Ètvrtek 12. prosince 1935
Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wenn wir am Ende der Budgetdebatte
insbesondere noch das Kapitel "Landwirtschaft" herausgreifen
und dazu Stellung nehmen, so aus dem Grunde, weil wir wissen,
daß es unbedingt notwendig ist, gerade auf diesem Gebiete
in ganz ernster Weise Stellung zu nehmen, um einen Zustand zu
schaffen, der nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch
für den Staat von hervorragender Bedeutung ist. Obwohl man
wiederholt behauptet, unser Staat sei ein Agrarstaat, muß
man feststellen, daß sich die Landwirtschaft in äußerst
drückenden Verhältnissen befindet, so daß man
versucht, mit verschiedenen Notmaßnahmen, Notverordnungen,
auch im Rahmen des Ermächtigungsgesetzes, ihr irgendeine
Hilfe angedeihen zu lassen. Es kommt mir so ähnlich vor,
wie in einer Familie, wo ein Kind nicht ganz ges und ist und man
versucht, durch verschiedene Umhüllungen seine Gesundheit
zu erhalten. Je mehr man einen Stand wie insbesondere die Landwirtschaft
mit Verordnungen behandelt, umso mehr wird er eingeengt und in
seiner freien Entwicklung behindert, umso gefährlicher ist
es für den Staat, wenn man gerade seine Haupteinnahmsquelle
nur im Rahmen von Verordnungen erhalten zu können glaubt.
Wir haben zum Schutz der Landwirtschaft den sogenannten Exekutionsschutz
bekommen, der in keiner Weise ausreicht, um uns die Möglichkeit
zu geben, in der Entwicklung nach aufwärts zu schreiten.
Auch das zwangsläufige Moratorium ist ein Zustand, der wohl
eine momentane Hilfe darstellt, der aber keinesfalls einen derartigen
Schritt bedeuten kann, daß die Landwirtschaft sich mit seiner
Hilfe aus ihren Fesseln freimachen könnte. Durch das Moratorium
begeben wir uns auch in einen Zustand der Kreditunwürdigkeit,
der Kredithilflosigkeit, der uns nachgerade in der letzten Zeit
zwingt, zu kurzfristigen Krediten zu schreiten, die bis zu einem
Prozentsatz von 9% die Landwirtschaft in empfindlichster Weise
belasten. Gerade an der Höhe der Zinsen haben wir als Bauern,
unterschiedslos welcher Nation wir angehören, am empfindlichsten
zu tragen.
Wenn nun jetzt sehr viel davon gesprochen wird, daß eine
Entschuldungsaktion die Landwirtschaft gesunden soll, so können
wir die derzeit vorliegende, im Landwirtschaftsministerium ausgearbeitete
Art von Entschuldung in dieser Form nicht gutheißen. Jede
Entschuldung soll doch der Landwirtschaft die Möglichkeit
geben, sich auf alle Fälle frei von den Fesseln zu halten,
die sie jetzt umklammern. Wenn ich aber jetzt eine Entschuldung
mit Rückzahlungsfristen von 7 oder 8 Jahren beschränke,
und außerdem einen Zinssatz vorschreibe, der trotz der Zinss
enkung noch immer nicht tragbar wäre und nicht die Möglichkeit
gäbe, der Landwirtschaft durch Absatz ein sicheres Einkommen
zu verschaffen, so bedeutet diese Form von Entschuldung keineswegs
eine ausreichende Art Hilfe für die Landwirtschaft. Der Landwirtschaft
helfe ich nur dann, wenn ich auf Grund einer längeren Frist
ihr die Möglichkeit gebe, die Schulden abzustoßen,
und diese Möglichkeit ersehen wir von der Sudetendeutschen
Partei im Rahmen einer Zeit von mindestens 30 Jahren. Eine Landwirtschaft,
die nicht im Laufe von 7 Jahren verschuldet wurde, kann auch in
dieser kurzen Zeit nicht wieder entschuldet werden. Umsomehr,
wenn man darauf ausgeht, eine Besserung durch Einführung
einer sogenannten Planwirtschaft zu erreichen, gegen die wir ebenfalls
äußerste Bedenken haben.
Man denke nur daran, was man mit der Planwirtschaft in Rußland
erreicht hat, gerade in diesem Staate, der hier im Hause wiederholt
angezogen wurde als jener Staat, der angeblich die besten Wirtschaftsmaßnahmen
bringt, weil er die Planwirtschaft eingeführt habe. Wenn
vorgestern in der "Roten Fahne" zu lesen war, daß
jetzt in Rußland wieder jeder Bauer eine Kuh habe, so ist
das recht merkwürdig. Wir hier können uns eine Wirtschaft
ohne Vieh überhaupt nicht vorstellen. Wie entsetzlich müssen
die Folgen der Planwirtschaft in Rußland gewesen sein, wenn
das jetzt als eine besondere Errungenschaft hingestellt wird,
daß jeder Bauer wieder eine Kuh habe. Dabei wissen wir ja,
wie solche Berichte gefärbt sind und wenn da von einer Kuh
die Rede ist, kann man annehmen, daß es kaum eine halbe
sein wird. Gerade der Zwang, der der Landwirtschaft auferlegt
wurde, im Rahmen eines festen Planes zu arbeiten, und nicht zuletzt
die Enteignung landwirtschaftlichen Bodens, brachte eben diese
erschütternden Wirtschaftszahlen zutage. Gerade in Rußland,
so schreibt ein Legationsrat der englischen Gesandtschaft, sind
bestimmt 10% der bäuerlichen Bevölkerung an Hunger zugrunde
gegangen. In einem ausgesprochenen Agrarstaat muß also der
Bauer verhungern an der Einführung von Zwangsmaßnahmen,
wie sie die sogenannte Planwirtschaft vorsieht. Wenn man bei uns
von Planwirtschaft spricht, möge man sich keineswegs damit
identifizieren, einen genauen Plan für die Anbauverhältnisse
unserer Landwirtschaft festzusetzen, sondern man möge einen
Plan ausarbeiten, in welcher Weise unsere Produkte vorteilhaft
am Markte abgesetzt werden können, also in Form einer planmäßigen
Wirtschaft eine Marktwirtschaftsregelung durchführen. Planwirtschaft
und planmäßige Wirtschaft ist etwas vollkommen Verschiedenes.
Was man auf der einen Seite in Form von bürokratischen Einrichtungen,
Gesetzen und Verordnungen machen will, muß man auf der anderen
Seite in Form einer geregelten, geordneten Produktion im Einklang
mit den Bedürfnissen der Bevölkerung zu erreichen suchen.
Wir haben als angebliche Landwirtschaftssicherung bei uns im Getreidemonopol
eine Festsetzung der Getreidehöchstpreise bekommen. Die können
doch keineswegs unsere Gestehungskosten in der Landwirtschaft
decken. So lange die Landwirtschaft gezwungen ist, von der Substanz
zu leben, so lange ist es selbstverständlich, daß an
eine Abtragung der Schulden in der Landwirtschaft überhaupt
nicht zu denken ist. Getreidefestpreise müssen festgesetzt
werden, die dem entsprechen, was der Bauer an Kraft und Geld in
seine Wirtschaft investiert. Erst dann kann man mit Gewißheit
davon sprechen, daß solche Hilfsmaßnahmen, wie es
das Getreidemonopol ist, einen sicheren Wert für die Landwirtschaft
haben. Man hat leider bei der Einführung des Getreidemonopols
vergessen, auch dem Konsumenten die Mittel in die Hand zu geben,
damit er die staatlich garantierten Festpreise bezahlen kann,
um sich die notwendigen Mittel zu beschaffen, die er für
die Ernährung und Erhaltung seiner Familie braucht. Das Ansteigen
der Vorräte bei uns ist zum großen Teil auf diesen
Mangel zurückzuführen und auch darauf, daß wir
auf Grund von bestehenden Freundschaftsbündnissen mit den
südeuropäischen Staaten gezwungen sind, ihre überschüssigen
Getreidevorräte bei uns unterzubringen, aus Südslavien
jährlich 10.000 Waggons Weizen, aus Rumänien 5.000 Waggons
Mais; diese belasten unsere Wirtschaft empfindlich. Es wird notwendig
sein, die Freundschaft nicht so weit auszudehnen, daß man
die eigene Wirtschaft damit drosselt, sondern im Interesse der
Erhaltung der eigenen Wirtschaft Bündnisse mit anderen Staaten
abzuschließen, die im gegenseitigen Austausch der Produktion
eine sichere Grundlage für den Stand und für den Staat
erhalten.
Wir haben in der letzten Zeit - bezeichnend für die Hilfe
der Landwirtschaft, die am grünen Tisch in Prag fabriziert
wird erlebt, daß man eine Beschränkung der Weizenanbaufläche
um 8% vorsieht. Wenn sie national völlig gleich durchgeführt
würde, beim deutschen Bauer wie beim èechischen und
slovakischen Bauer, würde man sich einreden lassen, daß
dies im Interesse des Staates notwendig ist. Wir haben leider
feststellen können, daß gerade die Vermehrung der Weizenanbaufläche
im slovakischen Gebiet in der letzten Zeit eine ganz enorm große
geworden ist. Die Kontingentierungsmaßnahmen für Rüben
und Hopfen beinhalten keinesfalls auch eine Besserung der Marktverhältnisse
unserer Landwirtschaft, sondern eine fühlbare Einschränkung
unserer Bodenproduktion. Wir haben leider bei dieser Einschränkung
der Anbaufläche sowohl bei Rübe, als auch bei Hopfen
und Weizen bisher noch keinen gangbaren Weg aufgezeigt bekommen,
in welcher Weise wir diese entfallenden Flächen mit anderen
Produkten bebauen könnten. Wir haben keine Möglichkeit,
auf diesen Flächen andere Erzeugnisse zu bauen, die wir ebenfalls
bei uns absetzen könnten. Man muß bei der Beschränkung
der Anbauflächen dem Staat auch gleichzeitig die Möglichkeit
bieten, durch Änderung des Produktionsplanes, also durch
planmäßige Wirtschaft dem Bauer die Möglichkeiten
zu geben, seine Wirtschaft gesund zu erhalten. Wir sehen es aber
als unbedingtes Erfordernis an, mit dem Schutze der Landwirtschaft
vor allem den entsprechenden Bodenschutz zu verbinden. So lange
wir dem Bauer seinen Boden nicht als Ernährungsgrundlage,
als Familienerhaltungsgrundlage sicherstellen und festlegen, so
lange sind Maßnahmen für die Landwirtschaft immer nur
vorübergehender und vielleicht verzögernder Natur. Der
Vorschlag eines Entschuldungsgesetzes durch das Landwirtschaftsministerium,
das eine Überführung unseres Bodenbesitzes an eine zu
schaffende Bodenbank vorsieht, und den Bauer als Pächter
beläßt, ist keineswegs die Grundlage zu einer Sicherung
der Produktion und zu einer Aneiferung des betreffenden Besitzers,
im Interesse der Landwirtschaft und seines Besitzes seine Arbeit
voll zur Auswirkung zu bringen. Es muß unumgänglich
in erster Linie gefordert werden, daß dem Bauer sein Besitz
in jeder Form gewahrt werde, daß der Bodenschutz für
den Bauern ein 100%iger und unbedingt sicherer sei. Es wäre
gerade in diesem Falle wieder auf Rußland hinzuweisen, in
welcher Weise die Entnahme des Bodens von Seiten des Bauern eine
derart schwindende Produktionsziffer im Getreidebau zutage förderte.
Wir sprechen bei uns wiederholt von der Notwendigkeit, eine gesicherte
Preispolitik zu betreiben. Unsere Preise, die unseren Produktionskosten
nicht angeglichen sind, die aber auch in keinem Verhältnisse
stehen mit all jenen Kreisen, die unsere Produktion und unsere
Erzeugnisse kaufen müssen, müssen in einer Form sicher
gestellt werden, die alle Möglichkeiten bietet, auch auf
Grund dieser - Preise ein entsprechendes Auskommen zu finden.
Wenn wir eine gesunde Bodenpolitik betreiben und daran eine gesunde
Preispolitik anschließen, können wir versichert sein,
daß auf diesen beiden Wegen eine unbedingt gesunde Staatspolitik
getrieben wird. Je mehr man darauf ausgeht, eine Sicherung der
Landwirtschaft zu betreiben, um so mehr geht man gerade bei uns
darauf aus, alle Kräfte anzuspannen, daß eben eine
Gesundung unseres Staates auf alle Fälle gefördert wird.
So lange man glaubt, damit auskommen zu können, daß
man mit lauter Hilfsmaßnahmen, Exekutionsschutz, Moratorium
usw. der Landwirtschaft hilft, so lange ist es vollkommen unzureichend,
in jener Weise von der - Landwirtschaft die staatlichen Erforde
rnisse in Form von Steuern zu decken, wie es in der jetzigen Zeit
vor sich geht. Gerade in den ländlichen Bezirken sind Klagen
über die große Belastung, daß die Steuern zu
groß und zu drückend sind. Unsere verhältnismäßig
niedrigen Preise sind noch lange nicht in Einklang gebracht worden
mit den Sätzen, die man von uns als Staatsleistung in Form
von Steuern verlangt, die noch keineswegs den Angleich daran bekommen
haben, ob unser tatsächliches Einkommen ausreichend ist,
in dieser Form zur Tragung der Staatslasten herangezogen zu werden.
Wir finden auch ein ganz geringes Entgegenkommen in den verschiedensten
Ämtern gerade im Belangen der Landwirtschaft. Wir finden
in unseren Steuerämtern häufig nicht das Verständnis,
das notwendig ist, um den Schutz der Landwirtschaft draußen
entsprechend vertreten zu können.
Man bringt in der letzten Zeit als eine neue Maßnahmen für
die Landwirtschaft die Einrichtung von Zwangsgenossenschaften
und Zwangsorganisationen vor. Wir sind überzeugt, daß
gerade unser Genossenschaftswesen in der Landwirtschaft auf einer
ausnahmsweise hohen Stufe steht, daß sich eine ganz seltene
Vorsorge für die Landwi rtschaft eingestellt hat, die vollkommen
ausreichend ist, um allen Anforderungen der Landwirtschaft zu
entsprechen. Es ist deshalb ein Gespenst, das vorgemalt wird,
und es ist nicht notwendig, in der Form einer Zwangsorganisation
für die Landwirtschaft eine Hilfe für dieselbe zu erblicken.
Wenn man bestrebt ist, im Dienste der Landwi rtschaft die bestehenden
Organisationen auszubauen, so genügt es wohl, wenn man unsere
bestehenden Organisationen voll einsetzen würde, um hier
ihren Einfluß entsprechend zur Geltung zu bringen. Und gerade
im Getreidemonopol finden wir, daß unseren Genossenschaften
nicht der Platz eingeräumt wird, der ihnen zusteht. Es wäre
daher notwendig, den Einfluß der Genossenschaften insbesondere
dort einzusetzen und zu verwirklichen, wo wir fur unsere Belange
eintreten können.
Wir hoffen, daß die planmäßige Mitarbeit, welche
von unserer Seite aus gerade für die Belange unseres sudetendeutschen
Volkes und für die Beseitigung der größten Härten
entwickelt wird, die uns durch diese unglücklichen Verhältnisse,
in welche wir im Laufe der letzten Jahre hineingeraten sind, entstanden
sind, mit dazu beitragen wird, in einer Form endlich Linderung
zu verschaffen, von der alle Stände unseres Volkes einen
entsprechenden Nutzen haben. Es wird unumgänglich notwendig
sein, daß der ernsteste und zielbewußteste Einsatz
gerade der einzelnen Völker nur im Interesse und im Dienst
der Erhaltung derselben und im Dienste des Staates eine Möglichkeit
bietet, die eine Sicherung der unbedingten Erhaltung des Lebensstandards
der einzelnen Völker begründet und so dazu beiträgt,
bessere Zeiten und bessere Verhältnisse zu schaffen. (Potlesk.)