Wird hiebei noch berücksichtigt, daß
die das Deutschgebiet Böhmens durchschneidenden Staatsbahnstrecken
infolge der hochentwickelten Industrie und des mächtigen
Kohlenbergbaues einen weit intensiveren Güterverkehr zu verzeichnen
haben, als die Bahnstrecken der vorerwähnten Direktionen
in Triest, Innsbruck, Lemberg, Villach u. s. w., so muß
in erhöhtem Maße der Anspruch auf Errichtung von einer,
bezw. zwei Staatsbahndirektionen innerhalb des Deutschgebietes
Böhmen als berechtigt anerkannt werden.
Was nun den Sitz der zu errichtenden deutschen
Staatsbahndirektionen anlangt, so wird seitens der beteiligten
Bezirks- und Gemeindevertretungen der größte Nachdruck
und Wert darauf gelegt, daß die deutschen Direktionen nicht
nach Prag, sondern in Städte innerhalb des geschlossenen
Sprachgebietes verlegt werden.
So hoch die Bedeutung der Landeshauptstadt
Prag für das Kulturleben in Deutschböhmen eingeschätzt
wird und so wertvoll die ungeschmälerte Erhaltung der deutschen
Oase in Prag anzusehen ist, so sprechen doch so schwerwiegende
Gründe wirtschaftlicher und nationaler Natur für die
Verlegung der deutschen Eisenbahndirektionen in das geschlossene
deutsche Sprachgebiet, daß die Vorteile dieser Verlegung
für das deutsche Volkstum weit höher zu veranschlagen
sind als die Nachteile, welche den Deutschen in Prag hieraus erwachsen.
Es muß als ein gesunder nationalwirtschaftlicher
Grundsatz angesehen werden, das eigene Volk materiell zu stärken
und ihm jene Mittel zur wirtschaftlichen Entfaltung zuzuführen,
auf welche es Anspruch hat.
Gegen diesen Grundsatz würde verstoßen
werden, wenn Prag als Sitz der zukünftigen deutschen Eisenbahndirektionen
bestimmt werden würde, weil die ganz erheblichen materiellen
Vorteile, welcher der Sitz einer Bahndirektion in Bezug auf die
öffentlichen Abgaben und die Befriedigung der Lebensbedürfnisse
des Beamtenkörpers und des Personales gewährt, fast
ausschließlich dem nationalen Gegner zugute kämen.
Wie sehr diese wirtschaftlichen Vorteile in
Frage kommen, möge daraus entnommen werden, daß die
k. k. priv. Böhm. Nordbahn an staatlichen Steuern jährlich
rund 1,000.000 K, darunter rund 900.000 K an Erwerbsteuern, zu
leisten hatte, wovon die Umlagen zum allergrößten Teile
dem tschechischen Volke zugeflessen sind, und daß weiter
über 150 Beamte und Angestellte, zumeist Familienväter
im Dienste der Direktion der Böhm. Nordbahn in Prag stehen,
die ihre wirtschaftlichen und häuslichen Bedürfnisse
zum großen Teile bei nationalen Gegnern zu befriedigen genötigt
sind.
In nationaler Hinsicht ist die Gewähr,
daß die deutschen Staatsbahndirektionen tatsächlich
ihren Zweck erfüllen, nur dann geboten, wenn sie auf deutschem
Sprachboden errichtet werden und ihrem Beamtenkörper die
Gelegenheit gegeben wird, in engster Fühlung zu ihren Volksgenossen
zu stehen. Eine deutsche Staatsbahndirektion mit dem Sitze in
Prag würde jede Kontrolle darüber vereiteln, ob der
Beamtenkörper tatsächlich aus nationalfühlenden
Deutschen und nicht bloß aus Namensdeutschen besteht und
überdies die Gefahr nahelegen, den Beamtenkörper und
namentlich die Dienerstellen, letztere mangels deutschen Angebotes,
mit tschechischen Bewerbern zu besetzen.
Was endlich die Frage anbelangt, welche deutschböhmischen
Städte als Sitze für die zu errichtenden deutschen Eisenbahndirektionen
in Betracht zu ziehen wären, so sei nur soviel bemerkt, daß
hiefür nur rein sachliche Erwägungen maßgebend
sein können und daß die Wahl auf jene Städte zu
lenken sein wird, welche nach ihrer Lage. Verkehrsbedeutung, nach
ihren städtischen Einrichtungen und Bildungsstätten
das meiste Anrecht hierauf haben.
In dieser Hinsicht werden die deutschböhmischen
Städte ihre örtlichen Wünsche dem allgemeinen Interesse
des Volkstums unterzuordnen haben.
Ad 2 und 3. Seit dem Bestehen der Böhmischen
Nordbahn hat dieselbe in völlig klagloser Weise im deutschen
Sprachgebiete amtiert und Beamte und Bedienstete deutscher Nationalität
angestellt.
Es wird mit dem größten Nachdruck
gefordert, daß in dieser Hinsicht durch die Verstaatlichung
keine Aenderung zu Gunsten der Zweisprachigkeit herbeigeführt
wird.
Die Böhmische Nordbahn ist eine deutsche
Unternehmung. Sie ist mit deutschem Kapitale in Zeitläufen
gegründet worden, in welchen nicht mit Sicherheit darauf
gerechnet werden konnte, ob und wann eine entsprechende Verzinsung
des Bau- und Betriebskapitales eintreten werde. Tatsächlich
wurden in der Zeit vom Jahre 1876 bis 1882 von der Böhm.
Nordbahn keine Dividenden gezahlt.
Vom Jahre 1882 bis 1906 sind der Verkehr und
die Bruttoeinnahmen beinahe auf das Doppelte gestiegen.
Bruttoeinnahmen | 1882 | 7,170.000 | K |
1907 | 12,450.000 |
Diese Verkehrsentfaltung verdankt die Böhmische
Nordbahn in erster Linie der in ihrem Interessengebiete angesiedelten
Industrie, welche und zwar auch längs des Bahnnetzes im tschechischen
Sprachgebiete, von verschwindenden Ausnahmen abgesehen, in deutschen
Händen liegt.
Die nachfolgenden statistischen Daten sollen
die Bedeutung des deutschen Volkstums in wirtschaftlicher und
nationaler Beziehung im Gebiete der Böhmischen Nordbahn beleuchten.
Die Einnahmen der Böhmischen Nordbahn
beziffern sich, der Reihe nach geordnet, in den ersten 30 Stationen
im Jahre 1906 wie folgt:
1. | Prag | K | 1,225.506 |
2. | Jungbunztau | 609.106 | |
3. | Warnsdorf | 532.201 | |
4. | Böhm.-Leipa | 475.418 | |
5. | Rumburg | 466.804 | |
6. | B.-Kamnitz | 386.213 | |
7. | Turnau | 354.194 | |
8. | Èakowitz | 350.032 | |
9. | Bodenbach | 293.106 | |
10. | Schluckenau | 288 269 | |
11. | Haida | 283.788 | |
12. | Münchengrätz | 291.897 | |
13. | Tetschen | 254.769 | |
14. | Georaswalde-Ebersbach | 252.090 | |
15. | Zwickau | 213.581 | |
16. | Kuttental | 206.374 | |
17. | Schönlinde | 186.807 | |
18. | Josefstal-Kosmanos | 157.471 | |
19. | Steinschönau | 156 228 | |
20. | Weißwasser | 155 671 | |
21. | Bensen | 132 751 | |
22. | Kratup | 123.505 | |
23. | Kreibitz-Teichstadt | 123.397 | |
24. | Kreibitz | 116.650 | |
25. | Tetschen-Landungsplatz | 114.515 | |
26. | Chrasterhof | 109 829 | |
27. | Wysotschan | 103.925 | |
28. | Röhrsdorf | 102.006 | |
29. | Bakow | 95.848 | |
30. | Schönau | 92.833 |
Um objektiv den Anteil des deutschen Kapitales
an diesen Einnahmen zu ermitteln, müssen vor allem die Stationen
Prag und Jungbunzlau ausgeschieden werden, weil dieselben als
Endstationen zumeist den Güterverkehr und Personentransport
von den Anschlußbahnen auf die Böhmische Nordbahn hinüberleiten,
der Großteil dieser Güter und Fahrgäste aus deutschen
Sprachgebieten stammen und der auf die Städte Prag und Jungbunzlau
selbst entfallende Anteil an den Gesamteinnahmen zum großen
Teile von deutschen Industrie- Unternehmungen herrührt.
Von den übrigen 28 Stationen sind 17 auf
deutschem Sprachboden, 11 im tschechischen Gebiete gelegen.
Die 17 deutschen Stationen weisen eine Gesamteinnahme von rund | 4,355.700 K. |
Die 11 tschechischen Stationen dagegen nur eine Gesamteinnahme von rund | 2,055.600 K auf. |
Hiebei muß jedoch berücksichtigt
werden, daß ein sehr namhafter Anteil der auf die 11 tschechischen
Stationen entfallenden Quote - bei den Stationen Wrutitz
und Èakowitz beinahe die Gesamteinnahme - von deutschen
Industrieunternehmungen stammt.
Solche deutsche Unternehmungen befinden sich
insbesondere:
in Èakowitz: eine Zuckerfabrik, in Münchengrätz:
eine Zuckerfabrik, die Brauerei (Kloster),
eine Großschnitzerei (Kork- und Flechtwaren), in Kuttental:
eine Ziegelei und Tonwarenfabrik, in Josefstal-Kosmanos: das hervorragende
Leitenbergersche Fabriksunternehmen, in Weißwasser- Podol:
eine Dachpappenfabrik, eine Weberei, in Kralup: eine chemische
Fabrik, eine Zuckerfabrik, eine Dampfmühle, in Wrutitz: eine
Dampfmolkerei, eine Großschnitzerei. Von der Gesamtlänge
der Linien der Böhmischen Nordbahn einschließlich der
in ihrem Betriebe befindlichen Staatsbahnstrecke B.-Leipa-Steinschönau
von 379 k, entfallen auf das deutsche Sprachgebiet Strecken und
Teilstrecken von 240 km.
Im Deutschgebiete sind gelegen:
Von der Hauptlinie Prag-Georgswalde die Teilstrecke
von Weißwasser bis Georgswalde 95 km.
Ferner die ganzen Linien
Röhrsdorf-Deutschgabel | 21 | km |
Rumburg-Sebnitz | 30 | |
Bodenbach-Leipa | 65 | |
Bodenbach-Warnsdorf | 31 | |
B.-Kamnitz-Steinschönau | 5 | |
und die schon oben erwähnte Staatsbahnlinie Steinschönau-Leipa | 30 | km |
Es entfällt daher der weitaus größte
Teil des Streckennetzes der Böhmischen Nordbahn auf deutsches
Gebiet.
Die bezeichneten deutschen Linien durchziehen
die nachstehenden rein deutschen Gerichtsbezirke:
Einwohnern | |
Dauba mit | 14.565 |
B.-Leipa mit | 26.717 |
Haida mit | 21.930 |
Zwickau mit | 15.617 |
Warnsdorf mit | 37.184 |
Rumburg mit | 29.400 |
Schluckenau mit | 28.085 |
Hainspach mit | 24.280 |
Bensen mit | 22.678 |
B.-Kamnitz mit | 27.626 |
Tetschen mit | 57.453 |
und Dentsch-Gabel mit | 17.032 |
zusammen sonach 12 reindeutsche Gerichtsbezirke mit einer Gesamtbevölkerung von | 322.567 |
Diese Gerichtsbrzirke gehören zu den industriell
hochstehenden und dichtest besiedelten Gegenden nicht nur Oesterreichs,
sondern Europas.
Hier, in dem nördlichen Gebirgswalle Böhmens
hat deutscher Fleiß und deutsche Tatkraft überaus zahlreiche
Stätten einer blühenden bodenständigen Industrie
geschaffen, deren guter Ruf in der ganzen Welt begründet
ist und die eine ansehnliche Steuerquelle für Staat und Land
bildet. Die industrielle Entfaltung, der viele tausend ihre Existenz
verdanken, erklärt auch die dichte Besiedlung.
Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte
beträgt in diesem Gebiete 180 auf 1 km und übersteigt
somit den Landesdurchschnitt von 115 und den Reichsdurchschnitt
von 80 sehr erheblich.
Scheidet man die vorwiegend landwirtschaftlichen
Gerichtsbezirke Deutsch-Gabel und Dauba, welche nur an ihrer Peripherie
von den Linien der Böhm. Nordbahn berührt werden, aus,
dann erhöht sich die Bevölkerungsdichte auf 237 und
erreicht in dem die Bezirkshauptmannschaften Rumburg und Warnsdorf
umfassenden sogenannten böhmischen Niederlande eine Höhe,
wie sie sonst nur noch in den belgischen und niederheimischen
Industriezentren anzutreffen ist.
(Gerichtsbezirk Warnsdorf mit 469 der dichtbevölkertste
Landbezirk Oesterreichs.)
Wie schon oben hervorgehoben, ist das in Rede
stehende Gebiet rein deutsches Land, welches, soweit die geschichtlichen
Erinnerungen zurückreichen, stets von Deutschen besiedelt
war und nur in seinem kleineren südlichen Teile vor Jahrhunderten
vorübergehend und auf kurze Zeit auch von Tschechen mitbewohnt
war.
Nach der Volkszählung vom 31. Dezember
1900 betrug die deutsche Bevölkerung in Perzenten ausdrücklich
in den Bezirken
Perzent | |
Rumburg | 100 |
Warnsdorf | 99.97 |
Bensen | 99.96 |
Hainspach | 99.94 |
Zwickau | 99.87 |
Schluckenau | 99.83 |
Deutsch-Gabel | 99.83 |
Dauba | 99.33 |
B. Kamnitz | 99.06 |
B. Leipa | 98.97 |
Haida | 98.63 |
Tetschen | 98.09 |
Der Durchschnitt beträgt 99.30 Prozent.
Im Ganzen leben in dem bezeichneten Gebiete
etwa 2100 Tschechoslaven, welche als industrielle Arbeiter, als
Dienstboten, als Gewerbegehilfen meist nur vorübergehenden
Aufenthalt nehmen oder als Staatsbeamte und Staatsangestellte
importiert worden sind.
Der größte Teil der Tschechen wohnt
in der Stadt Bodenbach und besteht dortselbst bezeichnender Weise
fast durchwegs aus Angestellten und Beamten der k. k. Staatsbahnen,
welche für ihre 80 Kinder eine tschechische Privatschule
- zugleich die einzige nicht deutsche Schule im ganzen Gebiete
- unterhalten und deren Gleichstellung mit den öffentlichen
Volksschulen anstreben.
Dieser Fall zeigt klar, wie in deutschen Orten
künstlich auf dem Wege der Bahnverstaatlichung durch die
Aemtervertschechung slawische Minderheiten geschaffen werden.
Das Beispiel von Bodenbach ist eine eindringliche
Warnung und ein Mahnruf für alle Deutschböhmen, auf
der Hut zu sein.
Die deutsche Bevölkerung der genannten
12 Gerichtsbezirke übertrifft jene der Kronländer Salzburg
und Vorarlberg sehr bedeutend und kommt der Bevölkerung von
Kärnten nahezu gleich.
An völkischer Geschlossenheit und Reinheit
übertrifft sie die Kronländer Nieder und Ober- Oesterreich
und Vorarlberg und ist ebenso rein deutsch, wie das Herzogtum
Salzburg.
Die wenigen, zerstreut lebenden Tschechen beherrschen
mit verschwindenden Ausnahmen die deutsche Sprache vollständig,
weil sie sich sonst in dem Gebiete nicht fortbringen könnten.
Die landesübliche Sprache in dem gesamten
Gebiete ist seit altersher ausschließlich die deutsche.
Es besteht mit Rücksicht auf die wahrheitsmäßig
geschilderten Verhältnisse absolut kein Bedürfnis nach
Einführung der Zweisvrachigkeit auf den deutschen Strecken
der verstaatlichten Böhmischen Nordbahn und nur nationaler
tschechischer Chauvinismus und Größenwahn könnte
eine derartige haltlose Forderung stellen.
Es ist vielmehr ein gutes Recht der deutschen
Bevölkerung zu verlangen, daß der bisherige Zustand
der Einsvrachigkeit in allen Teilen des Bahnbetriebes, insbesondere
auch rücksichtlich der Stationsbezeichnungen, der bahnämtlichen
Kundmachungen und Aufschriften, der Fahrkarten und dergl. veinlich
gewahrt bleibt.
Hinsichtlich der Stationsbezeichnungen muß
an dieser Stelle auf den von der Staatsverwaltung leider vielfach
unterstützten Mißbrauch hingewiesen werden, welchen
die Tschechen, obzwar sie für sich das Recht der Unübersetzbarkeit
der Orts- und Gassenbezeichnungen in Anspruch nehmen, mit der
willkürlichen Uebertragung deutscher Ortsnamen ins Tschechische
treiben. Diese Uebersetzungen entbehren jeglicher geschichtlicher
Grundlage und Berechtigung und sollten darum von der Staatsverwaltung
nicht beachtet werden.
Nördlich von Leipa liegt an den Linien
der Böhmischen Nordbahn wohl kaum ein Ort, der noch vor dreißig
Jahren einen tschechischen Extranamen gehabt hat.
Heute übersetzen die Tschechen Langenau mit Skalice, Georgental
mit Jiøetín. Schönlinde mit Krásná
Lípa, Schluckenau mit Šluknov,
Nixdorf mit Mikulášovice, Fugau mit Fugava usw.
Unsere nationalen Gegner würden in die
größte Verlegenheit kommen, wenn sie das Vorkommen
dieser tschechischen Ortsbezeichnungen in einem älteren,
tschechisch geschriebenen Werke nachweisen sollten.
Welche national- gefährlichen Folgen mit
solchen willkürlichen Ortsübersetzungen verbunden seien
können, beweist die lehrreiche Geschichte über die Wandlung
des Ortsnamen Leimgruben. Noch vor 20 Jahren hieß diese
an der Böhmischen Nordbahn nördlich Weißwasser
gelegene deutsche Ortschaft "Leimgruben" und wurde unter
dieser Bezeichnung in den amtlichen Ortsrepertoiren und in den
Generalstabskarten angeführt.
Heute ist der deutsche Leimgruben dank der
von den staatlichen Aemtern unterstützten Tschechisierungsarbeit
verschwunden, bezw. zum Spitznamen erniedrigt: das in deutscher
Sprache erscheinende amtliche Ortsrepertorium kennt nur noch den
offiziellen Namen Hlinowischt, der deutsche Namen Leimgruben ist
in die Klammer verwiesen.
Es muß daher mit allem Nachdrucke gegen
diesen Mißbrauch von Ortsübersetzungen Stellung genommen
werden.
Was endlich die Forderung nach Anstellung deutscher
Beamter und Bediensteter auf der verstaatlichten Böhmischen
Nordbahn anlangt, so bedarf dieselbe eigentlich keiner besonderen
Begründung.
Die Forderung: "Deutsche Richter, deutsche
Vriester, deutsche Lehrer, deutsche Beamte für Deutschböhmen"
wird nicht mehr verstummen und die hohe Regierung wird im eigenen
staatlichen Interesse derselben Rechnung tragen müssen.
Bei der verstaatlichten k. k. priv. Böhmischen
Nordbahn kann sie diese Forderung umso leichter erfüllen,
als deutsche Bewerber um die Dienststellen und deutscher Nachwuchs
hiefür in ausreichendem Maße zur Verfügung steht.
In Würdigung alter dieser vorangeführten
Umstände richten die Gefertigten, nachdem die Unterbrechung
der Reise seiner Exzellenz des Herrn Eisenbahnministers vielen
Gemeinden die Gelegenheit genommen hat, ihre Wünsche und
Beschwerden direkt dem Leiter des Eisenbahnministeriums zu übermitteln,
an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter die Anfrage:
Ist Seine Exzellenz geneigt, bei der k. k.
Regierung in Wien die anläßlich der Verstaatlichung
der k. k. priv. Böhm. Nordbahn von der deutschen Bevölkerung
Nordböhmens einmütig geäußerten Wünsche,
in erster Linie die Errichtung einer deutschen Staatsbahndirektion
in Nordböhmen zu unterstützen und zu fördern?
Prag, am 3. Feber 1910.
Markert u. Gen. |
Oberstlandmarschallstellvertreter Dr. Urban:
Anfrage der Abgeordneten Dr. Bachmann und Genossen
an Seine Exzellenz den Herrn Statthalter.
Landtagssekretär Dr. Haasz (liest):
Anfrage der Abgeordneten Dr. Bachmann und Genossen
an Se. Exzellenz den Herrn Stathalter als Vertreter der k. k.
Regierung.
An zahlreichen Punkten der Landeshauptstadt
Prag, so z. B. beim Eingange in die Waldsteingasse vom Klarplatz
aus, beim Eingange in die Belvederegasse von der Josefsgasse aus,
beim Eingange in die Wacholdergasse von der Aegidigasse aus u.
s. w. sind Ankündigungstafeln angebracht, welche das Verbot
der Einfahrt in die erwähnten Gassen von der bezeichneten
Seite aus verfügen, also straßenpolizeiliche Anordnungen
treffen, welche jedoch der Oeffentlichkeit einzig und allein in
tschechischer Sprache kundgemacht werden.
Ebenso werden auch bloß zeitweise Absperrungen
bestimmter Gassen und Straßen beziehungsweise Gassen- und
Straßen- Teile in Prag für den Wagenverkehr ausnahmslos
bloß in tschechischer Sprache kund- und ersichtlich gemacht.
Da durch diese Umstände und Verhältnisse
die berechtigten Ansprüche der zahlreichen bodenständigen,
deutschen Bevölkerung Prags, sowie der Caharakter der Stadt
Prag als Landeshauptstadt eines von nahezu zwei einhalb Millionen
Deutschen, bewohnten Landes gröblich verletzt erscheint,
stellen die Gefertigten an Se. Exzeltenz den Herrn Statthalter
als Vertreter der k. k. Regierung die Anfragen:
1. Sind Eurer Exzellenz die vorstehend geschilderten
Umstände und Verhältnisse bekannt?
2. Gehen die bezeichneten Anordnungen und Verfügungen
wirklich von einer, zur Handhabung der Straßenpolizei in
der Landeshauptstadt Prag befugten Behörden aus?
3. Bejahendenfalls: sind Eure Exzellenz geneigt,
entsprechende Verfügung zu treffen, daß alle die Handhabung
der Straßenpolizei in der Landeshauptstadt Prag betreffenden
behördlichen Anordnungen in ganz gleicher Weise wie
in tschechischer so auch in deutscher Sprache kund- und ersichtlich
gemacht werden und daß, insoweit es sich hiebei um Bezeichnung
und Benennung von Straßen, Gassen und Plätzen in Prag
handelt, die von alters her gebräuchlichen deutschen Bezeichnungen
in Anwendung gebracht werden?
Prag, am 4. Feber 1910.
Abg. Dr. Bachmann und Genossen. |