Pátek 11. bøezna 1921

Es war uns nicht möglich, aus den Zeugenaussagen herauszufinden, ob tatsächlich Kroupa mit den Gendarmen vor seiner Verwundung oder ob er erst nachher geschossen hat, was aus den Zeugenaussagen herauszufinden, war tatsächlich nicht möglich. Ich, der ich damals in Krompach sowie in der Slovakei überhaupt zum ersten Male war, bemühte mich Augenzeugen zu finden, die vielleicht etwas objektiver über die Sache sprechen könnten, weil sie nicht unmittelbare Teilnehmer an den Vorfällen waren, die sich vor dem Hause abspielten. Wie ich erwähnt habe, war ich vormitags beim Lokalaugenschein befleißigt, mir die Situation anzuschauen. Das Werksgebäude ist ein ziemlich großes Gebäude, stockhoch, und in diesem Gebäude müssen doch auch Leute in den Kanzleien beschäftigt sein. Diese Leute werden bei dem Lärm gewiß nicht ruhig bei ihrem Schreibtisch oder bei ihren Arbeitsgelegenheiten verblieben sein, sondern sie werden sich gewiß zu den Fenstern begeben haben und auf den Ort und den Platz geschaut haben, um zu sehen, was sich denn dort begibt. Die Namen dieser Herren oder Damen, die dort beschäftigt waren, waren mir nicht bekannt. Ich hatte ja dort keine bekannte Seele. Ich bemühte mich dann nach den Zeugenaussagen, die kein klarer Urteil zuließen, mir diese Zeugen zu beschaffen. Leider war es mir erst gegen Abend möglich. Ich wollte nur solche Zeugen hören, die auch vom Gericht einvernommen waren, um ihre gerichtliche Aussage gegenüberzustellen der vor dem Untersuchungsausschuß abgegebenen Aussagen. Ich ersuchte nun der Herrn Präsidenten des Untersuchungsausschußes, einige der Herren zu laden. Leider war mein Beginnen nichtig. Der Präsident des Untersuchungsauschußes erfüllte meine Bitte nicht, und ich glaube, es war Kollege Taub, der sich am meisten dagegen gewehrt hat, daß man diese Leute rufe. So kann ich sagen, aus den Zeugenaussagen, die mir zur Verfügung standen, war es mir nicht möglich, objektiv herauszubekommen, daß die Gendarmerie vorzeitig geschossen hätte.

Gehen wir nun zu den weiteren Zeugenaussagen. Es trat da ein besonders hervorstechendes Moment zutage, das blitzartig all' das beleuchtet, was wir sahen, das zeigt, daß es umstürzlerische Bewegungen waren, die im Werke zutage getreten sind.

Ein Ingenieur Petrovský war es, der als Zeuge geführt wurde und sagte, daß in seine Abteilung eine Schar von jungen Leuten, 15 bis 18 Jahre alt, hineinkamen, um ihn aus den Werksanlagen herauszudrängen und auch gegen ihn vorzugehen. "Was wollt Ihr von mir," sagte der Ingenieur, "ich kenne Euch ja gar nicht." Tatsächlich kann er ihnen nichts angetan haben. Da flog ihm das Wort zu: "Du bist ein Bourgeois und mußt das Leben lassen, wie alle anderen." Er mußte flüchten, und zwar in eine Mühle; dort wurde er aufgestöbert. Wieder gelang es ihm, sich loszureißen, und er wurde auf eine Wiese gedrängt. Dort mußte er standhalten und hier geschah etwas, was ebenfalls die Sache wieder blitzartig nicht als den idealen Zustand des Kommunismus beleuchtet, sondern als etwas sehr materialistisches. Er nestelte an seiner Tasche seine Geldbörse los, ließ sie zu Boden fallen und gab dieser Börse mit der Fußspitze einen Stoß. Die Meute der Leute warf sich auf diese Beu te und begann alsbald das Geld unter sich zu verteilen. (Výkøiky. - Posl. dr. Hahn: Sie hätten als Zeuge auftreten können. Sie wären ein guter Zeuge gewesen!) Ich bitte, Herr Doktor, das sind Tatsachen. Sie müssen sie alle hören, ich bin sehr objektiv und ich bitte mich nicht zu unterbrechen. Ich möchte mit meiner Rede bald zu Ende kommen. Bezeichnend ist das andere Bild, das ich Ihnen vorführen werde. Es beweist, daß diese Leute nicht nur gegen die Bourgeoisie vorgingen, sondern auch gegen andere Leute. Es ist der Diener Kukura dort gewesen - jetzt heißt er sluha, in der ungarischen Zeit war es der heiduk (Posl. Tausik: Der in der ungarischen Zeit immer den Leuten 25 aufgehaut hat!) Dieser Mann war ein Diener des Staates und ein Untergebener seines Vorgesetzten, und es stellte sich heraus, daß dieser Mann in der Nacht vom 17. zum 18. Feber bei der Razzia, die der Oberstuhlrichter auf Geheiß der Regierung vornehmen ließ, ihm Assistenz leistete in der Art, daß er ihm die Häuser zeigte, in denen die Leute wohnten, nach denen man forschte. Tatsächlich tat dieser Mann nichts anderes als seine Pflicht. Es war ja sein Brot. Er hatte Weib und Kinder ebenso zu ernähren, wie ein Fabriksarbeiter. Ich glaube, man kann es ihm doch nicht übel anrechnen, und selbst wenn er zu ungarischen Zeiten den Leuten die 25 applizierte, wissen Sie ja nicht, meine Herren, ob es ihm nicht vielleicht mehr wehe getan hat, eine solche schändliche Arbeit zu leisten. Das ist doch nicht sein Verschulden gewesen, sondern das Verschulden jener, die ihn zu einer so feigen, schändlichen Tätigkeit mißbraucht haben. (Souhlas.) Und dieser Mann war nicht in der Fabrik tätig. Als er nach Abgang seines Herrn, des Oberstuhlrichters, gehört hatte, daß dieser Mann tot sei, war er in seiner Wohnung fast der Besinnung beraubt, konnte sich nicht fassen; und in kurzer Zeit drang diese Meute auch in sein Haus, und was mich am meisten bei dem frommen, ruhigen Volke der Slovaken wundert, sie hatten in diesem Hause nicht einmal die Ehrfurcht vor der Majestät des Todes. In dieser Wohnung bedrängten sie den Mann mit allen möglichen Waffen, wollten ihm das Leben nehmen, obwohl auf der Bahre sein totes Kind lag. Er mußte vor diesen Leuten knien, seine Frau, seine Kinder mußten um das Leben bitten. Und die Leute bedrängten ihn trotzdem, und erst ein Sprung aus dem Fenster rettete ihm das Leben. (Posl. dr. Hahn: Gehen Sie nach Hause mit Ihren Schauergeschichten! - Výkøiky. - Pøedseda zvoní.) Meine Herren, das ist Ihnen unangenehm, aber es ist wahr. Ich möchte Sie aber bitten, mich nicht fortwährend in meiner Rede zu unterbrechen. Ich kann meine Rede sonst nicht zu Ende halten, wenn Sie mich jedesmal unterbrechen. Das Ergebnis ist also, daß diese Vorfälle entschieden nicht auf staatsfeindliche Ak tionen zurückzuführen sind. Wir können auch nicht sagen, daß es rein kommu nistische Umtriebe sind, sondern nach meiner ganz objektiven Wahrnehmung waren es Handlungen einer Menge, die in der Hand der Führer gefügige Werk zeuge sind. Das ist der reine Tatbestand ohne weitere Ausschmückung.

Ich möchte nur die Bitte daran knüpfen, daß auch auf Ihrer Seite einmal, auf der rechten Seite, ein Mann erstehe, dem auch wir das hohe Lied singen könnten, der daran geht, die Arbeit zu verrichten, wie dort der Doktor, Ingenieur, daß er auch bei Ih nen den Hochofen, in dem Chauvinismus, Haß und all die bösen Leidenschaften bis zur Siedehitze hinaufgebracht worden sind, daß er diesen Hochofen durch Anstich ablasse und daß dann, wie im angeführten Bilde, die Spitzen der Berge der Tatra neu erglühen auch im Abendsonnenscheine des Völkerfriedens, der es uns ermöglicht, auf dem Urgrund der Menschlichkeit aufbauend zu hoffen, daß diese drei Spitzen vorstellen werden das Ziel, dem wir alle und die ganze Menschheit zustreben: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. (Souhlas a potlesk.)

5. Øeè posl. Sweichharta (viz str. 2586. protokolu):

Meine Herren und Damen! Der Herr Berichterstatter Dr. Èerný hat namens der Mehrheit des Untersuchungsausschusses den Antrag gestellt, daß man die Erklärung des Herrn Ministerpräsidenten zur Kenntnis nehmen soll, weil sie zum größten Teile richtig sein soll. Er hat weiters erklärt, diese angebliche Tatsache hätte eine objektive Untersuchung ergeben. Im Namen der deutschen sozialdemokratischen Mitglieder des Untersuchungsausschusses muß ich diesen beiden Behauptungen auf das nachdrücklichste widersprechen. Es ist viel mehr wahr, daß sich herausgestellt hat, daß der allergrößte Teil der Erklärung, nicht etwa der geringere Teil der Erklärungen des Herrn Ministerpräsidenten unrichtig und tatsächlich falsch ist, daß ihm Berichte unterschoben wurden, die der Wahrheit nicht entsprechen. Und was die andere Tatsache anbelangt, diese angeblich objektive Untersuchung, will ich nur kurz sagen, wie diese ausgeschaut hat. Der Untersuchuhgsausschuß war nicht in der Lage, sich die Zeugen so auszuwählen, wie es notwendig gewesen wäre. Wir hatten nicht einmal Gelegenheit, den Tatort besichtigen zu können. (Hört! Hört!) Wir konnten nicht mit den Schwerverwundeten oder mit den Verwundeten überhaupt sprechen, und die Hauptzeugen, die in Betracht gekommen wären waren eingesperrt. Wer war dort neben uns im Untersuchungsausschusse? Zunächst ein Vertreter des Industriellenverbandes aus Preßburg. Dieser war früher Oberleutnant in Krompach und sollte bezeugen, daß tatsächlich revolutionäre Strömungen vorhanden sind. (Výkøik: Dabei war der schon lange nicht in Krompach!) Jawohl! Seit Mai 1920 ist er nicht mehr in Krompach. Dann war anwesend der Militärprokurator. Wir sind prinzipiell im alten Österreich immer gegen die geheime Militärgerichtsbarkeit gewesen und sind es selbstverständlich auch heute. Was da herausgekocht wird, was wir nicht mit eigenen Augen und mit eigenen Ohren sehen und hören, kann uns nicht maßgebend sein, wenn wir objektiv die Wahrheit erforschen wollen. Aber das ist noch nicht alles. Sie werden sich gewundert haben über die Fülle des Materials, das der Herr Referent vorgebracht hat; es hat den Anschein erweckt, als ob das alles dem Untersuchungsausschusse vorgelegen wäre, als ob es das Resultat der Prüfung durch den Untersuchungsausschuß selbst wäre. Hievon ist aber absolut keine Rede, denn die Behauptung des Herrn Referenten, daß alles in größter Ordnung sei, stützt sich auf geheime Berichte von privater Seite. Die èechoslovakische Beseda in Krompach, also eine private Vereinigung, hat die Aufgabe übernommen, die angeblich gefährlichen Taten der dortigen Bolschewiken durch Spitzelei genau aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen waren dann die Handhabe in den Händen der èechischbürgerlichen Mitglieder des Untersuchungsausschusses, die davon wohlweislich ausgiebigen Gebrauch gemacht haben. Es war so merkwürdig, als der Hauptzeuge Ztratil, der hier als bewußter Slovake gelobt worden ist, so prompt, so bestimmt auf die Fragen geantwortet hat, die Oberst Špaèek ihm auf Grund dieses privaten Geheimberichtes gestellt hat. Es war eine so merkwürdige Übereinstimmung zwischen diesen beiden, daß man unvermutet zur Annahme kam, daß der eine Hauptzeuge gewußt hat, wie die Sache gemacht werden wird. (Výkøik: Untersuchungskomödie! - Nepokoj.) Es war tatsächlich eine Komödie.

Dann möchte ich noch folgendes hinzufügen: Nach wenigen Stunden wurden wir wieder förmlich von Krompach abgeschoben, angeblich, weil keine Betten zur Verfügung standen. Und als wir wieder fortwaren, da waren wir alle der Überzeugung, daß der Untersuchungsausschuß seine Aufgabe nicht erfüllt hat, und manche von uns hatten Bedenken und fürchteten, daß wir hier im Hause einen Putzer kriegen und wieder heruntergeschickt werden behufs längerer und gründlicherer Untersuchung. Als zwei Tage nach der Heimkehr aus Krompach der Untersuchungsausschuß zusammenkam, hatte die èechische Mehrheit das Gefühl, daß auf Grund der Ergebnisse kein Vertrauensvotum für die Regierung zu haben sein wird, und da sind plötzlich die geheimen Berichte des Ministeriums des Innern aufmarschiert, förmliche Sch warzbücher, wo die Gendarmerie und andere Leute aus Krompach aus dem Jahre 1919 und 1920 Angaben über angebliche geheime politische Umtriebe gemacht haben. Es ist ein Spitzelsystem ärgster Sorte dort eingerissen und wenn man annimmt, wozu man wohl das Recht hat, daß überall ähnliche Spitzelzentralen eingerichtet sind, kann man sich das Bild davon machen, wie riesenhaft dieser Spitzelapparat in der Èechoslovakei ausgebaut sein mag.

Meine Herren! Man muß immer vorsichtig sein, gegenüber allen Zeugen, man muß eine gewisse Objektivität bewahren, man darf aber nicht blindlings, wie der Herr Berichterstatter und diejenigen, die den Zeugen gerne glauben möchten, um die Regierung reinzuwaschen, hereinfallen. Man muß vorsichtig sein und sich fragen: was sind das für Leute, die diesen Spitzeldienst leisteten? Und ich erinnere nur an den Prozeß Chládek in Eger, den berühmten Mann, der in Diensten der èsl. Regierung war u. ein merkwürdiger Ehrenmann gewesen ist. Und solche Ehrenmänner mögen eben auch anderswo existieren. So ist die Untersuchung beschaffen gewesen und Sie werden zugeben, daß wir unmöglich auf Grung unserer ehrlichen Erkenntnis sagen können, daß alles in Ordnung gewesen ist. Wir deutschen Sozialdemokraten waren wohl die einzigen, die unten in Krompach gar nichts zu vertuschen, sondern das Recht hatten, die Wahrheit ganz offen zu verfolgen.

Nun ist soviel gesagt worden über die Umstände, die zu diesem Unglück geführt haben, daß auch ich einiges hinzufügen muß. Es ist ganz klar gewesen, daß bei dieser Untersuchung ein großer Teil der Mitglieder des Ausschusses bestrebt gewesen ist, alle Schuld auf die Arbeiter abzuwälzen. Es war sehr merkwürdig und bezeichnend für den kapitalistischen Geist, der bei diesen Leuten geherrscht hat, daß man nicht das mindeste soziale Empfinden gehabt hat für die Lage der Arbeiter, für die Psyche der Arbeiter, für ihr Wirken, ihre Ideale, ihren Willen, und da muß man notgedrungen auf die sozialen Zusammenhänge hinweisen, auf das Milieu, das in der Slovakei, in diesem Halbsibirien, herrscht.

Krompach ist ein Ort von etwa 6000 Einwohnern. Dort spielt die Gesellschaft der Rima Muranyer Eisenwerke eine hervorragende soziale Rolle. Es sind in diesen Eisenwerken, in den Hochöfen und Kohlengruben nicht weniger als 2700 Arbeiter beschäftigt, und jeder denkende Mensch wird zugeben müssen, daß dieser große Besitz, dieser Millionenbesitz, sich in sozialem Einfluß auf die Behörden ausdrückt. Nachdem die Slovakei ein Erbe von Ungarn ist, haben sich die ungarischen Sitten bis heute unverändert auch in Krompach erhalten.

Ich möchte auf die famose Einrichtung der Werkgendarmerie hinweisen. Ich glaube, in ganz Böhmen wird es so etwas nicht geben. Die staatliche Gendarmerie ist im Werke selbst untergebracht. (Hört! Hört!) In Ungarn waren diese Gendarmen so eine Art Pinkertons, wie sie in Amerika die Kapitalisten bezahlen, sie waren Hilfstruppen des Kapitals, und diese Einrichtung hat auch die Èechoslovakei bedenkenlos übernommen. Ich möchte noch darauf hinweisen, was andere hier zum Lob der Firma gesagt haben, daß das Werk billigere Lebensmittel abgebe. Auch der Herr Referent hat der Firma Lob gesungen. (Hluk. Výkøiky.) Was diese Herren loben, ist für die Arbeiterschaft ein Fluch, weil die Arbeiter wirtschaftlich und bis zum äußersten geknebelt sind. (Souhlas na levici.) Die Herren, welche die Firma loben, ahnen gar nicht, in welchem Untertanenund Sklavenverhältnis die Arbeiter in Krompach leben müssen. Die Wohnungen werden ihnen gegeben, es ist ein Werkskonsum da, Licht und Kohle wird ihnen angeblich billiger geliefert, aber all dies dient nur dem Zweck, die Arbeiter recht fest zu ketten, ihnen das Koalitionsrecht unmöglich zu machen. Es wird behauptet, daß diese billigen Lebensmittel eine Wohltat für die Arbeiter seien. Wenn man die Dinge ansieht, wie sie sind, so weiß man jedoch, daß die Kapitalisten nichts wegschenken, und die Ausgaben, welche sie für die billigen Lebensmittel machen, in den billigen Löhnen zehnmal eingekommen sind. Wir haben uns Aufstellungen der Löhne verschafft, die gezahlt werden. Gestatten Sie einige Ziffern. In der Grubenstrecke, bei schwerer Arbeit also, beträgt der Durchschnittslohn K 4.74, die Schmiede erhalten durchschnittlich - das ist der Durchschnitt; es gibt also auch geringere Löhne - K 4.81 in der Stunde, die Metallgießer K 4.54, die Schlosser K 4.84 und so geht es weiter. Im Vergleich zu unseren Löhnen hier sind die Löhne in Krompach um 20 bis 25% niedriger, wobei noch in Betracht zu ziehen ist, daß die Löhne in der Slovakei, weil die Lebenshaltung dort viel teuerer ist, viel höher sind.

Sie sehen also ziffernmäßig nachgewiesen, daß die Firma mit ihrem Wohltun sehr gut fährt, sie hat die Arbeiter in der Hand, gibt anscheinend billige Lebensmittel, profitiert aber umso mehr an den Löhnen. Es ist nicht wahr, wie die Sache dargestellt wurde, daß Krompach eine Idylle gewesen ist, die nur durch die Bolschewiken gestört wurde. Ich erinnere an das Wort Heines: "Immer sind es Fremde, Ausländer, wenn Revolution gemacht wird. Die einheimischen sind fromme Lammeln, die tun gar nichts". Die Wahrheit aber ist, daß Krompach schon immer ein stürmischer Erdbebenboden war, weil die Arbeiter eben dort unterdrückt wurden, weil ihnen nicht das Koalitionsrecht gegeben wurde, weil ungarische Sitten in der Slovakei maßgebend gewesen waren. Deshalb haben dort immer Unruhen und Unzufriedenheit geherrscht. (Výkøik: Aber nie hat man dort geschossen!) Das ist eine Errungenschaft der neuen Zeit der Èechoslovakei. Ich möchte aber auf eines hinweisen: Es ist ausdrücklich festgestellt worden, daß schon vor dem Kriege Unzufriedenheit geherrscht hat, das ist bei dieser Knebelung begreiflich. Während des Krieges aber war es ganz besonders arg. Wir haben uns von anderer Seite schon vordem erzählen lassen, daß Krompach berüchtigt war, weil dort das Kriegsleistungsgesetz in ganz außerordentlich scharfer Weise gehandhabt wurde, und wir haben das bei der Untersuchung in Krompach bestätigt gefunden. Es ist uns übereinstimmend mitgeteilt worden, daß der später von den Arbeitern erschlagene Oberingenieur Podhradský ein brutaler Mensch, ein Gewaltmensch war, der die Arbeiter nach allen Regeln der Kunst kujoniert hat. Er hat Arbeiter anbinden lassen, hat verheiratete Leute mit Gendarmerie aus den Betten geholt und anbinden lassen. Solche Zustände haben sich unter der ungarischen Herrschaft in der Slovakei entwickeln können. Es kam der Umsturz. Für die Arbeiter aber ist es nicht besser geworden. Im Jahre 1919 entstand eine Lohnbewegung und da hat der schon erwähnte Oberleutnant, der nun als Zeuge geführt wird, dieser industrielle Sekretär eine gewisse Rolle gespielt. Man hat die Arbeiter direkt zur Annahme eines Lohnvertrages gezwungen, man hat 150 davon entlassen, später allerdings wieder zurückgenommen, als die Leute klein geworden waren, bis auf 7. Und dieser Mann hat sich nun der Untersuchungskommission gebrüstet mit seiner Macht, die er gegen die Rotten aufbieten konnte. Er sagte: Ich hatte drei Battailone zur Verfügung (Nepokoj.) und wäre in der Lage, alles zu unterdrücken. (Hört! Hört!) Es ist sehr bezeichnend, wie man die Arbeiter förmlich gepreßt hat, sich von den ungarischen Organisationen loszulösen und den Prager anzuschließen. Es ist charakteristisch, wie man sich förmlich den Sekretär ausgesucht hat, mit dem man verhandeln wollte. Der von den Arbeitern gewünschte Repräsentant, Sekretär Mauler, ist abgelehnt worden, das Werk hat sich einen anderen ausgesucht. So sind die Zustände dort gewesen. Nun ist bemerkenswert, daß auch heute eine Lohnbewegung herrscht. Auch heute sind die Arbeiter nicht entsprechend entlohnt und verlangen mehr. Und zu allem kommt noch die Lebensmittelfrage, die in der Debatte auch eine gewiße Rolle gespielt hat. Die Darstellung des Herrn Kollegen Böllmann, der Vergleich mit dem böhmischen Erzgebirge, ist total falsch. Man muß die Dinge nehmen, wie sie früher in Ungarn gewesen sind. Die Ungarn unter Tisza hatten die Arbeiter während des Krieges stets besser versorgt, sie hatten immer noch Mehl und Brot, und während wir in Deutschböhmen hungerten, waren sie noch immer versorgt. Nach dem Umsturz ist auch das schlechter geworden. In dem Jahre 1919 hatte man wohl viel Kukuruzmehl, aber das Entscheidende kommt erst jetzt: Bis zum ersten Feber ist die gesetzliche Quote von 2 kg pro Woche ausgegeben worden. Ab 1. Feber ist eine Kürzung auf 1.85 kg eingetreten, dazu sind aber 50 dkg Maisgries gegeben worden. Das hat natürlich Unzufriedenheit unter den Arbeiterfrauen erregt, ganz begreiflicher Weise. Aber man sagte ihnen: "Früher habt ihr Mais gegessen und habt nichts gesagt, und 3 Wochen habt ihr den Maisgries genommen und habt Euch nicht gerührt! und plötzlich habt ihr demonstriert und habt dadurch eine wohlvorbereitete Aktion unternommen."

Nun bitte ich aber, wer die Dinge kennt, das Arbeiterleben u. s. w., wie sie wirklich sind, wird wissen, daß von einer Vorbereitung gar keine Rede sein kann, daß der Arbeiter solange wartet, bis ihm die Geschichte doch zu dumm wird und dann in der Hoffnung demonstriert, etwas zu erreichen. Auch wir in Böhmen haben dutzendemal das so gemacht, wir haben demonstriert, in der Hoffnung, einen Waggon vorauszubekommen, manchmal mit, manchmal auch ohne Erfolg. Und genau so haben es auch die Frauen in Krompach gemacht, diese 60, die sich versammelt haben, angeblich nach einer geheimen Beratung. (Výkøiky.) Es ist wohl kein Grund anzunehmen, daß sich die Frauen zu einer geheimen Versammlung zusammenfanden. Ich will nur noch rekapitulieren: Die Lohnfrage hat eine Rolle gespielt, ebenso die schlechte Mehlversorgung. Und nun kommt das politische Moment dazu, aber in einem anderen Sinne, als der Herr Ministerpräsident gesagt hat. Am 17. Februar hat in der ganzen Slovakei eine Razzia nach lästigen Ausländern stattgefunden. (Slyšte! Slyšte!) Did Konstitution der Slovakei muß wahrlich sehr zart sein, daß man nicht einmal einige bolschewistische Bazillen verträgt und daß man sucht, sie durch Gewalt aus dem Körper zu entfernen. Man hat auch in Krompach 28 Arbeiter verhaftet, die im Werke beschäftigt waren, die sich aber nach übereinstimmenden Aussagen politisch nicht betätigt haben, also unschuldige Lämmlein waren. Auch der Referent mußte das zugeben. Diesen Leuten drohte man mit der Ausweisung. Es waren Flüchtlinge aus der polnischen Armee, aus Ungarn, lauter Leute, die verfolgt waren, denen man also eine gewisse Sympathie entgegenbringen kann. Der Obergespan, der bei den Arbeitern beliebt war, weil er sich korrekt verhalten hat, hat auch auf eigene Verantwortung die Leute wieder freigelassen, weil er es nicht auf sich nehmen wollte und die Arbeiter gemurrt haben. Und nun kommt der kritische Tag, der 21. Februar. Die Frauen sind vor der Werkskantine und wünschen dort, daß ihnen statt Maismehl, weißes Mehl gegeben werde, sowie eine Erhöhung der Ration. Sie stürmten auch nicht, diese 60 oder 80 Weiblein; was sollten die auch ausrichten! Wer diese Frauen gesehen hat, abgehärmt, schwächlich, zermürbte Arbeiterfrauen, kann von ihnen keine revolutionären Taten erwarten. Sie verlangten von der Verwaltung der Approvisionierung Aufklärung und Abhilfe. Sie gehen mit den Vertrauensmännern auch zum Direktor und verhandeln mit ihm und der Direktor sagt ihnen, daß sich das Werk bereits bemüht hat, Mehl in Preßburg zu verschaffen, aber es sei vergeblich gewesen. Inzwischen aber ruft der eine Oberbeamte die Gendarmerie auf. Es ist gewiß sehr merkwürdig, daß die Gendarmerie auf den Wink eines Beamten des Werkes sofort herbeieilt. Es hat sich auch später herausgestellt, daß auch der Oberleutnant, der mit seinen Truppen vom Übungsplatze dazu gekommen ist, ebenfalls auf den Wink der Leitung des Werkes sich zur Verfügung stellte. Die Gendarmerie und das Militär haben also gar keine selbstständige Rolle erspielt, sondern sie waren ganz abhängig vom Willen und Wunsch der Werkleitung. Das ist offenbar ein Mangel und es fragt sich, ob nicht hier gewisse geheime Instruktionen an die Gendarmerie ergangen sind, und tatsächlich besteht dieser Verdacht, weil auf die Frage eines Mitgliedes des Untersuchungsausschusses, ob solche Instruktionen gegeben worden sind, von mehreren Seiten keine Antwort erfolgte.

Bezeichnend ist folgendes. Wenn ein Umsturz geplant gewesen wäre, eine revolutionäre Bewegung, wie der Herr Kollege Böllmann gesagt hat, so hätte man die Geschichte jedenfalls anders angepackt. Aber die Vertrauensleute, die mit den Frauen oben beim Direktor waren, um wegen des Mehles zu verhandeln, bleiben oben, um über die Lohnfragen weiter zu verhandeln, die Frauen aber begeben sich herunter und wollen mit den Frauen, die versammelt sind, reden. Hier greift nun der Herr Kroupa, der Oberwach tmeister, der böse Geist, ein. Mit dem Revolver in der Faust manipuliert er, er ist aufgeregt, ist sich seiner Autorität bewußt, kurz, eine Persönlichkeit, die in diesem Momente nicht an diesen Platz gehört hat. Wer große Demonstrationen mitgemacht hat, weiß, daß hier Kaltblütigkeit, Ru he und Besonnenheit alles gutmachen kann. Zehntausende Menschen sind beisammen gewesen und nichts ist geschehen. Nicht bloß Arbeiter haben demonstriert, auch andere Leute haben demonstriert, in der letzten Zeit erst haben die Anhänger Böllmanns demonstriert, und auch in Znaim hat es Differenzen mit den Behörden gegeben. Aber dort hat niemand geschossen. (Posl. Èermak: Wenn èechische Studenten aufmarschieren, wird nicht geschossen! - Výkøiky: Wie ist es in den deutschen Städten gewesen?) Es kommt eben darauf an, wer die Verantwortung trägt, wer der Betreffende ist. Wer aber den Kroupa gesehen hat, der vom Werke genährt wird, der angeblich nur die Ration bekommt, wie jeder andere (Výkøiky!), der so gut aussieht, daß ein großer Unterschied zwischen den abgehärmten Frauen und ihm ist, wer seine Miene und sein Gehaben beobachtet hat, der muß wissen, daß hier an der Stelle ein Mensch gestanden ist, der nicht fähig war, diese Posten zu versehen. Es ist so abgerichtet und in seinem Geiste so beschaffen, daß er jedem, der nicht seiner Meinung ist, als Staatsfeind ansieht und demgemäß behandelt.

Nun ist das geschehen, was hier unter diesen Umständen geschehen mußte. Der Mann hat zuerst geschossen. Er behauptet und auch die Militärprokuratur behauptet auf Grund unkontrollierbarer Zeugenaussagen, die wir ablehnen, daß er schwer verletzt worden ist. Nehmen wir an, er sei schwer verletzt worden. Aber nun kommt das Merkwürdige. Der Mann ist schwer verletzt, er taumelt, er ist halb bewußtlos, und in diesem Zustande schießt er zwei Personen direkt nieder. Er zielt in seinem Taumel und in seiner Bewußtlosigkeit genau - das ist merkwürdig und kommandiert noch: Schießen! Die Folge ist, daß sich ca. 20 Personen im Blute wälzen, 2 sind tot, ein Dutzend schwer verletzt, andere leicht verletzt. Wer kann unter solchen Umständen ruhig bleiben, wer kann angesichts des leichtfertigen, unverantwortlichen Vorgehens eines Wachtmeisters kaltes Blut bewahren? Wir begreifen, daß eine Aufregung entstand. Die Vertrauensmänner der Arbeiter haben ihre Pflicht voll und ganz erfüllt. Wenn Herr Direktor Králik den Abzug der Gendarmen und des Militärs verlangt hat, so geschah es nicht über Wunsch der eigentlich verantwortlichen Vertrauensmänner, sondern der Arbeiter. Es mag falsch gewesen sein, das zu verlangen, aber es ist ebenso falsch, daß die Soldaten und Gendarmen gewichen sind und sich dadurch ereignen konnte, was leider eingetreten ist: Daß die Wut der Arbeiter angesichts der Leichen, angesichts der Verletzten so groß gewesen ist, daß sie die Besinnung verloren und daß die Bestie im Menschen, die im Kriege in allen geweckt und gepflegt worden ist, durchbrach und sie zwei Menschen töteten und andere verletzten. Das ist gewiß nicht zu entschuldigen, aber bei den ganzen Zuständen in Krompach leider verständlich. Hier also die ganze Schuld auf die Arbeiter zu wälzen ist falsch. Ebensowenig kann man daraus etwas bezüglich der Führer sagen. Die Vertrauensmänner haben sich ganz korrekt verhalten, sie haben mit eigener Lebensgefahr den Direktor Králík von weiteren Angriffen geschützt. Das sind Dinge, die wir alle gewiß bedauern. Die Opfer sind groß genug, 6 Tote, 10 Schwerverletzte u. s. w.

Und dann kommt die Reaktion. Nachdem man das Unglück hat geschehen lassen, statt es zu verhüten, statt daß man soziale Einrichtungen schafft, und das ganze politische Leben reinigt von der Korruption, die dort unten herrscht, kommt die Strafe, kommen all die Verhaftungen und Verurteilungen. Die Verurteilungen sind heute an der Tagesordnung.

Unsere Überzeugung ist, daß dort keine Verschwörung stattgefunden hat, so wie es der Herr Ministerpräsident dargestellt hat, daß es nicht notwendig war, fremde Agitatoren im Interesse der öffentlichen Ruhe und Ordnung auszuweisen. Und es ist nicht richtig, daß hier geheime Verhandlungen und Unternehmungen geplant waren. Es ist auch nicht richtig, daß der betreffende Gendarm so krank war, daß er in das Spital gebracht werden mußte. Es ist sicher nicht richtig und falsch, daß ein gewaltsames Eindringen geplant war. Richtig ist vielmehr, daß, wenn die Gendarmerie nicht eingegriffen hätte, das ganze Unglück nicht geschehen wäre. (So ist es!) Die Sache ist also so, daß es eigentlich ganz falsch ist, wenn die Regierung und die Mehrheit des Untersuchungsausschusses den Schuldigen zu decken versucht; statt ihn fallen zu lassen, statt ihn zu strafen, ihn zu degradieren, deckt man ihn, und vielleicht wird er noch avanzieren. Wunder wäre das schließlich auch keins. Denn, was sich hier in Krompach abgespielt hat, ist doch nur ein Teil der Politik, die leider in diesem Staate der Regierung Èerný getrieben wird. Auf Gewalt aufgebaut, wird mit Gewalt der Staat zusammengehalten. Es ist der Fluch, der dieser Politik anhängt. Einmal wird geschossen in Prag, einmal in Brüx, einmal in Znaim und Iglau, einmal wieder in Krompach. Und ich fürchte sehr, der Untersuchungsausschuß wird noch öfters solche blutige Tragödien zu untersuchen haben, die aber gewiß anders durchgeführt werden müssen.


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