Pøíloha k tìsnopisecké zprávì
o 229. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 22. listopadu 1923.
1. Øeè posl. Zierhuta (viz str. 380 tìsnopisecké zprávy):
Hohes Haus! Wenn ich auch heuer wieder das Wort ergreife, um zum Staatsvoranschlag für das Jahr 1924 zu sprechen, geschieht das nicht, um die Unmenge Ziffern, die dem hohen Haus vorgelegt wurden, zu widerlegen oder zu bekämpfen, denn es ist ja bekannt, daß diese Summen zum Teil feststehen und im Übrigen von den Mehrheitsparteien von vornherein genehmigt sind, sodaß ihre Bekämpfung nicht die geringste Aussicht auf Erfolg hätte. Aber was mich zu diesem Staatsvoranschlag zu sprechen veranlaßt, das sind die daraus ersichtlichen Mißstände und Schwierigkeiten für den ganzen Staat und insbesondere die Bedrückungen und Ungerechtigkeiten gegen das deutsche Volk in diesem Staate, die namentlich unser deutsches Landvolk hart treffen. Darüber will ich nicht nur im Namen unserer Partei, des Bundes der Landwirte, sondern auch für die deutsche Arbeitsgemeinschaft ausfünrlich sprechen.
Ich möchte vorerst die auswärtige Politik kurz berühren, denn sie wirft ihre Schatten auch auf die innere Politik, auf die Finanzund Volkswirtschaft. Wenn ich den Herrn Minister des Äußeren in seinem Exposé recht verstanden habe, wollte er die Politik der Freundschaft oder wenigstens der Neutralität gegenüber allen unseren Nachbaren. Nun frage ich: Wie reimt sich das zu den letzten wichtigen politischen Ereignissen, die sich in Paris abgespielt haben? Der Herr Minister des Äußeren hat es zwar für gut befunden, uns nichts Bestimmntes darüber zu sagen, wie weit er gehen wird, aber wir ahnen - und ich glaube, daß auch die Welt dies so aufgefaßt hat - daß die Èechoslovakei sich mit Haut und Haaren schon dem Militarismus Frankreichs verschrieben hat. Weiß der Herr Minister, welche Folgen das mit sich bringen kann? Ein Militärbündnis mit Frankreich könnte für den ganzen Staat die Folge haben, daß wir in einen neuen Krieg verwickelt würden. Nach dem letzten Weltkrieg, wo 10 Millionen Menschenleben zugrunde gingen und ungezählte Kulturgüter zerstört wurden, der die menschliche Gesellschaft in unsägliches Elend gestürzt hat, macht sich das Bedürfnis nach dauerndem Frieden mehr als je zuvor fühlbar. Noch sind die vielen Kriegsbeschädigten aus dem letzten Weltkrieg nicht versorgt und Elend und Not in den Familien der Kriegsteilnehmer stehen frisch vor unseren Augen. Wir Abgeordnete des deutschen Volkes sind es unserem Gewissen schuldig, hier öffentlich zu erklären, daß wir durch die Bande der Volksgemeinschaft und unsere geistige Kultur an dem Schicksal unserer Brüder im Deutschen Reiche soviel Anteil haben, daß wir eine solche Militärkonvention für die größte Gefahr halten, welche auch uns treffen würde. Die Èechoslovakei hat es am notwendigsten und wird am besten tun, sich in die Angelegenheiten der Großmächte überhaupt nicht einzulassen. Die Außenpolitik des Herrn Außenministers Dr. Beneš scheint uns in einer Richtung zu gehen, welche mit dem Wesen dieses Staates nicht übereinstimmen will. Die Èechoslovakei zählt unter ihren 13 Millionen Einwohnern nicht weniger als 3 1/2 Millionen Deutsche und die Ziele unseres Volkes und besonders unsere Lebensanschauungen, die gewiß schon sehr gereift sind, erfordern auch eine Rücksicht auf uns. Die Einmengung in internationale politische Angelegenheiten entspricht nicht unseren Bedürfnissen. Die Republik ist keine Großmacht und soll sich daher nicht als solche aufspielen, noch weniger aber als Trabant einer Großmacht in die Politik der Großmächte sich hineinziehen lassen.
Wohin die Großmachtpolitik des Herrn Dr. Beneš uns führt, zeigt uns schon der im Staatsvoranschlag erscheinende Aufwand für das Außenministerium. Er könnte und sollte auf ein angemessenes Maß zurückgesetzt werden. Schließlich müssen ja doch die Kosten dieser Großmachtpolitik von den Steuerträgern gezahlt werden; ihnen die Kosten dieser Politik aufzubürden, die doch keinen Nutzen, sondern wahrscheinlich noch Gefahren mit sich bringt, finden wir unbillig und unzulässig, wo ja schon so viele Steuern uns ohnedies bedrücken.
Auch die Frage der Abrüstung scheint den Herren Ministern für Äußeres und nationale Verteidigung noch nicht aufgestiegen zu sein. Das stehende Heer und die Ausrüstung desselben kostet uns laut Voranschlag rund 3 Milliarden jährlich, was im Verhältnis zur Summe der gesamten Staatsausgaben für das Jahr 1924, rund 17 Milliarden, offenbar mehr als übermäßig ist, wobei noch zu bedenken ist, daß diese Ausgaben unproduktiv sind und noch Arbeitskräfte der wirklichen Produktion entziehen. Unter diesem überspannten Militarismus leidet nun besonders die Landbevölkerung, weil ihr dadurch die besten Arbeitskräfte auf unverhältnismäßig lange Zeit entzogen werden, darunter häufig Erhalter und Ernährer ganzer Familien. Das Landvolk empfindet dies sehr hart und fordert darum, daß wenigstens die im alten Österreich bestandenen Begünstigungen und Erleichterungen in der Ausübung des Militärpräsenzdienstes eingeführt werden, die gegenüber den jetzigen Verhältnissen unvergleichlich besser waren.
Der Abrüstungsgedanke hat sich schon in Amerika durch gesetzt, auch in England und Italien hat er schon festen Fuß gefaßt; Deutschland, Österreich und Ungarn sind schon vollends abgerüstet, aber die èechoslovakische Außen- und Militärpolitik scheint noch kein Verständnis dafür zu haben, daß es die höchste Zeit ist, vom Kriegszustand auf einen wirklichen Friedensstand zurückzukommen. Die übermäßige Rüstung verschlingt Milliarden Steuergelder und birgt in sich noch unabsehbare Gefahren. Wenn auch der Herr Minister des Äußern in der Vers ammlung des Völkerbundes die Ehre hatte, die Abrüstungsfrage erfolgreich zu behandeln, so hat doch der Herr Minister für nationale Verteidigung dem Ausschuß gesagt, die Einführung der Miliz nach Schweizer Art sei noch nicht geplant, sondern werde noch immer studiert. Es wäre wirklich schon die höchste Zeit, daß der Herr Minister für nationale Verteidigung da einmal zu einem festen Programm käme, durch das unsere Steuerzahler endlich entlastet werden. Ich kann nicht den Hinweis unterlassen, daß Amerika vom französischen Militarismus schon ganz abgerückt ist, England langsam aber sicher davon abrückt, auch Italien sich schon davon abwendet und Belgien nicht mehr alles mitmachen will, was dieser Militarismus vor hat. Unter diesen Verhältnissen gebietet schon die Klugheit, zurückhaltend zu sein.
Auch die teuere Auslandspropaganda verschlingt laut Voranschlag erkleckliche Summen, ohne uns einen wirklichen Nutzen zu bringen. Wir bedauern, daß soviel Geld zum Fenster hinausgeworfen wird, denn ein nachhaltiger Erfolg kann sich da nicht einstellen. Die Welt läßt sich vielleicht auf eine kurze Zeit durch eine künstliche Stimmungsmacherei bearbeiten, aber ein wahrhafter Erfolg kann nur durch eigene tüchtige Arbeit und Festigung der inneren Wirtschaft sowie Herbeiführung des inneren Friedens erzielt werden. Der letztere Punkt ist eine Haupt- und Existenzfrage dieses Staates.
Wie die Außenpolitik zum großen Teil zwecklos oder geradezu nachteilig wirkt, so ist es auch mit der inneren Politik. Der Sprachengebrauch bei den meisten Ämtern verursacht dem deutschen Volk in diesem Staate eine Bedrängnis, ohne dem Staat einen Nutzen zu bringen. Im Gegenteil, der dadurch entstandene Sprachenstreit verbraucht die Kräfte der inneren Verwaltung und zieht sie von wirklich notwendiger nutzbringender Arbeit ab. Der èechischnationale Chauvinismus in der Sprachenfrage überwuchert in den staatlichen Ämtern derart, daß wir, die einheimische Bevölkerung und unsere Gemeideverwaltungen, sich bei den Ämtern dieses Staates wie Fremde fühlen.
Das uns aufgezwungene Sprachengesetz enthält schon an und für sich so grausame Härten für das deutsche Volk, namentlich für die bodenständige und ansäßige deutsche Landbevölkerung, daß es nicht im geringsten der diesem Staate obliegenden Schutzpflicht der nationalen Minderheiten entspricht, sondern vielmehr der Unterdrückung der Deutschen Tür und Tor öffnet, besonders in Bezirken, wo sie nicht zufällig ganze 20% der Bevölkerung ausmachen, wenn sie auch in mehreren Dörfern und Gemeinden anschließend an das deutsche geschlossene Sprachgebiet wohnen. Das Recht der deutschen Volksangehörigen auf den Gebrauch der eigenen Sprache wird durch dieses Sprachengesetz verkürzt. Die Sprache der Deutschen von 20% abwärts in einem Bezirk wird von den staatlichen Behörden absichtlich übersehen und so behandelt, als ob diese Deutschen in ihrem eigenen Bezirke Fremdlinge wären, auch wenn sie in einem deutschen Siedlungsgebiet wohnen und bodenständig sind. Dazu kommt noch das bürokratische Unwesen, das dieses ohnehin schon hart empfundene Gesetz gegen die Deutschen in diesem Staate noch härter auszulegen und das anzuwenden trachtet, was von dieser Bürokratie noch als Geist dieses Gesetzes ausgegeben wird.
Die letzthin stattgefundenen Gemeindewahlen, deren zahlenmäßiges Gesamtergebnis von der Regierung leider noch nicht bekanntgegeben worden ist, haben einen Umschwung in den Anschauungen des Volkes über die herrschenden Zustände dargetan, der die größte Aufmerksamkeit verdient. Es ist durch diese Wahlen vom Volke klar ausgesprochen worden, daß die bisherige Zusammensetzung der Regierung und das davon abhängige Regierungssystem nicht mehr die Zustimmung des Volkes findet und daher einer entsprechenden Anpassung an dieses Wahlergebnis bedarf. Der Unterschied im Ausfall dieser letzten Wahlen gegenüber den vorigen Wahlen in die Nationalversammlung ist so bedeutend, daß die Auflösung des Parlaments und die Ausschreibung von Neuwahlen unerläßlich ist, weil auch die jetzige Volksvertretung in ihrer Zusammensetzung wegen der Gleichheit des Wahlrechtes offenbar nicht mehr dem wahren Willen des Volkes entsprechen kann und daher nicht mehr die moralische Stütze im Volke hat, welche eine Voraussetzung der gesetzgebenden Gewalt ist. Besonders die Gemeinde- und Gauwahlen in der Slovakei haben bewiesen, daß die weitaus überwiegende Mehrheit des Volkes sich gegen die bisherigen Regierungsparteien gewendet hat und daß dieser Wahlsieg dem Ziele der Autonomie gegolten hat, welche auch dort besonders ausdauernd verfochten wird, trotzdem die bisherigen Regierungsparteien dies hintertreiben wollen.
Auch die Deutschen in diesem Staate verlangen die uns gebührende Autonomie als vollberechtigte Forderung eines demokratischen Staatswesens. Selbst vom gesamtstaatlichen Standpunkt aus muß darauf Bedacht genommen und dahingezielt werden, daß den Völkern dieses Staates die Selbstverwaltung uneingeschränkt gegeben werde. Das kulturelle und wirtschaftliche Leben der Völker in einem Staate ist geradezu dadurch bedingt, daß sie in der Lage sind, ihre inneren Angelegenheiten selbst zu verwalten. Mit Bedauern müssen wir aber feststellen, daß das bisherige Regierungssystem zu dieser Ansicht noch immer nicht gelangt ist, im Gegenteil, der Zentralismus und Bürokratismus greift noch immer um sich, im Wahne bef angen, Regieren bestände im Herrschen und Bedrücken. In dieser Bürokratie und dem Zentralismus liegt schon eine förmliche Feindseligkeit gegen jede Beteiligung des Volkes an der Verwaltung seiner Angelegenheiten, obwohl es doch die Angelegenheiten des Volkes selbst sind, die dabei auf dem Spiele stehen und das volle Interesse des Volkes und daher dessen mitbestimmende Teilnahme daran erfordern.
Während der vorjährige Staatsvoranschlag schon im Zeichen der Deflation stand, soll im heurigen die Deflation vollkommen zur Auswirkung gelangen. Es ist daher interessant, ihre Auswirkung in Bezug auf die Personalausgaben der Zentrale des Bodenamtes zu untersuchen. Vorauszuschicken ist, daß im Staatsvoranschlag der ständige Beamtenkörper der Zentrale sich im heurigen Jahre gegenüber 1923 nicht oder zumindest nicht wesentlich geändert hat. Der Voranschlag für das Jahr 1923 weist an ordentlichen Bezügen der ständigen Beamten 2,394.711 Kè, an außerordentlichen 2,557.410 Kè, insgesamt 4,952.121 Kè aus. Für das heurige Jahr werden hingegen an ordentlichen Bezügen 3,554.566 Kè, an außerordentlichen Bezügen 1,493.389 Kè, insgesamt 5,047.955 Kè veranschlagt. Hiezu ist zu erwähnen, daß unter den außerordentlichen Bezügen auch jene Zulagen aufgenommen erscheinen, die den Vertragsbeamten zukommen. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes ist die Erhöhung der Gehälter des ständigen Beamtenapparates dieser Zentrale eine noch viel größere. Der heurige Voranschlag zeigt somit das Absonderliche, daß beim Bodenamte trotz des wegen der Deflation eingetretenen Abbaues der Staatsbeamtengehälter die Bezüge seiner Beamten gegenüber dem Vorjahre gestiegen sind. Gang augenfällig ist das Ansteigen des Gehaltes des Präsidenten und seiner zwei Stellvertreter. Im Jahre 1923 erhielt der Präsident 98.000 Kè, die zwei Vizepräsidenten zusammen 54.816 Kè. Für das Jahr 1924 werden für den Präsidenten 107.616, für die zwei Vizepräsidenten 82.416 Kè ausgewiesen.
Das Bodenamt setzt sich zusammen aus dem staatlichen Beamtenkörper, an dessen Spitze der Präsident des Bodenamtes steht, und aus dem Verwaltungsausschusse, der aus Vertretern der einzelnen politischen Parteien vom Parlament bestellt werden soll. Schon die Tatsache allein, daß dem Verwaltungsausschuß kein Angehöriger einer Minderheitsnation angehört, muß auch jetzt noch gewichtige Bedenken hervorrufen. Die Regierung hat in ihrer letzten Denkschrift an den Völkerbund diesen Umstand mit der Illoyalität der Minderheiten zu begründen versucht. Diese Begründung ist aber ein vollkommen untauglicher und mißglückter Versuch, denn es ist ganz unzulässig, daß bei einer solchen Maßnahme, die ihrem Charakter nach ausschließlich eine wirtschaftliche zu sein hat, die Minderheiten ausschließlich nur aus dem von der Regierung angeführten Grunde von einer Mitarbeit und Kontrolle ausgeschlossen werden. In einem Staate dürfen Nationen nicht wie kleine Kinder für ihre Unfolgsamkeit bestraft werden. Die Ausschließung der Minderheit erfolgt nur deshalb, damit die Minderheiten von einer Beeinflussung und Überwachung der Tätigkeit des Bodenamtes ausgeschlossen werden. Doch auch der im heurigen Jahre beim Bodenamt geschaffene Ausschuß des Innenkolonisationsfondes zählt zu seinen Mitgliedern nicht einen Vertreter des deutschen Volkes.
Wie berechtigt die Zweifel gegen die Unparteilichkeit der Durchführung der Bodenreform sind, wird noch durch einen weiteren Beweis verstärkt. Die Funktion des im Jahre 1919 gewählten Verwaltungsausschusses ist seit Mitte 1922 abgelaufen, es wurde auf drei Jahre gewählt, ohne daß eine Neuwahl seither erfolgte, bei der allerdings die Minderheiten eine Vertretung in den Verwaltungsausschuß erhalten müssten. Wohl bedarf es zu einer Neuwahl einer geringfügigen Abänderung der bisherigen gesetzlichen Bestimmungen, denn das Bodenamtgesetz bestimmt, daß der Verwaltungsausschuß durch Wahl seitens des Parlamentes zu erfolgen habe. Da aber das nunmehrige Parlament im Gegensatz zu dem ursprünglichen Revolutionsparlament, welches das Gesetz beschloß, auf dem Zweikammersystem aufgebaut ist, ist die Anpassung der Wahl an dieses System notwendig. Diese Anpassung, die vom staatsrechtlichen Standpunkt aus betrachtet gänzlich belanglos ist, wurde, nur um die Neuwahl des Verwaltungausschusses zu hintertreiben, nicht vorgenommen. Dazu kommt noch, daß der Beamtenapparat sich auss chließlich aus Angehörigen der èechischen Nation zus ammensetzt, sodaß das Durchführungsorgan der Bodenreform, die staatliche Behördeorganisation und der längst nicht mehr befugte Verwaltungsauss chuß, die über die Zuteilung des beschlagnahmten Bodens ausschließlich und unkontrollierbar nach freiem Ermessen entscheiden, eine Organisation sind, der kein Mitglied der Minderheiten angehört, noch angehört hat, so daß das deutsche Volk niemanden hatte und hat, der in dieser Organisation die Rechte seiner Nation vertreten und die unparteiische Durchführung der dem Bodenamt zustehenden freien Entscheidung herbeiführen könnte. Außerdem können wir im Verwaltungsausschuß des Boden amtes - und hier werden wir sicher auch die Zustimmung eines großen Teiles der Regierungsparteien finden - deshalb nicht mehr als ein Organ des Parlamentes anerkennen, weil dieser Verwaltungsausschuß aus den einzelnen Parteien nach dem Schlüssel zusammengesetzt ist, der das Ergebnis der ersten èechischen Gemeindewahlen vom Jahre 1919 bildete. Im heurigen Jahre haben die stattgefundenen Gemeindewahlen ein vollkommen geändertes Bild ergeben. Parteien, die im Jahre 1919 noch nicht vorhanden waren, bzw. eine verschwindend geringe Anzahl von Anhängern aufwiesen, gehören heute zu den führenden Parteien. Der Verwaltungsausschuß des Bodenamtes hat in Vertretung des Parlaments die Kontrolle auszuüben. Es geht daher nicht an, daß eine Körperschaft, die sich weder auf das Gesetz noch auf die tatsächlichen politischen Verhältnisse stützen kann, auch weiterhin noch die einzige Macht ist, die über ein so ungeheueres Volksvermögen zu entscheiden hat, wie es der beschlagnahmte land- und forstwirtschaftliche Besitz in der Èechoslovakischen Republik bildet.
Das bisherige Ergebnis der Zuteilung von Baugrundstücken beträgt nach der amtlichen Statistik 2472 ha. Zu diesen kommen noch 3832 ha, deren Zuteilung erst erfolgt. Hingegen wurden Ansprüche auf 6100 ha abgewiesen. Auch hier liegt keine detaillierte Statistik vor. Mit Hilfe dieser Aktion wurden gewohnheitsmäßig die èechischen Bewerber auf Kosten der Deutschen bevorzugt. Diese Èechisierungstendenz tritt uns ganz klar bei der Zuteilung von Grundstücken zu Turnund Sportzwecken entgegen, die zum größten Teil im Wege dieser Aktion durchgeführt wurden. Nach der amtlichen Statistik wurden zu solchen Zwecken bisher 537 ha in 988 Fällen zugeteilt. Hievon entfallen 311 ha in 621 Fällen auf Verkäufe, die das Bodenamt genehmigte und nur 60 ha in 84 Fällen, auf Zuteilungen, die während der planmäßigen Zuteilung erfolgten. Letzterer Umstand ist von besonderer Bedeutung, weil er eine Begründung in der Form unmöglich macht, daß die Minderheiten nur deshalb fast gar keinen Boden erhielten, weil bisher die planmäßige Zuteilung in Böhmen, Mähren und Schlesien, wie wir noch sehen werden, ausschließlich im èechischen Siedlungsgebiete durchgeführt worden sei, so daß in diesem Ergebnis keine Absicht verborgen liegt. Von dem zu diesem Zwecke aufgeteilten Flächenausmaß entfallen nämlich auf èechische Turnvereine 577 Fälle, das sind 58·2% mit 314 ha, während auf die Turnvereine der Minderheiten nur 20 Fälle, das sind 2·02% mit 9·55 ha entfallen. Die restlichen 393 Fälle mit 213 ha wurden an Gemeinden, Sportvereine, freiwillige Feuerwehren und verschiedene Vereine zugeteilt. Hier hat die amtliche Statistik keine Scheidung nach Nationalitäten vorgenommen, so daß es nicht möglich ist, bis ins Detail die ungeheuere Zurücksetzung der Minderheiten bei dieser wirtschaftlich und kulturell wichtigen Zuteilung zu verfolgen. Tatsache ist auch bei diesen Zuteilungen, daß die deutschen Ansprüche fast ausschließlich abgewiesen wurden, während den èechischen Anforderungen restlos entsprochen wurde.
Der Voranschlag des Landwirtschaftsmin steriums enthält unter Kapitel XVIII., Titel 6, § 2 c, und bei Kap. XVIII a, Tit. 6, § 2 b, die Ausgaben und Einnahmen jener Güter, die der Staat den Bodenreformgesetzen gemäß in Mähren, der Slovakei und Karpathorußland vom Bodenamt als Ersatz für die vom Staat zu bodenreformatorischen Zwecken in Böhmen, Mähren, Schlesien, der Slovakei sowie Karpathorußland dem Bodenamt zur Verfügung gestellten staatlichen Güter übernimmt. So gering die hier in Frage stehenden Beträge tatsächlich auch sind, kommt diesem Posten insofern eine besondere grundsätzliche Bedeutung zu, als man fragen muß, ob diese Transaktionen mit den bestehenden Gesetzen in Übereinstimmung stehen. Nach dem Voranschlag übernimmt der Staat, bzw. das Landwirtschaftsministerium in Mähren und der Slovakei 14.290 ha und in Karpathorußland 18.720 ha, also insges amt 33.010 ha landwirtschaftlichen Bodens. Hiefür überläßt das Landwirtschaftsministerium dem Bodenamt in Böhmen, Mähren, Schlesien und der Slovakei 15.320 ha, in Karpathorußland 20.300 ha, insgesamt also 35.620 ha. Durch diese Übertragung wird somit das Staatsvermögen um 2610 ha verkleinert. Die große Bedeutung dieser Maßnahmen wird aber erst klar, wenn wir uns ihren finanziellen Effekt vor Augen führen. Der vom Staat für die Übernahme privater Güter dem Bodenamt zu zahlende Preis beträgt für Mähren und die Slovakei 44,696.850 Kè, in Karpathorußland 26,087.320 Kè, zusammen also 70,784.170 Kè. Ein Hektar kostet somit in Mähren und Schlesien durchschnittlich 3128 Kè, in Karpathorußland 1393 Kè, hingegen erhält der Staat vom Bodenamt für die abgetretenen Staatsgüter in Böhmen, Mähren und Schlesien und der Slovakei 31,111.500 Kè, in Karpathorußland 12,615.000 Kè, zusammen daher 43,726.500 Kè. Die Hektarpreise betragen in diesem Falle 2031 Kè, bzw. 621 Kè. Hiezu ist noch zu bemerken, daß das Landwirtschaftsministerium in seinen sonstigen Voranschlägen auf die abzutretenden Güter keine Rücksicht genommen hat. Der finanzielle Verlust, den der Staat erleidet, beträgt 27,057.670 Kè. Dieser Betrag ist deshalb ein finanzieller Verlust, weil der Unterschied zwischen Kauf- und Verkaufsumme nicht aus dem Umstande zu erklären ist, daß die Übernahmsgüter besserer Bonität sind als die abgetretenen, sondern der Unterschied der Bewertung ist zum Großteil einzig und allein auf die Regie und auf die sonstigen mit der Durchführung dieser Transaktion verbundenen Kosten des Bodenamtes zurückzuführen.
Diese Darlegung zeigt, daß durch diese Transaktion das werbende Staatsvermögen einen nominellen Verlust von über 27 Millionen Kronen erfährt. Dieser nominelle Verlust bedeutet aber noch nicht einmal den gesamten effektiven Verlust; denn der èechoslovakische Staat hat als Gegenwert für die von ihm übernommenen ehemaligen österreichisch-ungarischen Staatsbesitzungen den Friedensgoldwert an die Reparationskommission zu bezahlen. Nehmen wir den Durchschnittshektarpreis mit nur 1500 Goldkronen an, ein Preis, der ein äußerst geringer zu nennen ist, so beträgt die von der Èechoslovakischen Republik der Reparationskommission zu zahlende Schuld 53,430.000 Goldkronen. Eine Abschätzung der Staatsdomänen ist bis heute noch nicht erfolgt.
Aus diesen Zahlen können wir den durch diese Transaktionen hervorgerufenen effektiven Verlust des werbenden Staatsvermögens erkennen. Die Frage, die sich nun ergibt, ist die, ob der Staat im Wege des ordentlichen Staatsvoranschlages eine solche Verschleuderung vornehmen darf, bzw. ob überhaupt selbst durch ein besonderes Finanzgesetz ein solcher Vorgang zulässig ist.
Allein noch ein weiterer Punkt spricht dafür, daß diese Transaktion nicht mit Hilfe des Staatsvoranschlages erfolgen darf. Der § 38 des Entschädigungsgesetzes lautet: "Ein besonderes Finanzgesetz ist erforderlich, wenn der Übernahmspreis des in einem Kalenderjahr durch das Bodenamt übernommenen staatlichen Besitzes den Erstehungspreis des übernommenen beschlagnahmten Besitzes, den sich der Staat nach § 10 des Beschlagnahmegesetzes und nach § 1 des Zuteilungsgesetzes dauernd behält, und 5 Millionen Kronen übersteigt! Auf den Preis des dem Staate für die Vermögensabgabe und die Vermögenszuwachsabgabe zugefallenen Besitzes wird bei Beurteilung der Notwendigkeit eines besonderen Finanzgesetzes nach der vorhergehenden Bestimmung keine Rücksicht genommen. Nach § 38 ist dieser Tausch unzulässig. Denn man darf aus den oben erwähnten Gründen nicht den fiktiven, vom Bodenamte bestimmten Preis für die staatlichen Güter einstellen, sondern es hat der Preis, den die Èechoslovakische Republik an die Reparationskommission zahlen muß, genommen zu werden. Unter Berücksichtigung dieses Preises tritt der Fall ein, daß die Differenz zwischen dem verkauften Staatseigentum und dem vom Bodenamt übernommenen Eigentum mehr als 20 Millionen Kronen beträgt. Es steht somit der Voranschlag im Widerspruch zu den Bodenreformgesetzen.
Allein noch ein zweiter wichtiger Grund spricht für die Streichung dieser Posten. Die vom Staat dem Bodenamt zur Verfügung gestellten Güter befinden sich in allen Ländern der Èechoslovakischen Republik. Hingegen werden vom Bodenamte dem Landwirtschaftsministerium in Mähren, in der Slovakei und in Karpathorußland beschlagnahmte Besitzungen übergeben. Der èechische landwirtschaftliche Staatsbesitz befindet sich im èechischen Siedlungsgebiet. Aus diesem Grund wird auch trotz des effektiven Verlustes Staatsgut zu bodenreformatorischen Zwecken verwendet, hingegen besteht nach der bisherigen vom Bodenamt geübten Praxis und zufolge der Forderungen der gesamten èechischen Öffentlichkeit, die die Bodenreform nicht als eine wirtschaftliche Maßnahme, sondern als eine rein nationalpolitische Aktion betrachtet, die Gefahr, daß bei Verstaatlichung von privaten landwirtschaftlichen Besitzungen nur ausschließlich solche in Betracht gezogen werden, die in deutschen und ungarischen Sprachgebieten gelegen sind. Durch diesen geschickten Schachzug des Bodenamtes wird somit die Aufteilung der Güter an die bodenständige Bevölkerung, die den Minderheiten angehört, verhindert. Durch diese Aktion wird folgerichtig der große Gedanke der Èechisierung des land- und forstwirtschaftlichen Besitzes fortgesetzt.
Wir beantragen daher aus den obenerwähnten staatsfinanziellen Gründen die Streichung dieser Budgetpost, da sie im Widerspruch zu den bestehenden Gesetzen steht.
Ich habe bereits bei der vorjährigen Budgetdebatte darauf hingewiesen, daß die Waldverstaatlichung keine Wirtschaftsmaßnahme ist, sondern eine ausgesprochene nationale Maßnahme. Denn mehr als 95% der Eigentumer gehören den Minderheitsvölkern an und mehr als 70% des zu verstaatlichenden Waldes liegt im Gebiete der Minderheiten. Wenn auch das heurige Programmnm eine geringere Einschränkung gegenüber Ihren großzügigen Entnationalisierungsplänen aufweist, so ist damit noch nicht gesagt, daß die nationalen Tendenzen fallen gelassen wurden! Sie bestehen vielmehr im gleichen Maße weiter wie sie bei Ausarbeitung des Projektes vorhanden waren. Wie richtig die Behauptung der Minderheitsvölker ist, daß die Waldverstaatlichung keine wirtschaftlichen Tendenzen verfolge und daß sie in der heutigen Staatswirtschaft niemals ihre Begründung finden kann, zeigt folgender Vorfall: Das èechoslovakische Landwirtschaftsministerium steht in Verhandlung mit auswärtigen Industriekonzernen, deren Ziel die langjährige Verpachtung der karpathorussischen Staatswälder im Umfang von über 300.000 ha ist. Die Begründung für diese Maßnahmen gibt der jetzige Vorstand der staatlichen Forste und Domänen Dr. Šiman, indem er nachweist, daß diese Waldungen niemals dem Staate in Eigenregie soviel Erträge liefern können, wie das Pachtoffert der auswärtigen Gesellschaften dem Staate gibt.
Wir wollen nicht über die Zweckmäßigkeit einzelner Offerten sprechen, wir wollen auch nicht die Gründe untersuchen, die den jetzigen Vorstand dazu gebracht haben, als Chef der staatlichen Forste zu erklären, daß die staatliche Bewirtschaftung der Waldungen nur mit Opfern für den Staat verbunden ist. Wir wollen diese Tatsache als solche hinnehmen, dann aber müssen wir uns die Frage vorlegen, wieso der Staat, indem er unfähig ist, seine eigenen Waldungen zu bewirtschaften, sie, um Erträge zu erzielen, an private Firmen verpa chten muß, daran schreitet, rationell bewirtschaftete Privatwaldungen zu verstaatlichen; denn nach dem Ausspruch des Obersten Vorstandes der staatlichen Forste müssen wir erwarten, daß in den nächsten Jahren der Staat daran schreiten wird, um Erträge zu erzielen, die übernommenen Privatwaldungen wiederum an Private zu verpachten. Die wirtschaftliche Begründung für die Wälderverstaatlichung bestand in der Behauptung, daß der Staat besser wirtschaftet als der Private, so daß für die Staatsbewohner die Verstaatlichung einen Vorteil erbringt. Die Tatsachen zeigen uns, daß dem nicht so ist, daß die Staatswälder nicht nur keine Erträge liefern, sondern der Bevölkerung weitere Steuerlasten zur Deckung des Defizits der staatlichen Waldungen aufbürden. Der Staatsvoranschlag für das Jahr 1924 ergibt als Einnahmen aus der Bewirtschaftung der staatlichen Forste und Güter 430 Millionen Kronen, als Ausgaben 366 Millionen Kronen, dazu die Investition von 50 Millionen Kronen, daher bleibt eine Reineinnahme von 14 Millionen Kronen von einer Fläche von rund 400.000 ha, also für 1 ha 35 Kronen. Die Zentralregie ist dabei noch nicht abgerechnet. Es ist gegenüber dem Vorjahr sogar ein Minus von 80 Millionen Kronen und die Begründung, die dazu gegeben wird, können wir als stichhaltig nicht anerkennen. Wirtschaftliche Gründe können daher für die Verstaatlichung von Privatwaldungen nicht in Betracht gezogen werden. Ich möchte nun hinweisen, daß in jedem Lehrbuch für forstwirtschaftliche Betriebslehre langjährige Holzabstockungverträge als Kennzeichen der extensivsten Betriebsführung dargestellt werden. Der èechoslovakische Staat, der sich rühmt, eine bessere staatliche Bewirtschaftung des Waldes aufzuweisen, als die der privaten, der daran geht, aus diesem Grunde Privatwaldungen zu verstaatlichen, schließt aber solche langfristige Holzabstockungsverträge ab; die zwischen dem Landwirtschaftsministerium und privaten Konzernen geführten Verhandlungen beweisen die Richtigkeit unserer Behauptung, daß die Wälderverstaatlichung ein Teil des großzügigen nationalen Programms der Bodenreform ist, nämlich der Èechisierung des land- und forstwirtschaftlichen Besitzes im Wege der Bodenreform und der Vertreibung der deutschen Beamten und Angestellten aus diesem Besitz, damit dorthin èechische nationale Chauvinisten verpflanzt werden können.