Pátek 16. èervna 1922

Wir haben uns erlaubt, Anträge einzubringen. Wir sind gegen die Erhöhung der Steuer. Es würde unserer ganzen Vergangenheit widersprechen, wenn wir die Zustimmung dazu geben würden. Wir können und dürfen sie nicht geben. Wir beantragen daher, den Absatz 1, durch welchen der Staatsverwaltung, respektive Finanzverwaltung das Recht gegeben wird, einen Zuschlag von 16 Kronen einzuheben, zu streichen. Ferner beantragen wir, daß für den Industriezucker wie bisher nur der Zuschlag von 6 Kè eingehoben wird. Diese Anträge sind vollkommen gerechtfertigt. Wir bitten Sie, mit Berufung auf Ihre Vergangenheit, auf Ihre Stellung, die Sie bisher immer zur Zuckersteuer eingenommen haben, diese Anträge anzunehmen und das Attentat von der Bevölkerung abzuwehren. (Souhlas na levici.)

4. Øeè posl. dr. Kafky (viz str. 940 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Ich habe nicht die Absicht, zu diesem Gesetzentwurf, welcher den Ausgleich von Forderungen und Verpflichtungen behandelt, die in österreichisch-ungarischen Kronen entstanden sind, und an denen im Obligationsverhältnis entweder Gläubiger oder Schuldner èechoslovakischer Staatsbürgerschaft beteiligt sind, länger zu sprechen, ich mö chte mich vielmehr vor allen Dingen auf zwei grundsätzliche Bemerkungen zu diesem Gesetzentwurf beschränken.

Vor allem möchte ich darauf hinweisen, daß dieser Gesetzentwurf in einem gewissen Zusammenhang steht mit dem Entwurf, der als nächster Gegenstand auf der Tagesordnung steht, der sich auf den Ausgleich von Rechtsansprüchen und Verbindlichkeiten èechoslovakischer Staatsbürger gegen Fremde, soweit diese Rechte und Verpflichtungen vor dem 28. Oktober 1918 entstanden sind und auf eine andere Währung als Kronen lauten, bezieht. Diese beiden Gesetzentwürfe sind Gesetze von sehr starkem, wirtschaftspolitischem Einschlag, sie enthalten außerordentlich tiefgehende Eingriffe in das Eigentumsrecht und in die Freiheit der Verfügung des Gläubigers über sein Vermögen und es wäre daher zweifellos berechtigt gewesen, zu verlangen, daß den Abgeordneten die Möglichkeit geboten werde, sich eingehender mit dieser Materie zu beschäftigen. Statt dessen haben wir gerade bei diesen wirtschaftspolitisch wichtigen Vorlagen die Beobachtung machen müssen, daß, wie das schon wiederholt der Fall war, auch diesmal knapp vor der Beratung der Druck verteilt worden ist, sodaß es einfach unmöglich war, sich mit der Vorlage entsprechend zu beschäftigen. Ich muß gegen dieses Vorgehen, das gewiß einer entsprechenden parlamentarischen Behandlung absolut nicht zuträglich ist, entschieden Verwahrung einlegen.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch noch auf einen anderen Umstand aufmerksam machen und möchte darauf hinweisen, daß in diesen beiden Gesetzentwürfen schwerwiegendste privatrechtliche Fragen zur Lösung kommen und daß Institutionen geschaffen werden, welche mit dem geltenden Privatrecht, ich will nicht sagen, unverträglich sind, aber zweifellos sehr starke Eingriffe in das geltende Privatrecht beinhalten. Und da muß ich denn doch die Frage aufwerfen, warum es unterlassen wurde, neben dem Budgetausschuß, der ja vom finanzwirtschaftlichen Gesichtspunkt aus selbstverständlich in erster Linie berufen ist, auch den verfassungsrechtlichen Ausschuß mit diesen Vorlagen zu beschäftigen. Ich will hier nicht eingehen auf die Frage, ob vom finanzwirtschaftlichen und vom wirtschaftspolitischen Standpunkt dieVorlagen überhaupt zu rechtfertigen sind oder nicht, aber das eine muß hier festgestellt werden, daß es ein sehr gefährliches Präjudiz ist, derartige Vorlagen, die in sehr weitgehendem Maße privatrechtliche Fragen aufrollen, und zur Entscheidung bringen, so zu behandeln, daß der verfassungsrechtliche Ausschuß nicht die Möglichkeit hat, zu diesen Fragen Stellung zu nehmen. Ich bin überzeugt, daß sich irgendwelche Formen gefunden hätten, welche juristisch annehmbarer wären als jene, die uns heute geboten werden. Ich stelle daher sowohl zu diesem Gesetzentwurf, als auch zu dem späteren den Antrag auf Rückverweisung an den verfassungsrechtlichen Ausschuß zur Beratung und Beschlußfassung mit der Pflicht zur Berichterstattung an das Haus binnen drei Tagen. Da ich aberderAnsicht bin und leider durch die Äußerungen des Herrn Referenten die Ansicht haben muß, daß er sich gegen meinen Rückverweisungsantrag aussprechen wird, bin ich genötigt, wenigstens soweit es mir bei der raschen Behandlung der Vorlagen möglich war, gewisse Änderungen vorzuschlagen. Ich schlage insbesondere zum § 6 des Entwurfes einen Zusatz vor, der besagt, daß bei der Konskription auch jene Umstände kurz anzugeben sind, welche für die Frage des Aufrechtbestandes und der Liquidität der einzelnen Forderungen und Verbindlichkeiten relevant sind. Ich glaube, das ist ein Zusatz, welcher es ermöglicht, doch zu prüfen, um wasfür Forderung es sich im einzelnen handelt, und welcher es gestattet, die Rechtsverhältnisse mit Klarheit in der Konskription festzustellen, was bei der bisherigen Fassung des Gesetzes nicht möglich wäre. Ich stelle weiters zwei Resolutionsanträge, von welchen der eine sich auf die Frage der sogenanntenVerwahrungskonti bezieht und welche Fragen gewiß hier in diesem Resolutionsantrag, ich will auf Einzelheiten nicht eingehen, nur gelöst sind, im Interesse der èechoslovakischen Staatsbürger, deren Interessen zu wahren eine natürliche Pflicht der Regierung ist. Der zweite Resolutionsantrag bezieht sich auf den § 2 des Gesetzes, wo namentlich diesem Ausgleichsinstitut eine Kommission beigegeben werden soll. Diese Kommission soll nach unserem Resolutionsantrag so zusammengesetzt sein, daß für eine entsprechende Vertretung aller Nationalitäten der èechoslovakischen Republik Vorsorge getroffen wird. (Souhlas na levici.)

5. Øeè posl. Kostky (viz str. 960 tìsnopisecké zprávy):

Ich muß zuerst an ein paar Worte anknüpfen, die der geehrte Herr Vorredner gesagt hat und die eigentlich doch nicht so ohne weiters unwidersprochen bleiben können. Er hat sich als ein Schützer der Gesetze aufgespielt und gesagt, daß die Èechen die Gesetze befolgen, die sie sich gegeben haben. Nun, das ist ja eben der Punkt, den wir bekämpfen, denn dieses Schulgesetz haben Sie sich wohlweislich allein, in eigener Klause selbst gegeben, damit Sie es allein gegen die Deutschen befolgen können. Das ist ja der Punkt, um den wir hier streiten. Er hat dann weiter von einem Revolver gesprochen, den Herr Kollege Schollich in seiner Rede verwendet hat. Ich glaube, der Revolver des Herrn Kollegen Schollich wird viel später losgehen als der Revolver, den sich die Gegenseite mit diesem Gesetze geschaffen hat. Denn Sie schießen ja jeden Tag und jeden Tag schießen Sie eine Schulklasse tot. Wenn das nicht genügt, so glaube ich, daß man hier von deratigen Attentaten überhaupt nicht weiter sprechen soll (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Buøíval.)

Ich bin damit mitten im Gegenstand und möchte fortfahren. Es ist uns hier von der "Pìtka" gnädigst bewilligt worden, über die erfolgten Schuldrosselungen, damit auch über die Kulturpolitik, wie sie die Machthaber dieses Staates den Deutschen gegenüber getrieben haben, zu sprechen. Es soll damit wohl jenes bekannte nationale Ventil geöffnet werden, durch welches der Hochdruck des Unwillens und der Erbitterung, die sich in allen deutschen Gebieten dieses Staates angesammelt haben, (Souhlas na levici.) ich betone, überall in den deutschen Gebieten dieses Staates angesammelt haben, beseitigt wird, und damit alles wieder beim alten bleibt. Ich glaube, die Herren von der Gegenseite gehen auf einem gefährlichen Wege, wenn sie weiter mit dieser Frage spielen. Die Debatte bringt und muß zum Ausdruck bringen, daß die Kulturfragen der Minderheiten für die herrschenden Nationen in diesem Staate ein Ausbeutungsobjekt geworden sind, und Sie irren, wenn Sie glauben, daß sich das deutsche Volk das wird länger gefallen lassen. Aber wir wollen hier im Verlaufe der Debatte bitter ernst und bitter sachlich mit Zahlen sprechen, die eine ganz beredte Sprache für sich allein sprechen.

Lassen Sie mich vor allem mein Gebiet, Reichenberg Stadt und Land hervorheben, von dem auch der Herr Minister in seiner Erklärung gesprochen hat. Glauben Sie wirklich, daß ein Gebiet mit vorbildlichem und hochentwickeltem Schulwesen keinen Grund zur Klage hat, wenn solche Einschränkungen erfolgt sind, wie dies in Reichenberg Stadt und Land und im Gablonzer Bezirk geschehen ist und geschehen soll? In Reichenberg sollen 21·2 % der Schulklassen gesperrt werden, in Reichenberg-Land von 277 Klassen 67, also ein volles Viertel, in Gablonz von 247 Klassen 69, wie hier bereits erwähnt wurde, also wieder 25%. (Hört! Hört!) Schon hier erkennt man vollkommen das Gerechtigkeitsmoment, wie es gleichmäßig nach beiden Seiten spielt. Man hat im Landbezirk Reichenberg zugleich 41 èechische Schulklassen zu den früher bestehenden 8 errichtet, sodaß die Deutschen in diesem Bezirk heute 80%, die Èechen 20 % der Schulklassen haben. Auch die falscheste Volkszählung wird nicht herausbringen, daß im Reichenberger Landbezirk 20% Èechen wohnen. Die Angabe des Ministers bezüglich der Stadt Reichenberg entspricht übrigens den Tatsachen nicht. Sie stützt sich hier, wie ich im Folgenden für andere Gebiete ausführlich nachweisen werde, - es wäre sehr erwünscht, wenn der Herr Minister da wäre, denn jetzt kommt seine Rede dran, er hat keine Zeit bei der Schuldebatte anwesend zu sein - auf falsche Informationen, welche die Öffentlichkeit durch die "Prager Presse" offenbar irreführen sollen. Seine Angaben sind unrichtig bezüglich der Altstädter Volksschule, wo die erste und zweite Knabenvolksschulklasse mit der zugehörigen ersten und zweiten Mädchenvolksschulklasse bereits zusammengezogen worden ist. Es sind also nicht 17 und 24 Kinder in jederKlasse gesondert, sondern zusammen 41 in einer Klasse. Dasselbe gilt für die zweite Klasse, wo nicht 13 und 30 Kinder in gesonderten Klassen, - ich muß ausführlich werden, weil der Minister über Reichenberg uns da sehr ausführlich gekommen ist, er ist falsch berichtet worden, - sondern in einer Klasse 43 Kinder sind. Der Durchschnitt ist somit 33 und nicht, wie der Herr Minister für die Knabenklassen angegeben hat, 22. (Hört! Hört!) Ähnliches gilt für die Schule auf dem Keilberg, sowie für die ChristianschachterVolksschule, wo auch in der ersten Klasse, Knaben und Mädchen, zusammengezogen sind. Der Herr Minister hat uns falsche Daten angeführt. Es muß ein tief niederdrückendes Gefühl für das ganze deutsche Volk in dies em Staate bleiben, wenn die autonome Stadt Reichenberg, welche ein Drittel des Schulaufwandes selbst trägt, ihre wichtigsten Kulturstätten der Verfügungsgewalt eines èechischen Machthabers und Diktators im Landesschulrate ausliefern soll. Wenn Sie unlängst der Versammlung in Maffersdorf bei Reichenberg beigewohnt hätten, welcher Ort vielleicht das vorbildlichste Schulwesen im ganzen Landbezirk hat, wo man durch Entgegenkommen von industriellen Firmen Ergänzungseinrichtungen geschaffen hat, wie sie in anderen Bezirken nicht bestehen, würden Sie sehen, daß die ganze Bevölkerung an ihren Schulklassen hängt, und gerade dort sollen wieder drei Schulklassen aufgehoben werden. Wir finden in der ganzen Äußerung des Ministers kein Wort darüber, daß er gewillt sei, den brutalen Bestimmungen des § 9 des Gesetzes vom 3. April 1919 - das ist das Gesetz, das Sie sich geschaffen haben, das jetzt zur Durchführung gelangt, worauf sich Herr Lukavský noch etwas einbildet, welches die deutschen Bildungsstätten vollständig in die Verfügungsgewalt der èechischen Nation und eines èechischen Diktators gi bt, endlich Einhalt zu tun. Der Herr Minister möge sich auch besser informieren lassen, denn die Protestversammlung auf dem Marktplatze in Reichenberg wurde von den Ortsschulräten des Landbezirkes einberufen und ich glaube wohl, daß wir Grund haben zu protestieren, wenn uns im Landbezirke ein Viertel der Schulklassen genommen wird. (Výkøiky.) Alle Parteien, welche in Reichenberg Vertreter haben, waren in diesem Proteste einig und der Herr Minister möge sich bei der èechischen Kommunistin Grimmichová aus Brünn, welche dort ebenfalls gegen die Schuldrosselungen gesprochen hat, erkundigen, ob Sie nicht mit allen übrigen tausenden Anwesenden einig war. Er könnte auch den Vertreter der èechischen Kommunisten fragen im Reichenberger Landbezirk, welcher beim Statthaltereirat Marsner gegen weitere Sperrungen im Reichenberger Bezirk mit den Deutschen zusammen Einspruch erhoben hat. (Hört! Hört!) Der Herr Minister sagte, daß es eine traurige Erscheinung wäre, wenn die Bevölkerung auf die Änderung der Organisation ihres Schulwesens nicht reagieren würde. Wir haben in Reichenberg darauf reagiert, alle politischen Parteien, die ganze Bevölkerung zu Tausenden hat Einspruch erhoben; wir sind gespannt, ob sich das Ministerwort hier bewähren wird und ob man auch die Hand von weiteren Schulsperrungen in diesen Bezirken lassen wird. Wir machen weiter darauf aufmerksam, daß die Tabelle, welche Senator Hartl für den Landbezirk Reichenberg angefertigt hat - wenn sie der Herr Minister noch nicht kennt, stelle ich ihm sie hiemit zur Verfügung - sie hat bei der Völkerbundliga, der wir sie bereits übergeben haben, bei ihrer Tagung hier großes Aufsehen erregt. Sie wird für die ganze Èechoslovakei angefertigt, auch bezüglich der Schuldrosselungen und wird auch im Auslande verbreitet werden.

Auch aus dem Bezirke meines Fraktionskollegen Dr. Kafka habe ich einiges zu berichten, was die Unrichtigkeit vieler Ausführungen des Herrn Ministers erweist. In der Hauptstadt Prag sind die deutschen Mittelschulen auf das Mindestmaß reduziert worden, so daß die vorhandenen Schulen zum Teil überfüllt sind. Trotz dieser Reduzierung hat man z. B. das Stephansgymnasium und das erste Staatsrealgymnasium in den Hoftrakt eines Privatgebäudes untergebracht, das für Schulzwecke nach Aussage des Gesundheitsministers ganz und gar unmöglich ist. Besonders kraß liegt der Fall beim Stephansgymnasium. Dieses hat ein eigenes Haus und da ist die Tabakregie darin untergebracht. Das ist natürlich wohl eine neuzeitliche Schuleinrichtung, daß die Tabakregie wichtiger ist als die Kinder.

In Stecken bestehen ähnliche Verhältnisse, ebenso im Orte Altenberg bei Iglau, in Jablonec a. d. I. usw. Der Herr Minister hat weiter gesagt, der gegenwärtige Vorsitzende des Landesschulrates habe keine Schule aufgelassen, die mehr als zwanzig Kinder hat, sondern habe in jedem einzelnen Falle die Entfernung der nächsten Volksschule derselben Sprache, die Gangbarkeit des Weges und andere Umstände in Erwägung gezogen. Er habe ängstlich darauf geachtet, daß auch der kleinsten Zahl von Kindern nicht die Gelegenheit genommen wird, eine Schule ihrer Muttersprache zu besuchen. Diese Ausführungen sind durch folgende Tatsachen, welche nach der Zuverlässigkeit unserer Informationen kaum eine Widerlegung finden können, als unrichtig dargetan. Folgende Schulen mit mehr als zwanzig Kindern wurden aufgelassen: Albrechtsried (Schüttenhofen) 92 Kinder, nach Ausschulung einiger Gemeinden 37 Kinder, Schirschowitz (Lei tmeritz) 30 Kinder, zur nächsten Schule 5 bis 6 km. Hammergrund (Politschka) 35 Kinder, Jaberlich (Reichenberg) 25 Kinder, Braunbusch (Taus) 34 Kinder, Hackelhöf (Budweis) 29 Kinder, Mallowitz (Mies) 34 Kinder, Zittnai 24 Kinder, Settletitz 29 Kinder, Pöltenberg 26 Kinder, Baumöhl 26 Kinder, Milleschitz 21 Kinder, Selsen 26 Kinder, Thereschau 31 Kinder, Göding - Bürgerschule - 92 Kinder. Ich bitte etwas genauere Berichterstattung zu verlangen, denn es ist auch die Behauptung unrichtig, daß Schulen unter 20 Kindern nicht aufgelassen wurden, wo die Entfernung und Gangbarkeit der Wege ängstlich in Erwägung gezogen werden mußte. Ich führe folgende Auflassungen an: Motten bei Neuhaus, vollkommene Ungangbarkeit des Weges im Winter zur nächsten Schule, Julienhain 4 km Entfernung, Silberberg 6 km, Wilkischen 3 km, Ungarschitz 4 km, Rudolfsthal 3 km, Mutterfeld 5 km usw. usw. Ich stelle diese Daten dem Herrn Minister zur Kontrolle zur Verfügung. Unter den nichtaufgelassenen Schulen - Kollege Doktor Schollich hat schon viel davon angeführt und es ist eine merkwürdige Anordnung, daß der Herr Minister in die Debatte mitten hineinspricht, daß der Herr Referent darauf nicht antworten kann, und ich will es daher wiederholen, was der Herr Kollege Schollich bereits gesagt hat. Drei Exposituren sind als dem Schicksal entgangen, als besonders günstig behandelt hervorgehoben. Nun ist mir bekannt, daß die Exposituren nur zu dem Zwecke errichtet wurden, daß entfernte Kinder nicht in die andere Schule gehen müssen. Man kann doch das nicht als Beispiel für ein Entgegenkommen anführen, da doch solche Exposituren nicht aufgelassen werden können.

Ich komme nun zu jenem Punkte der Äußerung des Herrn Ministers, wo er sich darauf beruft, daß die Auflassung von Klassen nach dem Gesetze vom Jahre 1883 durch den Vorsitzenden des Landesschulrates dann möglich ist, wenn durchschnittlich auf eine Klasse nicht 80 Kinder kommen. Er sagte, man sei auf 60 und 65 heruntergegangen. Das Ganze muß als ein Spiel mit Ziffern bezeichnet werden und ein Schulministerium muß meiner Meinung nach als reaktionär betrachtet werden, wenn es eine derartige Begründung für die Auflassungsanträge überhaupt anführt. Ich glaube nicht, daß es bloßer Laienstandpunkt ist. Gewiß hat der Herr Minister noch nicht in einer Klasse mit 80, 70 oder 60 Schülern unterrichtet; wahrscheinlich noch nicht und er wird also keine Erfahrung darin haben. Wir haben hier auch den Standpunkt eines unverhüllten, unglaublichen Chauvinismus, der sich dieses veraltete und - ich wiederhole - dieses reaktionäre Gesetz als Vorbild für seine Beutezüge gegen das deutsche Schulwesen nimmt. Wie merkwürdig bleibt es, da man auf die hohen Schülerzahlen keine Rücksicht nimmt, wenn sie in deutschen Klassen durch Auflassungen verursacht wurden. Ich erwähne Wernersreuth mit 50, die Knabenvolksschule in Asch mit 91 Schülern, Bezirk Bischofteinitz - Horschau mit 83 Kindern, Hammer (Brüx) mit 75 Kindern, Niedergeorgenthal mit 73 Kindern, Eger - Lindenhau mit 82 Kindern, Seidenschwanz mit 70, Stupna mit 79, usw., usw. In Podersam schloß man die zweiklassige Volksschule mit 138 Kindern. Es stimmt auch nicht mit dem, was der Herr Minister gesagt hat, daß schon bei 113 Kindern dritte Klassen aufrecht erhalten werden. (Výkøiky posl. dr. Schollicha a jiných nìmeckých poslancù.)

Místopøedseda Buøíval (zvoní): Prosím, aby øeèník nebyl vyrušován.

Posl. Kostka (pokraèuje): Warum hat der Herr Minister z. B. nicht ausgeführt, daß in Hummeln, Bezirk Budweis, in der zweiklassigen èechischen Schule 82 Kinder und in der einklassigen deutschen 94 Kinder sind, daß in Brand, Bezirk Tannwald, in der èechischen zweiklassigen Volksschule 44, in der deutschen einklassigen 42 Kinder sind. Warum hat er weiter nicht angeführt, daß in Krumau, wo das Bevölkerungsverhältnis deutsch zu èechisch 3 zu 1 ist, der Schulschlüssel aber nur 2 zu 1, daß in Rudelsdorf eine èechische Schule mit 18 Kindern besteht, von denen 12 Deutsche sind, und warum hat er die Riesenzahl von Minderheitsschulen nicht angeführt, die mit einer ganz geringen Kinderzahl errichtet wurden? Ich will dieser Statistik etwas zu Hilfe kommen und jene Minderheitsschulen anführen, wo nur eine ganz geringe Schulkinderzahl in Frage kommt: Hammer bei Brüx 7 Kinder, Pattersdorf (Deutschbrod) 8 Kinder, Batzdorf (Grulich) 9, Sattel (Grulich) 7, Neuschloß (Hohenelbe) 9 èechische und 4 deutsche Kinder, Stupna (Hohenelbe) 10 èechische, 2 deutsche, Zahradka (Kralowitz) 8 Kinder, Tereschau (Brünn-Land) 6, Fratting (Datschitz) 2, Rohle (Hohenstadt) 9, Hoflein 10, Wolframnitz (M.-Krummau) 4, Kaschnitzfeld 10, Neusiedel (Nikolsburg) 8, Voitelsbrunn (Nikolsburg) 10, Schömitz (Pohrlitz) 8, Mohleis (Pohrlitz) 9, Bladowitz (Sternberg) 9, Bölten (Mähr.-Weißkirchen) 4, Schiltern (Znaim-Land) 4, Pohl 10, Klein-Tajax 4, Lechwitz 7, Gaiwitz 0, Lugau 0, Wainitz 0, Dracht 0, letztere alle Bezirk Znaim-Land. (Výkøiky na levici. - Posl. dr. Schollich: Sind das die Zahlen, die ins Ausland geschickt werden?) Nein! Wir wenden uns nicht dagegen; suchen Sie Ihre Kulturbedürfnisse zu fördern, aber sehen Sie nicht, meine Herren von der Gegenseite, daß Haß und Erbitterung vor allem dadurch geschürt werden, daß das deutsche und èechische Schulwesen in diesem Staat mit ganz ungleichem Maß gemessen wird?

Gehen wir weiter in den Äußerungen des Herrn Ministers. Der Herr Minister sprach davon, daß ein zufälliger Abgang von Kindern im letzten Schuljahr auf die Regelung der Schulverhältnisse keinen ungünstigen Einfluß gehabt habe. Auch diese Behauptung war leider wieder nicht zutreffend. Bei den Reduzierungen wird nämlich der Durchschnitt der Schuljahre 1919/20 bis 1921/22 genommen, somit das heurige Schuljahr, das noch läuft, in die letzten 2 abgelaufenen Schuljahre eingerechnet. Das Schuljahr 1918/19 mit der günstigeren Kinderzahl kommt nicht in Betracht, wie es in einem Erlaß zu lesen ist, der bereits hinausgegangen ist. Der Herr Minister hat weiter angeführt, daß auch èechische Schulen aufgelassen, pardon, zur Auflösung beantragt sind, und zwar 59. Er hat es leider unterlassen zu sagen, daß, - so sind meine Informationen - bisher kaum eine einzige von diesen zur Auflösung beantragten wirklich aufgelassen wurde. Der Herr Minister hat weiter bemerkt, daß vom 1. April vom Landesverwaltungausschuß 544 èechische Klassen zur Auflassung beantragt wurden, von denen 85, also 15·6 %, tatsächlich aufgelassen worden seien; von den beantragten deutschen 512 Klassen seien nur, ich hebe dieses "nur" hervor, denn darin liegt eine Verhöhnung der deutschen Forderungen, 180, also nur 34·9 % aufgelöst worden. (Hluk. - Posl. dr. Ed. Feyerfeil: Also 3000 Kinder werden seelisch umgebracht! Tluèe rukou na ministerskou lavici. - Ministr dr. Šrobár [k posl. dr. Ed. Feyerfeilovi]: Nekøiète! Posl. dr. Ed. Feyerfeil: Sie haben kein Recht, Weisungen zu geben, Herr Minister, das muß ich als ungehörig zurückweisen, daß ein Minister einem Abgeordneten Lehren erteilt! - Tluèe opìt do ministerské lavice. Ministr dr. Šrobár [povstav, k posl. dr. Ed. Feyerfeilovi]: Nejste v krèmì! - Výkøiky posl. dr. Ed. Feyerfeila. - Velký hluk.)

Místopøedseda Buøíval: Volám pana posl. dr. Ed. Feyerfeila k poøádku. (Velký hluk. - Výkøiky nìmeckých poslancù, z nichž nìkteøí tlukou na ministerskou lavici. - Místopøedseda Buøíval zvoní.)

Posl. Kostka (pokraèuje): Ich wende mich weiter der finanziellen. . . . (Výkøiky posl. dr. Ed. Feyerfeila.)

Místopøedseda Buøíval (zvoní): Žádám, aby øeèník nebyl vyrušován. (Stálé výkøiky nìmeckých poslancù.)

Posl. Kostka (pokraèuje): Ich wende mich weiter der finanziellen Darstellung . . . . . . (Hluk. - Výkøiky posl. dr. Schollicha.)

Místopøedseda Buøíval (zvoní): Žádám, aby øeèník pokraèoval. Èekám na tìsnopisecký protokol.

Posl. Kostka (pokraèuje): Die finanzielle Darstellung des Herrn Ministers kann ebenfalls nur als Umfärbung der Ziffern bezeichnet werden. Er spricht von einem Gesamtaufwand in Böhmen von 597·6 Millionen Kronen; davon entfallen auf das èechische Schulwesen 64·13 %, auf das deutsche Schulwesen 35·87 %. (Výkøiky.) Der Bevölkerungsschlüssel ist angeblich 66·6:33·03, also seien die Deutschen besser gestellt als die Èechen. Diese Argumentation ist falsch, denn der Herr Minister hat einfach den Aufwand für die Minderheitsschulen nicht mitangegeben. Nehmen wir die geringfügige Ziffer von 50 Millionen Kronen - im Staatsvoranschlag 48·7 Millionen Kronen - für die èechischen Minderheitsschulen in Böhmen an, so erhalten wir für das èechische Schulwesen 66·6 %, für das deutsche 33·4 %. Meine Ziffer kann im Detail nicht richtig sein, den es ist eben die Unterlassung des Herrn Ministers zu rügen, daß er uns eben die Ausgabepost für das Minderheitsschulwesen vollständig verschwiegen hat. (Souhlas na levici.) Sie ist jedenfalls viel höher, als ich sie hier annehmen konnte, und darum das Verhältnis für die Deutschen noch viel ungünstiger. Ebenso hat er unterlassen, zu sagen, wieviel von den Investitionen auf die deutschen und wieviel auf die èechischen Schulen entfallen. Ich möchte noch hervorheben, daß die Ziffern des Herrn Ministers auch mit der amtlichen Statistik nicht übereinstimmen. Es ist unbedeutend, aber charakteristisch, daß bei der Durchschnittsziffer der Kinder die amtliche Statistik sagt: Auf eine deutsche Klasse entfallen 46·9 Kinder, während der Herr Min isterdiese Ziffer auf 46·3 unrichtig herabgesetzt hat. (Výkøiky.) Die erste Ziffer stammt von Dr. Auerhan, dem Vizepräsidenten des statistischen Staatsamtes. Der Tenor des Ganzen sind Maßnahmen finanzieller und organisatorischer Natur, also sparen. Was wird erspart? Nehmen wir an, daß die Schulverwaltung an Gehältern für tausend Substituten in den aufgelassenen Schulen nicht mehr zu bezahlen haben wird, so haben Sie bei einem Jahresgehalt von 15.000 1 5 bis 20 Millionen Kronen im Jahre erspart, das heißt, dem deutschen Schulwesen heruntergedrückt, damit Sie es für die Minderheitsschulen verwenden können. Also auf Kosten der Schulen der Deutschen wollen Sie Ihre Kultureinrichtungen weiter ausgestalten. Tun Sie noch einen Schritt weiter - hier wende ich mich an Stivín und an andere Herren, die hier gesprochen - und Sie, sowohl die èechischen Sozialdemokraten wie auch die èechischen Sozialnationalen werden dadurch eine solche Schmach auf sich laden, daß sie das Wort "sozial" vor der Kulturwelt nicht mehr verdienen.

Ein charakteristisches Detail in den Ausführungen des Herrn Ministers möchte ich hier als heiteres Intermezzo berühren. Bei den slovakischen Schulen und Mittelschulen unterscheidet der Herr Minister 3 Nationalitäten: Èechoslovaken, Deutsche und Israeliten. Ich glaube, daraus wird für die Staatsund Bürgerkunde in Zukunft die größte Schwierigkeit entstehen. Vor allem haben wir jetzt die Frage: Gibt es èechoslovakische Deutsche oder deutsche Èechoslovaken? Nach dem Herrn Unterrichtsminister nicht. Und gibt es gar èechoslovakische Israeliten? Nach dem Herrn Unterrichtsminister ist auch daran zu zweifeln. Ich weiß, daß man bei der Volkszählung und beim Steuerzahlen die Staatsbürger anders klassifiziert. Wenn aber die Unterrichtsverwaltung die staatsrechtliche Zugehörigkeit der Èechen, Slovaken und Deutschen, wie es richtig heißt, in diesem Staate in ein solches famoses System zu bringen weiß, wie es der Herr Unterrichtsminister getan hat, so kann es leicht möglich sein, daß auch der sta atsrechtliche Bürgersinn bei der heranwachsenden Jugend in diesem Kuddel-Muddel von Begriffen zum Teufel geht.

Zum Schlusse mein er Ausführungen noch einige recht interessante Ziffern aus der amtlichen èechischen Statistik. Man spricht soviel darüber, wie schlecht die Èechen mit Rücksicht auf die Zahl der Volksschulklassen daran waren, wenn man die Bevölkerungs- und Kinderzahl dagegen hält. Ich will hier einige Ziffern anführen. Ich bitte sie nachzurechnen, ich kann mich um eine dritte Dezimalstelle irren, um mehr aber nicht. Nach dr. Auerhan haben wir in Böhmen, Mähren und Schlesien Anfang des Schuljahres 1920/1921, also vor den Schuldrosselungen, 30.016 Klassen, davon entfallen 9585, also 33%, auf die Deutschen, 20.431, also 67 %, auf die Èechen. Der Bevölkerungsschlüssel von 1910 ist Deutsche zu Èechen 35·8: 64·2%. Die Èechen werden behaupten, diese Zählung sei falsch. Gut! Nehmen wir die Zählungsergebnisse, wie sie der Herr Unterrichtsminister anführt, 33·03% zu 66·6%. Wo ist da die geringste Ungerechtigkeit nach der Schulklassenzahl am Ende des Schuljahres 1920/21? Ich wiederhole, die obigen Ziffern sind nach Dr. Auerhan: 33 % deutsche, 67 % èechische Schulklassen. Nach der neuesten Zählung beträgt nach dem Herrn Unterrichtsminister der Prozentsatz der Deutschen in Böhmen 33·03, der èechischen Schulen 66·6%. Daß Schlesien eine ganz andere Ziffer hat, die natürlich für Böhmen, Mähren und Schlesien die Regierungsziffer drückt, will ich nicht erwähnen. Ich bemerke nochmals ausdrücklich, daß ich mich dabei vollständig auf èechische Grundlage stütze. Rechnen wir auf den Kopf der Bevölkerung nach der Zählung 1910, so kommt eine Schulklasse auf Böhmen, Mähren und Schlesien auf 366 Deutsche und schon auf 307 Èechen, nach der der neuen Zählung auf 352 Deutsche und auf 308 Èechen. (Hört! Hört!) Wo liegt da die Ungerechtigkeit zu Ungunsten der Èechen? Das sind Ziffern, die aus Ihrem Material stammen.


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