Poslanecká snìmovna N. S. R. È. 1930.

III. volební období.

1. zasedání.


Pùvodní znìní.

146.

Antrag

der Abgeordneten Hugo Simm, Ing. Rudolf jung und Genossen

auf gesetzliche Regelung des Schlichtungswesens bei Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnisse.

Die Gefertigten stellen folgenden Antrag:

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:

Gesetz

vom..........

über die gesetzliche Regelung des Schlichtungswesens bei Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnisse.

Die Nationalversammlung der Èechoslovakischen Republik hat folgendes Gesetz beschlossen:

I. Allgemeine Vorschriften.

1. Zur Vertragshilfe bei Abschluß, Ergänzung, Änderung und Erneuerung von Gesamtvereinbarungen: (Kollektivverträgen, und zur Beilegung bei kollektiven Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnisse sind die beteiligten vereinbarten Schlichtungsstellen (Tarifinstanzen) und die Schlichtungsbehörden (Schlichtungsausschüsse und Schlichter) berufen.

Als Gesamtvereinbarungen gelten Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, Dienst- und Arbeitsordnungen.

Auf Streitigkeiten über die Auslegung vorhandener Gesamtvereinbarungen, deren Gültigkeit an sich, sowie auf Streitigkeiten aus den einzelnen Arbeitsverhältnisse findet die Schlichtungsordnung keine Anwendung.

§ 2. Arbeitgeber im Sinne der Schlichtungsordnung ist, wer regelmäßig mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigt.

Ist der Arbeitgeber keine Einzelperson, so üben die Rechte und Pflichten der Arbeitgeber aus:

1. Bei juristischen Personen und Personengesamtheiten des privaten Rechtes die gesetzlichen Vertreter.

2. Bei dem Staate, den Ländern, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechtes die Vorstände der einzelnen Dienststellen nach Maßgabe der besteh enden Vorschriften.

3. Arbeitnehmer im Sinne der Schlichtungsordnung sind Arbeiter und Angestellte.

Arbeiter sind die im Dienste eines anderen gegen Entgelt beschäftigten Personen mit Ausschluß der Angestelten.

Angestellte sind Personen, die eine nach dem Gesetze über die Pensionsversicherung der Angestellten in höheren Diensten versicherungspflichtige Beschäftigung ausüben. Auf Lehrlinge und Praktikanten, die sich in einer geregelten Ausbildung zu einer dieser Beschäftigungen befinden, finden die Vorschriften der Schlichtungsordnung Anwendung.

§ 4. Wirtschaftliche Vereinigungen im Sinne der Schlichtungsordnung sind solche rechtsfähige Arbeitgebervereinigungen, zu deren Aufgabe nach der Satzung oder nach der Übung die Einflußnahme auf die Belange der Arbeitnehmer gehört.

Die Verhandlungsfähigkeit gilt auch dann als gegeben, wenn die Einfluß nähme tatsächlich ausgeübt wird, ohne daß eine solche durch Beschlüsse und Satzung vorgesehen ist.

Den wirtschaftlichen Vereinigungen von Arbeitnehmern werden gleichgestellt:

a) Innungen und Zwangsinnungen (Genossenschaften).

b) Spitzenverbände von Arbeitgebern, sofern sie zum Abschluß von Gesamtvereinbarungen bevollmächtigt sind.

§ 5. Wirtschaftliche Vereinigungen von Arbeitnehmern sind solche Arbeitnehmervereinigungen, die die Regelung der Bezüge und Arbeitsbedingungen sowie die Hebung der wirtschaftlichen und sozialen Lage ihrer Mitglieder zum Zwecke haben und diese Aufgabe völlig unabhängig von Unternehmern und Arbeitgeberwerbänden wahrnehmen. Dem wirtschaftlichen Vereinigungen von Arbeitnehmern werden diejenigen Spitzenverbände gleichgestellt, die durch Satzungen oder Beschlüsse oder Mitgliedschaft zum Abschluß von Gesamtvereinbarungen für die Arbeitnehmer bevollmächtigt sind, oder für einzelne. Fälle bevollmächtigt werden.

II. Errichtung und Verfassung der Schlichtungsbehörden.

§ 6. Die Errichtung von Schlichtungsbehörden.

Die Schlichtungsausschüsse werden nach vorheriger Anhörung der wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus deren Vorschlägen vom Minister für soziale Fürsorge am Sitze der politischen Bezirksverwaltung errichtet. Die Bildung gemeinsamer Schlichtungsausschüsse für mehrere Bezirke unter Beachtung der wirtschaftlichen Zusammenhänge ist unzulässig.

§ 7. Errichtung von Fach- und Zweigkammern.

Der Minister für soziale Fürsorge kann für bestimmte Gewerbezweige und Berufsarten, insbesondere für die Landwirtschaft und den Bergbau Berufskammern bilden, wenn die besonderen Verhältnisse des Gewerbezweiges oder der Berufsart und die Zahl der Streitigkeiten es notwendig erscheinen lassen. Für Teile des Bezirkes kann das Ministerium für soziale Fürsorge außerhalb der Schlichtungsausschüsse Zweigkammern bilden, wenn es wegen weiter Entfernung oder aus anderen Gründen zweckmäßig ist.

§ 8. Verfassung der Schlichtungsausschüsse.

Die Schlichtungsausschüsse bestehen aus einem oder aus mehreren Vorsitzenden und aus Beisitzern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Zahl.

§ 9. Berufung, Stellung und Abberufung der unparteiischen Vorsitzenden. Der Minister für soziale Fürsorge bestellt je nach dem Geschäftsumfange der Schlichtungsausschüsse einen oder mehrere unparteiische Vorsitzende und die erforderliche Zahl von Stellvertretern. Bei der Auswahl hat der Minister für soziale Fürsorge den übereinstimmenden Wünschen der wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer der Bezirke Rechnung zu tragen. Die Vorsitzenden werden im Hauptamt oder im Nebenamte bestellt. Die Bestellung erfolgt auf unbestimmte Zeit.

Die Vorsitzenden und ihre Stellvertreter haben für die Dauer ihres Amtes die Eigenschaft öffentlicher Beamter. Die Vergütung für ihre Tätigkeit regelt der Minister für soziale Fürsorge.

Der Minister für soziale Fürsorge kann nach Anhören der wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer des Bezirkes einen Vorsitzenden oder Stellvertreter jederzeit abberufen.

§ 10. Ausschluß und Ablehnung der Vorsitzen.

Beschränkt sich die Streitigkeit auf einen Einzelbetrieb, so sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer dieses Betriebes als Vorsitzenden und Beisitzer des Schlichtungsausschusses ausgeschlossen, falls nicht die Parteien mit ihrer Mitwirkung einverstanden sind. Der Vorsitzende des Schlichtungsausschusses kann aus Gründen; die sowohl einen Ausschluß rechtfertigen, als auch aus Besorgnis vor Befangenheit abgelehnt werden. Die Ablehnung wegen Befangenheit kann nur auf Tatsachen gestützt werden, die mit dem Einzelstreitfall in Beziehungen stehen und geeignet sind, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Auf Vorgänge im Vorverfahren (26) darf die Ablehnung nicht gestützt werden.

Die Ablehnung ist nur bis zum Beginn der Verhandlung zulässig. Hält der Abgelehnte sie für begründet, so scheidet er ohne weiters aus. Im übrigem entscheidet über die Ablehnung des Vorsitzenden eines Schlichtungsausschusses der Minister für soziale Fürsorge innerhalb einer Woche.

§ 11. Voraussetzung der Berufung zum Beisitzer.

Beisitzer können nur èechoslovakische Staatsbürger sein, die das 24. Lebensjahr vollendet haben und im Bezirke des Schlichtungsausschusses ihrem Betriebssitz oder mangels eines solchen ihren Wohnsitz haben oder beschäftigt sind. Beisitzer von Fachkammern müssen außerdem dem Gewerbezweig oder der Berufsart angehören, für die die Fachkammer gebildet ist.

Arbeitgeberbeisitzer dürfen nur Arbeitgeber sein. Den Arbeitgeberbeisitzern stehen jedoch gleich:

Vorstandsmitglieder und Vertreter von juristischen Personen und von Personengesamtheiten des öffentlichen und privaten Rechtes; außerdem Aufsichtsratmitglieder, öffentliche Beamte nach näherer Anordnung der zuständigen Behörde, Geschäftsführer und Betriebsleiter, soweit sie selbständig zur Anstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern in dem Betrieb oder Betriebsabteilungen berechtigt sind, oder soweit ihnen Prokura oder Generalvollmacht erteilt ist, und satzungsmäßige Vertreter oder bevollmächtigte Angestellte wirtschaftlicher Vereinigungen von Arbeitgebern.

Arbeitnehmerbeisitzer dürfen nur Arbeitnehmer sein. Den Arbeitnehmern stehen gleich satzungsmäßige Vertreter oder bevollmächtigte Angestellte wirtschaftlicher Vereinigungen von Arbeitnehmern. Letztere dürfen auch in Schlichtungsauschüsse als Beisitzer gewählt werden, die außerhalb ihres Wohnsitzes sind. Bei Streitigkeiten, die Arbeiter betreffen, sollen Arbeiter, bei Streitigkeiten, die Angestellte betreffen, Angestellte Arbeitnehmervertreter sein.

§ 12. Berufung, Stellung und Abberufung der Beisitzer.

Die Beisitzer des Schlichtungsauaschusses beruft der Minister für soziale Fürsorge auf Vorschlag der wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Bei Berufung der Beisitzer sollen die verschiedenem Teile und die hauptsächlichsten Gewerbezweige, Berufs- und Betriebsarten des Bezirkes berücksichtigt werden, soweit das nicht schon durch die Bildung von Fachkammern geschieht. Diesem Erfordernis sollen die Vorschlagslisten der wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer Rechnung tragen. Für Arbeiter und Angestellte sind getrennte Vorschlagslisten aufzustellen. Wo Fachkammern oder Zweigkammern gebildet werden, sind für solche ebenfalls gesonderte Vorschlagslisten einzureichen.

Soweit die Vorschlagslisten der wirtschaftlichen Vereinigungen nicht oder nicht rechtzeitig eingehen, beruft der Minister für soziale Fürsorge Beisitzer unter Beachtung der Grund ätze des obigen Absatzes.

Die Beisitzer werden auf drei jahre berufen. Die Berufung ist durch Anschlag in den Räumen des Schlichtungsamtes bekanntzumachen.

Die Übernahme des Beisitzeramtes kann ablehnen:

1. Wer das 60. Lebensjahr vollendet hat.

2. Wer durch Krankheit oder Gebrechen verhindert ist, das Amt ordnungsmäßig auszuführen.

3. Wer durch andere ehrenamtliche Tätigkeit für die Allgemeinheit so in Anspruch genommen ist, daß ihm die Übernahme dieses Ehrenamtes nicht zugemutet werden kann.

4. Wer in den letzten 5 jahren vor der Berufung als Beisitzer eines Schlichtungsauschusses tätig gewesen ist.

Wer die Übernahme des Beisitzeramtes ohne zulässigen Grund ablehnt, wird vom Ministerium für soziale Fürsorge mit einer Ordnungstrafe belegt.

Die Beisitzer verwalten ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt. Sie erhalten für die Teilnahme an Sitzungen nur eine Entschädigung für den Verdienstentgang; außerdem erhalten sie bei Reisen Taggeld und Fahrkosten. Die näheren Bestimmungen hierüber trifft der Minister für soziale Fürsorge.

Arbeitnehmerbeisitzer dürfen von ihren Arbeitgebern oder deren Vertretern in der Übernahme oder Ausübung des Beisitzeramtes nicht beschränkt werden. Ihre Kündigung oder Entlassung aus dem Arbeitsverhältnisse ist nur mit Zustimmung des Schlichtungsausschusses zulässig.

Der Minister für soziale Fürsorge kann jederzeit Beisitzer abberufen. Vor der Abberufung hat er die Beisitzer und die wirtschaftliche Vereinigung, die ihm für die Berufung vorgeschlagen hat, zu hören. Die Abberufung muß erfolgen, wenn der Beisitzer die Voraussetzungen des § 12 nicht mehr erfüllt, oder wenn seine Vereinigung seine Abberufung verlangt.

§ 13. Besetzung der Schlichtungsausschußkammern.

Die Schlichtungsausschußkammern bestehen aus dem unparteiischen Vorsitzenden des Schlichtungsausschusses und je 2 Beisitzern der Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Die Beisitzer werden vom Vorsitzenden des Schlichtungsausschusses in Listen aufgenommen und für die Arbeitgeber und Arbeitnehmer (;Arbeiter und Angestellte) für Fach- und Zweigkammern getrennt in Listen geführt. Der Minister für soziale Fürsorge kann den Vorsitzenden ermächtigen, eine Beisitzerliste für den Einzelfall zu ergänzen, soweit dies aus besonderen Gründen notwendig erscheint.

Die Beisitzer sind jeweils für die Sitzungen aus dem Listen zu entnehmen. Bei der Auswahl soll der Vorsitzende den besonderen Verhältnissein des einzelnen Streitfalles und den Wünschen der Partei nach Möglichkeit Rechnung tragen. Beisitzer, die ohne genügende Entschuldigung nicht oder nicht rechtzeitig zur Sitzung erscheinen, oder sich, ihren Obliegenheiten in anderer Weise entziehen, werden vom Vorsitzenden mit einer Ordnungsstrafe bestraft. Bei nachträglicher genügender Entschuldigung ist die Ordnungsstrafe aufzuheben oder zu ermäßigen.

§ 14. Die Schlichter.

Für größere Wirtschaftsgebiete (Wirtschaftsbezirke) bestellt der Minister für soziale Fürsorge Schlichter. Er kann auch für den Einzelfall einen besonderen Schlichter bestellen. Vor der Bestellung sind die beteiligten Behörden zu hören, die bei ihren Vorschlägen eventuellen übereinstimmenden Wünschen der wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer ihres Bezirkes Rechnung zu tragen haben.

§ 15. Berufung, Stellung und Abberufung der Schlichter.

Auf die ständigen Schlichter und ihre Stellvertreter finden die Vorschriften des § 8 entsprechende Anwendung.

§ 16. Besetzung der Schlichtungskammern.

Die Beisitzer der Schlichtung kammern beruft der Schlichter jeweils für die einzelnen Sitzungen. Ihre Zahl soll zwei auf jeder Seite nicht übersteigen. Bei ihrer Auswahl soll der Schlichter auf die besonderen Verhältnisse des Streitfalles Rücksicht nehmen und den Wünschen der Parteien, soweit eis möglich ist, Rechnung tragen.

Auf die Voraussetzung der Berufung vom Beisitzern finden die Vorschriften der §§ 10, 12 und 13 entsprechende Anwendung.

§ 17. Bei allen Berufungen und Ernennungen ist der nationale Bevölkerungsschlüssel des Gebietes, auf das sich die Tätigkeit der Ernannten und Berufenen erstreckt, einzuhalten.

III. Sachliche Zuständigkeit.

§ 18. Schlichtungsausschuß und Schlichter haben bei Abschluß, Ergänzung und Erneuerung von Gesamtvereinbarungen Hilfe zu leisten, soweit eine vereinbarte Schlichtungsstelle nicht besteht oder diese denn Abschluß vom Gesamtvereinbarungen nicht selbst herbeiführt. Die Schlichter haben die Schlichtung im allen Fällen zu übernehmen, die für das Wirtschaftsleben von Bedeutung sind.

§ 19. Das Verhältnis zum behördlichen und tariflichen Schlichtungsverfahren.

Vereinbarte Schlichtungsstellen gehen den Schlichtungsausschüssen und Schlichter vor. Die Zuständigkeit von Tarifschlichtungsstellen ist von dem Bestehen des Tarifvertrages abhängig.

Wird trotz Zuständigkeit einer vereinbarten Schlichtungsstelle ein Schlichtungsausschuß oder ein Schlichter berufen, so muß die Streitigkeit an die zuständige Schlichtungsstelle verwiesen werden und sind die Parteien davon zu benachrichtigen. Wird die Schlichtungsstelle trotz Anrufung oder Verweisung innerhalb einer vom Schlichter bestimmten angemessenem Frist nicht tätig oder führt ihr Verfahren zu keiner Gesamtvereinbarung, so wird die angerufene Schlichtungsbehörde unmittelbar nach dieser Frist oder nach Scheitern der Verhandlungen vor der Tarifstelle zuständig.

§ 20. Verhältnis von Schlichtungsausschüssen und Schlichtern zu einander.

Die ständigen Schlichter und die Vorsitzenden der Schlichtungsausschüsse ihres Bezirkes sollen miteinander enge Fühlung halten. In Fällen, die für das Wirtschaftsleben von Wichtigkeit sind, soll der Vorsitzende des Schlichtungsausschusses den zuständigen Schlichter seines Bezirkes sofort benachrichtigen.

Der Schlichter kann die Schlichtung eines anhängigen Streitfalles nur über nehmen, solange der Schlichtungsausschuß noch keinen Schiedsspruch gefällt hat. Er hat dem Schlichtungsausschuß die Übernahme sofort mitzuteilen.

§ 21. Zuständigkeit der Schlichtungsbehörden außerhalb der Schlichtung.

Die Schlichtungsbehörden dürfen andere Aufgaben als die Schlichtung und die Verbindlichkeitserklärung von Schiedsprüchen nicht übernehmen.

Der Vorsitzende des Schlichtungsausschuases oder der Schlichter kann jedoch in Streitigkeiten zwicken Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die wegen des Streitgegenstandes oder der Partei nicht durch eine Gesamtvereinbarung beigelegt werden können vermittelnd eingreifen, weine es das öffentliche Interesse erfordert. Ein Schlichtungsverfahren ist in diesem Falle zulässig.

§ 22. Örtliche Zuständigkeit.

Örtlich zuständig ist, falls die Parteien nichts anderes vereinbaren oder nicht ein Schlichter eingreift, der Schlichtungsausschuß, in dessen Bezirk die beteiligtem Arbeitnehmer beschäftigt sind. Sind darnach mehrere Schlichtungsauschüsse zuständig, so verbleibt die Streitigkeit bei dem Schlichtungsausschuß., der zuerst angerufen worden ist.

Ein an sich unzuständiger Schlichtungsauschuß wird zuständig, wenn die Parteien es vereinbaren oder ohne die Unzuständigkeit zu beanständen in die Verhandlungen eintreten.

Auf den ständigen Schlichter findet Abs. 2 entsprechende Anwendung, wenn sich die Streitigkeit auf seinen Bezirk oder auf einen Teil seines Bezirkes erstreckt.

IV. Das Verfahren.

§ 23. Tätigwerden der Schlichtungsbehörden.

Die Schlichtungsbehörden werden auf Anruf einer Partei tätig. Der Schlichter wird ohne Anruf tätig, wenn nach seinem Ermessen oder dem Ermessen des Ministers für soziale Fürsorge ein besonders wichtiger Fall vorliegt. Von Amiswegen soll der Schlichtungsausschuß oder der Schlichter tätig werden, wenn das öffentliche Interesse sein Eingreifen erfordert. Schreitet der Schlichtungsausschuß, von Amtswegen ein, so sind vereinbarte Schlichtungsstellen für diese Streitigkeiten nicht mehr zuständig.

Hat über eine Streitigkeit schon ein Schlichtungsverfahren stattgefunden, das weder zu einer Einigung noch zu einem bindendem Schiedspruch geführt hat, so soll ein neues Schlichtungsverfahren entweder nur mit Zustimmung aller daran beteiligten Personen oder nur daran eingeleitet werden; wenn dies durch eine inzwischen eingetretene Veränderung der Streitlage oder durch das öffentliche Interesse gerechtfertigt erscheint.

In Zweifelsgründen entscheidet über die Wiederaufnahme bei Zuständigkeit des Schlichtungsausschusses der Schlichter, bei Zuständigkeit des Schlichters der Minister für soziale Fürsorge.

§ 24. Beteiligung mehrerer Verbände, Verbindungen und Verfahren.

Sind auf Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerseite nachweislich mehrere wirtschaftliche Vereinigungen beteiligt und ruft eine von ihnen den Schlichtungsausschuß oder den Schlichter an, solange die Verhandlungen der anderen noch schweben, so kann der Vorsitzende des Schlichtungsauschusses auf Antrag einer Partei das Verfahren bis zum Abschluß der schwebenden Verhandlung aussetzen, wenn die sofortige Durchführung des Verfahrens unzweckmässig ist.

Sind über eine Streitigkeit mehrere Verfahren anhängig, so kann der Vorsitzende des Schlichtungsauschusses oder der Schlichter diese miteinainder verbinden; wenn die einheitliche Regelung der Streitigkeiten zweckmäßig ist.

§ 25. Ladungen.

Der Vorsitzende des Schlichtungsausschusses oder der Schlichter veranlaßt die Ladung der Partei zu den Verhandlungen. Er kann den Parteien oder den gesetzlich oder satzungsmäßig zu ihrer Vertretung berufenem Personen für unentschuldigtes Ausbleiben eine Ordnungsstrafe androhen und bei unentschuldigtem Ausbleiben festsetzen. Bei nachträglicher genügender Entschuldigung ist die Ordnungsstrafe aufzuheben oder zu ermässigen.

§ 26. Parteifähigkeit, Vertretung der Parteien, persönliches Erscheinen.

Parteifähig im Sinne der Schlichtungsordnung sind:

1. Die Arbeitgeber oder ihre gesetzliche Vertreter gemäß, § 2.

2. Die im folgenden bezeichneten Vertreter der Arbeitnehmershaft.

3. Die wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber gemäß §§ 4 und 5.

Der einzelne Arbeitgeber kann mit seiner Vertretung die in seinem Betrieb angestellten Geschäftsführer, Betriebsleiter, Prokuristen, Handelsbevollmächtigte oder Generalbevollmächtigte sowie eine Vereinigung von Arbeitgebern, welcher er als Mitglied angehört, betrauen.

Die Arbeitnehmerschaft, die Arbeiter- und Angestelltenschaft, eines Betriebes wird durch den Vorsitzenden und in dessen Verhinderung dem stellvertretenden Vorsitzenden der Betriebsvertretung und wo keine Betriebsvertretung besteht, durch ein von der Mehrheit gewähltes Mitglied der Arbeitnehmerschaft, der Arbeiter- und Angestelltenschaft vertreten. Die Betriebsvertretung, oder wo keine besteht, die Arbeitnehmerschaft, die Arbeiter- und Angestelltenschaft eines Betriebes kann mit ihrer Vertretung die in Frage kommenden wirtschaftlichen Vereinigungen von Arbeitnehmern betrauen.

Wirtschaftliche Vereinigungen von, Arbeitnehmern oder Arbeitgebern weiden durch ihre satzungsmäßigen Vertreter vertreten; sie können sich auch durch bevollmächtigte Angestellte der Vereinigungen vertreten lassen.

Andere Personen sind weder als Vertreter noch als Beistände zugelassen.

Bei Streitigkeiten, die sich auf einen Einzelbetrieb beschränken, kann der Vorsitzende des Schlichtungsausschusses oder der Schlichter das persönliche Erscheinen des Arbeitgebers anordnen.

§ 27. Das Verfahren.

Der unparteiische Vorsitzende des Schlichtungsausschusses oder der Schlichter hat zunächst allein zu versuchen, den Abschluß einer Gesamtvereinbarung herbeizuführen. Die hiefür stattfindende Verhandlung ist mündlich und nicht öffentlich.

Kommt im Vorverfahren eine Einigung zustande, so ist sie im ihrem Wortlaut nach niederzuschreiben und von den Parteien oder ihren Vertretern zu unterschreiben. Soweit keine Einigung zustande kommt. schließt die Verhandlung mit der Anberaumung einer Verhandlung von der Schlichtungskammer. Diese Verhandlung hat sich tunlichst unmittelbar am das Verfahren anzuschließen.

§ 28. Vorverfahren der Schlichtungskammer.

Die Verhandlung vor der Schlichtungskammer ist mündlich und öffentlich. Die Schlichtungskammer kamen die Öffentlichkeit ausschließen. Sie kann einzelne Personen zu nicht öffentlichem Verhandlungen zulassen.

Der Vorsitzende des Schlichtungsausschusses leitet die Verhandlung. Ihm obliegt die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Verhandlung.

Die Schlichtungskammer hat durch Anhören der Parteien die Streitpunkte und die für ihre Beurteilung wesentlichen Verhältnisse klarzustellen. Soweit sie es für erforderlich hält, kann sie sachliche Auskünfte einholen; den Parteien die Beibringung von Unterlagen auftragen und Auskunftpersonen hören.

Die Schlichtungskammer hat zu versuchen, eine Einigung der Parteien, herbeizuführen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie ihrem Wortlaut nach niederzuschreiben und von den Parteien oder ihren Vertretern zu unterschreiben.

Soweit keine Einigung zustande kommt, hat die Schlichtungskammer einen Schiedsspruch abzugeben.

Ein Schiedsspruch ist auf Antrag der erschienenen Parteien auch dann abzugeben, wenn eine Partei trotz rechtzeitiger Ladung nicht erschienen ist oder wenn sie nicht verhandelt. Die Verhandlung ist jedoch zu vertagen, sobald die Streitpunkte oder die für ihre Beurteilung wesentlichen Verhältnisse nicht hinreichend klargestellt sind.

29. Die Kammerberatung.

Bei der Kammerberatung und Abstimmung über einen Einigungsvorschlag oder einen Schiedsspruch dürfen nur die Mitglieder der Schlichtungskammer und der Schriftführer zugegen sein. Für das Zustandekommen des Schiedsspruches genügt einfache Mehrheit. Kein Mitglied der Kammer darf sich der Stimme enthalten oder die Abstimmung über eine Frage deshalb verweigern, weil er bei der Abstimmung über eine andere Frage in der Minderheit geblieben ist. Bilden sich bei der Abstimmung mehr als zwei Meinungen, von denen keine mehr als die Hälfte der Stimmen auf sich vereinigt, so ist zu versuchen, die Mehrheit der Stimmen auf eine Meinung zu vereinigen. Gelingt das nicht, so entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.

Die Beratung der Schlichtungskammer über einen Einigungsvorschlag aller einen abzugebenden Schiedsspruch sowie die hierbei erfolgenden Abstimmungen sind vertraulich. Die Verletzung dieser Vorschrift kann mit Abberufung der zuwiderhandelnden Mitglieder der Schlichtungskammer geahndet werde.

Der Vorsitzende und die übrigem Mitglieder der Schlichtungsbehörden sind verpflichtet, über Geschäfts und Betriebs- und Berufsgeheimnisse, die ihnen in ihrer Eigenschaft bekannt werden, Verschwiegenheit zu beobachten. Mit Geldstrafe bis zu 100.000 Kè oder mit Gefängnis, bis zu einem jahr wird neben seiner Abberufung bestraft, wer solche Geheimnisse mit der Absicht offenbart, sich oder einem anderem einen Vermögensvorteil zu verschaffen, oder die Parteien und ihre Vertreter moralisch oder materiell zu schädigen.

§ 30. Der Schiedsspruch.

Der Schiedsspruch ist vor der Verkündigung schriftlich abzufassen, vom Vorsitzenden zu unterschreiben und zu verkünden.

Die Schiedssprüche der Schlichter sind mit einer schriftlichen Begründung zu versehen.

Wird der Schiedsspruch von beiden Parteien angenommen, so hat er die Wirkung, einer schriftlichen Gesamtvereinbarung. Das gleiche gilt, wenn der Schiedsspruch auf Grund gesetzlicher Vorschriften oder einer Vereinbarung bindend ist, oder wenn der Schlichtungsausschuß oder Schlichter die Schlichtung von einer Tarifstelle übernommen hat, die endgültig entscheidet. Andernfalls bestimmt der Vorsitzende den Parteien angemessene Frist zur Erklärung über die Annahme oder Ablehnung des Schiedsspruches.

V. Das Verfahren nach der mündlichen Verhandlung.

§ 31. Den Parteien ist umgehend eine Abschrift des Schiedsspruches unter Mitteilung der Erklärungsfrist zu übersenden.

Geht innerhalb dieser Frist dem Schlichtungsausschuß oder dem Schlichter von einer Partei eine diesbezügliche Erklärung nicht zu, so gilt der Schiedsspruch als von ihr abgelehnt.

VI. Beschwerden.

§ 32. Beschwerden gegen geschäftsleitende Maßnahmen und gegen die Festsetzung von Ordnungsstrafen.

Gegen geschäftsleitende Maßnahmen des Vorsitzenden des Schlichtungsausschusses oder des Schlichters und die Festsetzung von Ordnungsstrafe ist die Beschwerde zulässig.

Über die Bechwerde entscheidet bei Maßnahmen und Strafen des Vorsitzenden des Schlichtungsausschusses der zuständige Schlichter, bei Maßnahmen und Strafen der Schlichter die politische Behörde zweiter Instanz.

Die Beschwerde gegen geschäftsleitende Maßnahmen hat keine aufschiebende Wirkung.

VII. Gebührenwesen, Eintreibung von Geldstrafen, Kosten der Schlichtungsbehörden.

§ 33. Gebühren und Stempelfreiheit. Für die Tätigkeit der Schlichtungsausschüsse und der Schlichter werden keine Gebühren eingehoben.

Vollmachten zu Vertretungen und Verfahren, Vereinbarungen und Schiedssprüche sind stempelfrei.

34. Eintreibung und Verrechnung der Geldstrafen.

Ordnungsstrafen werden von der politischen Verwaltung eingetrieben und sind zur Unterstützung der Arbeitslosen des Bezirkes zu verwenden.

§ 35. Kosten der Schlichtungsbehörden.

Der Staat trägt die Tosten der Schlichter und Schlichtungsausschüsse.

VIII. Aufsicht über die Schlichtungsbehörden.

§ 36. Prüfung der Geschäftsführung.

Das Ministerium für soziale Fürsorge sowie der Schlichter können die Geschäftsführung der Schlichtungsausschüsse prüfen und die Vorlage von Akten verlangen. Die direkte Aufsicht über die Schlichtungsausschüsse führt der Schlichter. Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Schlichter führt das Ministerium für soziale Fürsorge.

§ 37. Erlaß vom Richtlinien.

Das Ministerium für soziale Fürsorge erläßt im Einvernehmen mit den Spitzenverbänden der Arbeitgeber und Arbeitehmer für die Tätigkeit der Schlichtungsausschüsse und der Schlichter allgemeine Richtlinien. In ihrer Entschließung im Einzelfalle sind Schlichtungsausschüsse und Schlichter unabhängig und nicht an Weisungen gebunden.

IX. Verbindlichkeit von Schiedsprüchen.

§ 38. Voraussetzungen für die Verbindlichkeitserklärung und Zuständigkeit.

Wird ein Schiedsspruch von einer Partei angenommen, von der anderen abgelehnt, so kann er auf Antrag der Partei, die den Schiedsspruch angenommen hat, für verbindlich erklärt werden, wenn die durch ihn getroffene Regelung bei gerechter Abwägung der Interessen beider Teile der Billigkeit entspricht und ihre Durchführung aus wirtschaftlichen und sozialen Gründen erforderlich ist.

Von Amtswegen soll ein Verfahren auf Verbindlichkeitserklärung nur dann eingeleitet werden, wenn das öffentliche Interesse die Einleitung erfordert.

Für die Verbindlichkeitserklärung des Schiedsspruches eines Schlichtungsausschusses ist der Schlichter zuständig, in dessen Gebiet der Geltungsbereich der vorgeschlagenen Gesamtvereinbarung liegt. Das gilt auch dann, wenn er sich nur unwesentlich über das Wirkungsgebiet des Schlichters hinaus erstreckt. Für die Verbindlichkeitserklärung von Schiedssprüchen mit einem größere Geltungsbereich, sowie von Schiedssprüchen, die eine Schlichtungskammer gefällt hat, ist der Minister für soziale Fürsorge zuständig.

§ 39. Das Verfahren bis zur Entscheidung.

Die nach § 38 für die Entscheidung zuständige Stelle hat entweder selbst oder durch eine von ihr beauftragte Stelle die Parteien vor der Entscheidung zu hören. Die Anhörung soll, wenn nicht besondere Gründe vorlegen, mündlich erfolgen. Dabei ist nochmals die Herbeiführung einer Einigung zu versuchen.

§ 40. Die Entscheidung.

Der Schiedsspruch kann nur unter den im § 38 angeführten Voraussetzungen für verbindlich erklärt werden.

Bei der Verbindlichkeitserklärung kann der Schiedsspruch nur mit Zustimmung jener Parteien abgeändert werden, die seine Verbindlichkeitserklärung verlangt haben. Betrifft er mehrere Streitpunkte, so kann die Verbindlichkeitserklärung auf einzelne von ihnen beschränkt werden, wenn sie mit den übrigen nicht notwendig zusammenhängen.

Die Entscheidung über die Verbindlichkeitserklärung ist schriftlich abzufassen; mit Gründen zu versehen und dein Parteien zu übersenden.

Die Verbindlichkeitserklärung ersetzt die Annahme des Schiedsspruches, die Entscheidung ist endgültig.

X. Satzung.

§ 41. Gesamtvereinbarungen (Kollektivverträge) können durch den Schlichter oder das Ministerium für soziale Fürsorge, wenn sie in ihrem Geltungsbereich eine überragende Bedeutung haben, zur Satzung erklärt werden.

In dem Beschluß sind Irrhalt, Geltung, Umfang und Beginn der Wirksamkeit und Geltungsdauer der Satzung zu bezeichnen. Der Beschluß ist öffentlich kundzumachen. In der Mitteilung ist zu verlautbaren, daß ein Einspruch innerhalb 30 Tagen bei dem Schlichter oder beim Ministerium für soziale Fürsorge erhoben werden kann.

Wird kein Einspruch erhoben, so ist nach Ablauf der vorgeschriebenen Frist öffentlich kundzumachen, daß der Beschluß auf Feststellung der Satzung in Rechtskraft erwachsen ist. In der Kundmachung ist der Wirksamkeitsbeginn der Satzung zu verlautbaren.

§ 42. Vom Tage der Geltung der Satzung gelten für aale im Vertrag bezeichnetem Arbeitnehmer- und Arbeitgebergruppen die festgelegten Arbeits- und Entlohnungsbestimmungen.

Der Inhalt dieser Kollektivverträge ist unabdingbar, d. h. in den einzelnen Arbeitsverträgen wischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dürfen keine schlechteren Bedingungen enthalten sein.

§ 43. Dieses Gesetz tritt am Tage seiner Verlautbarung im Kraft. Seine Durchführung wird dem Minister für soziale Fürsorge aufgetragen.

Motivenbericht.

Als ein Exportstaat, der in seiner Produktion die Konkurrenz des Auslandes aushalten muß und nur durch eine auf hoher Ausfuhr basierende Produktion seine Bevölkerung zu ernähren im Stande ist, muß die Èechoslavakei bestrebt sein, in möglichst reibungsloser Erzeugung ohne große Erschütterungen und Stockungen zu günstigen Etwicklung der Wirtschaft fortzuschreiten. Diesen Weg einzuschlagen, ist der Wirtschaft der Èechoslovakei bisher nicht gelungen. Nach den bisher vorliegenden Ausweisen des statistischen Staatsamtes betrugen in den. Jahren 1921-1925 infolge der Streiks und Aussperrungen die Verluste an Arbeitstagen allein 13,325.596 und an Lohnkronen 488;424.561 Kè. Dies sind nur die Verluste, welche die Arbeitnehmer treffen. Nachdem in vielen Erzeugungszweigen die Löhne in der Produktion keine allzugroße Rolle spielen, sind die Verluste für die. Wirtschaft ein Vielfaches die er Ziffer. Dazu kommt der Entfall in der Handelsbilanz, der Entfall an Steuerur, an Transporten etc. Im jahre 1925 dem letzten jahre, über das Ausweise vorliegen, betrugen die Verluste infolge Ausperrungen und Streiks 1,614.058 Arbeitstage und 45,422.604 Kè an Arbeitslöhnen.

Nun haben wir in der Èechoslovakei eine Anzahl vom Gesetzen und Verordnungen zur Regelung von Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis in Geltung, und zwar:

Die Schiedskommissionen bei Kündigungen nach dem Betriebsausschußgesetz vom 12. August 1921 Slg. 330.

Die Schiedskommissionen in der Metallindustrie mach dem Gesetz vom 5. Dezember 1919 Slg. 655.

Die Distriktskommissionen nach dem Heimarbeitergesetz vom 12. Dezember 1919 Slg. 29.

Die Lohnschiedskommissionen im Baugewerbe nach dem Gesetz vom 28. März 1928 Slg. 43 II. Hauptstück.

Die Bergbauschiedsgerichte nach dem Gesetz vom 3. Juli 1924 Slg. 170.

Die schiedsgerichtlichen Ausschüsse der Genossenchaften nach § 144 der Gewerbeordnung.

Die Gewerbegerichte nach dem Gesetz vom 27. November 1896 R. G. Bl. 218.

Ein wirklicher Effekt dieser schiedsgerichtlichen und Schlichtungseinrichtungen war trotzdem in der Wirtschaft nicht fühlbar, weil diese Gesetze sich auf ein allzu begrenztes Feld der Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnisse erstrecken. Teilweise ist auch ihre Kompetenz eine sehr begrenzte und es stehen ihnen fast gar keine Mittel zur Durchsetzung der Anerkennung ihrer Schiedssprüche zur Verfügung.

Nachdem vor allem unser Nachbarstaat Deutschland, mit dem uns die stärksten. Handelsbeziehungen verbinden, in der Gesetzgebung zur Schlichtung von Streitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnisse weit voraus ist, macht sich diese Lücke in unserer Gesetzgebung in drückender Weise auf unsere Wirfschaft und vor allem auf die sozialen Verhältnisse unserer Arbeitnehmerschaft fühlbar. Diesen Mangel soll der vorliegende Entwurf eines einheitlichen umfassenden Schlichtungsgesetzes abhelfen.

Der Streik ist ein Kampfmittel um die wirtschaftlichen Forderungen der Arbeitnehmer und um eine entsprechende Regelung des Arbeitsverhältnisses überhaupt. Unter den Streiks und Aussperrungen des jahres 1925 figurieren jene mit einer Dauer unter 12 Tagen mit einem Lohnverluste von nur 3,152.164 Kè; jene mit einer Dauer von 12 bis 24 Tagen weisen. einen Lohnverlust von 11,631.521 Kè und jene mit einer Dauer von über 24 Tagen einen solchen von 30,643.919 Kè aus. Von den Streiks endeten mit vollem Erfolg 4.95%, durch Vergleich 37.60% und mit Mißerfolg 52.45%. Damit ist gesagt, daß die Mehrzahl der Streiks von längerer Dauer waren und diese mit besonderer Hartnäckigkeit geführt wurden, weil ja naturgemäß mit der längeren Dauer des Streiks auf beiden Seiten die Neigung zu einem Ausgleiche immer mehr schwindet und es auf das Biegen und Brechen hinausläuft.

Man muß sich aber die Frage vorlegen, ob ein Aushungern der Arbeitnehmerschaft bei längerer Dauer des Streiks und der Abschluß eines zusammengebrochenen Streiks durch ein Diktat des Arbeitgebers der Wirtschaft Vorteile bringen? Ein solcher erzwungener Abschluß läuft gewöhnlich auf eine Kampfpause hinaus, während welcher zu neuen erbitterten Maßnahmen Kräfte gesammelt werden. Die Wirtschaft kann dagegen nur Interesse an einer dauernden, geregelten, ruhigen Entwicklung haben. Diese ist nur auf dem Wege gegenseitiger vernünftiger und beiderseits anerkannter Vereinbarungen möglich und wird gewöhnlich erleichtert durch den Einfloß einer gesetzlich anerkannten verbindenden Schlichtungsstelle und Schlichtungseinrichtungen, wie sie der vorliegende Gesetzentwurf schaffen soll. Nachdem die sicherste Grundlage eines gesunden Arbeitsverhältnisses langlaufende Kollektivverträge sind, wird in dem Entwurf das größte Gewicht auf das Eingreif en der Schlichtungseinrichtungen beim Zustandekommen und der Einhaltung der Kollektivverträge gelegt, die dem Beginn jedes Arbeitsverhältnisses vorangehen sollen und in deren Verbesserung und Vervollständigung die Bereinigung jeder Streitigkeit aus dem Arbeitsverhältnisse ausklingen soll. Geregelte Kollektivverträge sind eine genaue und richtunggebende Rechnungsgrundlage für die Erzeugung und eine beruhigende Sicherung für den Lebensstandart des Arbeitnehmers und seiner Familie.

In formeller Richtung wolle der Antrag dem sozialpolitischen und sodann dein Budgetausschuß zur Beratung zugewiesen, werden.

Die Kosten der Schlichter und Schlichtungseinrichtungen nach dem Gesetze sind im Vorschlag des Ministeriums für soziale Fürsorge vorzusehen und aus diesem zu decken.

Prag, am 16. Jänner 1930.

Simm, Ing. Jung,

Ing. Kallina, Dr. Hassold, Horpynka, Dr. Luschka, Bobek, Krumpe, Greif, Dr. Schollich, Knirsch, Köhler, Kunz, Dr Petersilka, Schubert, Kasper, Krebs, Geyer; Dr. Hanreich, Dr. Keibl, Matzner, Oehlinger, Fritscher.


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP