Pondìlí 7. dubna 1924

Die Regierungsvorlage ist, ebenso, wie die entsprechende Vorlage im Vorjahre nicht das Ergebnis einer sachlichen Beratung aller Interessenten, sondern sie ist entstanden nach mehr oder weniger scharfen Kontrahagen und nach Überwindung mehr oder weniger starker Situationen in der Koalition. (Výkøiky na levici.) Man tut sich èechischerseits oftmal soviel darauf zugute, daß die Koalition stark genug ist, Gegensätze zu überbrücken und Kompromisse zu schaffen. Eines darf aber bei dieser Feststellung nicht vergessen werden, die Art der Verhandlung wichtiger Dinge im Kreise Weniger bei gänzlicher Ausschaltung der Möglichkeit einer Meinungsbedeutung der andern, also der Opposition, vor der unabänderlichen Feststellung der Textierung des Gesetzes, was des Parlamentarismus unwürdig ist und ihn nur verhöhnt. (Sehr richtig!) Meritorisch stimmen wir der Vorlage zu, soweit sie am Gedanken des Mieterschutzes festhält, nicht aber in jenen Punkten, in denen eine Verschlechterung der Mieterschutzbestimmungen eingetreten ist. Die Terminierung der Vorlage auf wiederum nur ein Jahr ist wohl der größte Mangel derselben. Ich machte schon eingangs darauf aufmerksam, daß damit alljährlich bis zum Zeitpunkte des Normalen die Gemüter in Revolution gebraucht werden. Es ist fast so wie bei den geltenden Beamten- und Lehrergchaltsgesetzen, die, wenn sie erneuert werden, immer nur auf kurze Zeit erneuert werden, weil man glaubt, daß sie nur kurze Zeit praktisch sein werden und die man dann noch immer wieder erneuern muß; ein weiterer Blick in die mögliche Entwicklung ließe es besser erscheinen, da etwas großzügiger zu sein. Es muß nur verstanden werden, was, um bei dem Beispiele der Beamten- und Lehrergehaltsgesetze zu bleiben, es ausmacht, wenn alle Jahre Hunderte und Tausende von Leuten in Aufregung versetzt werden ob der Sorge, die bei ihnen besteht darüber, ob ein Gesetz, das ihre Lebenshaltungsbedingungen regelt, verlängert oder aufgelassen wird. Und beim Mieterschutz ist es nicht anders. Mein Kollege Patzel hat schon im Vorjahre auf das Beispiel Deutschlands verwiesen, wo der Mieterschutz bis Mitte 1926 bestimmt ist mit einer gewissen Elastizität für die Bemessung der Mietzinse entsprechend der Teuerungsziffer. In England hält man sich nach großen Erwägungen an ganz dieselben Grundsätze und man ist im englischen Parlamente erst in letzter Zeit daran gegangen, eine Mieterschutzzverordnung zu schaffen nicht nur für ein Jahr, sondern für längere Zeit. In England gelten die zuletzt geschaffenen Bestimmungen für die Mieter auf eine Dauer von 4 Jahren. Es ist das in den Tagblättern erst in der letzten Zeit zu lesen gewesen. Wenn wir der Meinung sind und sein müssen, daß der Fortbestand der abnormalen Verhältnisse auf dem Gebiete des Wohnungswesens nicht nur für ein Jahr erwartet werden darf, daß er weiterdauern wird, dann müssen wir auch der Meinung sein, daß wir mit der Schaffung eines solchen einjährigen Provisoriums ganz einfach nichts tun.

Mit immerwährenden einjährigen Provisorien macht man keine Wohnungspolitik, löstman keine großen Baufragen und baut man keine Häuser. Die Unsicherheit, meine Damen und Herren, ist auf diesem Gebiet das größte Gift. Das gilt nicht nur vom Mieterschutzgesetz, sondern auch von den zur Belebung der Bautätigkeit gegebenen Bestimmungen über die Steuer- und Gebührenbegünstigungen für Neubauten, dem Gesetz vom 30. März 1920, S. d. G. u. V. Nr. 209, zuletzt verlän gert mit § 37 des Baubewegungsgesetzes für das Jahr 1923 und dem Gesetz vom 3. März 1921, S. d. G. u. V. Nr. 102, zuletzt verlängert mit Gesetz vom 21. Dezember 1922, S. d. G. u. V. Nr. 403. Es ist dringend notwendig, daß diesen Gesetzen Stetigkeit verliehen werde und daß sie so gefaßt werden, daß in der Praxis den Behörden keine Zweifel aufkommen und die Absicht des Gesetzgebers nach Förderung der Baubewegung vollständig erreicht werde. Wir empfehlen, das Gesetz vom 3. März 1921 und vom 21. Dezember 1922 auf einen Zeitraum vom mindestens 5 Jahren zu verlängern und passen uns damit den Verhältnissen in Deutschland oder Enfland an.

Bei dieser Gelegenheit wäre auch eine Lücke des erwähnten Gesetzes auszufüllen in der Richtung, daß die Bauaufwendungen von Unternehmungen, die der allgemeinen Erwerbsteuer unterliegen, bei der Veranlagung dieser Steuer angemessen berücksichtigt werden. Es ist nicht einzusehen, warum irgendeine Einzel- oder Gesellschaftsfirma, die für ihre Arbeiter Wohnhäuser baut, nicht der gleichen Begünstigungen teilhaftig werden sollte wie eine Aktiengesellschaft. Eine wirkliche Wohnbaupolitik erfordert aber auch eine gründliche Revision der seit 1820 mit geringen Änderungen bestehenden Hauszinssteuervorschriften. Bei dieser Gelegenheit verweise ich auf die seitens der deutschen Parteien längst schon eingebrachten Gesetzesanträge zur Durchführung dieser Revision. Wenn die Revision dieses Gesetzes im Augenblick nicht geschehen kann, so wünschen wir doch, daß die Arbeiten hiezu eingeleitet werden und daß beschleunigt zumindest Erleichterungen der Hauszinssteuer geschaffen werden für die kleinen Hausbesitzer, deren Mietern keine Mietzinserhöhung auferlegt werden kann. Im Vorjahre hat der Herr Berichterstatter zum Mieterschutzgesetz erklärt, daß das letztere wohl die Absicht der koalierten Parteien gewesen sei, daß man aber hiebei auf den Widerstand des Finanzministers gestoßen sei. Es wäre sehr wünschenswert, daß der Widerstand des Finanzministers gegen die Durchführung einer so vernünftigen sozialen Reform, deren Endzweck es ist, nur den sozial Schwächsten unter den Hausbesitzern entgegenzukommen, gebrochen werde. In diesem Sinn empfehlen wir zu § 9 einen Zusatzantrag: "In Häusern, in denen sich außer der Wohnung des Hauseigentümers höchstens noch 2 Wohnungen von der im § 9 a) und b) angeführten Größe befinden, ist die nach § 9 erlaubte Erhöhung des Mietzinses von der Gebäudesteuer und den Gemeindezuschlägen befreit."

Und nun zu den Änderungen der neuen Vorlage gegenüber dem alten Gesetz. Da fallen uns besonders neue Kündigungsgründe auf, so der zweite Punkt, der es als Kündigungsgrund erklärt, wenn an dem Vermieter oder dessen Gattin eine strafbare Handlung verübt worden ist, eine Mißhandlung, Ehrenbeleidigung, oder wenn sich der Mieter an dem Besitze der Parteien oder des Hauseigentümers vergangen hat. Der Begriff "Mißhandlung" des Hausbesitzers oder seiner Frau ist sehr dehnbar, meine Damen und Herren. Wenn Form und Takt in dem Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter bestehen, und Gott sei Dank gibt es noch tausende Fälle, in denen das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter nicht getrübt ist, wo solche Beziehungen herrschen, ist diese Bestimmung des Gesetzes wohl nicht gefährlich. Aber es gibt auch Fälle, wo dieses ideale Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter nicht besteht und in diesen Fällen kann die Anwendung einer derartigen Bestimmung geradezu provoziert werden.

Die neue Fassung über die Kündbarkeit solcher Mieter, die einen übermäßig hohen Aftermietzins verlangen, kann dazu führen, daß in Wirklichkeit der Aftermieter gestraft wird und seine Wohnung verliert, während man doch den habgierigen Mieter treffen will. Wir haben gar nichts dagegen, wenn ein habgieriger Mieter, der mit seiner gemieteten Wohnung Schindluder treibt, einer Strafe zugeführt wird, aber nur mochten wir sagen, damit ein solches Gesetz nicht falsch angewendet werde, daß die Formulierung so genau umschrieben sein muß, daß tatsächlich irgendein Mißbrauch damit nicht getrieben werden kann. Dies zu erzielen wäre eine gründliche Beratung dieses Punktes sowie des ganzen Gesetzes notwendig, aber zu einer solchen hat das èechoslovakische Parlament niemals Zeit. Das gilt nicht nur für dieses Gesetz, sondern auch für die anderen Gesetze. (Výkøiky na levici.) Da wird monatelang überhaupt nichts gemacht, um dann wiedereinmal zusammenzukommen und in kurzen Stunden alles über den Haufen zu schaffen. Das ist wohl der größte Krebsschaden dieses Parlamentes.

Die Kündigungsgründe für Staat und Gemeinden können zu bösen Sekkaturen führen. Wir haben zahlreiche Fälle, in denen pensionierte Eisenbahner, die ein Menschenleben lang der Allgemeinheit gedient haben und in Eisenbahnwohnhäusern wohnen, die sie mit ihrem Gelde mit erbauen halfen, zum Beispiel in Häusern irgendwelcher Pensionversicherungen oder sozialen Versicherungsinstitute, die zu den Geldern durch die Beiträge der Arbeiter kamen, auf Grund dieser Bestimmung des Gesetzes auf das Pflaster geworfen werden können. Solche Fälle sind hier, ich erinnere an die Fälle in Bodenbach. Wohl ist auch im Ausschuß darüber verhandelt worden, ohne daß aber Sicherungen geschaffen wurden, denn die Zusagen des Eisenbahnministers in dieser Beziehung sind keineswegs befriedigend.

Und nun zur Erhöhung der Mietzinse. Hier kann nur eine Mittellinie zwischen den Interessen der Hausbesitzer und jenen der Mieter gezogen werden, die allein es möglich macht, daß hier keine Fehler geschehen, daß antisozial wirkende Steigerungen auf alle Fälle unterbleiben und nur Mietzinssteige rungen erfolgen, die sozial nicht bedenklich sich auswirken. Es ist freilich schwer, die Grenze zu finden zwischen sozial zulässigen und antisozial wirkenden Zinsstei gerun gen. Das geltende Gesetz stellt hiefür 2 Merkmale auf, die Größe der Wohnung und die Höhe des steuerpflichtigen Einkommens. Diese Merkmale aber sind unzulänglich, weil sie in keiner Beziehung stehen zu dem durch die Zahl der Familienangehörigen gegebenen Wohnungsbedürfnis des einer oder anderen. Eine Vierzimmerwohnung übersteigt z. B. das Bedürfnis eines Junggesellen, gewiß aber nicht das Wohnungsbedürfnis einer Familie von 6 Köpfen. Für einen durch die Erziehung zahlreicher Kinder belasteten Familienerhalter ist ein Einkommen von 60.000 K gewiß nicht zu hoch, vielleicht langt es nicht einmal, die Bedürfnisse einer solchen Familie zu befriedigen. Ob eine Wohnung das Kulturbedürfnis des Mieters übersteigt und somit sorglos eine Steigerung des Mietzinses verträgt, kann nur beantwortet werden, wenn die Zahl der Wohnräume mit der Zahl der Haushaltsangehörigen in ein Verhältnis gebracht wird. Es kann da folgender Mindestbedarf gelten: Je ein Zimmer für eine Person über 14 Jahre und ein Zimmer für 2 Personen unter 14 Jahren. Darüber hinaus noch ein Wohnzimmer und die etwa zum Berufe benötigten Wohnräume für geistige Arbeiter, ein Arbeitszimmer und die Bibliothek. In ähnlicher Weise war auch der Wohnungsbedarf im Wohnungsanforderungsgesetz vom 11. Juni 1922, Zahl S. d. G. u. V. Nr. 225, umschrieben und auch das neue Einquartierungsgesetz steht auf diesem Grundsatz. Darüber hinausgehende Wohnungen können nicht durchwegs als Luxuswohnungen bezeichnet werden. Aber sie sind nicht ebenso schutzbedürftig wie die anderen Wohnungen und es kann an diesen eine Mietzinssteigerung wohl sorglos durchgeführt werden. Nach der Vorlage soll für Wohnungen, bei denen sonst eine Mietzinserhöhung über das bisherige Maß hinaus nicht gestattet ist, eine solche Erhöhung bei Neuvermietungen nach Inkrafttreten des Gesetzes möglich sein. Auch diese Bestimmung ist sehr bedenklich, wenn wir uns die Verhältnisse der Gegenwart überdenken, in denen Übersiedlungen und zwar nicht so sehr aus dem Willen des Übersiedelnden sehr häufig stattfinden, weil sie stattfinden müssen. Ich erinnere da an die Methoden des Staates, der am häufigsten der Veranlasser solcher Übersiedlungen ist bei Versetzung von Staatsbeamten, die einer solchen ungünstig auswirkenden Bestimmung zum Opfer fallen.

Nachdem ich im Rahmen der mir zur Verfügung stehenden Redezeit in großen Umrissen die Stellung meiner Partei zum Mieterschutzgesetz und zur Wohnungsfrage dargelegt habe und im besonderen auf die Einzelheiten des Mieterschutzes eingegangen bin, komme ich zum Schlusse und versichere, daß wir deutschen Nazionalsozialisten auch in diesem Hause trotz unserer opositionellen Haltung nicht abgeneigt sind, an einem Werke sozialen Inhaltes mitzuwirken, zur Gestaltung eines solchen Werkes mit die Hand zu reichen. Wir betrachten es als außerordentlich notwendig, zum Zwecke der Abstellung der üblen Seiten auf dem Gebiete des Wohnungsmarktes eine große sozialpolitische Tat zu setzen. Wir haben ihnen die Richtlinien für eine solche in meinem Antrage, den ich im Auftrage meiner Partei dem Hause vorgelegt habe, zur Verfügung gestellt und es wäre nur zu wünschen, daß in diesem Sinne, zu dem wir gerne unsere Mitarbeit leihen, allen sozialpolitischen Fragen, an den Leib gerückt würde. (Souhlas na levici.)


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