Pùvodní znìní ad X/5133.

Interpellation

der Abgeordneten Dr. Spina, Dr. Schollich, Dr. W. Feierfeil, Simm, Dr. Kafka und Genossen

an den Minister für Schulwesen und Volkskultur

in Angelegenheit der Sabotierung der deutschen Privatschulerrichtungen durch die Schulbehörden in Böhmen und Mähren.

Gemäß den Bestimmungen des Friedensvertrages von St. Germain über den Schutz der Minderheiten (Art. 67) werden die zu ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten gehörigen Staatsangehörigen rechtlich und faktisch dieselbe Behandlung und d e gleichen Bürgschaften geniessen, wie die übrigen Staatsangehörigen (der Majorität). Insbesonders werden sie das Recht haben, humanitäre religiöse oder soziale Anstalten, Schulen oder andere Erziehungsanstalten auf eigene Kosten zu errichten, zu leiten und zu beaufsichtigen, mit dem Rechte, in denselben ihre Sprache frei zu gebrauchen und ihre Religion frei zu üben. Das Gleiche bestimmt der Artikel 8 des Vertrages zwischen den alliierten und assoziierten Hauptmächten und der Tschechoslowakei vom 10. September 1919 (No 508/1921 Slg.) und es hat sich gemäß des gleichen Vertrages die Tschechoslowakei verpflichtet, daß diese Bestimmungen als Grundgesetz anerkannt werden, daß kein Gesetz, keine Verordnung und keine Amtshandlung mit diesen Bestimmungen im Widerspruch oder Gegensatze stehe und kein Gesetz, keine Verordnung und keine Amtshandlung ihnen gegenüber Geltung haben olle.

Demzufolge bestimmt auch der § 130 der V. U., daß Statsbürger, insoweit ihnen nach den allgemeinen Gesetzen das Recht zusteht, auf eigene Kosten Schulen und andere Erziehungsanstalten zu gründen, zu leiten und zu verwalten, ohne Rücksicht auf die Nationalität, Sprache, Religion und Rasse einander gleich sind und in diesen Anstalten frei ihre Sprache gebrauchen und ihre Religion ausüben können.

Somit ist das Recht der Errichtung von Privatschulen durch internationale Verträge und durch das Verfassungsgesetz gewährleistet. Dieses Recht ist den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften unterworfen. Als solche Vorschriften kommen da die tschsl. Gesetzgebung jeder Bestimmung über die Errichtung von Privatschulen ermangelt, die ehemaligen österreichischen Reichs- und Landesgesetze in Betracht. in erster Linie § 70 des R. V. G. Danach ist die Errichtung von Privatlehranstalten unter der Bedingung gestattet, daß 1.) Vorsteher und Lehrer die Lehrbefähigung nachzuweisen haben, welche von Lehrern an öffentlichen Schulen gleicher Kathegorie gefordert wird, daß 2.) das sittliche Verhalten der Vorsteher und Lehrer unbeanständet sein muß, daß 3.) der Lehrplan mindestens den Anforderungen entsprechen muß, welche an öffentlichen Schulen gestellt werden und daß 4.) die Einrichtungen derart sein müssen, daß für die Gesundheit der Kinder keine Nachteile zu befürchten sind. Zur Er öffnung solcher Schulen bedarf es der Genehmigung der Landesschulbehörde, welche nicht versagt werden kann, sobald den vorstehenden unter 1-4 angeführten Bedingungen Genüge geschehen ist. Es besteht daher auch heute noch der auf dem Artikel 17 des ehemaligen österreichischen Staatsgrundgesetzes vom Jahre 1867. R. G. Bl. No. 142 fussende Grundsatz zu Recht daß jeder Staatsbürger zur Errichtung von Privatschulen berechtigt ist, sofern er die Befähigung nachweist diese Bestimmung ist auch ausdrücklich im § 187 der def. S. u. U. O., welcher die im 3. Hauptstücke (§§ 187-203) aufgenommenen näheren Bestimmungen über den Privatschulunterricht einleitet, aufgenommen. Der Vorgang für die Erteilung der behördlich n Bewilligung ist der, daß bei der zustehenden Bezirksschulbehörde ein Gesuch einzubringen ist. welchem 1.) die Zeugnisse über die Lehrbefähigung des Vorstehers und der Lehrer, 2.) Zeugnisse über die sittliche Unbescholtenheit derselben, 3.) der Lehrplan. 4.) genaue Angaben und Belege über die Unterbringung der Anstalt beizulege sind. Die Bezirksschulbehörde hat das Gesuch zu überprüfen und nach Bedarf weitere Erhebungen zu pflegen; die Räumlichkeiten sind an Orte und Stelle unter Zuziehung eines technischen. pädagogischen und ärztlichen Sachverständigen zu besichtigen. Das Gesuch ist mit einer entsprechenden Einbegleitung dem Landesschulrat zur Entscheidung vorzulegen, was spätestens binnen sechs Wochen zu geschehen hat. Bei Verzögerung muß an den Landesschulrat berichtet werden, welcher bei Anerkennung der Verzögerung eine neue endgültige keinesfalls aber länger als 4 Wochen dauernde Frist bewilligt. Das Stadium der Vorerhebung darf also gesetzlich keinesfalls länger als zehn Wochen dauern. Die behördliche Überprüfung und das weitere Verfahren. welches im Gremialbeschluß des Landesschulrates besteht, braucht auch nicht länger als 4 Wochen zu dauern sodaß also eine Privatschule innerhalb von 14 Wochen somit in etwas über einem Vierteljahr bewilligt werden kann.

Wie schaut dies aber in Wirklichkeit aus? Der Deutsche Kulturverband, welcher satzungsgemäß die Errichtung und Erhaltung deutscher Privatschulen betreibt hat derzeit elf Ansuchen um Errichtung von deutschen Privatschulen bei den Schulbehörden liegen, von denen das älteste 41/2 Jahre, das jüngste 11/2 Jahre alt ist. Im einzelnen ist der Leidensgang dieser Gesuche folgender:

1. Deslawen (Bez. Podersam, Böhmen).

Das erste Gesuch eingebracht am 31. Juli 1920 Dieses Gesuch wurde bis zum 26. März 1921 dreimal an den Bezirksschulrat zurückgesendet, weil das Gebäude nicht entspreche. Am 7. Feber 1922 brachte der Deutsche Kulturverband statt des bemängelten Gebäudes ein neues das er mit grossen Kosten hergestellt hat, in Vorschlag. Die kommissionelle Besichtigung, dieses Gebäudes fand am 14. März 1922 statt. Am 3. November 1922 teilte das Präsidium des Landesschulrates mit daß das vorgeschlagene Gebäude der Verordnung vom 2. März 1888 entsprechen wird, wenn noch einige Bauverbesserungen vorgenommen werden. Der D. K. V. erklärte sich bereit. diese Verbesserungen durchzuführen. obwohl die Verordnung vom 12 März 1888 für öffentliche Volksschulen erlassen wurde und daher für Privatschulen nicht gilt. Am 29. Dezember 1922 wurde im Landesschulrate sichergestellt, daß der Akt an den Bezirksschulausschuß in Podersam mit dem Auftrage zur Kollaudierung des Gebäudes abgesendet wurde. Die Kollaudierung fand auch statt und ergab keinen Anstand. Am 30. Dezember 1922 wurde das Kollaudierungsprotokoll dem Landesschulrate vorgelegt. Am 11. Jänner 1924 ergab eine Intervention im Landesschulrate, daß der Akt Deslawen neuerdings der Bauabteilung der politischen Landesverwaltung zur Begutachtung übermittelt worden sei, wobei es sich um die von der Bauabteilung verlangte Verlegung der Senkgrube handle. die noch nicht erfolgt sei. Am 25. Jänner 1924 konnte sichergestellt werden, daß der Akt von der Bauabteilung zurückgelangt ist und diese anerkannt hat daß die Senkgrube nicht zu verlegen ist. weil die Gründe richtig seien. die der Bauverständige der f. Instanz dagegen geltend gemacht hat. Am 10. September 1924 wurde durch neuerliche Versprache in Kenntnis gebracht, daß der Akt beschlußreif ist und die Bewilligung jeden Augenblick erfolgen könne, wenn er auf der Tagesordnung der Sitzung der deutschen Sektion des Landesschulrates gestellt wird. Trotzdem ist es nicht geschehen. nach wiederholten Anfragen (am 8. November 1924 am 7. 9. und 11. Jänner) wurde vielmehr erfahren, daß der Präsident des Landesschulrates angeordnet habe, der Akt habe liegen zu bleiben.

2. Silberberg (Bez. Taus, Böhmen).

Das Gesuch um Bewilligung wurde schon am 9. Mai 1921 beim Bezirksschulrate in Klattau eingebracht, weil die aufgelassene Expositur in Silberberg, welche durch die Privatschule ersetzt werden sollte zum Schulbezirk Klattau gehört hatte. Der Bezirksschulrat Klattau legte das Gesuch dem Landesschulrate nicht vor weil Silberberg zum politische Bezirk Taus gehörte leitete es aber auch nicht an den Bezirksschulrat Taus, sondern stellte es dem Kulturverband am 1. September 1921 zurück. Infolgedessen brachte Kulturverband nun auch am 22. Oktober 1921 ein Gesuch beim Bezirksschulrat in Taus ein. Am 28. Jänner 1922 wurde festgestellt, daß das Gesuch endlich im Landesschulrat eingelaufen sei, daß es aber vom Präsidenten Metelka nicht dem Referenten der deutschen Sektion, sondern dem Referenten der tschechischen Sektion zugewiesen worden sei. Das Gesuch wurde am 25. Jänner 1922 mit der Begründung abgewiesen, daß die Räumlichkeit. welche für den Privatunterricht in Aussicht genommen sei, infolge Ihrer Beschlagnahme für die tschechische Schule nicht mehr zur Verfügung stehe. Dagegen brachte der Kulturverband am. 7. Feber 1922 den Rekurs ein, der am 14. März 1922 vom Landesschulrate dem Ministerium vorgelegt wurde. Am 5. Mai 1922 wurde die Beschlagnahme des Schulgebäudes in Silbeberg im weiteren Verfahren vom Obersten Verwaltungsgericht als ungesetzlich erklärt. Am 10 Mai 1922 erneuerte der Kulturverband unter Berufung auf dieses Erkenntnis seinen Rekurs. Nach wiederholten Vorsprachen im Ministerium und im Landesschulrate wurde endlich am 11. Jänner 1923 im Landesschulrate mitgeteilt, daß das Ministerium das Verwaltungsgerichtserkenntnis womit die Beschlagnahme des Schulgebäudes in Silberberg als ungesetzlich erklärt wurde, dem Landesschulrat mit dem Auftrage bekannt gegeben habe, mit Rücksicht darauf, daß nun der Grund mit dem die Abweisung begründet wurde. weggefallen sei von neuem das Amt zu handeln (úøad konati). Die beiden Rekurse des Kulturverbandes, den ersten, der vor dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes und den zweiten, der nach diesem Erkenntnis unter Berufung darauf eingebracht wurde, erwähnte das Ministerium dabei nicht sodaß der Referent der tschechischen Sektion des Landesschulrates erst darauf aufmerksam gemacht werden mußte, daß nun doch diese Rekurse zu entscheiden seien. Der Landesschulrat vollzog aber den Auftrag des Ministeriums bloß damit, daß er den Bezirksschulrat von neuem zur Berichterstattung aufforderte. Am 3. August 1923 ergab eine Intervention im Landesschulrate, daß die Berichte aus Taus und Klattau eingelaufen seien sie seien aber ungünstig; das Gesuch des Kulturverbandes müsse daher abgewiesen werden. Auf den Einwand. der Grund der Abweisung sei ja durch das Verwaltungsgerichtserkenntnis weggefallen, wurde erwidert, man habe jetzt andere Gründe zur Abweisung. Am 7. Dezember 1923 wurde dem Kulturverband im Landesschulrate gesagt. es wäre am besten wenn er das Gesuch zurückziehe, was mit dem Hinweis auf das Verwaltungsgerichtserkenntnis abgelehnt wurde. Am 18. November 1924 erfuhr der Kulturverband im Schulministerium, daß dieses die Absicht habe, das ungesetzlich beschlagnahmte Gebäude zu räumen zu diesem Zwecke solle für die tschechische Schule ein Neubau aufgeführt werden. Auf diese Mitteilung, die auch schriftlich erfolgte, bat der Kulturverband von neuem um endliche Erledigung seiner Rekurse. Im Ministerium wurde ihm jedoch gesagt der Auftrag des Ministeriums, das Amt zu handeln sei schon eine Erledigung des Rekurses wobei die Verwunderung ausgesprochen wurde, daß diese Erledigung dem Kulturverbande noch nicht mitgeteilt worden sei. Im Landesschulrate wurde aber dem Kulturverbande gesagt, die Privatschule in Silberberg können nicht bewilligt werden, solange das Schulgebäude nicht tatsächlich von der tschechischen Schule geräumt sei. Doch würde auch für diesen Fall die Bewilligung von der Entscheidung des Präsidenten Dr. Politzer abhängen.

3. Selsen (Bez. Mähr. Trübau Mähren).

Nach Auflassung der deutschen Schule wurde das Gebäude am 28. September 1922 (Z. 649) für die tschechische Schule beschlagnahmt. Schon vorher, am 20. Jänner 1922, war vom Kulturverband das Gesuch um Bewilligung zur Errichtung einer deutschen Privatschule im Gebäude der aufgelassenen deutschen Schule eingebracht worden. Das Oberste Verwaltungsgericht erklärte am 2. Juni 1923 die Beschlagnahme als ungesetzlich, weil es dem Kulturverband für die Errichtung einer Privatschule gebraucht werde. Trotzdem wurde das Gesuch um Bewilligung der Errichtung dieser Privatschule nicht erledigt. Am 14. Juni 1923 wurde sichergestellt, daß der Akt vom Landesschulrate an den Bezirksschulausschuß in Mahr. Trübau zur Berichterstattung zurückgegangen sei. Am 27. Oktober 1923 war der Akt noch immer beim Bezirksschulausschuß Als am 31. Oktober 1923 die Verschleppung der Angelegenheit in einer Sitzung des Bezirksschulausschusses von einem Mitgliede zur Sprache gebracht wurde, verweigerte der Vorsitzende die Antwort. Der häusliche Privatunterricht, der infolge dieser Verschleppung in Selsen eingeführt werden mußte, stieß auf die größten Hindernisse. Die Anzeige davon wurde nicht zur Kenntnis genommen weil sie in deuts cher Sprache verfaßt war die Eltern der privat unterrichteten Kinder wurden wegen angeblicher Schulversäumnis gestraft. Am 23. November 1923 ergab eine Intervention, daß der Landesschulrat endlich den Bezirksschulausschuß aufgefordert habe den Akt wieder vorzulegen Am 6 Feber 1925 wurde in Brünn festgestellt daß der Akt endlich beim Landesschulrat eingelangt und dem Landesschulinspektor zugeteilt worden sei. Von diesem mußte er dem Präsidium des Landesschulrates übergeben werden er sei aber jezt nicht mehr aufzufinden. Dem Kulturverband wurde der Rat gegeben das Gesuch mit den nötigen Beilagen von neuem vorzulegen.

4. Unter-Themenau (Bez. Lundenburg, Mähr.).

Das Gesuch um Bewilligung zur Errichtung einer Privatschule wurde am 26 August 1923 eingebracht. Der Bezirksschulausschuß Nikolsburg verlangte darauf ein Verzeichnis der Kinder, welche diese Privatschule besuchen sollen. obwohl nach der gesetzlichen Bestimmung über die Errichtung von Privatschulen die Vorlage eines solchen Verzechnisses nicht vorgeschrieben ist. Als das Verzeichnis trotzdem vorgelegt, gab es der Bezirksschuausschuß am 24. September 1924 (Zl. 1843) mit dem Bemerken zurück, daß das Verzeichnis nicht genüge, weil daraus der ständige Wohnort der Eltern sowie deren Nationalität nicht ersichtlich sei. Es wurde daher unter Berufung auf einen Erlaß des Landesschulrats-Präsidiums vom 19. September 1924 Z. 3076 präs. die Ergänzung oder Erneuerung des Verzeichnisses verlangt. Der Kulturverband entsprach diesem Auftrage. Am 6. Feber 1925 wurde in Erfahrung gebracht daß der Akt noch immer unerledigt beim Bezirksschulausschuß Nikolsburg liege.

5. Markt-Türnau (Bez. Mähr. Trübau, Mähren).

Das Gesuch um Bewilligung zur Errichtung einer Privatschule wurde am 26. August 1922 vorgelegt. Am 14. Juni 1923 erfuhr der Kulturverband, daß der Akt zwar beim Landesschulrate eingelangt, aber von diesem an den Bezirksschulausschuß in Mähr. Trübau zurückgegeben worden sei. Am 27 Oktober 1923 war er noch beim Bezirksschulausschuß, am 31. Oktober 1923 wurde auch die Verschleppung dieser Angelegenheit in der Sitzung des Bezirksschulausschusses zur Sprache gebracht. aber die Antwort vom Vorsitzenden verweigert. Am 23. November 1923 wurde in Kenntnis gebracht, daß der Landesschulrat vom Bezirksschulausschuß in Mähr. Trübau den Bericht abgefordert habe. Am 6. Feber 1925 war aber der Akt, wie festgestellt wurde, trotzdem noch immer nicht beim Bezirksschulausschusse.

6 Chwalkahof-Sitzkreis (Bez. Schweinitz, Böhmen).

Das Gesuch wurde eingebracht am 6. Juni 1923. Da bezüglich der Eignung des Gebäudes in diesem Falle nicht der geringste Zweifel bestand. hätte der Akt schon am 10. September 1924 auf das Programm der Sitzung des deutschen Landesschulrates gesetzt werden können, sodaß die Errichtung bewilligt worden wäre. Trotzdem ist der Akt noch heute unerlegt.

7. Phillipsberg (Bez. Taus, Böhmen.)

Das Gesuch wurde eingebracht am 30. Juli 1924. Die zur Unterbringung der Privatvolksschule vorgeschlagenen Räume wurden am 5. November 1924 kommissionell überprüft. Das Gesuch liegt unerledigt beim Landesschulrat in Prag.

8. Jaronin (Bez. Krumau. Böhmen).

Das Gesuch wurde eingebracht am 26. Mai 1922. Die in Aussicht genommenen Schäume wurden vom Landesschulrat beanständet. Der Kulturverband wies darauf hin, daß an das Gebäude strengere Anforderungen gestellt werden, als an das Gebäude der öffentlichen tschechischen Schule in demselben Schulorte und daß die Forderung des Ministeriums vom Jahre 1888 auf Privatschulen überhaupt nicht anwendbar seien. Das Gesuch liegt unerledigt beim Landesschulrat.

Die Errichtung der tschechischen Minderheitsschule erfolgte trotz ungünstiger Lokalitäten mit blitzartiger Geschwindigkeit, obwohl weit eher die Voraussetzungen für die Errichtung einer öffentlich deutschen Schule in dieser deutschen Majoritätsgemeinde gcgeben waren und die gleichzeitige Errichtung beider Schulen schon vor dem Umsturze als Junktim in den Verhandlungen mit dem Landesverwaltungsausschusse festgesetzt worden waren.

9. Ruttenschlag (Bez. Neubaus, Böhmen).

Das Gesuch wurde am 6. Juni 1923 eingebracht. Das Gebäude in dem die aufgelassene deutsche Schule untergebracht war, steht leer. Das Gesuch liegt unerledigt beim Landesschulrat. Das Schulgebäude wird, wie es scheint, nicht bemängelt.

10. Kaltenbrunn (Bez. Neuhaus).

Das Gesuch wurde am 27 Juli 1923 eingebracht und liegt unerledigt beim Landesschulrat.

11. Nedarsch (Bez. Königinhof, Böhmen).

Das Gesuch wurde am 23. Juni 1923 eingebracht und liegt unerledigt im Landesschulrate.

Der Vollständigkeit halber muß da es ebenfalls für den Gegenstand der Interpellation bedeutungsvoll ist, angeführt werden daß auch das am 13. Dezember 1920 vorgelegte und am 11. Jänner 1922 erneuerte Gesuch um Bewilligung zur Errichtung einer Privatschule in Altenberg Bez. Deutschhrod sammt allen Beilagen in Verlust geriet und erst am 28. Feber 1924. nachdem das Gesuch vom Kulturverband erneuert worden war, bewilligt wurde.

Aus den angeführten Beispielen geht hervor, daß die tschechischen Schulbehörden das der deutschen Minderheit dieses Staates verfassungsmäßig gewährleistete Recht der Errichtung eigener Privatschulen auf unerhörteste Weise sabotieren. Nicht allein daß die für den ordentlichen Verfahrensgang festgesetzten Fristen nicht eingehalten werden wird der Einfluß der deutschen Sektionen der Landesschulbehörden, welchen gesetzlich die Bewilligung dieser Schule übertragen ist grundsetzlich in der Weise ausgeschaltet daß die Bearbeitung der Akten den Referenten der tschechischen Sektion und des Präsidiums zugewesen wird und daß erst der nach den Weisungen dieser Sektion zugestutzte Akt der deutschen Sektion zur sitzungsgemäßen Erledigung überwiesen wird. Aber auch hier erscheint deren Einflußnahme in der Hinsicht beseitigt, daß die sitzungsmäßige Behandlung solcher Angelegenheiten nur mit Zustimmung des tschechischen Präsidenten zugelassen wird, welche wie die Praxis in einigen der erwähnten Fälle gezeigt hat, nicht erteilt wird.

Weiters aber ergibt sich aus den angeführten Fällen, daß im Laufe des Verfahrens seitens der Schulbehörden meritorische Einwände gebraucht werden, die in keiner Weise mit den für die Errichtung von Privatschulen festgesetzten Bedingungen der Gesetze in Einklang gebracht werden können. Die vom Gesetz hinsichtlich der Lehrpersonen und Vorsteher sowie hinsichtlich des Lehrplanes erforderten Bedingungen sind in jedem Falle klaglos erfüllt. Die Scheingründe der Behörden zur Verschleppung der Ansuchen um Errichtung von Privatschulen können sich daher nur auf die Anfechtung der lokalen Schuleinrichtung beschränken.

Hier schreibt das Gesetz nichts anderes vor als daß die Einrichtung derart sein muß, daß für die Gesundheit der Kinder keine Nachteile zu befürchten sind Was aber von den Behörden hier in diese Bestimmungen alles hineingelegt wird spottet jeder Beschreibung. Das Fehlen eines jeden Zentimeters in der Höhe der Lehrzimmer wie sie für öffentliche Schulen vorgeschrieben ist wird beständet Die Lage und die Umgebung des Schulgebäudes oder der Schulräumlichkeiten ist ein billiger Anfechtungsgrund. Die Beschaffenheit der Zugänge und Nebenräumlichkeiten wird zu Beanständungen herangezogen Ein typisches Beispiel hiefür gibt ebenfalls eine Privatschulangelegenheit, welche im Instanzenzuge bereits, allerdings ablehnend ausgetragen ist und sich derzeit im Stadium des Verwaltungsgerichtsbeschwerde befindet. Es ist dies die Angelegenheit Röscha (Bez. Podersam, Böhmen). Dort wurde das Ansuchen um Bewilligung der Privatschulerrichtung vom Landesschulrate mit der Begründung abgewiesen, daß die Lokale den Bestimmungen der Min. Vdg. vom 12. März 1888 No. 40 L. G. Bl. zur Unterbringung der Privatschule nicht entsprechen und zwar in der Hinsicht daß der Abort beim Eingang nicht vom Hausgang durch einen lüftbaren und direkt beleuchteten Vorraum getrennt ist, daß weiters der Hausgang nicht so breit ist, wie nach der Verordnung vorgeschrieben und endlich daß der Eingang und Vorraum bei der Lehrerwohnung gemeinsam und letzterer außerdem dunkel ist Aus den gleichen Gründen sah auch das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur laut seines Erlasses vom 8. Mai 1924 Z. 55.530-I-24 die Lokale als sowohl in technischer, wie in sanitärer Hinsicht ihrem Zwecke nicht entsprechend und daher den gesetzlichen Voraussetzungen des § 70 Abs. 4 widersprechend an. In wie weit allerdings durch die erwähnten drei Punkte für die Gesundheit der Kinder Nachteile zu befürchten sind darüber bleibt uns der Erlaß des Ministeriums die Antwort schuldig.

Der Hinweis auf die Ministerialverordnung vom 2. März 1888, No 40 L. G. Bl. ist überhaupt die billigste Richtschnur der Behörden bei der Behandlung der Ansuchen um Errichtung von Privatschulen. In dieser Hinsicht aber ist folgendes einzuwenden: die genannte Verordnung des ehemaligen Ministeriums f. K. u U ist in Ausführung des § 17 des Gesetzes vom 19. Feber 1870, L. G. Bl. No 22 erflossen, welches Gesetz bekanntlich die Errichtung. Erhaltung und den Besuch der öffentlichen Volksschule regelt. Von Privatschulen handelt dieses Gesetz überhaupt nicht, da die Bestimmungen über solche Schulen eine landesgesetzliche Regelung nicht erfahren haben. Es mußte demgemäß eine gemäß § 17 des genannten Gesetzes erfließende Verordnung über die näheren Bestimmungen hinsichtlich der Beschaffenheit der Schulgebäude und ihrer Teile logischerweise ebenfalls nur für öffentliche Schulen bestimmend wirken Die genannte Verordnung, die den mit dem Erlasse des Ministeriums für K. u. U. vom 9. Juni 1873 No. 4816 erflossenen provisorischen Entwurf benützt, trägt daher ausdrücklich den Titel Verordnung mit welcher zur Regelung der Errichtung der Erhaltung und des Besuches der öffentlichen Volksschulen und nach gepflogenem Einvernehmen mit dem Ministerium des Innern Bestimmungen über die Einrichtung der Schulgebäude der öffentlichen allgemeinen Volks- und Bürgerschulen und über de Gesundheitspflege in diesen Schulen erlassen werden. Es bezieht sich also diese Verordnung nach der einwandfreien und klar dargelegten Sachlage ausschließlich auf öffentliche Schulen und öffentliche Schulgebäude.

Für Privatschulen sind demgemäß nur die ausdrücklich für die Privatschulen im Gesetze angeführten Bestimmungen anzuwenden. Diese Bestimmungen sind bereits vorher genannt und die hauptsächlichste dieser hinsichtlich der Eignung der Räumlichkeiten ist der Abs. 4 des § 70 R. V. G. Nur aus dieser Bestimmung können Folgerungen über die Art der Beschaffenheit des Gebäudes einer Privatvolksschule und seiner Bestandteile abgeleitet werden. Die Einrichtung einer Privatvolksschule muß demgemäß nur derart sein, daß für die Gesundheit der Kinder keine Nachteile erwachsen. Die Beurteilung dieser Frage ist keine ausschließliche Ermessensfrage der Behörden, sondern eine Tatbestandstrage. Es geht nicht an, die Beurteilung dieser Frage dem Ermessen der Schulbehörde allein zu überlassen da dadurch keine Gewähr gegeben ist daß dieses Ermessen sich nicht gegebenenfalls durch reine Willkür leiten läßt Vollkommen unangebracht aber ist es, dem Ermessen der Behörde als Richtlinien solche Grundsätze vorzuschreiben welche ausschließlich für öffentliche Volksschulen bestimmend sind. Eine Heranziehung der Bestimmung der Min. Vdg. von 1888 per analogiam könnte daher allenfalls nur in der Hinsicht erfolgen, als es sich um die Untersuchung der projektierten Schulräume darauf handelt, ob sie so eingerichtet sind, daß für die Kinder keine gesundheitlichen Nachteile erwachsen. Alle übrigen Bestimmungen die offensichtlich auf öffentliche Schulen zugeschnitten sind, haben zweifellos zu entfallen.

Wenn schon bei öffentlichen Schulen im Interesse der Schulgemeinden gemäß des Erlasses des Ministeriums f. K. u. U. vom 27. Juli 1878, Zahl 12128 und vom 17. August 1878, Z. 17109 welcher ausdrücklich auch nach dem Erlasse der Verordnung vom 12. März 1888 in K§ geblieben ist (§ 28 dieser Verordnung), Ereichterungen für öffentliche Volksschulen hinsichtlich der baulichen Beschaftenheit vorgesehen wurden, insbesonders was die Breite der Stiegen (und damit auch jedenfalls der Gänge) oder was die Höhe und das Ausmaß der Lehrzimmer anbelangt so ist es gewiß richtig, daß solche Erleichterungen auch für die Privatschulen in Betracht gezogen werden müssen welche naturgemäß für eine viel geringere Kinderzahl bestimmt sind als öffentliche Volksschulen.

Eine Beurteilung der Eignung der Räumlichkeiten für Privatschulen nach der Maßgabe der Bestimmungen für öffentliche Volksschulen hat unter Österreichs Zeiten niemals Platz gegriffen. Dies ist am allerdeutlichsten hinsichtlich einer tschechischen Privatvolksschule (Matice Schule) aus der Antwort des Herrn Ministers für Schulwesen und Volkskultur auf die Interpellation der deutschen Parteien in Angelegenheit der Inanspruchnahme von Räumlichkeiten der deutschen Mittelschule in Leitmeritz zu Zwecken des tschechischen Reformrealgymnasiums zu ersehen (Druck 4231/XII), worin es heißt: Zur Unterbringung der erwähnte Anstalt (tschechisches Realreformgymnasium) werden aber auch die Räumlichkeiten im Gebäude der dortigen (Leitmeritzer) tschechischen Matice-Schule nicht benützt werden können wegen ihrer absolut hygienischen Unzulänglichkeit. Aus dieser Antwort ist zu ersehen, daß die tschechische Matice-Schule in Leitmeritz bewilligt worden ist, trotzdem die Räumlichkeiten derselben absolut hygienisch unzulänglich waren. Es kann somit die Amtsführung des Landesschulrates in den geschilderten Fällen der deutschen Privatschulerrichtungen nichts als objektiv angesehen werden, wenn in einem anderen Privatschulfall, wenn es sich, wie im obigen auch um einen tschechischen gehandelt hat, die Bewilligung bei einem erwiesenermaßen vollständig unhygienischen Gebäude erteilt worden ist.

Es erscheint nach dem Gesagten erwiesen, daß die Behörden mit aller Absicht die Gesuche um die Errichtung deutscher Privatschulen sabotieren, daß sohin die Amtshandlung der Behörden in diesen Angelegenheiten mit den Bestimmungen des Friedensvertrages und des Verfassungsgesetzes in Widerspruch stehen. Hier inliegt eine Nichteinhaltung jener Verpflichtungen, welche die Tschechoslowakei gemäß des Art. 1 des bereits genannten internationalen Vertrages vom 10. September 19 9 (No. 508/192 Sg.) übernommen bat, somit eine Verletzung von internationalen und verfassungsgerechtlich gewährleisteten Verpflichtungen.

Diese Feststelung hat nicht den Zweck, durch die vom Herrn Schulminister zu erfolgende Interpellationsbeantwortung eine weitere Verzögerung der genannten Angelegenheit hervorzurufen, welche in dem Falle eintreten müßte. als das Ministerium sämtliche Akten zur Untersuchung von den unterstellten Behörden abverlangen würde. An den geschilderten Tatbestande in den einzelnen Fällen wird auch eine schön gefärbte Interpellationsbeantwortung nichts ändern. Der Zweck der Anfrage ist es vielmehr, eine Beschleunigung der Errichtung von deutschen Privatschulen im Sinne unseres verfassungsmäßig gewährleisteten Rechtes zu erzielen.

Wir stellen daher an den Herrn Minister für Schulwesen und Volkskultur die Anfrage, ob er bereit ist seinen unterstellten Behörden und Organen die ausdrückliche Weisung zukommen zu lassen, die geschilderten Ansuchen des Deutschen Kulturverbandes um Errichtung deutscher Privatvolksschulen der ehesten und mit den verfassungsmäßig gewährleisteten Rechten der deutschen Minderheit dieses Staates im Einklang stehende Erledigung zuzuführen, und die Erledigung dieser Ansuchen durch geeignete Maßnahmen zu überwachen?

Prag, am 13. März 1925.

Dr. Spina, Dr. Schollich, Dr. W. Feierfeil, Simm, Dr. Kafka,

Sauer, Wenzel, J. Fischer, Zierhut, J. Mayer, Bobek, Budig, Patzel, Schubert, Schälzky, Mark, Pittinger, Böllmann, Windirsch, Knirsch, Ing. Jung, Heller, Böhr, Dr. Luschka, Scharnagl, Dr. Petersilka, Dr. Hanreich.

 

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