Úterý 22. srpna 1848

Szabel. Der Antrag besteht für sich allein, es könnte dann eine weitere Abstimmung über das Ganze erfolgen. Präs. Wenn ich das Amendement theile, so ist dieß ganz dasselbe; wird der erste Theil angenommen, so ist der Antrag des Abg. Szabel angenommen; ich bitte meine Herren, ich werde das Amendement nochmals vorlesen: "Zum permanenten Ausschusse sind zwei Mitglieder aus den Abtheilungen zu wählen. "Ich bitte durch Aufstehen die Annahme dieses Absatzes kund zu geben. (Wird angenommen.) Dadurch ist der Antrag des Abg. Szabel angenommen. Der zweite Punct des Antrages des Abg. Mayer lautet: ,,und ein Abgeordneter aus jedem Gouvernement zu wählen. "Ich bitte, meine Herren, die Annahme dieses Absatzes durch Aufstehen kund zu geben. (Wird angenommen.) Durch die Annahme dieses Absatzes ist auch der zweite Antrag des Abg. Podlewski angenommen. Abg. Borrosch. Ich erlaube mir ein Zusatzamendement nur zur Verhinderung eines Mißverständnisses zu beantragen: "zum neuen permanenten" statt zum "permanenten," denn sonst könnte man glauben als bliebe er. —Präs. Ich muß bemerken, daß nach erfolgter Abstimmung ein Verbesserungsantrag nicht angenommen werden kann, die Wahl zum Finanzausschusse ist bloß der Vollzug eines gestern gefaßten Beschlusses, also kann der frühere Ausschuß nicht verstanden werden Ich bitte nach Maßgabe dieser Beschlüsse zu den Wahlen in den Abtheilungen zu schreiten. Der Antrag des Abg. Duniewicz ist damit erlediget, weil er sich dagegen ausspricht. Abg. Trojan. Die Sectionssitzungen werden wahrscheinlich Morgen stattfinden? P r ä s. Im Vorzimmer sind Tafeln angebracht, da werden die Herren Vorstände die Güte haben, die Sitzungsstunde anzugeben. Es dürfte nun zum zweiten Gegenstande der Tagesordnung geschritten werden. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter der ersten Abtheilung zum Vortrage zu schreiten. Abg. Brestel. Es muß aber kund gegeben werden, wann die Abgeordneten der einzelnen Gouvernements sich zusammenfinden sollten. Präs. Wenn die Wahlen in den Abtheilungen vorgenommen sein werden, dann wirb zu den Wahlen aus den einzelnen Gouvernements geschritten werden. (Ruf: Interpellationen.) Es ist der Herr Minister des Innern nicht anwesend; wenn die übrigen vorgenommen werden wollen, dann steht es frei. Die erste Interpellation ist die des Abg. J o n a k an den Herrn Minister des Innern, dann die Interpellation des Abg. Reichl Fickl ebenfalls an den Herrn Minister des Innern. Justizminister Bach. Ich werde bitten, die Interpellationen auf eine kurze Zeit zu verschieben, indem der Herr Minister des Innern in kürzester Frist zurückkehrt, und es angemessen sein dürfte, daß er selbst die Antwort gibt.

Präs. Es wird daher zu dem Vortrage der Abtheilungen geschritten werden müssen. Ich ersuche daher den Herrn Berichterstatter der ersten Abtheilung zum Vortrage zu schreiten. (Liegt nichts vor, eben so auch in der zweiten.) (Berichterstatter Gleispach berichtet über die in der dritten Abtheilung vorgenommene Prüfung der Wahl der Abg. Paul Plenkovich, für Sebenico, Ant. Hübner für Znaim, Wenzl Nebesky für Neubenatek und Joh. Haßlwandter für Sillian in Tirol. Die Abteilungsträge auf die Gültigkeitserklärung dieser Wahlen an, was auch von der hohen Versammlung angenommen wurde. Da aus der 5., 6., 7. und 8. Abtheilung keine geprüften Wahlacten vorliegen, berichtet der Herr Berichterstatter der 9. Abtheilung, Abg. Dylewski, über die vorgenommene Prüfung der Wahl der Abgeordneten Dr. Spirid. Petrovich für Zara, Dr. Brauner für Przestic und Dr. Theod. Petranovich für K n in — und die Abtheilung trägt auf die Gültigkeitserklärung dieser Wahlen an, was auch von der hohen Versammlung angenommen wurde.) Präs. Bevor wir zum dritten Puncte der heutigen Tagesordnung übergehen, könnten vielleicht Interpellationen vorgenommen werden; ich ersuche den Herrn Abg. Jonak. Abg. Jonak. Ich muß gleich im voraus mein tiefstes Bedauern aussprechen, daß der Herr Minister der auswärtigen Angelegenheiten noch immer nicht auf der Ministerbank des Hauses sich befindet; ich muß dieses um so mehr bedauern, als meine Interpellation zunächst auf die Frage der äußeren Politik sich bezieht, auf eine Frage, bei der eine möglichst entscheidende und bestimmte Antwort sehr zu wünschen ist. Nachdem der Herr Minister des Innern die Güte hat, die Fragen, welche sich auf die äußere Politik beziehen, zu beantworten, so bemerke ich, daß sich diese Frage auf die Politik von Italien bezieht. — Es dürfte den verantwortlichen Ruthen der Krone nicht unbekannt sein, daß die Zeitungen, namentlich die französischen Zeitungen, beinahe jeden Tag über die italienische Frage eine neue Färbung nehmen; bald wird von einer Intervention im Sinne einer friedlichen Vermittlung gesprochen, bald wird hin und wieder eine bewaffnete Intervention in Aussicht gestellt. — Die Zeitung " National," welche man als ein halb offizielles Organ, wenigstens des Ministers Bastide, erklärt, gebrauchte in letzter Zeit ein eigenthümliches Wort über die Stellung des französischen Cabinetes oder der französischen Republik, und spricht von einer mediation arme und folgert daraus die Consequenz, welche das Cabinet der französischen Republik gegenüber von Italien einschlagen will. Ich muß gestehen, wenn es sich um eine bewaffnete Intervention von Seite Frankreichs handeln sollte, so könnte es uns nicht gleichgültig sein, namentlich wegen des Princips; wurde das Princip der nationalen Unabhängigkeit Italiens ausgesprochen, als garantirt durch die Waffengewalt Frankreichs, da muß ich gestehen, würde Frankreich die Consequenzen, wenigstens einigermaßen, zu beklagen haben. Handelt es sich um eine Territorialpolitik, so muß ich eben so offen gestehen, daß ich eine Intervention auch eine Medication arme nach den politischen Territorialverhältnissen von Europa gar nicht als zulässig erachte; handelt es sich lediglich um etwas Anderes, um eine bloße friedliche Vermittlung, so will ich mich allerdings so weit bescheiden, als es eine Vermittlung wäre, wie sie so häufig bisher stattgefunden hat. Man sagt, daß Frankreich hier mit England Hand in Hand gehe. Wenn es dasselbe England ist, welches der vernünftigeren österreichischen Politik hin und wieder seine Unterstützung geboten hat, dann sei auch eine Vermittlung in dieser Art willkommen. Aber, wenn es sich vielleicht um eine Politikhandeln sollte, die im Süden, in Sicilien namentlich, beiläufig einen solchen festen Punct finden will, wie in Helgoland im Norden, dann muß ich neuerdings gestehen, daß ich eine Richtung dieser Politik in ihren Consequenzen für Österreich tief beklagen müßte. Es wird den verantwortlichen Räthen der Krone ebenso bekannt sein, daß in den letzten Sitzungen des Frankfurter Parlamentes aus Anlaß der Frage: ob Tirol als ein Ganzes bestehen, oder in zwei Theile getheilt werden soll, Redner aufgetreten sind, die als Freiheitskämpfer ganz gewiß nicht zu den letzten gehören, wie Radowitz, Kohlparzer, Nauwerk, u.s.w. — sie haben diese Frage gründlich und energisch besprochen, und als die Abgeordneten mit Nothwendigkeit auf die Stellung Österreichs in der Lombardei und Venedig gekommen sind, als sie den Gang der Ereignisse, die Stellung, da? Vorrücken, das Verhalten der österreichischen Armee, das vielleicht ewig denkwürdige Verhalten in Italien berührt haben, ist der größte Theil des Frankfurter Hauses in einen stürmischen Jubel ausgebrochen, und ich wage es auszusprechen, vielleicht waren die Vertreter in der Pauluskirche, zum größten Theile wenigstens, in dieser Frage viel österreichischer gesinnt, als viele Osterreicher selbst. — (Beifall.) Meine Herren! diese denkwürdige Sitzung, in der das Frankfurter Haus die glorreichen und rechtlichen Siege unserer Armee auf eine ebenso gerechte als biedere Weise gewürdigt hat, hat auch zur weitern Frage geführt: welche Stellung nun das Reichsministerium einnehmen wolle? Soweit nun der Minister Hekscher darüber eine Antwort gegeben hat, muß ich gestehen, war sie geradezu, wenigstens unbestimmt und sprach nur den Wünsch au«, an dieser Frage soweit Theil zu nehmen, als dieselbe Frage in einer gemäßigten, friedlichen und ruhigen Weise einem endlichen ausgleichenden Ziele zugeführt werden soll. Nach diesen Worten, die ich zur Begründung angeführt, stelle ich an das Ministerium folgende Fragen:

1. Ob Frankreich und England überhaupt zu interveniren gedenken? Ob sie eine Intervention angekündigt haben, und in welcher Art? Und unter welchen Verhältnissen diese Intervention stattfinden soll?

2. In wie weit sich die Vertreter beider Mächte an den Verhandlungen in Mailand betheiligten?

3. In welchem Verhältnisse die deutsche Centralgewalt zu dieser Frage steht?

4. Ob und in wiefern sich das deutsche Reichsministerium an den Verhandlungen betheiliget hat? Ob es sich zu betheiligen gedenkt, oder ob es etwa auch seine Vermittlung angetragen hat?

Es würde beinahe in einer gewissen Natürlichkeit folgen, daß ich an diese Frage noch die weitere anknüpfe, welche Politik das Cabinet überhaupt in Italien zu verfolgen gedenkt, welche Politik es namentlich als Basis der Verhandlungen in Mailand stellen wolle? Ich muß gestehen, daß, nachdem das Cabinet einmal durch einen seiner Minister die Versicherung gegeben hat, daß die Armee wirklich als Befreier des Volkes erscheinen werde, so halte ich festen diesem Ausspruche. Ich will zweitens hoffen, daß die Politik der traditionellen Nothwendigkeiten, wie sie in einem französischen Blatte genannt wird, aufhöre, daß man gleichgültig um die Territorialnothwendigkeiten sich an die Politik der Völker hält und mit den Völkern rede. Ich stelle weiter diese Frage nicht aus dem Grunde, weil die Verhandlungen schweben, weil es jeder parlamentarischen Ordnung und jedem parlamentarischen Verfahren widerstreiten und widerstehen müßte, wenn man das Ministerium in einer Unterhandlung durch eine Frage stört, zu einer Zeit, wo die Unterhandlungen fortdauern. Minister des Innern, Doblhoff. Ich muß Ihnen vor Allem eröffnen, daß der Ministerpräsident Wessenberg gestern angekommen ist, und daß er heute bereits die Kammer betreten hätte, wenn er nicht von der Reise angegriffen wäre. In Beziehung auf die Interpellation, die ich nach den Voraussetzungen annehme, die der Herr Interpellant selbst so gefällig war vorauszuschicken, nämlich, daß ich in meiner Stellung nicht jene ausführlichen Mittheilungen machen kann, die von dem Minister des Auswärtigen zu erwarten waren; So erlaube ich mir, was die erste Frage betrifft, ganz kurz zu erwidern, daß der königlich großbritannische Botschafter sowohl, als der französische Geschäftsträger von ihren Regierungen Aufträge erhalten haben, der hiesigen. Regierung Ausgleichungsvorschläge in Beziehung auf die italienische Angelegenheit zu machen, worüber wir erst die Eröffnungen erwarten. Dießfalls dürfte daher nur von einer Mediation und nicht von einer Intervention die Rede sein, nachdem dieser Unterschied schon von dein Herrn Interpellanten gemacht worden ist. Was die Stellung der Frankfurter Nationalversammlung und des Frankfurter Reichsministeriums in dieser Angelegenheit belangt, so ist uns aus den Verhandlungen nur die Theilnahme bekannt, welche sie im Interesse von Österreich daran genommen haben. Eröffnungen von Seite des Reichsministeriums sind uns keine zugekommen. In dieser Beantwortung wird sich gewissermaßen schon die dritte Frage gelost finden. Indessen will ich doch anführen, daß aus brieflichen Mittheilungen uns bekannt geworden ist, daß das Reichsministerium einen Abgeordneten in das Hauptquartier des Feldmarschalls Grafen Radetzky senden will, ohne daß uns jedoch bekannt wäre, welche Information, welche Aufträge er dießfalls habe. Es scheint uns nur, daß er angewiesen sei, dort den Stand der Dinge genauer einzusehen und sich hierüber zu überzeugen. Ob, wie wir gleichfalls aus brieflichen Mittheilungen wissen, diplomatische Agenten von Seite des deutschen Reichsministeriums nach Frankreich, nach Paris und nach England, nach London geschickt worden sind, und ob dießfalls eine Verbindung mit der italienischen Frage besteht, darüber können wir gleichfalls keine Meinung äußern, weil wir dießfalls näherer Andeutungen entbehren. Ich muß bitten, mir zu sagen, ob ich irgend eine Frage unbeantwortet gelassen habe.

Abg. Jonak. Die Fragen sind in der Hauptsache beantwortet; es bliebe nur die, in wie weit sich die Vertreter Frankreichs und Englands an den Verhandlungen betheiligen? Minister Doblhoff. Darüber kann ich Ihnen wirklich keine näheren Erklärungen geben. Ich glaube, es hat keine unmittelbare Betheiligung, wenigstens nicht in Beziehung auf den Friedensschluß oder bezüglich auf die Mediation stattgefunden, sondern höchstens in Betreff des Waffenstillstandes, und zwar von Seite des englischen Gesandten, — welche aber, könnte ich in diesem Augenblicke nicht angeben, weil mir der Gegenstand nicht so genau bekannt ist. Abg. Jonak. Ich danke dem Herrn Minister für die Beantwortung dieser Frage, stelle aber zugleich die Bitte, damit der Minister des Äußern bis  die Geschäfte selbst übernommen haben wird, nach Möglichkeit dem Hause einen Bericht, nicht nur über den Stand der italienischen Frage, sondern auch über den Stand der Angelegenheit in den Donaufürstenthümern gebe. Der Minister wird die Wichtigkeit der Stellung nicht verkennen, nämlich die Wichtigkeit der gegenwärtigen Verhältnisse für Österreich, und eben so wenig, daß eine Aufklärung über diese Verhältnisse dem Hause von der dringendsten Nothwendigkeit ist. Präs. Es liegt die Anmeldung einer Interpellation, und zwar des Abg. Reichl vor, Abg. Reichl. Ich erlaube mir an den Herrn Minister des Innern in Abwesenheit des Ministers des Äußern die Anfrage zu stellen, ob die österreichische Regierung gesonnen sei, die französische Republik offiziell anzuerkennen? Denn ganz Deutschland sieht erwartungsvoll auf Österreich, und es dürfte an der Zeit sein, in Anerkennung des demokratischen Principes, mit Rücksicht auf die Politik seit den Märztagen, da der Werth der gegenseitigen Ein und Ausfuhr gegen 13 Millionen Silbergulden beträgt, die französische Republik anzuerkennen. Minister Doblhoff. Osterreichs Regierung hat die französische Republik nicht mehr anzuerkennen, sondern es ist bereits zum Theile geschehen, indem die Eröffnungen dießfalls nach Frankreich gegangen sind, und indem der französische Geschäftsträger bereits letzten Sonntag officiell bei Seiner Majestät empfangen worden ist. (Beifall.) Präs. Der Herr Abg. Staudenheim hat eine Interpellation an den Herrn Minister des Innern angemeldet. Abg. Staudenheim. (5s wird dem Herrn Minister des Innern bekannt sein, daß die Reichenauereisenbahn plötzlich in Angriff genommen worden ist, und daß bei diesem plötzlichen Angriffe der Reichenauerbahn die Grundeigenthümer, auf deren Gründen die Eisenbahn tracirt ist, plötzlich exprobirt wurden. Ich erlaube mir sonach die Frage: Ans welchem Grunde die Eigenthümer ohne Vormeldung exprobirt worden? weßhalb keine Schätzung dieser Gründe vorgenommen worden? oder ob eine Schätzung vorgenommen worden, und wann die Ablösung stattfinden wird? Minister Schwarzer. Diese Interpellation betrifft eigentlich das Ministerium der öffentlichen Arbeiten. Minister Doblhoff. Ich bitte, das ist ein Gegenstand, der vom Ministerium der öffentlichen Arbeiten besorgt wird, und ich glaube, dasselbe wird darüber ausführlichere, auf die Thatsachen begründete Aufschlüsse geben können. Minister Schwarzer. Ich glaube, daß die Anfrage des Herrn Interpellanten sich aus einer frühern Zeit herdatiere, denn als dieser plötzliche Angriff der Semmeringer  Eisenbahn und zwar aus sehr bekannten Gründen, nämlich wegen Überhäufung der Arbeiter in der Haupt und Residenzstadt eintreten mußte, wurde augenblicklich angeordnet, daß die Unterhandlungen mit den Grundbesitzern gepflogen werben sollen. Nach den Berichten, welche ich zufällig hier habe, ist dieß Alles bereits geschehen; es werden Verhandlungen auf gehörige Weise gepflogen; es ist bisher nicht die mindeste Klage von Seite der Grundbesitzer vorgekommen, und ich kann nicht begreifen, auf welche Umstände der Herr Interpellant sich in dieser Frage bezieht. Ich werde so frei sein, das Actenstück, welches ich hier habe, allenfalls nach Schluß dieser Reichstagssitzung dem Herrn Interpellanten vorzulegen, damit er sich überzeugen könne, daß kein Grund zu dieser Klage vorhanden ist. Abg. Staudenheim. Ich bin erst gestern von einem Grundbesitzer versichert worden, daß den Grundeigenthümern, auf deren Gründen die Eisenbahn tracirt ist, gar nichts bekannt geworden sei. Minister Schwarzer. Ich kann den Herrn Interpellanten versichern, daß ich die schriftlichen Beweise meiner Behauptung ihm vorlegen werde. Abg. Staudenheim. Ferner habe ich noch eine Anfrage an das Ministerium der öffentlichen Arbeiten zu richten. — Plötzlich waren bei eben derselben Gelegenheit eine ganze Masse Wienerarbeiter in das Reichenauer Thal gestürmt. Die dortigen Local Verhältnisse sind durchaus nicht von der Art, um für die Unterbringung dieser Leute, ihre Verpflegung, Ernährung, gehörig zu sorgen. Trotz meiner dahin gerichteten Aufmerksamkeit konnte ich keine Maßregeln entdecken, welche getroffen worden wären, um diesem Übelstande sowohl für die Arbeiter, als insbesondere für die Einwohner abzuhelfen. Ich erlaube mir daher die Frage an das Ministerium der öffentlichen Arbeiten, ob, solche Maßregeln getrosten worden sind, oder getrosten werden? — Ferner ist mir bekannt geworden, daß man beabsichtige, das Pfründnerhaus in Baierbach im Reichenauer Thale gewaltsam zu räumen und die Pfudner den Säuern aufzubürden, um das Haus zu einem Spitale für die Arbeiter im Erkrankungsfalle zu verwenden. Ich erlaube mir die Frage, ob dieß gegründet ist, und im Bejahungsfälle, wie dieß mit dem Gesetze vereinbar ist. Minister Schwarzer. Was die erste Frage anbetrifft, sind gestern und vorgestern zwei von den Unternehmern hinausgeschickt worden, welche die Absicht hatten, dort einen Lebensmittelverhaus einzuleiten, und die bloß an den Behörden von Reichenau und an den Unternehmern, die in ähnlichen Geschäften arbeiten, Hindernisse gefunden haben. Da man dieß in Reichenau nicht zulassen will, so habe ich eine Verordnung hervorsuchen lassen, in der ausdrücklich bemerkt ist, daß bei allen Bauunternehmungen solche Anstalten errichtet werden können, in welchen Lebensmittel verkauft werden. Was die zweite Frage betrifft, so muß auch der erwähnte Fall ganz neu sein, daß dieses Gebäude für öffentliche Zwecke und kranke Arbeiter hergerichtet werden soll, was ich gleichwohl wünschte. Sollte mir über diesen Fall berichtet werden, so werben gewiß die nöthigen Einleitungen getroffen werden, welche nicht nur die Gemeinde entschädigen, sondern auch auf die Pfründner bezüglich ihrer Unterkunft die billige Rücksicht nehmen. Ich erlaube mir zu bemerken, daß mir Beschwerden über so kleinliche Mieflande gegenüber der großen Opfern den Residenzstadt Wien sehr untergeordnet erscheinen, und daß die Wohlthaten, welche die Provinzen und das flache Land durch die Freiheitsbestrebungen der Wiener erhalten haben, auch diesen die Pflicht aufladen, die großen Lasten zu theilen und nicht über so unbedeutende Umstände sich zu beklagen, wie wir sie hier gehört haben.

Abg. Staudenheim. Mag dieß dem Herrn Minister unbedeutend erscheinen, aber ich versichere, diese Mißstände kommen den Bauern groß vor. Minister Schwarzer. Ich wiederhole, daß ich Alles thun werde, um diesen Übelständen, soweit es im Bereiche des Gesetzes liegt, Einhalt zu thun. Präs. Es liegen keine weiteren Interpellationen vor. Abg. Thinnfeld. Ich habe eine Interpellation eingereicht. — Die Ruhe der Stadt Wien ist gestern durch eine bedeutende Aufregung gestört worden. Die ganze Nationalgarde war versammelt, Sausende von Arbeitern durchzogen mit Geschrei die Stadt, die Thor waten gesperrt, die bürgschicken Kanonen aufgeführt. Dem Reichstage, welcher sich bei Seiner Majestät für die Ruhe der Stadt verbürgt hat, können diese Bewegungen nicht gleichgültig sein. Man sagt, daß die Herabsetzung des Arbeitlohnes die Veranlassung dazu gewesen sei; ein Placat aber, welches vom demokratischen Club angeschlagen wurde, scheint der Sache einen politischen Charakter zu geben. Ich erlaube mir an den Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten und beziehungsweise (zeigt aus die Ministerbank) folgende Fragen zu stellen, nämlich: Was war die Veranlassung der gestrigen Bewegung, welchen Erfolg hatte sie, und was sind die Herren Minister entschlossen zu thun, um ähnlichen Bewegungen für die Zukunft zu begegnen? Minister Schwarzer. Der Anlaß dieser Bewegung, wie der Interpellant richtig bemerkte, war wirklich die Herabsetzung des Taglohnes für Weiber und junge Leute unter fünfzehn Jahren. Es hat sich schon seit sechs Wochen das Bedürfniß herausgestellt, eine solche Herabsetzung durchzuführen, weil gerade unter Weibern und Kindein ein solches Zuströmen von Arbeitern stattgefunden hat, daß es nicht mehr möglich war, sie vollkommen zu berücksichtigen. Es hat sich weiter gezeigt, daß in den Gewerben, vorzüglich in den Vorstädten und am Lande, ein großer Mangel an Arbeitern eingetreten ist. Diese Leute haben vorgezogen im Prater und auf der Brigittenau in Gesellschaft nichts zu thun; sie konnten nicht mehr unter gehöriger Aufsicht gehalten werden, und es bleibt nichts übrig, als durch Herabsetzung des Lohnes einen Theil davon auszuscheiden. Daß die Herabsetzung des Lohnes nichtfrüher erfolgt ist, liegt in dem Grunde, daß es nicht gerathen war, in einer Zeit, wo nicht die volle Garantie für Ordnung und Ruhe vorhanden war, mit Kraft und Energie aufzutreten; es konnte aber dieser Schritt nicht mehr aufgeschoben werden, denn die strenge Jahreszeit ist bereits vor der Thüre, vielleicht bekommen wir in vierzehn Tagen schon Regenwetter, wo wir dann 14 bis 15.000 Arbeiter versorgen müssen und nicht im Stande sein werden, ihnen Brot zu geben. Es würde das Hinausziehen dieser Maßregel sicher noch größere Unruhen und vielleicht blutige Auftritte herbeigeführt haben. Um diesen zuvorzukommen, müßte jener Beschluß gefaßt werden; es geschah dieß im Einverständnisse mit dem Ministerrathe. Ich habe die Mittheilung dieses Beschlusses an die betreffenden Behörden gemacht, und zwar am Freitag; am Samstag wurde er den Arbeitern bekannt gegeben, ohne die geringste Ruhestörung, der Sonntag ist auch ruhig vorüber gegangen, und erst am Montage hat die Unruhe Statt gehabt, welche der verehrte Interpellant beklagt. Das Ministerium ist aber mit Kraft und Energie den Forderungen der Arbeiter entgegengetreten und hat nichts zurückgenommen. (Anhaltender Beifall.) — Ich glaube, daß dieses seit Monaten das erste Mal war, wo das Ministerium einer Volksbewegung nicht nachgegeben hat; ich glaube, daß alle Mitglieder damit einverstanden sind, wie sie auch erklärt haben, daß dieß fortan die Richtschnur ihres Handelns sein werde. Wenn wir eine strenge Handhabung der Gesetze als nothwendig erkannt haben, so werden wir mit aller Strenge den Befehlen für Ordnung gebührende Achtung zu verschaffen wissen. Ich glaube, es wurde noch eine zweite Frage gestellt? Abg. Thinnfeld. Die Frage wegen dem Erfolge. Minister Schwarzer. Der Erfolg ist der, daß die meisten Arbeiter an ihre Arbeit zurückgekehrt sind, und viele vielleicht nicht kommen werden, um als Wäscherinnen, Dienstboten, Gärtnergehilfen und bei anderen Gewerben zu dienen, wodurch der Industrie ein großer Vortheil verschafft wird. Es wird auch der Demoralisation der Arbeiter eine Schranke gesetzt, und ich muß bemerken, daß das Ministerium gesonnen ist auf diesem Wege consequent fortzufahren. (Bravo.) Justizminister Bach. Der Herr Interpellant hat auch gefragt, ob die gestrige Bewegung einen politischen Charakter gehabt habe, und in dieser Beziehung vorzugsweise auf ein Placat hingewiesen, welches heute zum allgemeinen Unwillen (Beifall im Centrum) an den Straßenecken prangt, in welchem ein Verein sich über das Ministerium stellt. (Beifall im Centrum.) Meine Herren, wir sind verantwortlich für die Aufrechthaltung der allgemeinen Ordnung und Ruhe, wir sind auch verantwortlich für die Achtung und Aufrechthaltung der constitutionellen Freiheiten, die, wenn sie auch noch nicht durch die Constitutionsurkunde verbürgt, doch durch das Wort des Monarchen, durch das Zusammentreten der freien Vertreter Österreichs garantirt sind. An diesem Standpuncte festhaltend, werden wir das Recht der Association und der freien Vereinigung in jeder Beziehung respectiren, allein ich fühle mich zugleich verpflichtet, offen zu erklären, daß wir auch jedem Mißbrauche dieses Rechtes entschieden entgegenzutreten wissen werden. Meine Herren! wir wissen wohl, daß positive Gesetze darüber noch nicht bestehen; allein wir glauben die Sache richtig aufzufassen, wenn wir meinen, daß das höchste Gesetz der Gesellschaft, das des allgemeinen Wohles, uns auch in dieser Hinsicht zur Richtschnur dienen muß; und von diesem Gebote geleitet, werden wir uns nicht scheuen, für die Verfügungen, welche uns dieses Gebot aufdringen wird, diesem Hanse hier verantwortlich zu sein und von demselben das Urtheil über unsere Handlungen hinzunehmen. (Beifall.) Meine Herren! wir müssen uns hier offen darüber aussprechen, daß wir auf dem constitutionellen, monarchischen Boden stehen und daß wir anarchische und republikanische Bewegungen nicht dulden werden. (Anhaltender Beifall des Centrums und der Rechten.) Meine Herren! wir haben die französische Republik anerkannt, wir haben sie anerkannt, weil wir von dem Grundsatze ausgehen, daß die inneren Angelegenheiten jedes Volkes von ihm und nur durch es selbst geordnet werden können. Wir aber sind durchdrungen von der Überzeugung und zweifeln nicht, daß Sie meine Herren, wie ein Mann dafür aufstehen werden, daß das volksthümliche, constitutionellmonarchische Princip es ist, welches uns regieren muß, wenn Österreich kräftig und verbürgt für seine Zukunft aus der Bewegung der Zeit hervorgehen soll! (Lebhafter Beifall.) Meine Herren! in dieser Überzeugung glauben wir handeln zu müssen; wir haben zwei Rücksichten im Auge: die Festeilung der Freiheiten das Volkes — diese werden von dieser Versammlung gewahrt; die Organisirung einer kräftigen Exekutivgewalt —dieß ist unsere Pflicht; und wir glauben, wenn wir dabei im Geiste des Gesetzes, im Geiste der constitutionellen Freiheit vorwärts gehen. Sie uns wirksam unterstützen werden. (Beifall )

In diesem Geiste werden wir handeln, und uns nie scheuen, offen und ehrlich für alle unsere Handlungen Rede zu stehen. (Großer Beifall.) Abg. Thinnfeld. Ich danke den Herren Ministern für die befriedigende Aufklärung, die sie uns gegeben haben.

Kriegsminister Latour. Meine Herren! Ich bin gestern nicht anwesend gewesen, als der Herr Minister des Innern vom Abg. Petranovich interpellirt worden ist, über die Frage, ob österreichische Truppen an dem unglücklichen Kriege, der in Firmen geführt wird, Antheil zu nehmen gezwungen werden, Ich halte es für meine Pflicht, Ihnen die volle Wahrheit zu sagen. — Es befinden sich bis jetzt, wo der Krieg, der nur an einem Puncte geführt wird, nur ein Ulanenregiment, ein galizisches Regiment, ein italienisches Regiment und etwas deutsche Cavallerie bei dem Corps, welches den Serben gegenüber steht. An den croatischen Grenzen sind noch keine Feindseligkeiten vorgefallen, indessen ist dieser Krieg ein unnatürlicher, denn beide Theile gehorchen dem nämlichen Monarchen. Das ist noch nicht vorgekommen. Man hat Kriege gesehen, wo sich brave Truppen in ihrer politischen Meinung, ob ihrer strengen Disciplin irre leiten ließen. Ich habe selbst Theil genommen an einem Kriege, als vor sechs und dreißig Jahren bei der Armee eine ähnliche Stimmung herrschte, die Sache war uns verhasst, aber der edle Corpskommandant wüßte auf den ritterlichen Sinn des Armeecorps zu wirken, und die Truppen fochten bei allen Gelegenheiten mit großer Tapferkeit. Aber hier gibt es keinen Ausdruck für das Gefühl, welches die Truppen haben, welche gegen ihre Waffenbrüder, die dieselben Fahnen tragen, kämpfen. Es ist von Seite des Ministeriums eine sehr nachdrückliche Vorstellung gemacht, und Seine Majestät sind angegangen worden, in Ihrer Weisheit ein Mittel zu finden, diesem Zustande ein Ende zu machen. Dieß kann, aber nicht gehofft werden, wenn nicht die Rathgeber der ungarischen Krone tätigst einwirken, denn auf sie fällt die Verantwortlichkeit. Das österreichische Ministerium, weder das vorige noch das jetzige, hat eine Verantwortung hierbei. Die Rathgeber der ungarischen Krone haben ein Gesetz in Vorschlag gebracht, die Militärgrenze mit ihnen zu vereinigen; sie würden es vielleicht nicht gethan haben, wenn sie die Folgen vorausgesehen hatten, denn die Militärkränze empfindet die größte Antipathie dem ungarischen Ministerium zu gehorchen; das ist Thatsache. Es ist der Grenze ein moralischer Zwang auferlegt, der nur nach langer Zeit seine Wirkung verlieren kann. Die Herren Officiere, die in dieser Lage sind, die in den deutschen Regimentern dienen, haben nur den Wunsch, bald aus dieser Lage befreit zu werden, und Seine Majestät haben bereits befohlen, sobald als möglich die deutschen Regimenter aus Ungarn zu entfernen, doch kann dieses nicht augenblicklich geschehen, weil das ungarische Ministerium nur eine Ablösung gestaltet, wenn man ihnen Ersatz geben kann. Dieß kann nicht auf einmal geschehen. Aber selbst die deutschen Officiere in den ungarischen Regimentern sind äußerst unglücklich, und ich muß bedauern, daß ich in meiner Amtwirkung keine Mittel habe, sie alle im Augenblicke aus dieser Lage zu befreien. Ich wünschte, daß die ungarischen Officiere aus den deutschen Regimentern den Wunsch, in ihre vaterländischen Regimenter übersetzt zu werden, aussprechen möchten, aber bis jetzt haben dieses äußerst wenige gethan; und selbst die ungarischen Officiere fühlen eine eigene Abneigung in diesen Kampf zu gehen, es ist kein Kampf gegen äußere Feinde, sondern gegen Truppen desselben Monarchen, unter derselben Fahne. Abg. Selinger. Es ist in diesem Hause schon öfters bemerkt worden, daß der Zweck unserer Sendung vorzugsweise im Werke der Verfassung bestehe und daß es wünschenswerth sei, dieses Werk nach Möglichkeit zu fördern. — Ich möchte daher an den Vorstand des Ausschusses für den Entwurf der Constitutionsurkunde die Frage stellen, wie weit die Vorarbeiten bereits gediehen, und ob beschlossen wurde, Theile der Arbeiten zur Berathung die Sectionen vorzulegen, oder ob diese Vorlage bis zu Ende des Werkes des Entwurfes verschoben werden soll? Abg. Mayer. In Abwesenheit des Vorstandes des Verfassungsausschusses glaube ich Folgendes bemerken zu dürfen. Der Verfassungsausschuß hat aus sich zwei kleinere Ausschüsse gewählt; der erste besteht aus drei Mitgliedern zur Berathung der Menschenrechte, der zweite besteht aus fünf Mitgliedern zur Berathung des Entwurfes der übrigen Theile der Verfassung. — Das erste Comite hat seine Aufgabe durch Vorlage eines dießfälligen Entwurfes schon gelöst, aber in Betreff des Verfassungsausschusses muß ich bemerken, wenn täglich öffentliche Sitzungen Vor und Nachmittag gehalten werden, er bis hier noch nicht dazu kam, arbeiten zu können. Wenn die Zeit hingebracht wird mit Verhandlungen eines sehr wichtigen Antrages, aber der sich in Wochen hinausdehnt, und wenn die Sitzungen sich so hängen und so lange dauern, so ist die physische Zeit nicht gegeben, um arbeiten zu können. Der Verfassungsausschuß, welcher die größte und wichtigste Aufgabe zu lösen hat, will arbeiten, möchte arbeiten, bittet aber ihm Zeit zu gönnen, daß er arbeiten könne. Präs. Weitere Anmeldungen von Interpellationen liegen nicht vor. Den dritten Gegenstand der heutigen Tagesordnung bilden die Berichte des Ausschusses für die Prüfung beanstandeter Wahlen. Ich ersuche daher den Herrn Berichterstatter zum Vortrage zu schreiten, falls etwas vorliegt. (Es liegt nichts vor.)


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