Wenn wir alle diese Dinge feststellen, so möchte ich dabei das eine sagen: Wenngleich im Leben der Völker Dank nie eine Rolle spielt, für uns, für Sie und zum Gedächtnis unserer Staatsbeamten, muß ich von dieser Stelle aus festzustellen: Wenn die deutschen Staatsbeamten in diesem Gebiete nach dem Umsturz nicht in ihren Ämtern geblieben wären und ihre Dienstpflicht nicht voll erfüllt hätten, wäre die Administrative der Èechoslovakischen Republik in wenigen Tagen zum Stillstand gekommen, sie wäre über Podìbrad, Jungbunzlau und Laun kaum jemals hinausgekommen. Wenn sie bestehen blieb, so nur deshalb, weil in der Übergangszeit deutsche Richter, deutsche Eisenbahner, deutsche Post- und Verkehrsbeamte, u. zw. auch solche, die nicht gleich den Eid auf die Èechoslovakei abgelegt haben, als pflichterfüllte Deutsche der Öffentlichkeit gegenüber, der Bevölkerung gegenüber gewillt waren, ihre Pflicht zu erfüllen und sie auch erfüllt haben. Dank vom Hause Kramáø, Dank von der Èechoslovakei haben unsere deutschen Staatsangestellten nicht. Das soll für die Gegenwart und für die künftigen Generationen eine Lehre sein, daß man ohne feste Garantien, die noch nicht überprüft sind, mit dieser Nation oder ihren Vertretern in ernste Verhandlungen nicht eintreten kann.
Etwas, was uns weniger berührt, worauf wir aber aufmerksam machen müssen, ist die Tatsache, daß mit der systematischen Ausmerzung des deutschen Beamtenstandes auch eine systematische Verschlechterung der Moral des gesamten Standes der Staatsbeamten zu verzeichnen ist. Im alten Österreich gab es ein Wort: Il y a des juges en Autriche. Es gibt noch Richter in Österreich! Man wollte damit sagen, daß von manchen kleinen Zwischenfällen und Mißständen abgesehen doch im allgemeinen festzustellen war, daß der österreichische Beamte vielleicht seinen Amtsschimmel ritt, aber doch im Durchschnitt reine Hände hatte. Die Beamten waren saubere verläßliche Menschen. Wenn ich nur die Organe der èechischen Regierungsparteien lese und das, was die einander nahestehenden Beamtengruppen sich gegenseitig vorwerfen, verfolge, so muß man zu dem Gefühle kommen, daß in der Èechoslovakischen Republik diese absolute Höhe der Beamtenschaft nicht mehr vorhanden ist.
Wir haben Kreise, die sagen, daß sie mit dem Bodenamt nur deswegen so gut verkehren, weil dort kein einziger deutscher Beamter sitzt. Ja, es gibt Kreise - und ich bin bereit dafür einzustehen - die sagen, daß in manchen Ämtern für jede Beamtenkategorie bereits ein Tarif vorhanden ist. Wir haben allerdings keine Ursache, Sie auf dem Wege, den Sie betreten haben, zu hindern. Vielleicht werden Sie in der Republik einmal einen Zeitpunkt erleben, wo Sie die deutschen Beamten, die ihrer Nation und damit ihrer Würde bewußten deutschen Beamten, suchen werden; ob Sie dann in dem Maße Deutsche finden werden, wie sie Ihnen nötig sein werden, damit sie als ein Korrektiv für manche Dinge gelten, die jetzt vorkommen, das ist die Frage. Es ist Ihre Sache, ob Sie den Weg weiter verfolgen wollen, der mit der gesamten Verwaltung des Staates auch dessen Grundlagen untergräbt und dem Ruine zuführt. (Potlesk na levici.)
10. Øeè posl. Grünznera (viz str. 1964 tìsnopisecké zprávy):
Meine Damen und Herren! Die Regierung und die Mehrheitsparteien scheinen es in diesem Jahre besonders auf die Staatsangestellten abgesehen zu haben. Knapp vor Torschluß, vor den Weihnachtsfeiertagen hielten sie es für angebracht, den Staatsangestellten zu jenem Gesetz, womit ihnen so großer Schaden zugefügt wird, noch eine Zugabe zu machen.
Die Regierungsvorlage, welche wir jetzt in Verhandlung haben, weist bereits eine einjährige Geschichte auf, sie feiert übermorgen ihren einjährigen Geburtstag. Vor einem Jahre, am 22. Dezember 1921 wurde diese Vorlage im Hause eingebracht, und als sie dem sozialpolitischen Ausschusse zugewiesen wurde, wurde die Kollegin Pechmanová als Referentin bestimmt. Die geehrte Kollegin Pechmanová, die ja doch eine Vertreterin von Staatsangestellteninteressen ist - ich kann es ihr nach fühlen - hat durchaus keinen Geschmack an dem Bericht über diese Vorlage gefunden. Sie hat das ganze Jahr hindurch diesen Bericht nicht erstattet. Diese Vorlage hat nicht weniger als viermal auf der Tagesordnung des sozialpolitischen Ausschusses gestanden und mußte mangels eines Referenten, weil Kollegin Pechmanová dieses Referat nicht erstattet hat, immer wieder abgesetzt werden. Endlich hat sich ein Retter in der Not gefunden in der Person des Kollegen Dubický von den Agrariern. Es tüberhaupt kennzeichnend und ganz sonderbar, daß in der letzten Zeit, wenn Staatsangestelltenangelegenheiten gesetzlich hier zu behandeln sind, sich keiner von den Fachleuten findet - ich glaube, die èechischen sozialistischen Parteien sind nicht arm an Fachleuten in ihren Fraktionen - son dern daß die Agrarier einspringen, die, wie man wohl annehmen kann, von Staatsangestelltenangelegenheiten wenig verstehen. Ich will ihnen durchaus ihre sonstigen Fähigkeiten nicht absprechen. Aber es gibt Fachmänner, die sich jahrzehntelang mit Staatsangestelltenangelegenheiten beschäftigt haben und auch heute noch diese Materie nicht zur Gänze beherrschen, viel weniger die Agrarier, die sich um derartige Angelegenheiten nie gekümmert haben. (Výkøiky na levici.)
Die Regierung und die Mehrheitsparteien sagen nun, daß mit diesem Gesetze ein Ausgleich innerhalb der verschiedenen Verwaltungszweige des Staates unter den Staatsangestellten herbeigeführt werden soll, ein Ausgleich der Kräfte und zugleich eine Verminderung von Entlassungen und Beurlaubungen auf Wartegebühr. Wenn es so wäre, so ließe sich dagegen nichts einwenden. Aber wie wir die Praktiken kennen, die in diesem Staat von dem Großteil der Bürokratie geübt werden, können und werden Sie uns nicht einreden, daß damit allein nur dieser Zweck verfolgt wird. Er kommt Ihnen gerade recht. Seit Jahr und Tag wird ja in der Öffentlichkeit die Phrase gedroschen vom Überfluß an Staatsangestellten, ganz besonders auf den Eisenbahnen, und da paßt es Ihnen, indem Sie sagen, es solle ein Ausgleich innerhalb der einzelnen Ressorts herbeigeführt werden. Zu diesem Ausgleich haben Sie nach Ihren Erklärungen keine Handhabe. Die Dienstpragmatiken, die für die verschiedenen Kategorien der Staatsangestellten bestehen, reichen nicht aus, sagt die Regierung im Motivenbericht, um diesen Ausgleich, diese dauernden Versetzungen durchführen zu können.
Wie schaut esdenn mit den Dienstpragmatiken aus? Für die Staatsbeamten besteht seit dem 25. Jänner 1914 die Dienstpragmatik, und da sagt der § 67, daß innerhalb des Ressorts Versetzungen durchgeführt werden können. Im § 73 ist die Beurlaubung auf Wartegebühr bestimmt und der § 22 der Dienstpragmatik für Staatsbeamte sieht sogar als Notvorkehrung auch eine vorübergehende Verwendung der Versetzung in ein anderes Ressort, also außerhalb des Verwaltungszweiges vor. Für die Kanzleioffizianten sind die Versetzungen mittels Verordnung geregelt, für die Eisenbahner durch eine Dienstpragmatik, die im § 29 die Versetzungen regelt, und für die Lehrer durch die Dienstpragmatik vom 18. Juli 1917. Dort wird auch die Versetzung innerhalb des betreffenden Dienstzweiges geregelt. Wenn aber - und es handelt sich doch der Regierung im allgemeinen um die Staatsbeamten, nicht so sehr um die Lehrer oder Eisenbahnbediensteten, sondern um die Staatsangestellten - nun § 22 der Dienstpragmatik diese Notvorkehrungen vorsiet, zu welchem Zwecke braucht dann die Regierung ein solches Gesetz, womit die Bestimmungen der Dienstordnungen durchbr chen werden? Es wäre doch ganz einfach gewesen. Man mag nur, wenn tatsächlich in einzelnen Verwaltungszweigen des Staates so viele Übelstände vorhanden sind, Ausschreibungen vornehmen, man mag den Leuten, die da vor allem zum Handkusse kommen müßten, wenn Reduzierungen und Entlassungen vorgenommen werden müßten, erklären: Willst du lieber in einen anderen Verwaltungszweig gehen, oder ziehst du die Entlassung vor? Ich bin überzeugt, der Zweck, der mit diesem Gesetz erreicht werden soll, würde auch auf diese Art erreicht werden. Die Regierung beabsichtigt, wie gesagt, mit dem in Verhandlung stehenden Gesetze diesen Grundsatz der Dienstordnungen zu durchbrechen, um an dessen Stelle das Prinzip der zwischenressortigen Versetzbarkeit der Staatsbediensteten einzuführen. Wohl wird in der Vorlage nur von einer Überganggszeittt bis Ende 1924 gesprochen. In der ursprüngli chen Vorlage, die vor einem Jahre in das Haus gebracht worden war, war der Termin bis Ende 1923 festgesetzt. Es mußte also um ein Jahr weiter hinausgeschoben werden, was auch wieder zurückzuführen ist auf den Mangel eines Referenten, der sich für diese Vorlage nicht finden wollte.
Es ist aber auch ein Vertragsbruch, der durch dieses Gesetz begangen wird, weil die Dienstordnungen doch einen Vertrag der Angestellten mit dem Staate darstellen, und durch dieses Gesetz n wird dieser Vertrag einseitig durchbrochen. Wenn die Regierung mit den Organisationen der Staatsangestellten darüber verhandelt hätte, ob sie mit einer Versetzung aus ihrem bisherigen Verwaltungszweige in einen andern und ob sie auch damit einverstanden wären, daß die §§ 22, 67, 72 und 29 der Dienstordnungen eliminiert oder zumindest auf bestimmte Zeit ausgeschaltet, außer Kraft gesetzt werden, wäre, wenn die Vertreter der Angestelltenorganisationen zugestimmt hätten, dagegen sicherlich nichts einzuwenden gewesen. Es ist sehr fraglich, ob mit diesem Gesetze die Dienstordnungen außer Kraft gesetzt werden können, und es wird vielleicht die Zukunft lehren, daß in einzelnen Fällen Konflikte entstehen werden, wo Beamte, wenn es zum Kritischen kommt, ihr Recht auf dem Rechtswege suchen werden. (Pøedseda Tomášek ujal se pøedsednictví.)
Im Motivenbericht beruft sich die Regierung auch auf andere Staaten, so unter anderem auf Österreich, Frankreich und Deutschland, wo ähnliche Vorkehrungen zum Ausgleich und zur Verminderung des Staatsangestelltenheeres durchgeführt worden seien. So verweist die Regierung beispielsweise auch auf die Verfügungen der österreichischen Bundesbahnen, nach welchen die Versetzbarkeit mittels Sanktion durchgeführt werden kann. Die Regierung sagt noch im Motivenberichte, daß sie in Österreich so gehandhabt wird, daß, wenn innerhalb 6 Wochen der Versetzte nicht an den neuen Dienstort abgeht, sich also sozusagen gegen die Versetzung auflehnt, seine Versetzung in den dauernden Ruhestand erfolgt und zwar nach einem Disziplinarverfahren, bei welchem sich der Betreffende zu verantworten hat. Wenn wir ein Staat wären, wie Österreich, Deutschland und auch Frankreich, ein national einheitlicher Staat, wo die Befürchtungen nicht bestünden, daß derartige Gesetze zur Verfolgung von Staatsangestellten, die Angehörige der Minderheitsnationen sind, verwendet werden, so ließe sich auch von unserem Standpunkt gewiß darüber reden, oder aber sagen wir, wenn die Èechoslovakei ein für alle Völker auf gerechter Grundlage aufgebauter Staat wäre. Aber man hat uns nach dem Umsturz nicht gefragt, ob wir in diesen Staat wollen, wie wir uns den staatlichen Aufbau und Ausbau vorstelen, kurzum, es wurde mit den Minderheitsvölkern nicht geredet, und deshalb sind auch die Minderheitsvölker als die Benachteiligten bei allen Gesetzen behandelt worden. Man berufe sich nicht etwa darauf, daß individuell jeder einzelne Mensch vor. dem Gesetze als Staatsbürger gleich sei. Das ist nicht die Gleichheit, die wir meinen und unter dem Begriff des Selbstbestimmungsrechtes oder der Autonomie verstehen. Die Gleichheit der Nation als Individuum muß festgesetzt werden, dann beruht ein Staat auf gerechter Grundlage. Das besteht hier nicht, und deshalb müssen wir befürchten, daß dieses Gesetz in erster Lin ie wiederum gegendie deutschen Beamten und Bediensteten angewendet werden wird. Es wird eine neue Handhabe sein zu Maßregelungen, zu Schikanierungen und Persekutionen, wenn auch die Regierung im Motivenbericht sagt, es sei das damit nicht beabsichtigt.
Wir haben erst in der letzten Zeit wieder eine ganze Reihe von Beispielen erlebt, wie in diesem Staat gegen die Angestellten der Minderheitsnationen vorgegangen wird. Ich will gar nicht von den vielen Hundert Versetzungen sprechen, die gleich nach dem Umsturz vorgekommen sind, ich will nicht sprechen von jenen Versetzungen, die erfolgt sind auf die Wiedereinstellung der en hoben gewesenen Bediensteten, die zum allergrößten Teile ungerechtfertigte Akte sind. Es besteht aber auch ein himmelweiter Unterschied zwischen den Einrichtungen, die die Arbeiter und Angestellten in diesem Staate errungen haben und jenen Einrichtungen, die in Deutsch-Österreich und Deutschland bestehen. Was haben wir hier an Personalvertretungen für die Angestellten des Staates? In einem einzigen Verwaltungszweig besitzen wir eine solche Personalvertretung, bei den Eisenbahnen. Man hat sie auch den Postbediensteten bereits vor einem Jahr versprochen, aber bis heute ist das noch nicht durchgeführt. Alle übrigen Verwaltungszweige entbehren noch einer solchen Vertretung. Ja, aber auch diese Vertretung bei den Eisenbahnen ist nicht besonders viel wert, im nächstjährigen Budget sind ja schon 130.000 K von dieser Einrichtung gestrichen worden, weil man sie nicht das ganze Jahr aufrecht bestehen lassen will. Diese Personalvertretung bei den Eisenbahnen hat aber kein Recht, in die Versetzungsfragen mit hineinzureden, etwaige Entscheidungen mitherbeizuführen. Wie schaut es dagegen in Österreich aus? Dort besteht eine Personalvertretung, die ein Recht eingeräumt bekommen hat, das soweit geht, daß keinerlei Personalverfügungen getroffen werden dürfen ohne Einvernehmen mit dieser Personalvertretung. Wenn wir nach Deutschland blicken, müssen wir konstatieren, daß dort für die Angestellten Betriebsräte bestehen. Nichts dergleichen aber ist in der Èechoslovakei. Wir haben im sozialpolitischen Ausschuß schwer darum gekämpft und gerungen und haben besonders an die èechischen sozialistischen und sozialdemokratischen Vertreter appelliert, sie mögen zumindest für den einen unserer vielen Anträge stimmen, daß nämlich bei Versetzungen das Einvernehmen mit den Personalvertretungen, soweit solche bestehen, in einzelnen Verwaltungszweigen, und wo dies nicht der Fall ist, mit den Vertretern der zuständigen Fachorganisationen gepflogen wird. Aber die Herrschaften sind kühl darüber hinweggegangen und haben unseren Antrag, wie sie es immer tun, abgelehnt.
Ich habe bereits erwähnt, daß wir eine Unmasse Erfahrungen inbezug auf Verfolgungen und Versetzungen im Laufe der Zeit gemacht haben. In der jünsten Zeit können wir auf Marienbad weisen, wo die Post- und Steuerverwaltung Aufforderungen an die jüngsten Bediensteten hat ergehen lassen, um Versetzung anzusuchen. Das gleiche ist in Mähren und Schlesien geschehen. Vor einigen Tagen erst wurden in Bodenbach Versetzungen einer Masse Eisenbahnbediensteter in Aussicht gestellt. Arbeiter, die schon bis 30 Jahre dienen, die im Tetschener Gebiet ansässig sind, in den Gemeinden Loosdorf und Binsdorf und so weiter wohnen, werden infolge Nachlassens des Elbeschiffverkehrs vor die Wahl gestellt, entweder sich versetzen zu lassen oder in Pension zu gehen. Man setzt ihnen sozusagen das Messer an die Kehle: Entscheide Dich! Und als sich die Leute momentan nicht entscheiden konnten, hat man ihnen gnädig zwei Tage zu dieser Entscheidung gewährt. Woher rührt denn eigentlich das Nachlassen des Verkehrs in Laube? Wo liegen die Ursachen? Das ist doch ein künstlich herbeigeführter Zustand, in dem man den Schifffahrtsverkehr eben in die Moldau hereinleitet und den Verkehr in Laube vollständig ausschalten will, wodurch dort eine ganze Masse, ich glaube einige 70 Bedienstete, überzählig werden, die dann vor die Wahl der Versetzung gestellt werden.
Im Motivenbericht erklärt die Regierung auch, daß kein Anlaß zu Befürchtungen wegen Persekutionen oder Schikanen vorhanden sei, in dieser Richtung sei die bisherige Praxis fehlerfrei und habe noch keinen Anlaß zu Beschwerden gegeben. Meine Herrenman weiß nicht, soll man diese Begrunuung als eine Ironie der tatsächlichen Begebenheiten, wie sie sich seit einigen Jahren abgespielt haben, oder als eine Frotzelei der Volksvertretung dieses Sta ates bezeichnen. Es kann doch unmöglich sein, daß die Herren von den Vorkommnissen in den verschiedenen Gebieten des Staates, von Drangsalierungen der Staatsangestellten nichts wissen können. Es ist also eine Ironie oder eine Frotzelei. Wir können auch nachweisen, daß vor ganz kurzer Zeit sieben Wächter in der Strecke Halbstadt-Braunau, hintereinander stationierte Streckenwächter, auf einen Schlag versetzt wurden. Wir sind bei der Verwaltung eingeschritten, haben eine Begründung dieser Versetzungen verlangt, wir wiesen darauf hin, daß es unmöglich sein kann, daß solche Versetzungen in derart großer Anzahl aus dienstlichen Gründen erfolgt sein können. Diese Versetzungen erfolgen rein aus politischen Gründen. Herr Kollege Laube hat im soz alpolitischen Ausschuß auch noch eingewendet, die Vorlage sei ja ganz harmlos, wir überschätzten sie. Es wurde darauf verwiesen, daß die nationaldemokratischen Beamten von ihren Posten nicht wegwollen und Herr Kollege Brožik gab zu, daß zw ar Übergriffe seitens der Bürokratie vorkommen und man wohl die Organisationen anhören könne, aber die Entscheidung müsse der Verwaltung vorbehalten bleiben. Das heißt mit anderen Worten das Aufgeben des Rechtes als Partner bei den Verhandlungen. Es wurde auch darauf verwiesen, daß wir ja als Volksvertreter die Kontrolle über die Bureaukratie haben. Ich bezweifle es, abgesehen von uns, von den oppositionellen Parteien, ich bezweifle es aber sogar, daß die Mehrzahl der der Koalition angehörigen Parteien eine Kontrolle über die Bureaukratie bisher ausgeübt hat oder in Zukunft ausüben wird.
Herr Berichterstatter Dubický hat es im sozialpolitischen Ausschuß auch zu bestreiten gesucht, daß die Bureaukratie nicht gegen die deutschen Angestellten vorgehe, Herr Dubický hat uns auch noch eine Belehrung gegeben, er hat sich sozusagen auch schon als Lehrer aufgespielt, uns die Loyalität zu predigen. Er hat gemeint, weil im Motivenbericht der Vorlage auf das Bodenamt hingewiesen ist, das in der nächsten Zeit Kräfte brauchen und große Aufgaben zu lösen haben wird, es hänge unsere Zulassung zum Bodenamt rein von unserem Verhalten ab. Also, auch Herr Dubický maßt sich schon an, uns Lehren zu erteilen, wie wir uns zu verhalten haben, um etwa in irgend einem Amt zugelassen zu werden. Meine Herren, wenn Sie glauben, mit diesen Methoden die Opposition zu besiegen, so werden Sie sich irren. Das ist nicht die Art, wie man uns zu Mitarbeitern gewinnt, wie man sich bei den Minderheitsnationen Vertrauen schafft, die bisher im unterdrückten Verhältnis gelebt haben.
Wir haben zu dieser Vorlage einen Abänderungsantrag gestellt, in welchem wir verlangen, daß der § 1 der Vorlage gestrichen wird und an dessen Stelle eine andere Fassung zu setzen ist. Wir wollen es noch einmal versuchen und wollen die sozialistischen Parteien der Koalition vor die Frage stellen, ob sie damit einverstanden sind, daß die Staatsverwaltung genau so wie jeder Privatunternehmer endlich dazu veranlaßt und gezwungen ist, mit den Organisationen, bzw. mit den Vertretern der Staatsangestelltenorganisationen in Verhandlung zu treten. Ich kann aber auch nicht umhin, noch auf zwei Umstände zu verweisen, wie stark bereits die Reaktion in diesem Staat vorgeschritten ist, ich kann nicht umhin, zwei Fälle aufzuzeigen, die sich in der letzten Zeit ereignet haben und die ein klassisches Beispiel dafür sind, wie dieses soeben in Verhandlung stehende Gesetz in der allernächsten Zeit angewendet werden wird. Ein Oberstaatsanwalt, der bei einer Vorsprache beim Ministerpräsidenten Švehla mitzugegen war, wurde von diesem über die Rechte und Pflichten der Staatsangestellten belehrt und wie man vernommen hat, soll dieser Staatsanwalt auch zur Verantwortung gezogen worden. Ein Funktionär des Vereines der Steuerbeamten in Böhmen Namens Kanosch haten Zirkular untersch rieben, in dem die Solidarität mit den Beschlüssen und Forderungen des "odborové ústøedí", der Vereinigung der èechischen Staatsbeamten, ausgesprochen worden ist. Auch gegen diesen Mann soll die Disziplinaruntersuchung eingeleitet worden sein. Ich glaube, es wäre Pflicht der èechischen sozialistischen Parteien, hier endlich aufzustehen und mit aller Macht und Entschiedenheit dagegen Protest einzulegen. Man kann begierig sein, ob sich unter den èechischen Parteien jemand finden wird, die Re ierung zu interpellieren und zur Verantwortung zu ziehen.
Wir von unserem Standpunkt lehnen dieses Gesetz ab. Wir wollen uns nicht mitschuldig machen an den Schädigungen der Staatsangestellten, an den Verfolgungen, Schikanierungen und Unterdrückungen derselben. Wenndie èechischen sozialistischen Parteien es auf ihr eigenes Kerbholz nehmen wollen, wir werden sie daran nicht hindern. (Souhlas na levici.)
11. Øeè posl. inž. Kalliny (viz str. 1981 tìsnopisecké zprávy):
Meine Damen und Herren! Das höchste Gut des Volkes ist die Volksgesundheit. Diese zu hegen und zu pflegen ist nicht nur Pflicht, sondern auch vornehmste Aufgabe jeder Volksvertretung. In der Èechoslovakischen Republik wurde diesem Verantwortungsgefühl wenigstens nach außen Rechnung getragen durch die Errichtung eines besonderen Ministeriums für Volksgesundheit. Ob dieses Ministerium bisher auch seiner Pfliccht, sich mit allem Nachdruck für die Hebung der Volksgesundheit ein zusetzen, nachgekommen ist, kann füglich bezweifelt werden, nd zwar insbesondere mit Hinweis auf den in Verhandlung stehenden Gesetzesantrag. Schon im alten Österreich hat man der Durchführung sanitärer Aufgaben entsprechendes Augenmerk entgegengebracht und es wurden in den letzten Jahrzehnten verschiedentlich gesetzliche Maßnahmen beschlossen, die die Anstellung von Gemeinde- und Distriktsärzten zum Ziele hatten. In Erkenntnis der hohen Wichtigkeit dieser sozialhygienischen Einrichtung wandte man das Augenmerk besonders dem flachen Lande zu, wo die Ansiedelung von Ärzten wegen der mangelnden materiellen Sicherstellung von vornherein auf große Schwierigkeiten stieß.
Trotz der klaren Erkenntnis dieser Sachlage und der berechtigten Wünsche der Bevölkerung, trotz der schönsten Vorschläge, die von allen Seiten gemacht wurden und die auf eine immer größere Erweiterung des Wirkungsgebietes hinausliefen, scheiterten diese Bestrebungen zum Großteile an den geringfügigen finanziellen Mitteln, die für diesen Zweck bereitgestellt wurden. Es ist ganz gewiß mit Recht behauptet worden, daß mit dem Gesetze vom 15. April 1920 auf diesem Gebiete neue Möglichkeiten eröffnet und ein Schritt nach Vorwärts getan wurde. Es - muß aber auch festgestellt werden, daß, wie bei so vielen Gesetzen, die in diesem Parlamente fabriziert wurden, auch bei diesem Gesetze überhastet gearbeitet wurde, sodaß sich binnen kurzer Zeit die Notwendigkeit ergab, Abänderungen vorzunehmen. Das Durchführungsgesetz vom 13. Juli 1922 steht in vielen Punkten in krassem Widerspruch zu den Bestimm ungen des erstgenannten Gesetzes. Die größten Schwierigkeiten haben sich auf dem Gebiete der materiellen Sicherung der Ärzte ergeben. Während das Gesetz vom Jahre 1920 die Anstellung der Ärzte auf Grund der Staatsbeamtennormen festlegte, wurde im Gesetz vom Jahre 1922 die Anstellung auf Grund einzeln abzuschließender Dienstverträge angeordnet und zwar sollten diesen Verträgen Dienstbezüge im Betrage von jährlich 10.000 bis 24.000 K zugrunde gelegt werden. Die Unsicherheit dieser Regelung hat ihren Grund in erster Linie darin, daß diese Ärzte ihre Tätigkeit nur im Nebenamte ausüben können, da ja bei der geringen Höhe der in Aussicht genommenen Bezüge an einer Bestreitung des Lebensunterhaltes nicht gedacht werden kann.
Schon aus dem bisher Angeführten ist zu ersehen, daß wir es hier mit einem Tasten und Suchen nach irgend ei ner Lösung zu tun haben und daß weder die Regierung, noch die Mehrheitsparteien den Mut aufbringen, auf diesem wichtigsten gebiete der sozialen Fürsorge eine großzügige Lösung herbeizuführen. Selbstverständliche Voraussetzung einer solchen Lösung wäre aber die entsprechende Bereitstellung großer Mittel, denn nur diese würden eine zweckdienliche und erfolgreiche Arbeit überhaupt ermöglichen. Es ist bezeichnend, daß es nicht an Forderungen und Vorschlägen mangelt, den Arbeitsund Wirkungskreis der ärztlichen Funktionäre festzusetzen und allenfalls zu erweitern, daß man sich aber andererseits scheut, und zwar sind es dieselben Parteien, die hiezu unbedingt nötigen Mittebereitzustellen.
Für den Moloch Militarismus wirft man in diesem Staate trotz der furchtbaren Wirtschaftslage jährlich mehr als vier Milliarden Steuergelder zu Tempel hinaus, und zwar ohne jeden zwingenden Grund, da wir doch in einer freien Republik leben, wie die Machthaber immer wieder verkünden, die ihre Gründung dem gemeinsamen Willen der diesen Staat bewohnenden Völker verdankt. Zur Sicherung einer solchen demokratischen Republik sind jedoch solch ungeheuerliche militärische Machtmittel nicht notwendig und es wäre Pflicht der Regierung in diesem Staate, all diese unproduktiven Ausgaben einzustellen und sie zur großzügigen Lösung all der groß en Fragen auf sozialpolitischem Gebiete und in erster Linie zur Lösung der eben besprochenen sozialhygienischen Aufgaben zu verwenden. Der Grund, warum wir heute Gelegenheit haben, uns wieder mit dieser Gesetzesmaterie zu befassen, liegt bezeichnenderweise auf rein finanziellem Gebiete, doch nicht, wie man erhoffen sollte, weil die Regierung sich mit dem Gedanken trägt, den für diesen Zweck in Aussicht gestellten Betrag von rund 40 Millionen Kronen im Intteresse der Volksgesundheit zu erhöhen, sondern im Gegenteil, getragen von der Absicht, diesen geringfügigen Betrag noch um fast 16 Millionen zu verringern. Der Herr Gesundheitsminister war in der gestrigen Ausschußsitzung bemüht, unter Anführung einer Reihe sehr fadenscheiniger Gründe mit einer, was ich anerkennen muß, glänzenden Sophistik den Beweis zu erbringen, daß der vorgelegte Gesetzesantrag eine Änderung des § 8 des Gesetzes vom 13. Juli 1922 bezweckt und von der Regierung nur deshalb eingebracht wurde, um die im Hauptgesetze vorgesehenen sozialhygienischen Aufgaben besser bewältigen zu können.
Es ist ihm auch gelungen, die Vertreter der Mehrheitsparteien soweit von seiner Anschauung zu überzeugen, daß sie wohl für den Regierungsantrag stimmten, aber ich glaube mit ruhigem Gewissen behaupten zu können, daß dies jeder der einzelnen Herren Kollegen nur in dem Bewußtsein tat, daß es sich um den Abstrich von 20 Millionen handelt, der bei dem Kapitel "Gesundheitswesen" wohl auf Grund der Konferenzen im Zwanzigerausschusse und im Ministerrate beschlossen wurde, wo über Forderung Dr. Rašíns perzentuelle Abstriche bei allen Ressorts gefordert wurden. Im § 1 des Gesetzesantrages wird nämlich festgesetzt, daß die in Aussicht genommene Mindestvergütung von 10.000 Kronen auf 3600 Kronen herabgesetzt werde, und daß außerdem dem Absatze 4 des § 8 der Satz hinzugefügt werde: "Ein Drittel der vertragsmäßigen Bezüge gilt als außerordentliche Zulage und entspricht den außerordentlichen Zulagen der Staatsbeamten". Hieraus ist zu ersehen, daß man die Hungerbezüge von 10.000 Kronen bei gleichbleibendem Pflichtenkreis nicht nur auf 3600 Kronen herabgesetzt hat - bei der in diesem Staate gewohnten Praxis und Protektionswirtschaft muß man außerdem annehmen, daß diese niedrigsten Bezüge nur für die deutschen Ärzte Geltung haben werden - sondern daß außerdem noch ein Drittel dieser Bezüge rašiniert, das heißt abbaufähig gestaltet wird. Es ist mithin geplant, den deutschen Ärzten ihre umfangreichen Dienstleistungen - im Jahre 1908 wurde vom Landesausschuß für Böhmen errechnet, daß ein Distriktsarzt durchschnittlich jährlich 2264 Arbeitsstunden seinen distriktsärztlichen Obliegenheiten widmen muß - eine jährliche Vergütung von 2400 Kronen zuzubilligen, was ungefähr dem Einkommen Dr. Rašíns in einer Viertelstunde entsprechen dürfte. Es ist wohl mit Recht anzunehmen, daß das Gesundheitsministerium nur mit den èechischen Ärzten Verträge auf Grund höherer Dienstbezüge abschließen wird. Wir sind nicht in der Lage, den Versicherungen von Regierungsseite Glauben zu schenken, daß hier gerecht vorgegangen werde, und daß sich das Ministerium von rein sachlichen Beweggründen werde leiten lassen. Müssen wir doch auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens feststellen, daß unsere berechtigten Forderungen unerfüllt bleiben und haben wir allen Grund zu befürchten, daß gerade auf diesen Gebieten die Regierung von ihrem freien Ermessen nicht nur zum größten Schaden der deutschen Ärzte, sondern, was noch viel schwerer wiegt, zum größten Schaden der betroffenen deutschen Bevölkerung Gebrauch machen wird.
Aus all diesen angeführten Gründen wird meine Partei gegen diesen Gesetzesantrag und für den auf Übergang zur Tagesordnung stimmen und ich möchte nur noch darauf hinweisen, daß es geradezu ein Verbrechen an den geistigen Arbeitern dieses Staates ist, in dem Zeitpunkte der größten Wirtschaftskrise, deren Ende gar nicht vorauszusehen ist, an einen noch weiteren Abbau der an und für sich zur Deckung des notwendigsten Lebensbedarfes nicht hinreichenden Bezüge auch nur zu denken. Schon bei dem verbrecherischen Anschlag auf die Lehrerschaft haben wir es erlebt, daß nach Ablauf weniger Wochen wieder die alten Bezüge eingeführt werden mußten und ich möchte die sich mir jetzt bietende Gelegenheit nicht versäumen, sowohl die Regierung als auch die Mehrheitsparteien aufzufordern, das vor wenigen Tagen beschlossene Staatsbeamtengesetz zurückzuziehen - die bevorstehenden Beratungen im Senate geben ja hiezu die beste Gelegenheit - da nach dem eingetretenen Sturz der èechischen Krone auch der glühendste Verehrer Dr. Rašíns mit seiner Finanzpolitik einen solchen ungeheuerlichen Betrug, wie er an den Staatsbeamten mit Hinweis auf den Preisabbau eingeleitet wurde, unmöglich verantworten kann. (Souhlas na levici.)
12. Øeè posl. dr. W. Feierfeila (viz str. 1983 tìsnopisecké zprávy):