Úterý 23. listopadu 1920

Diesem Geist des Dr. Kramáø, dem Geiste des brutalen Hussitentums, entspringt auch das Wüten der Söhne des èechischen Volkes im Waffenrock gegen die Denkmäler Josefs II. Ich möchte das ein Sinnbild nennen. Der gütige Menschenfreund, und als solcher und nicht anderswird er von uns Deutschen gewertet und wurde er früher auch von den Èechen angesehen, hat keinen Platz in diesem Staate der Vergewaltigung. Sie führen hier einen Kampf gegen den Geist eines toten Habsburgers, ohne zu bedenken und zu überlegen, ob Sie nicht gleichzeitig den Schatten eines lebenden Habsburgers heraufbeschwören. Es hat vorher auch der Herr Vorredner mit diesem Schatten und Geist derlebenden Habsburger gekämpft. Er hat die Schuld allerdings auf andere gewälzt und nicht auf diejenigen, welche sie tatsächlich zu tragen haben. Das aber sind gerade diejenigen, die aus reiner Machtgier diesen Staat in die Hände bekommen wollen, um aus ihm das zu machen, als was sie ihn seit den Friedensverträgen und seit seiner Geburt angesehen haben, als den ausgesprochen èechischen Nationalstaat, der er nie ist und nie werden kann. Der Herr Vorredner möge sich daher über diese Frage zu allererst mit seinen eigenen Parteigenossen auseinandersetzen.

Beachten Sie die Vorgänge, die sich auf der Weltenbühne abspielen, doch ein wenig genauer! Die Welt hört nicht auf an den historischen Grenzen dieses Staates und an denjenigen Grenzen, die er sich außerhalb der historischen geschaffen hat. Das Abrücken Amerikas vom Friedensdiktat von Versailles sollte auch den Herren, die da glauben, daß die èechoslovakischen Bäume in den Himmel wachsen, ein wenig zu denken geben. Unser Volk ist nicht tot, auch wenn es zusammenbrach, es lebt, es arbeitet und 70 Millionen sind eben 70 Millionen! Und trotz aller Erniedrigung - das stellen wir mit tiefster Befriedigung auch von dieser Stelle aus fest - bekennen sich die Deutschen allerorts zu ihrem Volke. Die Volksabstimmungen in Schleswig-Holstein, Ost- und Westpreußen und nicht zuletzt in Kärnten (Souhlas nìmeckých poslancù.) sprechen eine beredte Sprache, dabei ist noch hervorzuheben: nicht nur die Deutschen, auch Slaven haben sich dort - besonders in Kärnten - zu unserem Volke bekannt, weil sie in seiner Mitte und unter seiner Obhut das, was sie wünschen, Ordnung und Aufbau, gesicherter wissen als in ihrem ausgesprochenen Nationalstaat.

Ich glaube, daraus müßte das èechische Volk seine Folgerungen ziehen, innenund außenpolitisch, und die Folgerung kann nur lauten: Sowohl inner- als auch außenpolitische Orientierung nach der deutschen Seite hin und nach keiner anderen. Wir können warten! Ob aber auch der èechische Staat warten kann, ist eine andere Frage. Wenn schon ein so verhältnismäßig kleiner Anlaß wie eine stürmische Sitzung im Abgeordnetenhause sich gleich zu einer förmlichen Staatskrise auswächst, dann können Sie sich an den Fingern abzählen, wieviele solcher Erschütterungen, mögen sie von rechts oder links kommen, dieser Staat auszuhalten vermag.

Unser Volk hat schon anderen Stürmen getrotzt! Der Hussitensturm ist über das deutsche Land dahingebraust; unsere Voreltern haben ihn ausgehalten. Und auch wir werden die heutigen Nachläufer des ehemaligen Hussitensturmes auszuhalten wissen. Alle seine Wiederholungen werden uns nicht hinwegfegen. Aber hüten Sie sich, wenn Sie auf dieser Bahn fortschreiten, vor der Stunde, da die Sturmglocken von Eger bis Teschen und von Bodenbach bis Znaim unser Volk aufrufen, um das Joch abzuschütteln, das unerträglich für uns geworden ist durch Ihre Schuld! (Potlesk na levici.)

3. Øeè posl. dr. Lodgmana (viz str. 398. protokolu):

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann es mir nicht versagen, zunächst darauf hinzuweisen, daß ich aus den Worten meines unmittelbaren Herrn Vorredners einen Eindruck empfangen habe, der auf diejenigen, die diesen Staat wollen und die ihn zu erhalten bestrebt sind, meinem Empfinden nach niederschmetternd wirken müßte. Denn Herr Kollege Udržal, der sich ja gewiß seiner Art entsprechend in durchaus vornehmem und parlamentarischem Tone mit der Minorität und insbesondere mit der deutschen Opposition in diesem Staate auseinandergesetzt hat, verrät, ob er es nun will oder nicht, doch eine Tatsache, auf die wir Deutsche in diesem Staate täglich und stündlich stoßen: er verrät das Unvermögen, sich in unsere Lage hineinzudenken. Denn wenn er von den Verhältnissen spricht, die im alten Österreich waren, so müßte er doch gleich hinzufügen, daß dort die èechische Opposition die Rolle hatte, die heute uns hier in diesem Staate zugedacht worden ist, daß Sie damals für die Selbstbestimmung der Völker und für ihre Gleichberechtigung eingetreten sind und daß heute in diesem Staate wir diese Rolle übernommen haben und daß wir sie auch, gleichgiltig, ob es uns nun paßt oder nicht, durch- und zu Ende führen müssen. Und ich vermisse ein Verständnis für die Lage, in der wir uns befinden, obzwar ich doch gerade von einem so ausgezeichneten Politiker, wie es Herr Kollege Udržal ist, ein solches Verständnis voraussetzen dürfte.

Mit der Bezeichnung von Don Quichoterien sind derartige politisch schwerwiegende Fragen nicht abgetan. Wenn unsere Haltung nach alle dem, was uns zur Zeit des Abschlusses der Friedensverträge und was uns seit dieser Zeit bis zum heutigen Tage widerfahren ist, an Don Quichote erinnert, den Herr Koll. Udržal vor Augen hatte, dann war Ihr 300jähriger Kampf, von 1620 angefangen, ebenfalls eine Don Quichoterie und Sie haben nicht das Recht, unsere Abwehr und unserenVerzweiflungskampf in diesem Staate derartig zu bezeichnen, wobei . . . (Posl. Udržal: My jsme byli bez práva!) Und wir, Herr Kollege, sind ebenso rechtlos. Der Aufschwung, den das èechische Volk, den Sie in diesem vielgeschmähten Österreich genommen haben, beweist, daß Sie nicht rechtlos waren und wenn dieser vielgeschmähte Josef II. und seine Nachfolger nicht gewesen wären, gäbe es vielleicht heute kein èechisches Volk. Und nicht zuletzt haben wir uns bemüht und ich sage es offen, daß ich stolz darauf bin - wir haben uns bemüht, unsere Vorfahren, die Männer von Geist und Kultur in unseren Reihen, wir haben uns zu jener Zeit des Klassizismus bemüht, die kleinen unterdrückten und zum Verschwinden verurteilten Nationen ans Licht zu ziehen. Ich erinnere an Herder und an alle anderen Deutschen, die diese slavischen Nationen hervorgezogen haben. Ich erkläre, daß ich stolz auf diese Taten bin, aber Sie müssen wohl einsehen, in welcher Lage sich heute die in diesen Staat hineingepferchten Nationen befinden und ich bedauere es, daß auf èechischer Seite so wenig Verständnis für diese Lage existiert, denn ich kann dies bedauern, weil ich in Österreich bewiesen habe, daß ich ein Verständnis für derartige Lagen meinerseits aufbrachte. (Potlesk na levici.) Herr Kollege Udržal hat erklärt, wir werden uns daran gewöhnen müssen, die Legionäre als Kämpfer für die èechische Freiheit zu erkennen. Nun, meine Damen und Herren, dann sage ich Ihnen, wenn das der Fall ist, dann sind die Legionäre die Vorkämpfer für unsere Unfreiheit. Denn das, was für Sie die Freiheit in diesem Staate bedeutet, ist für uns ein unerträgliches Los geworden und nicht etwa durch unser Verschulden, sondern einfach deshalb, weil Sie es nicht über sich bringen können, klar und nüchtern über die Dinge nachzudenken, wie sie tatsächlich sind und wie Sie sie in Ihrem eigenem Interesse auffassen müßten; denn vor allem müßten Sie ein Interesse daran haben, zu wissen, wohin Sie diesen Staat führen und ob er tatsächlich so festgefügt ist, daß er auch innere und äußere Stürme zu überdauern vermag.

Vor einigen Tagen ist ein Telegramm des Präsidenten Masaryk nach Amsterdam abgegangen in Erinnerung an einen der besten und größten Söhne Ihrer Nation, in Erinnerung an Amos Kommenius. Ich kann wohl sagen: Heute haben Sie in Ihren Reihen keinen Amos Kommenius, sonst müßte die Politik bei Ihnen ganz anders aussehen und Sie müßten sich von anderen Beweggründen leiten lassen, als Sie es tatsächlich tun.

Wir befinden uns in einer Budgetdebatte, die allerdings verknüpft und verquickt ist mit allen denjenigen Vorkommnissen, die ja von der Regierungsseite Gegenstand von Erklärungen waren und zu denen die Regierung zum Teil nicht anders als mit Bedauern Stellung nehmen konnte. Und da hat es sich wohl so gefügt, daß der Kampf, der zwischen den oppositionellen Bänken in diesem Hause und der èechischen Majorität ausgefochten wurde, auf einmal zu einem Kampf zwischen einem Teil Ihrer Staatsbürger und Ihren Organisationen und der Regierung geworden ist. Wir erklären, daß wir zwar an der Austragung dieser Angelegenheiten gewiß interessiert sind als Bürger dieses Staates, daß wir aber es Ihnen überlassen müssen, ob Sie die Macht haben, auch für die Zukunft die Ordnung aufrecht zu erhalten und ob Sie die Kraft aufbringen werden, die erschütterte Staatsautorität wieder herzustellen.

Was ist eigentlich geschehen? Ich glaube doch, daß es notwendig ist, sich diese Dinge ein wenig zu vergegenwärtigeu. Am 30. Oktober hat der Ministerpräsident oder das Ministerium des Inneren festgestellt, daß zur Verschalung oder Beseitigung des Josefsdenkmals in Teplitz noch keine gesetzliche Handhabe vorhanden sei. Ich weiß nicht, ob heute eine solche Handhabe vorhanden ist. Ich weiß aber nur das eine, daß dies über jeden Zweifel erhoben als ein authentischer Ausspruch der verantwortlichen Regierungsstelle ausgesprochen worden ist. Am 31. Oktober bestand in Teplitz ein von der Bezirkshauptmannschaft verfügtes Versammlungsverbot. Trotz dieses Verbotes haben sich Legionäre in der Sokolovna und später am Markt- und Schulplatze angesammelt und es wurde hier, wie durch den Gang der Untersuchung zweifelsfrei festgestellt ist, gedroht, man werde das Denkmal mit Dynamit entfernen, wenn die Regierung es nicht beseitige, außerdem werde ein Bergarbeiterstreik ausbrechen. Am 31. Oktober hat die Bezirkshauptmannschaft, diesem Winke der Straße folgend, die Verschalung des Denkmals angeordnet. Am 5. November wurde die Verschalung in der Nacht nach einer Versammlung von deutscher Seite entfernt, mit Gewalt heruntergerissen und die Staatsgewalt erklärte nunmehr, daß sie diesen Akt als eine Demonstration gegen den Auftrag der Bezirkshauptmannschaft betrachte und erteilte ihrerseits der Stadtgemeinde am 8. November den Auftrag, das Denkmal zu entfernen: noch immer ohne gesetzliche Grundlage. Die Stadtgemeinde Teplitz lehnte diese Zumutung ab. Daraufhin wird Militär nach Teplitz zum Zwecke der Entfernung des Denkmals kommandiert. Am 11. November ist die Aufstellung des Gerüstes beendet. Infolge der mittlerweile hier in Prag eingeleiteten Verhandlungen wird jedoch telephonisch der Auftrag erteilt, mit der Vollendung des Gerüstes, bezw. mit der Abtragung der Statue zuzuwarten, bis das Ergebnis der zwischen den politischen Parteien gepflogenen Verhandlungen bekannt sein werde. Das Militär wird jedoch an diesem Tage um 3 Uhr nachmittags, wie uns vonseiten der Herren Offiziere mitgeteilt wurde, "ungeduldig" und verlangt die sofortige Abtragung der Statue.

Und nun gestatten Sie, daß ich an der Hand der Untersuchungsakten folgendes feststelle: Das ungeduldige Militär entsendet eine viergliedrige Abordnung mit dem Kapitän Klapálek an der Spitze zur Bezirkshauptmannschaft und erklärt (ète): "Žádáme, aby socha byla ještì dnes sejmuta. Když obraz tatíèka Masaryka byl v Teplicích pošlapán, my nestrpíme, aby takový Habsburk tady stál. My žádáme, aby naši dùstojníci nebyli èinìni za nás zodpovìdnymi, my béøeme všecko na sebe, jinak obstaráme vše sami." (Posl. Koudelka: Vy umíte dobøe èesky!) Ano, a nestydím se za to. Ich verlese es im èechischen Urtext, damit kein Zweifel an der Richtigkeit meiner Behauptungen aufkommen kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ministerialrat Dr. Kladrubský macht die Abordnung in Teplitz ausdrücklich auf die Folgen aufmerksam, welche ein derartig unmilitärisches Vorgehen nach sich ziehen müßte, und insbesondere wird auch darauf verwiesen, daß die Staatsautorität durch ein solches Vorgehen leiden müsse, sowie auf die disziplinären Folgen. Oberstleutnant Berger gibt nun, da er sieht, die Soldaten würden von der Entfernung des Denkmals nicht abgehalten werden können, den Befehl zum Abmarsch. Das Militär verweigert jedoch, sich einwaggonieren zu lassen. Im Gegenteil, es besetzt den Marktplatz, und bespickt die einmündenden Gassen mit Maschinengewehren. Nunmehr wird an die Entfernung des Denkmals geschritten. Mittlerweile weilt die Abordnung noch auf der Bezirkshauptmannschaft und die Soldaten, die sich mit der Entfernung des Denkmals beschäftigen, vermuten, daß diese viergliedrige Abordnung, welche Kapitän Klapálek vorgeführt hatte, von der Bezirkshauptmannschaft wegen Meuterei verhaftet worden sei und fragen telephonisch nach ihrem Schicksal.

Und nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, zur Kennzeichnung der ganzen Sachlage einige kurze Mitteilungen aus der Zeugeneinvernahme. Herr Kapitän Klapálek hat erklärt, daß die Mannschaft, welche das Denkmal beseitigt hat, in dem Glauben gehandelt hätte, daß sie einen Befehl der Regierung erfüllt. Bitte, meine verehrten Damen und Herren, sich selbst nach dem, was ich Ihnen jetzt an Hand des Untersuchungsprotokolles mitgeteilt habe, ein Bild darüber zu machen, ob eine derartige Auffassung überhaupt möglich und zulässig ist. Ich bitte, noch weiter darüber hinaus, die Offiziere hatten die Mannschaft bereits vorher im Verdacht, daß sie das Denkmal um jeden Preis werde entfernen wollen und haben ihr daher deu Befehl zur langsamen Aufrichtung des Gerüstes nicht erteilt, weil sie selbst, wie Herr Kapitän Kubálek angegeben hat, Angst hatten, daß wenn sie ihnen einen solchen Befehl geben würden, das Gegenteil erreicht würde. Schließlich fühlt sich der Vertreter der Legionäre, der auch einvernommen wurde, verpflichtet festzustellen: "že projev legionáøù naprosto nesmìøoval proti vládì" . . .

Nun ich glaube, über das juristische Bild ist kein weiteres Wort zu verlieren. Es ist vollständig müßig, wenn etwa von einzelnen Seiten Versuche unternommen werden, die Sache so darzustellen, als ob die Soldaten bona fide gehandelt hätten. Ich begreife dieses Bestreben, denn für einen Staat ist es die größte Erschütterung, wenn er offenkundig vor aller Welt zugeben muß, daß die Staatsautorität versagt und daß gerade diejenigen Kreise, welche im erhöhten Maße berufen wären, die Disziplin mit Strenge einzuhalten und die Staatsautorität zu achten, daß gerade diese Kreise in erster Reihe versagen.

So weit, meine verehrten Damen und Herren, sind die Verhältnisse in Teplitz gediehen und Sie wissen auch, was weiter geschah, Sie wissen auch, daß wir von deutscher Seite uns ängstlich gehütet haben, in diesen Streit zwischen èechischem Militär und èechischer Regierung irgendwie einzugreifen, denn wir wollten nicht die Verantwortung auf uns laden, daß es hieße, wir störten die èechischen Parteien, wir störten die èechische Regierung in der Ergreifung derjenigen Maßnahmen, welche sie für diese Fälle beabsichtigen würde.

Das ist natürlich nur ein Ausschnitt der Verhältnisse in diesem Staate. Es ist, wenn Sie wollen, ein Symbol, diesmal in Teplitz, ein anderesmal an einem anderen Orte. Ich weiß nicht, was für Maßnahmen die Regierung und die militärischen Kommanden gegenüber denjenigen, welche sich hier gegen den Staat vergangen haben, zu ergreifen gedenken. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich befürchte sehr, daß von Seite der Regierung und von Seite der èechischen Parteien alles aufgeboten wird, um diejenigen, die hier in erster Reihe schuldig geworden sind, zu schützen oder, wenn dies nicht möglich ist, sie zu entschuldigen und das ist, meine Verehrten, eben der Geist in diesem Staate, unter dem wir leben, und dieser Geist hat sich in Teplitz weiß Gott ziemlich ausgelebt.

Es war nicht nur Josef II., der den Anstoß erregt hat, sondern auch die Straßennamen haben den Herren nicht gepaßt und ich muß heute hier, von diesem Standorte feststellen, daß die Angaben des Herrn Ministerpräsidenten Èerný, daß sich der Kampf auch um den Franzjosefsplatz und die Wilhelmstraße bewegt hätte, daß diese Feststellung unrichtig ist, daß schon seit Monaten diese Straßennamen beseitigt sind und die Straßen heute "Lindenstraße" und "Schulplatz" heißen. Und ich bedauere, daß von Seiten der Regierung eine derartige Äußerung hier von offizieller Stelle gemacht wurde. Vielleicht infolge ungenügender lnformationen. Es bleibt dann die "Bismarckstraße". Auch darüber ist juristisch kein Wort zu reden. Über die Bezeichnung der Straße als Bismarckstraße war ein verwaltungsrechtliches Verfahren anhängig. Ob Bismarck ein Feind des èechischen Volkes, seiner Alliierten und Assoziierten war, darüber wollen wir nicht streiten. Aber keinesfalls hat irgendeine Organisation außerhalb des Staatsgetriebes oder irgend ein Mensch einer Stadt ein Recht, einfach zu erklären, diese Straße müsse unbenannt werden.

Weiters, meine Damen und Herren, wurden die Amtsaufschriften auf dem Rathause in Teplitz beanständet. Nun, ich bitte, ich überlasse es Ihrer Beurteilung, ob nicht hier von einem Eingriff in die Gemeindeautonomie gesprochen werden muß, denn meines Wissens hat es sich noch keine èechische Stadt gefallen lassen, doppelsprachige Aufschriften vorgeschrieben zu bekommen. Und von dieser negativen Seite ist aber auch der Appetit der Herren, übrigens ich weiß nicht, ob ausgesprochen in Teplitz, wahrscheinlich mehr in der Umgebung, wie auch in der Untersuchung festgestellt worden ist, auf ein positives Verlangen übergegangen, indem verlangt wurde, es müsse eine Straße "Revolutionsgasse", eine "Wilsongasse" und ein "Masarykplatz" genannt werden. Soweit wird gegangen, daß man einer Gemeinde vorschreibt, wie sie ihre Straßen und Plätze benennen muß. Warum führe ich dies an? Nicht deshalb, weil ich aus dem Teplitzer Falle ein großes Kapital schlagen möchte, sondern deshalb, weil alle diese Fälle in dasselbe System gehören. Sie sehen nicht, daß in diesem Staate so und so viele Millionen andersnationale Staatsbürger leben, und wenn Sie sie sehen, so wollen Sie daraus die notwendige Konsequenz nicht ableiten. Nicht die Forderungen, die an sich aufgestellt werden, könnten zu Streitigkeiten führen, denn schließlich - glaube ich über vieles läßt sich reden, aber die Art, wie diese Forderungen vorgebracht werden, daß man uns befiehlt, wir müssen das oder jenes machen, das ist das Unerträgliche und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen Sie sehr wohl verstehen.

Die Verhältnisse sind natürlich hiebei nicht stehen geblieben. In Eger haben sich ja die Dinge weiter entwickelt. Hier war es aktives Militär, welches das Kaiser Josef-Denkmal gestürzt hat und, nachdem es wieder aufgerichtet worden war, kam es dann zu den bekannten Vorfällen: es sind Schüsse gefallen, Handgranaten wurden geworfen etc. Die weitere Folge waren die Vorgänge hier in Prag, wo man sich nicht gescheut hat, allenthalben auf Plakaten zu verkünden, èechische Kinder seien verwundet und verunstaltet worden. "Pro zmrzaèené dìti" haben Sie Sammlungen eingeleitet und zum Schluß mußte von èechischen Blättern festgestellt werden, daß es Betrüger waren, welche diese Sammlungen veranstaltet haben. Natürlich werden derartige Mären leicht geglaubt, das Volk ist in dieser Beziehung sehr leicht geneigt, alles für bare Münze zu nehmen und daraus erklären sich natürlich die weiteren Vorgänge. Und, meine Herren, zum Schlusse ist ja doch der Staat und seine Autorität der leidtragende Teil. Und wenn es soweit kommt, daß hier in unmittelbarer Nähe des Parlaments, des Abgeordnetenhauses, trotz der gegenteiligen Vorschriften der Verfassungsurkunde Versammlungen stattfinden können, wenn es soweit kommt, daß sich Abgeordnete in die Bresche werfen müssen, damit die Leute nicht in das Parlament eindringen, dann werden sie wohl doch einsehen, daß hier nicht da und dort die eine oder die andere Begebenheit schuld sein kann, sondern daß es sich hier um ein System handelt. Dieses System ist der Siegesrausch, in dem Sie sich befinden und aus dem Sie nicht heraus können - natürlich nicht die einzelnen Herren - aber den sie den Massen eingeredet haben und die ihn natürlich für bare Münze nehmen, und die nunmehr nicht zurück können, um wieder auf den real nüchternen Boden der Tatsachen zu treten.

So haben sich die Verhältnisse in Asch in ähnlicher Weise abgespielt. Wir haben drei Todesfälle zu verzeichnen, drei weitere Märtyrer unserer Lage in diesem Staate. Aber, meine Damen und Herren, es sind ja nicht die ersten, vielleicht werden es auch nicht die letzten sein. Wir müssen diesen unseren Opfern gewiß für immer dasselbe ehrende Andenken bewahren, daß Sie ihren Freiheitshelden bewahren. Ich sagte also, hier handelt es sich um ein System, und ich glaube, dieses System ist tatsächlich heute schon ganz offenkundig. Es ist hier mit Recht die Frage aufgeworfen worden, ob denn diese Regierung oder dieses Parlament in diesem Staate überhaupt noch eigentlich die Macht in Händen haben. Es handelt sich hier um die Diktatur der Legionäre und wie diese zu Ihnen und zu der Regierung sprechen, haben Sie in der letzten Zeit in den Zeitungen gelesen. Die Forderungen, die sie Ihnen überreicht haben, sind Ihnen bekannt. In welchem Tone wird der Regierung gegenüber aufgetreten: Dieses oder jenes müsse geschehen oder unterbleiben! Alles das, meine Damen und Herren, sind aber die logischen Folgen der Sünden, welche bei der Gründung des Staates begangen worden sind und sie lassen sich ganz kurz dahin präzisieren, daß ein großer Teil der èechischen Bevölkerung der Meinung ist, daß in diesem Staate jeder Angriff gegen einen Deutschen oder gegen deutsche Anstalten oder deutsches Besitztum gerechtfertigt, daß aber jede Verteidigung eines solchen Angriffes als Verbrechen gekennzeichnet wird. (Souhlas na levici.) Der Staat ist auf der Gewalt begründet worden und er kann natürlich nur mit Gewalt erhalten werden. Und alles das, was in den letzten zwei Jahren geschehen ist, ist nur der Ausfluß dieses Systems und es wäre weiß Gott an der Zeit, daß endlich einmal auf den èechischen Bänken die Erkenntnis sich durchbricht, daß auf diesem Wege keineswegs fortgeschritten werden kann.

Es wurde unlängst, ich glaube von national-sozialistischer Seite im "Èeské Slovo" festgestellt, daß das einzig mögliche in diesem Staate und das, was als die letzte Forderung des èechischen Volkes hingestellt werden müsse, das sei, daß die deutschen Sprachgebiete verschwinden müssen. Nun, meine sehr Verehrten, ob das deutsche Sprachgebiet verschwinden wird, das will ich heute nicht entscheiden. Wohl aber kann ich aus den Vorgängen, die sich vor unseren Augen abwickeln, einen Vergleich ableiten, der heute hier auch schon berührt worden ist, mit jenen Vorgängen, die sich im 15. Jahrhundert abgespielt haben, als die Taboriten nach dem Tode Hussens - dem damaligen Zeitläuften entsprechend - mit Feuer und Schwert alles Deutsche ausgerottet haben. Es ist derselbe Geist, der sich damals auf den Schlachtfeldern bei Aussig, Türmitz und anderwärts geltend gemacht hat, derselbe Geist des Hasses gegen alles Deutsche. Auch heute ist er ganz offenkundig und wir können die Vorgänge, die wir sehen, gewiß als eine Art Neohussitismus bezeichnen. Es ist natürlich, daß sich die Formen, in denen sich die Kämpfe heute abspielen, mit denen von damals nicht vergleichen lassen. Damals haben sich Kämpfe natürlich anders abgespielt, nämlich auf der Walstatt. Heute bedienen Sie sich dazu des sozialen Staates, um uns unmöglich zu machen, um uns unseres Besitztums zu berauben, uns national, kulturell und wirtschaftlich zu erdrosseln. Denn der moderne Staat hat tausende Mittel, mit denen er nicht nur in die öffentliche, sondern auch in die private Wirtschaft eingreifen kann, und es ist Tatsache, daß gegenüber dieser ungeheueren Staatsmaschinerie ein ungeheuerer Widerstand notwendig ist, wenn man überhaupt aufkommen will.

Nun hat Kol. Udržal hier die Verhältnisse von Österreich erwähnt. Ich will auf diese Dinge nicht eingehen, will von ihnen nicht sprechen. Aber ich glaube, sie sind in einem Punkte wesentlich verschieden von denjenigen Verhältnissen, die wir hier haben. In Osterreich war eine Hausmacht. Sie zu erhalten, zu stützen und zu schützen war das vornehmste Ziel der Regierungen und die Regierungen kannten keine andere Aufgabe, als womöglich zwischen den Nationen hindurchzukommen, einmal die einen, einmal die anderen hinaufkommen zu lassen, um so die Hausmacht zu stützen. Es war ein über den Nationen tatsächlich vorhandener Körper da nennen Sie ihn, wie Sie wollen, das ist gleichgiltig - er war tatsächlich hier, der, wenn es Not tat, in den Streitigkeiten der Nationen, als unmittelbar uninteressierte Macht eingriff. Heute sind die Verhältnisse anders. Denn wir haben hier keine solche an dem Gedeihen oder Verderben der einzelnen Nationen uninteressierte Stelle. Heute ist die Macht tatsächlich in den èechischen Händen vereinigt und sie wird mit aller Wucht gegen die anderen Nationen ausgespielt und gebraucht. Ich habe schon erwähnt, was Sie am alten Österreich hatten, das wissen Sie vielleicht besser als wir. Und wenn Sie es nicht wissen, dann lesen Sie Tobolkas Buch "Das böhmische Volk" nach und Sie werden zur Genüge erfahren, daß Sie dieses Österreich vielfach gefördert und gestützt haben.

Sie hatten im Jahre 1918 eine Möglichkeit, mit den Deutschen dieser Kronländer ins Einvernehmen zu kommen. Damals waren die Verhätuisse so, daß das ganze Volk infolge des vierjährigen Krieges zermürbt und verhungert war und daß es keine andere Sehnsucht hatte, als sich die unmittelbare Notdurft des Lebens zu sichern. Statt Lebensmittel aber haben Sie uns Maschinengewehre geschickt und statt Kleidung, deren wir bedurft haben, haben Sie das Memoire III in Paris überreicht. Damit konnten wir wahrscheinlich unsere Blöße bedecken. Unter solchen Verhältnissen, die sich doch mit jenen anderer Staaten gar nicht vergleichen lassen, wagen Sie, meine Herren, hier von einer Schweiz höherer Ordnung zu sprechen! Solange Sie nicht die grundlegenden Unterschiede werden erkannt haben, die sich bei der Gründung dieses Staates sehr wohl abheben von denen bei der Gründung der Schweizer Republik, solange wage ich beim besten Willen an eine Änderung Ihrer Gesinnung nicht zu denken. Ich weiß, daß natürlich auch auf Ihrer Seite sehr ernste Politiker und wirklich gediegene Charaktere sind, welche das Einsehen haben, daß die Verhälnisse nicht so sind, wie Sie sich es gedacht haben. Das sehe ich und verstehe ich und ich weiß es, aber ich befürchte nur, daß diese einzelnen Stimmen nicht werden zum Durchbruche kommen können. Denn man predigt einem Volke nicht durch Jahrzehnte den nationalen Gedanken in dem von Ihnen gepredigten Sinne, um dann auf einmal sagen zu können: Jetzt sind die Verhältnisse anders und wir müssen nun das Steuer vollständig umstellen. Das ist die schwierige, tragische Rolle, in der Sie sich befinden. Mein Gott, Österreich hatte es leicht. Österreich war ein durch die Hausmacht gegründeter, auf Familienverträgen und sonstigen Verträgen oder Eroberungen aufgebauter Staat, der historisch gewachsen war. Der brauchte sich natürlich einen blauen Teufel darum zu kümmern, was die Welt über ihn dachte. Sie aber, Sie haben sich ja bei Gründung dieses Staates auf die Demokratie berufen und Sie müssen daher auf sie Rücksicht nehmen und ich befürchte, meine Herren, daß Sie das nicht können werden. Umsomehr ist es anzuerkennen, wenn sich auf Ihrer Seite Männer finden, welche die Dinge nüchtern und kalt beurteilen. Es ist unlängst von einem Kollegen von der èechischen Sozialdemokratie hier in Prag ausgesprochen worden - und ich zweifle nicht, vor einer großen Menge, es war dies Kollege Bechynì - daß tatsächlich die Verhältnisse so sind, daß eben die Deutschen und die anderen Nationen einmal da sind und daß man mit ihnen rechnen muß, ob man will oder nicht. Genau so wie eben in Österreich diejenigen gesprochen haben, die Österreich nicht als einen deutschen Staat oder einen Habsburgischen Staat betrachtet haben, sondern die in Österreich etwas gesehen haben, was vielleicht ein Novum in der europäischen Geschichte gewesen wäre, was aber, wenn es durchgeführt worden wäre, zu seinem Heil ausgeschlagen hätte, nämlich einen Bund freier selbständiger Völker. Das müssen Sie tun und das sind Grundlagen Ihrer Politik. Sie mögen sich dagegen stemmen, wie Sie wollen, Sie müssen schließlich zu der Überzeugung kommen, daß man Staaten nicht nach seinen Wünschen errichten und ausgestalten kann, sondern daß man im Gegenteil die Verfassung dieser Staaten den tatsächlichen Verhälnissen anpassen muß. Dann braucht man sich weiß Gott um das Andere nicht zu kümmern.


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