Støeda 25. èervna 1924
Pøíloha k tìsnopisecké zprávì
o 278. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve støedu dne 25. èervna 1924 odpol.
1. Øeè posl. Kirpalové (viz str. 1043 tìsnopisecké zprávy):
Hohes Haus! Veranlaßt durch die vielen Bestechungs- und Korruptionsaffären, unterbreitete die Regierung dem Hause einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Bestechungen und Korrupptionen. Das Gesetz erwies sich in der ersten Fassung der Regierungsvorlage als unannehmbar und wurde durch das Subkomitée verbessert. Aber trotz der Verbesserung entspricht auch dieses Gesetz noch nicht. Wir haben Abänderungsanträge gestellt, u. zw. verlangen wir die Streichung des § 5 und beantragen ferner eine Änderung des § 6 dahingehend, daß nach dem Worte "gleichgestellt" die Worte einzuschalten sind "insoweit sie in Angelegenheiten des Unternehmens entscheiden oder auf die Entscheidung Einfluß haben". Als ein Erfolg ist zu verzeichnen, daß die Bestimmungen über die Amnestie aufgehoben wurden.
Ich habe eingangs gesagt, daß trotz der Verbesserungen und trotz dieses Gesetzes die Korruption sicher nicht aus der Welt geschafft werden wird. Wir sehen die Gewähr nur darin, wenn bei Lieferungen und insbesondere bei verantwortungsvollen Lieferungen eine Kontrolle ist, die über alles zu wachen hat, wie, wo und an wen die Lieferunggen vergeben werden. Aber eine sicherere Gewähr ist darin zu erblicken, daß die Beamtenschaft eine gute Bezahlung für ihre Dienste erhält. Der letzte Prozeß, der noch in Verhandlung steht, die Benzinaffäre, hat ganz klar und deutlich gezeigt, daß die Beamten heute viel eher zu Korruptionen und Bestechungen neigen, daß sie sich sehr leicht verleiten lassen, u. zw. deshalb, weil ihre Bezahlung als eine ganz minimale zu bezeichnen ist. Man hat klar und deutlich während der Verhandlung des rozesses lesen und hören können, daß Beamte in ziemlich hohen Rangsklassen ein Gehalt von sage und schreibe 1700 Kronen monatlich beziehen. Dies zu kommentieren, erachte ich überflüssig. Wenn der Prozeß, der in Verhandlung steht, nachweist, daß die Not bei einem oder dem anderen Beamten ausschlaggebend war, daß also die Verleitung zur Annahme der Bestechung nahelag, um seine finanzielle Lage zu verbessern, so kann die Bestrafung niemals so ausfallen, wie sie in diesem Falle ausfallen sollte, denn nachgewiesene Not wirkt strafmildernd oder gar strafausschliessend. Der erste Grundsatz wäre also die bessere Besol ung der Angestellten. Der Staat würde wahrlich dabei kein schlechtes Geschäft machen. Wir sehen heute, daß eine wahre Flucht der Beamten aus den Staatsämtern sich vollzieht und die bestqualifizierten Beamten verlassen ihren Dienst, um in besserbezahlte Stellen bei Privat- und Industrieunternehmungen zu gehen. Charakteristisch ist auch die Einstellung so vieler Staatsbürger. Aus der Praxis und Erfahrung heraus können wir hiefür Beispiele anführen. Es werden nicht nur mir, sondern den meisten Kollegen Fälle vorgekommen sein, daß bei Interventionen, die von uns durchgeführt werden, die Gesuchsteller versuchen, uns zu überreden, daß wir dem oder jenem Beamten bei Durchführung einer Intervention ein kleines Entgelt, wie sie es nennen - wir nennen es eine Bestechung anbieten. Das muß unbedingt die ganze Beamtenschaft, auch wenn sie sich von Bestehungen fernhält, in Mißkredit bringen. Aber dieser Gedanke ist sehr naheliegend, denn es ist gar kein Geheimnis und kann keines bleiben, daß eben die Beamten sehr schlecht bezahlt sind. Die Bevölkerung versucht aus dieser schlechten Bezahlung der Beamten für sich Vorteile zu ziehen. Ich habe schon einmal gelegentlich der Besprechung der Kriegsinvalidenfrage von dieser Stelle aus betont, daß in diesem Staate insbesondere jene Beamtenkategorien, die sich mit der Kriegsinvalidenfrage beschäftigen schlecht gezahlt werden, viele von ihnen einen Monatsgehalt von sage und schreibe 400 bis 800 Kronen beziehen. Was resultiert aus dieser ganz minimalen Bezahlung? Ich bringe das in Einklang mit meinen ersten Ausführungen, wo ich sagte, daß der Staat mit diesem falschem Sparsystem ein sehr schlechtes Geschäft macht. Die Beamten können sich ihrer Arbeit nicht voll u. ganz widmen, sie sind genötigt, um den Lebensunterhalt für sich und, wenn sie verheiratet sind, auch für ihre Familien zu sichern, noch auf andere Art und Weise Geld zu verdienen. Ich wünschte, daß die Regierung selbst einmal Umschau hielte, wieviele ihrer Angestellten und Beamten genötigt sind, nach der gesetzlichen achtstündigen oder, wie es in den Ämtern ist, siebenstündigen Arbeitszeit eine weitere Arbeitszeit von vier, fünf und sechs Stunden zu leisten, um sich auf diese Art und Weise einen Nebenverdienst zu sichern. Man findet viele Staatsbeamte - es sei zur Schande dieses Staates gesagt durchaus nicht zur Schande der Beamtenschaft - die nach ihrer Arbeitszeit in Kinos, Theatern und anderen Unternehmungen als Billeteure u. drgl. zu finden sind, um sich eben einen Nebenverdienst zu sichern. Wir haben uns nicht nur einmal, sondern x-mal mit dieser Frage beschäftigt und auch hier im Hause einige diesbezügliche Anträge, insbesondere zur Verbesserung des sogenannten Dezembergesetzes vorgelegt. Es ist sicher, daß die Regierung mit dem Dezembergesetze ein zweifaches verfolgt hat, denn es hat der damalige Finanzminister Novák in einem Interviev mit einem Vertreter der "Neuen Freien Presse" aus Wien gemeint: "Wir mußten den Abbau bei den Beamten deshalb vollziehen, weil wir glaubten, daß wenn wir den Anfang machen, demnächst auch alle Privatunternehmungen mit einem Lohn- und Gehaltsabbau der Beamten und Arbeiter hervortreten werden." Was der Herr Finanzminister und nicht er allein, sondern die ganze damalige und alle nachfolgenden Regierungen im Sinne hatten, ist Tatsache geworden. Denn wir sehen, daß der größte und rapideste Lohnund Gehaltsabbau sich nach dem Dezembergesetze vollzogen hat, u. zwar in einer viel schärferen Form, als es damals der Herr Flnanzminister Novák vorausgesagt hatte; nicht 15, sondern 30, 40 und 50 % der Gehälter und Löhne wurden abgebaut. Der Klub der sozialdemokratischen Abgeordneten hat, um die Lage der Beamtenschaft ein klein wenig zu bessern, versucht, einige Abänderungsanträge zu jenem Gesetze einzubringen. Die Anträge liegen natürlich noch irgendwo in den Schubladen der Herren Direktoren verborgen und erblicken nicht das Licht dieses Parlamentes. Ich kann heute schon sagen, daß unser Klub nicht ruhen wird, bis die Frage einer besseren Bezahlung der Beamtenschaft gelöst ist.
Ebenso wie den aktiven Beamten, ergeht es auch den Pensionisten. Wir haben auch diesbezüglich immer wieder Anträge eingebracht, und keine Gelegenheit hiezu vorübergehen lassen, weil wir die rascheste Erledigung dieser Angelegenheit als eine Notwendigkeit und Selbstverständlichkeit betrachten. Wir wünschen die Gleichstellung der Altpensionisten mit den Neupensionisten. Die Pensionistenfrage im Allgemeinen ist ein Kapitel für sich und man könnte stundenlang darüber sprechen, wenn man nur halbwegs die Not dieser Leute schildern wollte. Die Regierung erklärte in der Beantwortung der Interpellation des Kommunistischen Klubs und auch auf die Interventionen und Vorsprachen unseres Klubs, daß diese Frage der Regelung zugeführt werde und daß maman sie eifrig berät. Bevor aber die Sache durchberaten wird, und bevor die Regierung etwas macht, denn sie sagt, es sei dies ein ganzer Fragenkomplex und sie könne nicht diese eine Frage aus den ganzen Finanzkomplex herausholen, können indessen die armen Pensionisten verhungern und zugrundegehen. Von dieser Stelle aus erheben wir Protest gegen das Vorgehen Regierung, und verlangen Gleichstellung der Altpensionisten und die endliche Regelung dieser Fragen.
Nun zu einem ganz anderen Kapitel, das aber mit dem Kapitel der Beamtenfragen von gleicher Bedeutung ist. Was für eine Beamtenpolitik in diesem Staate getrieben wird, dafür sind die in jüngster Zeit aufgetauchten Meldungen über die geplante Einführung des Zölibates der weiblichen Angestellten der sprechendste Beweis. Wenn die offiziöse "Prager Presse" am 1. Juni schrieb, "diese Nachricht eile den Tatsachen voraus", so kann uns dieser Dementi-Ersatz keineswegs beruhigen. Denn wir wissen aus bitterer Erfahrung, daß die Tatsachen immer nachkommen, wenn die Reaktion ein Stück ankündigt. In der Tat bringt bereits am 17. Juni das Legionärorgan "Národní Osvobození", u. zw. ohne daß ein Dementi erfolgt wäre, den Wortlaut eines Gesetzentwurfes, den eine interministerielle Kommission ausgearbeitet hat. Die Verwirklichung dieses Entwurfes würde uns hinter die Zustände des alten Österreich zurückwerfen. Man erinnert sich bei dieser Gelegenheit der Äußerung des Abg. Dr. Kramáø, der in einer Sitzung der Ersparungskommission sagte, der Staat habe zuviel Beamte, es müsse gespart werden, und der bei dieser Gelegenheit einen Beamtenabbau ankündigte. Nun soll sich dieser geplante Beamtenabbau und das falsche Sparsystem auf Kosten der Frauen vollziehen. Man versucht natürlich nachzuweisen, daß die Fraue viel teuerere und auch gleichzeitig weniger wertvolle Kräfte sind, als die männlichen Beamten. Der Motivenbericht führt Statistiken aus der ersten Nachkriegszeit, natürlich ohne Angabe der Jahre an; es ist das gerade jene Zeit, da sich viele weibliche Angestellte nach Aufhebung des Zölibats verehelichen und naturgemäß um Mutterschaftsurlaube ansuchten. Ich bin nicht in der Lage, alle Paragraphen des Entwurfes in einer Redezeit von 25 Minuten zu behandeln und ich will nur die krassesten dieser Paragraphe hervorheben.
§ 3 dieses Entwurfes befaßt sich mit dem Urlaub der weiblichen Staatsangestellten für die Zeit der Schwangerschaft und Mutterschaft im gesetzlichen Ausmaß von 12 Wochen. In dieser Zeit erhält die Frau nur 60% ihrer Bezüge, ein darüber hinausgehender Urlaub wird überhaupt nicht bezahlt. Statt daß der Staat für diese Zeit Zuschüsse in Form einer Wochenbeihilfe gewährt - denn die Staatsbe amtinnen nterliegen naturgemäß nicht den Krankenversicherungsgesetzen, sie erhalten daher kein Krankengeld und keine Stillprämie, müssen den Arzt und die Hebamme bezahlen - mindert der Staat noch ihre Bezüge. Muß sich da nicht jede Mutter zwingen, auch wenn sie krank und erholungsbedürftig ist, ihren Posten nach Ablauf dieser Frist anzutreten? Wo bleibt da die Fürsorge für Mutter und Kind? Diese rückschrittliche und unsoziale Maßnahme, die in ihrer Auswirkung gegen das Staatsinteresse gerichtet ist, bedeutet eine Herabwürdigung der Mutterschaft und kann niemals von der Regierung gerechtfertigt werden. Ebenso kraß und ebenso reaktionär sind die §§ 8 und 9. Die Verehelichung einer Beamtin soll ohne weiteres den Dienstverzicht bedeuten, ja selbst das Dienstverhältnis der bereits Verheirateten kann aufgelöst werden, wenn das heleben, die Mutterschaft oder das Leben im gemeinsamen Haushalt die Dienstpflichten der Angestellten erheblich berührt. Wollen die Staatsbeamtinnen ihre Stellen nicht verlieren, dürfen sie nicht heiraten, denn der Staat duldet bei ihnen keine legale oder illegale Ehe, ja er zahlt Prämien auf das fluktuierende Liebesleben. Doch der Hinauswurf soll nicht so wehe tun, auf die Wunde gehört auch ein Pflaster; denn nach § 11 gebührt der Angestellten für die Lösung des Dienstverhältnisses nach §§ 8 und 10 eine Abfindung, allerdings ausgenommen den Fall, daß die Angestellte absichtlich ihre Dienstpflichten vernachläßigt hat. Diesen Paragraphen zu kommentieren, halte ich für gänzlich überflüssig. Diese Zurücksetzung der Frau, diese Herabwürdigung der Mutterschaft ist ein neues trauriges Beispiel dafür, wie in diesem Staat der Geist der Verfassung, der Geist der Demokratie mißbraucht wird. Der erste Schritt zur Beseitigung der schwer erkämpften Gleichberechtigung der Frau wirde durch diesen Anschlag auf die Beamtinnen unternommen, aber die Beunruhigung, die berechtigte Empörung darüber muß weit über den Kreis der Beamtinnen hinausgehen, denn wenn einmal das Prinzip durchbrochen ist, welches politische Recht der Frau, welches Freiheitsrecht überhaupt ist da noch vor der Reaktion sicher? Von dieser Stelle aus erheben wir den schärfsten Protest und erklären, daß die gesamte Frauenwelt von tiefem Mißtrauen gegen den Rechtswillen dieses Staates erfüllt sein muß. Unsere schwer erkämpften Rechte werden wir mit zäher Kraft und Energie immer und immer verteidigen und glauben, daß der geplante Raub an der Gleichberechtigung der Frau die deutschen und die èechischen Frauen in derselben Abwehrstellung finden wird.
Zum Gesetz selbst will ich noch zum Schluß erklären: Trotzdem es uns nicht die Gewähr bietet, daß die Bestechungen und die Korruption ein Ende finden werden, werden wir doch für das Gesetz stimmen. (Souhlas na levici.)
2. Øeè posl. dr. Luschky (viz str. 1045 tìsnopisecké zprávy):
Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Produkt sachlicher Zusammenarbeit der Mehrheit mit einem ansehnlichen Teil der Opposition dieses Hauses, und es ist von Seiten unserer Opposition nicht zu leugnen, daß diese Zusammenarbeit einige wesentliche Verbesserungen gegenüber der ursprünglichen Vorlage gezeitigt hat. Wir waren entschlossen, an diesem Gesetz mitzuarbeiten, weil es der Reinigung der Moral im öffentlichen Leben dienen soll, und haben dabei die Bedenken dagegen überwunden, daß fort und fort mosaikartige Teilnovellierungen von Rechtskomplexen, wie des Strafrechtes, nur mit dem offenkundigen Zweck zur Verhandlung kommen, Verlegenheiten der Regierung mit dem Scheine Rechtens zu beseitigen, so lediglich die Regierungskunst zu erleichtern und das gegen uns herrschende Regierungssystem zu festigen. Diese Tendenz des Gesetzes jedoch, der Bestechungsmöglichkeit und derartigen Vorkommnissen im Beamtenkörper einen Riegel vorzuschieben, hat uns bewogen, dieser Gesetzesregelung unsere Kraft zu geben, und wir werden auch in der Überzeugung, daß die Notwendigkeit für ein solches Gesetz vorhanden ist, dafür stimmen. Die Verbesserung der Vorlage ist nicht so weit gediehen, daß sie uns einwandfrei erscheinen würde, immerhin wurde eine wesentliche Verbesserung in der Präzisierung des Textes erzielt und es konnten alle jenen Nebenabsichten oder wenigstens der größte Teil derselben ausgeschaltet werden, welche in der Vorlage neue Denunziationsmöglichkeiten unter dem Schein pflichtgemäßer Berechtigung schaffen wollten. Wir warten aber ab, ob diese vorgenommenen Verbes serungen und das damit für uns annehmbar gemachte Gesetz auch tatsächlich die Erfolge haben werden, die wir ihm zusprechen wollen, und ob auch wirklich die ehrliche Absicht besteht, die Korruption abzustellen und dies durch die Tat zu bezeugen.
Im Interesse der öffentlichen Angestellten ist dieses Gesetz gelegen und deshalb fordern wir die Regelung dieser Materie, denn die Wiederherstellung des unversehrten Standesansehens der Beamtenschaft aller öffentlichen Körperschaften und Ämter ist eine ebenso dringliche, wie unabweisliche Notwendigkeit. Es ist aber höchste Zeit, daß im Zusammenhang mit der gesetzlichen Fixierung von Maßnahmen auch jene praktischen Maßnahmen getroffen werden, welche darauf hinausgehen, unwürdige Elemente in der Beamtenschaft abzustoßen und alle Arten von Versuchungen für die Bestechlichkeit von der Beamtenschaft fernzuhalten. Es ist höchst bedauerlich für die Beamtenschaft, daß die vorgekommenen Affären so leicht auf die zum großen Teil unschuldige Beamtenschaft verallgemeinert wurden und daß das Vertrauen zu der Beamtenschaft untergraben wurde. Wenn man die früheren Ansichten des Beamten kennt, welcher sein ganzes Sein, seine ganze Arbeitskraft in den Dienst seiner Pflicht stellte und mit Recht das Ehrenschild der Unbestechlichkeit und Uneigennützigkeit hochgehalten, und es in Ehren getragen hat, so ist es äußerst bedauerlich, daß es soweit kommen mußte, ein derartiges wie das vorliegende Gesetz zu schaffen und hiedurch aller Welt zu dokumentieren, daß tatsächlich in der Beamtenschaft vieles faul ist. Aber selbst wenn das Gesetz noch so gewissenhaft und verständig angewendet wird, ist damit doch erst ein Schritt getan, um die Ämter im öffentlichen Leben wieder zu dem zu machen, was sie sein sollen, nämlich der Hort der Ordnung, und des Rechtsschutzes für die gesamte Bevölkerung. Meine Herren! Dafür muß man auch moralische Kräfte einsetzen und nicht nur gesetzliche Maßnahmen, um zu erreichen, daß der Beamtenschaft wiederum die alte Position im Vertrauen der Bevölkerung zurückgegeben und das Niveau, sowie Standesbewußtsein der Beamtenschaft wiederum gehoben werde.
Aber wie eigenartig mutet es an, wenn die Ordnung und der Rechtsschutz durch die Ämter nur so weit aufrecht erhalten oder durchgeführt wird, als er einzelnen bevorzugten Nationen oder gar Parteien zuteil wird? Was ist das für ein Rechtsschutz, wenn z. B. anläßlich von Gemeindewahlen wohlweislich unterschieden wird, wer die Erfolge bei den Wahlen erzielte, und falls eine oppositionelle Partei Sieger sein sollte, die Gemeindewahl unter den nichtigsten Vorwänden aufgehoben wird, während andererseits wieder, wenn die Mehrheitsparteien die Sieger sind, auch den schwersten Bedenken gegen die Richtigkeit und Reinheit des Wahlverfahrens nicht stattgegeben wird, und diese Einwendungen nur eine Abweisung erfahren? Es ist das ein Zeichen mangelnder Objektivität, wofür wie in Schlesien zahlreiche Beispiele haben. Ich erwähne nur die berühmten und berüchtigten Gemeindewahlen im Hultschiner Bez irk, wo ununterbrochen Wiederholungen dieser Wahlen vorgenommen werden, die zwar dieselben oder noch bessere Resultate für die wirkliche Gesinnung der Bevölkerung zeitigen, aber dafür immer vermehrten Anlaß zu Chikanen seitens der Behörden schaffen. Was ist das für ein typisches Beispiel mangelnder Objektivität, wenn unlängst - und das ist charakteristisch - ein Bezirkshaupt mann zu einer Partei erklärte: "Was Sie mir vorbringen, mag richtig sein, aber wenn ich in Ihrem Sinne entscheide, so schreit der výbor, entscheide ich gegen Sie, schreien Sie. Nachdem aber der výbor mächtiger ist als Sie, so entscheide ich doch lieber im Sinne des výbor." Das ist ein Zustand, der geradezu haarsträubend genannt werden muß und von objektiver Amtsführung jedenfalls sehr weit entfernt ist. Und es ist richtig, wie gestern schon erwähnt wurde, daß man, je höher man in die Ämter hinaufkommt, um so mehr das Gefühl hat, daß sie in vorzüglichster Weise Parteiexposituren darstellen und daß die dadurch gegebene Kompetenz anderen als der herrschenden Partei nicht zukommt. Ist es nicht tatsächlich richtig, daß bei der nationalen Zusammensetzung der obersten Ämter und verantwortlichen obersten Stellen doch immer die deutschen Beamten, diejenigen, welche wirklich unparteiisch bis zur Selbstlosigkeit ihres Amtes walten, von allen wichtigen und verantwortlichen Posten zurückgedrängt werden und anderen Platz machen müssen, die überhaupt nur aus politischen Erwägungen in die Ämter eingezogen sind und maßgebende tellungen in den Ämtern innehaben. Es ist charakteristisch, daß Ämter, die von großer Bedeutung in ihrem Wirkungskreis für die Allgemeinheit sind, ausgesprochene Parteidomänen darstellen. Ist vielleicht das Bodenamt etwas anderes, als ein Parteiamt von ausschlaggebender Bedeutung? Ist es für alle gleichmäßig da und kann da Objektivität wirklich gewahrt werden, wenn die Funktionäre des Bodenamtes bei Aufteilungen und Zuteilungen von Boden Bodenwerber glatt abweisen und ihnen brüsk erklären, wie es in Schlesien, gerade im Hultschiner Bezirk wiederholt vorgekommen ist, daß die Deutschen auf Bodenzuteilung keinen Anspruch haben? Das ist keine unparteiische Amtsführung und Gesetze, die wie das vorliegende zur Reinigung des öffentlichen Lebens in Hinsicht auf die Beamtenschaft geschaffen werden, haben doch in erster Reihe das im Auge zu behalten, daß die Ämter nach unten wie nach oben unabhängig sein und nur ein Ziel haben sollen: Strengste Objektivität, um im Geiste derselben der Gerechtigkeit zu dienen.
Aber, meine Herren, die vorhandenen Nebenregierungen, das ist auch eine Klage, die allgemein gehört wird. Sie rufen vielfach nicht nur Parteilichkeit, sondern auch eine Überhebung hervor, die nicht im Interesse der Ämter liegt, die der Bevölkerung zu dienen haben; die Überhebung, die man schon heute in vielen Ämtern als verkappten Beamtenabsolutismus bezeichnen kann, dem gegenüber die einzelnen Parteien nicht nur ohnmächtig sind, sondern sich höchst armselig vorkommen, wenn sie in irgendwelchen Belangen, in Vertretung eigener oder anvertrauter Interessen ihr Recht suchen wollen. Armselig deshalb, weil der Hochmut, mit dem man empfangen wird, und die Nichtigkeit der Bemerkungen, mit denen man abgespeist wird, nur das Gefühl hervorrufen können, einer Verwaltung gegenüber zu stehen, die sich den Interessen des Dienstes so widmet, daß die Partei sich als Sklave fühlt, der von seinem Herrn einfach schlecht behandelt wird. Das ist eine der Wirkungen des modernen Amtslebens, die sicher wesentlich dazu beigetragen hat, das Vertrauen in die Ämter und die allgemeine Achtung vor ihnen wesentlich herabzusetzen.
Aber nicht nur in dieser sachlichen Beziehung haben die Beschw erden gegen diese Ämter vielfach einen tiefen Hintergrund und harren der notwendigen Besserung, beziehungsweise Schaffung anderer Verhältnisse, sondern vor allem in persönlicher Beziehung ist es Zeit, bei dieser Gelegenheit aus Anlaß des in Verhandlung stehenden Gesetzes auf jene schwerwiegenden Umstände hinzuweisen, die gerade das vorliegende Gesetz scheinbar notwendig gemacht haben, nämlich der Moral dadurch aufzuhelfen, daß man gegen den Versuch von Bestechungen schwere Strafsanktionen schafft. Wie bereits wiederholt hervorgehoben wurde, ist daran schuld das mangelnde Interesse für die Notlage der Beamtenschaft aller Kategorien, die dadurch hervorgerufen wird, daß man ihre Existenz durch den ihnen rechtsmäßig zukommenden Gehalt nicht sichert. Wenn man die Lebensmittelteuerung, wie überhaupt die Verteuerung der ganzen Lebensh altung ins Auge faßt, so erscheint vor allem zumindest das auffällig, daß die Teuerung weit über die Lebenshaltung der Staatsbeamten, wie sie nach den Indexziffern errechnet ist, hinausgeht. Die ehemalige Goldkrone ist in den Preisen der Bedarfsartikel mindestens in die Parität zur èechischen Krone gesetzt, hingegen ist die Besoldung der Staatsangestellten weit hinter dieser Parität zurückgeblieben. Demnach ergibt sich eine Differenz, welche die Lebenshaltung der Beamtenschaft ununterbrochen verschlechtert. Soll ein normales Auskommen in Frage kommen, ist es schon fraglich, ob ein Beamter als Familienvater mit seiner Familie von dem Gehalt sein Auslangen finden kann; aber wenn besondere Ereignisse eintreten, wie z. B. Krankheiten, oder gar die Notwendigkeit von Operationen, oder Wohnungsschwierigkeiten, so bedeutet es für den Beamten eine Katastrophe, aus der es in wirtschaftlicher Beziehung überhaupt kein Entrinnen mehr gibt. Die Gehälter können daher mit Recht von einer ganzen Anzahl von Staatsangestelltenkategorien nur als Hungerlöhne angesprochen werden. Gerade jene Herren, die im alten Österreich am meisten sich für die Forderungen der Staatsangestellten eingesetzt haben, haben dafür jetzt nur Versprechungen auf lange Sicht und nachher nur budgetäre Bedenken.
Die Neuregelung der Bezüge der Staatsangestellten ist eine unabweisbare Notwendigkeit, will man der Beamtenschaft überhaupt eine ihrem Stande und ihrer Arbeitsleistung entsprechende Bezahlung geben. Sie ist eine Notwendigkeit, um auch das moralische Niveau wieder zu heben und um von Haus aus jene Möglichkeit auszuschalten, die durch das Gesetz versperrt und mit Strafen belegt werden soll. Und wie die Neuregelung der Bezüge immer noch aussteht und die Beamten nur immer in größerer Ferne liegender Versprechungen teilhaftig werden, so fehlt es auch an der Erfüllung der alten Forderung nach Erhöhung der Ortszulagen; es hat sich auch keine Möglichkeit mehr eingestellt, die Entschuldungsaktion der Beamtenschaft zu verwirklichen und diesem schwierigen Kapitel der Erleichterung der Lebensverhältnisse der Beamtenschaft näher zu treten. Es hat sich nicht nur bei den aktiven Beamammten, sondern auch bei den Pensionisten immer wieder die Schwierigkeit ergeben, daß man Erhöhungen verspricht, sie aber nicht durchführt und so wie die aktiven Bezüge, auch die der Pensionisten auf ein derartiges Minimum restringiert, daß es vielleicht zu viel zum Sterben, zum Leben aber entschieden zu wenig ist. Bevor die Verzweiflung die Staatsbeamten ergreift, suchen sie nach einem Nebenerwerb und wenn auch der ihnen verwehrt wird, was ist da naheliegender, als daß sie der Versuchung anheim fallen, die von dritter Seite auf sie einwirkt, um sie in ihrer Amtsführung zu bestechen und dadurch minderwertig zu machen? Dieser Zwangsweg, in den sie hineingetrieben werden, kann nur dadurch vermieden werden, daß man sie in materieller Beziehung so stellt, daß sie frei und unabhängig ihres Amtes walten können, indem ihre Existenz und die ihrer Familie gesichert ist. Weiters die Krankenversicherung, die Neuregelung und Novellierung der Dienstpragmatik sind Forderungen, die man berücksichtigen müßte, wenn man wirklich ein Herz für die Beamtenschaft hätte. Statt aber den materiellen Notwendigkeiten der Staatsangestellten entgegenzukommen, ist man vielmehr bemüht, die bisherige Freiheit der Beamten, soweit sie sie noch besitzen, immer mehr einzuschränken. Ist es nicht eine neuerliche Einschränkung der Freiheit der Beamten, wenn man auch bei den aktiven Staatsangestellten den Reiseverkehr ins Ausland durch einschränkende Bestimmungen unterbinden will? Ist es nicht gerade vom Standpunkt einer ihren Aufgaben gewachsenen Beamtenschaft nur wünschenswert, daß sie auch manchmal ins Ausland gehen, andere Länder, Menschen und Verhältnisse kennen lernen und so ihren Horizont erweitern, was wieder nur ihrem Dienste im Inlande zugute kommen kann. Man muß es kleinlich nennen, um es nicht geradezu als gehässig zu bezeichnen, wenn man den aktiven Staatsangestellten und den Pensionisten immer mehr zeigen will, daß sie in allem und jedem von polizeilichen Maßnahmen und Bestimmungen abhängig sind, daß ihre Freiheit auch außerhalb des Dienstes wesentlich verkürzt ist, daß sie, auch wenn sie das Bureau verlassen haben, nicht Herren ihrer selbst sind, sondern immer noch unter einer Bevormundung stehen, welche gegen das Standesinteresse, ja gegen die Würde eines freien Staatsbürgers verstößt.
Die Unabhängigkeit der Beamtenschaft in materieller Beziehung und die Hebung des sozialen Niveaus der Beamtenschaft betrachten wir als dringende Notwendigkeiten. Aber auch die Auswahl der Beamtenschaft für die leitenden Stellen erscheint uns wichtig. Bisher hat sich diese Auswahl fast nur nach politischen, ja nach parteipolitischen Momenten gerichtet. Nicht immer wurden die Besten ausgewählt, sondern diejenigen, die der betreffenden politischen Partei als die Verläßlichsten in parteipolitischer Hinsicht erschienen sind, wurden für die obersten Ämter ausgewählt. Diejenigen, welche durch ihre sachliche Leistung hervorragten, wurden höchstens und in der Weise berücksichtigt, daß sie die Arbeiten der anderen solange zu leisten hatten, bis sie auch da entbehrlich waren. Das ist ein großer Schaden für die Verwaltung, weil diese nicht nach politischen Gesichtspunkten, sondern nach Leistungsfähigkeit objektiv und gleichberechtigt die Beamten ernennen sollte.
Der Beamtennachwuchs stockt auch bereits. Es ist kein Geheimnis, daß nahezu in allen Ämtern und Ressorts sich ein bedeutender Mangel an neuen Beamtenanwärtern bemerkbar macht. Die schlechtere Bezahlung gegenüber den Privatangestelten, die Unmöglichkeit eines wirklich guten Fortkommens, für die deutschen Staatsbeamten, speziell die Unmöglichkeit, wichtigere Stellen zu erreichen und frei und ungehindert den Amtsobliegenheiten nachzukommen, hält eine große Zahl von solchen Menschen, die es früher als selbstverständlich angesehen hätten, sich um den Staatsdienst in allen Belangen akademischer Bildung zu bewerben, davon ab. Der Beamtennachwuchs stockt, und die Folge ist, daß die Arbeit der Ämter selbst immer mangelhafter wird, während die Gesetzesmaterien und die Aufgaben der Verwaltung ständig wachsen. Um diesem Übelstande abzuhelfen, gibt es keinen anderen Weg, als den Forderungen der beamtenschaft Gehör zu schenken, ihre materielle Sicherstellung baldigst in die Wege zu leiten und den wiederholt gegebenen Versprechungen in den angeführten Belangen auch wirklich zu entsprechen. Es ist ferner nötig, in der Beamtenschaft das Bewußtsein der Gleichheit, ohne Rücksicht auf nationale oder sonstige Geburtsvorzüge oder Fehler - je nach der Auffassung - zu stärken und bei der Beamtenschaft die Leistung und nur die Leistung zu werten, mit allen Einschüben von unberufener Seite abzubauen und insbesondere jene Nebenregierungen aufzulassen, welche für die Beamten die schwerste Belastung im Amtsverkehr bedeuten. Wenn das geschieht, dann glaube ich, sind wir auch von der Zeit nicht fern, wo wieder das Niveau der Beamtenschaft ein höheres sein wird, wo eine zufriedene Beamtenschaft möglich wäre. Dann wird wieder Arbeitsfreude Platz greifen und die Verwaltung wird von jenen Elementen gesäubert sein, welche nicht zum Vorteil, sondern nur zum Nachteil der Öffentlichkeit und auch der Ämter tätig sind. Wenn wir aber eine solche Besserung ernstlich wollen und die Regierung sich dieser Au fgabe widmen würde, dann brauchen wir solche Gesetze wie das vorliegende nicht. Denn für die Moral einer ihrer Verantwortung und ihrer Standeswürde bewußten Beamtenschaft wird nichts zu fürchten sein. (Potlesk na levici.)