Ètvrtek 22. kvìtna 1930

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 52. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 22. kvìtna 1930.

Øeè posl. dr Hassolda (viz str. 6 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Zum heutigen ersten Punkt der Tagesordnung hat sich kein Redner zum Worte gemeldet. Ich habe ebenfalls nicht Gelegenheit, des weiteren dazu Stellung zu nehmen, doch muß ich eine Angelegenheit hier, zur Sprache bringen, die außerordentlich dringlich ist und die zu ihrer Unter stützung der Aufmerksamkeit der weiteren Öffentlichkeit bedarf.

Es handelt sich um die Unterbringung und die Räumlichkeiten der Deutschen technischen Hochschule in Prag. Es hat heute eine Abordnung von Lehrern und Hörern der Deutschen technischen Hochschule in Prag, beim Herrn Unterrichtsminister Dr. Dérer vorgesprochen und seine Aufmerksamkeit neuerdings auf die völlig unhaltbaren Zustände gelenkt, die an dieser Hochschule herrschen. Der Herr Unterrichtsminister Dr. Dérer hat vor nicht langer Zeit dieser Hoch schule einen Besuch abgestattet, die Räumlichkeiten selbst untersucht und Gelegenheit gehabt, sich gründlich zu überzeugen, daß die Zustände der Unterbringung an dieser Hochschule mit jedem Jahre schlechter werden und heute einen Grad erreicht haben, der einfach als unerträglich bezeichnet werden muß. Alle bisherigen Versuche auf dem üblichen Wege von Protestkundgebungen, Protestversammlungen, Entschließungen usw. haben zu keinem greifbaren Resultate geführt. Auch alle noch so eindringlichen Vorstellungen der berufenen Behörden dieser Hochschule, des Rektors und des Professorenkollegiums, sind letzten Endes ergebnislos gewesen. Ich glaube berechtigt zu sein, die Aufmerksamkeit des Parlamentes und der breiteren Öffentlichkeit in Anspruch nehmen zu dürfen, weil es sich hier um einen Fall handelt, wie ich ausdrücklich feststellen möchte, der nicht vom nationalen Standpunkt allein, sondern vor allem vom kulturellen Standpunkt aus betrachtet werden soll.

Eine Hochschule ist für jedes Volk ein nationales Gut. Die Hochschulen eines gemischtnationalen Staates sind aber schließlich und endlich auch für das Ausland ein deutlicher Gradmesser der kulturellen Zustände dieses Staates. Es ist nun wahrlich bei den Unterbringungsverhältnissen der Technischen Hochschule in Prag so weit, daß das weiteste Ausland seine Aufmerksamkeit auf diese Zustände lenken muß und daß auch die Hochschule selbst gezwungen ist, das Ausland aufmerksam zu machen, daß die Unterbringungsverhältnisse heute einen Grad der Unmöglichkeit erreicht haben, der dringendste und energische Abhilfe erheischt.

Meine Damen und Herren! Die Prager Deutsche technische Hochschule ist die älteste Hochschule in Europa ihrer Art. Als sie vor 124 Jahren, im Jahre 1806, in einem Gebäude notdürftig untergebracht wurde, war dieses Gebäude damals schon ein Notstandsgebäude und nicht ein Gebäude, das bestimmt und geeignet war für die Unterbringung einer Hochschule. Bis heute, 125 Jahre, hat sich dieser Zustand nicht verändert, obwohl die Bedürfnisse der Hochschule sich vervielfacht und auch die Hörerzahl sich vervielfacht hat. Wenn Sie sich vor Augen halten, daß an dieser technischen Hochschule für einen Hörer nicht mehr als ein Viertel Quadratmeter Arbeitsfläche vorhanden ist, dann können Sie sich ungefähr vorstellen, wie ein Hörer der Technik, vor allem ein chemischer Arbeiter, die Möglichkeit haben soll, auf einem Viertel Quadratmeter Grund seine Arbeiten zu verrichten. Es ist dies ein Ding der Unmöglichkeit und es ist infolge dessen der ganze Betrieb der technischen Hochschule an der chemischen Abteilung direkt in Gefahr geraten. Aus diesem Grunde hat erst vor ganz kurzer Zeit eine große Kundgebung an der Deutschen Technik stattgefunden. In einer Protestversammlung am 13. Mai d. J. wurde in der üblichen Weise eine Entschließung angenommen. Aber es ist zu erwarten, daß diese in denselben Papierkorb wandern wird wie alle bisherigen. Es ist bedauerlich, daß eine Zeitung, u. zw. der "Národ", die Gelegenheit ergriffen hat, um hier wieder in nationaler Richtung von deutscher Unverschämtheit und deutschen Frechheiten zu sprechen. Es kann doch keine Unverschämtheit sein, wenn für ein Kulturgut eines Volkes die primitivsten Voraussetzungen verlangt werden. Es ist aber auch besonders darauf hinzuweisen, daß gerade für die chemische Abteilung dieser außerordentliche Raummangel nicht notwendig wäre. Nach vieljährigen Bestrebungen und Bemühungen ist es noch im alten Österreich gelungen, im Jahre 1912 die Grundsteinlegung zu einem neuen chemischen Institut durchzuführen. Dieses Gebäude war zum Teil erst vollendet, als es durch die Auswirkung des Weltkrieges nicht weiter gebaut werden konnte. Im Jahre 1918 war der Rohbau fertig. Ich betone ausdrücklich, daß dieser Bau für die speziellen Bedürfnisse einer chemischen Abteilung der Deu tsch en technischen Hochschule angelegt war. Nach dem Umsturz wurde wie so viele auch dieses Gebäude beschlagnahmt und von dieser Zeit an geht das ununterbrochene Bestreben des chemischen Instituts dahin, dieses einzige moderne Institut der Deutschen Hochschule für die eigenen Zwecke freizubekommen. Bis heute ist dies nicht gelungen, denn in diesen Räumen wurde die èechische Handelshochschule untergebracht und sie ist auch bis heute noch dort. Ich mache ausdrücklich darauf aufmerksam, daß es weder in unserer Macht liegt, noch daß es unsere Absicht wäre, den Arbeitsplatz der èechischen Handelshochschule irgendwie zu schmälern. Aber es ist zumindest geradezu unsinnig, wenn man in einem Gebäude, das für die spezielle Arbeit einer chemischen Abteilung errichtet ist, eine Handelshochschule unterbringt, die auch in jedem anderen Gebäude und in jedem Neubau ohne weiteres die Möglichkeit ihrer Arbeitstätigkeit hätte. Es ist nicht nur ein Bedürfnis, sondern auch eine Wiedergutmachung, wenn dieses beschlagnahmte Gebäude endlich für die Zwecke verwendet und freigegeben wird, für die es bestimmt und für die es gebaut wurde, für die chemische Abteilung der Deutschen technischen Hochschule. An die 15 Jahre dauert es nun, daß die chemischen Laboratorien in einer Weise untergebracht sind, über die selbst der inspizierende Herr Minister den Kopf geschüttelt hat. Und es ist doch ein Dokument unserer Verhältnisse, wenn Hochschüler in einem Aufrufe zu einer Vers ammlung auf Folgendes hinweisen können: "Wir wollen unsere Gesundheit", heißt es in diesem Aufruf, "nicht länger aufs Spiel setzen. Wir haben in Slup ein modernes chemisches Institut. Seit 12 Jahren sind zwei Drittel davon beschlagnahmt. Seit 12 Jahren werden uns die Räume versprochen. 12 Jahre befindet sich in diesem Bau eine Hochschule, die ebenso gut in einem anderen Gebäude untergebracht werden könnte." Es wird weiters darauf hingewiesen, daß bis zum letzten Plätzchen jeder Raum verwendet wird, um nur den geringsten Bedürfnissen der technischen Abteilung nachzukommen. Trotzdem ist es einfach unmöglich. Es ist doch geradezu ungeheuerlich, daß eine Hochschule zum Teil in umgebauten Pferdeställen untergebracht ist. (Hört! Hört!) Ich möchte doch auf den kolossalen Unterschied hinweisen und zu bedenken geben, welchen Eindruck es in der breiten Öffentlichkeit machen muß, wenn man heute im deutschen Sprachgebiete draußen Minderheitsschulen findet, bei denen kaum mehr Kinder als Stockwerke vorhanden sind und wo auf jedes einzelne Kind ein eigener Lehrer kommt. Für einen Volksschüler bauen Sie um Millionen ein ganzes Stockwerk, für einen Hochschüler haben Sie in einem Pferdestall ein Viertel Quadratmeter Platz übrig. Man muß sich endlich an das Schamgefühl der Öffentlichkeit wenden, weil es einfach ausgeschlossen ist, weil es einfach eine ausgesprochene Kulturschande ist, daß solche Zustände bis heute noch geduldet werden. Es ist doch bedauerlich, wenn man heute immer nur dem Druck der Straße nachgibt und immer nur dort eine Veränderung kommt, wo durch Gewalt und Krawalle die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf diese Zustände gelenkt wird. Sie können von den deutschen Hochschülern hier im èechischen Prag nicht verlangen, daß sie auf der Straße demonstrieren, um ihre Not sichtbar zu machen. Ich appelliere aber an die Einsicht und Vernunft des Parlaments, daß man sich dieser Dinge endlich annimmt, weil diese Zustände auf das allerdringendste der Abhilfe bedürfen. Wenn die bisherigen Mittel nicht genügt haben, diese Abhilfe herbeizuführen, so bleibt nichts anderes übrig, als daß die Deutsche technische Hochschule sich in einem Memorandum an alle Schwesterhochschulen Deutschlands, Österreichs, Frankreichs, Englands, der Nordstaaten und auch Amerikas wendet, in dem sie durch bildliche Darstellungen darauf hinweist, in welchen Räumlichkeiten sie untergebracht ist, um durch diesen Druck doch das Inland zur entsprechenden Einsicht zu bringen.

Der Herr Unterrichtsminister hat in einem Exposé, das er nach seinem Besuch der Deutschen technischen Hochschule gehalten hat, ausgeführt, daß ein Bauplan für 15 Jahre vorgesehen sei, mit welchem die Notverhältnisse der Hochschule gelindert werden sollen. Es ist einfach unerträglich, daß vielleicht auch die chemische Abteilung der technischen Hochschule 15 Jahre oder ein halbes Menschenalter warten soll, bis die zur Unmöglichkeit gewordenen Verhältnisse vielleicht abgeschafft werden. Infolgedessen sind die Forderungen, die auch vom Dekanat dieser Abteilung neuerdings erhoben wurden, vor allem auf folgende Punkte konzentriert: erstens Rückgabe der von der Handelshochschule besetzten Räume des chemischen Institutes ohne weiteren Aufschub, zweitens Durchführung der Aufstockung der zweiten Hälfte dieses Gebäudes, drittens - ich lege hier besonders Wert darauf - Loslösung der Abteilung für Chemie von dem gegenwärtigen Hochschulbauplan der Regierung. Es muß besonders betont werden, daß für diese chemische Abteilung ein Gebäude bereits vorhanden ist, daß sie infolgedessen nicht in den Bauplan einzubeziehen ist, sondern im Gegenteil, es hat lediglich das Gebäude, das für diesen Zweck schon bestimmt wurde, seinem Zwecke zugeführt zu werden und es ist dah er nicht notwendig, daß auch diese Frage erst in das Bauprogramm der Regierung einbezogen wird. Ich betone dies deswegen besonders, weil der Herr Unterrichtsminister bei der heutigen Vorsprache sich wieder auf die Interpretation dieses Bauplanes der Regierung beschränkt hat, so daß die Gefahr besteht, daß die chemische Abteilung auch weiterhin in Privathäusern, in Gängen, Dienerwohnungen, Pferdeställen und dergl. untergebracht bleibt.

Ich weise besonders darauf hin, daß es sich hier um eine Kulturforderung handelt, welche endlich die entsprechende Berücksichtigung finden muß. Die Änderung ist aus den verschiedensten Gründen dringend geworden. Die Hörerzahl der Technik hat sich von Jahr zu Jahr vergrößert und die Möglichkeit, daß dort überhaupt noch ein geregelter Unterrichtsbetrieb erfolgt, ist heute langsam an ihrer Grenze angelangt. Es ist eine Aufgabe dringendster Notwendigkeit, wenn man nicht absichtlich darauf hinausgehen will, die Weiterentwicklung dieses Hochschu!instituts zu drosseln und herabzumindern. Die Anforderungen der gesamten Industrie haben sich so außerordentlich verstärkt, die Vorbedingungen für die Erlangung eines Arbeitsplatzes für jeden einzelnen sind viel schärfer geworden, die Anforderungen an die Studien sind immer größer geworden und der Raum ist immer enger geworden. Es ist höchste Zeit, daß hier Einsicht waltet und die Gebäude ihrem Zwecke zugeführt werden. Dieser Tage hat der Gesundheitsminister Dr. Spina über die Gesundheitsverhältnisse gesprochen, auch über eine Statistik betreffend die Todesfälle an Tuberkulose. Mit derartigen Reden ist uns nicht geholfen, wenn unsere heranwachsende Jugend in so engen Räumen eingepfercht ist, wenn sie dort chemische Arbeiten verrichten soll und so in jeder Beziehung auch gesundheitlich auf das ärgste gefährdet wird. Wenn kein anderer Grund vorhanden wäre, so müßte dies allein genügen, um zur Einsicht zu kommen, daß auch die nötige Ausdehnung für die Arbeit dieser Studenten geboten werden muß. Insbesondere stellt sich die chemische Abteilung gegen den Plan des Ministeriums, nach welchem nach Auszug der Handelshochschule zwei medizinische Institute der deutschen Universität in diesem Gebäude untergebracht werden sollen, so daß die freiwerdenden chemischen Laboratorien wieder nicht der chemischen Abteilung der technischen Hochschule zur Verfügung gestellt würden.

Ich wollte die Aufmerksamkeit deswegen auf diese Zustände lenken, weil man kein Mittel unversucht lassen will, um doch endlich vielleicht auf dem Wege der Einsicht zu erreichen, daß solche Zustände beseitigt werden. Es macht einen sonderbaren Eindruck von der Auffassung über Kulturforderungen in diesem Staate, wenn Zeitungen am nächsten Tage als Echo nichts anderes als Schimpfworte und einen Haßgesang wissen. Es ist bedauerlich, wenn die Verirrungen schon so weit sind, daß man zwischen derartigen Kulturforderungen und politischen Streitpunkten nicht unterscheiden kann. Es wäre verlockend, noch über andere Hochschulangelegenheiten zu sprechen, was ich mir vorbehalte. Aber wenn man Hunderte und Hunderte Millionen für èechische Schulbauten übrig hat, so ist es mehr als höchste Zeit, daß man für die geringfügigsten Anforderungen an die Ausdehnung und Lebensmöglichkeit auch unserer deutschen Hochschulinstitu te mehr Interesse aufbringt und sie einer gedeihlichen Entwicklung zuführt. Es wird in nächster Zeit zu sehen sein, ob es auf diesem Wege möglich ist, unsere Wünsche zu erreichen. Wenn nicht, so ist wahrlich kein anderer Weg gegeben, als daß man durch Erweckung des Interesses des gesamten Auslandes, durch bildliche Darstellungen des Minderheitsschulwesens und unseres Hochschulwesens die Öffentlichkeit überzeugt, daß es eine der primitivsten Kulturforderungen ist, daß hier Wandel geschaffen wird. Es liegt wie so vieles andere auch dieses in Ihrer Hand. Ich fordere Sie auf, die Macht, die Sie haben, nicht nur gegen uns zu verwenden und als einzige Rechtsquelle die Macht anzusehen, sondern auch einmal die Macht in den Dienst des Rechtes zu stellen. (Potlesk.)

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