Pátek 11. èervna 1920

Ich will nun langsam schließen, will aber das viel angefeindete Selbstbestim mungsrecht nicht unerwähnt lassen. Da möchte ich in die weite Geschichte zurück greifen. Sie werden bestimmt wissen, daß es einst durch viele Jahrzehnte Religions kriege gegeben hat, und daß diese Reli gionskriege bestimmt so wichtig waren, wie jetzt die Nationalitätenkriege, respek tive das Selbstbestimmungsrecht. Und wie haben diese Religionskriege geendet? Mit der Religionsfreiheit. Und wir können uns freuen, daß der westphälische Friede in Bezug auf Religion den Nationen Ruhe gebracht hat. So wird es bestimmt auch mit dem Selbstbestimmungsrechte sein. Das Selbstbestimmungsrecht kann nicht zurückgedrängt werden; die Nationalitätenfrage ist nur eine Frage von einem Jahrhundert, sie ist aber akut, sie wird auch einmal erledigt werden - nur nicht im èechischen Sinne. Das ist unsere Überzeugung, sie wird mit dem Selbstbestimmungsrecht erledigt werden. Ob wir es erleben oder nicht, weiß ich nicht, aber mit dieser Überzeugung werde ich einmal ins Grab steigen. Auch Staaten leben nicht ewig, und insbesondere Staaten mit einem Völkergemisch, namentlich wenn dieses Völkergemisch nicht, wie in der Schweiz, zusammengeschweißt erscheint auf Grund des freien Willens, sondern mit Gewalt zusammengedrängt wurde. Wenn das Herrenvolk dieses Staates nicht zu den Bourbonen zählen will, die nichts gelernt und nichts vergessen haben, muß es begreifen, daß wie es dem großen Deutschland nicht gelungen ist, die Handvoll Polen zu verdeutschen, wie es Österreich nicht gelungen ist, die Èechen zu entnationalisieren, wie es dem großen England nicht gelingt, die Irländer zu entnationalisieren, so wird es auch der èechischen Nation nicht gelingen, uns zu entnationalisieren. (Souhlas a potlesk na levici.) Die Lösung kann nur auf Grund des Selbstbestimmungsrechtes gesucht und gefunden werden. Bis aber diese geschichtliche Abrechnung reif wird, kann hier nur eine leidliche Ruhe eintreten, wenn jedes Volk bis dahin seine weitestgehende Autonomie erhält. Wenn die Beherrscher dieses Staates den Wink der Weltge schichte nicht begreifen wollen, so sollte sie hiezu die tiefe Wahrheit jener Inschrift anregen, die sich an dem Sockel des herrlichen Denkmales am Altstädter Ring findet, welches Denkmal scheinbar eine vernünftigere und gerechtere Zeit meißeln ließ. Ich schließe mit dem Zitat dieser Inschrift und rufe es allen zu, die Feinde unseres Selbstbestimmungsrechtes sind: "Milujte se, pravdy každému pørejte!" (Souhlas a hluèný potlesk na levici.)

2. Øeè posl. dra Lodgmana (viz str. 277 protokolu):

Meine Damen und Herren! Von der Debatte über die Regierungserklärung kann man wohl mit einigem Recht sagen: Der Worte sind genug gewechselt, wir möchten endlich Taten sehen. Und es ist, weiß Gott, nicht nur persönlich, sondern auch politisch überaus interessant zu verfolgen, wie sich die verschiedenen Redner mit der geschichtlichen Tatsache dieses Staates und seinen Verhältnissen abzufinden trachten, je nach Veranlagung, Temperament und Charakter und je nachdem sie die politischen Ereignisse, die an uns herantreten, mehr oder weniger befangen von einem politischen Gesichtspunkte auswerten oder je nachdem sie auf einem höheren Standpunkte stehen und die Gabe haben, sich über den engbegrenzten Raum eines so verhältnismäßig kleinen Staates hinwegzusetzen und ihre Blicke - ich möchte sagen - auf das Ganze zu richten, von dessen Gedeihen zweifellos der Bestand oder Nichtbestand dieses Staates abhängt. Der Herr Ministerpräsident hat nun als Chef der èechoslovakischen Regierung die wenig beneidenswerte und undankbare Aufgabe, wenn es mir gestattet ist, zu sagen, die Quadratur des Zirkels zu finden oder aber den Satz zu analysieren, "wie sich der kleine Moritz die Demokratie vorstellt". Es ist eben eine schwierige Aufgabe, vor der Öffentlichkeit Europas nachzuweisen, daß sich der èechische Imperialismus in demokratischer Form auslebt und es gibt Leute, welche daran einigermaßen zweifeln.

Und der Herr Ministerpräsident ist einer derjenigen, welche zweifellos in ihrem Inneren mit diesem ganzen demo kratischen Problem ringen und es ist eine tragische Aufgabe, in welcher sich die èechische Sozialdemokratie heute befindet, daß sie leider genötigt ist, etwas mit einander zu vereinen, was in der Tat nicht vereint werden kann, nämlich den Imperialismus und Absolutismus und die Prinzipien der Demokratie. (Souhlas na levici.) Es nützen keine Worte über die Demokratie, wenn die Tatsachen die Worte Lügen strafen. Und selbst die meister haften Lügenberichte des offiziellen Preß büros können über die Tatsache nicht hinwegtäuschen, daß heute bereits die allgemeine Öffentlichkeit Europas zu be merken beginnt, daß sich in diesem Staat Dinge zutragen, welche mit der demo kratischen Auffasung eines Staatswesens glatterdings nichts zu tun haben. Der Herr Ministerpräsident hat in seiner Regierungs erklärung gesagt, daß wir ihm wohl recht geben werden, wenn er behauptet, daß eine alte Welt versinkt und daß eine neue ersteht. Und er meinte, wir Èechoslovaken stellten uns an die Seite der neuen Welt, und der Sieg der Verbünde ten habe uns recht gegeben. Nun, meine Damen und Herren, wer sind denn eigen tlich diese Èechoslovaken, die sich hier an die Seite der Entente und damit in den Dienst der neuen Welt gestellt haben? Ist der Begriff Èechoslovak hier im staatsrechtlichen Sinn zu nehmen oder im ethnologischen Sinn, wobei ich über die Frage, ob es überhaupt ein èechoslovakisches Volk und seine Sprache gibt, wohl kurzerhand hinweggehen kann, denn sie ist sozusagen bereits authentisch für Europa erledigt, weil nicht nur das Gesetz, sondern auch die Enunziationen èechischer Regierungsstellen erklärt haben, daß èechisch und slovakisch dasselbe ist, weshalb wir uns hier nicht die Köpfe zerbrechen müssen. Aber, meine Damen und Herren, wird mit dem Wort èechoslovakisch nicht dasselbe Schindluder getrieben, wie seinerzeit mit dem Wort österreich - ungarisch und böhmisch? Ich glaube, Èechoslovak und Èechoslovak ist nicht dasselbe. Wir Deutsche sind, wie die Dinge einmal liegen, zweifellos èechoslovakische Staatsbürger. Aber die Herren von den èechischen Bänken täuschen sich, wenn sie mit diesem alten österreichischen Mantel die Tatsache zudecken wollen, daß in diesen Staat eben verschiedene Nationen hineingepreßt worden sind, welche es grundsätzlich ablehnen, ihre Nationalität durch einen allgemeinen Staatsbegriff zum Verschwi nden bringen zu lassen. Wenn eine Regierung erklärt, der Sieg der Verbündeten habe ihr recht gegeben, so ist das eine Auffassung, der man beitreten kann, aber nicht beizutreten braucht. Aber wie sich ein Sozialdemokrat auf den Sieg berufen kann (Nìmecké výkøiky.), das, meine Herren, verstehe ich nicht. Auch glaubt dieser Vertreter der sozialdemokratischen Regierung, daß die ganze geschichtliche Kontinuität ihm die Uberzeugung verschaffe, "daß auch die Deutschen, welche durch lange Jahrhunderte in unserem Staate mit uns lebten, an der Ausgestaltung des Staates ruhig mitarbeiten werden".

Nun, meine sehr geehrten Damen und Herren, meines Wissens ist dieses Kind, welches in Paris in die Welt gesetzt wurde, ganz jungen Datums und der alte historische böhmische Staat - bekanntlich ein Teil des heiligen römischen Reiches deutscher Nation - kann doch nach modernen Begriffen und auch nach den Tatsachen, die vorliegen, mit dem heutigen Staatengebilde in keiner Weise identifiziert werden. Denn dieser alte Feudalstaat war nicht der Staat des Volkes oder der Völker, dieser alte Feudalstaat war der Staat einer Dynastie, einer Familie, einer Klasse von Familien, wenn Sie wollen, und die Völker haben in ihm weiß Gott blutwenig zu reden gehabt. Also vom rein demo kratischen Gesichtspunkt würde ich, wenn ich Chef der èechischen Regierung wäre, an diese historische Kontinuität nicht an knüpfen. Ja, ich würde mich hüten, sie geradezu als einen Baustein für meine logische Argumentation zu verwenden. Der Ministerpräsident hat auch erklärt, daß die Klage, die jetzige Verfassung sei ein Oktroi und ohne Zutun der Deutschen entstanden, daher rechtlich ungültig, unbe rechtigt sei - ja wohl, wenn man auf dem Standpunkt steht, Recht ist organi sierte Macht, dann hat der Ministerprä sident Recht. Wir sind an diese staatliche Verfassung gebunden, weil wir ohnmächtig sind, sie zu ändern. Das ist eine Tatsache. Aber, meine Damen und Herren, eine recht liche Begründung in modernem, in demo kratischem und zumal in sozialdemokra tischem Sinne kann das nicht sein. Und nun, zu einer Bemerkung in der Regierungserklärung, welche auch in der letzten Sitzung des Senats u. auch während der gestrigen Wechselrede vorgekommen ist und die besonders mich und meinen Kollegen Seliger betrifft. Auch der Herr Ministerpräsident hat gemeint, es sei nicht das Verschulden der èechischen Regierung, es wäre auch nicht ihre Absicht gewesen, die deutschen Landsleute von der parla mentarischen Mitarbeit fernzuhalten. Und es hat der ehemalige Minister dr. Soukup vorgestern im Senat geradezu erklärt, es wäre zur Zeit des Umsturzes mit den Herren dr. Lodgman und Seliger verhandelt worden über die Gestaltung der politischen Verhältnisse in Böhmen und den Sudetenländern.

Ich erlaube mir dem Hause mitzuteilen, daß es richtig ist, daß ich und späterhin auch Kollege Seliger in Prag waren, um zur Zeit des Umsturzes mit dem damaligen Prager Národní výbor zu verhandeln. Ich erlaube mir da anzuführen, daß diejenigen Herren von den èechischen Bänken, welche damals an der Spitze der politischen Bewegung in Prag standen, sehr genau wissen dürften, daß man uns den Vorwurf nicht machen darf, wir wären etwa in Prag nicht erschienen. Denn ich war tatsächlich am 30. Oktober, also zwei Tage nach dem Umsturz in Prag, ich hätte es natürlich von vornherein abgelehnt, etwa darüber zu verhandeln, wie sich nun auf dem Boden des zerfallenden österreichischen Staates die politischen Verhältnisse entwickeln sollen - denn das, meine Damen und Herren, wäre natürlich höchst undemokratisch gewesen, weil ich die Auffassung haben mußte, daß darüber die Nationen selbst zu bestimmen haben. (Souhlas na levici.) Aber es wäre auch überaus kindlich gewesen. Denn die Verhältnisse hätten sich doch natürlich nicht darnach gerichtet, was etwa ich oder ein anderer mit einigen Herren von der èechischen Seite vereinbart hätte, und die Pariser Friedenskonferenz hätte jedenfalls in einem späteren Zeitpunkt stattgefunden und wahrscheinlich auf derartige Vereinbarungen wenig Wert gelegt. Wohl aber haben wir die eine Frage aufgeworfen und auf sie haben sich unsere Verhandlungen erstrecken sollen: Wie sollen wir ein vorläufiges Abkommen treffen mit den Herren von èechischer Seite, damit mittlerweile nach dem Umsturz bis zur Konstituierung einer neuen staatlichen Gestaltung die administrativen und Verwaltungsverhältnisse keine Unterbrechung erfahren, damit die Völker nicht verhungern und damit die Verwaltung weitergeführt werden könne. Darüber ist ein Endergebuis nicht erzielt worden, an uns lag aber die Schuld nicht. Denn es gab Herren auf jenen Bänken, welche es überhaupt als lächerlich erklärt haben, mit uns zu verhandeln, wobei ich betone, daß der Dr. Soukup es nicht war (Posl. Slavíèek: Kdo to byl?), aber es hat der Minister Švehla sich sehr leicht darüber hinweggesetzt, wobei ihm allerdings Dr. Soukup widersprach und gesagt hat, daß es sich hier um eine sehr wichtige Sache handelt, über die man sprechen müsse. Nun, meine Herren, es ist dies ja natürlich jetzt gleichgiltig, aber uns werden Sie die Schuld daran, daß wir in diesen Staat hineingepreßt worden sind, nicht zuschieben. (Potlesk na levici).

Und das eine werden wohl die Herren von den èechischen Bänken, welche mich aus dem alten österreichischen Reichsrat sehr wohl kennen, gerne zugeben, daß ich meine Politik nicht geändert habe. Ich führe in diesem Staate enau dieselbe Politik, die ich im alten Österreich verfochten hatte, denn ich war auch dort für das Selbstbestimmungsrecht der Völker und der Bestand des Staates Österreich und die Interessen der Dynastie bildeten für mich kein Hindernis zuzugeben, daß ein jedes Volk in jenem Staate ein Recht hatte auf eine besondere staatliche Gestaltung oder, wenn es dazu etwa entschlossen wäre, auf einen Zusammenschluß mit anderen Nationen.

Daher, meine sehr geehrten Herren, werden Sie niemanden damit täuschen, wenn Sie erklären, ich sei ein Chauvinist und kein Demokrat. Ja freilich, wenn der Chauvinismus darin besteht, daß man sich gegen Gewalttätigkeit zur Wehr setzt, dann bin ich ein Chauvinist. Wenn aber anerkannt wird, daß derjenige Demokrat ist, der die freie Entschließung seiner Nebenmenschen in keiner Weise beschränken will, dann, meine Herren, können Sie durch Ihr Lügenbüro in alle Zeitungen schreiben, ich sei ein Chauvinist, die europäische Öffentlichkeit wird sich doch davon überzeugen, daß in diesem Staate Vertreter der Demokratie nicht diejenigen sind, die auf den Regierungsbänken sitzen, sondern diejenigen, die auf den Ausnahmsplätzen sind. (Potlesk na levici.)

Und aus dieser Tragik kommt weder dieser Staat, noch seine Regierung und keine Koalition heraus, sie sei wie immer gebildet und trage einen Namen, wie immer. Das ist das Erbe des alten Österreich, welches Sie unversehrt übernommen haben, der Kampf zwischen der Demokratie und der diktatorischen Gewalt. Und Sie haben keine andere Wahl; entweder Demokratie und dann Völkerbundstaat oder aber ein èechischer Nationalstaat, und dann gibt es nur einen Absolutismus! Es macht keinen Unterschied, ob dieser Absolutismus heute § 54 oder ob er dereinst § 14 hieß. Es macht keinen Unterschied, daß heute an der Spitze des Staates kein von Gottes Gnaden erwählter Kaiser oder König, sondern ein von Ihnen mit Machtbefugnissen ausgestatteter Präsident steht, welcher über die Aufträge Ihrer Mandatare hinausgeht. Denn Sie haben diesem Präsidenten Machtbefugnisse in die Hand gegeben, welche einzig und allein beim Volke ruhen dürfen, und Sie hätten daher Ihren Präsidenten durch Volkswahl erwählen müssen und niemals durch die Wahl eines Hauses oder zweier Häuser, welche selbst erst aus dem Volke hervorgegangen sind. Die geschichtlichen Ereignisse werden ihren Weg weitergehen und es wird natürlich in erster Reihe von der Erkenntnis auf den èechischen Bänken abhängen, wie sich das Zusammenleben in diesem Staate gestaltet. Aber freilich, wenn man auf dem Standpunkt steht, welchen hier die Herren von der rechtesten Seite des Hauses einnehmen, wenn man einfach sagt: "Ihr habet den Krieg verloren und damit ist die Sache erledigt", dann ist das freilich nicht wahr; aber die logische Deduktion mag zugegeben werden, ohne daß ein Demokrat sich mit ihr zu identifizieren braucht, und wir müssen leider feststellen, daß derartige Gedankengänge nicht nur etwa in den Gehirnen der Herren um Herrn Dr. Kramáø herum platzgreifen, sondern daß sie auch schon ihre Fortschritte machen und gemacht haben. Denn wie wäre es sonst zu erklären, daß das erste Wort, mit welchem uns Präsident Masaryk, als er hierher kam, begrüßte, dasjenige vom èechischen Staat und den deutschen "Kolonisten" war? Wenn das auf diesem Holz geschieht, was, meine Damen und Herren, haben wir dann von der allgemeinen èechischen Mentalität zu erwarten? Es kommt, weiß Gott, nicht darauf an, ob auch bei Ihnen sich da und dort einzelne Männer finden, welche den Weitblick haben, zu erkennen - und es werden viele darunter sein, welche es nur nicht sagen dürfen - daß die Verhältnisse in diesem Staat unlösbar verbunden sind mit seiner geographischen Lage, seiner Umklammerung durch das deutsche Sprachgebiet und mit der Tatsache, daß die Elbe nach Norden fließt! Aber es wird darauf ankommen, ob sie die Kraft haben, diese Gedankengänge in der èechischen Öffentlichkeit zu vertreten und ob das èechische Volk tatsächlich so reif geworden ist, daß es erkennt, daß im Zeitalter der Demokratie und des Selbstbestimmungsrechtes die Bajonette vielleicht eine vorläufige, aber keineswegs eine verläßliche Stütze sind. (Hluèný souhlas nìmeckých poslancù.)

Nun, meine Herren, Sie werden vielleicht sagen, das ist ja alles nur leeres Gerede. Was der eine da, der andere dort sagt, dafür darf man doch nicht die èechische Nation verantwortlich machen. Und ich bin gewiß der Letzte, welcher etwa die Absicht hat, irgendwelche chauvinistische Exaltationen zu verallgemeinern. Aber Sie haben ja in Ihrer Verfassungsurkunde, also ganz offiziell, festgelegt, daß nur Sie diejenigen sind, die in diesem Staate zu reden haben. Denn Sie schreiben eingangs: "My národ Èeskoslovenský . . . prohlašujeme ústavu, jejíž znìní následuje". Nun, meine Herren, ist das die Einladung gewesen an uns, mitzuarbeiten? Und unter dieser Verfassung stehen die Namen derjenigen Herren, welche die heutige Regierung vertreten, und es läßt sich nicht verleugnen, daß dies ein offizieller Akt ist. (Sehr richtig.) Wir sind uns, meine Damen und Herren, sowohl unserer Schwächen als auch unserer Stärke bewußt und die größte Stärke, die wir haben, ist diejenige, daß wir einfach einTeil eines 70 oder BOMillionenvolkes sind (Hluèný potlesk na levici. - Heil!), welches, wie ein Engländer unlängst gesagt hat, auf 50, wenn Sie wollen auf 100 Jahre geknechtet und zurückgeworfen werden kann, dessen Lebenskraft aber schließlich ihre Auferstehung feiert, und es spielt dabei keine Rolle, ob wir den Zeitpunkt erleben werden, in welchem sich dies vollzieht. Ich wünsche, daß Sie vor diesem Zeitpunkt Einkehr halten, denn es ist weder in Ihrem, noch in unserem Interesse, daß ewige nationale Schranken zwischen den Staaten Europas bestehen. Der Geist, der heute in den P. T. Balkanstaaten Mitteleuropas herrscht, ist ein Hindernis für die europäische Einigung und diejenigen machen eine schlechte Politik, welche nichts anderes sehen, als Sieger oder Nutznießer des Sieges, wie es in diesem Augenblicke vielleicht möglich erscheinen mag, welche aber nicht sehen, daß diese Einigung Europas kommen wird und kommen muß und welche dahin streben sollten, daß sich diese Vereinigung in demokratischem und national versöhnlichem Sinne und in unblútigem Kampfe vollzieht. Die Grundlagen dieses Staates sind gemischt. Herr Dr. Kramáø hat sich gestern darüber beklagt, daß die Polen das Selbstbestimmungsrecht einmal so und einmal so auslegen, je nachdem es ihnen paßt. (Smích na levici.) Aus den Splittern, die Herr Dr. Kramáø den Augen der Polen entnimmt, könnte er ruhig einen lebhaften Holzhandel einrichten. (Smích na levici.) Ich glaube, er täte sich leichter, wenn er den Balken aus seinem Auge zöge. Ja, auch dieser Staat legt das Selbstbestimmungsrecht verschieden aus, je nachdem, ob es sich um diese oder jene Gebiete handelt, er ist ein eigenartiger Mischling zwischen historischen Ansprüchen, wirtschaftlicher Notwendigkeit und demokratischem Selbstbestimmungsrecht, wobei sich das letztere gerade nur auf die èechische Nation bezieht.

Und dieses Erbe hat die heutige sozialdemokratisch ausgerichtete Regierung von ihrer Vorgängerin übernommen und das ist eben, wie ich gesagt habe, die Tragik der Situation, in der sich heute die èechische Internationale befindet; denn sie kann aus diesen Fesseln, die ihr angelegt wurden, nicht heraus und sie hat es verabsäumt, von allem Anfang an gegen den èechischen imperialistischen Chauvinismus Einspruch zu erheben, obzwar sie es hätte tun können, und obzwar daran die unmögliche Gestaltung der heutigen Verhältnisse gescheitert wäre; denn die èechische Sozial-Demokratie ist stark genug, um das èechische Volk daran zu hindern, Anderen Gesetze aufzuoktroieren. Sie hat aber nicht die innere Stärke und nicht den Mut aufgebracht, es zu tun. Und ich klage die èechische internationale sozial-demokratische Partei vor der ganzen Demokratie in Europa an (Hluèný potlesk na levici), daß sie sich nicht nur mitschuldig, sondern auch zum Helfershelfer einer unmöglichen verfassungsrechtlichen Gestaltung dieses Staates gemacht hat und daß sie sich beeinflussen ließ von den ärgsten chauvinistisch-imperialistischen Trieben der èechischen Bourgeoisie. (Dlouhotrvající potlesk na levici. Hluk.)

Was wir von diesem Friedensvertrag und seinen Folgen zu halten haben, das wissen wir bereits. Er hat Europa nicht geeinigt, er hat dem Zug der Zeit, der nach der Errichtung von großen Wirtschaftsgebieten geht, nicht Rechnung getragen und hat dieses Europa balkanisiert, er hat es demoralisiert und hat die nationalen und sozialen Gegensätze schärfer hervorgekehrt denn je. Mögen Sie auch glauben, daß dieser Friede so unerschütterlich sei wie Ihre Verfassung (Smích), wir glauben es weder von ihm noch von ihr, und es wird dereinst der Zeitpunkt kommen, in dem Sie erkennen werden, daß einzelne Gesetzes-Paragraphen den

Gang der geschichtlichen Ereignisse nicht aufzuhalten vermögen. Fürwahr, auch für diesen Staat gilt das, was man für das alte Österreich gesagt hat, nämlich von der schlecht zugeknöpften Weste, die von Grund auf aufgeknöpft werden muß, damit sie dann erst wieder richtig zugeknöpft werd en kann. Und mit kleinlichen Mittelchen werden Sie nicht auskommen, welche Sie etwa glauben anwenden zu dürfen, wahrscheinlich eingedenk der altösterreichischen Politik, die bekanntlich den Nationen einmal hier, einmal da ein Stückchen gereicht hat. Damit werden Sie nicht Ihr Auslangen finden, zumal Ihnen die Klammern fehlen, die den alten aus Jahrhunderte alten Traditionen entstandenen österreichischen Staat zusammengehalten haben, mögen diese Klammern nun gut gewesen sein oder nicht, das war die Dynastie, die Bürokratie und das alte österr.-ungarische Heer. Sie fehlen Ihnen und Sie konnten nur eines an deren Stelle setzen: Den Willen der Regierten. (Potlesk.) Und das haben Sie nicht getan und Sie suchen vergeblich nach Ersatzmitteln für diesen. (Potlesk na levici.) Ja seinerzeit - um auch das zu streifen - da hat es immer geheißen, die Kronländer Böhmen, Mähren und Schlesien sind so reiche Länder und sie brauchten in keiner Weise angewiesen zu sein auf irgend welche Maßnahmen der österreichischen Regierungen, insbesondere in der Ernährungslage, wenn wir nicht soviel an Deutschland abgeben müßten. Heute sehen Sie, daß Sie gar nichts an Deutschland abliefern müssen und daß Sie dennoch nicht im Stande sind, dasjenige vorzukehren, was einfach nur, wenn Sie das Wort gestatten, für den animalischen Fortbestand der Menschen notwendig ist, und daher befinden Sie sich in dieser unmöglichen Lage trotz Slovakei und trotz reicher Agrargebiete und versuchen sich gegenseitig die Schuld, einer dem anderen, zuzuschieben. Also, ich glaube, es wird das Haus gewiß nicht überraschen, wenn ich sage, daß wir zu dieser Regierung und ihrer Erklärung begreiflicherweise gar kein Vertrauen haben, daß wir ihr im Gegenteil mit dem schärfsten Mißtrauen gegenüberstehen und daß wir bei Gelegenheit dieses Mißtrauen zum Ausdruck zu bringen haben. Und galt im alten Österreich der Grundsatz, dort werde absolutistisch regiert, gemildert mit Schlamperei, so gilt hier der Grundsatz, hier herrscht èechoslovakischer Imperialismus, verschärft durch den Dilettantismus der Regierung. (Souhlas na levici.) Wie viele schöne Worte haben wir vernommen, aber, werte Herren, wenn Sie glauben, daß die bisherige Behandlung unserer Beamten und derjenigen, die durch den Umsturz unverschuldet um ihr Brot gekommen sind, die Behandlung der zahlreichen Kriegsopfer, der Offiziere und Unteroffiziere, die Handhabung der Zensur, die Unterdrückung der freien Meinungsäußerung und die Drosselung des deutschen Schulwesens, wenn Sie glauben, daß die Bevorzugung der Legionäre bei der Heimbeförderung selbst der Kriegsgefangenen und in den Anstellungen dieses Staates geeignet sind, uns Vertrauen zu Ihrem Staate und seiner Regierung beizubri ngen, da natürlich sind Sie irrig berichtet.

Es wurde uns gesagt, in der Slovakei seien 80 deutsche Schulen aufgemacht worden, ich weiß nicht, ob das richtig ist. (Posl. dr. Juriga: Ano, to je správné!) Ich habe selbstverständlich keine Ursache an dieser Behauptung zu zweifeln. Aber bei uns sind beiläufig 300-400 Schulklassen gesperrt worden. Ich bitte, ich stimme allen Herren zu, daß man die überflüssigen Schulen beseitigen kann. Die deutsche Kultur hat es nicht notwendig, künstlich Schulen zu züchten. Ja ich behaupte, daß das national schädlich ist. (Hluk.) Aber, meine Herren, ich mache darauf aufmerksam, daß ich eine beschränkte Redezeit habe.


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