Poslanecká snìmovna N. S. R. È. 1930.

III. volební období.

3. zasedání.


Pùvodní znìní.

765.

Antrag

des Abgeordneten Dr. Kafka und Genossen

auf Erlassung eines Gesetzes über die Haftung für einen durch die Ausübung einer öffentlichen Gewalt verursachten Schaden.

Die Gefertigten stellen folgendem Antrag:

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:

Gesetz

vom ..............................

über die Haftung für einen durch die Ausübung einer öffentlichen Gewalt verursachten Schaden. [Ausführungsgesetz zu den Paragraphen 92 und 104 der Verfassungsurkunde (Gesetz vom 29. Februar 1920, Nr. 121 Sammlung der Gesetze und Verordnungen.)]

Die Nationalversammlung der Èechoslovakischen Republik hat folgendes Gesetz beschlossen:

§ 1.

1. Wurde durch eine Rechtspflichten verletzende Ausübung der Staatsgewalt ein Schaden verursacht., der durch die gesetzlichen Rechtsmittel nicht abgewendet werden konnte, so hat der Geschädigte einen Anspruch auf Schadenersatz gegen den Staat. 2. Unrichtige Rechtsauslegung ist für sich allein keine Verletzung von Rechtspflichten, unrichtige Handhabung des freien Ermessens ist eine Verletzung von Rechtspflichten nur dann, wenn Mißbrauch der Amtsgewalt vorliegt.

3. Eine Verletzung von Rechtspflichten kann auch darin gelegen sein, daß die Ausübung der Staatsgewalt grundlos verzögert wird.

§ 2.

Der Anspruch nach § 1 verjährt nach der Vorschrift des § 1489 A. B. G. B.

§ 3.

1. Der Staat kann im Rechtswege von jener mit der Ausübung der Staatsgewalt betrauten Person (Richter, Beamte, Militärperson, Angestellter etc.), welche den Schaden absichtlich oder aus grober Fahrlässigkeit verursacht hat, Rückersatz ansprechen. Mehrere derart schuldige Personen haften zu gleichen Teilen.

2. Der Rückersatzanspruch verjährt in drei Jahren von jenem Zeitpunkte an, in welchem der Anspruch gemäß § 1 anerkannt oder rechtskräftig zuerkannt worden ist.

§ 4.

Verkündet der Staat jener Person, von der er Rückersatz anzusprechen beabsichtigt, den Streit, oder tritt diese Person als Nebenintervenient in den Streit ein, so kann sie dem den Rückersatz ansprechenden Staate jene Einwendungen nicht entgegensetzen, welche sie in dem Rechtsstreite gegen den Staat geltend zu machen unterlassen hat.

§ 5.

Die Bestimmungen der vorstehenden Paragraphen gelten sinngemäß, wenn ein Schaden durch Ausübung einer anderen öffentlichen Gewalt verursacht worden ist.

§ 6.

Für die Entscheidung über die durch dieses Gesetz gewährten Ansprüche sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes die Kreisgerichte zuständig, welche in Senaten entscheiden.

§ 7.

Die Bestimmungen dieses Gesetzes beziehen sich nicht auf Fälle der Ausübung einer öffentlichen Gewalt, die sich vor jenem Zeitpunkte ereignet haben, in welchem das Gesetz verbindliche Kraft erlangt hat.

§ 8.

1. Durch dieses Gesetz werden alle Bestimmungen aufgehoben, die die Haftung für einen durch die Ausübung der Staatsgewalt oder einer anderen öffentlichen Gewalt verursachten Schaden betreffen.

2. In Geltung bleiben:

Das Gesetz vom 21. März 1918, Nr. 109 R. G. Bl., über die Entschädigung ungerechtfertigt verurteilter Personen;

das Gesetz vom 18. August 1918, Nr. 318 R. G. Bl., über die Entschädigung für Untersuchungshaft;

das Gesetz vom 15. April 1920, Nr. 333 S. d. G. u. V., über die Entschädigung der Opfer der politischen Persekution während des Krieges 1914 - 1918;

das Hauptstück XXXI. des Gesetzartikel XXXIII/1896 über die Strafprozeßordnung.

§ 9.

Mit der Durchführung des Gesetzes werden alle Mitglieder der Regierung betraut.

Begründung:

Der vorstehende Gesetzentwurf ist nicht eine Privatarbeit des Antragstellers, er ist vielmehr das Ergebnis kollegialer Beratung und einmütiger Beschlußfassung durch die wissenschaftliche Kommission für die Superrevision des A. B. G. B. An den bezüglich Beratungen haben unter dem Vorsitze des Sektionschefs des Justizministeriums Hartmann fast alle Mitglieder der Kommission teilgenommen, u. zw.: die Herren Universitätsprofessoren: Dr. Krèmáø, Dr. Stieben, Dr. Svoboda, Dr. Weiß und der Antragsteller, ferner für das Unifikationsministerium Prof. Rouèek und Min. - Rat Dr. Sehrotz.

Der durch die im Zuge der Kodifikationsaktion zunächst eingesetzten Subkomitées ausgearbeitete 1. Entwurf eines A. B. G. B. ging von der Absicht aus, die gesetzliche Regelung der Schadenshaftung des Staates für das Verschulden seiner Beamten und Angestellten in das A. B. G. B. selbst aufzunehmen. Demgemäß schlug das Subkomitée, dem die Bearbeitung des Obligationsrechtes und des Schadenersatzrechtes anvertraut war, folgenden Absatz 3 des § 1208 Entw. (entsprechend dem § 1313 des jetzigen A. B. G. B.) vor:

"Verursacht namentlich ein öffentlicher Beamter oder Angestellter jemandem einen Schaden, indem er in Ausübung seines Amtes oder Dienstes absichtlich oder grob fahrlässig seine Pflicht verletzt oder gegen seine Verpflichtung die Leistung seines Amtes oder Dienstes verweigert oder sich unbegründeter Verzögerungen schuldig macht und konnte der Schaden durch die gesetzlichen Mittel nicht abgewehrt werden; so kann der Beschädigte nicht nur von ihm, sondern auch von demjenigen Schadenersatz fordern, mit dessen Ermächtigung oder in dessen Namen er das Amt oder den Dienst ausübt, oder von beiden gemeinsam. Betreffs der Richter gilt ein besonderes Gesetz".

Die Entwürfe des Subkomitées wurden im Laufe des Jahres 1924 durch das, Justizministerium èechisch und deutsch im Druck veröffentlicht, um der gesamten Öffentlichkeit, insbesondere aber der Juristenwelt, die Möglichkeit zu bieten, durch Gutachten und Anregungen an die Superrevisionskommission an der Revision des A. B. G. B. mitzuwirken. Von dieser Möglichkeit wurde in Bezug auf die vorgeschlagenen Rechtssätze über die Schadenshaftung des Staates besonders reichlich Gebrauch gemacht. Gutächtliche Bemerkungen erfolgten nicht nur seitens einzelner Juristen und wirtschaftlicher Organisationen, sondern auch durch das Oberste Gericht und durch fast alle Ministerien. Dieses umfangreiche Material wurde von der Kodifikationskommission bei ihrer Beratung und Beschlußfassung berücksichtigt, daneben die Gesetzgebung anderer Staaten, die einschlägige Literatur und nicht zuletzt die Gutachten, Referate, Verhandlungen und Leitsätze des IV. Deutschen Juristentages in der È. S. R., der im Jahre 1929 in sehr eingehender Weise über die Frage beriet. Inwiefern bedarf es einer gesetzlichen Regelung der Schadenshaftung des Staates und seiner Unternehmungen?

Im allgemeinen ließ sich die Superrevisionskommission von folgenden Gesichtspunkten leiten:

1. Die Frage, ob der Staat für den durch gesetzwidrige Ausübung der öffentlichen Gewalt verursachten Schaden haften soll, ist durch die Bestimmungen der §§ 92 und 304 der Verfassungsurkunde bereits im bejahenden Sinn entschieden. Es handelt sich also nunmehr um die Frage, wie diese Haftung des Staates gesetzlich geregelt werden soll, um ein feierliches Versprechen dem Verfassungsurkunde am zweckmäßigsten und unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Interessen einzulösen. Die Schaffung von Normen, die die Schadenshaftung des Staates regeln, ist aber nicht nur im Hinblick auf die Verfassungsurkunde eine formale Notwendigkeit; es läßt sich vielmehr in dieser Hinsicht auch ein einmütiges Postulat der öffentlichen Meinung und aller irgendwie in Betracht zu ziehenden Faktoren feststellen. Die beiden Kammern der Volksvertretung haben sich diese allgemeine Forderung durch Resolutionsbeschlüsse aus dem Jahre 1927 zu eigen gemacht.

2. Die besondere Natur des Problemenkomplexes gestattet es nicht, die neu zu schaffenden Normen gemäß der ursprünglichen Absicht in das A. B. G. B. einzugliedern, erfordert vielmehr ein besonderes Gesetz, das alle zusammenhängenden Fragen einheitlich erfassen kann, während sich in dieser Hinsicht durch die Systematik des Privatrechtkodex gewisse. Hemmungen ergeben würden.

3. Der trotz aller Besonderheiten naturgemäß gegebene innige Zusammenhang des Problemenkomplexes der Schadenshaftung des Staates mit dem allgemeinen Schadensersatzrecht berechtigt und verpflichtet in gewissem Sinne auch die Kodifikationskommission, die Aufgabe der Ausarbeitung eines Entwurfes für das Spezialgesetz auf sich zu nehmen.

Bevor nunmehr auf die Begründung der einzelnen Bestimmungen des Gesetzentwurfes eingegangen wird, erübrigt nur noch eine Aufklärung darüber, warum der Gesetzentwurf, dessen Werdegang im Vorstehenden dargestellt wurde, zum Gegenstand eines Initiativantrags gemacht wird. Aus Gründen, die hier nicht weiter erörtert werden sollen, haben sich die verschiedenen Regierungen, trotzdem seit der Schaffung der Verfassung ein Dezentem vergangen ist, nicht entschließen können, einen Gesetzesvorschlag über die Schadenshaftung des Staates an das Parlament zu erstatten, trotzdem dem Vernehmen nach schon manche Entwürfe ausgearbeitet worden sind. Es lag und liegt unter diesen Umständen die Befürchtung nahe, daß auch der Entwurf der Kodifikationskommission trotz des allgemeinen Verlangens nach einer endlichen gesetzlichen Regelung dieser so wichtigen Frage nicht sofort zum Gegenstand rascher interministerieller Beschlußfassung und wohin zum Gegenstand parlamentarischer Erledigung gemacht werden würde. Der Antragsteller glaubt daher durch die Einbringung eines Initiativantrages das raschere Gesetzteren eines Entwurfes erzielen zu können; der durch die Art seines Zustandekommens alle Gewähr nicht nur für die Berücksichtigung der verschiedenen in Betracht kommenden Interessen, sondern auch für die Wünschenswerte legistische Gediegenheit und Zweckmäßigkeit bietet. Die Superrevisionskommission hat der Verwertung des Elaborats ixen Wege eines Initiativantrages zugestimmt.

A.

Eine der Hauptfragen, vorbei jeder Gesetzgeber gestellt ist, wenn er die Schadenshaftung des Staates normieren will, geht dahin, ob bei gesetzwidriger Ausübung der öffentlichen Gewalt für den hierdurch verursachten Schaden der Staat und der an dem rechtswidrigen und schädigenden Akte der Staatsgewalt beteiligte öffentliche Beamte (Angestellte) dem Beschädigten gegenüber unmittelbar haften sollen, so wie dies etwa nach dem sogenannten Syndikatsgesetz der Fall ist, oder ob es richtiger erscheint, unmittelbar gegenüber dem Beschädigten nur den Staat haften zu lassen, während der Staat seinerseits unter Umständen einen Regreßanspruch gegen den schuldigen Beamten erhält. Beide Lösungsmöglichkeiten haben ihre in der Literatur erschöpfend behandelten Vorzüge und Nachteile. Doch sind die forteile des zweiten Weges, i. e. der unmittelbaren Haftung nur des Staates, von der allein übrigens die Verfassungsurkunde im § 92 (anders § 104) spricht, überwiegend. Praktisch wird der Schadenersatzanspruch gegenüber dem Staatsbeamten für den Beschädigten bedeutungslos sein, und auch eine gesetzlich normierte Solidarhaftung des Staates und des Beamten wird sich daher praktisch fast immer dahin auswirken, daß der ganze Schaden gegen den Staat geltend gemacht wird. Die Ermittlung des schuldigen Beamten wird für den Beschädigten nicht selten außerordentlich schwierig sein. Muß sie dennoch versucht werden, so bedeutet dies ein tiefes Eindringen des Privaten in den amtlichen Apparat, was keineswegs immer im Interesse des Staates gelegen, erscheint. Beim Regreßanspruch des Staates gegen den Beamten fallen alle diese Schwierigkeiten und Bedenken weg. Schließlich darf auch ein weiterer Vorteil jener Lösung, die nur den Staat unmittelbar gegenüber dem Beschädigten haften läßt, nicht unberücksichtigt bleiben. Das legitime Interesse des Staatsbürgers, der durch die Ausübung der staatlichen Gewalt zu Schaden kommt, erfordert es, daß sein Schadenersatzanspruch ohne etwaige Beschränkung auf die schwereren Grade des Verschuldens (dolus und culpa lata), ja ohne den Nachweis eine>s Verschuldens überhaupt gewährt wird. Das würde aber bei primärer Haftung auch des Staatsbeamten eine vom Standpunkte der berechtigten Interessen der Beamtenschaft viel zu weit reichende Haftungspflicht der staatlichen Angestellten bedeuten. Und nicht nur die Interessen der Beamten und Angestellten kommen hier in Frage, auch das Interesse des Staates an einem nicht durch begreifliche psychische Hemmungen beeinträchtigten Funktionieren seines Apparates und das gleichgerichtete Interesse der Gesamtheit der Staatsbürger. Mit Recht sagt Kipp: "Wenn man den Beamten wegen jeden leichten Verschuldens verantwortlich machen wollte; so würde das eine große Beunruhigung unter die Beamtenschaft tragen und auf ihre Tätigkeit lähmend einwirken". Entscheidet man sich für alleinige primäre Haftung des Staates und einen bloßen Regreßanspruch des Staates gegen den Beamten, dann kann man diesen Regreßanspruch auf Fälle des Vorsatzes und der groben Fahrlässigkeit einschränken, ohne damit zugleich auch eine nicht zu rechtfertigende Einschränkung des Schadenersatzanspruches der durch die pflichtwidrige Ausübung der staatlichen Gewalt Betroffenen in Kauf nehmen zu müssen. Aus allen angeführten Gründen gewährt der Entwurf dem durch eine Rechtspflichten verletzende Ausübung der Staatsgewalt Geschädigten einen Schadenersatzanspruch nur gegen den Staat, während die mit der Ausübung der Staatsgewalt betraute Person, die den Schaden mittelbar oder unmittelbar verursacht hat, bloß seitens des Staates zum Rückersatz herangezogen werden kann, dies aber nur dann, wenn ihr dolus oder culpa lata zur Last fällt und nachgewiesen werden kann. Für eine noch weitergehende Rücksichtnahme auf den Beamten, dahingehend, daß selbst in den Fällen des Vorsatzes und der groben Fahrlässigkeit von der Regreßhaftung abgesehen wird, können überzeugende Gründe nicht vorgebracht werden. Im Gegenteil, die Anerkennung der erwähnten Regreßhaftung ist sicherlich ein für die Pflichttreue und Gewissenhaftigkeit der öffentlichen Angestellten förderlicher Moment.

B.

In der Diskussion über das Problem der Schadenshaftung des Staates ist sehr vereinzelt die Ansicht geäußert worden, daß die Regelung nicht eine ganz generelle, gleichmäßige und ausnahmslose sein soll, daß nicht alle Fälle, in denen rechtswidrige Ausübung der Staatsgewalt gegeben ist, derartig gleich gelagert sind, um in der Schadensfrage unterschiedslos behandelt zu werden, daß nach Zweigen der staatlichen Tätigkeit, nach Kategorien der Angestellten nuanciert werden muß etc. Alle nach dieser Richtung hin vorgebrachten Gründe können nicht überzeugen und haben auch die Superrevisionskommission nicht überzeugt. So ist es nicht einzusehen, warum etwa bei Militär. Personen die Staatshaftung, deren Anerkennung "ein einfaches Erfordernis unverbrüchlicher Gerechtigkeit" ist, versagt werden sollte, und es ist ebensowenig einzusehen, warum, wenn sich einmal die Staatshaftung zur allgemeinen Geltung durchgerungen hat, für verschiedene Bereiche der staatlichen Tätigkeit, Spezialnormen notwendig sein sollten. Man hat daher entgegen der Auffassung des ersten Entwurfes des A. B. G. B. davon abgesehen, das Syndikatsgesetz als Sonderrecht aufrecht zu erhalten, gegenüber dessen zum Teil unnötig komplizierten Bestimmungen die wenigen und kurzen Rechtssätze des Entwurfes ersichtlich eine Verbesserung und Vereinfachung bedeuten.

C.

Eine sehr bedeutsame Frage, deren richtige Beantwortung durch den Gesetzgeber für die praktische Auswirkung jeder legislativen Regelung der Schadenshaftung des Staates sozusagen lebenswichtig ist, ist die nach der Kompetenz für die Durchsetzung des Schadenersatzanspruches gegen den Staat. Diese Frage braucht allerdings nicht für jene Fälle pflichtwidriger Ausübung der staatlichen Gewalt gestellt zu werden, die sich im Bereiche der richterlichen Gewalt ereignen, da in diesem Bereiche die alleinige Möglichkeit der Kompetenz der Zivilgerichte wohl unbestreitbar ist. Aber welche staatliche Erhörte soll in den übrigen Fällen, also bei rechtswidrigen Akten der Administrative, zur Entscheidung über den Schadenersatzanspruch berufen werdend Die Verwaltungsbehörden mit Vorbehalt des Rechtszuges an das O. V. G.? Das O. V. G. allein Die Zivilgerichte?

Für die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden sich zu entscheiden, muß jeder Gesetzgeber vermeiden, der sich nicht dem berechtigten Vorwurf aussetzen will, daß er mit der anderen Hand - nämlich durch die formalrechtlichen Normen - nimmt, was er mit der einen Hand - nämlich durch die materiellrechtlichen Normen - gegeben hat. In einem Verfahren vor den Verwaltungsbehörden - und das gilt besonders insolange, als die gesetzlich vorgesehene Schaffung von Bezirks- und Landesbanken als richterliche Behörden noch nicht durchgeführt ist - wird ein Geschädigter für einen Schadenersatzanspruch gegen den Staat wegen pflichtwidriger Ausübung der Staatsgewalt nur sehr schwer Gehör finden. Diese Befürchtung ergibt sich nicht etwa aus einer in keiner Weise begründbaren Annahme, daß der Durchschnitt der Verwaltungsbeamten weniger Verantwortlichkeitsgefühl oder weniger Gerechtigkeitssinn besitzt, als etwa der Durchschnitt der Richter, sondern aus der einfachen Erkenntnis der völligen Abhängigkeit von der Staatsgewalt, in der alle Verwaltungsbeamten verfangen sind und verfangen sein müssen. Wenn schon bei jeder Rechtsprechung für das jubilierende Organ weitestgehende Unabhängigkeit von der Staatsgewalt als selbstverständliche und unerläßliche Voraussetzung gefordert wird, so muß diese Voraussetzung doch sicherlich ganz besonders dort gegeben sein, wo Rechtsprechung gegen den Staat, und zwar gegen den Staat als Träger hochzeitlicher Gewalt, angestrebt wird. Dieser gewiß entscheidende Moment wendet sich nicht nur gegen die Zuweisung der Kompetenz an die Verwaltungsbehörden schlechthin, es beansprucht Geltung auch gegenüber jeder anderen Art der Beteiligung von Verwaltungsbeamten an der Judikatur über die Schadenersatzansprüche gegen den Staat, mag eine solche Beteiligung durch Schaffung gemischter Senate oder etwa in der Form der sogen autorisation préalable, i. e. eines Vorder Zwischenverfahrens vor den Verwaltungsbehörden, in Aussicht genommen werden. Der Vorbehalt des Rechtszügel an das O. V. G. beseitigt in keiner Weise die vorgebrachten Bedenken für jene Prassendes Verfahrens, die sich vor den Verwaltungsinstanzen abspielen. Er schaltet sie nur für die letzte Verfahrensetappe, die vor dem O. V. G. selbst, aus. Das bedeutet aber praktisch, daß so ziemlich jeder Schadenersatzanspruch durch ein zweckloses, langwieriges und teueres Vorstadium bis zum O. V. G. vorgetrieben werden müßte, dessen Überlastung hierdurch überdies bis zur Unverträglichkeit gesteigert würde.

Kann man nun etwa mit Vermeidung des wertlosen Vorstadiums die Schadenersatzansprüche gegen den Staat in die ausschließliche Kompetenz des Obersten Verwaltungsgerichtes verweisen? Gewiß ließe sich eine so besonders gut fundierte und verständnisvolle Judikatur sichern. Aber ganz abgesehen davon, daß es kaum zu rechtfertigen wäre, jeden, auch den kleinsten Schadenersatzanspruch ab ovo vor diesem hohen Tribunal verhandeln zu lassen könnte das Oberste Verwaltungsgericht in seiner jetzigen Gestalt und mit der jetzigen Konstruktion seines Verfahrens gar nicht in Betracht kommen. Zutreffend hat einmal Spiegel gegenüber der Anregung, das O. V. G. für zuständig zu erklären, bemerkt: "Wie soll man das machen? Wir haben nur ein contencieux a posteriori. Das O. V. G. ist nicht in der Lage, Tatbestände zu erheben und festzustellen, sondern ist nur eine Kassationsinstanz".

So gelangt man auch per exclusionem zur Kompetenz der Zivilgerichte, die sich schon naturgemäß an sich empfiehlt, da zwecks wirksamer Gestaltung der Schadenshaftung des Staates eben nichts wichtiger ist, als die Entscheidung Behörden anzuvertrauen, die die relativ größte Unabhängigkeit von der Staatsgewalt besitzen. Als Einwand gegen die Kompetenz der Zivilgerichte kommt, wenn man nicht unbrauchbares Material aus dem doktrinären Streit darüber, ob der Schadenersatzanspruch gegen den Staat ein öffentlich-rechtlicher oder ein privatrechtlicher ist, heranziehen will, einzig und allein die Befürchtung in Betracht, daß den Richtern die nötige Eignung fehlen könnte, jene Tatbestände und Fragen zu meistern, die sich bei der Schadenshaftung des Staates ergeben, und die unleugbar stark verschieden sind, von jenen Materien, mit denen der Richter sonst ex Professor befaßt ist. Allein diese Befürchtung darf nicht übertrieben werden. Die Richter werden sich in die Aufgaben, Methoden und Gesichtspunkte, auch in die Imponderabilien der Administrative nicht schwerer hineinfinden und einfühlen, als in die ihnen noch fremderen Besonderheiten komplizierter Wirtschaftsvorgänge, mit denen sie seit langem operieren müssen. Ganz abgesehen davon, lind ja die Gerichte auch jetzt schon wiederholt genötigt, verwaltungsrechtliche Präjudizialfragen zu entscheiden.

D.

Die gleichen oder doch ähnliche Erwägungen wie jene, die es bewirkt haben, daß der ursprünglich stark bekämpfte Gedanke der Anerkennung einer Ersatzpflicht des Staates für Schäden aus widerrechtlicher Ausübung der Staatsgewalt einen unaufhaltsamen Siegeszug antreten und fast vollenden könnte, hat zu der Aufstellung des weiteren Postulaten geführt, daß auch die durch Übergriffe einer anderen öffentlichen Gewalt als der staatlichen Betroffenen entschädigt werden sollen. Der Entwurf trägt diesem Postulat voll Rechnung. Er will den Kreis jener Körperschaften, die auf solche Art haftpflichtig gemacht werden sollen, möglichst weit ziehen. Daher wird nicht mehr, wie ursprünglich beabsichtigt, bloß von obrigkeitlicher Gewalt, sondern von öffentlicher Gewalt schlechthin gesprochen. In erster Linie werden hier gewisse Bezirke, Gemeinden etc. in Betracht kommen. Aber die Superrevisionskommission wollte ausdrücklich auch andere Institutionen treffen, so z. B. öffentliche Krankenhäuser, Sozialversicherungsinstitute u. dgl., von denen man kaum geneigt ein wird, auszusagen, daß sie mit einem Imperium begabt sind, die aber gewiß in bestimmten Grenzen öffentliche Gewalt ausüben. Natürlich kommen sie für die Haftung des Entwurfei nur insoweit in Frage, als eben ihre Beamten und Angestellten solche öffentliche Gewalt versehen.

Zu § 1.

Zu Abs. 1.: Der Tatbestand, der den Schadenersatzanspruch gegen den Staat begründet, setzt sich aus folgenden Elementen zusammen:

a) es muß eine schädigende Ausübung der Staatsgewalt vorliegen,

b) diese Ausübung der Staatsgewalt muß eine Verletzung von Rechtspflichten in sieh schließen,

c) alle Möglichkeiten, durch Anwendung der gesetzlichen Rechtsmittel den Schaden abzuwehren, müssen vergeblich ausgeschöpft worden sein.

Diese Umschreibung des Tatbestandes weicht bewußt von der anderwärts, auch in unserm Syndikatsgesetz, üblichen Formulierung ab, indem sie ganz objektiv gehalten ist, jede Beziehung auf die den Schaden durch Ausübung der Staatsgewalt unmittelbar oder mittelbar verursachende Person und auf das Schuldmoment vermeidet und damit unnötigen Beweiserschwerungen und sonstigen Komplikationen aus dem Wege geht.

Der Passus, der sich auf die gesetzlicher Rechtsmittel bezieht, muß richtig gelesen werden. Es wird keineswegs der Erfolg des Schadenersatzanspruches rein mechanisch an der Erschöpfung des Rechtsmittelzuges abhängig gemacht. Wenn Rechtsmittel uns terlassen wurden, die zwar zur Verfügung standen, aber auch bei günstigem Erfolg den bereits entstandenen oder weiter entstehenden Schaden nicht hätten verhindern oder wiedergutmachen können, so kann wegen Unterlassung solcher Rechtsmittel der Anspruch nicht abgewiesen werden. Ebenso hielt der Schadenersatzanspruch gewahre, wenn trotz Reüssieren mit den Rechtsmitteln ein Schaden oder ein Rest von Schaden unabgewendet bleibt. Daß bei einem Akte der Staatsgewalt, gegen das Rechtsmittel überhaupt nicht zur Verfügung stehen, der Schadenersatzanspruch gegeben ist, ist selbstverständlich.

Zu Abs. 2.: Sehr eingebend erörterte die Superrevisionskommission die Frage, ob und inwieweit bei unrichtiger Rechtsauslegung und bei unrichtiger Handhabung des freien Ermessens Schadenersatzpflicht des Staues eintreten solle. Mars einigte siclx schließlich auf folgende Thesen:

a) unrichtige Rechtsauslegung ist für sich allein keine Verletzung von Rechtspflichten,

b) unrichtige Handhabung des freien Ermessens ist eine Verletzung von Rechtspflichten nur dann, wenn ein Mißbrauch der Amtsgewalt vorliegt.

ad a) Durch die Einfügung der Worte: "für sich allein" soll zum Ausdruck gebracht werden, daß aus begreiflichen Gründen irrige Rechtsauslegung schlechthin nicht zum Schadenersatz führen kann, wohl aber dann, wenn zu dieser unrichtigen Rechtsauslegung noch etwas anderes hinzutritt, was seinerseits eine Verletzung von Rechtspflichten darstellt. Das kann Unkenntnis der in Betracht kommenden Rechtsnormen sein, so z. B. wenn ein anderer Satz der gesetzlichen Zinsen als der vorgeschriebenen, oder wenn bei der Berechnung des Pflichtteiles eine andere Quote des Intestaterbteiles als die gesetzlich normierte dem Urteilsspruch zu Grunde gelegt wird etc. oder etwa Bestechung, die den Richter ersichtlich zu einer falschen Entscheidung führt, mag auch zur Verschleierung des eigentlichen Motivs eine künstliche Begründung aus dem Gesetz versucht werden.

ad b) Es könnte auf den eisten Blick Scheinen, daß unrichtige Handhabung des freien Ermessens überhaupt niemals zu einem Schadenersatzanspruch gegen den Staat führen kann, da Zuerkennung eines Schadenersatzes gerichtliche Überprüfung des freien Ermessens voraussetzt und eine selche Überprüfung mit der Natur des "freien" Ermessens nicht recht in Einklang gebracht werden zu können scheint. Diesem Bedenken gegenüber kann darauf verwiesen werden, daß schon nach geltendem Rechte (Gesetz vom 2. November 1918, Nr. 3 Slg. d. G. u. V. § 2, Abs. 1, Zahl 2) eine gerichtliche Überprüfung bei den Angelegenheiten des freien Ermessens, allerdings eine Überprüfung durch das O. V. G., stattfindet, und daß die allfällige Überprüfung durch die Zivilgerichte nach § 1 Abs. 2 des Entwurfes viel weniger weit geht, als die eben erwähnte durch das O V. G. Nach dem Entwurfs haben die Gerichte nur die Frage zu entscheiden, ob nicht die Handhabung des freien Fressers in einer bestimmten Richtung einen Mißbrach der Amtsgewalt in sich schließt. Gedacht wurde etwa an folgender Fall: Bei der Entscheidung über die Erteilung einer Gewerbekonzession, um die sich mehrere beworben haben, erfolgt die Verleihung an einen bestimmten Bewerber nachweisbar deshalb, weil er den entscheidenden Beamten bestochen hat. Es ließe sich wirklich nicht rechtfertigen, warum in einem solchen Falle der Schadenersatzanspruch nur deshalb verweigert werden sollte, weil es sich um einen Akt des scheinbar freien Ermessens handelt.

Zu Abs. 3.: In der Diskussion über das Problem der Schadenshaftung des Staates und auch bei der Beratung in der Superrevisionskommission wurde mit starkem Nachdruck darauf hingewiesen, daß der staatliche Apparat eigentlich dem Bürger häufiger als durch unrichtige Entscheidungen und Verfügungen dadurch Schaden verursacht, daß er ein notwendiges Eingreifen verweigert oder grundlos verzögert. Diese besonders zahlreichen und bedenklichen Fälle der Schadenszufügung soll § 1, Abs. 3 Entwurf treffen.

Zu § 2.

Mit Rücksicht auf die allgemeine Fassung des § 1489 A. B. G. B. ("Jede Entschädigungsklage") und im Hinblick darauf, daß der Anspruch des § 1 Entwurf gewiß ein Schadenersatzanspruch ist, würde wohl auch ohne die besondere Bestimmung des § 2 Entwurf gefolgert werden dürfen und müssen, daß der Ersatzanspruch aus § 1 Entwurf der Verjährungsnorm des § 1489 A. B. G. B. unterliegt. Immerhin scheint es angebracht, die Geltung des § 1489 A. B. G. B. ausdrücklich auszusprechen, um allen Zweifeln vorzubeugen, die sich allenfalls aus dem Umstände ergeben könnten, daß sich der Anspruch auf ein Sondergesetz außerhalb der Systematik des A. B. G. B. gründet.

Zu § 3.

Das Wesentliche und (grundsätzliche zu § 3 ist bereits in den allgemeinen Vorbemerkungen gesagt worden. Hier erübrigen nur einige kurze ergänzende Erörterungen. Die Worte "im Rechtswege" wurden zu dem Zwecke eingefügt, um jede Annahme auszuschließen, als ob der Regreß im administrativen Wege gesucht werden könnte. Auch der Staat muß gegenüber seinen Beamten oder Angestellten den Weg des Zivilprozesses beschreiten, wofür die gleichen Erwägungen sprechen, die früher zur Begründung der Kompetenz der Zivilgerichte für die Schadenersatzansprüche gegen den Staat geltend gemacht worden sind.

Der Entwurf vermeidet es absichtlich, von Beamten und Angestellten zu sprechen, weil mitunter die Ausübung staatlicher Gewalt auch Personen anvertraut sein kann, die in einem anderen Verhältnisse zum Staate stehen, als in einem Dienst- oder Angestelltenverhältnisse. Daß die Aufzählung in der Klammer eine rein exemplifikative ist, ist selbstverständlich.

Für den Fall, daß Rückersatz von mehreren Personen gefordert werden kann, war zunächst Solidarhaftung in Aussicht genommen. Dies entsprach auch der allgemeinen Norm über die Haftung bei Verschulden mehrerer, die die Superrevisionskommission in das Hauptstück des A. B. G. B. über den Schadenersatz aufgenommen hat. Bei der zweiten Lesung des Entwurfes durch die Superrevisionskommission wurde jedoch von mehreren Seiten darauf hingewiesen, daß im Hinblick auf die besonderen Umstände; die beim Regreßanspruch gegen Beamte oder Angestellte gegeben sind, eine Solidarhaftung vielleicht zu streng sein könnte, und daß sich auch manchmal unerwünschte Konsequenzen ergeben könnten, so z. B. dann, wenn unter den mehrerem Rückersatzpflichtigen einer ist, der ein größeres Privatvermögen besitzt. Die Lösung, daß für den Rückersatz nach dem Anteile an der Verursachung des Schädens gehaftet werden soll, ist meistens problematisch und schafft in jedem Fall erhebliche Beweisschwierigkeiten. Man entschied sich daher für Haftung zu gleichen Teilen.

Die Verjährungsnorm des Abs. 2 lehnt sich an das erprobte Vorbild der deutschen Reichsgesetzgebung an.

Zu § 4.

Die Vorschrift des § 4 bedarf keiner besonderen Begründung, da sie nur das normiert, was für andere ähnlich gelagerte Fälle schon gilt und allgemein als richtig anerkannt wird. Sie erfaßt, trotzdem sie prima face nur zwei Fälle im Auge zu haben scheint, alle drei Fälle, in denen der Verlust der Einwendungen angebracht ist: Wenn der Staat dem Regreßbeklagten den Streit verkündet hat und dieser daraufhin in den Streit eintritt; wenn der Staat dem Regreßbeklagten den Streit verkündet hat, dieser aber trotzdem in den Streit nicht eintritt; wenn dem Regreßbeklagten der Streit nicht verkündet wurde, er aber dessen ungeachtet in den Streit eingetreten ist.

Zu § 5.

Nach den allgemeinen Vorbemerkungen sub D. erübrigen sich zu § 5 weitere Bemerkungen.

Zu § 6.

Anlangend die örtliche Kompetenz erscheint eine besondere Vorschrift unnötig, da die allgemeinen Normen, die mangels einer Spezialvorschrift zur Anwendung gelangen, hinreichend klar und zweckmäßig sind. Dagegen mußte die Frage der sachlichen Kompetenz ausdrücklich beantwortet werden. Die exzeptionelle Kompetenzvorschrift des Syndikatsgesetzes, das die Schadenersatzansprüche nach diesem Gesetz in erster Instanz an die Oberlandesgerichte verweist., zu übernehmen, schien der Superrevisionskommission unangebracht. Dagegen erfordert wohl die besondere Natur der durch den Entwurf gewährten Ansprüche, daß ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes die Kreisgerichte für zuständig erklärt werden und in Senaten entscheiden müssen, zumindest insolange, als nicht etwa die neue Zivilprozeßordnung für die 1. Instanz überhaupt nur Judikatur eines Einzelrichters einführt. Man sah auch davon ab, das Mandatsverfahren des Syndikatsgesetzes zu übernehmen, da sich das Mandatsverfahren überhaupt als wenig praktisch erwiesen hat.

Zu § 7.

Nach der Fassung der intertemporalen Norm des § 7 kommt es für die Frage der Einbeziehung eines Falles unter die neue Norm nur darauf an, ob sich die pflichtwidrige Ausübung der staatlichen, bezw. sonstigen öffentlichen Gewalt vor oder nach jenem Zeitpunkt ereignet hat, zu welchem das neue Gesetz verbindliche Kraft erlangt. Wenn also der schädigende Akt der öffentlichen Gewalt noch unter der Geltung des jetzigen Rechts erfolgt, der Schaden selbst aber erst nach dem erwähnten kritischen Zeitpunkte eintritt, bezw. appelliert, so finden die neuen Normen keine Anwendung.

Zu § 8.

Der Superrevisionskommission erschien es am zweckmäßigsten, eine ganz generell gefaßte Derogationsklausel aufzustellen und nicht etwa alle Vorschriften, die durch das neue Gesetz ihre Wirksamkeit verlieren sollen, besonders aufzuzählen. Besonders genannt mußten nur jene Gesetze werden, deren Normen als eine berechtigte Spezialregelung besonders gelagerter Fälle aufrecht erhalten bleiben sollen, vor allem deshalb, weil durch sie Schadenersatzansprüche auch ohne das Tatbestandsmoment der Pflichtenwidrigkeit des schädigenden Aktes der öffentlichen Gewalt gewährt werden. Darüber, daß das Syndikatsgesetz als eine berechtigte Spezialnorm, die aufrecht zu erhalten ist, nicht angesehen werden kann wurde bereits früher das Nötige bemerkt.

Die Aufnahme einer besonderen Bestimmung über die Schadenersatzansprüche vom Ausländern wurde als unnötig befunden. Man findet vollkommen sein Auslangen mit den allgemeinen Vorschriften internationalprivatrechtlicher Natur. Das internationale Privatrecht im Entwürfe des A. B. G. B. basiert auf dem Grundsatze der formalen Reziprozität. Diese führt allerdings dazu., daß auch Angehörige solcher Staaten, deren Gesetzgebung eine der Staatshaftung nach dem Entwürfe ähnliche Haftung über hupt nicht, also auch zu Gunsten der eigenen Staatsangehörigen nicht, kennt, Schadenersatzansprüche gegen unseren Staat geltend machen können. Aber diese scheinbar unbefriedigende Konsequenz läßt sich nicht nur grundsätzlich rechtfertigen, sie ist auch unter dem Gesichtspunkte des Ansehens des Staates und seiner internationalen Interessen annehmbarer als eine verschiedene Behandlung von Staatsbürgern und Fremden gerade in einer solchen Frage.

Die Belastung des Staatsschatzes durch das beantragte Gesetz darf nicht überschätzt werden. Erfahrungsgemäß wirken sich solche Normen hauptsächlich im der Richtung aus, daß bei der Ausübung der öffentlichen Gewalt größere Vorsicht angewandt wird, wodurch sich die Schadensfälle, wesentlich verringern. Auf die trotzdem dem Staate aus diesem Gesetze erwachsenden Kosten ist im Staatsvoranschlage Bedacht zu nehmen; sie können auch aus einem besonderen Fonds gedeckt werden, welcher zu diesem Behufe angelegt werden könnte.

In formaler Hinsicht wird die Zuweisung an den verfassungsrechtlichen Ausschuß beantragt.

Prag, am 21. Oktober 1930.

Dr. Kafka,

Hodina, Windirsch, Böllmann, Blatny, Leibl, Hackenberg, Pohl, Halke, Katz, Taub, Böhm, Heller, Roscher, Platzer, Wagner, Häusler, Kaufmann, Viereckl, Zierhut, Dr. Peters, Gläsel, Kirpal, Schäfer.


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP