Landtagssekretär Dr. Haasz und
Landtagsaktuar Šafaøoviè (lesen
abwechseln):
Anträge der Abgeordneten Dr. Pergelt und
Genossen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter. Die Abgeordneten
Dr. Schreiner und Genossen haben im Abgeordnetenhause am 16. Juli
1908 an Seine Exzellenz den Minister für Kultus und Unterricht
die nachstehende Interpellation gerichtet:
Das Professorenkollegium der k. k. deutschen
technischen Hochschule in Prag hatte den neuerlichen Beschluß
gefaßt, an das hohe k. k. Ministerium für Kultus und
Unterricht eine dringende Eingabe zu richten des Inhaltes, daß
mit dem Neubau des Hochschulgebäudes endlich begonnen werde.
Der Beschluß des Professorenkollegiums beruhte auf folgenden
Erwägungen:
Seit wohl nunmehr 30 Jahren ist die Frage des
Neubaues für unsere Hochschule eine Angelegenheit, welche
sowohl das k. k. Ministerium als auch das Professorenkollegium
in intensiver Weise derart beschäftigt hat, daß ersteres
stets eine wohlwollende Behandlung derselben zusicherte, das letztere
Vorschläge über Vorschläge, dringende Bitten um
dringende Bitten eingebracht hat, ohne daß die Angelegenheit
Zeichen auf Abschluß zeigt.
War die Hörerzahl in den siebziger Jahren
433 und sank auch dieselbe auf 179 im Jahre 1888 bis 1889, so
stieg dieselbe seit diesem Jahre beständig, bis selbe die
heutige Höhe von 1055 Hörern im Wintersemester erreichte.
War schon damals bei der geringen Hörerzahl
das Bedürfnis für einen Neubau, welcher den modernen
Erfahrungen entspricht und der einer Hochschule vom Range und
der Bedeutung der k. k. deutschen technischen Hochschule in Prag
würdig ist, welch letztere durch die intensive Industrie
Böhmens und speziell des deutschen Teiles desselben ihre
natürliche Begründung findet, vorhanden gewesen, so
mußte dieses Bedürfnis immer mehr und mehr dringend
werden, so daß es heute fast bis zur Unerträglichkeit
gesteigert ist, weil die Zunahme der Hörer eine Erweiterung
der Lehr- und Konstruktionsräume, der Laboratorien sowie
der Nebenräume zur unbedingten Notwendigkeit machte.
War zum Beispiel im Jahre 1878 die Zahl der
Vorlesungen und Uebungen 78, so ist dieselbe im Jahre 1908 durch
die Angliederung neuer Abteilungen und Kurse auf die Zahl von
171 gestiegen, wobei naturgemäß eine Erweiterung der
Räume gleichfalls als Notwendigkeit sich herausstellen mußte,
welcher aber nur in geringem Grade durch die Ausmietung von Lehrkanzeln,
gar oft in Räume, welche dem Unterrichtszwecke in geringer
Weise oder gar nicht entsprachen, weil eben in der Nähe der
Hochschule keine anderen zu erhalten waren, gesteuert werden konnte.
Wenn weiter in Berücksichtigung gezogen
wird, daß im Jahre 1878
14 Professoren,
15 Dozenten und Lehrer,
12 Assistenten
zusammen 41 Lehrpersonen wirkten, während
heute (im Jahre 1908)
26 Professoren,
23 Dozenten und Lehrer,
28 Assistenten
zusammen 77 Lehrpersonen, an unserer Hochschule
bestellt, beziehungsweise systemisiert sind, so zeigt auch dies,
daß durch die infolge des Bedürfnisses zur Durchführung
des Zweckes der Hochschule notwendige Erweiterung der Lehraufträge
eben die Hochschule in dem alten, seit 100 Jahren benutzten Gewande
nicht mehr als Auslangen finden kann, sondern eines neuen der
Erweiterung und dem Bedürfnisse angepaßten, dringendst
bedarf.
Zeigt sich nun einerseits, daß durch
die große Hörerzahl eine Vergrößerung der
eigentlichen Lehrräume (Hör- und Zeichensäle, Laboratorien)
unbedingte Notwendigkeit ist, so ist auch andrerseits die gleiche
Notwendigkeit vorhanden, Arbeitsräume für die neu hinzugekommenen
Dezenten zu schaffen. Aber nicht genug daran, diese letzteren
Räume bedürfen nicht nur einer Vergrößerung
der Zahl nach, sondern es erscheint auch geboten, den Umfang dieser
Räume entsprechend zu erweitern, diese für die Arbeiten
geeignet anzuordnen und einzurichten.
Es kommt heute gar vielfach vor, daß
das Arbeitszimmer des Professores gleichzeitig auch für Sammlungen
in Verwendung ist, weil eben kein anderer Raum zur Verfügung
steht, daß Sammlungen in den Hörsälen untergebracht
sein müssen, ja daß die letzteren selbst den Arbeitsraum
für den Professor bilden, daß die Hörsäle
selbst als Arbeitsräume für die Studierenden benutzt
werden müssen, trotzdem selbe für den letzteren Zweck
ganz ungeeignet sind, daß fortwährend ein Transport
der Instrumente erfolgen muß und diese Säle überhaupt
nicht die Einrichtung haben, welche für solche Arbeitsräume
notwendig ist, um ein systematisches Arbeiten zu ermöglichen.
Wird weiter der Umstand in Betracht gezogen,
daß in solchen Räumen oft viel zu viel Hörer untergebracht
werden müssen, so ergeben sich Nebelstände ärgster
Art in hygienischer Beziehung. Der Luftraum ist nicht so groß,
wie er für derartige Räume pro Kopf vorgeschrieben ist;
die Heizung ist ungleichmäßig, eine Ventilation nicht
vorhanden, weil selbe nicht anzubringen ist, und wenn vorhanden,
wegen der ungünstigen Anbringung nicht so wirksam, wie es
verlangt werben muß. In sehr vielen Fällen läßt
die natürliche Beleuchtung sehr viel zu wünschen übrig,
so daß gar oft den ganzen Tag bei künstlichem Lichte
gearbeitet werden muß. Es sind dies alle so grelle Mißstände,
welche, wenn diese heute im Fabriksbetrieb vorkommen, die Anordnung
der schleunigsten Abhilfe oder Sperrung solcher Räume zur
unmittelbaren Folge hätten. Und in solchen Räumen sollen
Techniker herangebildet werden, welche dann seinerzeit in der
Praxis modern eingerichtete Werkstätten und Fabriksanlagen
zu schaffen und auszugestalten haben! Es bedarf da wohl einer
intensiven Einwirkung von Seiten der Professoren, und die durch
die Verhältnisse aufgekommene schlechte Meinung über
Arbeitsräume richtigzustellen.
Es soll aber nicht verkannt werden, daß
von seiten des hohen k. k. Ministeriums Abhilfe zu schaffen getrachtet
wurde und noch wird, um die mißliche Unterbringung unserer
Hochschulen möglichst zu mildern. Es kann aber diese sich
doch nur auf eine teilweise Berücksichtigung der Raumverhältnisse
selbst beschränken, während andere Nebelstände
ich nicht beseitigen lassen, oder in gar mancher Beziehung noch
neue Nebelstände im Gefolge haben.
So sind nun im Laufe der Jahre zwölf Lehrkanzeln
ausgemietet worden und in Privathäusern untergebracht. Im
Laufe der allernächsten Zeit ist aber die Ausmietung von
weiteren drei Lehrkanzeln notwendig, ohne daß aber damit
dem Bedürfnis abgeholfen wäre. Bisher sind die ausgemieteten
einzelnen Lehrkanzeln in sechs Miethäuser untergebracht und
nur die Maschinenbauschule kann sich halbwegs zweckentsprechender
Räume rühmen und ist ohne die Nachbarschaft von Mietparteien,
während die anderen acht Lehrkanzeln solche neben sich haben.
Wie es bei gewöhnlichen Mieträumen
sich von selbst ergibt, sind diese von geringer Stockwerkshöhe
und aus kleinen Zimmern bestehend. Während ersteres unabänderlich
ist und deshalb gar manche Nachteile mit sich bringt, die namentlich
bei Gasbeleuchtung bis zur Unerträglichkeit sich steigern
können, ist letzteres vielfach durch entsprechende Adaptierung
teilweise wenigstens behoben. Immerhin bleibt auch der Nebelstand,
daß die Vorlesungen der größeren Hörerzahl
wegen nicht in den der Lehrkanzel gehörigen Räumen abgehalten
werden können, sondern in einem Saale des allen Hauptgebäudes,
also dadurch nicht bloß ein Wandern der Hörer, sondern
auch des bezüglichen Dozenten sich ergibt.
Was derartige Adaptierungen kosten, ist ja
bekannt; aber damit ist der Abschluß noch nicht vorhanden,
weil bei der Auflassung der gemieteten Räume die Readaptierung
immer wieder in Aussicht steht.
Für solche Räume muß nun ein
Jahreszins von zirka 90.000 K gezahlt werden und wird sich dieser
in der nächsten Zeit durch weitere Zumietngen erhöhen
müssen.
Wie nutzbringend würde sich dieser Betrag
erweisen, wenn derselbe in Form von Zinsen für ein neues
Gebäude mit in Verwendung stünde und wie schlecht ist
derselbe unter den heutigen Verhältnissen angewendet! Nur
der eiserne "Muß" läßt für diese
Art der Verwendung eine gewisse Rechtfertigung zu, aber gibt auch
die Mahnung, daß eine Abänderung in raschester Weise
getroffen werden sollte, faßt könnte man sagen getroffen
werden muß.
Die Verteilung der ausgemieteten Lehrkanzeln
kann nicht derart sein, daß nicht weitere Wege zwischen
diesen untereinander und dem Hauptgebäude vermieden werden.
Es ergibt sich oft da ein Wandern der Hörer von Stunde zu
Stunde, was Zeitverlust mit sich bringt, in der Winterszeit auch
gesundheitliche Gefahren ergibt, indem aus den überfüllten,
mit Dunsten angefüllten Räumen die Hörer auf die
kalte Straße heraus müssen, um in die nächste
Vorlesung rechtzeitig zu gelangen. Es mag hiebei auch erwähnt
werden, daß durch solche Wanderungen die Versuchung stark
herantritt, statt in die Kollegien zu gehen, diese zu meiden und
dem Gast- oder Kaffeehause den Vorzug zu geben. Auch die ungünstigen
Räume selbst verleiten zu solch einer Abschwenkung.
Und so zeigt sich denn, daß unsere Hochschule
wohl als die am ungünstigsten untergebrachte bezeichnet werden
muß.
Das Professorenkollegium hat auf diese Verhältnisse
bereits oft und oft hingewiesen, hat durch Eingaben und auch mündlich
durch Deputationen um die endliche Inangriffnahme des Neubaues
gebeten, es hat durch seine Mitglieder das Programm ausarbeiten
und generelle Projektskizzen anfertigen lassen; und dies alles
ist bis heute ohne Entscheidung geblieben. Das k. k. Ministerium
hat vor zwei Jahren, anläßlich der Jahrhundertfeier
unserer Hochschule, die Legung des Grundsteines bewilligt; es
hat bezüglich der böhmischen technischen Hochschule
den Neubau der Institute bewilligt, von welchen das physikalisch-elektrotechnische
bereits in Verwendung steht, das chemische sich bereits derzeit
in Ausführung befindet; es hat bezüglich der beiden
Universitäten in Prag die Ausführung der Kollegienhäuser
genehmigt und steht deren Herstellung in baldigster Sicht; das
k. k. Ministerium hat den Ausbau der Brünner deutschen technischen
Hochschule in der Hauptsache durchgeführt und es steht auch
zu erwarten, daß der Neubau der jüngsten technischen
Hochschule, der Brünner böhmischen, auch bald in die
Wirklichkeit tritt; nur die älteste Hochschule des Reiches
kann nicht in geordnete Verhältnisse kommen, sie ist das
Aschenbrödel unter ihren Schwesteranstalten und daß
sie ein solches nicht mehr lange bleiben möchte, war die
dringende Bitte, welche das Professorenkollegium neuerdings vorbrachte.
Alle diese bereits angeführten oder in
Ausführung begriffenen Projekte sind viel später aufgestellt
worden als das Projekt des Neubaues unserer Hochschule. Es zeigt
dies deutlich, daß eine Verkünzung der deutschen Interessen
vorliegt, wenn die hiesige böhmische technische Hochschule
in Vergleich gezogen wird. Es erscheint daher dringend geboten,
daß das Versäumte nachgeholt wird.
Das Professorenkollegium hatte wohl bisher
seine Pflicht, ja mehr als das getan, wenn es unter den geschilderten
schwierigen und ungünstigen Verhältnissen den alten
guten Ruf der Hochschule aufrecht erhalten hat.
Die Einrichtungen der Hochschule wurden von
den Professoren mächtig gefördert; sie ist die erste
und einzige, welche ein Maschinenbaulaboratorium hat. Und dieses
verdankt dieselbe hauptsächlich der Initiative und Munifizenz
eines Professors, des Hofrates Dr. R. Doerfel. Professor Dr. R.
Doerfet hat auf seine eigenen Kosten die Einrichtung des Maschinenbaulaboratoriums
in der Hauptsache durchgeführt, mußte sich jedoch protokollarisch
verpflichten, daß die gesamte Einrichtung ins Staatseigentum
übergeht und muß auch heute noch die Bedienung im Laboratorium
aus seine Kosten übernehmen.
Es ist dies wohl eine weitgehende Aufforderung
und es zeigt dies alles, daß die Professoren, ihrer Pflicht
bewußt, es stets als Ehre ansahen, die Hochschule auf der
Höhe der Zeit zu erhalten, soweit dies in ihren Kräften
stand. Aber schließlich müssen auch deren Kräfte
erlahmen, wenn die ungünstigen Verhältnisse noch länger
dauern. Und dies gerade in Prag, wo ohnedies für die Hochschule
ein heißer Boden ist.
Aber die Hörer arbeiten unter den ungünstigen
Verhältnissen, wie namentlich in den chemischen Laboratorien,
welche räumlich beschränkt, ohne entsprechende Ventilation
und unter ungünstigem Beleuchtungsverhältnis geradezu
als gesundheitsschädlich bezeichnet werden müssen. Viele
Hörsäle sind überfüllt und einzelne im Falle
einer Panik derart ungünstig angeordnet und eingerichtet,
daß die Gefahr für das Leben der Besucher nicht zu
unterschätzen ist.
Die Konstruktionssäle sind vielfach räumlich
beschränkt, so daß auch da ein entsprechendes Arbeiten
nur mit Ueberwindung möglich ist.
Und doch kann den Hörern das Zeugnis nicht
vorenthalten werden, daß sie unter diesen ungünstigen
und selbst geringen Anforderungen nicht entsprechenden Verhältnissen
ausharren und in den meisten Fällen ihren Pflichten nachkommen.
Aber auch diese sind sich voll bewußt,
daß ohne bestimmte Aussicht auf jene Besserung diese Verhältnisse
nicht weiter dauern können, soll nicht eine Schädigung
ihrer Interessen eintreten, so daß dann gar manche andere
Hochschulen des In- und Auslandes aufsuchen werden, wo ihnen das
Studium unter günstigeren Bedingungen ermöglicht ist.
Was für Schaden dies an der zukünftigen
Generation mit sich bringt, ist leicht zu ermessen.
Es sei nur noch angeführt, daß durch
die notwendige Ausgestaltung unserer Hochschule, wie Teilung von
Lehrkanzeln, welche bisher überbürdet waren, durch Angliederung
neuer Abteilungen, wie die kulturtechnische und die in Aussicht
stehende landwirtschaftliche sowie neue Kurse, wie der versicherungstechnische,
und der zur Heranbildung von Handelsschullehrern, sich die Verhältnisse
immer mehr und mehr verschlimmern müssen oder die Ausgestaltung
ganz unmöglich machen. Was dann geschehen wird, ist heute
nicht zu ermessen. Das deutschböhmische Volk hat durch seine
Intelligenz, Bedeutung und Steuerkraft wohl das Recht auf Förderung
seiner Schulen und da wohl in erster Reihe auch seiner Hochschulen,
die ja gewiß mächtige Faktoren in dessen Kultur und
im wirtschaftlichen Leben bilden, welche nicht zu schmälern
Aufgabe des gesamten Volkes und seiner Vertreter bilden soll.
Die Verhältnisse sind so geschildert,
wie selbe tatsächlich bestehen und zeigen die traurige Verfassung,
in welcher sich die Hochschule befindet.
Es muß übrigens auch auf den einen
Umstand aufmerksam gemacht werden, daß diese Nebelstände
selbstverständlich nicht bloß von den Professoren,
sondern in erster Reihe auch von den Hörern auf das tiefste
empfunden werden und daß die Hörer bereits Mittel und
Wege gesucht und gefunden haben, um ihre diesbezüglichen
Wünsche zur Kenntnis der hohen Unterrichtsverwaltung gelangen
zu lassen.
Unter solchen Umständen sehen sich die
gefertigten Abgeordneten zu den Anfragen an Seine Exzellenz den
Herrn Minister für Kultus und Unterricht veranlaßt:
"1. Sind Seiner Exzellenz dem Herrn Unterrichtsminister
die vorstehend geschilderten Nebelstände an der Prager technischen
Hochschule, welche schon seit Jahrzehnten einer dringenden Abhilfe
bedürfen, bekannt und ist sich Seine Exzellenz des Umstandes
bewußt, daß die Studienerfolge an dieser ältesten
deutschen technischen Hochschule Abbruch erleiden können,
da die Besucher derselben bei dem Wechsel der Vorlesungen und
Konstruktionsübungen zahlreiche, mitunter in großer
Entfernung voneinander gelegene Gebäude aufsuchen müssen
und daß damit wesentliche Versäumnisse der Vorlesungen
verbunden sind?
2. Ist Seine Exzellenz der Herr Unterrichtsminister
geneigt, dahin zu wirken und Verfügungen zu treffen, damit
der für den Neubau der Hochschule in den Voranschlag 1908
eingestellte Betrag von 200.000 K für die organische und
bauliche Ausgestaltung dieses Hochschulneubaues flüssig gemacht
wird, um wenigstens die notwendigen Vorarbeiten für diesen
ganzen, auf mehrere Millionen Kronen veranschlagten Neubau ausführen
können?
3. Ist Seine Exzellenz der Herr Unterrichtsminister
geneigt, eine dem großen Bauaufwande für diese Baulichkeit
entsprechend hohe Summe in den Voranschlag für 1909 einzusetzen
und dafür zu sorgen, daß die notwendigsten Teile dieses
Neubaues längstens bis zu Beginn des Studienjahres 1909/10
fertiggestellt und der ganze Neubau 1910 endgültig seiner
Vollendung zugeführt wird?
Wien, 14. Juli 1908.
Abg. Dr Schreiner und Genossen. |
Nachdem der Herr Minister für Kultus und
Unterricht diese Interpellation nicht beantwortete, und die Frage
des Neubaues der deutschen technischen Hochschule in Prag eine
geradezu brennende ist, nachdem in diesem Studienjahre wieder
3 Lehrkanzeln in fremden Gebäuden neu eingemietet werden
mußten, nachdem ferner an dieser Hochschule wegen Platzmangel,
und zwar hauptsächlich an der chemischen Abteilung nichts
weniger als 29 Hörer zurückgewiesen werden mußten,
nachdem endlich die Mieten, welche für die Unterbringung
zahlreicher Lehrkanzeln in Miethäusern den Zinsen eines Kapitales
von drei Millionen Kronen entsprechen, während sich die Kosten
des Neubaues auf etwas über zwei Millionen Kronen belaufen,
nachdem sonach die Weigerung des Finanzministeriums, die für
den Neubau dieser ältesten technischen Hochschule Oesterreichs
nötigen Mittel bewilligen, in keiner Weise zu rechtfertigen
ist, und ich geradezu als ein feindseliger Akt der Regierung gegen
diese Hochschule darstellt, fragen die Gefertigten Seine Exzellenz
den Herrn Statthalter als Vertreter der Regierung:
1. Sind Seiner Exzellenz die in vorstehend
wiederholten Intervellation geschilderten Nebelstände an
der deutschen technischen Hochschule in Prag bekannt?
2. Ist Seine Exzellenz bereit. alles aufzubieten,
damit die Mittel für den Neubau dieser Hochschule, welchen
das Unterrichtsministerium seit Jahren als dringend notwendig
erkannt hat, vom Finanzministerium bewilligt werden?
3. Ist Seine Exzellenz geneigt, im eigenen
Wirkungskreise der Statthalterei Vorsorge zu treffen, damit noch
im laufenden Semester bei den Lehrkanzeln, in denen ein größerer
Andrang stattfand, die nötigen Räume, in jenem Umfange
und in jener Beschaffenheit beigestellt werden, damit man die
vorläufig abgewiesenen Hörer nachträglich doch
aufnimmt, und mit dieser Aufnahme einem unerhörten, bei keiner
anderen Hochschule des In- und Auslandes jemals vorgekommenen
Skandale der Abweisung von Hörern an einer Hochschule wegen
Platzmangel vorbeugt?
Prag, den 3. Februar 1910.
Abg. Dr. Pergelt und Genossen. |
Oberstlandmarschall: Anfrage der Abgeordneten
Hackel und Genossen an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter,
betreffend die Teilung der Referate bei der k. k. Statthalterei.
Landtagsaktuar Dr. Šafaøoviè
(liest):
Anfrage der Abgeordneten Dr. Hackel und Genossen
an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter, betreffend die Teilung
der Referate bei der k. k. Statthalterei in Prag.
In den letzten Jahren wurden einige Referate
bei der k. k. Statthalterei in Böhmen geteilt.
Diese Teilung betraf bisher nur solche Referate,
welche unter einem deutschen Beamtenvorstand standen.
Sie erfolgte stets in der Weise, daß
für die tschechische Agenda ein besonderes Referat geschaffen
wurde, für welches selbstverständlich ein tschechischer
Beamtenvorstand bestellt wurde.
Gegen den geschilderten Vorgang wäre gewiß
kein Einwand zu erheben, ja er würde sogar den Forderungen
der Deutschen entsprechen, falls er nicht vor jenen Referaten
Halt machen würde, deren Vorstände der tschechischen
Nation angehören. Ja, die Deutschen müssen mit Rücksicht
auf frühere Vorkommnisse sogar die Besorgnis hegen, daß
die geteilten Referate nach einiger Zeit unter einem tschechischen
Vorstande wieder vereinigt werden dürften.
Die Gefertigten stellen deshalb an Eure Exzellenz
folgende Anfragen:
Aus welchen Gründen erfolgte die oben
besprochene Teilung von Referaten bei der k. k. Statthalterei
in Böhmen?
Bestehen nicht gleiche Gründe in betreff
solcher Referate, deren Vorstände Tschechen sind?
Ist Eure Exzellenz geneigt, bejahendenfalls
auch die Teilung der letzteren Referate auf nationaler Grundlage
der Regierung zu empfehlen?
Kann Eure Exzellenz erklären, daß
an eine Wiedervereinigung der schon getrennten Referate nicht
gedacht wird?
Prag, am 3. Feber 1910.
Abg. Dr. A. Hackel und Genossen. |
Oberstlandmarschallstellvertreter Dr. Urban:
Anfrage der Abgeordneten Bernardin und Genossen an Seine Exzellenz
den Herrn Statthalter.
Landtagssekretär Dr. Haasz (liest):
Anfrage der Abgeordneten Dr. Bernardin und
Genossen an Seine Exzellenz den Herrn k. k. Statthalter.
Wie bekannt, sind die Abgeordneten der Stadt
Eger und des Egerlandes vom Jahre 1895 an nur mit einer die staatsrechtliche
Sonderstellung der Stadt Eger und deren Gebiet betonenden Rechtsverwahrung
in den Landtag für Böhmen eingetreten.
Dies mit vollem Rechte.
Es sei diesbezüglich nach der Denkschrift
der Stadt Eger an das Ministerium des k. und k. Hauses vom 1.
Juli 1899 folgendes angeführt:
Schon in der Staufenzeit, und zwar im Jahre
1234, wurde Eger als Reichsstadt genannt und blieb auch nach der
Verpfändung an Böhmen rechtsunmittelbares Gebiet.
Oftmals, namentlich im 15. Jahrhunderte, wurde
die Stadt zu den Reichstagen geladen und in den Reichsmatriken
genannt, so 1480 und selbst noch 1514.
Nach den Staufen kam das Egerland in den Besitz
des Königs Ottokar II. von Böhmen, der es aber im Kriege
mit Rudolf von Habsburg an das Reich zurückgeben mußte.
So blieb Eger in der Folge Reichsland, bis
der deutsche König Ludwig von Bayern 1315 das Egerland an
den König Johann von Böhmen für 20.000 Mark Silber
zur Anerkennung für geleistete Kriegsdienste in der Schlacht
bei Mühldorf verpfändete und 1322 wirklich abtrat.
Schon am 23. Oktober 1322 erließ der
neue Pfandherr des Egerlandes König Johann von Böhmen,
eine förmliche Verfassungsurkunde, in der die staatsrechtliche
Stellung des verpfändeten Gebietes zur Krone Böhmen
bestimmt festgestellt und abgegrenzt wurde.
Von dieser Zeit an also war Eger mit Böhmen,
jedoch nicht mit dem Lande, sondern mit den Krone verbunden, und
zwar als unmittelbares Reichsland, als geschlossenes Gebiet, mit
allen Territorialtrachten, mit Vorbehalt der Reichshoheit unmittelbar
unter den König selbst gestellt und jedem Einflusse der böhmischen
Ständekammer entzogen.
Seit den Freiheitsbriefen Rudolfs von Habsburg
1279 und König Johannes 1322 haben alle Könige und Kaiser
das geschlossenen Gebiet des Egerlandes, seine staatsrechtliche
Sonderstellung, sowie die besonderen Rechte der Stadt und des
Landes in Majestätsbriefen anerkannt und wiederholt zu schützen
und zu achten erklärt.
Wiederholt unternommene Versuche, die Egerer
in ihren alten Rechten zu bedrängen, waren vergeblich, da
die Monarchen eine solche Schmälerung nie zugaben und in
zahlreichen Reskripten erklärten, daß die Egerer in
ihren Rechten nicht verkürzt werden dürften.
So mißlang auch ein Versuch der böhmischen
Stände, die Stadt Eger im Jahre 1638 in die verneuerte Landesordnung
einzubeziehen und höchstenorts zu beantragen, daß die
Privilegien der Stadt Eger nur mit dem Beisatze zu bestätigen
seien, "so weit diese nicht der verneuerten Landesordnung
des Königreiches Böhmen zuwider sind."
Denn auf eine diesbezügliche Vorstellung
der Egerer bestätigte Kaiser Ferdinand III. die Privilegien
der Stadt in ihrer alten Form und ohne den gefürchteten Beisatz.
Der letzte Akt der politischen Selbständigkeit
Egers erfolgte durch den Beitritt der Egerer Stände zur pragmatischen
Sanktion des Hauses Oesterreich im Protokolle vom 23. Juli 1721,
worin neben der Pfandstellung die besonderen Privilegien und Rechte
der Stadt Eger ausdrücklich verwahrt wurden.
Die pragmatische Sanktion, jenes für die
österreichisch-ungarische Monarchie noch in Kraft stehende
Staats-, Grund- und Hausgesetz, welches sich im Codex austriacus
selbst als eine immerwährende Satzung, Ordnung und pactum
zur Konservation aller Erbländer bezeichnet, erscheint nach
ihrem Inhatte als ein Vertrag, geschlossen vom Monarchen, dem
damals alleinigen Träger aller Staatsgewalt, mit dem als
selbständiges Rechtssubjekt anerkannten Egerer Gebiete, weil
tatsächlich die wesentlichen Erfordernisse eines Vertragsverhältnisses,
nämlich ein gegebenes Versprechen einerseits und die Annahme
desselben andererseits hier vollständig zutreffen.
Aus dem Vorangesührten ergibt sich, daß
für die Stadt Eger und deren Gebiet der Anspruch auf Wiedereinführung
der eigenen Verwaltung vollkommen zu Recht besteht.
Die Gefertigten erlauben sich deshalb an Se.
Exzellenz den Herrn Statthalter die Anfrage zu richten:
Ist Seine Exzellenz geneigt, bei der Regierung
dafür einzutreten, saß für die Stadt Eger und
deren Gebiet die eigene Verwaltung ehebaldigst wieder eingeführt
werde?
Prag, am 3. Feber 1910.
Abg. Dr. Bernardin und Genossen. |