Ètvrtek 25. záøí 1924

Derartige Dinge müssen aber dem staunenden Publikum mundgerecht gemacht und etwa auftauchende Zweifel und Besorgnisse von Anfang an zerstreut werden. Während zur Entschuldigung der ganzen ziemlich anrüchigen Geschichte die finanzielle Lage der verkrachten Gesellschaft wohl wahrheitsgemäß im schwärzesten Lichte hingestellt wird und augenverdreherisch dem ausgeraubten Deutschen Reiche und seinem Währungselend die Mitschuld angedichtet wird, so wird dann behauptet, es bestehe keine Gefahr, daß die verlangte Staatsbürgschaft wirklich in Anspruch genommen werde, denn die Geschäftssituation der Gesellschaft sei eine gute, der Betrieb bedeutend und nach Beseitigung der deutschen Valutagefahr könne man annehmen, daß bereits im kommenden Jahre das Unternehmen aktiv sein wird. Nun gut, wer’s glaubt, kann selig werden.

Dann gibt es Bedingungen für die Garantie, die angeblich eine Sicherheit für den Staat bedeuten sollen, daß seine gegebene Bürgschaft in Wirklichkeit niemals in Anspruch genommen werden wird. Ich halte diese Garantien für keinen Schuß Pulver wert. Daß die Gesellschaft keine Dividende zahlen darf, ist selbstverständlich, denn sie wird es gar nicht können. Daß sie kein neues Darlehen ohne Staatsbewilligung aufnehhmen darf, ist ebenfalls selbstverständlich, weil sie eigentlich selbst eine Staatsanstalt ist und niemand anderer außer etwa der Živnobanka hineinzureden hat. Auch dürfte sich kein Dummer finden, der einer offiziell als verkracht erklärten Gesellschaft etwas pumpen wird. Das staatliche Kontrollrecht besonders festzusetzen, ist bei einer staatlichen Unternehmung eine leere Phrase; die unter Abs. 1 gestellte Bedingung, die besagt, daß wirklich geborgte Beträge sogar zurückgezahlt und verzinst werden sollen, ist eine bereits im alten bürgerlichen Gesetzbuche festgesetzte Pflicht. All das sind Dinge, die sich von selbst verstehen, Garantien aber sind das keine. Es zeigt sich wieder, daß man in diesem Staate für solche Dinge, dann aber auch noch für andere schöne Sachen, wie z. B. für die berühmte Auslandspropaganda und die Einrichtung von Ministerwohnungen immer Geld hat, Geld in Hülle und Fülle, für die Altpensionisten aber, die Staatsbeamten, die Invaliden, die Kriegsanleihebesitzer u. dgl. mehr, natürlich kein Geld übrig hat.

Wir sehen in diesem Gesetzentwurfe ein Musterbeispiel dessen, was man von Regierungswegen in diesem Staate der Bevölkerung zu bieten sich getraut, ohne befürchten zu müssen, dem allgemeinen Spott, ja selbst der Verachtung zu verfallen. Überflüssig zu bemerken, daß wir gegen das Gesetz stimmen werden. (Potlesk na levici.)

4. Øeè posl. Schweichharta (viz str. 2157 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Ohne Umschweife, aber mit der größten Deutlichkeit erkläre ich namens unseres Klubs, des Klubs der deutschen Sozialdemokraten, daß wir aus rein sachlichen Gründen gegen die Vorlage stimmen werden. Wir haben unter den heutigen Verhältnissen absolut kein Vertrauen und keine Hoffnung, daß trotz der großen Opfer, die neuerlich seitens des Staates für die Elbeschiffahrtsgesellschaft gebracht werden, sie wirklich saniert werden kann und aus dem Wasser des Defizits herauskommt. Das Ganze ist tatsächlich, wie schon mein Vorredner erklärt hat, keine sehr koschere Geschichte. Es handelt sich um die Übernahme der Staatsgarantie für 30 Millionen Kronen, welche die genannte Gesellschaft bei der Landesbank zur Konvertierung einer 22 Millionen Kronen betragenden Bankschuld, sowie für Investitionen in der Höhe von 8 Millionen aufnehmen will. Das Darlehen soll in 10 Jahresraten fällig sein und beträgt der Zinsfuß 1% über dem offiziellen Bankzinsfuß. Wie die Dinge liegen, wird die Staatsgarantie bestimmt in Anspruch genommen werden. Trotz der Versicherung im Berichte des Budgetausschusses wird der Staat haftbar gemacht werden. Es ist sehr eigenartig, wenn im Berichte des Budgetausschusses die Summe von 30 Millionen Kronen eine Kleinigkeit genannt wird. Wir können uns erinnern, daß bei wichtigeren Fragen des allgemeinen Interesses der Finanzminister oft nicht einmal 5 oder 10 Millionen übrig hatte, hier aber stehen ohne weiteres 30 Millionen zur Sanierung zur Verfügung. Die Verschuldung von 22 Millionen Kronen bei einem Aktienkapitale von 70 Millionen Kronen ist an sich eine so schwere, daß selbst bei einem normalen Geschäftsgange absolut nicht damit gerechnet werden kann, daß das Defizit in der gegebenen Zeit aus der Welt geschafft wird. Wenn versichert wird, daß vielleicht schon im nächsten Jahre das Riesendefizit der wirklich schon halb und halb verkrachten Gesellschaft aus der Welt geschafft sein wird, so sagt das jemand, der von den wirklichen Verhältnissen keine blasse Ahnung hat. Es ist dies nichts anderes, als Sand in die Augen zu erstreuen.

Als die Vorlage über die Errichtung der èechischen Elbeschiffahrtsgesellschaft, bezw. über die Beteiligung des Staates daran, beraten wurde, habe ich ausdrücklich vor jedem Optimismus gewarnt und die Unrentabilität des Unternehmens direkt vorausgesagt. Der Herr Berichterstatter hat mir damals Nationalismus vorgeworfen. Davon war bei mir natürlich keine Rede. Nationalistisch haben vielmehr die Herren von der Gegenseite die Sache aufgezäumt und dabei, wie Figura zeigt, argen Schiffbruch erlitten. Von einem gemeinwirtschaftlichen Unternehmen, wie man es gerne hinstellen möchte, kann bei der Elbeschiffahrtsgesellschaft keine Rede sein, da den Hauptvorteil bei einem Gewinn in erster Reihe doch die an der Gesellschaft beteiligten Banken hätten. In der Begründung der Vorlage wird erklärt, daß durch die Valutapolitik des Deutschen Reiches das Unternehmen große Verluste erlitten hätte. Woher aber die Inflationspolitik Deutschlands stammt, wer daran schuld ist, verschweigt man im Motivenberichte schamhaft. Man kann und will nicht eingestehen, daß in dies em Falle die Èechoslovakei der Leidtragende der Politik ihrer Pariser Freunde geworden ist. Die Wirtschaft richtet sich eben nicht nach politischen Wünschen. Im Motivenbericht des Ausschusses wird weiter davon gesprochen, daß die Schiffe und Kähne in einem schlechten Zustande übernommen wurden. Was soll das eigentlich heißen? Die Schiffe und Kähne sollten doch vertragsgemäß in gutem Zustande übergeben werden. Es ist eine Übernahmskommission ernannt worden und sie hat auch fungiert. Wenn nun konstatiert wird, daß trotz der Best immungen des Vertrages die Schiffe in schlechtem Zustande waren, so ist das ein ungeheuer schwerer Vorwurf gegen die betreffende Übernahmskommission. Entweder hat man sich übers Ohr ha uen lassen, oder es ist sonst etwas dabei vorbeigegangen. Es wäre interessant festzustellen, wer an der Klage, die der Budgetausschuß erhebt, eigentlich schuld ist.

Der große Verlust der Elbeschiffsrtsgesellschaft muß als eine Art hehrgeld für das èechischnationalistische Kapital bez chnet werden, das nach dem Umsturze eine sehr große Expansionskraft entwickelt hat und sehr rasch verdienen sollte. Zahlreiche Gründungen der Nachkriegszeit sind bekanntlich infolge Leichtfertigkeit, Unkenntnis sowie infolge verbrecherischer Spekulationen jämmerlich verkracht und fast täglich kommen, wie man in der Presse lesen kann, neue Hiobsposten. Wie gewissenlos eigentlich große Gesellschaften unter staatlicher Beteiligung und Garantie gegründet wurden, zeigt mit erschreckender Deutlichkeit der Prozeß, der gerade jetzt in Prag gegen die Aktiengesellschaft "Osten" durchgeführt wird. Bei diesem Prozeß ist zutage getreten, daß das Finanzministerium seinerzeit bei der Prager Kreditbank zugunsten dieser Gesellschaft 60 Millionen Kronen deponiert hat, daß später vom Finanzministerium weitere Millionen gezahlt wurden und daß der Staat für die verkrachte Aktiengesellschaft "Osten" insgesamt 117 Millionen Kronen hinausgeworfen hat. In dem Prozeß ist auch der Name des Herrn Außenministers Dr. Beneš genannt worden, der anscheinend keine sehr glückliche Rolle bei dieser Gesellschaft gespielt hat. Es ergibt sich die Frage: Wer haftet für die leichtfertig hinausgeworfenen Staatsgelder?

Ich möchte auf ein Bestreben aufmerksam machen, daß sich gerade in der Nachkriegszeit allgemein geltend gemacht hat. Die schwierigsten technischen und industriellen Probleme glaubten gewisse Kreise im Handumdrehen lösen zu können, man glaubte, die bisher aus dem Ausland bezogenen erstklassigen Waren durch einheimische ersetzen zu können. Es hat sich aber herausgestellt, daß die Marke "Èechoslovakia" allein nicht genügt, eine gute Ware zu erzeugen. Fast täglich sehen wir es, daß die eine oder andere èechische Gesellschaft, welche eine Konkurrenz gegen gewisse ausländische Erzeugnisse bilden sollte, einen sehr schweren Stand hat, so z. B. auch die Gesellschaft "Elektra" in Prag, die sich vorgenommen hatte, die Glühlampenfabrikation einzuführen, dabei aber bis heute nur Riesenverluste zu verzeichnen hat. Wieder zeigt sich, daß der nationale Chauvinismus nicht der beste und sicherlich nicht der erfolgreichste Produzent ist. Die èechische Elbeschiffahrtsgesellschaft, die, wie im Bericht zugegeben wird, keine Tradition und keine Erfahrung hat, die die alten Beamten vielfach durch neue, die deutschen Arbeiter und Schiffer durch èechische ersetzt hat, die die Strecke gar nicht gekannt haben, hat selbstverständlich mit einer sehr ernsten und sachlich geführten, gewandten, alteingelebten Konkurrenz zu kämpfen, der sie freilich nicht gewachsen sein kann, auch beim besten Willen nicht. Dann darf man nicht verkennen, daß die èechische Elbeschiffahrtsgesellschaft wie die anderen unter der einseitigen Wirtschaftspolitik der Koalitionsregierung zu leiden hat. Ist es doch überaus bezeichnend für die in diesem Staat und in diesem Parlament herrschenden Verhältnisse, daß es ungemein schwer ist, die dringend notwendigen Handelsverträge unter Dach und Fach zu bringen. Wir sahen, wie mit dem italienischen Handelsvertrag seit Monaten ein unerhörter Schacher getrieben wird, wie förmlich eine Erpressungspolitik hinter den Kulissen der "Pìtka" getrieben wird, und dadurch wird selbstverständlich der Industrie, die ein großes Interesse am Zustandenkommen dieses Handelsvertrages hat, ein großer Schaden zugefügt. Wenn also unter diesen Verhältnissen Handel und Wandel leiden, ist es tatsächlich kein Wunder.

Es ist auch begreiflich, daß bei der Politik Frankreichs gegenüber Deutschlands, die von der Èechoslovakei ausdrücklich gebilligt wird, der Verkehr zwischen Deutschland und der Èechoslovakei sich nicht mehr in dem Maße abspielen kann, wie es früher einmal gewesen ist. Der früher so rege Kohlenverkehr auf der Elbe ist auf ein Minimum herabgesunken. Das billige deutsche Salz, das in Massen herübergekommen ist, das manchen Kahn beladen hatte, ist ausgeschaltet, die Einfuhr von Waren wird systematisch erschwert. So werden z. B. Rohmaterialien, welche die Maschinenindustrie braucht, wie Zinn, mit einem hohem Zoll belegt, obwohl die heimische Produktion weder qualitativ noch quantitativ in der Lage ist, den Bedarf zu decken. Daß dadurch weder der heimischen Industrie gedient ist, noch der Schiffsverkehr gehoben wird, ist selbstverständlich. Wenn also darauf hingewiesen wird, daß eine bessere Konjunktur schon in einem Jahr das Defizit der Gesellschaft beseitigen könne, so ist das eine Utopie. Ich weiß, daß wochenlang Schlepper und Kähne der èechoslovakischen Schiffahrtsgesellschaft untätig gestanden sind, weil eben überflüssiger Frachtraum da war, weil kein entsprechender Warenverkehr auf der Elbe herrschte. Dazu kommt die vollständig unzulängliche Einrichtung der Umschlagsplätze an der Elbe. In Laube z. B. liegen die bergaufgeschleppten Kähne noch immer beladen mit Ware trotz vieler Zrgenzen auf beiden Seiten der Elbe, ehe sie entladen werden können. Was dabei an Liegegebühren und Zinsen jährlich verloren geht, geht in die Millionen. Trotz aller Proteste der Handelswelt wird das Übel nicht beseitigt. Die einzige Möglichkeit der Lösung wäre eine Vergrößerung der Hafenanlagen in Laube. Obwohl alle hiefür notwendigen Pläne seit Jahren fix und fertig vorliegen und das Gelände zur Verfügung steht, wollen die leitenden Kreise der Regierung von einer Erweiterung des Umschlagsplatzes nichts wissen. Dafür baut man um so fleißiger im Innern Böhmens neue Umschlagsplätze, die aber stets für den Handel und Verkehr nur von untergeordneter Bedeutung sein werden, u. zw. einfach deshalb, weil das große starke Industriegebiet in Nordböhmen immer der Hauptabnehmer der eingeführten Rohstoffe bleiben wird, wie ja auch die deutsche Randbevölkerung viel mehr auf die Zufuhr von ausländischem Mehl angewiesen ist, als die èechische Bevölkerung im Innern des Landes. Der Hauptumschlagsplatz der Elbe wird natürlich immer an der Grenze sein, wird Laube bleiben und es vernachlässigen heißt, die Volkswirtschaft schwer schädigen. Wir verwahren uns dagegen aufs neue.

Ich wiederhole, daß wir unter den geschilderten Umständen mangels der nötigen Voraussetzungen keine Gewähr haben, daß die angesprochene Staatsgarantie wirklich zweckmäßig ist, und stimmen infolgedessen gegen die Vorlage. (Souhlas na levici.)

5. Øeè posl. dr. Holitschera (viz str. 2160 tìsnopisecké zprávy):

Sehr verehrte Damen und Herren! Ich schloß vorgestern meine Ausführungen bei der Debatte über die Finanzvorlagen mit dem Ausrufe, daß es nicht die Opposition sei, welche die Grundlagen dieses Staats erschüttert, sondern daß die Koalitionsparteien selbst die Axt an ihn legen und in einer wenigstens in Kulturländern beispiellosen Weise die Parteiinteressen über die Bedürfnisse der Allgemeinheit und Volkswirtschaft stellen. Es hätte mir wirklich kein größerer Gefallen geschehen können, als der, daß schon 2 Tage später der Handelsvertrag mit Italien auf die Tagesordnung des Hauses gesetzt wurde, denn er gibt uns ein Schulbeispiel dafür, was alles in dieser Republik möglich ist und mit welch unerhörter Skrupellosigkeit die Interessen der Bevölkerung mißachtet werden. Bei dem widerlichen do, ut des- Spiele, das ununterbrochen unter den Mehrheitsparteien, ganz besonders unter den bürgerlichen, getrieben wird und das zeitweise die ganze Maschinerie der Gesetzgebung ins Stocken bringt, vergessen die "Pìtka" und "Desítka"leute nunmehr sogar jene Rücksichten, die ihnen sonst das Höchste und Heiligste waren, nämlich die auf das Ausland. Sie schädigen und schänden den Ruf und das Ansehen der Republik dadurch, daß sie der Regierung in den Arm fallen, es ihr unmöglich machen, ihr Wort einzulösen und moralisch bindende Verträge zu erfüllen.

Am 1. März d. J. wurde in Rom der Zusatzvertrag zu dem am 23. März 1921 abgeschlossenen Handels und Schiffahrtsvertrag zwischen Italien und der Èechoslovakischen Republik unterschrieben. Dieser Zusatzvertrag bedeutet einen, wie ich aufrichtig zugebe, erwünschten und erfreulichen Fortschritt in unserer Handelspolitik, denn er sichert einer Reihe von wichtigen Erzeugnissen unserer Industrie eine wesentliche Bevorzugung bei der Ausfuhr nach Italien gegenüber anderen mit èechoslovakischen Republik konkurrierenden Staaten, die den Export im bedeutenden Maße zu steigern und zu beleben imstande ist. Welche Bedeutung das für unseren Außenhandel hat, geht daraus hervor, daß Italien bezüglich der Einfuhr in die Èechoslovakische Republik unter allen Ländern im ersten Halbjahr 1924 mit 591 Millionen an zweiter Stelle steht. Nur Deutschland mit 2 1/2 Milliarden geht voran, Österreich folgt mit 569 Millionen unmitellbar nach. Bezüglich der Ausfuhr figuriert Italien mit 347 Millionen allerdings erst an 8. Stelle, aber immerhin spielt auch das eine wesentliche Rolle in unserer Ausfuhr. Unsere Handelsbeziehungen mit Italien nehmen auch deshalb eine Art Sonderstellung ein, weil gerade die Waren, die von dort bezogen werden, zum großen, ja überwiegenden Teil solche sind, die bei uns weder vorkommen, noch erzeugt werden, so daß die Bevorzugung durch niedere Zölle weder der Landwirtschaft, noch der Industrie wehe tut. Zitronen, Orangen, Weinbeeren, Mandeln, Zwiebeln, Frühgemüse, Frühkartoffeln, Kaffee, Seide, Phosphate, Schwefelkies brauchen wir, sie kommen im Lande gar nicht oder beinahe gar nicht vor. Ferner werden Rindshäute, Hanf, Schweinefett eingeführt, die es bei uns wohl gibt, aber nicht in solchen Mengen, daß sie unseren Bedarf decken können, sie müssen also auch von auswärts ergänzt werden. Das sind die Waren, die den Hauptanteil unserer Einfuhr aus Italien darstellen.

Es herrschte darum große Befriedigung bei den beteiligten Industrien, als der Vertrag abgeschlossen wurde und seine Bestimmungen bekannt geworden sind. Sofort entwickelten sich die Beziehungen, Reisende wurden nach Italien geschickt und es kam in der Tat zu ganz bedeutenden Abschlüssen. Gestatten Sie mir, daß ich dies an einer der wichtigsten dabei in Betracht kommènden Industrien, der Porzellanfabrikation, exemplifiziere; ich lebe ja in Karlsbad, dem Zentrum unserer Porzellanfabrikation. Im Jänner wurde ein Vertreter einer der größten unserer Porzellanfabriken von der èechoslovakischen Gesandtschaft in Rom eingeladen, um bei der beabsichtigten Herabsetzung der Zölle auf Porzellan fachmänischen Rat zu erteilen. Er kam der Einladung nach und konnte mit Genugtuung feststellen, daß die Beamten bei der Gesandtschaft und beim Konsulat reges Interesse für eine günstige Erledigung der Verhandlungen hatten. Es kam ein konkreter Vorschlag für die Zollermäßigungen zustande und er reiste mit der Zusicherung nachhause, daß lännstens Anfangs Mai mit der Inkrafsetzung des Vertrages zu rechnen sei. Natürlich setzte sofort eine rege Verkaufstätigkeit ein. Es kamen große Bestellungen, besonders als auf beiden Seiten bekannt wurde, daß der Koeffizient für Porzellan von 1·5 bis 0·7 herabgesetzt werden, also daß er um mehr als die Hälfte erniedrigt werden soll. Das bedeutete eine Überlegenheit über unseren wichtigsten Konkurrenten Deutschland, das noch keinen Vertrag mit Italien hat. Diese Konjunktur mußte ausgenützt werden, rasch ausgenützt werden, denn wir stehen vor der Durchführung des Dawesplanes nach dem Beschlusse der Londoner Konferenz und es unterliegt keinem Zweifel, daß die Konkurrenz Deutschlands dadurch wesentlich verschärft werden wird. Es hieß also rasch handeln. Aber Minister Dvoøáèek denkt und Herr Dubický lenkt. Die Ratifizierung verzögerte sich von Monat zu Monat. Zwar hat der Senat schon am 25. April seine Zustimmung erteilt, aber erst am 28. Mai konnte die Vorlage dem Abgeordnetenhaus vorgelegt werden. Die Zeit verging jedoch, die italienischen Handels- und Importhäuser wurden ungeduldig. In unseren Fabriken lagert teuere Ware, die nicht abgesendet werden kann und totes Kapital bedeutet. Andere Aufträge wagten die Unternehmen nicht in Arbeit zu nehmen, weil Unsicherheit herrschte. Neue Aufträge gingen nicht ein, die bereits erteilten wurden storniert. Millionen wurden der Wirtschaft entzogen, geraubt, Arbeitsgelegenheit, Daseinsmöglichkeit für viele Hunderte von Arbeitern auf Monate hinaus mutwillig zerstört.

So wie der Porzellanindustrie, ergeht es aber auch anderen Industrien, besonders der Glasindustrie. Auch für unsere Heil- und Mineralwässer, deren Ausfuhr nach Italien so gut wie ganz aufgehört hat, ist die Verzögerung der Ratifizierung ein gewaltiger, nicht wieder einzubringender Verlust. Aber nicht nur die Industrie erlitt ungeheueren Schaden, auch die Volksgesundheit leidet darunter. In keinem Staat Europas sind die Orangen so teuer, wie in der Èechoslovakei. In Österreich, Deutschland, der Schweiz, in Dänemark und Schweden kosten sie die Hälfte, ja ein Drittel dessen, was am Prager Markte verlangt wird. Zur Zeit der Inflation, als man die Devise schützen wollte, hat man leider die Südfrüchte als Luxusware bezeichnet und ihre Einfuhr gedrosselt. Und heute noch sind die Orangen mit einem Zoll von 460 Kè belastet. Das ist vom Standpunkt der Volksgesundheit und Volksernährung ein schweres Unrecht. Obst und Früchte enthalten gewisse Stoffe, Nährsalze und Vitamine, die der Organismus ebenso notwendig braucht, wie Fett und Eiweiß. Darumkönnen Früchte und Obst durch nichts ersezt werden und ihr Mangel schädigt den Körperaufbau tief. Es gibt Monate im Jahr, in denen die Orange beinahe die einzige Frucht ist, die den breiten Schichten erreichbar ist. Darum ist es falsch, sie zu verteuern. Der neue Vertrag setzt den Zoll auf 60 Kè herab, bedeutet also eine wesentliche Verbilligung der Orangen, über die wir uns sehr gefreut haben. Aber schon hat die diesjährige Einfuhrkampagne begonnen, schon sind größere Abschlüsse gemacht worden und es ist zu befürchten, daß die Vorteile des neuen Vertrages die Preiserstellung in diesem Winter nicht mehr recht beeinflussen können.

Und warum das alles? Der Gewerbeausschuß hat den Vertrag im Juni angenommen. Schon stand er auf der Tagesordnung des Außenausschusses. In der ganzen Republik gibt es niemanden, der etwas Ernstes gegen ihn einzuwenden hätte. Ein paar Schönheitsfehler hat er freilich, aber welcher auf Kompromissen ruhende Vertrag hätte die nicht? Er bedeutet jedoch einen großen Fortschritt. Plötzlich jedoch wurde er von der Tagesordnung des Außenausschusses abgesetzt, der Referent weigerte sich zu berichten. Warum? Weil der Vertrag zum Tauschobjekt gemacht wurde, weil die Agrarier die Handelsverträge nur gegen Agrarzölle freigeben wollten. Und so ereignete sich das beispiellose, in keinem Staate der Welt mögliche Schauspiel, daß die Partei des Ministerpräsidenten, des Innenministers und des Vorsitzenden des wichtigsten Ausschusses einen vom Vertreter der Regierung unterfertigten guten, für die Volkswirtschaft nützlichen und notwendigen ertrag nach allen Regeln der Kunst sabotierte. Was kümmert sie die Volkswirtschaft, was die Volksgesundheit, was das Ansehen der Republik im Auslande? Hier herrscht nur ein Gesetz und das ist das des Parteiinteresses. "My jsme propustili italskou úmluvu", rief gestern abends ein führender Agrarier uns zu. Heute steht der Vertrag also auch richtig auf der Tagesordnung. Welcher Preis dafür bezahlt werden mußte, das wissen wir noch nicht. Wir sind ja nur Volksvertreter. Klein wird der Preis nicht sein und wir fürchten sehr, daß die konsumierende Bevölkerung ihn sehr bald in ihrer Tasche und in ihrem Magen zu fühlen haben wird.

Dieser Vertrag ist aber nur der erste Schritt. Noch fehlen uns die eben so wichtigen Verträge mit Österreich, Deutschland und Ungarn. Noch fehlt uns die handelspolitische Verständigung mit den Sowjetrepubliken. Sie alle sind notwendig, um unsere Ausfuhr zu heben, unsere Arbeit zu sichern, den Wettbewerb mit den Reparationslieferungen Deutschlands zu ermöglichen. Werden auch alle diese Verträge wieder der oder jener Partei abgekauft werden müssen? Oder sind sie in dem Kaufpreise inbegriffen, der gestern nachmittags im Salon des Herrn Ministerpräsidenten ausgemacht wurde? Das wissen bis heute nur eine Handvoll Menschen, wie sich das eben in einer demokratischen Republik von selbst versteht.

Der italienische Vertrag sei ein Mene tekel! Wenn die Methoden nicht bald geändert werden, nach denen man in diesem Staate regiert, dann wird und muß er den Zugriffen beutelustiger Parteien erliegen. Sie selbst graben ihm sein Grab. (Potlesk na levici.)

6. Øeè posl. Kostky (viz str. 2162 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die Handelsverträge haben hier in diesem Hause ein sehr merkwürdiges Schicksal. Sie erscheinen, kommen, verschwinden wieder, tauchen in das Dunkel zurück und im Hintergrund arbeiten und ziehen dunkle Kräfte an unsichtbaren Dingen, die uns heute noch verborgen sind. Hier im Hause klappert die Mühle des offiziellen Redestroms weiter, weise gelenkt von den Majoritätsberichterstattern. Es wird weiter gesprochen und im Hintergrund wird verhandelt. Ich habe mir Handelsverträge ja immer als sehr schwer vorgestellt. Ich habe ja selbst in meiner Praxis zum Teil an solchen Dingen mitgearbeitet und habe gesehen, daß das Verhandeln mit den fremden Staaten eine sehr schwere Sache ist. Es ist mit aber noch verhältnismäßig selten aufgestoßen, daß das Verhandeln über einen Handelsvertrag, der an und für sich gut ist, im eigenen Staate eine so ungeheuer schwere Sache ist. Wir haben es in den letzten Wochen und Monaten erlebt, wie schwer das ist und man kann wohl sagen, daß ein Handelsvertrag, der neun Monate liegen geblieben ist, gut ausgetragen sein muß, wenn er jetzt ans Tageslicht kommt. Wir haben im Au ßenhandelsausschuß Wunder erlebt: Eine Sitzung wurde abgesagt und der Handelsvertrag verschwand für lange Zeit von der Bildfläche. Wir hörten wohl von Forderungen, welche von der agrarischen, der Majorität angehörenden Partei gestellt worden seien, wir hörten, wie auf der anderen Seite sich dagegen Stimmen erhoben, daß man den Handelsvertrag zu einem Schacherobjekt mache, aber er erscheint nicht auf der Bildfläche; und als endlich hier im Parlament andere Handelsverträge auf der Tagesordnung standen, waren sie ebenso schnell wieder verschwunden, ohne daß darüber abgestimmt wurde. Die Italiener warteten vergeblich, sie warteten sogar vergeblich auf einen angesagten Besuch, der von den höchsten Kreisen in Italien in der Zwischenzeit zur Besserung unserer Verhältnisse durchgeführt werden sollte, und sie werden sich wahrsch einlich Gedanken darüber gemacht haben. Ich habe im Gewerbeausschuß, als dort endlich dieser Vertrag verhandelt wurde, gesagt, wir seien verpflichtet unseren diplomatischen Vertretern unsere Anerkennung auszusprechen, sie haben präzise gearbeitet, sie haben einen guten Handelsvertrag zustande gebracht und haben ihn im März der parlamentarischen Vertretung vorgelegt. Diese parlamentarische Vertretung, das Hohe Haus, hat nicht nur schlecht gearbeitet, sondern es hat sich auch eine unerhörte Blamage vor der Öffentlichkeit in diesem Staate und vor der Öffentlichkeit im Auslande zugezogen. Das müssen wir leider aus den Ergebnissen dieser Vorverhandlungen feststellen.

Man spricht viel von dunklen Gewalten, die heute schon gewisse Ministeranwärter ausüben, die sich gegen den Ministerpräsidenten und gegen den Außenminister kehren. Wir können das nicht kontrollieren. Man spricht von Getreidezöllen, man hat in der Zwischenzeit eine Mehlvorlage kommen und verschwinden sehen, die intime Zusammenhänge mit diesem ganzen Problem verraten hat. Die Getreidepreise stiegen selbstverständlich, die Teuerung stieg im ganzen Lande, diese Erfolge haben wir alle von den Verhandlungen im Hintergrunde gespürt; und endlich erfahren wir in letzter Stunde, daß sogar eine der Koalitionsparteien - ich weiß nicht, ob es wahr ist, aber es wird so erzählt und wir haben ja auch ein Interesse an diesen Vorgängen innerhalb der Koalitionsparteien - gedroht habe, sie könne so nicht länger mitmachen. Das war das letzte Zeichen, um weitere Liebesgaben hervorzurufen, und man erzählt sich wieder und es wird wohl im ganzen Lande und auch im Auslande erzählt werden, daß der Handelsvertrag mit Italien einzelnen Parteien der Majorität abgekauft werden mußte. Ein witziger Kopf, der meiner Partei angehört - und ich schätze das - hat in der letzten Zeit gesagt, wo derartige Dinge vorkommen, könnte man eigentlich von einem "Kuhhandelsländchen" sprechen. Ich will keinen gesetzlichen Schutz auf dieses Wort haben, ich wünsche sogar, daß es sich in der Öffentlichkeit verbreite, damit dieser Vorgang in der Zukunft von den geehrten Majoritätsparteien vermieden wird. Wir müssen aber als wirtschaftlich gesinnte Menschen in der schärfsten Weise dagegen protestieren, daß hier wirtschaftliche Dinge von allerhöchster Wichtigkeit derartig zum Handels- und Schacherobjekt gemacht werden. (Sehr richtig!) Es ist ganz unverantwortlich, daß man Dinge, auf die alle an der Wirtschaft beteiligten Faktoren seit sieben oder acht Monaten warten, wegen derartiger Handelsgeschäfte hier im Hause liegen läßt. Es wurde bereits von meinem Vorredner erwähnt, und ich stimme ihm zu: Es ist ja zum Glück nicht möglich, daß derartige Machinationen mit einem Male die Wirtschaft erschlagen könnten. Es habe sich allerdings zufälligerweise im letzten Halbjahr aus besonderen Umständen die Beziehungen zu Italien günstiger entwickelt, aber gerade deshalb, weil unser Export gestiegen ist, müssen wir uns fragen, wieso es möglich ist, daß im letzten halben Jahre wichtige Positionen der Ausfuhr nach Italien ein ganz bedeutendes Minus ausweisen. Ich verweise da nur auf die Position "Flechtwaren". Wir haben hier im letzten halben Jahr gegenüber dem Vorjahr - und ich vergleiche jetzt immer so - 900.000 Kronen weniger Ausfuhr. Wir haben bei Pack- und Druckpapier, also auch ein sehr wichtiger Ausfuhrartikel, ein Minus von rund 4 Millionen im letzten halben Jahre, bei Glasperlen und Glasknöpfen, gerade Positionen, die sie auch im italienischen Vertrag finden werden, wenn sie ihn genau durchlesen, ein Minus von mehr als einer Million, bei Tafelglas 1/2 Million, bei Porzellan ein Minus von 1·8 Millionen - immer ein halbes Jahr gegen den gleichen Zeitraum des Vorjahres gerechnet - in Textilmaschinen ein Minus von 1· 3 Millionen, also summa summarum ganz ungeheuere Verluste. Ich meine nun: es ist eine sehr merkwürdige Tatsache, denn die Verluste haben doch gewiß die Arbeiter und die Unternehmer zu tragen. Wie schon der Herr Vorredner gesagt hat, sind eine ganze Menge von Verträgen storniert worden. Sie werden auch nicht wieder erneuert werden, da die Waren jetzt nicht mehr zu brauchen, vielleicht schon aus der Mode gekommen sind. Nun gibt man eigentlich die Entschädigung nicht jenen Kreisen, die diese Verluste erlitten haben, sondern gibt sie einer anderen Partei, die von der Landwirtschaft herkommt und mit diesem Handelsvertrage ihre eigenen Geschäfte besorgen will.

Ich will hier nicht darüber sprechen, ob die Forderungen, welche im Zusammenhang mit diesem Vertrag von der Landwirtschaft aufgestellt worden sind, berechtigt sind oder nicht; zweifellos war es ein Fehler unserer gesamten Handelspolitik, daß wir diese wichtige Agrarfrage nicht in Zusammenhang mit unseren ganzen handelspolitischen Fragen schon längst erledigt haben, denn es ist ja schon vor zwei Jahren hier davon gesprochen worden, unsere Zölle seien heute protektionistisch, wir hätten ungeheuere Zuschläge bei den industriellen Artikeln und die Landwirtschaft könne es nicht mehr länger ertragen, daß sie nicht auch durch einen Zoll, allenfalls abgestuft, je nach den Preisverhältnissen fallend und steigend, geschützt ist. Ich will hier heute, da ich die Zeit dazu nicht habe, darüber nicht urteilen, ob diese Forderung berechtigt ist oder nicht. Die Landwirte und auch andere Kreise beweisen, daß zumindest ein Teil dieser Forderungen berechtigt ist. Es ist aber ein grober Fehler, daß diese Frage nicht grundsätzlich schon vor längerer Zeit erledigt worden ist. Denn es ist heute, glaube ich, für unsere Unterhändler nicht leicht, in Handelsvertragsverhandlungen mit jenen Ländern einzutreten, die sich darauf berufen, daß sie ihre landwirtschaftlichen Artikel ja wie bisher zollfrei in die Èechoslovakei einführen könnten. Wir haben heute keinen auton omen Zolltarif in der Hand, und es ist ein alter Grundsatz, daß man bei Zollverträgen von einem allgemeinen Zolltarif ausgeht. Wir müssen diese Fragen, die jetzt die Kulisse so übermäßig beschäftigen, in aller Öffentlichkeit und vor de Parlament hier erledigen. Wir müssen uns die Mühe nehmen, und wenn es wochen- und monatelange Beratungen brauchen sollte, im Parlament einen autonomen Zolltarif vorzubereiten. Erst auf der Grundlage eines solchen könnten derartig genaue und gewissenhafte Verhandlungen vor sich gehen, die nicht hinter den Kulissen stattfinden brauchen, sondern die vor aller Öffentlichkeit stattfinden könnten.


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