Zur gleichen Zeit führte die SdP gegen die Aktivisten eine
Kampagne, die so hemmungslos war, daß sie sogar ihre persönliche
Ehrenhaftigkeit antastete. Ich erinnere vor allem an die heftige
Anklagerede, die Herr May hier im Hause am 22. Feber
gegen die Landbundführer, insbesondere gegen Gustav Hacker
gehalten hat und worin er sie mit den schärfsten Ausdrücken
der Korruption, ich wiederhole: der Korruption, beschuldigte.
Seither ist erst ein Monat vergangen. Wir erinnern uns alle noch
an die Heftigkeit dieser Auseinandersetzungen. Aber der von May
der Korruption beschuldigte Hacker ist heute Hauptstandesführer
der Bauernschaft in der SdP und wird wahrscheinlich demnächst
in den Bänken der SdP-Abgeordneten, am besten neben dem Herrn
May Platz nehmen. Von dem Herrn Luschka und seinen
Freunden aber wird man vielleicht demnäch st begeisterte
Reden über den Dollfuß-Mörder Planetta hören,
den sie ja jetzt als zweiten deutschen Nationalheiligen neben
dem [ ] Horst Wessel verehren müssen.
Das ist die politische und moralische Grundlage, auf der sich
die Vereinigung der bürgerlichen Aktivistenführer mit
der SdP vollzogen hat. Wahrhaftig, man blickt in einen Abgrund
von politischer Unmoral, Prinzipienlosigkeit, Erbärmlichkeit
und Feigheit. So sieht die deutsche Treue in der Nähe aus,
von der auf den SdP-Versammlungen gebrüllt wird. Das ist
die "Heiligkeit des deutschen Wortes", die von diesen
Leuten jeden Tag geschändet wird. In diesen Morast von Würdelosigkeit,
Demoralisation und Ehrlosigkeit führt der Faszismus.
Jede Desertion aber straft sich selbst. Die armseligen Figuren,
die ihre Gesinnung wechselten, wie andere ihr Hemd, um ihre politische
Existenz zu retten, haben nun erst recht ihre politische Existenz
verloren. Verachtet von einem bedeutenden Teil ihrer bisherigen
Anhänger, verachtet aber auch von ihren neuen Freunden, sind
sie politische Leichname, von denen sich jeder abwendet, dem der
politische Kampf eine Sache innerer Überzeugung ist.
Pøedseda (zvoní): Upozoròuji
pana øeèníka, že øeènická
lhùta již skonèila.
Posl. Beuer (pokraèuje): Es gäbe nur
eine Möglichkeit der politischen Ehrenrettung für sie:
den in den Tagen der Panik begangenen Fehltritt durch mutige,
öffentliche Abwendung von den faszistischen Erpressern wieder
gut zu machen.
Dagegen stellen wir mit großer Freude fest: die werktätigen
Anhänger des Landbundes und der christlichsozialen Partei
sind besser und tapferer als ihre Führer. Tausende haben
die Zumutung, zu den Faszisten überzulaufen, mit Entrüstung
zurückgewiesen. Sie werden auch weiter feset und standhaft
bleiben und gemeinsam mit den anderen Demo. kraten und
Antifaszisten für die wirklichen und gerechten Forderungen
des deutschen Volkes und für die Verteidigung der Republik
eintreten. Diese gerechten Forderungen sind allerdings wesentlich
anders als das, was die SdP fälschlich als die Grundforderungen
des deutschen Volkes ausgibt. Wir haben sie in unserem neuerlichen
Memorandum an den Ministerpräsidenten klar formuliert.
Das, was wir dort fordern, sind die Maßnahmen, deren rasche
Durchführung das sudetendeutsche Volk zur Sicherung seiner
wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Entwicklung und
zur friedlichen Zusammenarbeit mit dem èechischen Volke
sowie den anderen Völkern der Republik benötigt, nicht
aber eine Autonomie, in der nicht der Wille der deutschen Volksmassen,
sondern das Diktat der deutschen Unternehmer, der faszistischen
Henlein-Klique und ihrer Berliner Auftraggeber entscheiden würde.
Eine solche wahrhaft demokratische Regelung der sudetendeutschen
Frage, wie wir sie vorschlagen, würde, verbunden mit einem
energischen Vorgehen gegen das velksfeindlich e, hochverräterische
Treiben der SdP-Führer, in kurzer Zeit eine ganz neue politische
Lage im deutschen Gebiet und damit in der ganzen Republik herbeiführen,
weil sie es ermöglichen würde, hunderttausende deutscher
Werktätiger, die nicht den Krieg, sondern den Frieden, nicht
den Faszismus, sondern eine ruhige demokratische Entwicklung wollen,
aus dem Banne der faszistischen Demagogie der SdP zu befreien
und für die Republik zu gewinnen Schon die angekündigten
nationalpolitischen Maßnahmen in der Rundfunkrede des Ministerpräsidenten
und der feste entschiedene Ton dieser Rede überhaupt haben
im deutschen Gebiete eine gute Wirkung hervorgerufen. Aber das
allein genügt noch nicht. Nicht bloße Versprechungen,
sondern eine rasche kühne Tat, nicht nur gesetzliche Festlegung
des bestehenden Zustandes, sondern eines vollständigen, umfassenden,
gerechten nationalen Ausgleiches, kompromißlose Festigkeit
gegenüber den Agenten Berlins, aber demokratische Großzügigkeit
gegenüber dem su detendeutschen Volke als dem wirklichen
Partner bei der Herbeiführung einer nationalen Verständigung
das müssen die Grundlinien der Politik der Regierung in der
sudetende utschen Frage sein.
Wir erinnern bei dieser Gelegenheit daran, daß wir diesen
Weg schon lange vor dem 18. Feber 1937 in unserem ersten Memorandum
an den Ministerpräsidenten gezeigt haben. Hätte man
unsere Ratschläge befolgt und unsere Forderungen erfüllt,
so sähe es heute im deutschen Gebiete und in der ganzen Republik
wesentlich anders aus. Wir erwarten, daß unsere neuerlichen
Vorschläge bei der vom Ministerpräsidenten angekündigten
Regelung der deutschen Frage in weitestgehendem Maße Berücksichtigung
finden werden.
Aber wir sind uns dessen bewußt, daß zur Verwirklichung
eines solch en wahrhaften Versöhnungs- und Verständigungswerkes
und zum Schutze unseres Volkes und unserer Heimat gegen die faszistische
Abenteurer- und Katastrophenpolitik der Henleinklique vor allem
die Einheit der Arbeiterklasse und des werktätigen Volkes
überhaupt notwendig ist. Solche Worte sind auch auf dem sozialdemokratischen
Parteitage gefallen. Setzen wir sie endlich gemeinsam in die Tat
um, schaffen wir die Einheit und Volksfront, ehe es zu spät
ist. Die sozialdemokratischen Arbeiter erwarten und wünschen
das ebenso sehnsüchtig wie wir. Ein gemeinsames Vorgehen
von Kommunisten und Sozialdemokraten würde nicht nur die
sozialistischen Reihen außerordentlich stärken, würde
nicht nur den bürgerlichen Demokraten, die sich der faszistischen
Gleichschaltung widersetzen, Festigkeit und Widerstandskraft geben,
sondern würde schließlich auch hunderttausende werktätiger
Anhänger der SdP zum gemeinsamen Kampfe um ein besseres Leben,
für die nationale Gleichberechtigung sowie für die Rettung
der Demokratie und der Republik vor dem Faszismus mitreißen.
Das Zentralkomitee der kommunistischen Partei ist jede Stunde
zu Verhandlungen mit dem neuen sozialdemokratischen Parteivorstand
bereit. Möge er sich der geschichtlichen Verantwortung, die
ihm die ernste Situation auferlegt, ebenso bewußt sein,
wie wir. (Potlesk komunistických poslancù.)
Hohes Haus! Zu der namens der Koalitionsparteien gestern im Senat
abgegebenen Erklärung habe ich in Vertretung des Klubvorsitzenden
für den parlamentarischen Klub der SdP und KdP Folgendes
zu erklären:
Die Koalitionsparteien haben unter anderem auch zu unserer Erklärung
vom 29. März 1938 eine gemeinsame Stellungnahme bezogen.
Diese beweist nur unssere vollste Berechtigung festgestellt zu
haben, daß die èechischen Parteien immer noch glauben,
die neue inner- und außenpolitische Entwicklung nicht zur
Kenntnis nehmen zu müssen.
In Erwiderung auf Ihre Erklärung können wir daher nur
wiederholen: "Stärkere Mächte als Sie mußten
diese Tatsache anerkennen und die entsprechenden Folgerungen daraus
ziehen. Nur Sie allein glaubten bisher die neue Entwicklung nicht
zur Kennnntnis nehmen zu müssen. Ihre Versuche, das Bestehen
dieser Frage überhaupt zu leugnen und die späteren Versuche
mit Hilfe des Ausspielens eines bedingungslosen deutschen Aktivismus
einer Lösung auszuweichen, müssen auch Sie als gescheitert
betrachten."
Über diese Ihre politische Ignoranz hinaus stellt Ihre Erklärung
auch noch eine beispiellose Anmaßung dar, wenn Sie behaupten,
auch im Namen der "Bürger deutscher Nationalität"
sprechen zu können, obwohl allein schon nach dem Grundsatze
Ihrer Demokratie das ausschließliche Vertretungsrecht der
sudetendeutschen Volksgruppe uns zukommt.
Eine besondere Anmaßung ist es aber zu behaupten, daß
wir zu einer solchen Erklärung nicht berechtigt waren und
daß wir höchstens "nur" im Namen unserer
Partei sprechen könnten. Ihre Anmaßung erreicht aber
den Höhepunkt, wenn Sie außerdem noch der Öffentlichkeit
des In- und Auslandes vorspiegeln wollen, daß wir nicht
einmal berechtigt gewesen wären, unsere Erklärung vom
29. März d. J. im Namen unserer ganzen Partei abzugeben.
Hingegen nehmen Sie für sich in Anspruch, nicht etwa nur
im Namen Ihrer Parteien, sondern sogar "im Namen aller demokratischen
Bürger aller Nationalitäten" sprechen zu können
und behaupten zu dürfen, daß Sie "niemals das
Bestreben gehabt hätten, Angehörige welcher Nation immer
zu unterdrücken oder ihnen die in der Verfassung allen gleichmäßig
ohne Unterschied garantierten Rechte vorzuenthalten."
Hiezu können wir nur neuerlich auf alle unsere bisherigen
Erklärungen und Feststellungen [ ] hinweisen.
Trotzdem Sie von bisheriger und fortgesetzter Tätigkeit in
Richtung einer Verständigung sprechen, betrachten wir Ihre
Erklärung weder ihrem Wortlaute noch ihrem Geiste nach als
Ausdruck irgendwelcher Einsicht oder auch nur als Ausdruk des
guten Willens zu einer grundlegenden Lösung des für
die Existenz des Staates entscheidenden Nationalitätenproblems.
(Potlesk poslancù strany sudetskonìmecké.)