Ètvrtek 26. bøezna 1931

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 114. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 26. bøezna 1931.

Øeè posl. dr Sterna (viz str. 10 tìsnopisecké zprávy):

Ich will zuerst einmal dagegen protestieren, daß hier nicht erlaubt wird, zur augenblicklich wichtigsten politischen Frage Stellung zu nehmen. Ich will erklären, daß es bezeichnend ist für den Bankerott dieses ganzen Systems, daß, um hier zu der momentan wichtigsten politischen Angelegenheit zu sprechen, wir das Wort nehmen müssen zu Immunitätsangelegenheiten, daß nicht nur heute abgestimmt wurde, daß man über das Exposée des Herrn Dr. Beneš im Ausschusse keine Debatte abhalten darf, daß nicht nur unser Antrag nicht angenommen wurde, daß Beneš Rechenschaft zu geben hat und daß darüber gesprochen wird, daß auch alle Punkte der Tagesordnung, zu denen man etwas länger hätte sprechen können, beseitigt wurden und nur Immunitätsangelegenheiten verhandelt werden und daß man überdies dazu übergeht, einen Redner, der hier zu dieser wichtigen Frage sprechen will, unter dem Vorwand, daß er nicht zur Sache spricht, das Wort zu entziehen.

Auch ich werde mir erlauben, hier zu der Frage zu sprechen, welche jetzt die größte politische Bedeutung hat. Die gegenwärtige internationale Lage, welche durch das überraschende Bekanntwerden der deutsch-österreichischen Zollpläne entstanden ist, hat ihre tiefste Ursache in der schweren Weltwirtschaftskrise, welche den Bankerott der kapitalistischen Wirtschaftsordnung bedeutet und in der Verschärfung aller wirtschaftlichen und politischen Folgen dieser Krise [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 26. bøezna 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy. Viz tìsnopiseckou zprávu o 115. schùzi snìmovny.] zwischen Anhängern und Feinden dieses Systems. Nicht nur in jedem Lande, sondern auch international in Bezug auf die Verhältnisse zwischen den imperialistischen taaten schlägt die wirtschaftliche Krise in eine politische Krise um. Im Sturm der Wirtschaftskrise wankt nicht nur die Herrschaft der Ausbeuter in jedem kapitalistischem Lande, es wankt auch das sogenannte internationale Gleichgewicht [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 26. bøezna 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] Das ist der Sinn der tiefen Unruhe, die jetzt eingetreten ist. Das haben wir Kommunisten ebenso vorausgesagt, wie den Krach der kapitalistischen Stabilisierung, und das liegt jetzt so klar zutage, daß es selbst ein solcher Optimist, wie Herr Dr. Beneš, höchstens noch ein wenig milder darstellen, aber nicht mehr leugnen kann. Die deutschen und österreichischen Imperialisten suchen einen Ausweg aus dem Zusammenbruch der Wirtschaft und der nahenden Revolution, sie suchen auch die revolutionierten Massen durch die Illusion zu beruhigen, als ob es einen Ausweg bei Aufrecherhaltung der kapitalistischen Ordnung gibt, sie unternehmen einen Schritt, um zu versuchen, wie weit sich größere imperialistische Kräfte in Bewegung setzen lassen, um den Versailler Frieden zu lockern und sie suchen schließlich auch ihre Ansprüche auf bessere Bezahlung für die Einreihung in die europäische Front gegen die Sowjetunion oder auch Amerika wirksam geltend zu machen. Dieser Schritt hat sofort die imperialistischen Nutznießer der Versailler und der übrigen Raubverträge in Bewegung gebracht.

Pøedseda (zvoní): Pane øeèníku, žádám vás, abyste se držel poøadu a mluvil k vìci.

Posl. dr Stern (pokraèuje): Ich muß zu der Sache sprechen, von der ich glaube, daß es notwendig ist, dazu zu sprechen.

Die dadurch enstandene Lage zeigt, wie überraschend und heftig sich die internationalen Konflikte zuspitzen können, wie leicht ein Krieg zwischen den imperialistischen Staaten hervorgerufen werden kann. Die gegenwärtige Lage hat auch sehr viele Ähnlichkeiten mit der Lage, wie sie im Kriegsfalle entstehen wird. Es ist noch kein Kriegsgewitter, aber ein Vorspiel des Krieges, ein Wetterleuchten, bei dessen Scheine man sehr viel sehen kann, was sonst im Dunkeln liegt.

Die arbeitenden Massen und die Massen der unterdrückten Nationen, aber auch die Massen des èechischen Volkes haben jetzt Gelegenheit zu sehen, wie ihre Bourgeoisie, wie ihre nationalistischen und ihre sozialfaszistischen Führer sich in solchen Lagen verhalten und daraus auch rechtzeitig zu erkennen, wie sie sich im Kriege selbst verhalten würden. Besonders wichtig und lehrreich ist das in Bezug auf die deutschbürgerlichen und sozialfaszistischen Parteien, weil es sich um einen imperialistischen Konflikt mit deutschen imperialistischen Staaten handelt. Noch versuchen diese Parteien ihre wahre Haltung zu verschleiern. Aber zwei Dinge treten bereits jetzt klar zutage. Für die Bourgeoisie ist in dieser ernsten Lage, die die schwersten Folgen auf jeden Fall haben wird und unübersehbare Folgen haben kann, einzig und allein ihr Klasseninteresse maßgebend und sie ist in Wahrung dieses Interesses nicht nur bereit, den Hunger der Arbeitenden maßlos zu steigern, ihnen unerhörte Blutopfer aufzuerlegen, sie ist auch bereit, die eigene Nation im wahrsten Sinne des Wortes blutig zu verraten. Und die sozialdemokratischen Führer aller Nationen stehen in dieser Frage voll und ganz, wie im Jahre 1914, im Lager der eigenen Bourgeoisie. Genau so wie das ganze internationale imperialistische sogenannte Gleichgewicht wankt, so kracht es auch in dem Schandbau der II. Internationale, die einig ist im Verrat des proletarischen Klassenkampfes, einig in der Hetze gegen die Sowjetunion, einig, wenn es gilt, den Krieg gegen, die Sowjetunion mit Geld, Hunger, Sabotage und Organisation des Hungers vorzubereiten, in der es aber sofort die größten Gegensätze gibt, wenn ihre Herren einander in die Haare fahren. Daß dies alles nicht übertrieben, daß es unzweifelhaft Wahrheit ist, das läßt sich durch Zitate aus den bürgerlichen und sozialdemokratischen Blättern selbst beweisen. Das "Prager Tagblatt" teilt unter dem Titel "Richtlinien der Sudetendeutschen" aus führenden deutschen politischen Kreisen am 25. März mit, daß dort die Auffassung besteht, "die deutschen Parteien müßten sich, wenn sie nicht rein gefühlsmäßig für die eine oder gegen die andere Konzeption eintreten wollen, auf den für sie einzig möglichen und brauchbaren Standpunkt stellen, daß für sie nur wirtschaftliche Erwägungen ausschlaggebend sein dürfte. In welcher Konzeption die deutsche Industrie und die deutsche Landwirtschaft, kurz die deutsche Wirtschaft überhaupt die Möglichkeiten einer Entfaltung finden werde, dorthin werde man gravitieren müssen. Für die Konzeption der großen wirtschaftlichen Expansion, die eine Vermehrung des Volksvermögens nach sich ziehe, müßten und würden sich die deutschen Parteien entscheiden. Bei der Beurteilung des Problems müsse die besondere wirtschaftliche Struktur der Èechoslovakei maßgebend sein und nicht ein starres Festhalten an Prinzipien, die heute vielleicht schon überlebt sind."

Deutlicher kann man schon nicht sprechen. Für die Industriebarone, Bankherren und Großgrundbesitzer ist einzig und allein maßgebend, wo größere Profite zu holen sind, und demgegenüber müssen alle Prinzipien beiseite geschoben werden. Die Èechoslovakei ist zwar ein Staat der èechischen Bourgeoisie, aber selbstverständlich ein kapitalistischer Staat, ein Machtinstrument zum Schutze der Gesamtinteressen der Kapitalisten, und in dem Kampfe für diese Interessen steht auch die deutsche Bourgeoisie auf Seite dieses Staates, der die Deutschen national unterdrückt, steht auf seiner Seite selbst dann, wenn er gegen deutsche Staaten kämpft.

Und haargenau denselben Standpunkt wie diese Raubritter nimmt selbstverständlich auch die deutsche Sozialdemokratie ein, wobei sie sich den alten kapitalistischen Schwindel erlaubt, die Interessen der Bourgeoisie als Interessen der Arbeiter hinzustellen. Der "Sozialdemokrat" vom 25. März schreibt:

Pøedseda (zvoní): Pane øeèníku, napomínám vás po druhé, abyste se držel poøadu a mluvil k vìci.

Posl. dr Stern (pokraèuje): "Es wäre weit besser, wenn man in der Èechoslovakei die Angelegenheit ausschließlich vom Standpunkte der Lebensinteressen der arbeitenden Bevölkerung des Landes betrachten würde." Der wirtschaftliche Standpunkt, von dem hier die Rede ist, das ist die Rücksicht auf die kapitalistischen Unternehmungen, die Rücksicht auf ihre Profitmöglichkeiten, und wenn dies als Standpunkt der Interessen der Arbeitenden bezeichnet wird, so ist das derselbe Betrug, wie den englischen Arbeitern eingeredet wird, daß die Unterdrückung und Ausplünderung Indiens auch ihnen Vorteil bringt, oder wie im Kriege den Arbeitern gesagt wurde, daß sie ihre eigenen Interessen wahrten, als sie sich gegenseitig mordeten. Da alle Sozialdemokraten den Standpunkt ihrer Bourgeoisien vertreten, so ist es selbstverständlich, daß sich zwischen ihnen dieselben Gegensätze zeigen, wie zwischen ihren Herren. Die österreichische Sozialdemokratie erklärt wörtlich: "Die österreichische Sozialdemokratie war die Vorkämpferin im Kampfe um den Anschluß. Aus demselben Grunde begrüßt sie den Versuch der beiden Regierungen, eine Zollgemeinschaft zu begründen, und wird ihn vorbehaltlos unterstützen." Die èechische Sozialdemokratie sitzt mit der österreichischen in einer Internationale, aber sie steht zur èechischen Bourgeoisie und deshalb erklärt sie genau das Gegenteil. Unter dem Titel "Pozor na Zollverein" wird dort gesagt: "Wir zweifeln nicht daran, daß solche und viele andere Erwägungen zur Einkehr auf beiden Seiten und im ganzen aufgewühlten Europa führen werden. So darf das nicht gemacht werden." Auf jeder Seite ihres Blattes zeigen die èechischen Sozialdemokraten, daß sie unversöhnliche Gegner des Anschlusses sind, für welchen die österreichischen und reichsdeutschen Sozialdemokraten eintreten. Genau so verhalten sich die französischen Sozialisten, und die englischen stehen wieder hinter der Politik ihrer Bourgeoisie, die aus diesen Gegensätzen durch ein geschicktes Manövrieren die größten Vorteile für ihre imperialistische Machtstellung herauszuholen trachtete. Unsere deutschen Kapitalisten und mit ihnen die deutschen Sozialdemokraten befinden sich dabei in einer ganz eigenartigen Stellung. Sie haben mit den èechischen Kapitalisten gemeinsame Interessen und hinter diesen stehen sie voll und ganz gegen die ihrer deutschen und österreichischen Klassengenossen. Sie haben aber auch Interessengegensätze und diese verschärfen sich gerade in einer solchen Lage. Die deutsche Bourgeoisie und ihre sozialfaszistischen Agenten stehen fest auf dem Boden dieses kapitalistischen und èechischen Staates, aber sie werden auch bereit sein, wenn sich die Dinge ändern und wenn es ihren Klasseninteressen besser entsprechen sollte, ebenso fest auf einem anderen kapitalistischen Boden zu stehen. Sie müssen auch damit rechnen, daß ein allzu offenes Auftreten gegen Deutschland und Österreich sie vor den breiten Massen zu leicht als nationale Feinde des eigenen Volkes entlarven könnte. Deshalb suchen sie in Worten eine gewisse Sympathie mit den Bestrebungen Österreichs und Deutschlands, eine Zollunion zu schaffen, vorzuheucheln. Der "Sozialdemokrat" geht soweit zu erklären, daß niemand das Recht habe, Österreich und Deutschland einen solchen Vertrag zu verbieten.

Pøedseda (zvoní): Napomínám pana øeèníka po tøetí, aby se držel poøadu a mluvil k vìci.

Posl. dr Stern (pokraèuje): Die ganze übrige deutsche Presse verhält sich ähnlich. Um diesen frechen Betrug zu entlarven, genügt eine Frage: Wie konnte Beneš im Namen der Regierung, in der doch diese Parteien vertreten sind, in Wien und Berlin erklären lassen, daß der Vertrag nicht verwirklicht werden darf? Und wenn etwa gesagt werden sollte, daß Beneš auf eigene Faust gehandelt hat, warum wurde er nicht zur Rede gestellt? Die letzte Erklärung, die Beneš im Ausschuß abgegeben hat, wurde in der Regierung beschlossen und darin wiederholt Beneš die Behauptung, daß Österreich kein Recht hat, diesen Vertrag durchzuführen. Hinter dieser Erklärung stehen nicht nur die Regierungsparteien, sondern alle Parteien mit Ausnahme der Kommunisten, auch die sogenannten Oppositionellen, die Deutschnationalen, die Hakenkreuzler, denn sie alle haben dafür gestimmt, daß nicht sofort zur Regierungserklärung die Debatte eröffnet wird. Hier wiederholt sich noch heuchlerisch das Spiel, das wir hier schon einmal erlebten, [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 26. bøezna 1931 podle §u 9. lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] Aber hier handelt es sich um Fragen von solcher Tragweite, daß ein solches Spiel noch weniger täuschen kann. Der "Sozialdemokrat" höhnt heute, daß das "Rudé Právo" nicht lesen kann, weil es behauptet, daß die deutschen Sozialdemokraten gegen den Anschluß sind. Das ist die Ausrede politischer Analphabeten. Das "Rudé Právo" hat mit Recht hervorgehoben, daß gerade die Regierung, in der Spina und Czech sitzen, am ersten und am wildesten gegen den Zollvertrag tobt. Es ist für die breiten Massen unfaßbar, aber unzweifelhaft wahr und wird dazu beitragen, diesen Massen die Augen zu öffnen, daß alle die Herren, die so tun, als ob sie Gegner der Vergewaltigung des besiegten Deutschland und Österreich wären, die deutschen Sozialdemokraten, die Landbündler, die Christlichsozialen und auch die radikalen oppositionellen Hakenkreuzler und Deutschnationalen, in dem Augenblick, wo es ernst wird, wo ein offener Konflikt ausbricht, hinter der èechischen Regierung, hinter dem èechischen Staate stehen, weil es das Klasseninteresse der Bourgeoisie verlangt. Die heutige Abstimmung im Außenausschuß, wo Sie alle dafür stimmten, daß die Debatte nicht eröffnet werde, weil diese für den Staat, wie Beneš erklärte, nicht vorteilhaft wäre, zeigt das sehr anschaulich. Alle deutschen kapitalistischen und sozialdemokratischen Blätter fordern klipp und klar den imperialistischen Wirtschaftskrieg gegen Deutschland und Österreich, den Kampf, in dem das letzte Wort nur "Krieg" sein kann und gleichzeitig den Versuch, sich irgendwie zu einer gemeinsamen Front zu vereinigen, die selbstverständlich gegen die Sowjetunion sein muß. Hier der Beweis, schwarz auf weiß. Die "Landpost" vom 24. März schreibt: "Es bleibt nichts anderes übrig, als diejenigen Maßnahmen zu treffen und die Schritte zu tun, die nicht vielleicht die èechoslovakische Prestigepolitik, sondern wirtschaftliche Verhältnisse und die geographische Lage des Staates erfordern." Die "Landpost" als Regierungsblatt spricht offen davon, daß es sich darum handelt, im kapitalistischen Staate die kapitalistischen Interessen zu vertreten. Aber auch die "Bohemia", das Blatt der Deutschnationalen und der Hakenkreuzler (Výkøiky.), sagt, wenn auch etwas verschleiert, dasselbe (Smích poslancù nìm. národní a nár. sociální strany.), wenn sie zum Schlusse kommt: "Daß den Neugestaltungen für die sudetendeutsche Industrie eine ganz gewaltige Bedeutung zukommt und daß gerade sie daher eine bestimmte zielsichere Orientierung, wobei die verschiedenen Interessen richtig gewahrt werden müssen, zu finden haben wird, bedarf keiner besonderen Ausführungen." Also die Interessen der hiesigen Kapitalisten, die müssen gewahrt werden, wenn sie durch Deutschland bedroht sind ...

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