Man kann absolut nicht annehmen, daß die Regierung das alles übersieht. Tatsache ist, daß die Regierung nichts unternimmt. Ich möchte sogar sagen, daß die Regierung heute nicht mehr im Stande ist, etwas gegen diesen Terror zu unternehmen. Die Regierung muß heute so tanzen, wie diese Legionäre pfeifen und es wird die Zeit kommen, wo Sie, wie jetzt wir Deutsche es in erster Linie zu verspüren haben, es auch zu spüren bekommen. Wie weit der Einfluß der Regierung reicht, das heißt, wie ohnmächtig sie ist gegen diesen Militärterror, da möchte ich Ihnen eine Zuschrift vom Gauturnwart Südmähren vorlesen bezüglich des Znaimer Gauturnfestes. Die Polizeibehörde in Znaim hatte dieses Fest durch eine Zuschrift an den Festausschuß vom 14. Juni in seinem ganzen Umfange genehmigt. Am 28. Juni, also knapp vor dem Feste, verbot dieselbe Behörde das Fest in seiner Gänze. Als Grund wurde die allgemeine Erregung infolge der Vorfälle in Iglau angegeben. Eine solche Erregung besteht in der èechischen Bevölkerung keineswegs. Für Sonntag Vormittag war in Znaim eine Versammlung der èechischen Einwohner unter freiem Himmel einberufen, um gegen die Abhaltung des Turnfestes und die Iglauer Vorfälle Stellung zu nehmen. Die Versammlung fand nicht statt, weil die èechische Bevölkerung fern blieb. Die èechischen Turner hatten von Vornherein gegen das Fest nichts einzuwenden. Sie hatten sogar beschlossen, den Deutschen ihren eigenen großen Festplatz, den sie im Vorjahre zur Abhaltung ihres Slet in Znaim vorbereitet haben, zur Benützung zu überlassen. Einwendungen erhob bloß ein Teil des Militärs, die Legionäre, während ein anderer Teil des Militärs, darunter die Slovaken, das Fest nicht gestört wissen wollte. Die Legionäre allerdings drohten das Fest gewaltsam zu stören. Diesem Druck der Legionäre hat die Behörde nachgegeben und der Leiter des Polizeiamtes verbot das Fest. Unrühmlich haben sich auch die Eisenbahner und ein Teil der èechischen Nationalität hervorgetan, die eine Versammlung in Znaim abhielten und mit der Einstellung der Arbeit bezw. dem Streike drohten, falls das Fest stattfinden sollte. Wir sehen so ein typisches Beispiel, wie die Behörden dem Terror der Legionäre nachgeben. Es ist doch die Zeit vorüber, da wir Krieg geführt haben. Wir haben heute ja schon ein Wehrgesetz, das das frühere Revolutionstribunal beschlossen hat. Man hat sogar schon einige Male auf Grund dieses Wehrgesetzes Demobilisierungen angeordnet und was sahen wir: Nach Hause geht der, der will, wer nicht will, der bleibt. Das Wehrgesetz ist nichts anders als ein Geschenk an den französischen Imperialismus, an den französischen Onkel und Schutzherrn. Wenn man dieses Wehrgesetz bis heute nicht durchgeführt hat und durchführen konnte, so ist dies darauf zurückzuführen, daß man nicht imstande ist, diese Leute, die heute in der Uniform stecken, nachhause zu schicken, weil sie ganz einfach nicht gehen.
Allerdings mag der Umstand daran
schuld sein, daß die Regierung seinerzeit viel zu viel Versprechungen
gemacht hat. Ich erinnere nur daran, daß jedem Legionär eine Stelle
im Staatsdienst versprochen wurde usw., ein Stück Acker oder Wirtschaft
versprochen wurde. Ja, wo ist denn das! Die Regierung ist heute
nicht imstande, das, was sie versprochen hat, zu halten. Mit einer
Lüge hat dieser Staat angefangen, nämlich, daß die einzelnen Nationen,
die in diesem Staate leben, sich zu ihm zusammengetan haben. Mit
dieser Lüge hat man begonnen und alles, was man begonnen hat,
ist nichts anderes als Lüge gewesen und ich konstatiere, daß dieser
Staat durch diese Lüge zugrundegehen wird und zugrundegehen muß.
Oder ist es keine Lüge, wenn der Herr Finanzminister unlängst
bei der Begründung der Vorlage über die Kriegsanleihe als suprema
lex, als salus rei publicae es hingestellt hat, daß die Kriegsanleihe
so angenommen werde und werden muß, wie er es vorgelegt hat. Das
heißt daß man den Staatsbürgern damit das Geld aus der Tasche
raubt, damit der Staat, damit die Legionäre leben können.
Místopøedseda dr. Hruban (zvoní):
Upozoròuji pana øeèníka, že jest nepøípustno, aby mluvil o výrocích
ministrù jako o lži.
Posl. Pittinger (pokraèuje):
Ich verstehe nicht, ich habe das Kriegsanleiheproblem . .
.
Místopøedseda dr. Hruban:
Vy jste øekl, že je to lež, kterou ministr pronesl.
Posl. Pittinger (pokraèuje): Wäre es nicht mehr im Interesse der Salus gelegen, wenn der Herr Finanzminister alles das, was in diesem Staate an Zahlungen überflüßig und unnütz ist, in erster Linie das Militär, wenn man das beseitigen würde, wenn man auf der Seite anfangen würde zu sparen, nicht aber auf der anderen Seite mit der Kriegsanleihe. Hier sind die Wurzeln des Übels. Da muß der Finanzminister anpacken: Hinweg mit dieser Armee, mit diesen 500.000 Mann und schaffen wir uns eine Armee, wenn wir sie brauchen, die unseren Kräften überhaupt entspricht und die wir bezahlen können. Denn diese Armee, wie sie heute noch besteht, ist ein Kind des Krieges, ein Kind der Revolution und hat heute gar keine Berechtigung mehr.
Ein weiterer Fall, wo man als
Finanzminister einsetzen könnte, wäre der Beamtenstab. Das ist
ein absolut ungesunder Zustand, daß wir einen Beamtenstab haben,
der dem Beamtenstab im alten Österreich-Ungarn beinahe gleichkommt.
Hier wären die Wurzeln, wo der Finanzminister mit der Sanierung
des Staates zu beginnen hätte, aber nicht damit, daß er den armen
Kriegsanleihebesitzern das Geld aus der Tasche raubt und einfach
die Kriegsanleihe annulliert und eine Zwangsanleihe ausschreibt.
Und statt daß man diesen Weg betritt, macht man noch neue Anschaffungen
für diese Armee im Werte von Milliarden. Unlängst bei der Kriegsanleihedebatte
hat Kol. Dr. Baeran einige sehr interressante Daten gebracht von
Bestellungen von Kriegsmaterial, die in den letzten Wochen gemacht
wurden. Es sind genaue Daten gebracht worden, zwei Mörser, 35.5
a 1 1/2 Millionen, 150 und noch einmal 150 Feldgeschütze a 250.000,
20.000 Gewehre, was weiß ich, wie viel Munitionsbestandsteile,
Automo bile und dgl. Und Alles dies wurde geliefert durch einen
bestimmten Herrn. Und wenn heute der Herr Finanzminister hier
wäre, so würde ich ihn fragen, was mit diesem Herrn geschehen
ist, der alle diese An käufe und Bestellungen durchgeführt hat.
Vielleicht wird er mir nächstens Antwort geben können. Entlassen
ist er worden. Ja glaubt man durch eine derartige Wirt schaft
die Staatsschulden abzuwälzen oder glaubt man, durch eine neue
Zwangsan leihe sich decken zu können oder zahlen das vielleicht
die Franzosen. Ich glaube kaum. Est ist hoch an der Zeit, daß
sich von èechischer Seite ein Mann finden würde, der von diesem
Platz, von hier oben aus, wenn auch nicht aus der Re gierung unparteiisch
und objektiv diese Zustände aufdecken würde und eine Auf lösung
der jetzigen Armee und der Leginärverbände und dgl. fordern würde.
Das fällt ihnen natürlich schwer, denn ein Kramáø, ein
Masaryk und wie all die Herren heißen, die sich diese als
Freunde und Gäste gerufen haben, die können sie jetzt nicht ohne
Weiters hinauskomplimen tieren. Dafür will man, daß wir Deutschen
das von hier aus machen. Man schickt, be wußt oder ungewußt, jedenfalls
aber bewußt, Offiziere aus dem Landesverteidigungsministerium
in Zivil zu uns und will uns suggerieren, daß wir in unsere Forderungen
zunächst aufnehmen die Forderung nach Entfernung der fremdländischen
Offiziere und dann die Forderung nach Auflösung der Legionärverbände
usw. Wir haben kein Interesse daran, den Leuten die Geister, die
sie selbst gerufen, vom Halse zu schaffen. Sie sollen es selbst
machen. Und wir haben auch gar keinen Grund, ihnen die Worte zuzurufen:
"Caveant consules, ne quid detrimenti capiat respublica."
Im Gegenteil: "Nir so weiter, wir schauen ruhig zu! "
Und wenn ich auch kein Cato bin, wenn ich auch vielleicht einer
der Jüngsten bin, so sage ich doch heute: Wenn es so weiter geht,
dann werden die Worte in Erfüllung gehen, die beim alten Cato
in Erfüllung gegangen sind: "Ceterum autem censeo, Carthaginem
esse delendam." (Potlesk nìmeckých poslancù.)
Hohes Haus! Der Herr Ministerpräsident hat in seiner vormittägigen Rede ein gangs erklärt, daß er nicht beabsichtige, sich in die Details, welche von den Inter pellationen angeführt sind, einzulassen, sondern daß er die ganze Sache von einer höheren Warte aus zu beurteilen beabsichtigt. Es wäre wirklich zu wünschen gewesen, daß der Herr Ministerpräsident das, was er angekündigt hat, auch tat sächlich durchgeführt hätte, denn seine Äußerungen, mit welchen er die feind liche Haltung der Deutschen überhaupt in diesem Staate zu beweisen suchte, seine Äußerungen dahingehend, daß die Deutschen eine feindliche Haltung gegen über der Kriegsanleihevorlage einnehmen und zu diesem feindlichen Verhalten ge führt wurden durch Schürereien auslän discher Agenten, zeugen nicht gerade von einem Geiste, die Angelegenheit, um die es sich in dem gegenwärtigen Augenblicke handelt, von einer höheren Warte aus zu beurteilen . . . (Souhlas na levici. Posl. Seliger: Wir lehnen diese Insinuation auf das entschiedenste ab!) Selbstvers tändlich! . . . von einer höheren Warte aus zu beurteilen und unter den Volksstämmen dieses Landes vermittelnd zu wirken, wie es seine Aufgabe und seine Pflicht in erster Linie wäre. Auch ich habe nicht die Absicht, mich in Details einzulassen, umsoweniger, als schon über die Frage der Iglauer Vorfälle von dem ersten Redner von deutschbürgerlicher Seite ziemlich viele Details angeführt wurden. Der Herr Ministerpräsident hat vormittags der Meinung Ausdruck gegeben, daß die Deutschen dieses Staates in dem Staat zufrieden sein können, keine Ursache haben, ihrer Unzufriedenheit bei jeder Gelegenheit Ausdruck zu verleihen. Ein demokratisches Wahlrecht wie in keinem anderen Staate hätten wir in diesem Staat erhalten und das zeige, daß die Mehrheit des Staates gewillt sei, Alles zu tun, die Zufriedenheit der Völker, auch der Minderheiten herbeizuführen.
Wir anerkennen, daß das Wahlrecht demokratisch ist, wir anerkennen, daß nach dieser Richtung die Parteien des alten Parlamentes ihre Pflicht erfüllt ha ben. (Hlas: Bis auf die Slovakei!) Bis auf die Slovakei und bis auf viele Mängel, die auch in dem demokratischen Wahl gesetz enthalten sind, über die zu spre chen sich ja ein anderesmal Zeit und Gelegenheit bieten wird. Aber das, was man mit der einen Hand gegeben hat, hat man mit der anderen Hand wieder genommen. (Souhlas na levici.) Ein demokratisches Wahlrecht, durch welches der Einfluß der gesamten Bevölkerung auf die Verwal tung in den Gemeinden verbürgt werden sollte, und einige Wochen darauf kam ein Gesetz, in Widerspruch stehend mit dieser demokratischer Gemeindewahlord nung, durch welches einerseits herbeige führt wurde, daß die ortsansässige Be völkerung ihres Einflusses beraubt wurde und auf der anderen Seite herbeigeführt wurde, daß unter die Bevölkerung ein Zankapfel geworfen wurde. Die Soldaten sollen wahlberechtigt sein. Das ist selbst verständlich und es wäre widersinnig, wenn ich als Sozialdemokrat auch nur ein Wort gegen das Wahlrecht der Sol daten verlieren würde. Sie sollen wahl berechtigt sein, sie sollen unter denselben Bedingungen und Umständen wie die übrigen Staatbürger wählen können und es hat schon etwas für sich gehabt, daß die alte Revolutionsnationalversammlung bei der Ausarbeitung der Gemeindewahl ordnung klar und deutlich gesagt hat, wo die Soldaten ihr Wahlrecht auszuüben haben. Es ist einerlei bei den Wahlen in die Nationalversammlung und in den Senat, wo ein Wähler das Wahlrecht ausübt, es ist einerlei, weil diese Körperschaft eine Vertretung der Wählerschaft des ganzen Reiches ist und weil diese Körperschaft über Angelegenheiten des ganzen Reiches zu entscheiden hat. Es ist aber nicht einerlei, in welcher Gemeinde man das Wahlrecht ausübt, und es ist nicht alles eins, wer in einer Gemeinde wahlberech tigt ist. Wir sind ja grundsätzlich Gegner der Einschränkung des Wahlrechtes und wir sind und waren immer Gegner der Festsetzung einer Seßhaftigkeitsfrist als einschränkende Bestimmung für das Wahl recht. Aber es ist selbstverständlich, daß an der Gemeindeverwaltung oder an der Verwaltung einer bestimmten Gemeinde nur jene interessiert sind, die die Absicht haben, sich in der Gemeinde aufzuhalten, die die Absicht haben, ihren Wohnsitz in der Gemeinde aufzuschlagen, und die sich nicht bloß vorübergehend in der Gemeinde aufhalten und an der Gemeinde sonst keinerlei Interessen haben. Wenn man nun für alle Zivilpersonen bei der Gemeindeordnung eine Seßhaftigkeitsfrist feststellt, so zeigt man ja schon, daß man nicht will, daß jeder Durchreisende, jeder an der Verwaltung der Gemeinde nicht Interessierte, wenn er zufällig an dem Tage, an dem die Wahlen stattfinden, dort wohnhaft ist, das Wahlrecht dort ausüben soll, sondern nur jener, der an der Gemeindeverwaltung auch ein Interesse hat. Alle die Soldaten aber, denen man das Wahlrecht für die Gemeindeverwaltung auf Grund des Gesetzes über die ständigen Wählerlisten, im Widerspruch zur Gemeindewahlordnung in jenen Gemeinden eingeräumt hat, in welchen sie garnisoniert sind, diese Soldaten haben kein Interesse an der Gemeindeverwaltung und gehen nicht deshalb zur Wahl, weil sie wollen, daß diese oder jene Personen, die für die Gemeindeverwaltung besser wären als die anderen, gewählt werden, sondern sie gehen zur Gemeindewahl wirtschaftlich interesselos, sie gehen zur Gemeindewahl nur deshalb, um Verschiebungen der Machtverhältnisse innerhalb der Bevölkerung durch Abgabe des Stimmzettels herbeizuführen. Nun hat der Herr Ministerpräsident erklärt, es falle der Regierung . . . (Poslanec Pik: Vojáci volili s námi, volili sociální demokraty!) Ale to není jedno, zdali s vámi volili sociální demokraty. Es ist nicht ganz einerlei, weil wir einen klaren Überblick über die Zusammensetzung der Bevölkerung in einer Stadt haben und nicht willkürliche Verschiebungen herbeigeführt wissen wollen. Wenn der Kollege Pik meint: volili s námi, so möchte ich schon sagen, es kann auch einmal anders kommen. Sie haben ja nicht die Sicherheit, daß die Soldaten in dem einen oder anderen Ort in ihrer Mehrheit sozialdemokratisch wählen werden. Ich weiß nicht, ob unsere èechischen Genossen die Absicht haben, immer in der Koalitionsregierung sitzen zu bleiben. Es wird vielleicht auch noch etwas längere Zeit dauern, bevor wir Sozialisten selbst die Herrschaft im Staate bekommen werden und auf eine Koalition mit den anderen Parteien nicht mehr angewiesen sein werden. Aus dem Grunde kann es schon mitunter vorkommen, daß eine Regierung, die nicht sozialdemokratisch ist oder in welcher die Sozialdemokraten keinen entscheidenden Einfluß haben, eine Verschiebung agrarischer Truppenkörper im Industrieorte vornehmen wird, um den Einfluß der Sozialdemokraten ein bischen einzudämmen. (Poslanec Pik: Vojáci jsou dìlníci!) Die Soldaten sind nicht in der Mehrheit aus dem Arbeiterstande zusammengesetzt; ja dort, wo sie sich aus Industriebezirken rekrutieren, wohl, aber dort, wo sie sich aus landwirtschaftlichen Bezirken rekrutieren, wird es wohl noch etwas länger dauern, bevor sie in der Mehrheit sozialdemokratisch sein werden. Aber sei dem wie immer, es soll das nicht ausschlaggebend sein, sei dem wie immer, Soldaten sollen und dürfen niemals dazu verwendet werden, willkürlich die Machtverhältnisse der einen oder anderen Partei, der einen oder anderen Nation in einem Orte zu verändern. (Potlesk na levici.)
Die Wahl soll ein klares Bild der Verhältnisse in jedem Orte bringen und es soll wirklich bei den Wahlen eine solche Vertretung gewählt werden, wie sie die Bevölkerung des betreffenden Ortes und nicht wie sie die nicht interessierten Soldaten, die hinkommandiert werden, herbeiführen. Nun sehen Sie sich nur das Gesetz über die ständigen Wählerlisten an. Zweimal jährlich werden die ständigen Wählerlisten zusammengestellt; die Soldaten bleiben natürlich nicht so lange dort, aber wer kann kontrollieren, wer mit den Legitimationen, die den in die Wählerlisten eingetragenen Soldaten zugestellt wurden, wer mit denen zur Wahl gegangen ist? Es wird gerade dadurch dem Schwindel Tür und Tor geöffnet, wenn man Leuten, die in dem Gebiete der Gemeinde nicht bekannt sind, die keinem einzigen Kommissionsmitglied bekannt sind, weil sie in der Gemeinde fremd sind, wenn man denen Einfluß auf die Geschicke der betreffenden Gemeinde gibt. Sie haben heute schon gehört, wie Znaim èechisch gemacht wurde und ebenso wie es mit Znaim war, war es auch mit Pohrlitz. Gehen Sie in den einen oder anderen der Orte! (Poslanec dr. Juriga: Die Znaimer Gurken sind doch deutsch geblieben!) Herr Kollege! Witze werden über solche ernste Angelegenheiten nicht gerissen, es ist eine vi el zu ernste Angelegenheit, als daß ich mich bei dieser Frage mit den Gurken beschäftigen würde. Das überlasse ich Ihrem Gesmack, das entspricht nicht dem meinen. Nun ist Znaim sicherlich deutsch geblieben und auch Pohrlitz. Aber wie verbittert muß das Volk eines solchen Ortes werden, wenn man die Mehrheit der Bevölkerung um diesen ihr gebührenden Einfluß durch eine solche Verschiebung der Machtverhältnisse bringt? Und wenn nun eine Verbitterung und Erbitterung der Nationen gegeneinander eintritt bei der Stimmung der Bevölkerung gegen diese militärischen Wähler, dann dürfen Sie sich darüber nicht wundern. Der Herr Ministerpräsident hat erklärt, es falle der Regierung nicht ein, solche Truppenverschiebungen zu diesem Zwecke vorzunehmen und es wird auch bei allen Gelegenheiten abzuleugnen versucht, daß es sich um Verschiebungen wegen der Wahlen handelt. Man erklärt, es seien dienstliche und nur dienstliche Rücksichten, von denen man sich leiten ließ. Aber wir merken ja, wie die Truppen knapp vor der Wahl hin dirigiert und am Tag nach der Wahl weggeschickt werden in einen anderen Ort, wo wieder Wahlen stattfinden. Den Zusammenhang haben wir ersehen können in Znaim und in Jägerndorf und es waren Soldaten, die bei ihrer Abfahrt erklärt haben, als man sie fragte, wo sie hingehen: " Zítra jdem volit do Køenova." Die Soldaten haben damit geprahlt, daß sie als Wahltruppen an einen anderen Ort gehen werden und an dem einen Beispiel können Sie sehen, wie Recht wir haben, daß wir in Zusammenhang gebracht haben mit den Vorfällen, die sich ereignet haben, die Fragen des Gemeindewahlrechtes und auseinandergesetzt haben, wo der eigentliche Grund der Erbitterung zu suchen sei, und daß die Regierung nicht so friedensstiftend und versöhnend wirke, wie sie uns empfiehlt, versöhnend zu sein.
Und nun ein anderes Kapitel. Wir haben nicht erst jetzt unter diesen Übergriffen, unter diesen Verhältnissen zu leiden. Der Herr Ministerpräsident hat vormittags gesagt, es werden diese Fragen von den verschiedenen Parteien allzu einseitig beurteilt und es herrsche bei Besprechung solcher Fragen eine allgemeine Ubertreibung. Es werde gehetzt und geschürt auf beiden Seiten dieses Hauses rechts und links und auf beiden Seiten werde übertrieben. Man dürfe sich dann nicht wundern, wenn auf der anderen Seite eine Aufpeitschung der Leidenschaften eintritt und manches sich ereignet, was zu verwerfen, was nicht zu verteidigen sei. Ich frage, ob auch wir uns solcher Übertreibungen schuldig gemacht haben. Ich frage, ob auch wir uns schuldig gemacht haben der Hetze, die dem èechischen Militär Veranlassung geben konnte gegen uns mit solchen Mitteln vorzugehen, wie es sich erreignet hat. Es wurden Versammlungen, sozialdemokratische Versammlungen von Militär gestört und zersprengt, in welchen, nicht über nationalen Angelegenheiten, gesprochen wurde, in welchen nicht gegen den Staat Stellung genommen wurde, sondern in welchen man sich mit der Lage des arbeitenden Volkes beschäftigte und in welchen man über die Teuerung und ihre Ursachen sprach. Ich habe nicht viel Material für meine Rede zusammengesucht, sondern nur in meinem Gedächtnisse ein bischen nachgeforscht und ich will Ihnen nun an einigen Beispielen zeigen, wie das èechische Militär auch gegen sozialdemokratische Versammlungen an einzelnen Orten gehandelt hat. In Znaim z. B. wurden Soldaten aufgeboten in großen Massen, mit Maschinengewehren ausgerüstet rückten sie vor das Arbeiterheim, belagerten eine sozialdemokratische Versammlung, erzwangen in erster Reihe, daß die Versammlung vorzeit geschlossen werden mußte, drohten an, daß sie sonst von ihren Maschinengewehren Gebrauch machen werden, bildeten nach der Beendigung der Versammlung Spalier und verprügelten regelrecht die einzelnen Versammlungsteilnehmer, als sie aus dem Versammlungslokal herausmarschierten. Die Referenten der Versammlung in Znaim wurden von Mititär in Haft genommen und eingeliefert. Und èechische Sozialdemokraten, wohl gemerkt èechische Sozialdemokraten, die an dieser Versammlung Teil genommen hatten und bezeugen konnten, daß in dieser Versammlung nicht gehetzt wurde, ließen sich freiwillig mit unseren deutschen Genossen einsperren, um zu verhindern, daß die Gefangenen in den Gefängnissen mißhandelt werden. An dem einen Beispiel können Sie ersehen, was die Aufpeitschung der Leidenschaft beim Militär herbeizuführen vermag. Es wird gesagt, dafür sei niemand verantwortlich, es seien lose Gruppen und Horden gewesen, die das gemacht haben. Ich werde ihnen ein anderes Beispiel erzählen: In Mislitz haben unsere Genossen kürzlich eine Versammlung einberufen, sie wurde regelrecht angemeldet, bewillgt und dann aufmerksamm gemacht, daß die Versammlung nicht stattfinden dürfe und stattfinden könne außer, wenn sie von der militärischen Besetzung des Ortes genehmigt sei. Soll das möglich sein in einem Rechtstaat, wie es zweifellos dieser Staat sein will? (Hlas: Vzpomeòte si na Jihlavu!) My pøijdeme na Jihlavu. (Hlas: Tam zabili legionáøe!) Ale musíte øíci, kdo ho zabil. In Grusbach-Schönau hielt ich einmal eine Versammlung ab, die gleichfalls von der Behörde bewilligt worden war. Es kamen Soldaten der dortigen Grenztruppen und erklärten, eine solche Versammlung dürfe nicht abgehalten werden. Die Versammlung konnte nicht stattfinden. Wir machten eine Beschwerde an die Bezirkshauptmanschaft Znaim und diese verfügte, daß zur nächsten Versammlung ein Regierungsvertreter entsendetwerden wird; sie verfügte aber gleichzeitig, daß der Ort in Einvernehmen mit dem Kommando vom Militär zu säubern sei. In Mährisch - Trübau habe ich eine Versammlung vor nicht allzu langer Zeit abgehalten. Wir sprachen über die Teuerung. Die Soldaten erklärten: "Das gibt es nicht". Sie kamen in Gruppen hin, mit Bajonetten und Überschwung und suchten zu stören. Die Bezirkshauptmannschaft beziehungsweise der Kommissär riet uns die Versammlung nicht abzuhalten, wir hielten sie aber ab und scheuten uns nicht und es gelang uns nicht nur, zu verhindern, daß Krawalle entstanden, sondern es gelang uns auch vielleicht, manchen der Soldaten dazu zubringen, zu finden, daß die sozialdemokratischen Ideen doch auch für sie vernünftig und gut seien.
Und so haben Sie dann auch in Olmütz die Versammlung mit Muna, wo Soldaten eindrangen, nicht um zu polemisieren. Wir wollen den Soldaten gewiß nicht die Recht der Teilnahme an Versammlungen bestreiten, genau so wie wir für das Gemeindewahlrecht und für das Wahlrecht der Soldaten sind. Sie sind Bürger des Staates, sie sollen das Recht haben, Teil zunehmen an den Versammlungen, sie sollen auch das Recht haben zu reden, wie jeder andere Staatsbürger. Aber sie sollen das Recht nicht haben, mit Waffen in die Versammlung zu gehen, sie sollen nicht das Recht haben, Gewalt an den anderen auszuüben, weil wir die Gewalt bei jedem verurteilen. Wir wollen uns auseinander setzen, aber wir wollen nicht die Gewalt, wie sie die Soldaten, die in Olmütz in die Versammlung gegangen sind, gebraucht haben. Es war nicht ihre Absicht, zu reden, es war nicht ihre Absicht, sich auseinander zu setzen, sondern es war ihre Absicht, angeblich Rache zu nehmen, Strafe und Justiz auszuüben. Und da haben wir wohl alle Ursache in der schärfsten Form zu protestieren und insbesondere ein Wörtchen darüber zu sprechen, wie so es denn kommt, daß die Soldaten zu jeder Zeit mit den Waffen in der Hand teilnehmen können an einer Versammlung, daß die Soldaten mit Waffen in der Hand Einfluß ausüben können auf die Stimmung, daß die Soldaten mit Waffen in der Hand versuchen können, ihren Willen durchzusetzen.
Und nun zu Iglau. Es fällt mir nicht ein, mich in die Frage der Mitschuld an den Vorfällen einzulassen. Es ist sicher, daß die gerichtliche Untersuchung im Gange ist und daß es Sache der gerichtlichen Untersuchung sein wird, festzustellen, wer der Schuldige ist. (Hlas: Aber objektiv!) Objektiv, das wollen wir hoffen. Ich würde nur auch wünschen, daß die Herren von der anderen Seite diese Festellung abwarten wollten, bevor sie mit ihrem vorzeitigen Urteil herausrücken. Ich war auch bei dieser parlamentarischen Untersuchungskommission. Ich kann mein Urteil dahin bilden, daß diese Untersuchungskommission für die Katz gewesen ist, für die Katz deshalb, weil sie uns kein Bild bot, kein wohlvorbereitetes unparteiisches Material gab, woraus wir uns hätten ein Bild schaffen können. Vorbereitet waren nur die Protokolle, die von dem Herrn Polizeikommissär Mašek und von Sokoln mit einzelnen Angehörigen der èeschischen Nation aufgenommen wurden. Wie unparteiisch die polizeiliche Untersuchung eingesetzt hat, darüber nur in Beispiel: An den Häusern Iglaus prangte ein Plakat, herausgegeben vom Regierungskommissär, in welchem die Bevölkerung aufgefordert wurde, Zeugenschaft zu geben, aber nicht in objektiver Form, sondern es hieß: "Es wurden Personen verhaftet. Wer gegen diese Personen etwas auszusagen hat, möge sich melden." (Výkøiky nì meckých poslancù. - Místopøedseda Buøíval zvoní.) Ich bin am Tage vor der Tagung dieser Kommission nach Iglau gekommen. Was fand ich dort? An einer Straßenecke war an einer Tafel das Bild des früheren Bürgermeisters mit einem Nagel durch den Kopf befestigt und darunter stand: "Das ist der Lump, das ist der Verbrecher, der an allem schuld ist." Am Marktplatze war ein Haufen von 2000 Leuten, welche, aufgehetzt durch dieses Bild, die Herausgabe dieses Ver brechers forderten, damit sie ihn auf den Galgen hängen könnten. Und in derselben Nacht noch wurde von der Masse ein Galgen vor dem Rathause aufgerichtet, wo diese Leute untergebracht waren, und während der Nacht und des ganzen nächsten Tages in großen Demonstrationen die Herausgabe der Leute gefordert. Zwei Drittel der Bevölkerung Iglaus sind deutsch, und an dem Tage durfte man sich nicht getrauen, ein deutsches Wort in den Straßen von Iglau zu verlieren. Die Bevölkerung verkroch sich in den Häusern und als ich als Mitglied der parlamentarischen Untersuchungskommission mit einem Vertrauensmann unserer Partei sprach, hörte ich sofort das Wort: "Nìmecké svinì!" Ich mußte fürchten, verprügelt zu werden. Wir gingen natürlich weiter. Um 9 Uhr Sperre. Keiner durfte auf der Straße sein. Aber bis halb elf nachts waren auf den Straßen tausende von Demonstranten, die in der rohesten Form Stellung gegen alles Deutsche nahmen. Und in einer solchen Zeit findet sich natürlich kein deutscher Zeuge, der sich meldet und seine Eindrücke bekannt gibt.
Es haben sich aber trotzdem Zeugen
gefunden, welche dem Herrn Mašek ihre Wahrnehmungen bekanntgeben
haben. Nachher stelle es sich heraus, daß er mit diesen Zeugen
kein Protokoll aufgenommen hatte. (Výkøiky nìmeckých poslancù.)
Davon, was diese Zeugen mitgeteilt haben, hat er dem Untersuchungsausschuß
kein Wort gesagt. Im Gegenteil, wir mußten erst durch Veröffentlichung
herbeiführen, daß diese Zeugen gerichtlich einvernommen wurden.
Místopøedseda Buøíval (zvoní):
Upozoròuji pana øeèníka, že jeho lhùta již uplynula.
Posl. Hackenberg (pokraèuje): Sofort, Herr Präsident.
Das wichtigste, was uns hiebei interessiert, war und ist: Wer hat dem Militär die Patronen gegeben? Es kann zu Schießereien nur kommen, wenn das Militär Munition und Gewehre hat. Dies wird hier im Hause nicht deshalb zur Sprache gebrach t, um die Untersuchung zu beeinflussen, sondern weil es Sache und Aufgabe der Regierung ist, alle Mittel anzuwenden, damit solche Vorfälle, wie sie sich ereignet haben, verhindert werden für die Zukunft. Bei der Kommission in Iglau wurde festgestellt, und das ist gut, daß die Soldaten, welche keine Überzeit hatten, in die Kasernen liefen, sich ihre Gewehre holten, von der Bereitschaft sich Patronen geben ließen, unbeanstandet von der Bereitschaft und Torwache mit Gewehren und Patronen hinausziehen konnten in die Straßen, daß die Soldaten sich 500 Patronen, welche ohne Verwahrung im Wachzimmer der Kaserne lagen, aneignen konnten. Es wurde bestritten, daß sie für solche Zwecke vorbereitet waren. Der derzeitige Kommandant hat aber erklärt, daß diese Patronen ohne sein Wissen vom früheren Kommandanten für Fälle von Unruhen vorbereitet wurden. Nun, wer hat geschossen? Sie haben so viele Zeugenaussagen gehört, daß aus Fenstern geschossen wurde, und wenn man fragte, wer wohnt dort im Gebäude der Bezirkshauptmannschaft, im Gebäude der Post, im Rathaus? Es stellte sich heraus, daß dort Kanzleien sind, daß niemand von dort schießen konnte und daß es sich häufig um Wohnungen von èechischen Beamten gehandelt hätte, aus welchen geschossen worden wäre. Es wurde dann gesagt, die Aussage z. B. des Zeugen Stejskal, es sei aus dem Gebäude der Bezirkshauptmannschaft geschossen worden, sei unglaubwürdig. Natürlich sind alle diese Zeugenaussagen unglaubwürdig, daß aus den Fenstern von Amtsgebäuden geschossen worden sei. Tatsache ist, daß alle Verwundungen der tötlich oder schwer verletzten Soldaten nicht aus der Höhe kamen, sondern wie durch den Obduktionsbefund festgestellt wurde, von unten kamen. Ein Soldat, der einen Kopfschuß erhielt und tot war, ein zweiter, der in den Rücken getroffen wurde, erhielten gleichfalls den Schuß nicht von oben, sondern von unten. Der Obduktionsbefund ergab, daß es nicht Pistolen waren, sondern Projektile mit großer Durchschlagskraft, wahrscheinlich aus Militärgewehren. Ich will nicht nachforschen, ob Verbitterung zwischen Truppenkörpern bestand oder nicht, das ist nicht so maßgebend, ich will nur annehmen, daß diese blinde Schießerei in Verwirrung gegeneinander geführt wurde. Das Ungehörige ist, daß das Militär sich ohneweiters in den Besitz von Munition setzen kann, ohneweiters mit der Waffe in der Hand aus der Kaserne herausgelassen wird und daß es Pflicht der Regierung ist, einzuschreiten und alle Maßnahmen zu treffen, daß sich solche Vorfälle nicht mehr wiederholen dürfen.