Pøíloha k tìsnopisecké zprávì
o 228. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve støedu dne 21. listopadu 1923.
1. Øeè posl. dr. Keibla (viz str. 296 tìsnopisecké zprávy):
Sehr geehrte Damen und Herren! Eben hat der Herr Generalberichterstatter seine Rede mit einem Appell an das Hum nitätsgefühl, möchte ich sagen, hier in diesem Staate geschlossen, um allgemein und überall bessere Verhältnisse herbeizuführen, und so kann ich mir als erster Kontraredner gleich erlauben, jetzt anläßlich der Beratung des Voranschlags unsere Beschwerden vor der gesamten Öffentlichkeit vorzubringen, um festzustellen, in welchem Gegensatz die tatsächlichen Verhältnisse mit den gewünschten stehen, wie sie uns der Herr Generalberichterstatter eben so herrlich zu schildern bestrebt war. Wir Deutschen fühlen in unserem gesamten öffentlichen Leben den unerträglichen Druck, den die Gesetzgebung und noch mehr die uns übel gesinnte Verwaltung dieses Staates auf uns ausübt. Es ist sogar soweit gekommen, daß man in das Privatleben eingreift und ein bestimmtes persönliches Verhalten des Einzelnen verlangt, daß man sich gegen den Einzelnen eine Befehlsgewalt anmaßt, die mit den verfassungsgesetzlich gewährleisteten bürgerlichen Freiheiten wohl in unlösbarem Widerspruche steht.
Wir wissen ja längst, daß die geschriebene Verfassung dieses Staates nicht diejenige ist, die hier tatsächlich zur Anwendung kommt, daß hier eine andere, ungeschriebene gilt, jene nämlich, welche aus den zahllosen Gesetzen und Verordnungen und deren tatsächlicher Anwendung draußen bei den Behörden und Ämtern sich ergibt und deren oberster Grund- und Leitsatz überall der gleiche ist: Bedrückung, Vergewaltigung alles dessen, was deutsch ist, insbesonders aber Ausmerzung alles Deutschen aus der Staatsverwaltung.
Uns Deutschen steht vor der Hand kein anderes Mittel gegen all dieses Unrecht zur Verfügung als der flammende Protest an das allgemeine Weltgewissen. Und wir versäumen geflissentlich keine Gelegenheit vor aller Welt kundzugeben, in welcher Lage wir hier zu leben gezwungen sind, wie unsere Wirtschaft und Kultur hier mit Füßen getreten wird, wie uns die kargen, sogenannten Minderheitsrechte der glorreichen Friedensverträge vorenthalten werden. So haben wir dies auch heuer im August bei der Tagung der Interparlamentarischen Union in Kopenhagen getan und mit Genugtuung feststellen können, daß die Angehörigen der an der Spitze der abendländischen Kultur stehenden Völker, insbesonders die Engländer und Amerikaner, ein immer größeres Verständnis und Interesse an unseren Verhältnissen bekunden. Wir haben gar manches trostvolle Wort hören können und ich stelle demnach fest, daß es unrichtig ist, wenn Herr Kollege Dr. Hnídek in der letzten Debatte über die Regierungserklärung behauptet hat, die Interparlamentarische Union hätte die deutschen Klagen als ungerechtfertigt erwiesen. Das Gegenteil davon ist richtig: daß die Vertreter jener Völker, gegen die unsere Klagen vorgebracht wurden, den traurigen Mut aufbrachten, zu behaupten, unsere Klagen seien unbegründet, wir hätten sogar mehr erhalten, als die Friedensverträge an Minderheitsschutz verlangen, beweist nur die eigentümliche, ja krankhafte Sinnes- und Geistesverfassung, in der diese Völker, auch das èechische, leben, beweist nur, daß sie nicht gewillt sind, auf ihrem abschüssigen Wege noch rechtzeitig haltzumachen, weil sie der Meinung sind, die geschichtliche Entwicklung in Europa habe bereits ihr Ende gefunden, es müsse ewig alles so bleiben, wie es jetzt ist. Sie liefern uns damit den besten Beweis für die Richtigkeit unserer, dem Staate gegenüber ablehnenden Politik.
Aus der ungeheueren Menge der den Deutschen zugefügten Ungerechtigkeiten will ich nur einen Teil herausheben, und der ist die unausgesetzte Bedrückung der deutschen Staatsbeamten. Das èechische Volk will in kürzester Zeit aus diesem Nationalitätenstaate einen einheitlichen èechischen Nationalstaat machen. Das größte Hindernis scheint der deutsche Staatsbeamte und Lehrer zu sein. Also muß er unter allen Umständen entfernt werden. Bei keinem Ressort ist in dieser Richtung so gründliche Arbeit geleistet worden, wie bei den Eisenbahnen. Die Gründe liegen nahe. Die Eisenbahnen, deren sich der Fremde bedient, sind am besten geeignet, dem Reisenden eine unrichtige Vorstellung von den nationalen Verhältnissen in diesem Staate zu geben. Daher mußten alle Stationsbezeichnungen doppelsprachig werden, die Aufschriften auf den Waggons sogar rein èechisch, und erst die Ortsnamen! Was da an Übersetzungskunsten geleistet wurde, ist vielfach grotesk und komisch, und fand sich überhaupt keine èechische Ortsbezeichnung, so erfand man kurzerhand eine und taufte den deutschen Ort einfach kurzerhand und willkürlich Lhota oder Skalice.
Vor allem aber mußten die deutschen Eisenbahnbeamten fort. Zunächst pensionierte man sie. Bei der Übernahme der Buschtìhrader Eisenbahn in die Staatsverwaltung veranlaßte man sie, selbst um Pensionierung einzureichen, gewährte ihnen als Lockspeise das Krankenjahr und machte so ungezählte Arbeitsplätze für die Èechen frei. Ein anderes Mittel ist die Versetzung ins èechische Sprachgebiet oder auf einen anderen Dienstposten. Wenn der Beamte, der schon fast am Ausdienen ist, vor die Notwendigkeit gestellt wird, mit seiner Familie in eine ganz unzulängliche Wohnung und in eine ihm fremde, ja feindselig gesinnte Umgebung zu ziehen, oder aber als Lohn für seine jahrelange eifrige Pflichterfüllung in einer Materialkanzlei wie ein junger Praktikant Formulare auszufüllen, so wählt er lieber den frühzeitigen Ruhestand, und der Zweck ist erreicht, man ist seiner los geworden. Während es bei dem Umsturze im deutschen Gebiet ungefähr 700 deutsche Stationsvorstände gab, sind es heute kaum noch 180, die Stationen der Aussig-Teplitzer Eisenbahn und der Buschtìhrader Eisenbahn mitinbegriffen. Dabei gibt es aber 840 deutsche Stationen.
Ganz dasselbe Lied können die Beamten der Finanzverwaltung singen. Insbesondere die Grenzfinanzwachangestellten werden hart getroffen. Die Unterscheidung zwischen Gefällskontrolle und Grenzfinanzwache ist nur zu ungunsten der deutschen Zollbeamten geschehen. Die Deutschen ließ man einfach ungeachtet ihrer besseren Qualifikation bei dem schlechter bezahlten, dafür aber beschwerlicheren Grenzdienst, die Èechen gab man zum bequemeren und besser gestellten Gefällsdienst. (Výkøiky na levici.) Erst jetzt geht man daran, etwas an dieser Härte auszugleichen.
Die Sperrung der deutschen Volks- und Mittelschulen ist nicht nur als ein Schlag gegen die deutsche Kultur überhaupt, sondern auch gegen die deutsche Lehrerschaft gedacht. Was soll der stellenlos gewordene deutsche Lehrer mit seinem geminderten Gehalt anfangen? Um dieses System zu bezeichnen, ist kein Wort (Souhlas na levici.) scharf genug, es ist eine Kulturschande, ein europäischer Skandal, dessen Grösse erst ersichtlich wird, wenn wir die Beträge im Staatsvoranschlage vergleichen, welche für èechische Schulen, die Hochschulen insbesonders, eingestellt sind, mit denen, die für dieselben deutschen Zwecke dienen sollen.
Wir beschweren uns auch darüber, daß unserem Nachwuchs fast unüberwindliche Schwierigkeiten für die Aufnahme in den Staatsdienst gemacht werden, wie auch darüber, daß in den Zentralstellen fast ausnahmslos Èechen sitzen und daß die Staatsverwaltung uns Deutschen gegenüber nicht mehr jene Objektivität aufbringt, welche notwendig ist, falls man hier noch auf die Bezeichnung "Rechtsstaat" Gewicht legt. Selbst die Rechtssprechung ist von diesem Vorwurfe nicht mehr frei. Ich möchte an dieser Stelle den Herrn Justizminister, der nicht anwesend ist, bitten, sich über die Rechtsprechung des Kreisgerichtes in Leitmeritz etwas näher zu informieren, sich insbesondere die Beschwerdeschrift der Leitmeritzer Rechtsanwälte gegen den dortigen Kreisgerichtspräsidenten vorlegen und die Anwälte, insbesondere den Hernn Dr. Glässner, einvernehmen zu lassen.
Wie kann es die Regierung verantworten, daß sie seit neuerer Zeit versucht, die staatsbürgerlich gewährleisteten Rechte der Staatsbeamten einzuschränken? Kaum wird ein Beamte in eine Gememeindevertretung gewählt, wird er aus Dienstesrücksichten versetzt, gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes. Wird er gar Bürgermeister, werden ihm bei Ausübung dieses Amtes alle möglichen Schwierigkeiten gemacht, er erhält entweder gar keinen Urlaub oder ganz unzulängliche Erleichterungen, über deren Ausmaß die staatliche Polizeibehörde entscheidet. Stellt er gar in der Gemeindevertretung etwa gar den Antrag, daß bei vorzunehmenden Gemeindearbeiten nur ortsmäßige deutsche Arbeiter verwendet werden, wie es unlängst in Nixdorf ein Finanzangestellter tat, so wird ihm der Prozeß gemacht und er zur Mandatsniederlegung gezwungen. Ja nicht einmal an Veranstaltungen des Kulturverban des, des Bundes der Deutschen, von deutschen Turnverein en oder gar politischen Versammlungen darf er sich beteiligen. Sind letztere gar Veran staltungen der Deutschen Nationalpartei, hat er diese ängstlich zu meiden; denn seine bloße stille Teilnahme an ihnen bedeutet nach einer Interpellationsbeantwortung eine Demonstration gegen den heiligen èechischen Staat, weil er wissen muß, daß da gegen den Staat gesprochen werden könnte. Ich empfehle, daß ein èechischer Index librorum prohibitorum aufgelegt (Veselost na levici.) und den deutschen Staatsbeamten verboten werde, die in diesem Index aufgezählten Bücher und insbesondere Zeitungen zu lesen, bei sonstiger schwerster Leibesstrafe und selbstverständlich Gehaltsentziehung. Als Überwachungsorgane könnten wieder Legionäre eingestellt werden, womöglich solche, die bei dem betreffenden Amte als untergebene Beamte eingestellt sind.
Überhaupt die Überwachung der deutschen Staatsbeamtenschaft; das Spitzelsystem! Nicht nur der èechische Vorgesetzte überwacht den deutschen Beamten, selbstverständlich auch sein und seiner ganzen Familie Privatleben, sondern jeder èechische Einwohner im deutschen Gebiete maßt sich dieses Recht an. Und das Bedauerliche an all dem ist, daß die Oberbehörden jedem noch so übel beleumundeten Denunzianten ein williges Ohr leihen und selbst dieses Treiben unterstützen. Es ist eine häufige Erscheinung bei Inspizierungen insbesondere bei den Postämtern, daß der Oberbeamte so von ungefähr fragt, ob die Beamten Mitglieder des Bundes, des Turnvereines, ja selbst des Gesangsvereines sind, und falls eine bejahende Antwort erfolgt, sofort den Austritt aus diesen Vereinen verlangen, mit der Drohung, es sonst "oben" melden zu müssen, was dann von großem Schaden für die Beamtenschaft wäre.
Zu all diesen Qualen gesellt sich für den deutschen Staatsbeamten die Folter der Staatssprache: Es scheint der Grundsatz bei der Regierung obzuwalten: Der deutsche Beamte hat bei den angeordneten Sprachprüfungen durchzufallen. Wie wäre es sonst möglich, daß ein deutscher Beamter, welcher nachgewiesenermaßen bei einem Amte seit 3 Jahren allein die èechische Amtierung klaglos besorgte und Übersetzungen anfertigte, bei der Sprachprüfung durchfiel? Oder, daß bei der Post, Finanz, Eisenbahn regelmäßig alle oder die alle rmeisten Prüfungskandidaten reprobiert werden? Es sind immer dieselben Klagen, welche da laut werden. Ungebührliche Strenge der Prüfenden, welche aus ihrer Voreingenommenheit kein Hehl machen und solche Fragen stellen, daß eben niemand die Prüfung bestehen kann. Es gibt Ressorts, wo solche Mißstände nicht bestehen, aber dies hat seinen Grund nur darin, daß in ihnen überhaupt ein Mangel an Beamten herrscht. Dort aber, wo dies nicht der Fall ist, tritt der System ganz offen und schamlos zu Tage.
Die Folgen aller dieser Quälereien treten schon zu Tage: Wer nicht unbedingt muß, bleibt nicht im Staatsdienst, es hütet sich ein jeder bessere Mensch, ihn zu suchen. Es wird nicht lange dauern und der letzte deutsche Beamte ist im Staatsdienste gewesen; in 2 Jahren ist bei den Staatsbahnen die Zahl der deutschen Beamten von 5000 auf 2000 herabgesunken. Nur nebenbei sei festgestellt, daß es die wertvollsten Kräfte sind, welche der Staat leichtfertig und brutal zugleich von sich zurückstößt, und die Öffentlichkeit möge wissen, wenn heute im Eisenbahnbetrieb fast jeder Tag einen Zugszusa mmenstoß bringt, wenn die Wagendirigierung versagt, der Zugsverkehr behindert ist, daß dies hauptsächlich daran gelegen ist, daß der eingearbeitete pflichttreue deutsche Eisenbahner zu fehlen beginnt!
Und zum Schluß: was für eine Bezahlung erhält der Beamte? Voriges Jahr wurde von der Regierung verkündet, es werden alle zum Lebensunterhalt wichtigen Dinge billiger werden, und um dies zu beschleunigen, mußte die Kaufkraft des Beamten, ausgerechnet des Beamten, verkleinert und ihnen der Gehalt gekürzt werden. Eine schamlosere und verdrehtere Gesetzesbegründung hat es wohl noch nie gegeben. Den Gehalt hat man verkürzt, aber billiger ist nichts geworden, im Gegenteil, die Teuerungsziffern aller Lebens mittel im weitesten Sinne sind ständig im Steigen und die Regierung selbst ist es, welche da mithilft, Zucker, Spiritus, (Výkøiky nìmeckých poslancù.), Mehl und Brot, Milch, Butter sowie alle Textilien täglich im Preise steigen zu lassen. Wieder soll die Umsatzsteuer erhöht werden und man sucht diese Erhöhung dem Handel und Gewerbe dadurch schmackhafter zu machen, daß man vom Regierungstische aus auf die leichte Überwälzbarkeit dieser Steuer auf die Konsumenten hinweist. Und wieder und allen vernünftigen Überlegungen zum Trotz munkelt man von einem weiteren Abbau der Beamtengehälter. Das herrliche Gesetz vom Dezember vorigen Jahres gibt ja der Regierung das Recht, dies im Verordnungswege tun zu können, sie braucht das Licht der öffentlichen Parlamentsverhandlung nicht dazu, sie kann ungehindert im Dunkeln ihre lichtscheuen Wege gehen. Wenn wir uns auch aus Gründen der Gerechtigkeit und Menschenliebe dem flammenden Proteste aller Staatsbeamtenorganisationen gegen dieses neuerliche Unrecht anschließen, so empfinden wir doch dabei eine stille Genugtuung, wenn wir sehen, wie die èechische Regierung selbst durch solche Maßnahmen die Axt an die Wurzeln ihres Staates anlegt.
Aus dem vorliegenden Staatsvoranschlag ist genau ersichtlich, daß die Herabsetzung der Staatsausgaben auf Kosten der Staatsangestellten geht: Von der Gesamtsumme der Ausgaben des Staatsvoranschlages für das Jahr 1924 im Ausmaße von 19.223,206.905 Kè entfallen 8.112,285.812 Kè auf Personalausgaben und 8.871,691.093 Kè auf Sachauslagen, für 2.229,230.000 Kè sollen Investitionsarbeiten vorgenommen werden. Aus diesen Ziffern erscheint es vor allem auffallend, daß die Personalausgaben gegenüber dem laufenden Jahre um ca. eine halbe Milliarde gestiegen sind. Diese Erscheinung ist in erster Linie darauf zurückzuführen, daß im Staatsvoranschlage für das Jahr 1924 die Notaushilfe für die Beamtenschaft, die bisher aus formalen Gründen nicht berücksichtigt wurde, aufgenommen wurde. 1923 standen für Personalausgaben 7630 Millionen Kè im Voranschlag, für die Notaushilfen an die Staatsangestellten 1440 und für die Lehrer 180 Millionen, wovon durch Wiedereinführung der Steuer- und Pensionszahlung 180 Millionen gedeckt wurden, zusammen 9250 Millionen. Gegenüber dem Betrage für 1923 ergibt sich daher für das Jahr 1924 eine Differenz von 1128 Millionen. Diesen Abzug mußten sich die Staatsangestellten durch das Dezembergesetz gefallen lassen und tragen demnach die Hälfte des Abstriches von den Gesamtausgaben des Jahres 1924. Die andere Hälfte der Ausgabenreduktion 1924 gewinnt die Staatsverwaltung durch den verhältnismäßigen Rückgang der Preise, durch Herabsetzung der Zuweisung an die Selbstverwaltungskörper, so daß die wirkliche Reduktion der Staatsausgaben nur auf Kosten der Staatsangestellten geht.
Nur so weiter auf dem eingeschlagenen Wege, der Erfolg wird sicherlich nicht ausbleiben!
Man sage nicht, daß unsere Staatsangestellten nicht wissen, was sie wollen. Ihre Forderungen fasse ich kurz zusammen: Die wirksame und befriedigende Novellierung des Dezembergesetzes, die Erhöhung der Ortszulagen, doch ohne daß dazu die Teuerungszulagen abgebaut werden, die Verringerung der bisherigen Ortszulagenklassen auf 2 Klassen, die Einführung der 35jährigen Dienstzeit für alle Kategorien der gesamten Staatsangestelltenschaft, einheitliche Kürzung des fünfjährigen Provisoriums auf ein dreijähriges, die Krankenversicherung nach bewährtem österreichischen Muster in einem autonomen Institute, die Entschuldung der Angestellten durch Kredite, welche genossenschaftlichen Beamtenkassen gewährt werden, die Novellierung des Offiziantengesetzes vom 18. Feber 1919, die Regelung der Dienstverhältnisse aller Kategorien, welche Aufsichts- und Wachdienste leisten. Die Regelung der Ruheständlerfrage, die Aufhebung der durch das Gesetz Nr. 251/22 der Bürgerschullehrerschaft und den Handarbeitslehrerinnen zugefügten Schäden, und eine geregelte Entlohnung dieser Gruppen, die Reformen der staatlichen Schulverwaltung und der Ausbildung der Lehrerschaft in freiheitlichem Sinne, Einbeziehung der Lehrerschaft in das Krankenversicherungsgesetz der Staatsangestellten, Behebung der Stellenlosigkeit in der deutschen Lehrerschaft, maßvolle Behandlung in allen Sprachenfragen, in den Fragen des Nachwuchses und dienstlichen Fortkommens.
Wir wissen ganz genau, daß die Drangsalierungen der deutschen Staatsangestellten ein festes, wohldurchdachtes und rücksichtslos angewendetes Regierungssystem darstellen, und daß damit nicht nur die deutschen Staatsangestellten, sondern das ganze deutsche Volk getroffen werden soll. Es ist das System des tschechischen Nationalgewaltstaates....
Pøedseda (zvoní): Žádám pana øeèníka, aby se mírnil.
Posl. dr. Keibl (pokraèuje): .... das System, das uns Deutschen allüberall und auch hier gegenüber tritt. Die tschechischen Parteien haben die Bedeutung des deutschen Beamten für unser Volkstum erkannt und suchen ihn daher restlos zu beseitigen, aber auch das deutsche Volk hat diese seine Bedeutung erkannt und steht restlos hinter ihm. Jede der deutschen Staatsbeamtenschaft von Ihnen und Ihrer Regierung zugefügte Unbill, die maßlose Hetze der èechischen Presse gegen die deutschen Staatsbeamten empfindet heute das deutsche Volk als einen Schlag, der ihm selbst gilt und fühlt darnach. Und da verlangt die èechische Öffentlichkeit Loyalität von den Deutschen in diesem Staate? So erzieht man keine treuen Staatsbürger, so stößt man ab. Heute und morgen, in ihren guten Tagen brauchen Sie uns nicht, aber übermorgen vielleicht, wenn das Rad der Weltgeschichte sich etwas weiter gedreht haben wird, werden Sie uns suchen und nicht finden. Ihr tägliches Arbeiten gibt uns das beste Agitationsmaterial in die Hand und führt uns täglich neue Anhänger zu, uns, die wir nicht nur den Staats voranschlag, sondern den ganzen èechischen Staat ablehnen. (Potlesk na levici.)
2. Øeè posl. Patzela (viz str. 304 tìsnopisecké zprávy):
Hohes Haus! Ich glaube, mit Ordnungsrufen wird man die Beschwerden der deutschen Staatsbürger über die Verhältnisse in diesem Staate kaum aus der Welt schaffen. Es hat übrigens den Anschein, als ob wir Deutschen nicht allein mit dem èechischen Zentralismus unzufrieden wären. Heute Mittag hat uns nämlich der Herr Referent mit allen Zeichen des höchsten Entsetzens mitgeteilt, daß der mährische Landesverwaltungsausschuß den Landesvoranschlag mit dem Titel "Voranschlag des Landesfonds der Markgrafschaft Mähren" überreicht hat. Der Herr Referent meinte, wenn das auch in Böhmen als "Königreich Böhmen" geschähe, wo bliebe dann die Republik? Ich glaube, in diesem Staate ist auch bei den èechischen Staatsbürgern die Republik gar nicht so tief verankert und wenn Sie das Gesetz zum Schutz der Republik überall, nicht bloß gegen die Deutschen und die anderen nationalen Minderheiten, anwendeten, dann allerdings würde der Etat des Justizministeriums für den Bau von Straf- und Zuchthäusern kaum ausreichen. In Mähren will man wieder die eigene Markgrafschaft spielen, das Herzogtum Schlesien kommt vielleicht nach, in der Slovakei will der nicht an der Regierungskrippe stehende Teil der Bevölkerung vom Prager Zentralismus nichts wissen; kurz, es scheint, wir werden bald die Frage aufwerfen können, was nach einiger Zeit von der èechoslovakischen Nation übrig bleiben wird. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Buøíval.)
Wenn wir, um ein paar Worte zum Staatsvoranschlage zu sagen, den Staatshaushalt prüfen, so müssen wir unterscheiden zwischen den laufenden Auslagen und den anderen Ausgaben, wir müssen beurteilenn, wie die Mittel hereingebracht werden, in welchem Sinne und von wem, ich wiederhole: von wem sie verwaltet werden. Der Herr Prof. Srdínko als Berichterstatter hat uns heute davon gesprochen, der neue Herr Finanzminister wolle mit gewissen Posten, die nicht verausgabt werden, ein Ende machen und damit die bisherigen großen Reserven des Finanzministeriums aus der Welt schaffen. Wir hören da aus dem Munde eines Kundigen, daß große Reserven dadurch aufgehäuft wurden, daß wirklich produktive Ausgaben nicht gemacht und das Geld für andere Zwecke thesauriert wurde. Es scheint, als habe der Herr Präsident des Obersten Rechnungshofes, als er im Budgetausschuß der Notwendigkeit Ausdruck gab, in den Staatsvoranschlag mehr Klarheit zu bringen, recht gehabt. Wir fügen freilich noch hinzu: auch mehr Wahrheit und mehr Sauberkeit. Der Staatsvoranschlag enthält Ziffern, über die man der Öffentlichkeit noch nicht Rechenschaft gegeben hat. Die 280 Millionen aus dem Spiritusgeschäft, die erinnern zusehr an solche Staatsgeschäfte aus der Zeit des seligen römischen Kaisers Titus, der auch alle möglichen Vorwürfe mit den Worten abwehrte: "Non olet". Hier scheint der Grundsatz "non olet" langsam zur Staatsmaxime zu werden und das ist eine überaus bedenkliche Erscheinung. Im üb rigen sehen wi die Tatsache, daß alle paar Wochen einmal aus dem Schoße einmal der einen, dann der anderen Koalitionspartei dunkle Gerüche aufsteigen, Nachrichten über Korruptionsgeschichten, die langsam wieder vertuscht werden, über die man zur Tagesordnung übergeht, obwohl die ganze Welt sieht, daß da mit Staatsgeldern zugunsten einer Partei böser Unfug getrieben wurde. Wir haben kurze Zeit vor dem Spiritusgestank, wenn ich so sagen darf, interessante Mitteilungen über Skandale im Bodenamt gehört. Doch im Staate Dänemark, in dem so viel faul schien, ist wieder alles ruhig geworden und der Mantel der gnädigen Vergessenheit scheint die Skandale zu bedecken, obwohl gerade das Bodenamt einen eisernen Besen notwendig hätte, diesen Augiasstall zu reinigen. Wir haben Fälle, wo deutsche Stadtgemeinden den günstigen Verlauf einer Kommission erst dann erreichten, als sie dem Ministerialrat aus dem Bodenamt ein Kuvert mit einer entsprechenden Banknote in die Hand drückten. Das sind allerdings Dinge, für deren Sauberkeit oder Unsauberkeit langsam die Mehrh eit dieses Hauses das Verständnis zu verlieren scheint. Zu einer solchen Staatsverwaltung aber, die so mit der öffentlichen Moral und den Steu rgeldern umspringt, sollen wir Vertrauen haben, ihr sollen wir die 19 Milliarden - denn soviel beträgt der Staatshaushalt samt den Investitionen - anvertrauen? Angesichts dieser Dinge sollen wir zusehen, wie eine scheinbare Herabminderung des Etats des Nationalverteidigungsministeriums auf der anderen Seite gedeckt wird unter dem Titel der sogenannten geheimen Reserven, von denen der Herr Bericherstatter sprach? Es scheint, daß wir langsam zum Schlüssel der Erkenntnis kommen, warum uns bisher contra legem mehrere Rechnungsabschlüsse noch nicht vorgelegt wurden, warum man so schwer mit den Rechnungsabschlüssen fertig wird: Weil man offenbar genaue Berichte über die Verwendung dieser geheimen Reserven dem Lichte der Öffentlichkeit, zumindest der deutschen Öffentlichkeit, nicht anvertrauen will. Deswegen der ungeheuere Steuerdruck, deswegen die Erhöhung des Ertrages der Erwerbsteuer, deswegen soll aus unseren Steuerträgern das letzte herausgepreßt werden. Auf die Verkehrsunternehmungen des Staates, die uns die Staatswirtschaft erleichtern wollen, wie z. B. Eisenbahnen und Post, zahlen wir darauf, um der Èechisierung Vorschub zu leisten. Vor unsere deutschen Staatsanges ellten wird der Gesslerhut der Sprachprüfungen gesteckt, der Gesslerhut der überflüssigen Vorschriften hängt überall in unseren deutschen Gemeinden. Dort aber, wo wir das bestehende Recht und Gesetz auf unserer Seite haben, wo einmal sprachliche Vorschriften zugunsten uunserer Ansprüche gelten, wie bei der Bezeichnung von Eisenbahnstationen, kommt die èechoslovakische Eisenbahnversagen wir lieber: die slovakische Eisenbahnverwaltung, die Slovaken wollen ja davon nichts wissen - daher und erklärt: "Es gehören zu lange Vorbereitungen dazu, bis wir in Brünn oder Olmütz oder anderswo den deutschen Stationsnamen anbringen können, es müßen zunächst technische Vorbereitungen getroffen werden" - dieselben technischen Vorbereitungen, die in Teplitz, Aussig oder anderwärts ein Lackierergehilfe über Auftrag des Bezirkshauptmannes in wenigen Minuten sehr ruhig trifft. Es ist eben ein doppeltes Recht in dem Staate, ein Recht für die führenden Personen und einzelne Nutznießer der Parteien der Herrennation und das Minderheitsrecht der Kolonen, der Periöken, der Heloten für die Angehörigen der Minderheit. Es ist charakteristisch, daß ein Blatt, das dem Herrn Eisenbahnminister nahesteht, das "Èeské Slovo", vor einigen Tagen viele unserer Klagen bestätigend darauf hinweis, daß die ewigen Mißhandlungen und Zurücksetzungen der deutschen Eisenbahnangestellten nicht nur eine Verletzung der Empfindungen der deutschen Nation, der Rechte der deutschen öffentlichen Angestellten sind, sondern auch eine schwere Benachteiligung und Bedrohung des Verkehres. Wir möchten nur wünschen, daß der Herr Eisenbahnminister aus dieser freundlichen Erleuchtung seines eigenen Organs auch die Nutzanwendungen ableitet, die für uns selbstverständlich gezogen werden müßen. Wenn wir klagen, daß im Verkehrswesen unser deutsches Gebiet zurückgesetzt wird, wenn wir klagen, daß man in der Slovakei strategische Bahnen baut, in Mähren ein paar èechische Bahnlinien projektiert, von einem Eisenbahnförderungsprogramm, in dem unsere deutschen Gebiete berücksichtigt werden, nichts wissen will, wenn wir darüber klagen, daß man uns bis heute eine Übersicht über die Verwendung der zur Förderung des Wohnungsbaues ausgegebenen Hunderte Millionen Kronen verweigert, wenn wir klagen über die Vernachlässigung unserer Gebiete bei Flußregulierungen und dergl., kommt man mit dem alten Ammenmärchen von der Vernachlässigung der èechischen Gebiete im alten Österreich. Wenn das wahr ist, wenn Sie im alten Österreich vernachlässigt wurden, müssen Sie den Bibliothekar des Hohen Hauses nach dem Schutzgesetze anklagen, denn aus dem bekannten Buche des Herrn Dr. Zdenko Tobolka, das während des Weltkrieges erschienen ist, ersehen wir, welche reiche nationale, soziale und kulturelle Entwicklung die èechische Nation unter der vielgeschmähten Habsburgerherrschaft nehmen konnte und daß vielleicht eher wir Sudetendeutschen Ursache hätten, das Haus Habsburg und die österreichische Verwaltung anzuklagen, als die Angehörigen der èechischen Nation.
Ja, sagt man uns, es wird heuer am Staatsvoranschlag gespart und, besonders zum Entsetzen der wahrhaften Patrioten, des Generalstabs und des französischen Oberkommandanten, wird gespart am Ministerium für nationale Verteidigung. Ja, man spart z. B., daß man die Mannschaftsgebühren herabsetzt, aber die Gebühren der Generäle und ähnlicher Gagisten nach aufwärts abrundet, weil das nun einmal das schon in diesem Staate scheinbar übliche Maß von ausgleichender Gerechtigkeit darstellt. Aber man verlangt von uns, daß wir diese Ziffern mit freundlichen Augen ansehen, und wenn wir über die Art der Behandlung der Deutschen in der èechoslovakischen Wehrmacht klagen, kommt der Minister für nationale Verteidigung mit einem Zynismus ohnegleichen und sagt: die deutschen Reserveoffiziere mußten "prostí vojíni" werden, weil zuviele deutsche Offiziere in der èechoslovakischen Armee waren, wie sich das bei der Mobilisierung im Jahre 1921 gezeigt hat. Das heißt also, aus dem etwas mystischen Èechisch des Herrn Udržal in unser schlichtes Deutsch übersetzt: Weil soviele deutsche Reserveoffiziere im Jahre 1921 in einer ganz merkwürdigen Anwandlung der Auffassung staatsbürgerlichen Pflichten eingerückt sind, müssen die, die eingerückt sind, und die man mit Schlauheit als deutsche Reserveoffiziere herausbekommen hat, ihrer Charge entkleidet werden. Wir haben gegen diese Art von Mißhandlung nichts einzuwenden, wenigstens sieht so mancher deutsche Jüngling draußen, wie die èechische Staatsverwaltung mit ihm umzuspringen gedenkt und umspringt, und er lernt sein Verhältnis zu diesem Staate entsprechend orientieren; freilich in einem anderen Sinne, als Herr Udržal uns liebenswürdigerweise angeboten hat. Wenn der Herr Minister damit auf die Frage, ob es nicht zynisch sei, das Gesuch eines deutschen Soldaten um Verwendung in seinem Heimatsbezirke aus Familienrücksichten mit der Begründung abzuweisen, daß er ein Deutscher sei und deswegen bei einem Grenzbataillon nicht eingestellt werden könne, antwortet; das sei natürlich, denn es seien bei der Mobilisierung im Jahre 1921 ein paar Deutsche über die Grenze gegangen, infolgedessen könnten Deutsche bei einem Grenzbataillon nicht eingestellt werden, so möchten wir uns denn doch die Frage erlauben, wieviel brave Našinci, èechische Patrioten, trotz ihrer Pflicht nicht eingerückt sind. Wir machen nun dem Herrn Minister einen ernsten Vorschlag. Wenn er mit dieser Behandlung der Angehörigen der deutschen Nation in der èechoslovakischen Wehrmach fortfahren will, wäre es einfacher, daß wir das Wehrgesetz durch einen Punkt ergänzen, der lautet: Angehörige der deutschen Nation sind grundsätzlich vom Wehrdienst inder èechoslovakischen Wehrmacht befreit. (Výkøiky na levici.) Dann würde er allen Schwierigkeiten mit den deutschen Reserveoffizieren, mit der Einteilung Deutscher in den Grenzgebieten, ein Ende machen, dann würde man nicht notwendig haben, einen 50jährigen Parlamentarier - pardon, ich meine nicht mich, ich strebe nicht nach dieser Würde - der Würde eines Reserveoffiziers zu entkleiden.