Hohes Haus! Das sind die entscheidenden Dinge. Wenn wir heute
das Moment des Nationalitätenstaates hervorkehren, wenn wir
heute nach neuen, administrativ-technischen Mitteln suchen, um
Wege zu zeigen, auf denen der Staat jenen Aufgaben gerecht werden
kann, die der Herr Ministerpräsident von hier aus in so wundervoller
Weise gezeichnet hat, dann tun wir dies nicht aus taktischen Gründen,
um den Staat gewissermaßen auf kaltem Wege zu teilen, wie
man uns es hier gesagt hat. Mit dieser unbelehrbaren Mentalität
ist dem Problem nicht beizukommen. Mit dieser unbelehrbaren Mentalität
werden Sie nur höchstens eines bewirken, daß die Zahl
jener in unserem Lager wächst, die sagen: bemüht Euch
nicht weiter, es hat keinen Zweck, mit den Èechen ist doch
nicht weiter zu reden! Halten Sie sich vor Augen, was Sie im Gegensatz
zu dieser Aufgabenformulierung des Herrn Ministerpräsidenten
hier 20 Jahre lang getrieben haben. Auf der einen Seite war der
Staat ein Nationalitätenstaat, auf der anderen Seite sagten
Sie, der Staat ist ein Nationalstaat, und Sie haben den Staat
so verwaltet, als ob es nur Èechen in diesem Staate gebe,
spaterhin bestenfalls auch Slovaken. Sehen Sie, Sie haben geglaubt,
durch den machtmäßigen Einsatz über die Tatsache
der bevölkerungsmäßigen Gegebenheiten hinwegggehen
zu können. Sie haben geglaubt, daß es genügt,
Polizisten und Polizisten einzukleiden und die staatlichen Machtmittel
zu konzentrieren und jeden Minderheitenangehörigen, der zu
politischem Eigenbewußtsein erwachte, als Staatsfeind hinzustellen,
um über die Tatsache des Nationalitätenstaates hinwegzukommen.
So ist aus dem Widerspruch zwischen der Nationalstaatsideologie
einerseits und den Gegebenheiten des Nationalitätenstaates
andererseits jene besondere Staatlichkeit gewachsen, die wir als
Polizeistaatlichkeit schlechthin bezeichnen, die ein faktisches
System darstellt, das von uns Deutschen zunächst als das
System der Unterdrückung empfunden wird. (Potlesk poslancù
strany sudetskonìmecké.)
Sie sagen: Wo unterdrücken wir Euch, sind wir Barbaren? Unsere
Minister so ehrenvolle, so kluge und gebildete Menschen! Ja, Sie
können uns noch hunderte Eigenschaften Ihrer maßgebenden
Staatslenker aufzählen. So primitiv liegen aber die Dinge
nicht, und nie hat jemand von uns behauptet, daß ein Ehrenmann
vom Rang des Innenministers oder von der hohen persönlichen
Kultur des Ministerpräsidenten oder von der typisch geistigen
Prägung eines Dr. Dérer ein System der Persekution
inaugurieren oder bewußt decken würde. Das ist ja das
Merkwürdige in unserer Staatlichkeit, daß wir auf dieser
Ministerbank hochgebildete und gutwillige Menschen haben, die
auf der anderen Seite das faktische System des Staatszustandes
zu ändern nicht in der Lage sind. (Výkøiky.)
Denn die Staatsführung hat bei uns in 20jähriger
Tätigkeit abdiziert zugunsten des kleinen Polizisten und
Gendarmen. (Potlesk poslancù strany sudetskonìmecké.)
Und der kleine Polizist und der kleine Gendarm halten die
Dinge in ihrer Hand, und das faktische Ergebnis dessen ist das,
was selbst Dr. Hilgenreiner im Senate als die Unterdrückung
im Staate hinstellen mußte.
Im Zuge der gesamten jüngsten Entwicklung hat man es für
notwendig und für zweckmäßig gehalten, auch die
Wehrfähigkeit des Staates zu entwickeln. Eine Selbstverständlichkeit.
In dem Maße, in dem die Welt rüstet, wurden militärische
Interessen zu schützende Rechtsgüter. In allen Staaten
setzte eine Entwicklung ein, um einen wirksamen Schutz dieser
Rechtsgüter auch mit justizpolitischen Mitteln zu erwirken.
Wir sehen überall in den letzten Jahren eine Verschärfung
der Gesetzgebung zum Zwecke der Sicherheit der militärischen
Interessen. Aber was ist das Merkwürdige? Sie haben uns ein
irreguläres System des Strafverfahrens in Militärstrafangelegenheiten
geschaffen. Wir haben aus intimer Kenntnis der Dinge im verfassungsrechtlichen
Ausschusse und hier im Hause gewarnt, wir haben an allen maßgeblichsten
Stellen der Regierung und der Staatsführung vorgesprochen.
Sie haben uns aber nicht geglaubt und nun haben wir 1 1/2 Jahre
Praxis dieser Gesetzgebung. Was ist geschehen? Hier in diesem
Bereiche haben Sie, ich möchte sagen, den unumstößlichsten
Beweis für diese meine Behauptung, die ich vorhin aufgestellt
habe, daß die Staatsführung zugunsten des kleinen Polizisten
und Gendarmen abdiziert habe. In einer absolut naivpolitischen
Auffassung haben die Gendarmen und Polizisten so getan, als ob
die Militärverratnovelle ausgerechnet für sie geschaffen
worden wäre, damit sie ihre subjektive Meinung abreagieren
können zu Ungunsten aller armen Teufel, die ihnen unangenehm
geworden sind. So haben Sie die Voraussetzungen gafür geschaffen,
daß irgendein Gendarm oder Polizist über das Wohl und
Wehe, über die materielle oder moralische Existenz von Menschen
entscheiden kann, indem er einfach sagt: Spion! Spion brauchte
nur gesagt werden und schon hat man den Mann wegen Spionage abgeführt.
Und da konnten sich selbst Minister bemühen, auch Herr Prof.
Spina und Zajièek, soviel sie wollten, vergebens.
Ich konnte dem Herrn Justizminister anführen und ihn auffordern,
einmal Akten vorzulegen. Ich kenne Fälle, da ging es um Ärzte,
um Angehörige der Intellektuellenberufe, da haben sich auch
die Minister Spina und Zajièek bemüht,
aber die Leute sind 8 bis 8 Monate gesessen. Die Praxis wurde
hin, die Gesundheit wurde hin, und wenn sie endlich herausgekommen
sind, dann hat sich herausgestellt, daß man sie zweimal
einvernommen hat, um Blödheiten gefragt hat. (Výkøiky
a hluk.) So hat man faktisch ein System der Unterdrückung
. . . ich bitte, ich komme Ihnen entgegen . . . werden lassen.
Wenn wir diese Dinge sagen und immer wieder sagen, und wenn Sie
darauf sagen, das ist die antistaatliche Agitation der Sudetendeutschen
Partei, so ist das nicht nur eine faule Ausrede, sondern Sie treiben
auch ein gefährliches Spiel. Wenn Sie die Dinge nicht zur
Kenntnis nehmen, daraus nicht die entsprechenden Konsequenzen
ziehen, werden Sie mitschuldig daran. Denn Sie decken das System.
Und darum geht es. Hier muß Ordnung gemacht werden, von
hier muß dieses faktische System der politischen Minderbehandlung
und der Rechtlosmachung der Minderheiten geändert werden.
Von hier aus müssen Sie anfangen, die Dinge wegzuräumen,
die hier selbst der Herr Ministerpräsident anerkannt hat,
als er von den psychologischen Barrieren und Hemmnissen sprach.
Aber solange es möglich ist, daß kein deutscher Bezirk,
fast keine größere deutsche Gemeinde ist, wo nicht
ein Mann wegen angeblicher Spionage verschwunden ist und verschwunden
bleibt, können die Dinge nicht anders werden.
Und so könnte ich diese Dinge in den verschiedensten Zweigen
der öffentlichen Verwaltung, der besonderen sozialen und
wirtschaftlichen Verwaltung nachweisen, um zu zeigen, wie überall
jenes faktische System dieser Rechtlosmachung durch die Kleinen
der Exekutive, durch die Gendarmen und Polizisten wirksam geworden
ist.
Ich konzediere Ihnen eines: Ich habe mich eingehend mit den Zuständen
unserer Justiz und unserer Verwaltung befaßt. Und ich sehe
heute auch manches anders, als ich es vor zwei Jahren gesehen
habe, seitdem in mein Bureau in der Jeèná 4b Menschen
aus dem Umkreis von 20 und 30 km von Prag, Èechen zum Henleinovec
gekommen sind und ihn gebeten haben, er solle ihnen helfen, und
ich habe die Dinge an Hand von Gerichtsakten nachgeprüft
und da habe ich gesehen, was bei uns in Justiz und Verwaltung
möglich ist. Seitdem weiß ich, daß auch hier
tatsächlich viel faul im Staate ist. Aber Sie dürfen
sich damit nicht ausreden, auch bei uns kommt halt so etwas vor.
Eben im Nationalitätenstaate darf es keine Betriebsunfälle
in Justiz und Verwaltung geben, nur die maximal beste Verwaltung,
nur die maximal beste Rechtssprecbung ist das erste technische
Mittel, um den Staat für die Weiterentwicklung frei zu bekommen.
Um die Dinge geht es. Und wenn ich noch etwas sagen soll: Diese
Dinge haben Ihnen die Interessenahme des deutschen Reichskanzlers
eingebrockt, die Sie beinahe bereit waren, als einen Angriff auf
die Souveränität zu sehen.
Gestatten Sie, daß ich Ihnen da, wie es meine Art ist, mit
aller Offenheit noch Einiges sage. Es war im Frühjahr 1919,
da fuhr ich erstmalig nach Deutschland. Ich reiste über Österreich
in Passau ein. Ich hatte einen èechoslovakischen Paß.
Der Zollbeamte fragte mich, was das für ein Paß sei.
Als ich deutsch sprach, war er sehr verwundert. Als ich aus der
ganzen Stimmung des 18jährigen Gymnasiasten über unsere
Dinge sprach, da starrte er mich verständnislos an. Ich bin
damals 6 Wochen lang mit dem Rucksack auf dem Rücken durch
die Städte Süd- und Mitteldeutschlands gegangen und
habe dieses Deutschland studiert und erstmalig kennengelernt.
Ich habe gesehen, daß diese Menschen im Reich überhaupt
nicht wußten, daß es Deutsche im èechoslovakischen
Staate gibt und wie die Dinge gelagert sind. Es war eben so, daß
nach der politischen Einigung des Kerngebietes deutscher Nation
im Bismarckischen Reiche die Entwicklung eine absolut binnendeutsche
gewesen ist. Und es ist Tatsache, meine Herren, daß man
selbst noch lange Jahre hindurch nach dem Kriege sich einfach
um die Dinge überhaupt nicht kümmerte. Aber nicht, weil
etwa Regierungskreise wollten oder nicht wollten, sondern weil
einfach das Leben und Treiben der deutschen Minderheit hier bei
uns, die politischen Verhältnisse im èechoslovakischen
Staate, überhaupt keine Angelegenheit des binnendeutschen
Blickbereiches waren.
Es ergibt sich nämlich die ganz merkwürdige Tatsache,
daß aus den besonderen deutschen Entwicklungsvoraussetzungen
heraus das èechische Volk jenen Zustand - um hier ein Wort
Dr. Hodžaszu gebrauchen, das er in seiner Prager Promotionsrede
angewendet hat - jenen Zustand nationaler Integration im Sinne
des Zusammenschweißens aller Volksangehörigen, aller
Volksschichten, mit dem Jahre 1919 und vor dem deutschen Volkes
erreicht hatte, weil einfach aus den binnendeutschen Entwicklungen
heraus der kleindeutsche Klassenstaat einer Meinungsbildung auf
Grundlage der gesamtvölkischen Solidarität hinderlich
war. Wenn also der Herr Ministerpräsident in seiner Promotionsrede
einige Tage vor diesem Exposée von dem Emotionialismus
gesprochen hat, der angeblich die Entwicklung im Deutschen Reiche
erfaßt hat, so ist dieser sogenannte Emotionalismus in seiner
angeblichen politischen Wirkung der Nationalsozialismus, tatsächlich
nichts anderes als eine politische Entwicklungserscheinung, die
Sie - so paradox es klingen mag - auf èechischer Seite
Jahre zuvor dem Deutschen Reiche und dem deutschen Volke, wenn
auch in Ihrer besonderen nationalen Art, vorweg genommen hatten;
und eine Folgewirkung dieser Entwicklung ist es erst, daß
nun aus einer vollständig neuen öffentlichen Meinungsbildung
heraus eben die Angehörigen des deutschen Volkes, soweit
sie eben innerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches siedeln,
mit jener Empfindlichkeit Anteil nehmen an dem Schicksal der Volksgenossen
außerhalb des Reiches, wie Sie eben Anteil zu nehmen gewohnt
sind an allen Angehörigen èechischer Zunge seit Jahr
und Tag, seit Jahrzehnten, seit jeher. Das muß einmal mit
aller Deutlichkeit festgestellt werden, um Ihnen zu zeigen, daß
hier, ich möchte sagen im deutschen Gesinnungsoder Meinungsbereiche
sich die natürlichsten Dinge von der Welt entwickeln, für
die gerade Sie besonderes Verständnis haben müßten,
und daß das alles nichts zu tun hat mit all den Behauptungen,
all den Ängstlichkeiten, die man von Ihrer Seite vorgebracht
bekommt. Meine Herren, ich möchte so sagen: Wie der Tropfen
vom Himmel fällt und sich im Bache sammelt und wie die Bäche
zu den Flüssen strömen und die Flüsse zum Meere,
so liegt es im Wesen der Menschheitsentwicklung, daß irgendwie
Zusammengehörige eines Volkes zum großen Strom zusammenwachsen,
zumindest im Sinne einer meinungsmäßigen Gesinnung
und im großen Gefühl der Solidarität. Und da haben
sich die Dinge auch technisch geändert. Noch 1925/26 konnten
Sie hier machen, was Sie wollten. Da gab es keinen deutschen Korrespondenten
und wenn es einen gab, konnte er nicht èechisch. Und wenn
er einmal etwas an ein deutsches Blatt berichtet hat, hat man
es einfach nicht zur Kenntnis genommen, weil man in Berlin in
den großen Tageszeitungen sich sagte: "Was ist denn
die Èechoslovakei." Sehen Sie und hier konnte die
"Prager Presse" und das "Èeské slovo"
usw. schreiben, was sie wollten. Holen Sie sich einmal aus den
Parlamentsbibliotheken die Jahrgänge des "Èeské
slovo" von 1919 bis 1926, etwa aus der Zeit der Reichspräsidentenwahl
Hindenburgs, und Sie werden sehen, was man da alles geschrieben
hat. Ich wühle nicht in allen diesen Dingen, um Ressentiments
aufzurollen, oder etwa um Ihnen Schwierigkeiten zu machen, beileibe
nicht. Aber lesen Sie diese Dinge nach, Sie werden sehen, wie
ganz anders alles liegt, als Sie es aus ihren Vorurteilen betrachteten.
Heute, meine Herren, haben Sie die große Solidaritätsgrundlage,
die allgemeine gesinnungsmäßige Anteilnahme jenseits
der Grenzen, und fragen Sie einmal im Außenministerium nach
dem Stande der hiesigen Korrespondenten, wieviel reichsdeutsche
Korrespondenten es heute hier gibt. Und weiter: Sie würden
sich wundern, wer von ihnen alles schon èechisch kann.
Das hat seine praktischen Auswirkungen. Der Berichterstatter liest
am Morgen das "Èeské slovo", übersetzt
es selbst, berichtet und es wird gedruckt; und wenn diese Feststellungen
eben dann zum Kaffee den Reichsdeutschen serviert werden, dann
wird er eben jene Gefühle haben, die Sie haben würden,
wenn Sie hören würden, daß Angehörige der
èechischen Minderheiten schlecht behandelt würden.
Erst wenn Sie diese Zusammenhänge begriffen haben, werden
Sie seelisch begreifen, was sich in Mitteleuropa tut, dann werden
Sie vielleicht begreifen, was wir Ihnen sagen, ehrlich und aufrichtig.
Meine Herren! Unter diesem Gesichtspunkt möchte ich, daß
Sie nicht bloß sich mit uns auseinandersetzen, sondern daß
Sie, meine Herren von der Linken, sich auseinandersetzen mit vielem,
was im Exposé des Herrn Ministerpräsidenten geschrieben
ist, und auch schließlich hier in diesem Hause in den Protokollen
in Kürze zu lesen sein wird.
Meine Herren, wenn Sie erst so versuchen werden, Ihrerseits zu
einem Zustand der Vorurteilsfreiheit zu gelangen, werden Sie imstande
sein, in wirksamer Weise mit uns über die Dinge zu sprechen,
die uns beschweren, die aber nicht nur unsere Sorge sind, sondern
auch Ihre Sorge sein müssen, weil niemand auf der Erde Ihnen
diese Sorge abnehmen kann.
Denn, meine Herren, Nationalitätenprobleme sind nicht durch
Einsatz staatlicher Machtmittel zu lösen. Und da lassen Sie
mich schließen. Ich habe vorhin im anderen Zusammenhang
hingewiesen auf die Forderung Hampls, doch zu zeigen, was
wir praktisch zu leisten imstande sind. Was verlangen Sie eigentlich
noch von uns, was wir praktisch zeigen sollen, ehe Sie überhaupt
bereit sind, den guten Willen bei uns anzuerkennen? Wir haben
am 20. Mai 1935 einen Wahlerfolg erzielt, der einzig dasteht nicht
nur in der Geschichte des Staates, sondern in der Geschichte der
ganzen Demokratien. Wir sind nicht übermütig geworden.
Wir haben im Gegenteil es ausnahmslos mit Freuden begrüßt,
als unser Vorsitzender Konrad Henlein sich in einer Depesche an
den Staatspräsidenten Masaryk zur Verantwortung meldete.
Meine Herren! Auf die Antwort auf diese Depesche warten wir bis
heute! (Výkøiky.) Wir haben die ganzen Jahre
hindurch in diesem Hause eine absolut sachliche Haltung eingenommen.
Wir haben in schwierigsten Situationen versucht, mit sachlichen
Argumenten zu kommen. Wir haben dort Würde bewahrt, wo es
uns wahrhaftig schwer geworden ist. Erinnern Sie sich doch etwa
an die Schwierigkeiten, wie sie im Zusammenhang mit der Militärverratsnovelle
gekommen sind. Was haben wir damals für Argumente gebracht?
Heute sind diese Argumente durch die Entwicklung gerechtfertigt.
Stellen Sie sich einmal vor, daß im alten österreichischen
Reichsrat Klofáè und seine Parteigenossen
in der Lage gewesen wären, Argumente bei Seite geschoben
zu sehen, wie sie uns beiseite geschoben worden sind; ich hätte
den Zustand dieses Hauses nach dieser Sitzung sehen mögen!
Meine Herren, Sie können in unserer politischen Geschichte
nachprüfen, so viel Sie wollen, weder eingeschlagene Fensterscheiben,
noch verprügelte Gegner, noch zertrümmerte Ministerbänke,
noch andere Dinge gehörten zum Requisit unserer politischen
Argumentation. (Posl. dr Peters: Vielleicht haben sie es haben
wollen!) Vielleicht. Jawohl, ich danke dem Koll. Peters
für diesen Zwischenruf. Vielleicht hat es Stunden gegeben,
in denen es Ihnen recht gewesen wäre, wenn wir hier alle
Bänke kleingeschlagen hätten. Nehmen Sie zur Kenntnis,
meine Herren, an Mut dazu hätte es uns nicht gefehlt, aber
wichtiger als Mut sind Nerven und unsere Nerven werden Sie nicht
zu erschüttern vermögen. (Potlesk poslancù
strany sudetskonìmecké.)
Der Altpräsident trat zurück, es kam hier zur Verabschiedung
des Altpräsidentengesetzes. Wir haben in voller Würde
und in vollem Verständnis für Ihre Gefühle einfach
an den Tag gelegt, was man von uns nur erwarten konnte. Wir haben
schließlich beim Verteidigungsgesetz, bei der Verteidigungsanleihe
hier eine Stellung eingenommen, die mit Rücksicht auf unseren
Charakter als Opposition konstruktiver nicht sein konnte. Wir
haben schließlich unsere Volksschutzgesetze eingebracht.
Nun sagen Sie, das ist das besonders gemeingefährliche Mittel
heute. Wenn das Nationalitätenproblem nicht so schwierig
wäre, wäre es vielleicht schon in Österreich oder
hier gelöst worden. Man kann über die technischen Möglichkeiten,
das Nationalitätenproblem auf politisch-administrative Art
zu lösen, verschiedener Meinung sein; aber äußern
Sie doch wenigstens eine Meinung! Nicht einmal das tun Sie! (Potlesk
poslancù strany sudetskonìmecké.) Wir
haben den 18. Feber in seiner ganzen Bedeutung anerkannt, wir
haben uns gegen seine Prinzipien gestellt, aber wir haben erklärt:
wir werden nicht stören. Wir haben nicht gestört und
ein ganzes Jahr haben wir Sie in voller Ruhe gelassen. Was herausgekommen
ist? Lesen Sie nach, was Hilgenreiner im Senat gesagt hat.
Das, was Heller sagt, der vom letzten Blutstropfen spricht,
nehme ich nicht ernst; ist er doch schon an der Altersgrenze angelangt,
hinter der man nicht einmal mehr in das letzte Landsturmaufgebot
kommen kann. Oder was Kostka spricht aus einer sinekúrgesicherten
Stellung, ist, wie ich schon gesagt habe, für uns bedeutungslos.
Horchen Sie endlich auf Menschen, die aus ehrlicher Verantwortung
heraus zu den Dingen Stellung nehmen. Und da wird mir selbst Koll.
Zierhut, den ich da gerade sehe, recht geben müssen;
Sie werden sich nicht auf einen Sitz mit Kostka und Heller
setzen, wenn die so sprechen, nein, da sind wir alle einer
Meinung, wie praktisch die èsl. Nationalstaatlichkeit mit
ihren Auswirkungen in den letzten zwanzig Jahren für uns
gelaufen ist. Da gibt es niemanden, weder bei den Christlichsozialen,
noch beim Bund der Landwirte, und selbst bei den Sozialdemokraten,
die nicht absolut unserer Meinung wären. Ich habe den Eindruck,
oder kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß aus der
Mentalität, die mit dem Jahre 1919 abgestempelt ist, es Leute
gegeben hat, die glaubten, man könnte über Schwierigkeiten,
die ja eben wieder einmal nur für eine gewisse Zeit anhalten,
hinwegkommen durch eine neue Propagandaaktion, als welche der
18. Feber gerade gut genug wäre. Als ob es gewissermaßen
nur darauf ankäme, einen Zustand des politischen Stillhaltens
zu erreichen, nach welchen die alten Methoden wieder zu voller
Auswirkung kommen könnten. Meine Herren, lassen Sie diese
Denkungsweise fahren, weil sie einfach der Hemmschuh ist gegen
eine konstruktive Entwicklung, die wir wollen, aber nur wollen
können bis zu einer Grenze, die vereinbarlich ist mit unserer
Ehre und Würde, die wir auch zu vertreten haben. (Potlesk
poslancù strany sudetskonìmecké.)
Damit glaube ich gezeigt zu haben, daß alle Argumente, die
Sie uns entgegenschleudern, fehl am Platze sind. Damit sehen wir
uns unter dem Druck einer Entwicklung, eines Zustandes, der eindeutiges
politisches Handeln von uns fordern kann. Es wird heute zur Abstimmung
über das Exposé des Herrn Ministerpräsidenten
kommen. Es tut uns leid, für die Regierungserklärung
nicht stimmen zu können. Es wird Ihre Sache sein, die Entwicklung
im Staate so in Gang zu bringen, daß wir bei anderen Gelegenheiten
aus ehrlicher Überzeugung auch für eine Erklärung
des Herrn Ministerpräsidenten stimmen können. (Potlesk
poslancù strany sudetskonìmecké.)