieder wochenlanges sich jeder Öffentlichkeit entziehendes Verhandeln im Fünferausschuß der Regierungsparteien und am 15. abends wird die Vorlage, die 9 Hauptstücke mit 64 Paragraphen enthält, den Abgeordneten übermittelt; und schon am nächstfolgenden Vormittag müssen die hiefür in Betracht kommenden Ausschüsse die umfangreiche und eine sehr komplizierte Materie beinhaltende Vorlage raschest behandeln, um dann mit gleicher rasender Eile das Gesetz im Hause selbst zu erledigen.

Bei der außerordentlichen Wichtigkeit dieses Gesetzes in wirtschaftlicher Beziehung, insbesondere aber in der so brennenden Wohnungsfrage, welche die Mitarbeit aller Parteien dieses Hauses erfordert und welche Mitarbeit von der Regierung gefördert werden sollte, wirkt die Behandlungsart der Regierung, die sie dieser Gesetzesvorlage zuteil werden läßt, empörend und beschämend zugleich, fordert zur schärfsten Kritik über das Verhalten der Regierung heraus und bürdet ihr allein Verantwortung und Schuld auf, wenn der Zweck und Inhalt dieses Gesetzes weder erreicht noch erfüllt wird. Wir verwahren uns gegen eine solche, jedem Parlamentarismus und jeder wirklichen Demokratie hohnsprechende Behandlung dieser außerordentlich wichtigen Gesetzesvorlage, was ich hier an dieser Stelle ausdrücklich feststellen will.

Bevor ich mich nun mit der gegenwärtigen Vorlage selbst beschäftige, möchte ich mir einen ganz kurzen Rückblick auf die bisherigen Ergebnisse des derzeitigen Gesetzes gestatten. Es liegt ja zwar ein amtliches statistisches Material noch nicht vor, wir kennen noch keine Zahlen, aber soweit der Umfang der Bauförderung bis jetzt zu beurteilen ist, sind im Ministerium für soziale Fürsorge im Vereine mit dem Arbeitsministerium von den rund 10.000 Bauförderungsansuchen ein knappes Drittel zur Wirklichkeit insofern geworden, als sich diese Bauten im Stadium der Fertigstellung oder des Baues selbst befinden. Diese Bautätigkeit erfaßte zumeist Wohnhäuser allerkleinsten Stils. Ein- und Zweifamilienhäuser, darüber hinaus geht es in den meisten Fällen nicht, und der Kreis der Personen, der von dieser Bauförderung und Wohnungsfürsorge in dieser Richtung erfaßt wird, ist natürlich ein verhältnismäßig sehr begrenzter und hat noch eine Voraussetzung, daß nebst allen ziemlich umfangreichen Erfüllungen der Gesetzespflicht noch eine Bedingung da ist, daß nämlich die Erbauer, seien es nun Privatpersonen oder Genossenschaften, eine be stimmte Summe, und zwar 10 % der Bau summe haben müssen, um auf diese Art zu einer Wohnung, zu einer Behausung zu kommen. Wie ich bereits gesagt habe, wird durch diese Bauförderung nur ein sehr enger Kreis von Personen berührt und nachdem die sonstige private Wohnungs bautätigkeit vollständig ruht, kann wohl ruhig behauptet werden, daß die gegen wärtige Art der Bauförderung nicht ein mal in der Lage ist, die laufenden Woh nungsbedürfnisse zu befriedigen, ge schweige denn, jenes Maß von Elend, das wir in der Wohnungsfrage im gegenwärti gen Moment haben, einigermaßen zu be seitigen. Viele Tausende von Menschen wohnen heute in Räumen, die den Namen Wohnung kaum mehr verdienen. Aber es gibt ihrer noch viele Tausende, die selbst diese um das kärgliche Heim, das sie be sitzen, beneiden, weil sie selbst nicht im stande sind, sich auch nur ein so kärgli ches Heim zu schaffen. Das wichtigste, die Bautätigkeit zu fördern, ist ein Heilmittel, das man schon seit altersher kennt und das ist Geld. Genau so, wie man zum Krieg führen Geld benötigt, gehört natürlich auch zum Bauen Geld. Und wie ist das Geld zu beschaffen? Wie ist diese Frage bisher gelöst worden und wie soll sie wieder gelöst werden? Der kühne Traum der Los anleihe mit der Milliarde hat sich leider nicht erfüllt und wenn wir das gegen wärtige Ergebnis der Losanleihe betrach ten, so finden wir, daß die Summe, die zur wirklichen Bauförderung übrig bleibt, wenn alle Spesen, die die Losanleihe selbst verursacht, weggerechnet werden, nur ein sehr kärgliches Almosen sein wird, das für die Bauförderung als solche übrig bleibt. Welche kühne Hoffnungen man an die Losanleihe geknüpft hat, geht wohl aus dem alten Gesetz, daraus hervor, daß die Regierung von der zu erwartenden Milliarde jährlich 150 Millionen für den Wohnhausbau der Staatsangestellten ver wenden wollte. Die Losanleihe hat bisher ein derartiges Ergebnis gehabt, daß selbst die Staatsbeamten werden einige Jahre warten müssen, bis nur jene Summe zu sammenkommt, die ihre Baubedürfnisse wird befriedigen können. Ein anderes Mittel, mit welchem die Bautätigkeit in materieller Beziehung gefördert werden soll, ist die Garantie, die Haftung, die sogenannte Gutstandleistung der Regierung bei der Gewährung von Baukrediten und Hypothekardarlehen usw. Es haben nun eine ganze Reihe von Bauwerbern, insbesondere Gemeinden den Versuch unternommen, mit Hilfe der sogenannten Gutstandsleistung der Regierung, mit der sogenannten Garantie, sich den notwendigen Baukredit zu schaffen. Was haben sie zumeist gefunden? Verschlossene Türen und zugemachte Kassen. Man hat die Achsein gezuckt und gesagt, der Staat ist uns ein guter Girant, aber wir bedauern sehr, wir besitzen momental nicht das notwendige Geld, um Ihnen die Vorschüsse zum Bauen geben zu können. Das war eine der Hauptursachen gewesen, daß die Bautätigkeit bis zur gegenwärtigen Zeit selbst die bescheidensten Erwartungen, die man an dieses Gesetz geknüpft hat, durchaus nicht erfüllte. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. Hruban.)


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