Pùvodní znìní ad V./4952.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Heinrich Brunar und Genossen
an den Justizminister
in Angelegenheit der Beschlagnahme der Folge 71 des Brünner Montagsblattes.
Die immer wiederkehrende Klage über die sinnlose, eines neuzeitlichen Staatswesens unwürdige Beschlagnahmepraxis einzelner Behörden sind ebenso bekannt, wie die auf parlamentarische Interpellationen sich stets gleichbleibende Antworten des Herrn Ministers, daß das Strafverfahren wegen des beschlagnahmten Aufsatzes eingeleitet sei und er diesem nicht vorgreifen könne. Die Erziehung zu staatsbürgerlicher Gesinnung durch weiße hlecke ist ebenso grotesk als bezeichnend für den Geist einer Demokratie, die nach einem Aussprache des Staatspräsidenten angeblich eine Diskussion, in Wirklichkeit aber eine Satrapie behördlicher Willkür und eine geistige Zwangsanstalt ist.
Um ein weiteres Beispiel für die Vorsorglichkeit der Behörden der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, verweisen wir auf die Beschlagnahme des Aufsatzes "Alte und neue Zeit" von Dr Alfred Schmidtmayer in der Nr. 71 des Brünner Montagsblattes, der vom ersten bis zum letzten Worte dem Rotstift des Zensors zum Opfer gefallen ist. Dieser Aufsatz lautet:
"Alte und neue Zeit.
Von Dr. Alfred Schmidtmayer, Bremen. (Nachdruck verboten.)
Daß der "Strom der Zeit" uns alle, die wir auf seinen Wellen schwimmen, bald in die Höhe hebt, bald in die Tiefe reißt, ist ein sehr abgebrauchter Vergleich. Ich erwähne ihn nur, weil ich hinzufügen möchte, daß heute Aufstieg und Niedergang der Völker viel rascher als früher wechseln, die Hast der Gegenwart hat die Wellenlänge geschichtlicher Bewegungen verkürzt. Bei uns in Böhmen und Mähren kommt noch hinzu, daß der Sturz vom Wellenberg ins Wellental stets, jäher und tiefer war als anderswo, denn in der Geschichte der Tschechen gesellt sich zu jedem Siege, den sie erfochten, sogleich ein hemmungsloser Übermut, der sie höher klettern läßt, als es das Fundament erlaubt, auf das die Leiter ihrer Macht gestützt ist. Das Ende der Hussiten oder der Zusammenbruch der Adelsrebellion von 1618 waren keine unverdienten Züchtigungen, sondern das natürliche Scheitern überspannter Ziele. Schon dem ältesten Betrachter böhmischer Geschichte, dem Chronisten Cosmas, war dieser jähe Wechsel aufgefallen, denn er spricht sehr anschaulich vom Rade des Glückes, das jeden, der heute obenauf ist, morgen in den Abgrund schleudert. Schiller hat dasselbe herausgefühlt und - wenn wir in Wallenstein den Repräsentanten böhmischer Macht erblicken dürfen - mit wundervoller Klarheit beschrieben. (Bezeichnender Weise sagt ein tschechisches Sprichwort: "Každému se hraje chvíli", d. h. Jedem spielt man ein Weilchen.)
Böhmen liegt zwar wie eine Festung inmitten Europas und seine Nachbaren breiten sich ihm wie ein weites Schubfeld zu Füßen, die Geschichte hat aber doch gelehrt, daß es nicht möglich ist, von dieser Festung aus die Umwelt zu beherrschen. Im Gegenteil stand Böhmen fast immer unter fremder Botmäßigkeit.. Nur wenn das deutsche Reich durch innere Zwietracht machtlos war, wie zur Hussitenzeit, gelangten den Tschechen bewaffnete Ausfälle nach Schlesien und Sachsen. Auch die heutige Lage - das kleine tschechische Volk in Herrenpose zwischen Nachbaren, von denen jeder wirtschaftlich und kulturell ihm überlegen ist - trägt alle Zeichen eines nur labilen Gleichgewichtes.
Während die Tschechen durch ihre eigene Maßlosigkeit am meisten gefährdet sind, schleppen die Deutschen dieses Reiches ein anderes Erbübel durch die Geschichte. Unentschlossenheit und mangelnder Gemeinsinn heißen unsere bösen Dämonen. Die stolzen deutschen Städte Böhmens ließen sich einst von den Hussiten eine nach der anderen abschlachten, obwohl sie bei etwas Einigkeit und entschlossenem gemeinsamen Handeln der Mordbrenner sicherlich hätten Herr werden können. Im J. 1919 wiederholte sich noch einmal dasselbe Spiel. Daß man zu Žižkas Zeiten uns mit Dreschflegeln erschlug und unsere Häuser in Flammen legte, während man heute "nur" unseren Boden enteignet, unsere Schulen drosselt und unsere Kinder aus allen Berufsmöglichkeiten verdrängt,. mag ein Unterschied sein, stört aber nicht die Analogie. Denn die Absicht und Wirkung ist hier wie dort dieselbe: Vertilgung des deutschen Teiles der Bevölkerung. Der neue Hussitenkrieg verläuft nur deshalb unblutiger als der alte, weil unsore Vorfahren sich doch etwas besser ihrer Haut gewehrt hatten als wir und oft genug mit ihren Bedrängen die Waffen kreuzten. Daß man heute sofort eine Wagenburg von Kanonen und Maschinengewehren gegen uns auffahren ließe, wenn wir uns gleicher Gegenwehr erkühnen wollten, darüber haben uns die Tschechen niemals im Zweifel gelassen. Es ist nach Tendenz und Methode wirklich ein neuer Hussitenkrieg.
Der erste Hussitenkrieg hat das deutsche Bürgertum im Innern des Landes zerstört - heute kann es dort nicht mehr zerstört werden, denn es war schon vor dem Kriege erloschen. Die Sprachgrenze selbst haben nicht einmal die Taboriten zu verschieben vermocht, sie bekam zwar einige Beulen, streckte sich aber allmählich wieder gerade und umspannte sogar manches Neue, wie z. B. das Saazer Land, das einst eine wichtige Wurzel hussitischer Kraft gewesen war. Das Deutschtum vermochte sich auch nach Žižka nochmals durchzusetzen, aber nicht durch Anbiedern und Verhandeln mit den Tschechen, sondern dadurch, daß die hussitische Bewegung, innerlich längst verlottert, in sich zusammenbrach.
Die greifbarste Folge des ersten Hussitenkrieges war die völlige Verwahrlosung aller öffentlichen und häuslichen Lebensformen, die sinnloseste Vergeudung der ganzen Wohlfahrt des Landes, bitterste Armut und tiefster Verfall. Alles, was die Tschechen heute tuen, hat, zu gleichen Zielen unternommen, auch die gleichen Wirkungen wie damals. Sie enteignen den deutschen Großgrundbesitz, aber weniger um ihn arbeitswilligen Bauernhänden, sondern "verläßlichen" Staatschauvinisten zu schenken - das bedeutet eine Verwandlung intensiv und musterhaft bewirtschafteten Bodens in verunkrautete Felder, eine Minderung der Produktion, Mehrung der Einfuhr, Teuerung und Not. Sie "nationalisieren" wichtige Industrien, das bedeutet, sie verdrängen erfahrene, eingearbeitete, erstklassige Arbeitskräfte nur wegen ihrer deutschen Abstammung, und dies zu einer Zeit, wo die Konkurrenz des Auslandes, besonders des sich wieder sammelnden Deutschen Reiches, jeden tüchtigen Fachmann zu einem unersetzlichen Wertobjekte macht. Sie drosseln unsere deutschen Schulen, - damit haben sie für ihre eigene Kultur nichts hinzugewonnen, aber den Bildungsvorrat des ganzen Staates erheblich gekürzt. Jahrzehntelang haben sich die Tschechen aus Neid und Eifersucht gemüht, es den umwohnenden Deutschen gleichzutun und dieser ewige Wettstreit ist die wirksamste Treibkraft ihres Aufstieges gewesen. Heute haben sie diese Anstrengungen nicht nötig, heute wird der tschechische Jurist, auch wenn er wenig weiß, sofort der Vordermann eines deutschen, der viel weiß. Ihre Gelehrten verlassen die Wissenschaft und treiben "diplomatischen" Dienst, durch keine geistige Konkurrenz gespornt, verfällt alles in eine immer trägere Gangart. Ich hörn oft sagen: Wenn die Tschechen so weiter wirtschaften, so gibt es in fünfzig Jahren in unserer Heimat keine Deutschen mehr. Ich glaube aber eher an etwas anderes: Wenn die Tschechen so weiter wirtschaften, so haben sie, bevor noch diese fünfzig. Jahre um sind, sich wirtschaftlich so auf den Hund gewirtschaftet, daß dieses einst so blühende Land von irgend einer kapitalskräftigen Großmacht so verwaltet werden wird, wie das hungernde Indien vom reichen England".
Jeder Leser des beschlagnahmten Aufsatzes, der einen Begriff von dem hat, was man bei einem neuzeitlichen Staatswesen unter dem Recht der freien Meinungsäußerung versteht, wird sich an den Kopf greifen, wenn er hört, daß dieser ganze Aufsatz in der Zeitung als weißer Fleck erscheinen wußte. Wir ersuchen den Herrn Minister, der so oft über die Übung der Beschlagnahme ganz annehmbare Gedanken geäußert hat, diesen Aufsatz zu lesen und fragen ihn
1. Rechtfertigt er die Beschlagnahme des ganzen Aufsatzes?
2. Wenn ja, womit?
3. Wenn nein, ist er geneigt, den schuldigen Beamten auf das Strengste zur Verantwortung zu ziehen?
Prag, am 11. November 1924.
Dr. Brunar,
Ing. Kallina, Dr. Lodgman, Dr. Keibl, Dr. Schollich, Böllmann, Heller, Pittinger, Dr. Jabloniczky, Palkovich, Dr. Korláth, Szentiványi, Dr. Lehnen, Dr. E. Feyerfeil, Krans, Matzner, Dr. Radda, J. Mayer, Windirsch, Zierhut, J. Fischer, Kaiser, Dr. Lelley, Füssy, Dr. Körmendy-Ekes.
Pùvodní znìní ad IL/4952.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Rudolf Lodgman und Genossen
an, den Minister für Schulwesen und Volkskultur betreffend die Anstellung des Hans Grimm an der Saatswerstätte für Holz- und Spielwarenindustrie in Katharinaberg.
Hans Grimm, ,derzeit Leiter der Staatswerkstätte für Holz- und Spielwarenindustrie in Katharinaberg bemüht sich seit längerer Zeit um seine Ernennung zum Professor. Angeblich ist das betreffende Ernennungsdekret bereits am 4. April 1923 vom Herrn Minister für Schulwesen und Volkskultur unterschrieben und dann an das Ministerium des Innern geleitet worden. Weiters macht Hans Grimm Schadenersatzansprüche gegen den Staat geltend, welche er aus der Mitbenutzung seiner Privatwohnung durch den Staat ableitet und schließlich behauptet er, der Staat sei ihm gegenüber mit der Zahlung von zugesicherten Vorschüssen rückständig. Die Angelegenheit wurde beim Ministerium für Schulwesen und Volkskultur unter den Zahlen 20.334 ex 1922, 90.066 ex 1921 behandelt.
Diese Angelegenheit wurde bereits am 24. Juni 1924 zum Gegenstande einer Anfrage nach § 67 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses gemacht, ohne daß bisher eine Antwort erfolgt wäre. Aus diesem Grunde fragen die Gefertigten den Herrn Minister, ob er geneigt ist, die Angelegenheit ehestens untersuchen und die Partei allenfalls klaglos stellen zu lassen?
Prag, den 25. November 1924.
Dr. Lodgman,
Ing. Kallina, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Brunar, Dr. Keibl, Dr. Radda, Krans, Dr. Lehnert, Dr. Lelley, Palkovich, Dr. Jabloniczky J. Mayer, Zierhut, Windirsch, Füssy, Matzner, Szentiványi, Schubert, Schälzky, Dr. Körmendy-Ékes, Dr. Korláth, Dr. Schollich.
Pùvodní znìní ad VIII./4952.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. E. Radda und Genossen
an den Minister des Innern
in Angelegenheit der Erledigung von Beschwerden an den Wahlgerichtshof.
Nach § 19 des Gesetzes über den Wahlgerichtshof Nr. 125 vom Jähre 1920 ist der Wahlgerichtshof verpflichtet, über bei ihm überreichte Beschwerden längstens innerhalb 6 Wochen vom Tage der Überreichung zu entscheiden. Diese Frist wurde in wiederholten Fällen nicht eingehalten, sodaß seine Urteile oftmals bei den betreffenden Wahlen nicht mehr berücksichtigt werden konnten. Als Beispiele führen wir die Beschwerden Nr. 401, 402 und 403 ex 1924 an, welche die Gemeindewahlen in Böhmisch-Aicha betreffen. Diese Beschwerden wurden am 2. August 1924 überreicht, am 2. September 1924 zur Übersetzung in die Staatssprache zurückgestellt, am 5. Sept. 1924 neuerlich überreicht und am 25. Oktober 1924 erledigt. Die Erledigung wurde am 10. November 1924 zugestellt. Der Vertreter der Parteien, Dr. Erich Tertsch in Reichenberg hat wegen Nichterledigung seiner Beschwerden eine Disziplinaranzeige an die Plenarversammlung des Wahlgerichtshofes geleitet, sie wurde aber, weil in deutscher Sprache abgefaßt, zurückgestellt. Dieses Vorgehen widerspricht sicherlich allen Rechtsgrundsätzen.
Jede Behörde ist verpflichtet, auf Anzeigen in welcher Sprache immer das Erforderliche von amtswegen vorzukehren, statt dessen lehnt das Präsidium des Wahlgerichtshofes ein Einschreiten aus Sprachengründen ab.
Wir fragen den Herrn Minister:
1. Ist er geneigt zu veranlassen, daß die gesetzliche Frist des § 19. des Gesetzes über das Wahlgericht streng eingehalten wird?
2. Hält er das Vorgehen des Wahlgerichtes gegenüber der erstattenten Disziplinaranzeige des Dr. Erich Tertsch für begründet und mit den aus der Aufsicht erfließenden Verpflichtungen vereinbar?
Prag, am 20. November 1924.
Dr. Radda,
Dr. Lodgman, Dr. Keibl, Dr. Brunar, Matzner, Dr. Medinger, Patzel, J. Mayer, Zierhut, Schubert, Böhm, Knirsch, Simm, Dr. E. Feierfeil, Dr. Lehnen, Kraus, Dr. Schollich, Ing. Jung, Schälzky, Bobek, Mark.
Pùvodní znìní ad IX./4952.
Interpellation
der Abgeordneten Kraus und Genossen an den Eisenbahnminister
wegen der neuerlich vorgekommenen Unfälle auf der Tschechoslowakischen Staatsbahn, und der Verkehrverhältnisse auf der Außig-Teplitzer Eisenbahn.
Man sollte nicht glauben, daß die fortlaufenden sich wiederholenden zahlreichen Eisenbahnunfälle, die Staatsbahn Direktion in Königgrätz in deren Gebiet sich die meisten Unfälle ereignen, veranlassen sollte, nicht allein im Interesse der Fahrgäste sondern auch des Staates der bei vorgekommenen Unfällen zur Entschädigung herangezogen wird, alles vorzukehren was im Bereich der Möglichkeit liegt, um Unfälle zu verhindern. Das ist nun nicht der Fall. Am 20. November d. J. entgleiste eine Lokomotive in der Station Eicht, der Rußig Teplitzer Eisenbahn, wodurch ein Umsteigen der Fahrgäste notwendig wurde, und mehrstündige Verspätungen eintraten. Der um 10 Uhr vormittag in Deutsch Gabel fällig gewordene Zug traf mit einer nahezu dreistündigen Verspätung in dieser Station ein und hat entgegenkommender Weise das Bahnpersonal den Fahrgästen gegenüber keine Auskunft gegeben, wann dieser Zug ankommen dürfte.
In meiner vorhergegangenen Interpellation, führte ich einen Eisenbahnunfall bei Deutsch Gabel an, der dadurch entstanden war, daß die Bahnschranken beim Durchfahren eines Zuges, nicht herabgelassen waren.
Nunmehr hat sich aus der gleichen Ursache ein etwas schwererer Eisenbahnunfall bei Teichstatt (Böhm. Nordbahn) ereignet. Als der Fuhrwerksbesitzer Herr Worm am 16. November bei der Station Ober Kreibitz-Schönfeld das Bahngeleise überfuhr, brauste der Georgswalde-Prager Schnollzug heran. Das Geschirr wurde vom Zuge erfaßt, der Wagen gänzlich zertrümmert, das Pferd getötet. Wie durch ein Wunder kam der Besitzer mit dem Schrecken und unbedeutenden Verwundungen davon. Er hatte keine Kenntnis von der Gefahr und gibt an, daß die Schranken nicht geschlossen waren.
Ganz unbeschreiblich sind die Zustände bei einigen Zügen, besonders bei dem Zuge Nr. 905 der um 15 Uhr 39 Min. von Teplitz nach Reichenberg abgeht, und um 21 Uhr 27 Min. in Reichenberg ankommt, die ganzen Wägen sind mit Ölampen boleuchtet, die unterwegs auslöschen, sodaß schon in Böhm. Leipa und früher der Zug vollständig ins Dunkle gehüllt ist.
Der ganze Zug ist aus Wägen einer vollständig veralteten Garnitur zusammengesetzt, wie sie in den ersten Jahrzehnten des Eisenbahnverkehres gebräuchlich waren. Die Klosets sind ebenfalls unbeleuchtet, in vielen Wögen sind solche überhaupt nicht vorhanden, sodaß die Fahrgäste ihre Notdurft nur durch Umsteigen in andere Waggons oder aber in den Stationen verrichten können.
Das sind skandalöse Zustände, die schon deswegen nicht vorkommen dürfen, weil dieser Zug durch 4, im Dezember durch 5 Stunden in die Nachtzeit fällt, und unbeschreibliche nicht wiederzugebende Zustände eintreten müssen.
Die Unterfertigten stellen daher neuerlich an den Herrn Eisenbahnminister die Anfrage, ob ihm diese Verhältnisse, wie sie vorstehend geschildort wurden, bekannt sind, und was der Herr Minister zu tun gedenkt, um die Sicherheit der Fahrgäste zu gewährleisten, und einen menschenwürdigen Zustand besonders auf der Außig Teplitzer Eisenbahn herbeizuführen.
Prag, am 28. November 1924.
Kraus,
Dr. Lodgman, Dr. Brunar, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Keibl, Ing. Kallina, Palkovich, Füssy, Dr. Korláth, Windirsch, J. Mayer, Schälzky, Scharnagl, Dr. Petersilka, Schubert, Szentiványi, Dr. Körmendy-Ékes, Dr. Lelley, Dr. Jabloniczky, Dr. Lehnen, Matzner, Dr. Schollich, Dr. Radda.
Pùvodní znìní ad XVI./4952.
Interpellation
der Abgeordneten Dr. Kafka, Kostka und Genossen
an die Regierung
betreffend die Konfiskation der Zeitung Mährisches Tagblatt in Olmütz, vom 15. November I. J.
Die periodische Druckschrift "Mährisches Tagblatt" in Olmütz vom 15. November 1. J. verfiel wegen nachstehenden Artikels der Beschlagnahme.
"150 Millionen Kè ins Ausland verschoben!
Aufdeckung einer Riesenvalutaskandalaffäre in Tschechisch-Taschen. - Kè auf Reisen. - Die Zürichar Börse als Tummelplatz der Angreifer gegen die Tschechokrone.
Der Prager "Sozialdemokrat" berichtet aus Tschechisch-Teschen: Hier ist man einer großangelegten Valutaschieberei auf die Spur gekommen. Vorige Woche erschienen Beamte des Bankamtes in Tschechisch-Teschen, die plötzlich eine Revision der hiesigen Banken durchführten. Dabei wurde festgestellt, daß die Böhmische Industrial- und Landeswirtschaftsbank riesige Beträge von Dollars und anderen ausländischen Valuten gegen Kè angekauft hat. Es soll sich um die Summe von 150 Millionen Kè handeln. Es ist festgestellt, daß die tschechischen Kronen nach Polnisch-Teschen gingen und daß in diese Angelegenheit ist auch die Schlesische Eskompte- und Industriebank verwickelt ist. Es wurden bereits einige Verhaftungen vorgenommen, doch sind die hauptbeschuldigten Bankdirektoren verschwunden und jedenfalls ins Ausland geflohen. Die tschechischen Kronen wurden über Polen und Deutschland nach Zürich gebracht und dort auf den Markt geworfen. An dem Unterschied zwischen Dollar und Kè einerseits und polnischen Zloty andererseits haben die Banken dann riesige Summen verdient.
Wie verlautet, sind auch andere Banken in verschiedenen Grenzstädten an diesem Schmuggelgeschäft beteiligt gewesen. Es ist auffallend, daß über diese Affäre bisher peinliches Stillschweigen bewahrt wird.
Tschechisch-Teschen, 14. November. Hier ist man eü.er großangelegten Valutaschiebung auf die Spur gekommen. Vorige Woche erschienen Beamte des Bankamtes in Tschechisch-Taschen, die eine Rovision der hiesigen Banken durchführten. Dabei wurde festgestellt, daß die Böh mische lndustrialund Landwirtschaftsbank Dollars und andere ausländische Valuten gegen Kc angekauft hat. Es ist festgestellt, daB die tschechischen Fronen nach Polnisch-Taschen gingen und in diese Angelegenheit ist auch die Schlesische Industriebars: verwickelt. Es wurden einige Verhaftungen vorgenommen. Die tschechischen Kronen wurden über Polen und Deutschland nach Zürich gebracht und dort auf den Markt geworfen.
Unser Teschener Korrespondent meldet hiezu folgendes: Hier verlautet, daß Direktor Wachtl von der Schlesischen Industriebank, Filiale Taschen in Polen, und Direktor Barbar von der Schlesischen Eskomptebank, Filiale Taschen in Polen, große Beträge - man spricht von Millionen - in tschechoslovakischen Kronen in Zürich verkauft haben sollen. Zürich hat dann natürlich die Deckung angefordert und zwar beim Finanzamt in Mähr. Ostrau. Ferner haben sie in Tschechisch-Teschen ausländische Valuten, hauptsächlich Dollar und Schweizer Francs, verkauft und die dafür erhaltenen Kè über die Brücke nach Polnisch-Taschen schmuggeln lassen und von hier aus in Wertbriefen an das Finanzamt in Mähr. Ostrau weitergeleitet. Es handelt sich hier also hauptsächlich um Auslandskurse, die teuerer sind als Inlandskurse. Der Verkauf der Dollar und Schweizer Francs erfolgte durch die beiden genannten Direktoren bei der Industrial- und landwirtschaftlichen Bank, Filiale in Tschechisch-Teschen. Der Angelegenheit sei man dadurch auf die Spur gekommen, daß das Finanzamt in Mähr. Ostrau die Geldpakete, die es tagsvorher an die Industrial- und landwirtschaftliche Bank in Tschechisch-Teschen abgesendet hatte, schon am nächsten Tage wieder von Polnisch-Teschen zurückerhielt, und zwar noch mit denselben Schleifen.
Aus Tschechisch-Teschen wird uns weiter berichtet: Der Leiter der hiesigen Filiale der Industrialbank Miske wurde nach Prag zwecks Einvernahme gebracht, ist aber am Freitag wieder nach Teschen zurückgekehrt: Ein anderer Beamte der genannten Bank, namens Böhm, ist in Haft behalten worden. Verhaftet wurde der Vater des Bankdirektors. Bartier, sowie sein Bruder, der Bankbeamter in Kattowitz ist. Beide befinden sich in Prag in Haft. In den Banken von Polnisch-Teschen war heute vormittag keine einzige Kè zu haben. Gerüchtweise verlautet, daß gegen die Bankdirektion in Polnisch-Teschen ein Haftbefehl für das Gebiet der Tschechoslowakei erlassen wurde. Tatsächlich hat man keinen der Direktoren bis jetzt in Tschechisch-Teschen gesehen. Von anderer Seite verlautet wieder, daß die ganze Angelegenheit nur eine Uebertretung der bestehenden Devisenvorschriften ist, während andere Finanzkreise behaupten, daß es sich um einen groß angelegten Schwindel zum Schaden der tschechischen Valuta handle.
Bemerkt sei, daß der erste Teil des Artikels der Prager Zeitung "Der Sozialdemokrat" der zweite dem "Prager Tagblatt" wortwörtlich entnommen ist. Beide genannten Zeitungen sowie auch der "Tagesbote" in Brünn, der über diese Angelegenheit berichtete, konnten unbeanständet erscheinen.
Die Schriftleitung des "Mährischen Tagblattes" versuchte unter Hinweis darauf, daß diese beanständeten Stellen dem "Sozialdemokrat" und dem "Prager Tagblatt" entnommen worden seien, den
Olmützer Staatsanwalt zur sofortigen Zurücknahme seiner Verfügung zu veranlassen. Der Staatsanwalt erwiderte darauf, daß Prag für ihn nicht maßgebend sei und er nach eigener Wohlmeinung vorgehen müsse.
Dieser bezeichnete Ausdruck "eigener Wohlmeinung" charakterisiert so recht das in diesem Maate herrschende bürokratische System, die seit dem Bestande dieses Staates gegen alle deutschen und sonst noch mißliebenden Zeitungen wütende Konfiskationspraxis, den Beamtendünkel, dem entweder seitens der Regierungsstellen keine Schranken gesetzt werden, oder der die erteilten Weisungen nicht beachtet, wenn es gilt, ein mißliebiges Blatt, durch kleinliche Chikanen, nach Möglichlieit zu schädigen!
Die Gefertigten stellen daher an die Regierung die Anfrage?
Ist der Regierung die letzte Beschlagnahme des Olmützer "Mährisches Tagblatt" bekannt? Ist die Regierung bereit, alle ihr zu Gebote stehenden Mittel einzusetzen, um den in der letzten Zeit aufgekommenen Mißbrauch der Zensur- und Beamtengewalt abzustellen?
Ist die Regierung bereit, das verantwortliche Organ der Olmützer Staatsanwaltschaft wegen dieser ungerechtfertigten Konfiskation des "Mährischen Tagblattes" zur Verantwortung zu ziehen?
Prag, den 19. November 1924.
Dr. Kafka, Kostka,
Schälzky, Dr. Haureich, Dr. Petersilka, Stenzel, Böllmann, Heller, Mark, J. Mayer, Schubert, Windirsch, Kaiser, Zierhut, Scharnagl, Sauer, Dr. Luschka, Dr. W. Feierfeil, Bobek, Køepek, Budig, Dr. Spina, Böhr, J. Fischer.