Wie bekannt, lautete das frühere Baréme der k. k. Staatsbahnen, welches für Braun- und Steinkohle, wie für inländische und ausländische Provenienzen, gegolten hat, wie folgt:
von 1- 20 | Km - 0.44 h, | |
von 51-150 | Km - 0.26 h, | |
über 150 | Km - 0.16 h, |
Manipulationsgebühr per 100 kg | 8 h, |
Stationsgebühr | 1 h. |
Nach den angeführten neuen Barémes
stellen sich die neuen Frachtsätze im Vergleiche zu den bisher
gültigen:
Für eine Entfernung | |||||
von 15 km | |||||
" 35 " | |||||
" 55 " | |||||
" 75 " | |||||
" 105 " | |||||
" 145 " | |||||
" 205 " | |||||
" 275 " | |||||
" 345 " | |||||
" 445 " | |||||
" 545 " |
Aus dieser Zusammenstellung ist die Differenzierung
leicht ersichtlich; dieselbe beginnt, wenn man die inländische
Braunkohle und Steinkohle in Betracht zieht, bei einer Entfernung
von 145 Kilometern und beträgt da 1 Krone per 10 Tonnen,
welche Differenz bei 275 Kilometern sich auf 3 Kronen erhöht.
Hiebei ist zu bemerken, daß nach dem statistischen Jahrbuche
des k. k. Ackerbauministeriums vom Jahre 1907 der Durchschnittswert
der in Oesterreich geförderten Braunkohle K 43.19, der inländischen
Steinkohle K 93.49 per 10 t beträgt. Die durchschnittliche
Kalorienzahl der österr. Braunkohle wird mit 4200, diejenige
der Steinkohle mit 6000 angegeben.
Die Frachtdifferenz zwischen der inländischen und ausländischen Steinkohle beträgt auf eine
und ist leider auch noch nicht groß genug,
um mit Rücksicht auf die höhere Heizkraft der ausländischen
Steinkohle dem immensen, immer sich steigernden Importe Halt zu
bieten.
Was die Erhöhung der Kohlenfrachten anbelangt,
so beträgt dieselbe in Summa za. 11 Millionen Kronen. Das
ist eine Belastung, die angesichts dessen, daß die so viel
billigeren Kohlensätze der Nachbarstaaten nicht erhöht
werden, unsere Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt in einem
sehr besorgniserregenden Maße vermindert.
Wie groß die Differenzen zwischen unseren
jetzigen und den deutschen Kohlenfrachtsätzen sind (wo der
bekannte Rohstofftarif feit Jahren eingeführt ist, bei dem
nicht nur die deutsche Industrie, sondern auch die deutschen Eisenbahnen
sehr gut prosperieren) ergibt nachstehendes Beispiel:
Der Frachtsatz für böhmische Braunkohle
betrug vor der Erhöhung, auf eine Entfernung von 100 Kilometern
per 100 kg 45 h, nach dem deutschen Rohstofftarif für dieselbe
Entfernung 35 h. Nun soll der Frachtsatz für böhmische
Braunkohle nach dem neuen Tarife 48 h betragen, so daß der
Frachtsatz um 13 h per 100 kg oder um 27% höher fein wird,
als die Kohlenfracht im deutschen Reiche. Wie soll da unsere Kohlenindustrie
bei solchen Verhältnissen prosperieren und wie soll die kohlenkonsumierende
Industrie bestehen, wenn sie das wichtigste Rohprodukt um so viel
teurer loco Fabrik bezahlen muß, als die des Nachbarstaates?
Die gegen die bisherigen Sätze eingeführte
Erhöhung beträgt bei der inländischen Braunkohle
3-4 K per 10 t, bei der inländischen Steinkohle 4-6 K per
10 t.
Um über die vorliegende Tarifreform der
k. k. Staatsbahnen richtig berichten zu können, ist es nötig,
die ganze Materie in 2 Teile zu trennen u. zw. in die Tarifreform
der älteren Linien der k. k. Staatsbahnen und die Tarifreform
auf den neu verstaatlichten Bahnen: Oe. N. W. B., S. N. D. V.
B., St. E. G. und B. N. B.
Die Tarifreform auf den älteren Linien
der k. k. Staatsbahnen war eigentlich sehr einfach; sie weist,
was Kohlen und Koks betrifft, ausschließlich nur Erhöhungen
der Frachtsätze auf. ObBraun- ob Steinkohle oder Koks: All
es wurde für sämtliche Relationen erhöht und falls
nachträglich für diese gefährdeten Relationen nicht
Ausnahmssätze bewilligt werden, so werden verschiedene Industrien,
deren Exportfähigkeit von der Preisfrage der Kohlen abhängig
ist, ihre mühsam eroberten Positionen auf dem Weltmarkte
einbüßen. Aber auch die Kohlenproduzenten werden unangenehme
Überraschungen erleben, da durch die einseitige Erhöhung
der Frachtsätze der k. k. Staatsbahnen, denen gegenüber
z. B. in Böhmen die weit billigeren Frachtsätze der
Privatbahnen (siehe Buschtìhrader Bahn, Kladnoer Kohle
gegen Braunkohle) weiter bestehen bleiben, aus vielen großen
Positionen herausgedrängt werden, ohne
einen Ersatz durch neue Gebiete, die sie in Folge der Tarifreform
erobern könnten, zu finden.
Die gesamten Kohlen- und Kokstransporte auf
den älteren Linien der k. k. Staatsbahnen betrugen im Jahre
1907 an Steinkohle 5,350.000 t, Braunkohle 8,226.150 t, Koks 604.500
t, auf den Linien der früheren Ferdinands-Nordbahn Steinkohle
8,119.727 t, Koks 870.000 t.
Die von vielen Seiten gehegte Hoffnung, daß
durch die Tarifreform der k. k. Staatsbahnen es der böhm.
Braunkohle ermöglicht sein wird, auf den älteren Linien
der k. k. Staatsbahnen mit namhaften Quantitäten vorzudringen
und sich so neue Absatzgebiete zu schaffen, erwies sich als trügerisch;
nach den projektierten Frachtsätzen wird die böhmische
Braunkohle in den anderen Kronländern der Monarchie eher
zurückgedrängt und die Importquantitäten der schlesischen
Kohle werden sich weiter erhöhen. Im Jahre 1907 wurden von
der böhmischen Braunkohle im ganzen 5.26% der ganzen Produktion
in den anderen Kronländern der Monarchie abgesetzt, wahrlich
ein traurig niedriges Quantum, dem gegenüber mehr als das
vierfache der importierten schlesischen Kohle steht.
Über die Entfernungen, auf welche die
böhm. Braunkohle auf deren älteren Linien der k. k.
Staatsbahnen im Inlande geliefert wird und welche Quantitäten
da in Betracht kommen, gibt nachstehende Aufstellung Bescheid;
es wurden im Jahre 1907 geliefert auf eine Entfernung von:
259.511 | |||
68.580 | |||
227.427 | |||
81.586 | |||
2.517 | |||
5.114 | |||
315 | |||
684 | |||
883 |
Tarifreform auf den neu verstaatlichten Bahnen.
Im Gegensatze zu den älteren Linien der
k. k. Staatsbahnen, wo die Tarifreform durchwegs eine Tariferhöhung
bedeutet, werden auf den neu verstaatlichten Bahnen fast durchweg
alle Kohlen- und Koks-Frachtsätze billiger, als selbe bisher
waren. Die Ursache liegt einerseits in den billigeren Einheitssätzen
der k. k. Staatsbahnen, die auch nach der Reformierung d. h. Erhöhung
immer noch billiger sind, als jene der Privatbahnen, andererseits
in der stattgefundenen Durchrechnung der Tarife mit den Stationen
der älteren Linien.
Das k. k. Eifenbahnministerium hat durch die
Differenzierung zwischen der in- und ausländischen Kohle
den richtigen Weg zur Sanierung betreten, leider ist es auf halbem
Wege stehen geblieben, indem die Differenzierung zu Gunsten der
inländischen Kohle zu niedrig ausgefallen ist, da der Unterschied
mit Rücksicht auf die große Heizkraft der schlesischen
Kohle nicht ausreicht, um die jetzigen Positionen der inländischen
Kohle zu erhalten, geschweige denn weiter vorzudringen. Nebenstehende
Tabelle, die über die Kosten eines Kilogrammes Dampf bei
Benützung verschiedener in- und ausländischer Kohlen
vor und nach der Verstaatlichung Auskunft gibt, liefert den besten
Beweis meiner Behauptungen.
Hiernach ist die böhmische Braunkohle auf den Strecken der
Oe. N. W. B. in der Richtung Tetschen-Wien bereits in der Station
Èaslau in der Richtung Groß-Wossek- Königgrätz
oder Wostromìø, also auf allen Linien der Oe. N.
W. B. und S. N. D. V. B., die von Groß-Wossek nördlich
gelegen sind, hinter der Station Libnoves gegen die niederschlesische
Kohle nicht mehr konkurrenzfähig. Auf den Strecken der St.
E. G. stellt sich der Bezug der niederschlesischen
Kohle schon in der Station Velim günstiger, als derjenige
der böhmischen Braunkohle.
Es wird wohl darauf hingewiesen werden, daß
infolge der Durchrechnung der Tarife böhmische Braunkohle
für manche Stationen wesentlich billigere Frachtsätze
haben wird, als bisher. Dies ist ja wahr, leider aber trifft dies
meistens solche Stationen, wo Braunkohle gegen andere Konkurrenzen
überhaupt nicht aufkommen kann, oder wo nur unbedeutende
Mengen von Kohle verbraucht werden. (Hlinsko, Skuè,
Geiersberg, Wichstadtl, Gabel etc.)
Daß bei den neuen Frachtsätzen die
Lage der inländischen Kohle, namentlich der böhmischen
Braunkohle auf den neu verstaatlichten Bahnen sich ungünstiger
als bisher gestalten muß, beweist nachstehender Vergleich
der alten mit den neuen Frachtsätzen:
Station | |||
Lissa | |||
Nimburg | |||
Swìtla | |||
Deutschbrod | |||
Iglau | |||
Jungbunzlau | |||
Bakov | |||
Turnau | |||
Böhmisch Brod |
Station | |||
Lissa | |||
Nimburg | |||
Swìtla | |||
Deutschbrod | |||
Iglau | |||
Jungbunzlau | |||
Bakov | |||
Turnau | |||
Böhmisch Brod |
Sonach wird z. B. der Frachtsatz für die
böhmische Braunkohle in der Station Lissa um 3.8 K per 10
t höher, der Frachtsatz der niederschlesischen Kohle um 7
K billiger. In der Station Deutschbrod Frachtsatz für Braunkohle
um 12.8 K, für niederschlesische Kohle um 21 K, in der Station
Iglau bleibt der Frachtsatz für Braunkohle gleich, für
niederschlesische Kohle wird er um 18 K billiger. Ebenso verhält
es sich, wie aus der Tabelle ersichtlich, in anderen Stationen,
wo überall die Differenz bei den neuen Frachtsätzen
günstiger für die ausländische Kohle ist, als für
die inländische.
Es ist nicht zu leugnen, daß es schwer
fällt, wenn man nur ein generelles Baréme für
die ganze Monarchie aufstellen will, ein solches zu finden, welches
überall den Verhältnissen Rechnung tragen möchte;
denn während man z. B. im Königreiche Böhmen den
kolossalen Import der schlesischen Kohle als eine schwere Schädigung
der heimischen Kohlenindustrie empfindet und nachweisen kann,
daß dieser Import nur durch die Tarifpolitik der Privatbahnen
zu feiner Höhe künstlich hinaufgebracht wurde, indem
man durch ungünstige Tarifierung den Verbrauch der böhmischen
Braunkohle in der eigenen Heimat z. B. in Ostböhmen unmöglich
machte - ist es feststehend, daß in anderen Kronländern,
wie in Nieder- und Oberösterreich vorderhand noch mit dem
- wenn auch nicht mehr so großen - Importe oberschlesischer
Kohle rechnen muß. Ich begreife es vollständig, daß
von diesem Gesichtspunkte aus das k. k. Eisenbahnministerium ein
höheres Baréme für ausländische Kohle nicht
aufstellen konnte, da es doch nicht angeht, der Industrie der
beiden Kronländer das Brennmaterial der beiden Kronländer
noch weiter zu verteuern. Run ist es aber doch nicht notwendig,
daß man die Verhältnisse aller Kronländer bei
der Tarifreform nach einem Leisten einrichtet, namentlich dort,
wo die Grundlagen der Produktion und des Konsums so ganz verschieden
sind. Es wäre wohl möglich, wenn man schon an der Aufstellung
eines einzigen generellen Barémes, welches für die
gesamten Linien der k. k. Staatsbahnen gelten soll, festhält,
die Gegensätze so auszugleichen, daß man für das
bedrohte Ostböhmen Ausnahmesätze für inländische
Braunkohle schafft. Ausnahmssätze, die der großen Differenz
des Heizwertes zwischen der Braunkohle und schlesischer Steinkohle
Rechnung tragen möchten. Durch diese Ausnahmesätze würden
die k. k. Staatsbahnen in ihren Einnahmen keine Einbuße
erleiden, da von der Braunkohle, welche die Heizkraft der Steinkohle
nicht besitzt, bedeutend größere Quantitäten geführt
werden müßten.
Daß die Rücksichtnahme auf verschiedene
Heizwerte der Kohle auch von Staatswegen kein Novum ist und daß
man speziell im benachbarten Deutschen Reiche sich sehr mit Berechnungen
befaßt, die auf der Kalorienzahl der Kohle basieren, beweist
ein vom sächsischen Staatsminister Dr. v. Rüger an den
Oberbürgermeister Dr. Sturm in Chemnitz gerichteter Brief,
der eine Petition des Oberbürgermeisters wegen Herabsetzung
der Kohlentarife, speziell für böhmische Kohle nach
Chemnitz, sehr eingehend beantwortet. Unter anderem lesen wir
in diesem Briefe: "... um hierüber ein zutreffendes
Bild zu gewinnen, genüge es selbstverständlich nicht,
die in Chemnitz und an anderen Orten tatsächlich gezahlten
Kohlenpreise zu vergleichen, sondern es machte sich vor allem
nötig, hierbei auch die den verwendeten Kohlen innewohnenden
Heizwerte zu berücksichtigen; die Berechnung lief also schließlich
darauf hinaus, die an den Vergleichsorten tatsächlich gezahlten
Kohlenpreise auf die Preise zurückzuführen, welche sich
daselbst für eine bestimmte Anzahl Wärmeeinheiten ergeben
u. zw. hatte sich als zweckmäßig erwiesen, unter Zugrundelegung
der Großhandelspreise, welche im Jahre 1907 für die
an den betreffenden Orten hauptsächlich gebrannten Kohlensorten
gezahlt worden sind, sowie unter Berücksichtigung des Heizwertes
dieser Kohlen die Preise für je 100.000 Wärmeeinheiten
feststellen...... Nach dem Ergebnis der hiernach angestellten
Berechnungen beträgt nun der Preis für
100.000 Wärmeeinheiten in Chemnitz 24.6 Pf., Dresden 25.3,
Leipzig 19.2, Breslau 25, Berlin 31.3, Cassel 25.8, Elberfeld
17.4, Düsseldorf 17.4, München-Gladbach 19.6, Sttutgart
31.7, München 39, Nürnberg 33.4, Augsburg 35.9 Pf...."
Aus diesem Briefe des sächsischen Staatsministers ist zu
ersehen, daß man sich auch anderorts schon sehr genau mit
der Rechnung nach dem Kalorienwerte der Kohle befaßt und
daß es wohl auch von uns kein ungeheuerliches Verlangen
ist, bei Tarifaufstellungen sich nach der tatsächlichen Heizkraft
der Kohle zu richten.
Die statistischen Daten des böhmischen
Importes, wie auch des Importes der übrigen Kronländer
Österreichs habe ich bereits im ersten Teil dieser Abhandlung
detailliert angegeben. Zur besseren Beurteilung des Steinkohlenimportes
nach Böhmen wird es vielleicht noch gut fein, die importierten
Kohlenquantitäten, zugleich mit den Entfernungen, bis zu
welchen diese ab Grenze geführt werden, hier anzuführen:
Im Jahre 1907 wurden auf den Linien der neu
verstaatlichten Bahnen nach Böhmen importiert:
97.377 | t | ||||
125.926 | " | ||||
130.294 | " | 353.597 t | |||
51.334 | t | ||||
100.063 | " | ||||
73.847 | " | ||||
86.077 | " | 311.121 t | |||
67.483 | t | ||||
5.977 | " | ||||
12.115 | " | ||||
5.495 | " | ||||
15 | " | ||||
283 | " | 91.368 t | |||
über 300 km | 1.657 t | ||||
Summe | 757.943 t |
61.185 | t | ||||
52.290 | " | ||||
43.925 | " | 157.400 t | |||
63.840 | t | ||||
72.145 | " | ||||
64.590 | " | ||||
54.421 | " | 254.996 t | |||
55.921 | t | ||||
18.475 | " | ||||
18.054 | " | ||||
5.772 | " | 98.222 t | |||
Summe | 510.618 t |
Die übrigen Kronländer Österreichs importierten im Jahre 1907 aus Oberschlesien (exkl. Galizien)
3,907.444 t, |
hievon wurden geliefert auf eine Entfernung
103.258 | t | ||||
115.435 | " | ||||
313.393 | " | ||||
614.915 | " | 1,147.001 t | |||
über 200 km | 2,760.443 t | ||||
aus Niederschlesien | 178.301 t, |
hievon wurden geliefert auf eine Entfernung
1.727 | t | ||||
463 | " | ||||
39.260 | " | 41.450 t | |||
über 200 km | 136.851 t |
Nach Galizien wurden im Jahre 1907
1,256.007 t |
importiert, hievon wurden geliefert auf die
Entfernung
6.917 | t | ||||
69.409 | " | ||||
46.666 | " | ||||
229.152 | " | 352.144 t | |||
über 200 km | 903.863 t |