Pondìlí 29. kvìtna 1922

Diese Zeichnung der beiden Richtungen in der europäischen Politik ist falsch und gerade das Bestreben, die Dinge nicht beim richtigen Namen zu nennen, zeigt deutlich, wie stark die Abhängigkeit der èechischen Politik von der französischen ist. Der wirkliche Kampf, der zwischen Lloyd George und Poincaré nun schon seit Monaten mit einer in der Geschichte der Diplomatie wohl noch nicht daggewesenen Heftigkeit geführt wird, liegt viel einfacher und bedarf zu seiner Charakterisierung nicht so vieler Worte. Frankreich will die restlos Durchführung der Friedensverträge mit allen ihren Härten gegen Deutschland, nicht trotzdem, sondern weil es weiß, daß Deutschland zur Erfülung nicht die Kraft hat, weil es weiß, daß Deutschland zusammenbrechen muß unter der Last di eser Bedingungen, weil es hofft, daß es nicht nur die bereits besetzten, sondern auch noch weitere zu besetzende Gebiete infolgedessen dauernd wird behalten können, daß ferner auch im Osten Deutschlands in dem Zusammenbruche Deutschlands weitere Gebiete an Polen und an die Èechen verloren gehen sollen und daß dann Frankreich für immerwährende Zeiten von der Gefahr, die ihm von einem wiedererstarkten Deutschland begreiflicherweise droht, befreit ist. England hat aber in den drei Jahren seit Geltung der Friedensverträge einsehen gelernt, daß sie nicht durchführbar sind, daß Europa infolge der Friedensverträge nicht zur. Ruhe und zur Gesundung kommen kann, es braucht aber Deutschland ebenso wie ein ruhiges und gesundes Europa als Vorbedingung für den Wiederaufbau Rußlands, weil es sonst seine ungeheuren Warenmengen nicht absetzen kann und weil es die Ruhe im alten Kontinent benötigt, um seine außereuropäischen Interessen in Ordnung zu bringen. Der Gegensatz zwischen den beiden Richtungen ist nach meiner Ansicht unüberbrückbar, insbesondere nicht überbrückbar durch die sogenannten Formeln, die in tagelanger Arbeit zusammengebraut werden. Poincaré führte in seiner berüchtigsten Rede in Bar-le-Duc aus: "Wenn Deutschland sich widersetze und wenn zur festgesetzten Stunde die Reparationskommission eine schuldhafte Verfehlung Deutschlands feststelle, hätten die Alliierten das Recht und infolgedessen auch die Pflicht, zum Schutze ihrer Interessen Maßnahmen zu ergreifen, von denen es unzweifelhaft wünschenswert wäre, wenn sie nach gemeinsamen Abkommen unter ihnen angenommen und angewendet würden, die aber nach dem Wortlaut des Vertrages nötigenfalls auch von jeder der interessierten Mächte allein unternommen werden können und die Deutschland - dazu habe es sich durch den Vertrag von Versailles verpflichtet - nicht als einen Akt von Feindseligkeit ansehen dürfe. Ich wünsche sehnsüchtig, fuhr Poincaré fort, bei dieser Gelegenheit die Zusammenarbeit aller Alliierten aufrecht zu erhalten. Aber wir werden gegebenenfalls in voller Unabhängigkeit die französische Sache verteidigen und wir werden auch nicht eine einzige der Waffen fallen lassen, die uns der Vertrag in die Hand gegeben hat."

Lloyd George erklärte: "Nur ein Blinder kann sich einbilden, daß durch irgendeine Kombination zwei große Völker, die zwei Drittel von Europa repräsentieren, niedergehalten werden können. Die Völker Europas müssen in guten Beziehungen zu einander stehen. Wenn unser Sieg in Unterdrückung ausartet, werden wir nach dem Gefühle der Menschheit den Sieg, den Gott uns gegeben hat, mißbraucht haben, und die Strafe wird unvermeidlich folgen. Wir müssen gerecht und fair sein. Wir müssen uns in der Stunde des Triumphes beschränken, sonst wird Europa ein Chaos sein, und zwar noch zu Lebseiten von Leuten, die, wie ich, graue Haare haben."

Wenn Lloyd George außerdem gesagt haben soll, - was ich glaube, - auch wenn es dementiert wird, da es so ganz in die Situation und in den Stil dieses Mannes paßt: "Wenn jedoch in Europa ein Zustand unausgesetzter Kämpfe fortgesetzt werden sollte, würde die durch viele Ereignisse der letzten Zeit beun higte öffentliche Meinung Großbritanniens ihre Regierung veranlassen, die Haltung gegenüber seinen Verbündeten einer genauen Prüfung zu unterziehen; England ist mit allen für die Versöhnung, aber mit niemandem für neue Kriege" - so muß man zu der Überzeugung kommen, daß die Entwicklung der Dinge in Europa zu einer Trennung zwischen England und Frankreich führen wird, mögen darüber auch noch Monate oder Jahre vergehen. Wir dürfen nicht ungeduldig sein. Noch nicht 4 Jahre sind seit dem Ende des Weltkrieges vergangen, ein gewiß ziemlich kurzer Zeitraum in der Weltgeschichte, und schon zeigen sich eine Unmenge klaffender Risse in dem Gebäude, das die alliierten und assoziierten Regierungen aufgerichtet haben. Herr Dr. Beneš sagt, daß man von einer Isolierung Frankreichs nicht sprechen könne. In einem gewissen Sinnei hat er wohl recht. Denn die Kleine Entente unter seiner Führung hat sich dem Lande angeschlossen, das auf der striktesten Erfüllung der Friedensverträge besteht, bebegreiflicherweise, weil diese Kleine Entente doch nichts anderes ist, als ein wechselseitiger Versicherungsvertrag, der den einzelnen Mitgliedern den Raub an fremdem Gute gewährleisten soll. Für sie ist ebenso wie für Frankreich die große Angst das treibende Element, die Angst, die zur Mutter das schlechte Gewissen hat. Sonst aber findet Frankreich mit seiner Politik in Europa nicht viel Gegenliebe. In Belgien schreibt der "Peuple", das Organ der sozialistischen Partei, mit Bezug auf die von Frankreich beabsichtigten, von Poincaré angekündigten Sanktionen: "Wer bildet sich ein, daß sich unser Land einer isolierten Aktion anschließen könnte? Wer fühlt nicht, daß man genug hat von jener Politik, die weder Krieg noch Frieden ist, und die seit drei Jahren nur negative Erfolge, dafür aber sichere Übel gezeigt hat?"

Bei der Beurteilung dieser Worte muß man bedenken, daß die Sozialisten mit 66 Mitgliedern nach den Katholiken mit 82 Mitgliedern die zweitstärkste Fraktion in der Kammer bilden und daß bei den Katholiken die Vlamen nicht ohne Einfluß sind. Ich verweise darauf, daß Sölle im "Oeuvre" schreibt: "Poincaré möchte die Franzosen überzeugen, daß eine kleine Polizeimaßnahme im Ruhrgebiete oder anderwärts augenblicklich gefahrlos wäre, da Deutschland nicht das Recht hätte, sie als eine feindselige Handlung zu betrachten. Wenn aber die Deutschen einige Bataillone Senegalneger herankommen sehen, brauchten sie wirklich viel guten Willen, die Sache als freundschaftlichen Akt anzusehen". Sölle nennt den § 17, Anhang 2, zu Abschnitt 8 des Friedensvertrages eine der schönsten Eseleien seiner illustren Verfasser. Daraus sieht man, daß auch in Frankreich nicht alles hinter dem Tigerjungen Poincaré steht. Daß Italien und England nicht mit dieser Politik einverstanden sind, geht daraus hervor, daß die englisch-italienische Richtung der französischen bewußt auch von unserem Ministerpräsidenten entgegengesetzt wird. Lloyd George soll gesagt haben, daß die Stimmung in England es ihm immer schwerer mache, seine Politik mit der Poincarés in Übereinstimmung zu bringen und daß es ihm immer klarer werde, daß der Wiederaufbau Europas sich nicht durch Kompromisse zwischen denen, die ihn wollen, und denen, die ihn nicht wollen, erreichen lasse. So bleibt auf der einen Seite nur Frankreich mit der Kleinen Entente nebst Polen übrig, unterstützt durch Japan im fernen Osten, auf der anderen Seite der übrige Teil der Großmächte, geführt von England und Amerika.

Der eine Block Frankreich - Kleine Entente - Polen, will mit Gewalt Unmögliches erzwingen und in seinem aggressiven Imperialismus womöglich noch neue Eroberungen machen. Deshalb ist er für die Landabrüstung unzugänglich, deshalb unterhält er stehende Heere in einer Größe, wie wir sie vor dem Kriege nie gesehen haben; zusammengehalten durch die gemeinsame Angst vor dem so schwer getroffenen Deutschland, das in einem vierjährigen Ringen der ganzen Welt gezeigt hat, wessen das deutsche Volk fähig ist, stützt er sich auf die Bajonette seiner Armeen, deren Erhaltung und Ausrüstung der Bevölkerung ungeheure Lasten aufbürden.

Die andere Gruppe kommt, nicht aus Liebe zu Deutschland, sondern in Erkenntnis der furchtbaren Folgen eines Zusammenbruches Mitteleuropas, immer mehr zu der Erkenntnis, daß die Friedensverträge das Unglück der Welt bedeuten und daß an ihre Stelle wirkliche Verträge gesetzt werden müssen.

Dieser Staat, der nichts anderes ist, als ein Kind dieser Friedensverträge, hat sich der kriegerischen Richtung angeschlossen und ich gebe darin dem Herrn Ministerpräsidenten Recht, daß er nicht eine englische, keine französische und keine germanophile Politik treibt, sondern und hier muß ich eine kleine Einschränkung machen - eine èechische. Die Slovaken haben mit dieser Politik nichts zu tun. Die Èechen aber haben einmal alles auf die Karte der Friedensverträge gesetzt und stehen und fallen mit ihnen. Wenn man sich zu dieser Erkenntnis durchgerungen hat, dann versteht man nicht nur die èechische Politik, dann wundert man sich auch nicht über deren anscheinende Hirnrissigkeiten, sondern weiß, daß sie wenn sie ihren Staat in den Grenzen, wie er ihnen gegeben wurde, sls èechischen Nationalstaat erhalten wollen, nur eine franzosenfreundliche und deutschfeindliche Politik betreiben können, die nach außen hin in der Unterstützung Frankreichs bei allen iseinen Maßnahmen zur Schwächung und Niederhaltung Deutschlands besteht, im Innern aber als kategorischen Imperativ die Verèechung der deutschen Sprachgebiete, die Unterdrückung und Beraubung des deutschen Volksstammes aufgerichtet hat.

Zu diesen Maßnahmen nach außenhin gehört unzweifelhaft die Teilnahme dieses Staates an den Sanktionen gegen Deutschland, wenn Frankreich hiezu den Befehl gibt. In dieser Frage spielt Herr Dr. Beneš auch kein offenes Spiel. Wir wissen, daß eine der Bemühungen Lloyd Georges dahin ging, einen Friedenspakt zu errichten, demzufolge die einzelnen Staaten sich nicht angreifen sollten. Natürlich wollte Frankreich nichts davon wissen und natürlich hat Herr Dr. Beneš namens der Kleinen Entente Vorschläge gemacht, wornach der Burgfriedenspakt bestehende Verträge mit allen in ihnen vorgekehrten Sanktionen bestätigt. Der Berichterstatter der "Daily News" meldete damals, daß diese von Dr. Beneš in Genua vorgebrachten Amendements von den liberalen Elementen in Genua mit großen Befürchtungen betrachtet wurden. In seiner Rede hat Herr Dr. Beneš die etwas nichtssagende Formel gebraucht, es sei erforderlich, in dem Pakt anzuführen, daß die Voraussetzung aller derartigen internationalen Verpflichtungen ist, daß jeder das Hauptprinzip des internationalen Rechtes, das ist seine Verpflichtungen, zu respektieren und zu wahren habe. Über die Frage der Sanktionen selbst ist er in gewohnter Art hinweggegangen. Die deutsche Öffentlichkeit in diesem Staate und auch die èechische Bevölkerung haben ein tiefgehendes Interesse zu wissen,

1. ob der Herr Ministerpräsident eine militärische Besetzung deutschen Gebietes auf Grund der Bestimmungen des Vertrages von Versailles für gerechtfertigt hält,

2. ob die Èechoslovakische Republik durch irgendein Abkommen verpflichtet sei, sich an etwaigen Zwangsmaßregeln Frankreichs zu beteiligen,

3. ob die èechoslovakische Regierung in dem Falle, als sie nicht durch irgendein Geheimabkommen gebunden ist, etwa über Einladung der besetzenden Hauptmacht Frankreich, sich an solchen Zwangsmaßnahmen durch militärische Besetzung von Gebietsteilen des Deutschen Reiches zu beteiligen beabsichtigt.

Ich bin überzeugt, daß Herr Dr. Beneš mir auf diese Fragen, die ich von dieser Stelle aus an ihn richte, entweder gar keine oder eine ausweichende Antwort geben wird, eine Antwort, die nichts besagt und aus der jeder das herauslesen kann, was ihn freut. Ich we iß aber auch, daß ein Schweigen auf meine Fragen oder eine nicht ganz klare Antwort soviel bedeutet, daß das bekannte und veröffentlichte èechisch-polnische Geheimabkommen tatsächlich besteht und daß der von Herrn Dr. Beneš regierte Staat trotz der Beteuerungen seiner Freundschaft für das Deutsche Reich die Teilnahme an militärischen Zwangsmaßnahmen wenigstens nicht von der Hand zu weisen vermag.

Herr Dr. Beneš hat seine Stellung zum Friedenspakt durch die etwas dunklen Worte klar gelegt, daß es für einen solchen Friedenspakt eine Voraussetzung sei, daß jeder das Hauptprinzip des internationalen Rechtes, das ist seine Verpflichtungen zu respektieren und zu wahren habe. Es drängt sich mir bei dieser Stelle eine Parallele in der Rede Lloyd Georges auf, die dieser in der Schlußsitzung der Konferenz gehalten hat und wo er sagt, daß wir in Westeuropa verschiedene Vorurteile haben: Das erste ist, daß wir in Westeuropa für gelieferte Waren Bezahlung erwarten, das zweite ist, daß wir erwarten, daß geliehenes Geld zurückgezahlt werde, das dritte ist, daß wir jemandem, dem wir berits Geld geliehen haben und der um weiteres bittet, fragen, ob er seine Schulden bezahlen will. Wenn er erwidert: "Nein, es ist mein Grundsatz, nichts zurückzuzahlen", so verbietet es sich für die westliche Denkungsart, diesem Jemand neues Geld zu Ieihen. Europa will helfen, aber Rußland muß bei der Verhandlung den Ehrenkodex anerkennen, der ein jahrhundertealtes Erbteil arbeitsamer und ehrenhafter Menschen ist und den selbst der russische Wirbelsturm nicht entwurzeln kann."

Da möchte ich fragen, ob der Vertreter eines Staates, der diesem wessteuropäischen Ehrenkodex zuwiderhandelt, indem er die Kriegs nleihen noch immer nicht eingelöst, indem er die Rentenkupons noch immer nicht honoriert und die Forderungen der Industrie an das Ärar für Militärlieferungen aus der Kriegszeit noch immer nicht bezahlt hat, obwohl er die Aktiven Österreichs mit einer großartigen Handbewegung eingesteckt hat, da möchte ich fragen, ob der Vertreter eines solchen Staates das sittliche Recht hat, anderen Staaten und insbesondere Deutschland gegenüber, das sich mit allen Kräften bemüht hat, die übernommenen Verpflichtungen auch zu erfüllen, sich auf das hohe Roß zu setzen, und von ihm die Einhaltung seiner internationalen Verpflichtungen zu verlangen, widrigenfalls es aus dem Friedenspakt ausgeschlossen werden soll.

Zusammenfassend wird vom Herrn Ministerpräsidenten die zukünftige Außenpolitik damit umschrieben, daß er sagt, sie habe an dem Verhältnis zu Frankreich, England oder Italien, zu Deutschland oder Rußland nichts zu ändern. In ihrer bisherigen Linie zu allen Staaten wird sie fortfahren, aber auf alle möglichen Ereignisse wird sie in jeder Richtung vorbereitet sein. Diese sicher recht dunklen Worte wurden von der Mehrheit des Hauses durch Bravorufe unterstrichen. Die Stelle selbst kann man sich, da Frankreich und England doch nicht mehr so zusammengehen und die Gefahr einer Sonderaktion Frankreichs in der Frage der Zwangsmaßnahme gegen Deutschland besteht, nur so auslegen, daß die èechische Politik auch weiterhin in der Zusammenarbeit mit Frankreich ihre Hauptaufgabe erblickt und auf alles, eventuell auch auf ein gemeinsames Vorgehen mit Frankreich gegen das widerspenstige Deutschland, das sich durch Nichterfüllung seiner internationalen Verpflichtungen außerhalb des Friedenspaktes stellt, vorbereitet ist.

Ähnlich wie bezüglich der Außenpolitik soll auch im Innern der bisherige Kurs voll beibehalten werden. Wenn Herr Dr. Beneš sagt: "Die Tradition unseres Volkes war stets der Demokratismus und der politische und soziale Fortschritt. Wir werden uns diese Tradition bewahren", weiters "In unserem Vorgehen blieben wir der Linie unserer bisherigen Politik durchaus treu, wir weichen auch nicht im geringsten von ihr ab und ich betone wiederum, daß unsere Taktik auch in Zukunft die gleiche bleiben wird", wenn er andererseits anführt: "Ebenso ist es unser Interesse, daß die nationalen Minderheiten in den einzelnen Staaten jenes Maß von Freiheit erreichen, welches mit den Staatsinteressen vereinbar ist", wenn er aber in derselben Rede, förmlich in einem Atem sich dagegen verwahrt, daß die Schlagworte der Fortschrittlichkeit und Demokratie zur Anzettelung neuer Konflikte in Europa und zur Zertrümmerung der Grundlagen dieses Staates nicht mißbraucht werden dürfen, wenn er der Gruppe England-Italien den Vorwurf macht, daß sie um die Rehcte und den Schutz der Minderheiten sich kümmert und dadurch eine unfreundliche Haltung gegen diese kleinen Staaten zeigt, so können wir aus all diesen Worten den einzig richtigen Schluß ziehen, daß es in diesem Staate bleibt, wie es bisher war.

Das Aushängeschild "Demokratie und Fortschritt" wird nach wie vor an der prunkenden Fassade des Hauses prangen, das sich die Èechen unter Mißachtung des Rechtes auf Selbstbestimmung der anderen Nationen errichtet haben. Im Innern aber geht der rücksichtslose, brutale Kampf gegen das Deutschtum in diesem Staate weiter. Auch weiterhin wird man uns unsere Schulen stehlen, die wir uns aus unseren Mitteln erbaut haben, der Vernichtungskrieg gegen die deutsche Wirtschaft, gegen deutschen Handel, Gewerbe und Industrie, mimt allen, einer Staatsverwaltung zu Gebote stehenden Mitteln wird weiterdauern, unsere deutschen Beamten sollen nach und nach von ihren Posten verjagt werden, unsere deutschen Offiziere und Unteroffiziere die man ohne Angabe von Gründen aus ihrem Lebensberufe herausgerissen und mit einer schmählichen Pension, die zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel ist, auf die Straße gesetzt hat, werden auch in Zukunft ihr gutes Recht nicht finden, sondern weiterhungern und weitere Erbitterung gegen den Staat in ihrem Herzen ansammeln, deutscher Boden wird enteignet und èechischen Legionären überantwortet werden und die herrlichen deutschen Grenzwälder wird der Staat um ein Spottgeld an sich ziehen, um die Forstbetriebe zu èechisieren und alle mit dem Forstbetrieb im Zusammenhang stehenden Industrien und Arbeiter in seine Abhängigkeit zu bringen; als Krönung des Ganzen wird auch weiterhin dieses Haus als willfährige Gesetzgebungs-Maschine unter dem Drucke einer Geschäftsordnung arbeiten, die ein Hohn auf die von Ihnen so oft im Munde geführten Schlagworte "Demokratie und Fortschritt" sind.

Wir aber, die wir unseren Blick weiterschweifen lassen als bis zu den rot-weißen Grenzpfählen, können, so ungeheuer schmerzlich uns jeder einzelne Verlust drückt, doch mit Ruhe der Zukunft unseres Volkes entgegensehen. Die 3 1/2 Millionen Deutsche sind nicht auf sich selbst gestellt, ihr Schicksal ist untrennbar verbunden mit dem Schicksal nicht dieses Staates - sondern mit dem Schicksal des 80 Millionen-Volkes, das in Mitteleuropa seine zusammenhängenden Siedlungsgebiete hat. Wir tragen die feste und heilige Überzeugung in uns, daß das deutsche Volk als solches trotz Frankreich und der Kleinen Entente nicht zu Grunde gehen, sondern wieder einen Aufstieg erleben wird. Dann kommt unsere Schicksalsstunde und auch die Ihres Staates. Sie wird ausfallen, je nachdem er sich zur deutschen Frage gestellt hat.

So wenig maßgebend Ihre ganze große und kleine Politik für die zukünftige Gestaltung des deutschen Volkes sein wird, so empfinden wir die Not des Tages doch mit dem ganzen Herzen, das jedes Unrecht, welches man uns hier in diesem Staate antut, fühlt und der Erinnnnerung einverleibt. Ich warne Sie in Ihrem Interesse, auf dem bisher beschrittenen Wege weiterzuwandeln. Ich möchte auf eine Stelle in Dostojewskis Buch "Memoiren aus einem Totenhaus" anknüpfen, wo er schreibt, daß in den sibirischen Gefängnissen manchmalSträflinge, die sich jahrelang mustergültig verhalten haben, urplötzlich, als wäre der Teufel in sie gefahren, ganz aus dem Häuschen geraten, die furchtbarsten Torheiten und Tollheiten, ja sogar auch manchmal Kapitalverbrechen begehen. Nach Dostojewski handelt es sich hiebei um nichts weiter, als um eine aus tiefinnerstem Gram entspringende Manifestation der Persönlichkeit, instinktive Sehnsucht nach sich selbst, um ein plötzlich aufsteigenden Drang, sein unter drücktes Ich zum Worte kommen zu lasen. So mag vielleicht, meint Dostojewski, ein lebendig Begrabener, der in seinem Sarge erwacht, gegen den Sargdeckel pochen und ihn zu sprengen versuchen, obschon die nüchterne Überlegung ihm sagen muß, daß alle seine Anstrengungen nutzlos sind.

Auch wir sind hier in einem Gefängnisse, auch unser Volk verhält sich seit Jahren mustergültig, zahlt Steuern, rückt zum Militär ein, kurz es erfüllt seine staatsbürgerlichen Pflichten, denen keine Rechte gegenüberstehen. Vielleicht wird es, wenn Sie, wie Ihr Herr Ministerpräsident in seiner Genua-Rede ausgeführt hat, in dem bisherigen Kurse fortfahren, den Tag, an dem die geschichtliche Entwicklung ihm seine Freiheit bringt, doch nicht abwarten, sondern aus dem Drange heraus, sein unterdrücktes Ich zum Worte kommen zu lassen, zu einem derartigen Verzweiflungsausbruche sich aufschwingen und gegen den Sargdeckel mit einer Kraft pochen, daß er in Trümmer geht. (Souhlas a potlesk na levici.)

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