Sobota 14. øíjna 1848

Abendsitzung am 14. October 1848.

Vorsitzender: Präs. Smolka.

Anfang 1/2 4 Uhr.

Präs. Der Abg. Schuselka wird Bericht erstatten über die Thätigkeit des permanenten Ausschusses.

Abg. Schuselka. Es sind dem permanenten Ausschusse abermals höchst erfreuliche Zusicherungen von der Entschlossenheit der Bevölkerung ferner Gegenden zugekommen, Wien mit Gut und Blut zu vertheidigen. (Bravo.)

(Liest die Adresse der Nationalgarde von Steyer:)

"Hoher Reichstag!

"Durch den Erlaß des hohen Reichstages vom 7. d. M. wurde das Wohl und die Freiheit des Vaterlandes, die Unverletzlichkeit des constitutionellen Thrones und des Reichstages unter den Schutz der Nationalgarde gestellt. Die gefertigte Nationalgarde erkennt übereinstimmend mit dem hohen Reichstage die Gefahr, die den ruhmvollen Errungenschaften des Volkes droht, sie kennt aber auch ihre Pflicht, und hört mit unerschrockenem Herzen den Ruf des Vaterlandes.

"Sie ist bereit, einig und kräftig die Freiheit des Vaterlandes, seiner Vertreter und des constitutionellen Thrones zu schützen, und stellt sich im Sinne des oben angeführten Erlasses, unter Aeußerung des Dankes und Vertrauens, dem hohen Reichstage zur Verfügung.

"Steyer am 11. October 1848.

Die Nationalgarde von Steyer."

(Folgen die Unterschriften.)

Aus Troppau kommt uns folgende Zuschrift zu:

"Hohe Reichsversammlung!

"Durch das an die Völker Oesterreichs herabgelangte Manifest des hohen Reichstages veranlaßt, wurde auch in Schlesien durch den beigeschlossenen Aufruf das Landvolk aufgefordert, gerüstet und wachsam zu sein.

"Die hohe Reichsversammlung wird hiermit von diesem Schritte in Kenntniß gesetzt, und gebeten, den Schlesiern durch die Troppauer Nationalgarde die weiteren Befehle zugehen zu lassen.

"Troppau am 13. October 1848."

(Folgen die Unterschriften.)

Aus Neutitschein in Mähren war eine Deputation angekommen, um uns dieselben Versicherungen, die in diesen beiden Zuschriften ausgedrückt sind, mündlich mitzutheilen. Auch die Nationalgarde von Neutitschein ist bereit, auf Verlangen des Reichstages in möglichst großer Anzahl hier zu erscheinen, um die Gefahren, welche Wien bedrohen, abzuwenden. (Beifall.)

Eben wird mir mitgetheilt von einer Deputation von Hadersdorf, die in derselben Absicht gekommen ist, uns ihre thätige Mitwirkung beim Aufbaue des großen Freiheits- und Vaterlandswerkes anzutragen.

Vom Ausschusse der Studenten ist folgende Zuschrift an den hohen Reichstag gesendet worden. (Liest:)

"Hoher Reichstag!

"Der furchtbare Zustand einer fieberhaften Aufregung und Spannung der Gemüther, der gänzlichen Stockung des Verkehrs, des Handels und der Gewerbe, der von Stunde zu Stunde durch allseitigen Zuzug von Truppen steigenden Gefahr, macht es zu unserer Pflicht, ein ernstes entschiedenes Wort in diesem ernsten Augenblicke zu sprechen, und dieses Wort an jene Versammlung zu richten, welche uns als der legale Ausdruck des Willens der souveränen Völker Oesterreichs erscheint. Wir zweifeln nicht, daß diese hohe Versammlung von der Dringlichkeit des Augenblickes und der Unabweislichkeit eines entschiedenen Schrittes eben so innig überzeugt sei als wir, und wir hoffen daher um so zuversichtlicher, daß sie zum Wohle der Stadt, zum Helle des Landes, und zur Wahrung unseres höchsten Gutes, der Freiheit, mit Entschiedenheit handeln werde, als ein längeres Zögern nicht nur den Wohlstand Wiens zerstören, sondern auch diese Versammlung, den lebendigen Ausdruck der Volkssouverenität selbst, gefährden würde. — Ein mächtiges Heer steht feindlich vor den Thoren der Stadt, entwaffnet widerrechtlich die auf legalem Wege gebildete Garde der Umgebung, nimmt von des Kaisers Schloß die deutsche Fahne, die des Kaisers eigene Hand zuerst ausgesteckt hat, ab, und bedrückt durch Requisition von Lebensmitteln und zahllos Belästigungen das Land. Eine Garnison, die an schuldlosen Opfern einer blinden Rache unerhörte Greuel geübt, vereiniget sich mit ihnen, und bedroht die Stadt, die sie schützen sollte. Zahlreiche Deputationen, Aufforderungen und Versöhnungsanträge wurden nur mit glatten Worten beantwortet. Auf der anderen Seite ein bewaffnetes todesmuthiges Volk, mit Allen versehen, um den Kamps zu beginnen, zitternd vor Begierde loszuschlagen, und das befreundete Heer der Magyaren und den Landsturm in zahlloser Menge im Anzuge. Dabei der Umstand, daß der Gegner immer und immer neuen Zuzug erhält. All dieß nöthiget uns die offene Erklärung ab, daß jetzt, und zwar bald oder nie etwas geschehen müsse, und zwar einzig vom Reichstage, dem die volle Macht, ja die heilige Verpflichtung obliegt, das Vaterland zu retten, und die Revolution, deren Frucht er selbst ist, zur vollen und unbedingten Anerkennung zu bringen. — Möge der unheilvolle Tag nie erscheinen, wo das bedeutende Wort eines Mitgliedes dieser Versammlung zur schrecklichen Wahrheit werden, und die an den Pforten des Hauses pochende Geschichte ungehört darüber zur Tagesordnung übergehen wird! — Noch steht der Reichstag als der gewaltige Damm zwischen Despotie und Anarchie, noch ist die gesetzliche Gewalt geachtet, noch die Gewaltherrschaft zurückgewiesen. In jedem Augenblicke der Säumniß spült die nagende Woge der Ereignisse Einen Grundstein jenes Baues um den anderen hinweg, und wehe uns! wehe der Freiheit! wehe unserem deutschen Vaterlande! wenn das ganze Gebäude erschüttert zusammenbricht, und die Scylla und Charybdis seine Trümmer verschlingt! Noch könnt Ihr helfen, Männer des Volkvertrauens, noch könnt Ihr sprechen das Wort der Zeit, ehe es ungehört vor ihrem Sturmesbrausen verhallt. — Sprecht es, sprecht es schnell, weiset den Feind des Vaterlandes hinweg, bietet die Euch dargereichte helfende Hand, brecht die letzte Burg der Tyrannei, das Heer, durch dessen alsbaldige Verwandlung in die Eine untheilbare Volkswehr, durch offene, legale Anerkennung der Berechtigung des Uebertrittes zum Volke, durch entschiedene, volle Unterordnung unter das dem Reichstage verantwortliche Ministerium. Wir bauen auf Euch, und hoffen. Ihr werdet handeln Eurer und Euerer Stellung würdig.

"Videant Consules ne quid respublica detrimenti capiat.

"Wien den 14. October 1848.

Vom Ausschusse der Studenten.

C. Hoffer m. p.
Vorsitzer.

Alois Passek m. p.
prov. Schriftführer."

Es kam eine Zuschrift von beiden Commandirenden der außer den Thoren stehenden Heere an den hohen Reichstag. Sie wurde überbracht durch ein Mitglied der hohen Versammlung, vom Abg. Pillersdorff, als er vom Lande herein fahren wollte, gefangen genommen, in das Hauptquartier geführt, freigelassen, und dann sogleich zur Ueberbringung dieser Depesche benützt wurde.

(Liest die Zuschrift der beiden Generäle:)

"An den hohen Reichstag!

"Wir erfahren, daß der hohe Reichstag Schritte gethan hat, um durch die Einleitungen Seiner Majestät des Kaisers friedliche Ausgleichungen herbeizuführen. In diesem Sinne ist es die erste Nothwendigkeit, daß die Ungarn die Gränzen Oesterreichs nicht überschreiten. Hierauf kann nur der hohe Reichstag Einfluß nehmen.

"Bei einer Vorrückung der Ungarn ist die Schlacht unvermeidlich. Die Folgen davon sind zu erwägen.

"Baron Pillersdorff stellt hier die Nothwendigkeit dar, es solle von der Armee gestattet werden, daß die Zufuhr der Lebensmittel frei gegeben werde. Hiezu ist man unter der Bedingung bereit, daß es auch uns unbenommen bleibe, mit unseren Hilfsmitteln in Wien und den in den dortigen Casernen befindlichen Monturen und Effecten zu verfügen.

"Der Herr FZM. Baron Récsey wäre an uns unverzüglich zu übergeben.

"Hauptquartier Inzersdorf am 14. October 1848.

Jellaèiè m. p.
FML. Banus.

Graf Auersperg m. p.
FML."

Abg. Pillersdorff. Ich erlaube mir eine Berichtigung, welche dem Herrn Berichterstatter selbst angenehm sein wird. Ich wurde eigentlich nicht gefangen genommen, sondern eine Ordre, die zwischen heute und gestern dem Militär gegeben war, verhinderte, daß jemand mehr nach Wien zurückkehren konnte. Dieser Ordre gemäß wollten mich die Vorposten nicht nach Wien gehen lassen, ich habe darauf gedrungen, daß ich nach Wien zum Reichstage muß, und daß ich, um mir die Bewilligung, nach Wien zu gehen, im Hauptquartiere zu erwirken, dahin gehen wolle. Wie ich im Hauptquartiere angekommen war, wurde mir die Bewilligung ohne Anstand ertheilt.

Abg. Schuselka (liest die Zuschrift des Ban Jellaèiè).

Ihr permanenter Ausschuß hat sich verpflichtet gehalten, in dieser nun schon zu einem kleinen Actenstoße angewachsenen Correspondenz zu einem endlichen Schlusse zu kommen. Wir haben darüber ernste Berathung gepflogen und uns endlich einstimmig dahin entschieden, daß wir gegenüber der wirklich nach und nach fast unerträglich gewordenen Stellung, gegenüber dem Andringen des Volkswunsches, gegenüber der immer höher steigenden Gefahr innerer und äußerer Conflicte, so viel an uns ist, das Letzte versuchen müssen. Wir haben uns erlaubt, der hohen Versammlung den Entwurf eines Antwortschreibens auf diese von beiden vereinigten Generälen eingelangte Zuschrift vorzutragen. (Dieser Entwurf wird unter gespannter Aufmerksamkeit vorgelesen und mit wiederholtem stürmischen Beifall aufgenommen. Er lautet:)

"An Seine Excellenz den Banus von Croatien, Baron Jellaèiè.

"Auf die am heutigen Tage von Euer Excellenz und dem Grafen Auersperg unterzeichnete Zuschrift, läßt der constituirende Reichstag durch seinen permanenten Ausschuß Folgendes erklären:

"Es ist eine Deputation abgegangen, um Seine Majestät zur Genehmigung und schleunigen Ausführung der in einer Reichstags-Adresse beantragten Friedens-Vorschläge zu bewegen.

"In der sicheren Hoffnung auf einen glücklichen Erfolg dieses Schrittes und im Pflichtgefühle der Vaterlandsliebe und Humanität, hat der Reichstag seiner Seits bis zu dieser Stunde alle seine Kräfte aufgeboten, um das kampflustige Volk von Wien und die aus den Provinzen zuströmenden Schaaren von offensiven Feindseligkeiten gegen die Truppen abzuhalten. Er wurde in diesem Streben gestern noch durch die mittelst telegraphischer Depesche eingelangte Kunde unterstützt, daß Seine Majestät der Reichstags-Deputation durch den Fürsten Lobkowitz die bestimmte Versicherung gegeben, die beiden vor Wien stehenden Commandanten würden nicht angreifen.

"Allein die von Euer Excellenz befohlene Entwaffnung der gesetzmäßig organisirten Nationalgarde der Dorfschaften, die drückenden Requisitionen, die Verhinderung der freien Passage, die Absperrung der Zufuhr von Lebensmitteln und die Besetzung der zum Bezirke der Hauptstadt gehörigen Ortschaften, stehen mit den wiederholten Friedensversicherungen der beiden Heeren Commandanten und mit dem kaiserlichen Ausspruche in so grellem Widerspruche, daß der Reichstag gegen diese Maßregeln, als gegen thatsächlich feindselige, aufs entschiedendste protestirt.

"Euer Excellenz stellen als erste Bedingung des Friedens auf, daß die Ungarn die Gränzen Oesterreichs nicht überschreiten, und sprechen dabei die Meinung aus, daß hierauf nur der Reichstag Einfluß nehmen könnte.

"Der Reichstag hat die Ungarn nicht ins Land gerufen und kann sie eben so wenig hinaus decretiren.

"Der ungarische Reichstag hat uns die Anzeige gemacht, daß er dem ungarischen Heere den Befehl ertheilt, Euer Excellenz zu verfolgen, wohin Sie sich auch wenden mögen, und erst dann Halt zu machen, wenn Euer Excellenz entwaffnet wären.

"Der Reichstag wiederholt daher, daß er kein anderes Mittel des Friedens kennt, als daß Euer Excellenz mit Ihren Truppen sogleich den Rückzug in die Heimat antreten und der gesetzlich bewaffneten Volkswehr der Umgebungen Wiens die Waffen zurückstellen. Geschieht dieß, dann kann der Reichstag mit Berufung auf die Seiner Majestät vorgetragenen Friedensschlüsse, auch die ungarische Armee zum Stillstande auffordern.

"Mit dieser Erklärung hat der Reichstag Alles gethan, was er thun konnte. Wird die von ihm ausgesprochene Bedingung nicht erfüllt, dann endet seine Friedensmacht, und es beginnt die Macht des Verhängnisses der unvermeidlichen Schlacht mit den Ungarn, deren Folgen Diejenigen erwägen und verantworten müssen, welche diesen Zustand veranlaßt haben.

"Wien den 14. October 1848.

Im Namen des Reichstages.

Vom Reichstags-Ausschusse:

Dr. Fischhof m. p. Obmann.

Franz Schuselka m. p. Schriftführer."

Präs. Wünscht jemand über diese Zuschrift, welche an den Ban Jellaèiè abgesendet werden soll, zu sprechen?

Abg. Potocki. Ich bitte um eine zweite Lesung. (Ja, ja! — Die zweite Lesung wird durch den Abg. Schuselka vorgenommen.)

Präs. Wünscht jemand über diesen Gegenstand das Wort? —

Abg. Goldmark. Ich habe im Ausschusse einen einzigen Passus überhört, den ich abgeändert wünschen möchte. Es heißt dort: "Wenn dieser Umstand so fortdauert, so müßte der Reichstag gegen denselben, als thatsächlich feindselig, auf das entschiedenste protestiren."

Es liegt darin der Sinn, als ob die bisherigen Maßregeln des Ban Jellaèiè nicht feindselig gewesen wären, oder als ob wir gegen die bisherigen Maßregeln, wenn er nur die anderen aufhebt, nicht protestiren sollten oder gesollt hätten.

Ich glaube die Fassung wäre derart zu stellen, daß wir gegen seine bisherigen Maßregeln und gegen alle seine ferneren Maßregeln aufs entschiedenste protestiren, nicht aber bloß eventuell. Ferner, weiß ich nicht, da die beiden Herren, der Graf Auersperg und der Ban Jellaèiè, diese Zuschrift unterfertiget haben, warum, da den bestehenden Gesetzen gemäß der Ban Jellaèiè unter dem Commandirenden Oesterreichs steht, die Zuschrift nicht an den Commandirenden Nieder-Oesterreichs, sondern an den Ban Jellaèiè gerichtet werden sollte, da wir ein Organ haben, welches sich wenigstens vor der Hand nicht so feindselig bewiesen hat, wie der Ban Jellaèiè. Da aber müßte eine kleine Abänderung in der Stylisirung geschehen; da, wo es heißt: "und erst dann Halt machen lassen, wenn Euer Excellenz entwaffnet sind," da müßte es also heißen: "daß die croatischen Truppen entwaffnet würden."

Abg. Potocki. Ich unterstütze den ersten Theil des Antrages des Abg. Goldmark. Ich bin mit der Antwort bis zu einigen Puncten einverstanden. Diese Puncte wären:

Erstens theile ich nicht die Meinung des Abg. Goldmark, als ob man diese Antwort an den Grafen Auersperg adressiren sollte, im Gegentheile, es ist meine Meinung, daß auf eine Zuschrift, welche die Unterschriften des Grafen Auersperg und des Baron Jellaèiè enthält, zwei Antworten, und zwar zwei verschiedene Antworten gegeben werden sollten.

Ich glaube, daß die Stellung des Reichstages und des ganzen Landes gegen den Baron Jellaèiè eine ganz verschiedene und ganz anderer Natur ist, als gegen den Grafen Auersperg. Ich glaube, daß wir das Recht haben, laut und offen zu protestiren, gegen den Einmarsch des Baron Jellaèiè als Ban von Croatien, und daß wir auch das Recht haben, von ihm zu verlangen, daß er aus dem Lande wegziehe, daß er den ungarisch-croatischen Krieg nicht auf österreichischen Boden herüberführe. Aber so wie ich denke, daß wir das Recht haben, den Baron Jellaèiè als Ban von Croatien aus dem Lande wegzudecretiren, ebenso glaube ich, haben wir dasselbe Recht auch gegen die Ungarn; deßwegen glaube ich, daß dieser Punct erläutert werden soll, wo der Reichstag sagt: wir haben nicht das Recht. Deßwegen möchte ich den Punct verändert sehen, wo gesagt wird, der Reichstag habe nicht das Recht, die Ungarn aus dem Lande wegzudecretiren. Ich glaube, der Reichstag hat dieses Recht, der Reichstag will es aber nicht anwenden, solange Jellaèiè als Ban von Croatien hier vor den Thoren der Stadt ist. Ich möchte daher den Antrag stellen, diesen Punct zu ändern, oder wegzulassen, oder zu sagen, daß wir die Ungarn nicht wegdecretiren können, so lange der Banus Jellaèiè als die zweite Partei, als die den Ungarn entgegengesetzte Partei, aber zu uns in demselben Verhältnisse stehend, vor den Thoren der Stadt liegt.

Zweitens wäre es meine Meinung, daß es der Würde der Kammer nicht angemessen wäre, hier die Worte des Befehles, welcher von Seite der ungarischen Behörden den ungarischen Generälen gegeben wurde, zu erwähnen. Wenn zwei Mächte mit den Waffen in der Hand sich gegenüberstehen, ist es, glaube ich, einer hohen Versammlung würdig, solche hochtrabende Worte vor dem Kampfe nicht auszusprechen. Je stärker man ist je mehr man das Gefühl seiner Kräfte hat, desto mehr muß man so viel als möglich solche Worte vermeiden. Ich möchte also diesen Punct auslassen, weil er in der Antwort keine Wichtigkeit hat. Wenn der Herr Präsident es für nothwendig hält, werde ich meinen Antrag schriftlich stellen.

Präs. Ich werde darum ersuchen. Wünscht Niemand darüber das Wort zu nehmen?

Abg. Pillersdorff. Die Bemerkungen, welche der Abg. Potocki gemacht hat, scheinen mir von solcher Wichtigkeit zu sein, und der Gegenstand selbst ist von so hohem Belange, daß ich glaube, wenn auch einiger Zeitverlust damit verbunden ist, daß diese Versammlung nicht unmittelbar über die Antwort entscheide. Ich glaube, daß eine Commission bestimmt werden solle, um die Art und Weise der Antwort nochmals zu prüfen. Meine Gründe sind folgende. Es handelt sich nachdem, was der Herr Antragstelter vorgebracht hat, um den ersten Schritt der Pacifizirung. Ich glaube, die Antwort der beiden Commandirenden sei doch nur als ein vorbereitender Schritt anzusehen. Sie haben einige Bedingungen gestellt, deren Annahme der Berichterstatter mit Recht als unzulässig erklärt hat; allein ich glaube, sie sollten nicht alle geradezu von der Hand gewiesen werden, sondern man sollte solche Gegenbedingungen daran knüpfen, wodurch die Herstellung des Friedens und die Beendigung der Drangsale, welche über der Bevölkerung unserer Monarchie hängen, und die Beseitigung der Gefahren, welche über ihr schweben, so schnell als möglich bewirkt werden könnte. Unter diesen Bedingungen scheint mir eine besonders wichtig zu sein, nämlich das Anerbieten, dem Hindernisse der Zufuhr der Lebensmittel ein Ende zu machen — ein Gegenstand, welcher mir von der größten Wichtigkeit zu sein scheint. Ich würde glauben, dem Antrage der beiden Commandirenden, die Zufuhr zur Stadt zu gestatten, gegen das, daß es auch ihnen gestattet wird, die Erfordernisse so weit sie nothwendig sind, aus der Residenz zu beziehen, Folge zu geben. Dadurch würde nur dem ersten der Drangsale begegnet, welche eine Armee gegen die Residenz verhängen kann. Zweitens würde dadurch die erste Annäherung der Gemüther, der erste Beweis des Einverständnisses, von allen feindseligen Schritten und Handlungen gegen die Residenz abzugehen, herbeigeführt werden.

Ich bin also der Ansicht, daß man in dieser Beziehung vielleicht die Hand biete zur Annäherung, und so möge die hohe Versammlung sich nicht scheuen, die Beantwortung einen Tag zu verschieben, (Bewegung) und zugleich eine Commission zu bestimmen, welche diese Puncte erörtern und in kürzester Zeit das Resultat der hohen Versammlung vorlegen solle.

Abg. Goldmark. Ich muß mich sowohl gegen den Antrag des Abg. Potocki als gegen den Antrag des Abg. Pillersdorff erklären. Gegenwärtig ist die Sachlage derart, daß wenig Unterschied ist, ich sage wenig, obwohl man noch irgend einen machen ann, zwischen der Stellung des Grafen Auersperg und des Baron Jellaèiè. Beide haben ihre Erklärung gemeinschaftlich unterzeichnet, beide haben sich vereinigt und machen gemeinschaftliche Sache.

Wir kennen die Absichten des Ban Jellaèiè, glaube ich aus seiner ersten Zuschrift, wo er in hohen Phrasen von dem Donner der Kanonen spricht, der ihn hieher geführt hat, und von der Absicht, von den Zwecken die er hier erreichen will. Ich glaube die genügen uns vollkommen, um uns über seine Stellung uns vis-a-vis aufzuklären. (Beifall). Wenn wir die Zuschriften und Thatsachen, die von Jellaèiè ausgegangen sind, mit den Zuschriften und Thatsachen der Ungarn vergleichen, werden wir einen gewaltigen Unterschied finden, zwischen dem was die Ungarn beabsichtigen und zwischen dem, was Jellaèiè bisher gethan und gewirkt hat. Ich glaube, daß man zwischen den zwei kriegführenden Parteien, wenigstens wir ihnen vis-a-vis, ganz indifferent derart sprechen kann, mithin glaube ich, daß man diesen Gegenstand auch nicht trennen kann.

Ich ziehe daher meinen zweiten Antrag zurück und belasse die Zuschrift wie sie ist. (Bravo). Ich bin auch gegen jede Commission. Der Gegenstand ist ohnedem berathen worden in Ihrer permanenten Commission, man hat deßhalb die Sitzung vertagt, um mit genauer Ueberlegung, mit reiflichem Vorbedacht zu berathen. Friedens-Anerbietungen, welche uns die beiden Herren machen, sind uns willkommen, wir aber dürfen nie den Standpunct vergessen, auf dem wir bisher gestanden sind. Wir haben keine feindlichen Maßregeln ergriffen, wir haben sie verproviantirt bis heute, es ist ihnen zugeschickt worden, was sie zum Lebensunterhalt nothwendig hatten. Es war kein einziger Grund vorhanden, daß einzelne Ortschaften, die eine solche Armee nicht gefährden können, entwaffnet wurden, es war kein Grund vorhanden, warum man die Lebensmittel abschneidet, — wir wenigstens haben eine solche Maßregel nicht provocirt. Auf der anderen Seite kann ich versichern, daß die Stadt Wien auf 10 bis 14 Tage heute schon versehen ist mit Lebensmitteln; das Abschneiden von der Seite, wo die Zufuhr sehe gering ist, das ist für uns durch, gehends von keiner Gefahr. Diese Maßregel wird uns nicht bestimmen, irgend etwa Friedensbestimmungen, die sie gegenwärtig, wo sie gedrängt sind stellen, zu unterstützen, wenn wir nicht die Garantie haben, daß das Damokles-Schwert nicht bloß für Wien, sondern für die ganze Monarchie und die Freiheit aller Völker Oesterreichs entfernt ist. Wir können um so weniger etwas Anderes thun, als was in der gestrigen Adresse beschlossen wurde, und nicht im geringsten in weitere Pacifikationsvorschläge eingehen, weil wir andererseits von der ungarischen Partei nicht dazu berechtiget sind, und weil der Kampf an und für sich, wenn er nicht auf den österreichischen Boden verpflanzt worden wäre, wenigstens uns directe nicht berührt hätte. Ich glaube, daß wir dieser Adresse gar nichts weiter zusetzen, sondern daß sie sogleich abgesendet werde, und daß wir nicht erst bis morgen oder übermorgen warten sollen. Wir kennen unsere Kräfte, wir wissen, wie viele wir sind; wir kennen die gegenwärtigen Verhältnisse und können nicht zögern. In Bezug auf wir muß ich mir erlauben, daß ich im Namen der Wiener gesprochen habe, und nicht in Bezug auf den Reichstag.

Abg. Smreker. Ich muß mich entschieden gegen den Antrag des Abg. Pillersdorff erklären, der dahin geht, eine neue Commission zum Entwurfe dieser Antwort zu wählen; unser permanenter Ausschuß kennt den Lauf der Fäden der Gegenwart genau, während ein neu zu wählender Ausschuß nicht im Stande sein würde, sie schnell aufzufassen. Ueberdieß fielen vor nicht langer Zeit von der Ministerbank, von Männern, welche einer Partei angehören, die gerade uns nicht die freundlichste war, die mahnenden Worte: der Furchtsame zagt, der Vorsichtige wendet Vorsicht an. Wie unsere Stellung gegenwärtig ist, glaube ich, wäre es Gefahr und Verrath an der Freiheit, wenn wir dieser Adresse den geringsten Aufschub geben wollten. Das Geschick hat bereits seine Räder losgelassen, wir können die Ungarn, die wir nicht gerufen, in ihrem Laufe, wenn sie es für die Freiheit nöthig halten, nicht aufhalten. Meine Herren, wir müssen hier auf der Stelle der Geburt der Freiheit nicht durch unnöthige Zögerung, durch übertriebene Formen die Hand bieten, der Freiheit das Grab zu bereiten.

Ein Abg. Ich trage auf den Schluß der Debatte an.

Präs. Wird der Antrag auf Schluß der Debatte unterstützt und angenommen? (Angenommen.) Der Abg. Fedorowicz hat noch das Wort.

Abg. Fedorowicz. Meine Herren! Der Beschluß, welchen wir soeben fassen sollen, ist von solcher Wichtigkeit, daß ich es für meine heilige Pflicht achte, noch darüber zu sprechen. Ich muß hier unsere Stellung ins Auge fassen, und die Stellung, welche die beiden Armeen die vor Wien stehen, einnehmen. Meine Herren! Unsere Committenten und die Geschichte wird beurtheilen, ob wir als constituirender Reichstag bis heute unsere Pflicht gethan haben, und ich glaube, sie wird diese Frage zu unserer Ehre bejahen. Wir haben immer nur im Sinne der Versöhnung gehandelt.

Als der Krieg in Ungarn zwischen den Croaten und den Magyaren loderte, als die Deputation des ungarischen Reichstages hier vor unserem Hause war, und als wir die Anträge stellten, unser Reichstag möge vermittelnd dahin wirken, Ruhe und Ordnung herzustellen, da sagte man uns, wir seien nicht competent uns in fremde Angelegenheiten zu mischen. Meine Herren, was geschah? Die Armee der Croaten, von welcher unser Ministerium ausdrücklich sagte, mehrmals befragt sagte, daß es keine österreichische Armee sei, daß die Soldaten nur verpflegt werden, weil sie aus den ungarischen Cassen kein Geld bekommen, also meine Herren, daß sie eine feindliche Armee sei, diese Armee der Croaten rückt aus Ungarn in Oesterreich ein. Ich berufe mich hier auf gleiche Vorfälle der Geschichte. Wenn eine feindliche Armee aus einem andern Lande das Gebiet eines neutralen Landes überschreitet, was für Rechte hatte damals das Land, von welchem die Armee sich zurückgezogen hat? Es hat das Recht, vom neutralen Lande zu fordern, daß es diese Armee entwaffne. So geschah es mit einer Armee im Jahre 1830, sie hat sich zurückgezogen auf österreichischen Boden, und mußte die Waffen niederlegen. (Beifall.) Nun hat sich die croatische Armee auf einen neutralen Boden zurückgezogen, sie sollte die Waffen niedergelegt haben; sie that es nicht, vielmehr hat diese Armee erklärt, daß sie nicht nur die Waffen nicht niederlegen werde, sondern, daß sie dem Donner der Kanonen folge, und in wiefern ich es weiß, war der Donner der Kanonen nicht hinter ihr, sondern vor ihr, denn ihre Richtung war nicht rückwärts, sondern vorwärts, alse war es der Donner der Kanonen von Wien in jener Nacht vom 6. October, welcher sie hieher lockte. Ich frage also weiter, meine Herren! wenn diese Armee die Waffen nicht niedergelegt hat, was für ein Recht gibt das Völkerrecht dem andern Lande? — Das Recht zu begehren, daß diese Armee noch heute die Waffen niederlege, oder falls sie dieß nicht thut, jenes Land sich selbst Recht verschaffe. Meine Herren! in dieser Hinsicht glaube ich, wir haben noch im Augenblicke unsere Stellung nicht verlassen, wir können auch heute den Ungarn nicht befehlen, daß sie einhalten, weil sie nur dasjenige thun, was ihnen das Völkerrecht dictirt.

Aber wir können was anderes thun, und haben es gethan: wir haben den Ban Jellaèiè aufgefordert, etliche Male, er soll sich von Wien zurückziehen, zurückziehen in Gottes Namen, wohin er will, daß er nicht neue Ursachen zum Blutvergießen gebe. Meine Herren! wir haben unlängst noch einen Kaiser gehabt in unserer Mitte, wir haben ein Ministerium gehabt in unserer Mitte —eine Executivgewalt. Ich frage, meine Herren, wo ist diese Executiv-Gewalt? Der Kaiser hat sich entfernt und das Ministerium ist nicht da. (Lachen.) Ich bitte, meine Herren, die Sache ist sehr ernst, wir befinden uns mitten in dieser Gefahr wir theilen die Gefahr (Beifall), wir sind nicht von unseren Plätzen gewichen, obwohl der Kaiser und das Ministerium uns verlassen haben (nicht enden wollender Beifall); ich frage nun also, meine Herren, und das mögen unserere Committenten vernehmen, das mögen die Länder Oesterreichs, das möge Europa vernehmen, und das möge Oesterreichs Geschichte bezeichnen, thun wir unsere Pflicht oder nicht? — und sie müssen antworten: Ja! wir thun unsere Pflicht! Wir haben noch vor einigen Stunden eine Deputation an den Kaiser entsendet, mit der Vollmacht, ihm die ganze Lage unverholen auseinander zu setzen, ihn zu beschwören, daß er die Mittel anwende, um dem Blutvergießen Einhalt zu thun. Beide Generäle sind unter seinen Befehlen, er hat es mit einem Federzug bewerkstelligen können, daß die Armee sich von Wien entferne. Meine Herren, Sie wissen, wie unsere Deputation empfangen und mit welcher Antwort sie zu uns hieher beschieden worden ist, und unsere Lage hat sich nicht geändert. Wir, zusammenberufen, um Gesetze des Friedens, um eine Constitution zu schaffen, tagen jetzt hier, um Beschlüsse zu fassen, ob der Ban Jellaèiè angegriffen werden soll oder nicht. Unsere Lage ist unser höchstes Gesetz. Meine Herren, es sind Augenblicke — und dieser Augenblick ist jetzt gekommen — wo wir nur uns an dieses höchste Gesetz, an das Gesetz der Nothwendigkeit binden müssen. Die Stadt ist bedroht, wir können es nicht verantworten für den Ban Jellaèiè, weil er bis jetzt unseren Aufforderungen nicht Genüge geleistet hat. Möge er allein, er allein es verantworten, wenn das Blut zu fließen anfängt.

Hiermit nehme ich keinen Anstand nach dieser Erklärung, die ich nach meinem Gewissen zu geben schuldig war, anzutragen: der Antrag der Commission möge angenommen werden. (Großer Beifall.)

Präs. Die Debatte ist geschlossen. Ich fordere den Herrn Berichterstatter auf, die gemachten Einwendungen allenfalls zu erwiedern.

Abg. Potocki. Ich glaube, ich habe noch das Wort?

Präs. Als Antragsteller allerdings.

Abg. Potocki. Ich glaube, meine Herren, daß ich in meinen Verbesserungs-Anträgen nicht gegen den Antrag und nicht gegen die Antwort der permanenten Commission gewesen bin, ich wollte nur Einiges verbessern, vorzüglich in den Sätzen, wo es meiner Meinung nach die Würde der Kammer begehrte, den Ton oder die Sache selbst zu verändern. Wenn ich mich dagegen erklärt habe, daß wir nicht ausdrücken sollen, daß wir nicht das Recht haben, die Ungarn aus dem Lande weg zu decretiren, so habe ich dadurch nicht gemeint, daß wir es thun sollen, das heißt, daß wir die Ungarn wegdecretiren sollen; aber ich habe gemeint, daß, wenn wir von dem Ban begehren, er soll wegziehen, so müssen wir nicht vorausgehen lassen, daß wir dasselbe Recht gegen die Ungarn nicht haben. Denn haben wir dieses Recht nicht mit Bezug auf die Ungarn, so müssen wir gerecht sein, und eingestehen, wir haben das Recht auch nicht mit Bezug auf den Ban von Croatien.

Ich glaube, dieses Recht steht uns zu, sowohl gegen eine oder gegen die andere Partei. Ich muß wohl verstanden werden, daß ich durch meine Anträge gar nicht gemeint habe, wir sollen so ein Decret gegen die Ungarn absenden, nur daß wir nicht sagen sollen, wir hälten dieses Recht nicht, und dieß steht auch in meinen Anträgen.

Abg. Schuselka. Ich stimme dem Antrage des Abg. Goldmark vollkommen bei. Es klingt nach dieser positiven, entschiedenen Fassung jedenfalls besser, und drückt die Sache so aus, wie wir sie ausgedrückt wissen wollen. Ich würde es so stylisiren, daß man sage, daß der Reichstag gegen sie als thatsächlich feindselig auf das entschiedenste protestire. Was die Einwendung und den Verbesserungs-Antrag des Abg. Potocki betrifft, so kann ich mich in keiner Weise damit einverstanden erklären. Er trägt darauf an, daß man zwei Antworten, und zwar jede soll verschieden verfaßt sein, an die beiden Commandirenden richten solle, weil der Graf Auersperg in einer anderen Stellung zu uns und wir zu ihm uns befinden.

An und für sich ist es wahr, Auersperg befindet sich zu uns und wir zu ihm in einer ganz anderen Lage, allein wir haben die Actenstücke liegen, wo beide sich als vereint ansehen und als wir sprechen, und können uns durch den Augenschein davon überzeugen, daß sie beide vereint sind; wir müssen also es dem Grafen Auersperg überlassen, über seine Stellung die er mit Baron Jellaèiè gegenwärtig einnimmt, mit sich selbst ins Reine zu kommen. Wir dürfen uns darüber kein Urtheil, ich möchte fast sagen, anmaßen; wir betrachten den Fall wie er uns vorliegt: sie haben beide an uns geschrieben, und wir antworteten darauf beiden.

In Betreff der Stelle, die sich auf die Zurückberufung der Ungarn bezieht, scheint der Herr Abg. Potocki, ungeachtet der von ihm beantragten zweimaligen Lesung, die Stelle nicht gehörig aufgefaßt zu haben. Ich sage hier nicht, daß der Reichstag kein Recht habe, die Ungarn weg zu decretiren, eben so wenig sage ich auch, daß wir sie nicht wegdecretiren wollen, sondern ich sage die Wahrheit, daß wir sie nicht weg decretiren können, wir nicht, der Reichstag, und nicht das Ministerium. Wir hätten kein anderes Mittel dazu, als zu protestiren, wie es bei solchen Gelegenheiten zu geschehen pflegt, wenn nicht Folge geleistet wird; das ist gegenüber den Ungarn ein Kriegsfall, ein casus belli; wir müßten sie mit Gewalt zurückweisen, wir können dieß aber in diesem Augenblicke nicht. Ich habe also damit nicht gesagt, daß wir das Recht nicht hätten; es ist ein Kriegszustand, die Ungarn verfolgen ihren Feind, und wir wissen, daß in solchen Fällen das Gebiet nicht immer respectirt wird. Uebrigens hat Ungarn in seiner Zuschrift erklärt, daß sein Heer aus Kriegsnothwendigkeit den Feind auf unser Gebiet verfolge, und daß es keine Gebietiverletzung im feindseligen Sinne ausüben wolle, daß es auch nicht zur Last fallen werde, sondern für seine Verpflegung selbst sorgen wolle. — Was die Stelle betrifft, welche aus der ungarischen Adresse wiederholt wird, und von der der Abg. Potocki behauptet, daß sie hochtrabend sei, so haben wir diese nur deßwegen angeführt, um den Vordersatz zu beweisen, daß wir an dem ungarischen Einfalle und den Folgen unschuldig sind. Ich führe das an, damit der Banus Jellaèiè weiß, wozu die ungarische Nation im äußersten Falle entschlossen ist; woraus er als geschichts- und kriegskundiger Mann leicht den Schluß ableiten kann, daß wir in Wien eingesperrt und belagert, nicht im Stande sind, den Ungarn den Befehl zukommen zu lassen, mit der Sicherheit, daß sie ihn respectiren. Es ist bloß ein faktischer Beweis, daß wir die Ungarn nicht wezbringen können; sie sind im Kriegsstande in Verfolgung ihres Feindes hier eingedrungen. Eben so wenig ist auch ausgesprochen, daß wir sie nicht wegweisen wollen, im Gegentheile ist gesagt, duß im Augenblicke, wo der Banus Jellaèiè unsere Friedensbedingungen erfüllen würde, auch der Reichstag das Seine thun würde, damit ein Waffenstillstand eintrete, und er auch die Ungarn zum Stillstande bewegen würde, und daß dann dem gemäß im Wege der Verhandlung diese unglückseligen Wirren beigelegt werden können.

Ich könnte mich daher für keinen der gemachten Anträge des Abg. Potocki erklären.

Präs. Ich glaube, daß der Abg. Potocki seine Anträge zurückgenommen hat.

Abg. Potocki. Nein, im Gegentheile, weil ich diesen Satz wegen des Decretirens noch immer nicht anders verstehen kann, als wie ich ihn vorhin verstanden habe.

Präs. Zum Antrage der Commission, damit die früher abgelesene Antwort an den Ban Jellaèiè abgesendet werde, liegen zwei Verbesserungs-Anträge vor. Einer des Abg. Goldmark, welcher dahin geht, daß die Protestation des Reichstages nicht eventuell, sondern definitiv geschehe, namentlich nicht bloß in Bezug auf die zu treffenden, sondern auch auf die bereits getroffenen Maßregeln. (Ruf: Es ist von der Commission schon angenommen!) Es ist der Antrag gestellt worden, die Commission hat ihn wohl aufgenommen; aber das hohe Haus allein hat zu entscheiden, ob er in dem Antrage der Commission angenommen werden solle oder nicht. Ich frage daher: wird dieser Antrag unterstützt? (Wird zahlreich unterstützt.)

Diejenigen Herren, welche für diese Einschaltung sind, wollen aufstehen. (Angenommen.)

Der Abg. Goldmark hat seinen zweiten Antrag zurückgezogen, daß nämlich diese Antwort an den Grafen Auersperg gerichtet werde.

Es liegt ein weiterer Verbesserungs-Antrag vor, nämlich des Abg. Potocki, welcher aus drei Absätzen besteht. Der erste Absatz lautet: "die Antwort nur an den Banus zu richten, eine zweite aber an den Grafen Auersperg zu senden," — es betrifft also die Verbesserung bloß dieses, daß eine ähnliche Antwort erlassen werde.

Abg. Potocki. Nicht eine ähnliche. (Wird nicht unterstützt.)

Präs. Der zweite Antrag lautet: Die Worte: "der Reichstag kann die Ungarn aus dem Lande nicht weg decretiren;" zu ändern und statt dieser zu sagen: "der Reichstag kann die Ungarn aus dem Lande nicht weg decretiren, so lang der Ban von Croatien vor den Thoren der Stadt steht"; es betrifft also einen Zusatz. (Wird unterstützt.)

Diejenigen Herren, welche sich dafür aussprechen, daß diese betreffende Stelle hinzugestzt werde, wollen dieß durch Aufstehen kund geben. (Minorität.)

Der dritte Antrag des Abg. Potocki lautet: "Die Ausdrücke des den ungarischen Generälen von den ungarischen Behörden gegebenen Befehles ganz auszulassen, wo es heißt: ""die Ungarn sollen den Ban verfolgen, so lange, bis er entwaffnet sein wird."" Es hat dieses Bezug auf eine in der eben verlesenen Antwort vorkommende Stelle. Wird dieser Antrag unterstützt? (Nicht unterstützt.) Es kommt nun der Antrag der Commission zur Abstimmung.

(Ruf: Ich bitte um zehn Minuten Bedenkzeit! Mißbilligung und der Antrag wird nicht unterstützt.)

Ich bringe demnach den Antrag der Commission zur Abstimmung, und zwar in der Fassung, wie die Antwort vorgelesen wurde, mit der Einschaltung des eben angenommenen Amendements von Abg. Goldmark. Diejenigen Herren, welche für die Absendung einer solchen Antwort sich aussprechen, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Evidente Majorität, anhaltender Beifall.)

Abg. Umlauft. Ich stelle den Antrag, daß diese so eben beschlossene Antwort an den Ban Jellaèiè augenblicklich der Wiener Bevölkerung zur Beruhigung und Darnachachtung kundgegeben werde. (Unterstützt und angenommen.)

Präs. Erlauben Sie mir, meine Herren, daß ich auch einige Worte an Sie richte, aus Anlaß des so eben vorgebrachten Gegenstandes.

Ich werde nicht über den Gegenstand selbst sprechen, und kann nicht darüber sprechen, weil es meine Stellung verbietet, — ich will bloß einige Worte an Sie richten, meine Herren, um uns wechselseitig an unsere Pflicht zu erinnern. Wenn Sie, meine Herren, den so eben verhandelten Gegenstand gehörig ins Auge fassen, wenn Sie Rücksicht nehmen auf die Aufforderungen, welche von Seite mehrerer Herren Abgeordneten ergingen, sich am 20. in der Stadt Brünn einzufinden zu einer Besprechung, wenn sie ins Auge fassen, die auf telegraphischem Wege uns zugekommene besorgte Anfrage des Abg. Löhner: ob der Reichstag noch Beschlußfähig sei? so werden Sie einsehen, ohne daß es nöthig wäre, sich weiter darüber zu verbreiten, daß es so wie es immer eine Pflicht war, jetzt aber eine heilige Pflicht eines jeden Abgeordneten ist, allen seinen Pflichten auf das gewissenhafteste zu obliegen, demnach vor allem den Verhandlungen in diesem hohen Hause ununterbrochen beizuwohnen, (Beifall) alle einem jeden Abgeordneten zu Theil werdenden Missionen auf das pünctlichste zu erfüllen, und vor allem Alles zu vermeiden, was die Gesetzlichkeit unserer Beschlüsse in Zweifel ziehen könnte. (Beifall.)

Wir haben es, meine Herren, mit Bedauern gesehen, daß mehrere Abgeordnete die Stadt Wien verlassen haben, in Folge der Ereignisse der letzten Tage, ich will es glauben, in der irrthümlichen, nach den Umständen aber wohl entschuldbaren Voraussetzung, daß sie ihre persönliche Sicherheit, die Freiheit der Berathungen dieses hohen Hauses gefährtet glaubten. Ich bin überzeugt, meine Herren, daß diese Herren Abgeordneten, sobald sie von der irrthümlichen Auffassung der hierortigen Verhältnisse zurückgekommen sein werden, auch unverzüglich wieder zu ihrer Pflicht zurückkehren werden.

Sie, meine Herren, welche Sie so standhaft ausgehalten haben in diesen stürmischen Tagen, auf dem Platze, den Ihnen Ihre hohe Mission angewiesen hat, brauche ich nicht zu erinnern an Ihre heilige Pflicht, an die schwere Verantwortung, die Sie treffen könnte, wenn Sie in diesen hochwichtigen Augenblicken Ihren Verpflichtungen auch nur auf kurze Zeit sich entziehen würden; — und so wie ich mich in der angenehmen Lage befinde, dem hohen Hause anzuzeigen, daß sich bereits mehrere Abgeordnete angemeldet haben, welche auf die erste Kunde hin, von dem hier Vorgefallenen, alsogleich nach Wien geeilt sind, um ihren Pflichten nachzukommen, (Beifall): eben so hoffe ich auch, daß wir in wenigen Tagen eine unverantwortete Abwesenheit eines Abgeordneten nicht mehr werden zu beklagen haben. (Beifall. — Zeichen mit der Glocke.) Der Abg. Schuselka wünscht noch zu sprechen.

Abg. Schuselka. Es kommt in diesem Schreiben der Herren Generäle an uns auch die Erwähnung vor, daß der Herr General-Lieutenant, oder, ich wiß den Titel nicht so genau, — Recsey, den beiden Commandanten ausgeliefert werden solle. Dieses Ansuchen wurde früher gestellt; wir haben aber lediglich im Interesse des gefangenen Generals selbst nicht darauf einzugehen befunden.

Es befindet sich nämlich der Herr General Recsey in Verwahrung der akademischen Legion, die sämmlich mit ihrem Ehrenworte eingestanden sind, ihn zu schützen und in jedem Sinne des Wortes anständig zu behandeln, während andererseits bei einer Escortirung oder etwaigen Auslieferung leicht Excesse oder auch Gefährdungen des geehrten Herrn Generals zu besorgen wären. Der Herr General wohnt im Convicts-Gebäude, und befindet sich sehr wohl, wie er es auch seinen Verwandten und Freunden in seinen Briefen zu erkennen gegeben hat, und die akademische Legion hat versichert, ihn so lange zu beschützen, bis er ohne Gefährdung seiner Person wieder freigegeben oder sonst seiner zuständigen Behörde übergeben werden könne.

Abg. Pokorny. Es ist bereits die Nationalbank und die Sparcasse unter den Schutz des Reichstages gestellt worden. Ich wollte nur, daß diese Maßregel auf ein Institut ausgedehnt werde, welches, weil es ein Erziehungs-Institut ist, ganz neutral sich verhält nämlich auf die Ingenieur-Akademie.

Abg. Wienkowski. Nicht nur die Sparcasse und die Nationalbank sind unter den Schutz des Reichstages gestellt, sondern alle öffentliche Gebäude sind richt allein unter den Schutz des Reichstages, sondern unter den Schutz des Volkes gestellt, und das, glaube ich, ist die größte Garantie, die man geben kann; mithin halte ich den Antrag des Herrn Abgeordneten für überflüssig.

Abg. Smreker. Er wurde wahrscheinlich aus dem Grunde gestellt, weil jener Beschluß der Kammer an allen öffentlichen Gebäuden durch Anschlag kundgemacht wurde, nur an diesem Gebäude nicht. Es hat ein Mitglied diesen Wunsch auch gegen mich ausgesprochen, daß die Verfügung getroffen werde, ein solches Placat an das Gebäude anzuheften.

Abg. Wienkowski. Ich muß aus Erfahrung bestätigen, daß es die Bevölkerung etwas unangenehm berührt hat, daß wir die Sparcasse und die Nationalbank unter den Schutz des Reichstages gestellt haben. Bei einem so biederen, ehrlichen und dabei so gemäßigten Volke, wie die Wiener, war eine solche Maßregel gar nicht nothwendig.

Es haben sich Stimmen kund gegeben, die das mißfällig aufgenommen haben, deßwegen bin ich gegen alle solche Anträge und sage: die beste Garantie ist, unter dem Schutze des Volkes von Wien zu stehen.

Abg. Pokorny. Ich erkenne dieses vollkommen an, und nehme meinen Antrag zurück. Ich habe nur geglaubt, diesen Antrag zu stellen, weil die Nationalbank und die Sparcasse unter den Schutz des Reichstages gestellt ist.

Präs. Da mir kein weiterer Gegenstand zur Verhandlung vorliegt, so erlaube ich mir die Sitzung bis morgen 10 Uhr zu unterbrechen, wenn es der hohen Kammer genehm ist. (Ja! ja!)

Präs. Ich erkläre die Sitzung für unterbrochen.

(Ende um 5 Uhr.)


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