Pøíloha k tìsnopisecké zprávì
o 221. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve støedu dne 31. øíjna 1923.
1. Øeè posl. Kreibicha (viz str. 50 tìsnopisecké zprávy):
Und nun zum Exposé des Herrn Ministers des Äußern. Wir müssen zugestehen, daß dieses Exposé, das uns der Herr Minister gestern erstattet hat, wohl das reichhaltigste und überdies auch das verhältnismäßig konkreteste war, das wir von ihm bisher gehört haben. Der Herr Minister ist diesmal ausnahmsweise von der diplomatischen Methode, zu reden und nichts zu sagen, in manchen Punkten abgewichen und hat sich jeder rosigen Schilderung der Lage in Europa enthalten. Und gerade diese Sätze sind ein indirektes Eingeständnis des Bankerotts der Ordnung, die im Jahr 1919 geschaffen wurde. Diese Worte sind auch ein Zeichen des Ernstes der Lage in Europa. Umso bezeichnender aber ist in diesem Exposé die Behandlung gerade der wichtigsten Punkte, z. B. der Reise des Herrn Präsidenten Masaryk nach Paris, in Bezug auf das Verhältnis zu England und zu Rußland; gerade da ist der Herr Minister in allgemeinen Redensarten stecken geblieben. Es wäre gewiß verlockend, auf die Einzelheiten des Exposés einzugehen, vor allem z. B. auf die demokratisch pazifistischen Völkerbund-Zukunftshoffnungen, die hier ähnlich wie in der Rede des Herrn Präsidenten wiederum herauszuhören sind. Man ist versucht, gegenüber diesem Teil des Exposés des Herrn Ministers und auch der Rede des Herrn Präsidenten ein Wort zu variieren, das einst Heinrich Heine dem Revolutionsdicht er Herwegh zugerufen hat: "Nur in Deinen Reden und Deinen Büchern liegt der Völkerfrühling, den du besingst". Es wäre ferner recht verlockend zu untersuchen, in wieweit es dem Herrn Minister gelingen wird, die von ihm erstrebte Demokratie in Europa zu erkämpfen in einem Bündnis mit Rumänien, mit der Regierung der rumänischen Bojaren, die ihre Bauern ausschinden und die Arbeiterschaft niederhalten, in Verbindung mit den Belgrader Machthabern, die gegenüber dem kroatischen Volke als Usurpatoren auftreten, die die Arbeiterbewegung niedergeschlagen haben und die gegenüber den Mazedoniern, Albaniern und Montenegrinern fast als Mörder auftreten. Es wäre auch verlockend, einiges über die Abrüstungshoffnungen zu sagen, in einer Zeit, wo die drei wichtigsten Waffen, Giftgase, Aeroplane und Unterseeboote ausgestaltet worden sind, wie nie zuvor, wie auch niemals durch den deutschen Militarismus und während des ganzen Weltkrieges. Es wäre auch verlockend, einiges über das Verhältnis zu dem bankerotten Polen zu sagen, dessen Regierung heute in einem schweren Kampf steht mit der eigenen Arbeiterklasse - u. zw. mit der gesamten - auch mit dem Teil des polnischen Proletariats, der Jahre hindurch unter Führung der sozialdemokratischen Partei der polnischen Regierung aus Patriotismus Gefolgschaft geleistet hat. Es wäre weiter verlockend zu untersuchen, in wieweit dieses vom Herrn Minister gewünschte freundschaftliche Verhältnis zu Polen nicht nur erkauft werden soll - was nicht so wichtig wäre - mimit dem Verlust der Javorina, sondern auch erkauft werden soll mit einer Anpassung der èechoslovakischen Politik an die Politik des heutigen Polen und mit einer Aussöhnung mit der Unterdrückung der Ukrainer und Weißrussen durch die heutige polnische Regierung, was schließlich auch ein Beitrag zur slavischen Politik des Herren Ministers wäre.
Auch über die ungarische Frage ließe sich manches sagen. Vor allem wäre es notwendig, zu wissen, inwieweit das Entgegenkommen der Kleinen Entente und besonders der èechoslovakischen Außenpolitik gegenüber Ungarn auf eigene Initiative oder auf den Druck der Entente zurückzuführen ist, bei der Horthy bekanntlich Liebkind ist, in Paris wie auch in London. Und es wäre interessant zu wissen, ob man Ungarn auch so harte Bedingungen stellen wird, wenn man ihm ein Darlehen gewährt, wie jene, die Österreich vor einem Jahre aus der Reihe der selbständigen Staaten ausgelöscht haben.
Aber wir wollen diesen Verlockungen widerstehen und uns auf die Hauptsachen konzentrieren. Einer der Hauptpunkte ist zunächst der Besuch des Herrn Präsidenten in Paris. Ich muß sagen: wir bewundern den Mut, mit dem der Herr Präsident der Èechoslovakischen Republik es gewagt hat, gerade jetzt nach Paris zu geben, in einer Zeit, wo Frankreich durch die Politik Poincarés fast in der ganzen Welt isoliert wurde, wo die französische Presse gegen alle Welt hetzt und mit der ganzen Welt unzufrieden ist, in einer Zeit, wo Frankreich, wo Paris, fast von allen Staatsmännern sozusagen boykottiert wird, wo sich jeder Staatsmann ängstlich hütet, dem Herrn Poincaré zu nahe zu kommen und dadurch in das falsche Licht zu geraten, mit dessen Politik irgendwie enger zusammenzuhängen. Ich erinnere nur an den Bes ch des Herrn englischen Premiers Baldwin in Paris. Obwohl England und Frankreich gewiß heute immer noch sehr gute Alliierte und Freunde sind, so hat Herr Baldwin diesen Besuch in sehr ängstlicher Hast abgetan und ist sehr rasch wieder davongefahren. Er hat vor allem während seines Besuches in Paris sehr ängstlich geschwiegen, um sich nicht zu kompromittieren. Als einziger hat es der Herr Präsident der Èechoslovakischen Republik gewagt, in Paris zu erscheinen. Es ist kein Wunder:...
Pøedseda (zvoní): Žádám pana øeèníka, aby nezapomínal, že ve smyslu ústavy za hlavu státu odpovídají ministøi. (Výkøiky komunistických poslancù.)
Posl. Kreibich (pokraèuje): Es ist kein Wunder, wenn der Empfang des Herrn Ministers in Paris, der den Herrn Präsidenten begleitet hat, so festlich war. Denn schließlich kann man diese Freude Poincarés begreifen. Selbst dem moralisch verkommensten Menschen ist die Gelegenheit willkommen, sich einmal mit einem anständigen Menschen auf der Gasse zeigen zu dürfen, und diese Gelegenheit hat Herr Poincaré schließlich und endlich mit großer Freude beim Schopfe ergriffen. (Souhlas stoupencù øeèníkových.) Ich muß sagen, wenn sich Männer, wie die heutigen Leiter der èechoslovakischen Politik mit ihrer Vergangenheit heute auf der Straße der Weltpolitik gemeinsam mit Millerand und Poincaré zeigen, so ist der moralische Gewinn davon nur auf Seiten der Herren Millerand und Poincaré und zwar ganz auf Kosten der Vertreter der Èechoslovakischen Republik. (Sehr richtig! Výbornì!) Es war eine Bosheit, aber eine verdiente Bosheit, wenn der "Temps", das halb oder eigentlich fast ganz offizielle Organ des französischen Außenministeriums in seinem Begrüßungsartikel gerade auf den Gegensatz zwischen den Ideen, die von der Leitung der Politik der Èechoslovakei ertreten werden, und den Ideen des Philosophen und Humanisten Masaryk, auf den Widerspruch zwischen diesen Ideen und der gegenwärtigen europäischen Wirklichkeit, wenn der "Temps" gerade hier jenen Ausspruch zitiert hat, den Masaryk in seinem Buche "Ru ßland und Europa" dem Mönch gegenüber anwendet, der vor einem Heiligenbilde betet - ich zitiere aus dem èechischen Original: Já jsem mìl v mládí tuto víru. Ale tato dìtinskost uprchla navždy, ponìvadž dìtinskost musí ustoupiti mužnému vìku!". Der "Temps" spricht hier die Hoffnung aus, daß die "dìtinskost", d. h. die Philosophie, dem "mužnému vìku", dem Politiker den Platz einräumen möge. Etwas bleibt bei solchen Begegnungen eben immer hängen. Und sehr viel bleibt von dieser Pariser Entrevue auch an der Leitung der Politik der Èechoslovakei hängen. Es ist in Paris viel geredet worden Man war nicht sparsam mit Worten. Manches schöne Wort von humanitären und pazifistischen Idealen ist gesprochen worden, so daß es fast schon aussah, als wenn diese Worte angewendet worden wären, um den Kontrast zwischen diesen Idealen und der heutigen Politik in Europa, vor allem der heutigen Politik Frankreichs, recht deutlich hervortreten zu lassen. Aber am unglücklichsten waren die Worte der Vertreter der Èechoslovakischen Republik dort, wo sie versuchten, eine Brücke zu schlagen zwischen ihren philosophischen Ideen und denen der heutigen französischen Politik. Bei diesen sowie bei manchen anderen Worten, die in Paris gefallen sind, möchte man das bekannte lateinische Wort zitieren oder variieren "Si tacuisses, philosophus mansisses". - "Wenn Du geschwiegen hättest, wärest Du ein Humanist, ein Pazifist und ein Demokrat geblieben." Wir be greifen, daß ein Politiker, der Repräsentant eines Staates, mit sehr vielen Leuten reden muß, daß er gezwungen ist, mit Vertretern anderer Staaten zu reden, daß er sie sich nicht aussuchen kann, und verüble es nicht, wenn ein Vertreter der Èechoslovakei gezwungen ist, mit derr französischen Regierung zu verhandeln. Aber wogegen wir uns wenden, das ist, daß diese Gelegenheit benützt wird, um die heutige französische Politik mit philosophischen, humanitären und demokratischen Ideen zu drappieren; es ist das nichts anderes, als eine Verhüllung der Wahrheit. Denn was hat eigentlich die heutige Politik Millerands und Poincarés mit Humanismus und Pazifismus, mit Demokratie und Frieden zu tun? Diese Politik ist die größte Gefahr für ganz Europa, ist die Hauptursache der ganzen Krise, in der sich Europa heute befindet. Die Politik Poincarésund in diesem Punkte muß ich dem Exposé des Herrn Ministers schärfstens widersprehen-hat seit der Ruhrbesetzung mit Reparationen und der Durchführung des Versailler Friedens absolut nichts mehr zu tun. Es wird von der Gefährdung des Versailler Friedens ge sprochen. Aber diese Gefährdung ist, und das ist selbst von englischer Seite damals festgestellt worden, durch den Einmarsch in das Ruhrgebiet schon längst eingetreten, der Versailler Vertrag zerrissen worden. Ich will hier Tatsachen anführen, die zeigen, daß die Politik Poincarés alles andere ist, nur keine Politik zur Erlangung der Reparationen. Am 26. Juli 1922 hat Poincaré einige der bedeutendsten Journalisten, darunter Pertinax und den inzwischen verstorbenen Philipp Millet, empfangen. Im "Populaire" sind damals Äußerungen Poincarés veröffentlicht worden, und es ist niemals, trotzdem sie öfters wiederholt worden sind, ein Dementi erfolgt. Diese Äußerungen lauteten damals: "Ich lehne es ab, unsere Diplomatie von unseren Finanzen abhängig zu machen. Ich weiß, daß eine pekuniäre Wunde nicht tödlich ist; wir gehen ganz einfach - und ich fühle mich dabei sehr wohl - der dauernden Besetzung des linken Rheinufers entgegen. Mir für meinen Teil würde es weh tun, wenn Deutschland zahlte, denn dann müßten wir das Rheinland räumen und würden den Nutzen unserer Experimente verlieren, die wir unternehmen, um friedlich, aber mit den Waffen in der Hand" - sehr hübsch ausgedrückt - "die Bevölkerung am Ufer des Grenzflusses zu erobern. Halten Sie es für besser, das Geld einzukassieren, oder neues Gebiet zu erwerben? Ich für meinen Teil ziehe die Besetzung und Eroberun dem Geldeinstreichen und Reparationen vor. Darum werden Sie es verstehen, wenn wir eine starke Armee, einen Waffenpatriotismus brauchen und daß das einzige Mittel, den Versailler Vertrag zu retten, darin besteht, es so zu arrangieren, daß unsere Gegner, die Besiegten, ihn nicht einhalten können. Wenn Deutschland die in Versailles eingegangenen. Verpflichtungen erfüllte, wäre es um die Macht unserer Armee getan, dann müßte abgerüstet werden." Ich glaube, diese Worte bedürfen keines Kommentars.
Auf der Jännerkonferenz im Jahre 1923, die der Ruhrbesetzung vorausging, hat sich Poincaré gegen den von Bonar Law ausgearbeiteten Zahlungsplan, der für Frankreich äußerst günstig war, ausgesprochen und damals gesagt, es wäre ein Unglück, wenn Deutschland sich der Schuld entledigen könnte; denn in diesem Fall würde Deutschland wiederum ein gefährlicher Konkurrent auf dem Weltmarkte werden. Klar und deutlich zeigt das: Poincaré will gar keine Reparationen, er will gar keine Erledigung der deutschen Reparationsfrage, will gar keine Beilegung der deutschen Krise. Poincaré ist in das Ruhrgebiet gegangen, obwohl er wußte, daß damit die Eintreibung der Zahlungen von Deutschland aufhören wird. Er verfolgt ein anderes Ziel mit seiner Politik. Ihm handelt es sich um die Lösung der großen Frage der Vereinigung der Ruhrkohle mit dem lothringischen und elsässischen Eisenerz. Das war das Ideal, der deutschen Imperialisten während des Weltkrieges, das war die Grundlage ihres Annexionsprogramms, die Annexion des Erzbeckens von Briey, und das war das Ziel der französischen Imperialisten. Poincaré will heute holen, was damals der Versailler Friede dem französischen Imperialismus nicht gebracht hat, was der französische Imperialismus damals schon, freilich vergeblich, forderte. Er will das Ruhrgebiet unter die Vorherrschaft des französischen Kapitals bringen und darum verhindert nd sabotiert er das Reparationsproblem und daher auch letzthin sowohl von Poincaré wie noch schärfer im "Temps" die brüske Ablehnung des amerikanischen und englischen Vorschlages, darum die Loslösung des Rheinlandes und der Pfalz mit Hilfe von bezahlten Schurken, den deutschen Separatisten; denn es ist erwiesen -, und es gibt kein englisches Blatt, das das bestreiten würde, - daß die ganzen separatistischen Kravalle und Putsche im Rheinland, nichts anderes als das Werk von Frankreichs bezahlten Agenten sind und mit Hilfe der französischen Besatzungsarmee durchgeführt werden. Das alles ist offener Bruch des Versailler Friedens, der Versailler Frieden ist durch Poincaré schon zerrissen, schon zerfetzt. Lesen sie die englische und italienische Presse. Jede ihrer Äußerungen zeigt deutlich, daß überall diese Wirkung der Poincaréschen Politik empfunden wird, überall auch ein Abrücken der Alliierten von dieser Politik. Ich verweise auf die Rede des südafrikanischen Premierministers Smuths auf der Reichskonferenz in London, wo er von der furchtbaren Politik Frankreichs sprach. Ich verweise auf die letzte Rede Baldwins in Plymouth am 25. d. M., wo er von der Zerstörung Deutschlands sprach und die Losreißung von Teilen Deutschlands als Bruch des Friedens von Versailles bezeichnete. So scharf u. so klar drückt sich der englische Priemierminister aus zum Unters chied von dem Exposé, das wir gestern gehört haben. Um eine italienische Stimme zu zitieren: Der "Corriere della Sera", eines der bedeutendsten italienischen bürgerlichen Blätter, schreibt am 25. Oktober: "Frankreich handelt es sich nicht mehr um die Erlangung von Reparationszahlungen, sondern um die Zerschlagung Deutschlands. Frankreich ist bereit, mit jedem dauernden Verzicht auf Geld, die Sicherheit zu erkaufen, daß Deutschland endgültig niedergeworfen wird." Und am 27. Oktober deutet das Blatt den Standpunkt Frankreichs so, daß, wenn Frankreich die Wahl hätte zwischen einem wiederhergestellten Deutschland, das zahlt, und einem der Anarchie verfallenen zahlungsunfähigen Deutschland, es das zweite vorziehen würde. Das ist der Standpunkt, die Ansicht in den alliierten Ländern über die Politik Poincarés; hier liegt auch der Kernpunkt der deutschen Frage, der heutigen Krise Deutschlands, so wie es der Herr Minister gestern selbst sagte; und wir anerkennen dieses Zugeständnis, daß das heute der Angelpunkt der ganzen europäischen Politik und der Lage ist. Hier liegt die Ursache dieser Krise und nicht bei den Reparationen.
Wir wissen, daß die deutsche Krise mit herbeigeführt wurde durch innere Ursachen, dadurch, daß die deutschen Kapitalisten nicht nur keine Reparationen zahlen wollten, sondern daß sie nicht nur die Zahlung der Reparationen, sondern auch die eigene Bereicherung aus den Taschen des arbeitenden Volkes, des Mittelstandes und des Staates herauspressen wollten. Wir wissen, daß die Krise Deutschlands verschuldet wurde, weil es keine Regierung hatte, die den Mut gehabt hat, gegen die Kapitalisten vorzugehen, ihren Raubzug zu verhindern. Das Resultat dieser ganzen Politik ist heute: Wir sehen das Bündnis Poincarés mit den Separatisten, das Bündnis französischer Agenten mit den bairischen Separatisten, mit den bairischen Hakenkreuzlern, wir sehen es aus den Verhandlungen Stinnes und Krupps mit Poincaré, wir sehen es aber auch aus den Erscheinungen beim letzten Generalstreik an der Ruhr, im Rheinland, wo die preußische Regierung die französische ersuchte, ihr bei der Niederschlagung der deutschen Arbeiter zu Hilfe zu kommen. Wir sehen, daß sich alle reaktionären Kräfte in Deutschland mit der außenpolitischen Reaktion, mit Poincaré, verbunden haben, um das deutsche Proletariat niederzuwerfen. Es ist Sache der deutschen Arbeiter, diese inneren Vernichter Deutschlands zu packen und niederzuwerfen. Die Demokratie hat hier versagt. Nur eine Arbeiterregierung wird imstande sein, durch Zugriff mit eiserner Hand Deutschland im Innern zu retten. Die deutsche Revolution ist der einzige innere Retter Deutschlands; aber gegen die, welche Deutschland von außen zerstören wollen, die dadurch die deutsche Frage, von der der Herr Minister zugestanden hat, daß sie die wichtigste Frage ist, zum Gipfel und zur schwersten Krise treiben und dadurch über ganz Europa Krieg verhängen wollen, gegen die sich zu wenden und zu kämpfen ist nicht nur Aufgabe des Proletariats außerhalb Deutschlands, sondern aller jener, die mit jenen Gedanken und Ideen es ernst nehmen, die wir in den Pariser Reden und im gestrigen Exposé vorgetragen bekommen haben. Es ist der schwerste Fehler, heute noch diese Wahrheit über die Politik Poincarés und über die Ursachen und das Wesen der deutschen Krise immer noch der Bevölkerung in der Èechoslovakei verhüllen, wie das gestern im Exposé des Herrn Ministers geschehen ist. Das heißt, aus Diplomatie, aus Schwäche, das Volk über den wirklichen Sachverhalt hinwegtäuschen. Hier, in der praktischen Politik, liegt der schlimmste Schwächepunkt der ganzen gestrigen Darlegungen des Ministers des Außern. Wir anerkennen, daß der Herr Minister in seinem gestrigen Exposé den Standpunkt der Nichtintervention gegenüber den Ereignissen in Deutschland sehr stark betont hat und wir wollen auch nicht an der Aufrichtigkeit dieser Versicherungen zweifeln; aber die Frage ist doch eine andere, nämlich, ob die jetzige Leitung der auswärtigen Politik der Èechoslovakei stark genug ist, an dieser Politik der Neutralität gegenüber Deutschland auch in einer kritischen Situation festzuhalten und die inneren und äußeren Widerstände gegen diese Politik zu brechen. Wir Kommunisten sind nicht nur überzeugt, daß die Revolution allein das deutsche Proletariat retten kann, sondern, daß auch die deutsche Revolution kommen und zur Arbeiterregierung in Deutschland führen wird. Aber wenn diese Situation gegeben ist, dann wird der Druck auf die èechoslovakische Regierung ungeheuer sein in der Richtung der Intervention. Es ist ja nicht daran zu zweifeln, daß Frankreich einen solchen ausüben wird, denn Frankreich wird das Bestreben haben, um das revolu tionäre Deutschland einen Ring zu ziehen vom Rhein über Bayern, die Èechoslovakei, Österreich und Polen bis in die baltischen Randstaaten hinauf. Und im Innern wird der Druck der èechischen Kapitalisten und Großgrundbesitzer aber auch natürlich der deutschen Kapitalisten und Großgrundbesitzer enorm sein, die ja vor einer deutschen Revolution die größten Befürchtungen haben müssen. Einem solchen Druck zu widerstehen wird nur eine Regierung imstande sein, die sich auf die Massen des arbeiten den Volklkes stützt, den einzigen verläßlichen Anhängern der Politik des Friedens und der Neutralität gegenüber Deutschland, auch gegenüber einem revolutionären Deutschland. Und nun fragen wir: Was tut die Leitung der auswärtigen Politik, um sich diese Stütze einer Politik der Neutralität im arbeitenden Volk zu sichern? Die Antwort ist: sie tut nichts, sie macht nichts, sie hat vorläufig nichts anderes getan als gerade in diesem kritischen Augenblick eine demonstrative Verbindung mit Frankreich, nicht ein Bündnis mit dem revolutionären Frankreich, sondern ein Bündnis mit Poincaré, Millerand, mit den klerikalen Generälen, die mit dem Geist der französischen Revolution, mit der Vergangenheit Frankreichs nicht das mindeste zu tun haben. Es ist nichts anderes als eine Täuschung des arbeitenden Volkes über die wirkliche Lage.
Durch die Besuche in Paris und die dort gehaltenen Reden ist die moralische Rehabilitierung einer Politik erfolgt, die sich in diametralem Gegensatze zu den von der Leitung der èechoslovakischen auswärtigen Politik verkündeten Ideen befindet. Was tut die Regierung, was tun - das ist die wichtigste Frage - die Vertreter der vom Herrn Minister gestern verkündeten Politik, um auch die inneren Feinde dieser Politik niederzuhalten und eventuell unschädlich zu machen? Die Situation ist traurig. Tatsächlich sind die Finanzwirtschaft des Staats, das Heer, der Großteil der Verwaltung an die inneren Feinde dieser Politik ausgeliefert. Wie wollen Sie diesen Anhängern einer Interventionspolitik, diesen Gegnern Ihrer eigenen Politik im Lande trotzen, wenn Sie den Schlüssel zu den Staatsfinanzen in die Hand der Živnostenská banka und der Nationaldemokraten gelegt haben? Ich verweise auf das warnende Beispiel in Deutschland. Die deuts hen Regierungen haben 5 Jahre lang die ganze Wirtschaft dem Stinnes und der deutschen Bank annvertraut. Das Resultat ist heute der wirtschaftliche Verfall, ist der Umstand, daß das Großkapital Deutschland heute wirtschaftlich in der Tasche hat. Wie wollen sie den inneren Feinden Ihrer Politik trotzdem, wenn das Heer, die ganze Armee in der Hand der Interventionisten, in der Hand französischen Militärs ist, und wie wollen sie trotzdem, wenn sich die ganze Ostslovakei schon in den Händen von Klima und Gayda befindet, wo wir heute unser Bayern haben, unseren Kahr, unseren General von Lossow, die beide die extremsten Feinde der von Beneš hier verkündeten Politik sind. Hier liegt die größte Gefahr für die von Herrn Beneš so leidenschaftlich verkündete Demokratie und hier liegt auch die größte Gefahr nicht nur für die deutsche Revolution, sondern für das gesamte arbeitende Volk in der Èechoslovakei. Die Gefahr für die èechoslovakische Nation, für das èechoslovakische arbeitende Volk liegt nicht bei der deutschen Revolution. Die deutsche Revolution wird analog der russischen Revolution im Innern das vollenden, was von außen nie durchgesetzt werden kann. Sie wird die deutschen Kapitalisten, die imperialistische deutsche Bourgeoisie, sie wird den deutschen Monarchismus endgültig niederringen und ausrotten, diese größten Feinde der na tionalen staatlichen Selbständigkeit des èechischen Volkes, diese letzte unmittelbarste, nicht ohne Berechtigung immer an die Wand gemalte Gefahr für die nationale staatliche Existenz des èechoslovakischen Volkes. Diese größte Gefahr seitens der deutschen Imperialisten, seitens der deutschen kapitalistisch en Bourgeoisie und Monarchisten wird durch die deutsche Revolution endgültig erledigt werden. Die deutsche Revolution wird keinem ihrer Nachbarstaaten eine Gefährdung seiner Grenzen bringen und am allerwenigsten der Èechoslovakei. Die Voraussetzung freilich ist, daß auch von der èechoslovakischen Regierung die Grenzen des proletarischen Deutschlands ebenso respektiert werden, daß auch von dieser Seite Grenzfragen nicht aufgerollt werden, und deshalb glauben wir, daß es in dieser Stunde, gerade in diesem Augenblick, bei der Feier des 28. Oktobers sehr über flüssig war, auf die Lausitzer Serben zu verweisen, die noch nicht selbständig sind. Den Lausitzer Serben geht es schlecht, ebenso schlecht wie heute dem deutschen Proletariat überhaupt, aber politisch geht es den Lausitzern absolut nich schlechter als den Ukrainern und Weißrussen in Polen, als den Montenegrinern und Kroaten im Jugoslavischen Königreiche. Eine gewaltige Gefahr besteht angesichts der deutschen Revolution. Das ist die Gefahr, daß ihre Ideen, die auch die Ideen der russischen Rev olution sind, der Sturz der Kapitalisten und Großgrundbesitzer, Regierung der Arbeiter und Kleinbauern und Sozialisierung, der Vormarsch zum Sozialismus in diesen Ländern infolge der näheren Nachbarschaft mächtiger einwirken werden als seinerzeit nach dem Ausbruch der russischen Revolution auch bei uns in der Èechoslovakei. Denn diese Ideen respektieren keine Grenze, für die gibt es keine Grenzmauern, und sie werden auch die èechoslovakische Grenze nicht respektieren, sowie die Ideen der russischen Revolution diese Grenze nicht respektiert haben. Aber das ist eine Gefahr nur für die Kapitalisten, die Großgrundbesitzer aller Schattierungen, der deutschen, èechischen und magyarischen, in der èechoslovakischen Republik, und keine Gefahr für die arbeitende Klasse, die die ungeheuere Mehrheit ganz besonders der èechoslovakischen Nation darstellt. Die deutsche Revolution wird auch wirtschaftlich in näherer Nachbarschaft für uns sein als die russische Revolution. Erinnern wir uns, daß 40 % unseres gesamten Außenhandels sich mit Deutschland abspielen. Angesichts dieses innigen Verhältnisses, angesichts des Umstandes, daß wir wirtschaftlich an Deutschland gekettet sind, bedeutet, daß die Neutralität, daß die Politik der Nichteinmengung absolut nichts nützen wird gegenüber einem proletarischen revolutionären Deutschland. Hier ist eine andere Neutralität notwendig, was man im Diplomatenjargon die wohlwollende Neutralität nennt, vor allem die Herstellung von Handelsbeziehungen. Wenn diese Neutralität nicht hergestellt würde, würde es die Katastrophe vor allem auch für die Èechoslovakei bedeuten, es wäre dies eine furchtbare, eine noch viel schlimmere Wirtschaftskatastrophe als die, die wir bisher erlebt haben, die hunderttausende Arbeiter arbeitslos gemacht, Millionen von Arbeitern die Löhne herabgesetzt, die ganze Betriebe anstelle der Waren ausgeführt hat, die 1 1/2 % der Bevölkerung seit der sogenannten Befreiung, seit den 5 Jahren des Bestandes des Staates, aus ihrem Vaterlande hinausgetrieben hat. Die Deutsche Revolution ist eine ernstere Frage als die russische es war. Sie wird eine größere Belastungsprobe für die Echtheit der von der Leitung der Außenpolitik der Èechoslovakei verkündeten politischen Grundsätze und Ideen sein. Die Erfahrungen, die wir da mit der Leitung unserer auswärtigen Politik gegenüber Rußland gemacht haben, berechtigen keine swegs zu besonders großem Vertrauen in die Kraft und Konsequenz dieser Politik. Wohl müssen wir anerkennen, daß se für immer ein Ruhmesblatt in der Lebensgeschichte des jetzigen Oberhauptes des Staates sein wird, daß er seinerzeit, im Jahre 1918, in Rußland gegen die Intervention war, daß er das seine getan hat, um diese Intervention zu verhindern, daß seine Hände rein sind von jenem Verbrechen, das 1918 in Rußland begangen worden ist. Aber er konnte doch diese Intervention nicht verhindern, weil die anderen äußeren und inneren Kräfte innerhalb und außerhalb der èechoslovakischen nationalen Revolution stärker waren, als selbst der Führer der èechoslovakischen Außenrevolution. Diese gegnerischen Kräfte haben auch nach der Gründung der Èechoslovakischen Republik nachgewirkt. Diese Kräfte haben den Minister des Äußern gegenüber Rußland zu einer Politik - wir können sie nicht anders nennen - zu einer Politik der Unaufrichtigkeit und Zweideutigkeit geführt, zu einer Politik, die faktisch schuld ist, daß die èechoslovakische Industrie von dem Anteil am wirtschaftlichen Wiederaufbau Rußlands vollständig ausgeschaltet worden ist. Ist doch ihr Anteil so minimal, daß kaum davon gesprochen werden kann.
Der Minister des Äußern kann selbstverständlich nicht eingestehen, daß diese seine derzeitige zerfahrene Politik gegenüber Rußland auf jene Kräfte, die ich hier angeführt habe, zurückzuführen ist. Er sucht daher, wie es immer die Gewohnheit von Ideologen ist, diese seine Handlungsweise mit einer Ideologie zu verschleiern und er hat unlängst in einem Artikel, den er in der "Wolja Rossii" veröffentlicht hat, geschrieben, daß die Ursache, warum er gegenüber Rußland so zurückhaltend sei, die wäre, daß das heutige russische Regierungssystem in Widerspruch zu den Ideen des Westens sei. Ich weiß nicht, was Dr. Beneš mit den Ideen des Westens meint. Es müssen sonderbare Ideen sei, die damit in Widerspruch stehen. Denn Dr. Beneš hat aus anderen staatlichen Umwälzungen keine Konsequenzen gezogen, die in Widerspruch stünden mit den Ideen des Westens, nicht aus fascistischem Umsturz des Herrn Zankow in Bulgarien, nicht aus dem Raubzug des Herrn Mussolini, mit welchem er die italienische Regierung usurpiert hat, nicht aus dem Abenteuer des Generals Primo de Rivera in Spanien, die aber in Widerspruch stehen mit der russischen Revolution, mit der Regierung der Arbeiter und Bauern in Rußland. Diese Zweideutigkeit und Zerfahrenheit in der Politik des Herrn Ministers des Äußern gegenüber Rußland ist auch im gestrigen Exposé zum Ausdruck gekommen, vor allem in seinem Kokettieren mit der russischen Emigration. Wir müssen an den Herrn Minister die ernste Frage stellen: Was soll der Satz von der russischen Emigration in diesem Zusammenhange bedeuten? Keinem anderen Staate gegenüber wird eine solche Emigrantenpolitik, ein solches Spiel getrieben. Wenn diese Stelle keine andere Deutung erfährt, ist sie für uns nichts anderes als die Verschleierung der Wahrheit und das Zugeständnis, daß das Kokettieren mit der russischen Emigration keine philanthropische Sache ist. Immer wurde von dieser Stelle aus von der Regierung gesagt, daß die Unterstützung der russischen Emigration in der Èechoslovakei nur ein philanthropisches Unternehmen sei, daß es sich nur um einen Akt der Menschlichkeit handle. Die gestrige Erwähnung der russischen Emigration im Exposé des Herrn Dr. Beneš zeigt, daß das Kokettieren mit dieser Emigration keine philanthropische, sondern ausschließlich eine politische Sache ist. Wenn noch ein Funken - es ist gewiß schwer, das von einem Diplomaten zu verlangen - wenn noch ein Funken des Gefühls für Wahrheit und Aufrichtigkeit in den verschwiegenen Kammern der èechischen Diplomatie vorhanden ist, müßte man uns Antwort auf die Frage geben: Was hat der Herr Minister mit diesem Satz in seinem Exposé gemeint? Wir haben ein Wort vor uns. Wir haben aber auch Taten vor uns, wenn wir nach Taten gegenüber Rußland urteilen wollen. Das Ministerium des Äußern hat vor reichlich einem Jahre, im Sommer 1922, mit Rußland einen Handelsvertrag abgeschlossen. Sozusagen einen Handelsvertrag. Es ist ja das Ärmlichste, was an einem Vertrag zwischen zwei Staaten existieren muß, wenn sie nicht direkt im Kriege stehen sollen, abgeschlossen worden, und der Minister hat bis heute noch nicht wagen dürfen, diesen Vertrag dem Parlamente zur Ratifizierung vorzulegen, da er Angst hat vor jeder Erwähnung der Frage der rechtlichen Anerkennung der russischen Regierung. Das ist für uns das Symptom. Wir wissen, Sowjetrußland ist de facto anerkannt, und die Phrase, ob dort steht "de jure" oder nicht, ändert nichts an der faktischen Anerkennung, die sich Sowjetrußland nicht durch das Wohlwollen der Diplomaten, sondern durch seine Macht und Kraft auch gegenüber kapitalistischen Staaten erkämpft und erstritten hat. Aber daß das Ministerium des Äußern nicht wagt, auch nur die Frage aufzuwerfen... (Výkøiky posl. Merty.) ist ein Symptom dafür, daß diese Politik unaufrichtig ist und keine Kraft hat, sich durchzusetzen, denn sie wird, wie im Zwischenruf richtig gesagt wurde, von dem Einspruche der èechoslovakischen Bourgeoisie beeinflußt. Wir wissen - und gerade in dieser Frage hat es der Minister des Äußern gezeigt - daß er ein großer Meister im Ausweichen ist; aber gerade im Zusammenhange mit der Aufrollung der deutschen Krise und Revolution wird die Stunde kommen, wo auch der Herr Minister sich wird entscheiden müssen, wo er wird nicht mehr ausweichen können.