Pátek 15. prosince 1922

Sie streichen den 31. Dezember 1922, setzen anstatt dessen 31. Dezember 1923 und die Sache ist fertig. Wir haben über Populationspolitik uns unterhalten, wir haben Ihnen alle Grundsätze der Populationspolitik vor Augen geführt, klar gelegt, haben Ihnen gesagt, daß Sie schon aus diesem, wenn schon nicht aus sozialen Gründen, aus Gründen der Staatsraison die Politik machen, die wir Ihnen nahegelegt haben. Selbstverständlich ist den Menschen nicht damit gedient, wenn Sie ihnen die Leiden um eine Jahresfrist verlängern, sondern Sie hätten dem Antrag Rechnung tragen müssen, den wir gestellt haben, diese Begrenzung 31. Dezember 1922 auszulassen. Meine Herren, Sie haben einen anderen Weg gewählt. Was haben Sie damit erzielt? Sie haben überhaupt das Streben zu terminieren, Sie terminieren jedes Gesetz, es gibt kein Gesetz, das nicht terminiert wird, Sie wollen daran erinnert werden, wenn Sie wieder das, was Sie arbeitenden Menschen gegeben haben, wieder einkassieren können, und Sie kassieren wieder vorzeitig ein und Sie wollen auch da das Datum fixiert haben und Dr. Rašín und seine Mitberater wollten sich auf dem Kalender vermerken den Tag, an dem sie einkassiren wollten. Wir haben gesagt, wäre es nicht klug, wäre es nicht besser, Sie warten bei den gegenwärtigen Verhältnissen ab, wie sich die Dinge entwickeln. Sie haben im Budgetausschuß beschlossen darüber, wann die Vorlage ins Haus kommt, wann sie abgeändert werden soll. Wenn die Verhältnisse sich ändern, kommen Sie vor das Parlament mit Abänderung und das Parlament wird darüber beraten und wird dazu Stellung nehmen, Dieser Erkenntnis, waren Sie nicht zugänglich. Sie haben jetzt die Konzession gemacht, daß diese Frist vom 31. Dezember 1923 ausgedehnt wird.

Wir haben Ihnen weiter gesagt, daß Sie die Kinderzulagen, die bisher nach der Vorlage 1500 K, 1200 K und 900 K betragen, einschließlich mit 2000 K festsetzen. Da kann ich Ihnen ganz offen sagen: Meine Herren, wir anerkennen die Wertung der Qualifikation eines Menschen, aber in sozialen Zulagen, da ist kein Unterschied zwischen den Kindern des Reichen und den Kindern des Armen, da wollen wir eine Geichstellung. Wir sind für die Wertung der Kraft, wir sind dafür, daß jeder Mann nach seinen Leistungen eingeschätzt, honoriert wird, aber soziale Zulagen, da darf kein Unterschied gemacht werden. In die Seele, in das Gemüt des Kindes darf nicht eingepflanzt werden Neid und Haß, sondern Liebe zu den Kindern auch des Reichen, da wollen wir und da sind wir natürlich für die Gleichstellung. Wir haben weiter den Antrag gestellt, daß Sie die Bestimmung, wornach die Zulagen, die bisher für das 24. Lebensjahr festgesetzt waren, belassen, denn wir sehen nicht ein, was Sie geändert haben; Sie haben abgelehnt. Wir haben dann den Vorschlag gemacht anstattdes 18. Lebensjahres, wie Sie vorgeschlagen haben, das 21. Lebensjahr einzusetzen; Sie haben das brüsk abgelehnt. Es hat dann Kollege Brodecký in der Verhandlung den Antrag gestellt, daß den studierenden Kindern zumindest noch die Krüppel, die keinem Erwerb nachgehen können, die also erwerblos sind, gleichgestellt seien, obwohl gesagt wurde, daß es so praktiziert werden wird, und daß man es immer so han haben wird. Auch das haben Sie brüsk abgelehnt und man hat diese Bestimmung in das Gesetz nicht aufgenommen.

Sie haben eine Bestimmung in das Gesetz aufgenommen, in den Absatz 2 des § 6, mit dem ich mich eschäftige, mit dem Sie Ihrem nackten, brutalen Haß gegen alles Deutsche folgen. Nichts anderes ist die Bestimmung des Absatz 2 des § 6. Sie haben festgesetzt, daß für Kinder, soweit sie im Auslande wohnen, kein Anspruch auf die Kinderzulage besteht. Nun begreifen Sie eines. Mit Emphase haben die Referenten im sozialpolitischen und im Budgetausschuß verkündet, es gehe nicht an, daß Staatsgelder ins Ausland wandern, denn die Kinder dieser Staatsangestellten studieren in Deutschland und in Österreich. Anstatt, daß Sie sich sagen, daß die fürchterlichen Lebensverhältnisse, die Teuerung, die hier herrscht, viele Menschen auf den Weg weist, ihre Kinder nach Deutschland und nach Österreich, weil sie sie dort leichter ernähren können als bei uns in der Èechoslovakei, daß Sie sich fragen, ob nicht viele von diesen Eltern gezwungen sind, ihre Kinder ins Ausland zu schicken, weil sie hier die entsprechenden Schulen, die Hochschulen, nicht haben, die Tierarzneischule usw. - ich brauche sie ja nicht aufzuzählen - diktieren Sie ganz einfach, diese Menschen, weil es sich ja um Deutsche und Andersnationale, nicht um Èechen handelt, um Deutsche, Slovaken und andere Nationen, müssen deshalb getroffen werden, und Sie gehen rücksichtslos vor, ohne daß Sie sich überlegen würden, daß Sie auch mitunter die Ärmsten der Armen treffen.

Nach dem 3. Abs. des § 6 wollen Sie, daß Beamten für ihre Lebensgefährtin, die einem Erwerbe nachgeht, die Zulage nicht erhalten. Wir haben im Ausschusse auf die Folgen verwiesen. Sie sind ohne weiters bereit, die Zulagen zu gewähren an einen Beamten, dessen Frau mehrfache Hausbesitzerin ist, wenn sie keinem Erwerbe nachgeht. Diesen Beamten wollen Sie die Zulage ohne weiters geben. Es wurde uns gesagt, objektiv soll es zugegeben werden, wenn eine Frau nicht einen selbständigen Erwerb ausübt, wird die Zulage koncediert. Wir halten selbst das für eine schwere Benachteiligung und einen Schaden für den Staat. Denn dadurch werden die Frauen angehalten, nichts zu verdienen. Wenn sie nichts verdienen, keinem Gewerbe nachgehen, bekommt der Mann ohneweiters die Zulage. Ich halte das für sozial ungerechtfertigt.

Wir haben uns bei unseren Anträgen selbstverständlich vornehmlich der Pensionisten angenommen. Wir haben sowohl im sozialpolitischen als auch Budgetausschuß Ihnen neuerdings vor Augen geführt, wie diese Menschen zu leben haben, und wir haben Sie um Änderungen gebeten. Sie sind darauf nicht eingegangen. Wir haben Sie darum ersucht, daß die Abzüge bei den Pensionisten wenigstens jetzt unterbleiben, und haben gesagt: Setzen Sie wenigstens Termine! Vier Eventualitäten haben wir gestellt, um Ihnen die Möglichkeit zu geben, diejenige Eventualität zu akzeptieren, die Sie wollen. Ihrem Gutdünken haben wir überlassen, das Feilbeil nicht am 1. Jänner 1923 auch schon auf das Haupt der Pensionisten niederzusausen lassen. Wir wollten, daß ihnen noch eine Spanne Zeit gegeben werde. Aber alles haben Sie abgelehnt, alles war vergebens. Wir haben wegen der Personaleinkommensteuer vor allem gebeten. Wir haben zuerst die Streichung beantragt, wollen Sie das nicht, bitte, stellen Sie wenigstens andere Termine und lassen sie andere Abzüge am 1. Jänner 1925 eintreten. Wir haben diese Vorsichtsmaßregel auch deshalb haben wollen, weil wir eine gewisse Spanne Zeit haben wollten, eine gewisse Garantie dafür, daß während der Zeit den Staatsbeamten und Angestellten nichts geschehen kann, eine Kürzung nicht Platz greife. Das wollten wir. Auch das haben Sie abgelehnt, und so einen Antrag nach dem anderen, den wir gestellt haben und von dem Sie sagen mußten, wenn Sie ihn sachlich geprüft hätten, daß er sicherlich jeder Kritik standhalten kann. Ich hätte gewünscht, daß es möglich gewesen wäre, daß nicht nur alle Parlamentsmitglieder den Ausschüssen beiwohnten, ich hätte insbesondere gewünscht, daßdie Staatsbea ten und Staatsangestellten den Verhandlungen im sozialpolitischen Ausschuß und im Budgetausschuß beigewohnt hätten, um die Arbeit ihrer Erwählten in den Ausschüssen zu sehen. Ich weiß, wenigstens für ei em Teil der Kollegen, die im Ausschusse sitzen, ist die Arbeit in den Ausschüssen eine langweilige, eine Farce. Der Führende von ihnen hat schon Gelegenheit gehabt, in einer int imn Beratung in einer Kammer sich schon zu vergewissern, was eigentlich zur Verhandlung steht, in der langweiligen Verhandlung, die wir abführen. Sie sagen Demokratie ist Diskussion. Ich identifiziere damit nicht. Einer Ihrer, führenden Männer hat dasvon dieser Tribüne gesagt. Wissen Sie, wie wir das auffassen? Ihre Demokratie ist Diskussion, aber nur eine Diskussion für 10, höchstens für 20 Personen. (Souhlas na levici.) Für die übrigen besteht die Demokratie nicht mehr in der Diskussionsmöglichkeit. Ich staune über die anderen Mitglieder der Parteien, wenn sie sich eine derartige unwürdige Behandlung ruhig gefallen lassen. Sie mögen es sich von mir aller Kollegialität gesagt sein lassen, Sie sind nicht anderes als Puppen, die hie und da die Hand heben (Souhlas na levici.), hie und da auf das Podium hinaufkommen und hier das sagen, was zu sagen Ihnen bewilligt wird. Glauben Sie, daß diese Zustände länger aufrechterhalten bleiben können? Oder glauben Sie nicht, daß hier eine Abhilfe dringend notwendig ist? Sie sagen Demokratie ist Diskussion. Wäre eine Demokratie in diesem Staate, so müssen Sie eine derartige Vorlage, wie wir sie gegenwärtig verhandeln, die tausende, hunderttausende von Menschen betrifft, zur öffentlichen Diskussion stellen, vier, sechs Wochen hindurch hätte sich die Öffentlichkeit mit der Vorlage beschäftigen müssen. (Pøedsednictví se ujal místopøedseda Buøíval.)

Lassen Sie mich einen Vergleich anstellen mit den Zuständen im alten verpönten Österreich. Lassen Sie mich darauf aufmerksam machen, daß die Dienstpragmatik der Staatsbeamten Monate, ja ich glaube nicht fehlzugehen, wenn ich sage, zwei Jahre lang hindurch in Beratung und zur öffentlichen Diskussion stand und daß bei Beratung dieser Dienstpragmatik die Beamten gehört wurden. Ich will nicht sagen, daß man allem, was sie gesagt haben, Gehör geschenkt hat. Ich will sogar zugeben, daß nur ein geringer Bruchteil der Wünsche der Staatsbeamten im alten Österreich erfüllt wurde. Aber man hat es im alten, reaktionären monarchistischen Österreich nur eine Pflicht gehalten, die Organisationen zu hören. (Souhlas na levici.) Hier sind Sie über sie zur Tagesordnung übergegangen. Was mich an den Verhandlungen in dem sozialpolitischen Ausschuß empört, mich und meine Kollegen im Innern gekränkt und ergriffen hat, das war, daß sich Sozialisten gefunden, die uns entgegnet haben, daß sie mit ihren Organisationen bereits Fühlung genommen haben. Ich habe den Kollegen gesagt, ihre primitivste Verpflichtung wäre es gewesen, darauf hinzuweisen, daß es hier nicht nur Menschen gibt, die in der èechischen Gewerkschaft organisiert sind, sondern, daß es so viele Tausend Menschen gibt, die in den deutschen Gewerkschaftsorganisationen stecken und daß man nicht nur bei den èechischen Beamten in der èechoslovakischen Republik Rat einholen darf, sondern, daß man als Sozialist die verfluchte Pflicht und Schuldigkeit hat, zu verlangen, daß unter allen Umständen auch die deutschen Beamten gehört und einvernommen werden. Gerade die sozialistischen Parteien dürfen die Augen davor nicht verschließen, daß die deutschen Beamten und Angestellten, auch wen siedas nicht offen einbekennen werden, unter ganz anderen Verhältnissen zu leben und zu dienen gezwungen sind (Souhlas na levici.) Das müßten die sozialistischen Parteien bedenken und beherzigen, das müßte ihr Leitmotiv sein bei allen Handlungen und Taten, die sie setzen, sie dürfen an ihre deutschen Brüder nicht vergessen. Wir hoffen nicht, daß in diesem Hause unseren Wünschen Gehör geschenkt wird, aber wir sind der felsenfesten Überzeugung, daß Sie nach der Tat, die Sie heute setzen, belohnt werden. Die Menschen, die diese Vorlage betrachten, wenn sie unverändert angenommen wird, werden trotz aller Mahnungen Rašíns, trotz aller Direktiven dieses Mannes, der den Streik und die passive Resistenz verbieten will, die werden den Weg finden, der sie dahin führt, das primitive Recht der Selbstbestimmung für sich zu erlangen. Sie werden den Weg finden, um sich so, wie die gewerkschaftlich organisierte Arbeiterschaft, das zu erkämpfen, was sie zum Leben unbedingt braucht. Und alle Mahnungen, alle Direktiven, alle Appelle an den sogenannten Patriotismus, der nichts anderes ist, als der Deckmantel für die Zwecke, denen die betreffenden Herren dienen, werden von den Beamten zwar vernommen werden, alle diese Beamten aber werden diesen sogenannten Patriotismus, den man ihnen predigt, kennen lernen, die Vorlage wird ihnen einbläuen, was sie von den sogenannten Hvperpatriotismus derer zu halten haben, die die Leiden des anderen nicht zu sehen vermögen, kraft ihrer Stellung, sie werden sehend werden, sie werden den Weg gehen, den eben die Arbeiterschaft gegangen ist. (Souhlas a potlesk na levici.) 

11. Vìcná poznámka posl. dr. Petersilky (viz str. 1697 tìsnopisecké zprávy):

Als derzeitiger Vertreter der deutschen christlichsozialen Partei in Budgetausschuß erlaube ich mir, zur Angelegenheit des § 17 folgendes zu bemerken: Mit den Kollegen aus der Opposition habe ich zu allen Paragraphen bis auf § 17 Abänderungsanträge gestellt, welche alle niedergestimmt wurden. Als § 17 darankam, wandte ich mich an meinen Herrn Kollegen Dr. E. Feyerfeil und sagte ihm: In diesem Paragraph ist die Bestimmung enthalten, daß wie bisher diejenigen die Bezüge erhöht erhalten werden, welche aus den vom Staate verwalteten Fonden, also auch vom Religionsfond, bezahlt werden. Ich sagte ihm: "Hier handelt es sich um die Theologieprofessoren und um die katholische Geistlichkeit. Werden Sie mit uns stimmen? Denn ich fürchte, daß die Herren Sozialdemokraten dagegen stimmen werden." Der Herr Kollege Dr. E. Feyerfeil hat mir das zugesagt und in der Tat sprach dann Herr Dr. Nosek von Theologieprofessoren, von der katholischen Geistlichkeit und von der Geistlichkeit der èechoslovakischen Kirche. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. Hruban.) Auf Grund dieses mündlich abgelegten Referates wurde dann von der Mehrheit der Koalitionsparteien und von mir, denn Herr Dr. E. Feyerfeil war unterdessen hinausgegangen, dieser § 17 angenommen und ich verwunderte mich, daß die Herren Sozialdemokraten nicht nach herkömmlicher Weise einen Gegenantrag gestellt haben. (Výkøiky nìmeckých soc. dem. poslancù.)

 


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