Hohes Haus! Wir haben in der letzten
Zeit aus dem Munde sehr hochstehender Personen immer wieder den
Ausspruch gehört, daß unsere Republik keinen Militarismus hat.
Auch der Herr Präsident der Republik hat in seiner Neujahrsbotschaft
darauf Bezug genommen; in dieser Botschaft wurde ebenfalls mit
besonderem Nachdruck darauf verwiesen, daß wir keinen Militarismus
haben. Es wird dort ausgeführt, daß der Militarismus jenes System
sei, mit dem die ganze Staatsverwaltung . . . . (Nepokoj.)
Pøedseda (zvoní):
Prosím o klid.
Posl. Uhl (pokraèuje): . . . in militärischem Geiste geleitet wird, wo das Militär ein bevorzugter Stand ist. Die Neujahrsbotschaft führt weiter aus, daß die Erziehung unseres Militärs und die ganze Organisation auf die Heranbildung einer demokratischen Armee hinzielt. So ähnlich äußerte sich auch der Herr Minister für nationale Verteidigung in den Verhandlungen des Budgetausschusses in Dezember. Auch der Herr Minister für nationale Verteidigung hat wiederholt betont, daß wir keinen Militari smus haben. Wir sind allerdings anderer Ansicht und die Tatsache allein, daß wir in diesem Hause immer wieder über die Ansprüche und Bedürfnisse unseres Militarismus reden müssen, zeigt uns schon, daß dieser Ausspruch nicht zutreffen kann, daß wir eben Militarismus haben. Unser Militarismus zeigt sich ja auch schon in der ungeheueren zahlenmäßigen Stärke der Armee, er zeigt sich aber auch in den gewaltigen finanziellen Anforderungen, die er immer und immer wieder an die gesetzgebenden Körperschaften stellt. Wir müssen sagen, daß sich die Angehörigen unseres Militarismus durch gesetzliche Bestimmungen auch von den anderen Staatsbürgern unterscheidenSeine Angehörigen sind genau dieselbe Kaste, wie sie der frühere monarchistische Militarismus gekannt hat.
Auch bei uns ist es so, daß der Militarismus durch eigene gesetzliche Bestimmungen von den anderen staatsbürgerlichen Einrichtungen getrennt wird, sich von diesen unterscheidet. In der Neujahrsbotschaft des Präsidenten wird darauf hingewiesen, daß unser Militarismus demokratisch sein soll. Wir sind anderer Ansicht. Denn wir müssen darauf verweisen, daß man unsere Staatsbürger im Soldatenrock politisch entrechtet, daß man ihnen das Wahlrecht nehmen will, daß man sie eben als Staatsbürger anderer Kategorie, anderer Güte behandelt, als die Zivilbevölkerung. Demokratische Einrichtungen sind in unserer Armee ebenfalls nicht vorhanden. Ich verweise nur darauf, daß wir schon jahrelang eine wirklich demokratische Vertretung des Soldatenstandes fordern, daß die Militärverwaltung aber diesem Wunsche bis heute noch nicht nachgekommen ist. Ein Mitbestimmungsrecht haben die Soldaten überhaupt nicht. Sie müssen genau so wie die Soldaten anderer Armeen all das ruhig hinnehmen, was die Vorgesetzten für gut befinden. Auch der Unterschied zwischen Soldaten und Offizieren tritt in unserer Armee immer krasser zu Tage. Ich verweise nur auf die verschiedenen Befehle, die erlassen wurden, in denen der Mannschaft ein ordentliches Grüßen der ihr übergeordneten Vorgesetzten eingeschärft wird. Wir sehen überall auch im Verkehr zwischen Mannschaft und Offizieren diesen Gegensatz lebendig werden, er bildet sich immer mehr aus. Auch der Drill steht wieder auf. Unser Militarismus wird auch durch die Dienstzeit charakterisiert, die wir haben. Eine zweijährige Dienstzeit ist unserer Ansicht nach eine Einrichtung, die unter allen Umständen beseitigt oder eingeschränkt werden könnte. Daß wir Militarismus haben, wird recht drastisch durch die Ausgaben für die Armee dokumentiert. Mehr als ein Viertel aller staatlichen Ausgaben werden für den Militarismus ausgegeben. Wir haben den Eindruck, daß das Betonen dessen, daß wir keinen Militarismus haben, nur zu dem Zwecke erfolgt, um die Bedenken der eigenen Nation, die doch eine antimilitaristische Tradition hat, gegen Ausbildung und Charakter der eigenen Armee niederzuschlagen.
Der Herr Finanzminister hat bei seinem Antritt das Prinzip des Sparens aufgestellt, gewiß ein schönes Prinzip. Es ist gut, wenn es angewendet wird. Aber gerade dort, wo es am leichtesten anzuwenden wäre, bei unserem Militarismus, vergißt der Herr Finanzminister dieses Prinzips, hier wird es nicht angewendet, hier gilt es nicht. Nun haben wir bei diesem Nachtragsbudget für den Militarismus wieder weit über 200 Millionen Kronen zu bewilligen. Wir haben erst seit ganz kurzer Zeit eine große militärische Aktion hinter uns: die Mobilisierung. Wir haben damals die Bemerkung machen müssen, daß trotz der ungeheuren Mittel, die bereits für die Armee dieses Staates ausgegeben wurden, die durchgeführte Mobilisierung doch ganz eigenartige Tatsachen und Mängel zu Tage gefördert hat. Obwohl der Herr Minister für nationale Verteidigung seiner Zufriedenheit mit dem Verlaufe und der Durchführung der Mobilisierung Ausdruck gegeben hat, läßt sich doch ni cht bestreiten, daß sich gewaltige Mängel ergaben. In den Erklärungen der militärischen Kreise wurde besonders betont, daß unsere Bewaffnung ausgezeichnet ist, ja, daß wir sogar im Ernstfalle imstande wären, an unsere schlechter ausgerüsteten Verbündeten Material abzugeben. Ich kann dies nicht nachprüfen, ich weiß nicht, ob das richtig ist. Wenn es jedoch wahr ist, so ist der Beweis erbracht, daß wir über Gebühr rüsten und daß mit Mitteln für unsere Kriegsrüstung wahrlich nicht gespart wird. Doch jedes Ding hat zwei Seiten, und die Kehrseite der Mobilisierung sieht doch wesentlich anders aus. Ich will nur ganz kurz einige Tatsachen anführen. Wir haben bloß einige Jahrgänge mobilisiert und doch ergab sich schon daraus, daß eine Seite des militärischen Apparates alles zu wünschen übrig ließ. Wenn ein Staat zu einer solchen großen, gewaltigen und bedeutungsvoll en Geste ausholt, so sollte man annehmen, müßten auch alle Vorbedingungen erfüllt sein. Mit Gewehren, Geschützen und Munition allein, mit den Mordwerkzeugen allein läßt sich doch ein Krieg nicht führen. Dazu gehören auch die Menschen. Wie aber für die Menschen gesorgt wird, das ist eine andere Seite der Frage, und hier läßt sich nicht sagen, daß genügend vorgesorgt wurde. Hier kann man nicht behaupten, wie bei der Kriegsrüstung, bei der Beschaffung der Mordwerkzeuge, daß alles in Ordnung wäre, daß alles in genügenden Mengen vorhanden war. Die Verpflegung und Unterkunft unserer mobilisierten Mannschaft ließ alles zu wünschen übrig. Die Unzulänglichkeit besonders der Verpflegung war außerordentlich. Damals bekamen die Leute schon einen Vorgeschmack dessen, wie heute ein wirklicher Krieg, wie es heute im Ernstfall aussehen würde. Die Ausspeisung war nicht geregelt. Tausende von Mobilisierten waren tagelang ohne jede Verpflegung, sie mußten sich auf eigene Kosten außerhalb der Ubikationen verpflegen. Die Kost bei vielen Truppenkörpern war schlecht und unzureichend, die Unterkunftsverhältnisse spotteten jeder Beschreibung, es waren keine Schlafstellen vorhanden, keine Strohsäcke, keine Decken. Man hat wohl in der Mobilisierungsordre die einberufenen Mannschaften aufgefordert, Decken mitzubringen. Es gab aber trotzdem Leute, die nicht in der Lage waren, Decken mitzubringen, die nicht imstande waren, sich Decken zu kaufen. Diese Leute sind ohne die vorgeschriebenen Gegenstände eingerückt und mußten nun auf eigene Kosten tagelang privat übernachten. Viele waren gezwungen, von der Garnison direkt nach Hause zu fahren. Sie verstrickten sich dadurch in den Fängen der Militärjustiz, und jetzt hebt diese an, die Leute zur Verantwortung zu ziehen. Ein bezeichnendes Licht auf unsere Verhältnisse wirft folgendes: Man verlangte bei verschiedenen Truppenkörpern von den Mobilisierten eine Einlage von 20 K für die über die Nacht ausgefolgten Decken. Anstatt daß die Militärverwaltung dafür vorsorgt, daß den Mobilisierten alle notwendigen Behelfe gegeben werden, Strohsäcke, ordentliche Unterkunft, Decken, damit sie sich gegen die Kälte schützen, werden den Leuten noch 20 Kronen abgeknöpft, müssen sie noch Einlagen an die Militärverwaltung zahlen, damit sie nur in die Lage kommen, eine Decke zur Verfügung zu haben, um sich in der Nacht gegen die Kälte schützen zu können.
Wie die Licht- und Schattenseiten
in diesem Staate verteilt sind, zeigt uns dies klar. Während auf
der einen Seite des Hradschin Millionen für Renovierungen und
Verschönerungen der inneren Einrichtung der Burg verausgabt werden,
sind auf der andere Seite, wenige hundert Schritt davon, Hunderte
und Hunderte von Mobilisierten, die nicht einmal eine Decke zur
Verfügung haben und die, um eine Pferdedecke zu bekommen, 20 Kè
Einlage entrichten mußten, die gar kein oder nur ein schlechtes
Essen hatten. Nicht einmal eine elende Pferdedecke hatte der Staat
für seine Soldaten zur Verfügung. In unserer Armee nehmen auch
die Soldatenmißhandlungen wieder schlimme Formen an. (Hluk.)
Pøedseda (zvoní):
Prosím o klid.
Posl. Uhl (pokraèuje): Ich will nicht reden von den bereits in der Armee beganngenen Morden, die wahrscheinlich zur Vertiefung der militärischen Disziplin verübt wurden. Ich muß nur sagen, daß neben dem Drill auch der alte Kasernenton, aber in der schlimmsten Form, in der Armee seinen Einzug hält. Es wird wohl nur in der Staatssprache kommandiert, aber Schimpfworte werden auch übersetzt. Früher hat man unsere Soldaten "Pülcher" genannt, man hat sie mit sonstigen Liebenswürdigkeiten bedacht, heute aber sind sie nur Hunde und Bestien und man hört nur: "Halt die Fresse, ich schieß dich nieder wie einen Hund!" Die Militärjustiz hat jetzt gerade durch die Mobilisierung die Möglichkeit zu zeigen, was sie zu leisten imstande ist. Es wird gegen die anläßlich der Mobilisierung nicht Eingerückten oder verspätet Eingerückten das Strafverfahren eingeleitet. Unser Parteigenosse Jokl hat bereits im Dezember in der Budgetdebabatte darauf hingewiesen, daß die Mobilisierungsordre zu Mißverständnissen Anlaß gibt. Er hat die Militärbehörden ersucht, dieser Tatsache Rechnung zu tragen und Milde walten zu lassen. Selbst die Behörden konnten oft nicht die richtige Auskunft geben. Wir verlangen, daß die Forderung nach einer genauen Prüfung des strafbaren Tatbestandes berücksichtigt werde. Viele Leute, die mit B und C klassifiziert waren, haben geglaubt, daß sie der Mobilisierungsordre nicht folgen müssen. Wir müssen doch in Betracht ziehen, daß bei einem großen Teile unserer Bevölkerung die neuen gesetzlichen Bestimmungen nicht bekannt sind, daß die Bevölkerung noch immer in den alten ehemaligen Bestimmungen verstrickt ist und sich nach diesen richtet. Es ist also genau zu untersuchen, ob bei den Nichteinrückungen Böswilligkeit und Fahrlässigkeit vorliegt. Dieses Ersuchen ist aber bis heute unberücksichtigt geblieben, unsere Militärgerichtshöfe fällen ganz drakonische Urteile mit erschreckenden Strafen; es werden auch ganz Unschuldige davon betroffen: kranke Leute, die nicht einrücken konnten, die aber den Nachweis dafür erbringen, werden trotz alledem bestraft. Wahrscheinlich will man auf diese Art abschreckende Urteile fällen. Unserer Ansicht nach sind sie aber gar nicht am Platze und es wäre gerade hier Milde angebracht.
Im Nachtragsbudget wird auch wieder ein Betrag für die französische Mission angefordert. Über die französische Mission ist bereits viel geredet worden und ich will nur ganz kurz ein Urteil eines èechischen Blattes über die französische Mission anführen. Die "Tribuna" schreibt: "Was die Ausbildung der Mannschaft betrifft, fördert die französische Mission bei uns die einseitigen französischen Dienstvorschriften und nimmt gar nicht Bedacht, daß unsere Offiziere und unsere Mannschaft einer ganz anderen militärischen Überlieferung entstammen. Und die französischen Vorschriften eignen sich auch schon deshalb nicht, weil sie mit einem größeren finanziellen Aufwand rechnen, als sich unsere Republik erlauben kann. So z. B. verlangt die französische Mission beim Artillerieschießen geradezu eine Verschwendung von Munition, wobei ein Schuß für eine 8 cm-Kanone heute ungefähr 650 Kè kostet. Auch ihre Apparate sind weniger gut als unsere optischen Instrumente, die aus den ersten deutschen Werkstätten stammen. Unser Artilleriepersonal ist sehr gut ausgebildet, während die französischen Offiziere nicht immer auf derselben Höhe stehen. Für die Individualität unseres Militärs ist es ein großes Opfer, sich in die französischen Vorschriften einzuarbeiten. So z. B. galt bisher ein Marschtempo von 115 Schritten in der Minute, während die französische Mission 150 Schritte in der Minute verlangt, was für unsere Mannschaft eine Überanstrengung bedeutet, weil sie auf den Stechschritt nicht eingeübt ist." Das ist das Urteil eines èechischen Blattes und es wird gewiß von einem Fachmann herrühren. Ich glaube, es ist sprechend und bezeichnend genug.
Es sind im Budget 10 Millionen Kronen für Pferdeeinkäufe reserviert. Es ist uns in der jüngsten Zeit bekannt geworden, daß die Militärverwaltung durch große Einkäufe von Mehl die Interessen der Agrarier besonders gefördert hat, weil diese allzugroßen Einkäufe in dem Sinne gewirkt haben, daß der Preis der landwi rtschaftlichen Produkte. also der Preis für Getreide und Mehl, künstlich hochgehalten wurde. Ich weiß nicht, aber es ist die Vermutung nicht von der Hand zu weisen, daß es mit den 10 Millionen für den Einkauf von Pferden ebenfalls so ähnlich sein kann, daß dieser Betrag ebenfalls eingestellt wird, um dann in dem Moment hineingeworfen, verwertet zu werden, wo die Möglichkeit der Herabsetzung der Pferdepreise wirklich gegeben wäre. Wir sehen also, daß unsere Militärverwaltung nebenbei auch die Interessen und Wünsche der Agrarier voll berücksichtigt.
Wir glauben, daß unserer Staat keine Ursache hat, sich über die Imperialisten und Kriegshetzer anderer Staaten und Nationen zu entsetzen. Wir wissen, daß unser Militarismus, seine Einrichtungen, sein Bestand und sein Ausbau wesentlich beeinflußt wird auch von der internationalen Lage und von dem Verhältnis unseres Staates zu anderen Staaten. Wir müssen aber sagen, daß heute gerade der französische Militarismus, der französische Imperialismus, der Imperialismus unserer Freunde, es ist, der die Welt nicht zur Ruhe kommen läßt und sie beunruhigt und wir sind trotzdem die treuergebenen Vasallen des französischen Chauvinismus, des französischen Imperialismus. Wir waren bis heute bereit, jeden Wink von drüben zu erfüllen, wir waren tatsächlich nur eine Expositur unserer französischen Freunde. Das Verhältnis eines jeden Militarismus wird zum großen Teile von der auswärtigen Politik bestimmt.
Da muß ich zurückgreifen auf die
Neujahrsbotschaft des Herrn Präsidenten, der erklärte, daß wir
mit allen Staaten in Frieden und Freundschaft leben, daß sogar
das Verhältnis zu Deutschland ein freundschaftliches ist. Allerdings
wurde nachher durch ein Dementi das Wort "freundschaftlich"
in das kalte Wort "korrekt", "unsere Beziehungen
sind korrekt und werden korrekt bleiben", verwandelt. Wenn
wir also eine so günstige politische Situation nach außen haben,
so könnte man ja eigentlich daran denken, unseren Militarismus
abzubauen. Wir haben aber entgegen den Ausführungen des Ministers
für nationale Verteidigung einen Militarismus, der mit in erster
Reihe steht. Wir haben aber auch einen ganz kontrollosen Militarismus.
Das Parlament hat wohl in keinen Zweig der staatlichen Einrichtungen
so wenig Einsicht, wie gerade bei der Einrichtung des Militarismus.
Unsere militärischen Einrichtungen sind der Kontrolle der Öffentlichkeit,
sind auch der Kontrolle des Parlaments entrückt. Wir hören aus
dem Munde des Herrn Außenministers immer wieder, daß die Verhältnisse
in Mitteleuropa als dauernd zu betrachten sind; wir haben mit
einer Anzahl von Nachbarstaaten, die ehedem unsere Feinde waren,
nun freundschaftliche Verhältnisse angebahnt: Es wäre also doch
möglich, ernstlich einmal daran zu gehen, unseren Militarismus
wirklich abzubauen. Dadurch würde das Prinzip des Finanzministers
"Sparen" am besten verwirklicht werden. Wir möchten
wünschen, daß die Militärverwaltung das Versprechen, das sie der
Volksvertretung und den Völkern gegeben hat, den Militarismus
abzubauen, endlich erfüllen würde. Dadurch würde den Völkern dieses
Staates und dem Staate selbst ganz außerordentlich gedient sein.
(Potlesk na levici.)
Hohes Haus! Obwohl die Zeiten tiefernst und schwer sind und das deutsche Volk sich in einer verzweifelten Lage befindet, so glaube ich doch, die Würde des Hauses nicht zu verletzen, die ja oft schon auch durch tumultuöse Szenen angeblich nicht verletzt wurde, wenn ich hier im Eingang meiner Rede eine Anekdote einflechte, die die Finanzwirtschaft dieses Staates in volkstümlicher Weise wohl recht treffend kennzeichnet. Diese Gelegenheit nehme ich auch einmal wahr, um bei meinen èechischen Kollegen jene Nachempfindungen zu erregen, die man hat, wenn man sich in den Bänken befindet und den Redner gar nicht versteht. Darum will ich diese Anekdote, die ich erwähnte, Ihnen in meinem Heimatsdialekt kurz erzählen: "A Baur fährt in d' Stodt. Am Wech versaat er s Troid. San Bou räift nan in Gspaß und Ernst zou: "Vota, da Sog haut a Louch." Ich könnte Ihnen nicht treffender auch Ihre Finanzwirtschaft charakterisieren, als wie mit den Worten: "Auch Ihr Staatssäckel hat ein Loch, und ein so gewaltiges Loch, daß es wohl kaum möglich sein wird, dasselbe zu stopfen." Die Lenker dieses Staatsschiffes, die segeln ruhig auf den Wellen dahin und kümmern sich blutwenig darum, ob das Schiff dem Sinken näher kommt oder nicht. Jene haben, um etwas zu retten, nun eine Ersparungskommission eingesetzt und von dieser Ersparungskommission erhoffte man vielleicht das Heil der ganzen Finanzwirtschaft. Sie hat aber nichts anderes zu tun gehabt, als den fluchwürdigen Beschluß zu fassen, gerade zu Weihnachten Tausende von Beamten- und Lehrerfamilien in den Zustand der Verzweiflung zu treiben. Diese paar Kronen, die die Ersparungskommission hier aus den Familien herausgepreßt hat, sie werden Ihnen keinen Segen bringen, und diejenigen, die diesen nahezu teuflischen Plan ausgeheckt haben, die wird der Fluch vieler Familien treffen. Die Ersparungskommission wird die Verhältnisse in der Republik nicht aufhalten können.
Wir sehen ja, daß Sie mit den
Steuergeldern in der leichtsinnigsten, ja geradezu leichtfertigsten
Weise umgehen, und nun kommt in den letzten Tagen auf einmal eine
sprunghafte Erhöhung unserer Krone dazu. Ich weiß nicht, ob nicht
eigens Leute da draußen herumgehen, um Devisen einzukaufen und
aus Spekulation so wieder eine gewaltige Katastrophe herbeizuführen.
Heute ist es bereits klar, wenn ein solches Treiben fortgesetzt
wird, daß unser Export vollständig unterbunden und die Erzeugung
im eigenen Lande vollständig behindert wird. Die Zahl der Arbeitslosen
wird größer werden und die inneren Verhältnisse in diesem Staate
noch verworrener und verwickelter, als sie bisher gewesen sind.
Es nützt nichts, wenn Ihnen von deutscher Seite Mahnrufe zugehen,
wenn Ihnen von deutscher Seite ein - Memento mori zugerufen wird;
da predigt man hier tauben Ohren. Sie budgetieren hier lustig
weiter fort, an den Staatsvoranschlag schließt sich ein Nachtragsvoranschlag,
Millionen und Millionen werden nur so gehäuft, als wenn sie geradezu
auf der Straße zu finden wären. Von der letzten Dorfgemeinde verlangt
die Behörde in Ausführung der Gesetze, daß sie im Monat November
ihren Gemeindehaushalt durch die Finanzkommission durchberät und
beschließt und der Gemeindevertretung zur Genehmigung vorlegt.
Sie predigen den Kleinen Wasser und die Herrschaften trinken Wein.
Blutwenig kümmert sich die Regierung darum, daß der wichtigste
Teil der Verwaltung, die Finanzgebahrung, im Interesse der Bevölkerung
so geordnet und geregelt werde, daß sie nicht bloß den Gesetzen
zu entsprechen hat. . . (Hluk. Výkøiky posl. Modráèka.)
Pøedseda (zvoní):
Prosím pana kolegu
Modráèka, aby zachoval klid.
Posl. J. Fischer (pokraèuje): . . . sondern daß sie auch mit vollem Ernst und mit Erfassen ihrer Tragweite behandelt werde. - Wir werden es das nächstemal gerade so machen; wenn der Herr Kollege Modráèek spricht, werden wir uns auch unterhalten, eventuell dazu Karten spielen. - Die Gemeinden legen ihren Voranschlag durchberaten vor und was würde der Gemeindevorsteher von seiten der Bezirkskommission hören, wenn er später ohne besondere Begründung noch mit einem großmächtigen Nachtrag kommen würde? Bei der Regierung ist es etwas ganz anderes. Wenn die Summen nicht mehr ausreichen, so wird eben zu einen Nachtragsvoranschlag gegriffen, und es ist bereits soweit gekommen, daß der Nachtragsvoranschlag von den eigenen Leuten der Regierung zur Neuberatung und Neuaufstellung zurückgewiesen werden mußte, womit erwiesen erscheint, in welch leichtsinniger Weise damit umgegangen wird. Dabei sparen Sie gerade am unrechten Fleck. Sie hatten bei Gründung Ihrer Republik behauptet, an Stelle der Majestät der Person die Majestät des Volkes zu setzen und so das demokratische Prinzip zum Ausdruck zu bringen. Nun sehen wir aber, daß hier nicht die Majestät des Volkes regiert, sondern wieder die Majestät gewisser Leute, die sich zusammensetzen, mögen sie nun 5- oder 15gliedrige Pìtka heißen. Die sind es, die das Parlament und die ganze Republik sozusagen bei der Nase herumführen, je nachdem es ihnen paßt. Was für Ausgaben machen Sie z. B. für das Staatsoberhaupt! Dabei haben andere nichts hineinzureden. Ich finde es eigentümlich, wenn man für das Staatsoberhaupt 3 Millionen ausgibt, wenn man auf die Instandhaltung der Residenz auf der Burg 8 Millionen verwendet, wenn man zur Verschönerung des Gutes Lana, an dem ein Fürst Fürstenberg mit seinen Freunden gewiß auch stets seine Freude gefunden hat, 9 Millionen aus Steuergeldern hineinschustert; und wenn man diesen Besitz für 25 Millionen erworben hat, so ist das für den Steuerträger keine Freude, wenn er seine Steuergelder abrackern und abschinden muß und dabei hört, daß allein für einen solchen Posten an 45 Millionen ausgegeben werden.
Auch in den Ministerien wird lustig fortgewirtschaftet. Wenn das Ministerium des Äußern an 3 Millionen braucht, um 265 Gesandtschaften und Konsulate in allen Krähwinkeln der Erde zu erhalten, so könnten auch hier gewiß viele Tausende von Millionen Kronen erspart werden, um das ganze arme Erzgebirge für ein Jahr wenigstens steuerfrei zu machen, wo die Leute nicht mehr wissen, auf welche Art sie die Steuergelder aufbringen sollen.
Noch eine Post ist mir ganz besonders aufgefallen, daß Sie nämlich für die sogenannte Auslandspropaganda - darüber möchte man einmal hinreichend aufgeklärt werden - 50 Millionen Kronen verwenden, allenfalls dazu, um schwarze Kammern zu errichten, wie sie in den deutschen Gegenden existieren, die dazu da sind, um das Briefgeheimnis zu verletzten, Briefe nach Belieben aufzumachen und wenn man nichts Anrüchiges und Hochverräterisches darin findet, sie einfach zu vernichten.
Während die Summe von 50 Millionen für diese Propaganda ausgegeben wird, muß demgegenüber jener Betrag in Vergleich gezogen werden, der für die Bedürfnisse der gesamten Landwirtschaft ausgegeben wird, nämlich die Summe von 59 Millionen. Mit 59 Millionen will man den wichtigsten Stand, den wichtigsten Erwerbszweig in unserer Volkswirtschaft mit seinen Lehr- und Unterrichtsanstalten erhalten, während man auf anderer Seite bei der ganz sinnlosen und nutzlosen Propaganda das Geld geradezu hinauswirft. Wer das veranlaßt, muß sich der Verantwortung für die harten Steuern gar nicht bewußt sein. Wir brauchen unseren Leuten draußen gar keinen Steuerstreik zu predigen. Wir werden es gar nicht notwendig haben, zu einem so!chen Mittel zu greifen, denn wir sind am Ende unserer Steuerkraft angelangt, wir sind nicht mehr in der Lage, den Anforderungen in dieser Hinsicht nachzukommen, und es wird sich in nächster Zeit ganz von selbst einstellen, es wird kein Exekutor imstande sein, um aus den ausgepumpten armen Gegenden das Geld noch aufzubringen. Heute zahlt ein mittlerer Landwirt an Steuern allein das Fünfzehnfache jenes Betrages, den das alte Österreich von ihm forderte; wenn er dem jedoch seine Einnahmen gegenüberstellt, ist zu ersehen, daß er ganz unmöglich das Fünfzehnfache herausrechnen kann. Wo soll da noch die Arbeitslust herkommen, wenn er bloß die Arbeit hat und die anderen den Erfolg derselben? Das verringert die Arbeitslust ganz und gar und auf diese Weise wird sich auch die Produktion nicht heben.
Sie sind in Ihrem Staatshaushalt heute glücklich bei einem Defizit von 8 Milliarden angelangt, aber nahezu die Hälfte davon verschlingt in dieser kleinen Republik das große Heer. Ob eine solche Heeresmacht notwenig ist und wozu wir sie halten, weiß niemand; daß wir diese Riesensummen aber auf andere Weise investieren könnten, ist jedem ruhig denkenden Menschen einleuchtend. Noch unverständlicher ist es aber, welch große Summen Sie für die französische Militärmission verwenden. Ist sie da, um das Heer zu drillen, dann hätten Sie doch die vielen ungerecht entlassenen deutschen Offiziere dazu verwenden können; oder ist sie da, um der Großstadt Prag ein internationales Gepräge @a la Potemkin zu geben? Halten Sie sich die Pariser Herrschaften aus Luxus, dann käme es auch nicht mehr darauf an, einige Hundert Senegalneger und Zulukaffern herkommen zu lassen, damit das Bild noch farbenprächtiger werde.
Diesem Steuersystem, welches die Grundlage der Finanzwirtschaft bildet, fehlt die Moral, die dem Volke das Steuerzahlen auch verständlich machen soll, dem System fehlt der Verstand, sonst könnte man nicht in so unsinniger Weise zu solchen Ausgaben schreiten. Jene Leute, die derart mit den Steuergeldern umgehen, gehören auf die Anklagebank, damit sie sich vor der Öffentlichkeit verantworten, da sie das nicht vor jener Stelle tun, die die gesetzgebende im Staate sein soll. Wenn im Haushalte den Ausgaben von 18 Milliarden nur Einnahmen von 17 Milliarden gegenüberstehen, also ein Milliardendefizit resultiert, möchte ich doch eigentlich wissen, woher Sie die Bedeckung nehmen wollen. Aus der Staatslotterie den Betrag zu gewinnen ist unmöglich; oder bekommen Sie in der nächsten Zeit Kredite oder wollen Sie das System fortsetzen, Scheinbilanzen aufzustellen, um sagen zu können: Wir haben das Soll und Haben im Gleichgewicht? Glauben Sie es mir, man sieht durch die Karten und dieses fortschreitende Defizit wird auch den ernsten Männern dieser Republik zu denken geben. Aber dann kommen Sie nicht auf die Ersparungskommission zurück, sondern vermindern Sie dann Ihren Heeresstand, lassen Sie einen großen Teil Ihrer Gesandtschaften und Botschaften auf, vermindern Sie die unnötigen Auslagen für die Auslandspropaganda, und Sie werden Ausgaben und Einnahmen in Einklang bringen können. Wenn der Minister für nationale Verteidigung die Summe, die die Mobilisierung kostete, genommen und sie dem Finanzminister zur Verfügung gestellt hätte, Sie hätten damit die Kriegsanleihe einlösen können. Welcher Fluch daran haftet, wie viele Existenzen vernichtet wurden, wie viele Selbstmorde begangen werden, lehrt täglich ein Blick in die Zeitung, aber Sie gehen über Leichen hinweg, Sie kümmern sich nicht darum, weil Sie wissen, daß die Kriegsanleihe zumeist in deutschen Händen ist. Aber durch diese Prostituierung der Kriegsanleihe bringen Sie es so weit, daß wir uns für Ihre Anleihen ebenfalls nicht interessieren werden, insolange nicht, als über die Kriegsanleihe kein ernstes und verständnisvolles Wort von Seiten der Regierung fallen wird. Und weil wir die Anleihe nicht zeichnen, werfen Sie uns Illoyalität und Negation des Staates vor. Meine Herren, Sie erhalten von den Deutschen Gut und Blut, was wollen Sie mehr haben? Sollen wir etwa ein Gebet zum Himmel schicken zur Erhaltung der Republik oder soll ich früh beim Aufstehen sagen: "Guten Morgen, Republik?" Hätte man nicht das bißchen Galgenhumor, die Zustände wären rein unerträglich.