Ètvrtek 28. dubna 1932

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 179. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 28. dubna 1932.

1. Øeè posl. dr Luschky (viz str. 13 tìsnopisecké zprávy):

Sehr geehrte Damen und Herren! Der vom obersten Rechnungskontrollamt vorgelegte Staatsrechnungsabschluß für 1930 steht heute im April 1932 zur Debatte, obwohl gerade im Ausschußbericht rühmend hervorgehoben wurde, daß das oberste Rechnungskontrollamt den Abschluß 10 Monate früher, als es gesetzlich verpflichtet gewesen wäre, vorgelegt hat und daß dieser Rechnungsabschluß daher auch bereits für den Staatsvoranschlag für 1932 als eine besonders wertvolle Hilfe benützt werden konnte.

Die auffallende Verspätung der parlamentarischen Verhandlungen wird mit einem gewiß sehr bedauerlichen Todesfall eines verehrten und verdienten Kollegen, des früheren Berichterstatters Dr. Hnídek begründet. Ich kann mir aber nicht helfen: Trotz dieses Umstandes hätte der Staatsrechnungsabschluß gerade mit Rücksicht auf seine präjudizielle Bedeutung für die Staatsfinanzwirtschaft eine frühere Behandlung gerade in der heutigen staatswirtschaftlichen Situation dringendst erfordert. Wenn es nicht geschehen ist, so habe ich den Eindruck, daß diese Verzögerung eine Geringschätzung bedeutet, welche diesem Rechnungsabschluß entgegengebracht wird. Es ist sehr verdienstlich, daß der Herr Berichterstatter jetzt durch eine zweistündige Rede versucht hat, diesen Eindruck zu verwischen. Nach dem Ausschußbericht aber muß dieser Eindruck erweckt werden, denn der ist nicht ausführlicher, nicht breiter, sondern noch geringer und kürzer als selbst der Rechnungsabschlußbericht des Ausschusses vom Jahre 1929.

Die Methode, nach der überhaupt der Staatsrechnungsabschluß hier behandelt wird, halten wir für vollständig verfehlt, und das insbesondere unter Hinweis und im Vergleich mit der Behandlung des Voranschlages. Bei einem Voranschlag wird immer der ganze Staatsapparat aufgeboten, die Abgeordneten und Senatoren bekommen Stöße von Drucksorten und Beilagen in die Hand, wochenlang wird im Ausschuß debattiert, die Minister sind da, das einzigemal, wo sie wirklich erscheinen, und geben Exposés, wenigstens im Ausschuß, und das Ganze bekommt den Eindruck einer hochwichtigen Staatsaktion. Im Gegensatz dazu verläuft die Verhandlung des Rechnungsabschlusses dann ganz sang- und klanglos. Wenn sich der Berichterstatter nicht erbarmt hätte, länger darüber zu sprechen, wäre es vom ganzen Haus überhaupt total übergangen worden, daß ein so wichtiger Verhandlungspunkt zur Debatte steht.

Im größten Widerspruch aber mit dem formellen Vorgang steht die meritorische Bedeutung des Rechnungsabschlusses gegenüber dem Voranschlag. Der Voranschlag ist für uns ein Ziffernkonglomerat. (Posl. Kunz: Hausnummern!) Man kann es richtig als Hausnummern bezeichnen, die man glauben kann oder auch nicht. Meistens sind es auch nur Versprechungen, die wenigstens soweit sie das deutsche Volk betreffen, sich zum großen Teil gar nicht erfüllen, Hoffnungen, die erweckt werden, die aber immer in Enttäuschungen ausgehen, kurz und gut, mit dem Voranschlag hat es nach unserem Eindruck eine Bewandtnis, daß man da mehr den Schein als die Wirklichkeit vorgibt. Beim Rechnungsabschluß dagegen handelt es sich um Tatsachen und Wirklichkeiten, über die man nicht hinwegkommen kann und die erst wirklich Aufschluß über die Staatsfinanzwirtschaft geben. Es wäre demnach viel richtiger, weniger beim Voranschlag und umsomehr beim Staatsrechnungsabschluß Rechenschaft über alle Posten und Kapitel der Staatsfinanzwirtschaft zu geben. Wenn das nicht geschieht, muß man die Kritik daran vertragen können. Weil ich diese Notwendigkeit fühle, habe ich mich zu diesem Gegenstand zu Worte gemeldet; ich bin mir dabei vollkommen der Undankbarkeit dieser Aufgabe bewußt, in einem Hause zu sprechen, wo gar kein Interesse für Debatten vorhanden ist, wo man im besten Falle in einen leeren Raum, vielleicht sogar in einen toten Raum zu sprechen vermag. Aber die Pflicht hat mich dazu bewogen, selbst auf die Gefahr hin, auch diesmal nur einen Monolog halten zu können.

Das ziffernmäßige Ergebnis des Staatsrechnungsabschlusses für 1930 zeigt die wesentliche Verschlechterung der staatlichen Fin anzwirtschaft seit dem Jahre 1930. Dieser Umstand allein würde es erfordern, mit größter Genauigkeit die Ursachen und Wirkungen dieses schlechten Ergebnisses politisch, nicht nur durch das Oberste Rechnungskontrollamt zu überprüfen. So ist aus den Ziffern ersichtlich, daß die Kassabarschaft gegen 1929 um 666 Millionen zurückgegangen ist. Ebenso schließt die Erfolgsrechnung gegenüber dem vorgesehenen Budgetüberschuß von nahezu 53 Millionen mit einem Passivum von 425 Millionen ab, wobei nicht präliminierte Ausgaben allerdings die Hauptrolle spielen. Dem gegenüber muß hervorgehoben werden, daß der Überschuß der Schlußrechnung im Jahre 1929 noch immer mehr als eine Milliarde ergab, so daß sich im Jahre 1930, dem Beginn der Aera der neuen Regierung, im Vergleich zum Jahre 1929, dem letzten Jahre der alten Regierung, die auffallende Tatsache ergibt, daß sich die Finanzgebarung um nicht weniger als 1.438 Millionen in diesem Jahre verschlechtert hat. Das sind Erscheinungen, welche absolut für die weitere Entwicklung große Bedeutung hätten, umsomehr wenn, wie bereits bekannt wird, das Jahr 1931 einen noch steileren Abgang aufzuweisen haben wird. Es mag richtig sein, daß gewisse Ausgaben, die gesetzlich festgelegt wurden, große Kredite in Anspruch genommen haben. Zum Teil waren sie moralisch sicher begründet. Es mag auch richtig sein, daß die Weltwirtschaftskrise, an der wir nicht allein beteiligt sind und die über uns hereingebrochen ist, die uns mitgerissen hat, auch einen wesentlichen Anteil daran hat. All das in Rechnung gestellt, kann doch nicht übersehen werden, daß auch bei diesem Staatsrechnungsabschluß einige Momente mitspielen, die sicherlich nicht notwendig gewesen wären, derartige Verluste zu verursachen. Verluste sind in fast allen Ressorts vorgekommen. Der Umfang hätte aber wenigstens eingeschränkt werden können, und es sei mir gestattet, dafür einige Beispiele herauszugreifen, wie den Betriebsabgang bei der Post im Jahre 1930. Von 125.3 Millionen Ertrag, der im Voranschlag vorgesehen war, hat sich tatsächlich nur ein Ertrag von 42.2 Millionen eingestellt, also um nicht weniger als 84 Millionen weniger, das sind gleich über 66% gegenüber dem Voranschlag. Bei rein kaufmännischer Führung des Postbetriebs wäre nach unserer Meinung ein derartiger Abgang zu vermeiden gewesen, sicherlich auch dann, wenn keine Erhöhung der Gebühren eingetreten wäre und wenn nur der normale Sachaufwand und selbst der Personalaufwand geblieben wäre, aber die Gesichtspunkte für die Leitung des Unternehmens entpolitisiert und nur kaufmännische gewesen wären. Gegenteilige Aufklärungen sind bisher nicht gegeben worden. Es ist zu vermuten, daß sie auch nicht gegeben werden können.

Ein weiteres Ergebnis, das gewiß Interesse zu erwecken berechtigt, ist das Ergebnis der Staatsbahnverwaltung, bei der dem Ertrag von 140 Millionen im Jahre 1929 ein Verlust von 196 Millionen im Jahre 1930 gegenübersteht. Also statt eines Ertrages ein so ungeheuerer Verlust. Es scheint auch ohne Rücksicht auf die noch viel größeren Verluste des Jahres 1931 schon nach dem Mißerfolg des Jahres 1930 mehr als notwendig zu sein, die von der ganzen Wirtschaft und dem ganzen reisenden Publikum längst geforderte Rationalisierung des Staatsbahnbetriebes oh ne jeden Verzug vorzunehmen. Daß das nicht geschehen ist, ist äußerst bedauerlich, und wenn jetzt der neue Herr Eisenbahnminister, dessen Anfangsenergie wir ja begrüßen können, nun mit Reformen eingreifen will, so würden wir nur sehr wünschen, daß die Neuorganisation der Staatsbahnverwaltung nicht bloß auf dem Papier bleibt, sondern in die Wirklichkeit umgesetzt wird und sich nicht bloß in der Verbilligung von Sonntagskarten, sondern in einer Gesamtrevision des Güter- und Personenverkehrs zum Zwecke der Verbilligung und Hebung des Verkehrs äußern möge. (Posl. Geyer: Vor allem soll man den Kondukteuren die Anweisung geben, daß sie nicht Staatspolizei spielen! Posl. Kunz: Man soll nicht in der Zeit der Krise und der großen Konkurrenz noch die Preise erhöhen!) Wir möchten auch - mit Rücksicht auf die Zwischenrufe sage ich das - sehr wünschen, daß der neue Herr Eisenbahnminister seine Pläne nicht nur den Zeitungen und bestenfalls dem Zentraleisenbahnrat zur Verfügung stellt, sondern auch dem zuständigen Forum, dem Parlament, sich zu diesem Zwecke vorstellt.

Ein besonders auffallender Betriebsverlust zeigt sich bei den Staatswäldern und den Staatsgütern. Der weit über eine Million Hektar - einwandfrei nachgewiesen - betragende Staatsbesitz schließt mit einem Verlust von 8.4 Millionen ab. Gegenübergestellt einem Ertrag von 106 Millionen noch im Jahre 1929 ein Unterschied von nicht weniger als fast 115 Millionen. Dieses Ergebnis ist sicherlich keine Empfehlung für die gerade jetzt verstärkt einsetzenden Bestrebungen zur Verstaatlichung von Privatbetrieben. (Sehr gut!) Wir erkennen in dieser Tendenz mit ihren Folgen, die ja im Staatsrechnungsabschluß ziffernmäßig erscheinen, nicht nur die Katastrophe der Staatswirtschaft, sondern eine verhängnisvolle Schädigung der Staatsfinanzen selbst, (Rùzné výkøiky. - Místopøedseda Špatný zvoní.) denn welche Unsummen wären von diesen verstaatlichten Unternehmungen an Steuern zugunsten des Staates und der Selbstverwaltungskörper erflossen! Statt aber diese Unsummen der Staatskasse zuzuführen, hat man es umgekehrt gemacht, man hat die Betriebe verstaatlicht und noch Unsummen für die Betriebsführung zugezahlt. Man stellt also die Dinge auf den Kopf. (Posl. Zajièek: Wieviel hunderte Millionen ist der Staat noch an die Besitzer schuldig?) Auch das ist der Fall. Man läßt eben die Großen laufen, die Kleinen hängt man und die Steuermoral, von der der Herr Finanzminister Dr. Engliš gesprochen hat, die er unter Hinweis auf die Steuerunmoral der Steuerträger verlangt hat, gestaltet sich in Wirklichkeit so, daß die Steuerträger gern der Steuermoral nachkommen würden, wenn nicht die Steuerunmoral der Steuerämter das verhindern würde.

Nun meine verehrten Damen und Herren, dazu kommt aber noch, daß die Staatswälder noch lange nicht am Ende ihrer Betriebsverluste angelangt sind. Es ist bekannt, daß bereits das Jahr 1931 ganz bedeutende Summen von Verlusten aufweist, die den Betrag von 8.4 Millionen aus dem Jahre 1930 noch als Pappenstiel erscheinen lassen. Es fragt sich nun: was haben die diversen Einrichtungen, die staatlichen Versuchsanstalten für Wald- und Forstpolitik und Jagdwesen für Sinn, wenn sie trotz aller ihrer Projekte doch den Milliardenwert des Staatsbesitzes nur mit einem Defizit aufzuweisen vermögen. Die allgemeine Holzkrise mag ja für dieses schlechte Ergebnis der Staatsforstverwaltung mitbestimmend gewesen sein. Aber mindestens ebenso entscheidend war auch sicherlich die Kündigung des Handelsvertrages mit Ungarn, (Sehr richtig!) nach welchem über 100.000 Waggon Holz nicht mehr ausgeführt werden konnten und die Einfuhr Ungarns aus der Èechoslovakei, die 41% der gesamten Holzeinfuhr Ungarns ausmachte, eben entfallen ist. Diese Versuchsanstalten aller Art und die staatlichen Forstdirektionen selbst haben aber keineswegs einen Ersatz geschaffen, um die eigenen Produkte derart abzusetzen, daß der Waldbesitz, der eines der wichtigsten Aktiva des Staates ist, sich auch tatsächlich rentiert hätte. Wenn da Remedur geschaffen würde, wäre das sicherlich für die Staatsfinanzen äußerst vorteilhaft.

Ein Kapitel für sich, das ich ganz kurz berühren möchte, ist das Jagdwesen. Es scheint auch in der Republik die Jagd ein gesellschaftliches Ereignis für besonders Privilegierte geblieben zu sein, nur mit dem Unterschiede, daß in früherer Zeit die Kavaliere ihre Gäste aus eigener Tasche gezahlt haben, während das heute der Staatskassa überlassen zu sein scheint. (Rùzné výkøiky.) Sonst wäre es nicht denkbar, daß bei einem Hochwildstand, der mit 5.000 Hirschen allein ausgewiesen ist, keine Erträge zustande kommen könnten, die sich auch im Staatsrechnungsabschluß zugunsten der Staatsforste bemerkbar machen könnten. (Výkøiky posl. Zajièka a dr Petersilky.)

Eine weitere auffallende Erscheinung im Staatsrechnungsabschluß ist die Inkongruenz der Daten über die Vermögensabgabe aus den Jahren 1929 und 1930. Nach dem Rechnungsabschluß des Jahres 1930 sind in den Jahren 1920 bis 1930 insgesamt 7.9 Milliarden an Vermögens- und Vermögenszuwachsabgabe vorgeschrieben worden. Obwohl davon aus dem Jahre 1930 selbst nur etwas über 72 Millionen stammen sollen, war im Rechnungsabschluß des Jahres 1929 bereits eine gesamte Vorschreibungssumme von 8.285 Millionen ausgewiesen. Demnach erleben wir die merkwürdige Erscheinung, daß nahezu 300 Millionen weniger für die Vermögensabgabe im Jahre 1930 vorgeschrieben gewesen sein sollen, als im Jahre 1929. Es würde sich wirklich lohnen, dieser auffallenden Veränderung nachzugehen und überhaupt endlich einmal eine erschöpfende Nachweisung über die Vermögensabgabe zu verlangen; momentan Anlaß genug, deshalb, weil ja gerade im Ausschußbericht vermerkt ist, daß nurmehr 3 Fälle zur Bemessung der Vermögensabgabe kommen und die ganze Materie demnach schon abgeschlossen ist. So wäre es heute also bereits möglich, ohne unüberwindliche Schwierigkeiten den Generalbericht über die Verwendung der Vermögensabgabe und vor allem über die Ziffern der Vorschreibung und Einbringung der Vermögensabgabe restlos klarzustellen. Es würde sich dabei sicher zeigen, daß die beabsichtigte Aushöhlung des Privateigentums nicht den gewünschten Erfolg gehabt hat, schon vor allem deswegen nicht, weil sie nicht bewußt dazu verwendet wurde, um soziale Ungerechtigkeiten auszugleichen, sondern vielfach Anlaß war, um höchst unsoziale Ungerechtigkeiten zu bringen, nicht nur bei den früheren Eigentümern sondern auch beim ganzen Personal, bei den Beamten und Arbeitern. (Souhlas na levici.) Eine derartige Klarstellung wäre sehr wichtig für die Aufgabe, welche dem Parlament gerade in der jetzigen Wirtschaftskrise zufällt, zu beurteilen, ob und wie weit Privateigentum berechtigt ist und wie weit Privateigentum enteignet werden soll, um wirklich der Allgemeinheit soziale Gerechtigkeit zu bringen. So lange das nicht der Fall ist - und das hat sich bei der Vermögensabgabe gezeigt muß man solchen Neuerungen nach wie vor mit berechtigter Skepsis gegenüberstehen.

Meine verehrten Damen und Herren! Ich habe so einige Streiflichter gebracht. Außer diesen ergeben sich noch im Staatsrechnungsabschluß viele Anhaltspunkte, die zu einer intensiveren Behandlung, als sie in diesem Hause erfolgt, berechtigen würde, wenn das Parlament sich seiner Rechte bewußt wäre. Die Opposition allein ist nicht im Stande, da Remedur zu schaffen. Die Gleichgültigkeit der Regierungsmehrheit aber ist dabei äußerst bedauerlich, denn ihr fällt ja schließlich die Verantwortung für den Niedergang des Parlamentarismus selbst zu, wenn sie nicht nur durch Handaufheben - und beim Rechnungsabschluß noch mit einer Zustimmung auch nur durch Handaufheben für die vorgekommenen Kreditüberschreitungen von mehr als 82 Millionen - begnügt. Es kann unter diesen Umständen auch niemand Wunder nehmen, wenn die unzufriedenen Massen überall in den Staaten, und so auch wahrscheinlich bei uns, sich in Zukunft immer mehr den wirklichen oder vermeintlichen Gegnern des demokratischen Parlamentarismus zuwenden. Bei uns hat man eine Zeitlang davon gelebt, daß man sagte: "Demokratie ist Diskussion". Aber auch das ist sie nicht mehr. Beweis: Art der Behandlung wichtigster Vorlagen im Hause, Mißachtung des Parlamentes bei Entscheidungen. Dann ist aber auch das Parlament selbst Schuld an seinem Niedergang, und eine weitere Beweisführung, wenn sie notwendig ist, ergibt sich bei den zwei wichtigsten Funktionen, beim Voranschlag und beim Rechnungsabschluß, wo die gesetzgebenden Körperschaften ja nach der traurigen Praxis fast gänzlich kaltgestellt sind. Es ist doch nie vorgekommen, daß beim Voranschlag auch nur eine Ziffer durch das Parlament geändert werden durfte, noch viel weniger natürlich ist die geringste Kritik der maßgebenden Regierungspartien beim Staatsrechnungsabschluß vorhanden. Nichtsdestoweniger muß das bedauert werden, weil darin der Parlamentarismus sich selbst das Letzte nimmt, was an Ansehen bei der Bevölkerung dafür noch übrig ist. Wenn heute gesagt wird, die formale Demokratie existiere noch, so muß darauf hingewiesen werden, daß zwar formal noch immer die Zustimmung aufrechterhalten wird. Der Inhalt der Staatsfinanzgebarung ist aber längst ausschließlich der selbstherrlichen Vollzugsgewalt überlassen, ein Zustand, den wir immer wieder mit Recht kritisieren und dessen Abstellung wir, verantwortlich für die Gestaltung der wirtschaftlichen Situation, verlangen müssen.

Eine weitere und vielleicht nicht minder bedeutsame Tatsache möchte ich aber allgemein aus dem Staatsrechnungsabschluß ableiten und zwar die, daß nach den Ziffern des Staatsrechnungsabschlusses, der das erste Mal ein aufgelegtes Passivum erbringt, die bisherige Wirtschafts- und Handels politik im Spiegel dieser Verlustziffern falsch gewesen sein muß; denn trotz der Steueraussaugung blieb die Staatswirtschaft passiv. Gehalts- und Lohnkürzungen und Arbeitslosigkeit waren die Folgen, das Stigma der Zeit, und haben auch den Inlandskredit stillgelegt. Der Außenhandel wieder ist durch die handels- und zollpolitischen Fehlmaßnahmen, nicht zuletzt durch die Devisenzwangswirtschaft, ernstlich bedroht worden. Erst gestern wurde die katastrophale Lage der Textilindustrie, eines der wichtigsten Zweige unserer Exportindustrie, im Ausschuß erörtert. Heute hören wir von der katastrophalen Situation der Eisenindustrie, von dem überstürzten Rückgang nicht nur des Exports, sondern der Rohproduktion selbst, die nurmehr ein schwaches Drittel der Spitzenleistung des Jahres 1929 aufzu weisen vermag. Alle diese Dinge erweisen, daß wir mit unserer Wirtschaftsklugheit am Ende sind, daß wir uns in einer Sackgasse befinden und daß ein Ausweg dringendst notwendig ist. Den einzig möglichen Ausweg aber, die ehrliche und vorbehaltslose Völkerannäherung und wirtschaftliche Zusammenarbeit läßt wieder der politische Egoismus einiger weniger nicht zu. (So ist es!) Alle offiziellen Auslassungen können darüber nicht hinwegtäuschen. Der politische Wille hiezu fehlt hierzulande. Alles steht heute unter dem überraschenden Eindruck der Absage des französischen Ministerpräsidenten zur Zusammenkunft mit den anderen wichtigsten Staatsmännern der Welt in Genf. So bedauerlich das ist, glaube ich noch immer, daß weniger die Großen als vielmehr die Kleinen es sind, die jedes großzügige Projekt immer zu sabotieren trachten. (Výkøiky posl. Kunze a dr Petersilky.)

Die Aufgaben, die ein Staatsrechnungsabschluß stellt, würden zu vielen weiteren Reflexionen Anlaß geben. Ich möchte jetzt nur noch darauf hinweisen, daß das Übel die festgerannte Militärbündnispolitik ist, (Sehr richtig!) die die Stimmen der Vernunft, der Natur, sowie den Gedanken einer Wirtschaftlichkeit nicht aufkommen läßt. Millionen von Staatsbürgern ohne Unterschied der Nationalität würden zwar eine Revision dieser Politik herbeisehnen, und eine großzügige und wirklich demokratische Führung müßte dieser allgemeinen Stimmung Rechnung tragen. Unsere Regierung scheint aber auch dazu nicht bereit zu sein. Sie glaubt vielmehr, durch eine verstärkte Polizeiexekutive dessen Herr werden zu können und hält diese für ein geeignetes Mittel der wachsenden Unzufriedenheit begegnen zu können. Ich glaube, sie übersieht dabei, daß vor allem im Gestrüpp der Knebelung alle Freiheiten und Errungenschaften der Vergangenheit versinken müssen. Daß dabei die Wirtschaft verdorrt, ist ein umso traurigeres Ergebnis, und umso schwieriger wird, je länger dieser Zustand dauert, die notwendige Umkehr.

Anläßlich des Staatsrechnungsabschlusses für das Jahr 1930 stellen wir diese politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Übelstände mit unverhohlener Verbitterung warnend fest und erklären uns für die Notwendigkeit u. zw. für die unumgängliche Notwendigkeit einer rein aufbaulichen parlamentarischen Arbeitsleistung für die gesamte Bevölkerung, ohne daß die Gefahr weiter geduldet wird, daß gegenseitige Parteioffensiven die gemeinnützige Arbeit blokkieren. (Sehr gut!)

Wir wollen, um mit unserer Bruderpartei, dem Deutschen Zentrum, zu sprechen, auch hier in diesem Staate die Regierung als sicheren Garanten einer ordentlichen und gemeinnützigen Staatsführung. Dem bisherigen Kurs der gegenwärtigen Regierung können wir das nicht entnehmen, sondern wir sehen im Gegenteil eine ständige weitere Verschlechterung unserer wirtschaftlichen und politischen Lage infolge der Programmlosigkeit der gegenwärtigen Regierung. Deshalb werden wir Vertreter der deutschen christlichsozialen Volkspartei auch dem Staatsrechnungsabschluß für 1930 und dessen Kreditüberschreitungen unsere Zustimmung verweigern. (Potlesk.)

2. Øeè posl. Krebse (viz str. 17 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Ich habe nicht die Absicht, mich mit dem auf der Tagesordnung stehenden Gegenstand zu beschäftigen, und es ist mir eine wesentliche Erleichterung, zu einem anderen Gegenstand zu sprechen, indem die Frage der gründlichen Erledigung und Kritik des vorliegenden Gegenstandes der Referent selbst in der ausgiebigsten Art und Weise besorgt hat. Unsere Stellung zu dem Finanz- und Steuersystem dieses Staates in der Gegenwart hat erst vor wenigen Tagen unser Parteigenosse Abg. Simm zum Ausdruck gebracht, so daß ich mich jetzt mit anderen, für uns bedeutenderen und wichtigeren Fragen beschäftigen kann.

Vor einigen Tagen hat der Präsident der Republik dem Herausgeber der "Neuen Freien Presse" ein Interview gewährt und sich in diesem Interview mit dem Tardieuplan und mit der Abrüstung beschäftigt. Er hat aber in diesem seinem Interview einige Randbemerkungen über die nationalsozialistische deutsche Arbeiterpartei im Reich, und wie er das auszudrücken beliebte, über das Hitlertum getan. In diesem Interview äußerte sich der Staatspräsident über die größte politische Bewegung der Gegenwart, über eine, ich kann wohl sagen, geistige Revolution der deutschen Nation in einer Art und Weise, zu der wir auch dann Stellung nehmen würden, glaube ich, wenn wir nicht derselben Geistesrichtung angehören würden. Es könnte uns gleichgültig sein, was die Person des Herrn Präsidenten über unsere Bewegung sowie über die reichsdeutsche Bewegung denkt. Es ist aber nicht gleichgültig, was er als Staatsoberhaupt für eine Meinung über eine Bewegung hat, die dem größten Staat, der an diese Republik grenzt, ein neues Gesicht zu geben bereit ist.

Der Herr Präsident hat mit seinen Ausführungen den Beweis geliefert, daß er völlig unorientiert ist, ja, daß diese Uninformiertheit in einem Grade zutrifft, wie sie bei einem Staatsoberhaupt nicht nur nicht erlaubt, sondern geradezu höchst gefährlich sein kann. (Posl. Geyer: Siehe den letzten Habsburger!) Gewiß haben wir solche ähnliche Erscheinungen gehabt.

Wir Söhne einer neuen Zeit haben mit Recht das Unglück der Völker in der Verantwortungslosigkeit und vielfach in der politischen Weltfremdheit der Repräsentanten des monarchistischen Systems erblickt, und wir selbst sind die Opfer dieser Verantwortungslosigkeit und Weltfremdheit geworden. Und es ist kein Zweifel, daß viel Schuld an der heutigen Entwicklung diese Zustände und diese Tatsachen tragen. Wir erinnern uns z. B. der Zeit, in der der politisch steril gewordene habsburgische Staat und seine Staatsmänner großen politischen Bewegungen ahnungslos gegenübergestanden sind und auch nicht die geringste Auffassung hatten von den Grundelementen einer neuen Zeit, die damals schon in Anbruch war.

Eine der letzten markantesten Fälle dieser Art, deren ich mich persönlich zu erinnern vermag, ist doch jene große Revolution, der auch dieser Staat seine Existenz verdankt. Die èechische Revolution während des Weltkrieges war eine nationale Erhebung des èechischen Volkes, und wie immer man sie und von welchem Standpunkte man sie beurteilen möge, sie war vom Standpunkt des cechischen Volkes eine sittlich und moralisch berechtigte Bewegung. Der alte Staat und seine Staatsmänner waren nicht nur unfähig, sie zu verhindern, sondern auch unfähig, sie in gesetzliche Bahnen zu lenken.

In diesem Zeitpunkt begannen sie auch über diese Bewegung nicht nur abfällig zu urteilen, sondern auch zu schimpfen. Mir klingt heute noch jenes Wort in den Ohren, das während des Weltkrieges der Repräsentant des alten Habsburgerstaates Graf Czernin geprägt hat, das Wort von "diesen elenden Masaryks". Er hat damit nur bewiesen, daß er von der elementaren Bewegung, die im èechischen Volke zur Reife gekommen war, nicht die geringste Ahnung besaß. Weltfremd, zum Schluß auch feig und elend, ist dieses Regime verschwunden. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr Lukavský.) An seine Stelle ist ein neues System und eine neue Art der Staatsorganisation getreten, die Demokratie, die Republik.

Aber es scheint, daß es die Tragik der Regierenden ist, daß sie sehr bald die Fühlung mit dem wahren Leben der Völker zu verlieren beginnen. Wie wäre es sonst möglich, daß ein gebildeter Mensch, wie es der Präsident des Staates Masaryk ist, acht Tage vor dem größten Wahlsieg, vor der größten geistigen Revolution, wie ich es genannt habe, einer Nachbarnation ein solches Urteil abzugeben fähig wäre, wie es tatsächlich Präsident Masaryk über den Nationalsozialismus abgegeben hat.

Ich zitiere aus dem Original der "Neuen Freien Presse": "Mit besonderer Schärfe spricht sich der Präsident gegen das Hitlertum aus. Er sagt: Kein Mensch kann sagen, was diese Leute eigentlich wollen, keine Juden, keine Franzosen, keine Polen, keine Èechoslovaken und keine Deutschen . . . Es kommt mir so vor, wie wenn jemand hier sich nackt ausziehen würde; dem würden wahrscheinlich auch die Leute nachrennen. Es ist bei der Hitlerrichtung einfach die Galle, die Verärgerung der Menschen, die sich zurückgesetzt fühlen. Auch wir haben solche Erscheinungen gehabt, wenn auch lange nicht in diesem Ausmaß. Dr. Masaryk ist der Meinung, man müsse nach einem verlorenen Krieg sich so benehmen, wie Frankreich 1870."

Bei diesen Worten greift man sich tatsächlich an den Kopf. Präsident Masaryk will zunächst einmal, daß die Deutschen sich so benehmen sollen, wie die Franzosen nach 1871. (Posl. inž. Jung: Also Revanche!) Das ist ein Rat, der sich wirklich hören läßt. Was haben denn die Franzosen nach 1871 getan? Sie haben zuerst einmal das Denkmal von Straßburg in Paris gesetzt. Sie haben jahrzehntelang dieses Denkmal mit einem schwarzen Trauertuch verhüllt. Sie haben das geflügelte Wort geprägt: "Niemals davon reden, aber immer daran denken." In der französischen Kammer sind die Vertreter der verlorenen Provinzen jahrzehntelang gesessen. Es ist in diesem Staate nach dem Krieg von 1870/1871 gerüstet worden, wie noch nie und ein einziges Wort hat die gesamte Politik der Franzosen beherrscht: "Revanche!"

Meine Herren! Wenn das der Herr Präsident Masaryk als eine vorbildliche Haltung der Nation für unseren Fall uns empfiehlt, dann müßte es ja loyal sein, wenn wir das tatsächlich täten.

Wie haben wir uns bisher benommen? Wir haben bisher kein Denkmal der unbefreiten Provinzen errichtet. Es ist noch ausständig. Wir haben keine militärischen Rüstungen betrieben. Wir haben keine Vertreter der verlorenen Provinzen im Wiener Nationalrat oder im Deutschen Reichstag sitzen. (Posl. Geyer: Nur in Pankraz!) Wir haben in Wien kein deutschböhmisches Denkmal errichtet, und Verärgerung nennt das Oberhaupt dieses Staates den Beweggrund, aus dem die nationalsozialistische Bewegung groß und mächtig geworden ist. Nein, nicht Verärgerung, nein, tiefste Not, tiefstes Elend, ungeheurer Hunger, Zerstörung und Verletzung der Ehre dieser Nation, das sind die ungeheueren Triebkräfte, aus der die nationalsozialistische Bewegung gewachsen ist und ihre ungeheueren Kräfte zieht. (Posl. inž. Jung: Und noch eines: die Erkenntnis, daß dieses Zeitalter des Liberalismus zu Ende ist!) Jawohl! Das ergibt sich ja auch aus der Erkenntnis dieser Staatsauffass ung.


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