Ich erinnere in diesem Zusammenhange daran, daß der Untersuchungsausschuß die Berichte über Brüx und s. w. noch schuldig geblieben ist. Und ich möchte den Untersuchungsausschuß dringend ersuchen, dafür Sorge zu tragen, daß dieser Bericht auch erstattet wird.
Alle diese Dinge in Krompach sind
nur ein Teil der Gesamtpolitik, die sich richtet gegen die Minderheiten
der Nationen, aber auch gegen die Arbeiterklasse selbst. Heute
ist die Reaktion, das sehen wir Schritt auf Schritt, überall obenauf.
Wir sehen das an der Zensur in der Slovakei und auch bei uns.
Niemals fast ist im alten Österreich soviel konfisziert worden,
wie bei uns. Und die Bluturteile, die jetzt gefällt werden, die
gestern und vorgestern in Brünn gefällt worden sind! Bis zu zehn
Jahren sind Arbeiter verurteilt worden. Das ist der alte Holzingersenat
ein armes Waisenkind dagegen. Und ich erinnere da an eine Tatsache,
die die Sache vielleicht illustrieren wird. Wir haben in unserer
Mitte einen sehr verehrten Kollegen von èechischer Seite, der
auch eine große politische Rolle gespielt hat. Er ist auch damals
von diesem Blutsenate verurteilt worden, aber nicht zu zehn Jahren,
er ist nur mit vier Jahren davongekommen. Bei uns werden also
viel schärfere, rücksichtslosere Urteile gefällt als im alten
Österreich, und das wird sich bitter rächen. Sie machen ja die
Leute zu Märtyrern. Statt die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse
zu bessern, die politische Freiheit zu geben, knechten Sie und
rufen dadurch den Widerstand anderer hervor. Und ich erinnere
an einen Antrag, den wir heute eingebracht haben, der dahingeht,
daß die Regierung binnen acht Tagen den Bericht über die Aufhebung
der Schwurgerichte vorlegen soll. Diesen Bericht ist sie uns bis
heute schuldig geblieben und wir fordern ihn von dieser Stelle
aus ein. Wir wollen nicht länger zusehen, daß ein absolutisches
Regime sich aufrichte gegen die Arbeiter, gegen die Sozialisierung.
Der Ministerpräsident hat vom Faustrechte gesprochen, das man
nicht dulden will, das nicht eins rießen darf. Er meint das Faustrecht
der anderen, vergißt aber, daß heute das Faustrecht der Reaktion
herrscht, das Faustrecht der brutalen Gewalt gegen die Arbeiterklasse,
gegen die Sozialisierung und was damit zusammenhängt. Wir sind
nicht berufen, Sie zu warnen, Ihnen den Weg zu weisen, der zur
Konsolidierung des Staates führt. Wenn Sie aber so weiter manipulieren,
dann ist dieser Staat nicht zu halten, dann muß er zu Grunde gehen.
(Posl. Èermak: Er ist auch nicht wert, daß er lebt!) Ich
will zusammenhängend erklären: Wir können unmöglich auf Grund
unserer eigenen Erfahrung die Erklärung des Ministerpräsidenten
zur Kenntnis nehmen, wir lehnen sie als falsch und unwahr ab.
(Souhlas a potlesk nìmeckých poslancù.)
Hohes Haus! Meine verehrten Damen
und Herren! Der Herr Ministerpräsident Èerný hat in seiner
Erklärung über die Krompacher Vorfälle . . . . (Výkøiky posl.
Skaunicové. Hluk.)
Místopøedseda dr. Hruban (zvoní):
Paní posl. Skaunicová, volám vás k poøádku, zachovejte
klid!
Posl. Knirsch - (pokraèuje):
Hohes Haus! Meine verehrten Damen und Herren! Der Herr Ministerpräsident
. . . (Výkøiky posl. Skaunicové. Hluk.)
Místopøedseda dr. Hruban: Zachováte
koneènì klid, paní posl. Skaunicová, nebo ne?
Posl. Knirsch (pokraèuje):
Der Herr Ministerpräsident Èerný hat in seiner . .
. (Opìtovné výkøiky. Hluk.)
Místopøedseda dr. Hruban: Respektujte
volnost tribuny øeènické! Prosím pana øeèníka, aby pokraèoval.
Posl. Knirsch (pokraèuje): Der Herr Ministerpräsident Èerný hat in seiner Erklärung über die Krompacher Vorfälle hervorgehoben, daß das große Unglück, das sich in Krompach ereignet hat, von langer Hand vorbereitet wurse und seinen Beweggrund in staatsfeindlichen Umtrieben der kommunistischen Partei hat. Nach der Erklärung des Herrn Ministerpräsidenten mußten wir alle annehmen, daß es sich in Krompach um irgendwelche planmäßig vorbereitete ko mmunistische Putscherabsichten oder aber um magyarophile irredentistische Umtriebe gehandelt hat. Der Vorwurf trifft eine ganze Partei und ich meine, weil es eine Partei ist, zu der wir alle im schärfsten Gegensatz stehen, müßte sich die Untersuchungskommission auf das allergewissenhafteste ihrer Aufgabe entledigen. Ich bin aber von Krompach nicht mit dem beruhigenden Eindruck weggefahren, daß die parlamentarische Untersuchungskommission alles getan hat, um die Ursachen und Beweggründe, die zu den Ereignissen in Krompach geführt haben, wirklich auf das gewissenhafteste zu erkunden.
Verehrte! Ich kann mich als Mitglied der Untersuchungskommission, als Parlamentarier, der hier darüber zu entscheiden hat, ob die Angaben und Anschuldigungen des Herrn Ministerpräsidenten richtig sind, selbstverständlich nur auf die Tatsachen und das Aktenmaterial stützen, das uns tatsächlich vorgelegen hat, beziehungs weise auf jene Zeugenaussagen, die vor der Kommission gemacht wurden. Und da muß ich feststellen, - und ich glaube, ich werde wohl kaum auf einen Wider spruch von Seiten der anderen Kommis sionsmitglieder stoßen, daß vor der Unter suchungskommission zweifellos konstatiert wurde, daß die Erklärung des Herrn Ministerpräsidenten, soweit sie diese Be weggründe ins Treffen führt, unrichtig ist. Es wurde vor der Kommission zweifellos festgestellt, und ich kann sagen, selbst von dem vielgenannten Gendarmerieober wachtmeister Kroupa, daß staatsfeindliche Umtriebe nicht am Werke gewesen sind. Wachtmeister Kroupa hat auf meine Frage hin selbst direkt erklärt, daß die Erregung und die Vorfälle nicht darauf zurückzu führen sind, daß sie etwa von langer Hand vorbereitet waren, sondern ihre einzige Ursache - und das war der Kronzeuge, der Wachtmeister Kroupa - in der Stim mung hatten, welche nach der durchge führten Razzia erzeugt wurde. Der Vorwurf, beziehungsweise die Anklage des Herrn Ministerpräsidenten fällt daher in sich zusammen. Der parlamentarische Untersuchungsausschuß hatte ja hauptsäch lich und vorwiegend lediglich die Tatsache zu untersuchen, ob eine politische Partei, die ja ausdrücklich genannt wurde, verant wortlich für das Unglück ist, das sich in Krompach zugetragen hat. Diese Verant wortlichkeit muß in diesem Falle verneint werden.
Wer in Krompach gewesen und wer mit vollster Unvoreingenommenheit allem gegenübergetreten ist, der wird mit mir nur sagen können, daß die Vorfälle in Krompach ihre Ursache einzig und allein in der gewitterschwülen Atmosphäre hat ten, die nach der Durchführung der Razzia entstand und die wiederum ihre Ursachen in dem ganzen System hat, das von mei nen Vorrednern von dieser Stelle aus heute bereits charakterisiert wurde. Sie haben ihre Ursache weiters in einer Reihe von unglückseligen Zwischenfällen und Zus ammentreffen. Um zu verstehen, wie es möglich war, daß eine Bevölkerung, die sonst nach übereinstimmenden Ur teilen und nach übereinstimmender Mei nung aller Zeugen und selbst der Behörden durchaus nichts Revolutionäres an sich hat - denn es sind ja über 80% slovakische Arbeiter dort beschäftigt, es sind nicht etwa magyarophile Arbeiter oder vielleicht deutsche Irredentisten, sondern es sind über 80% Slovaken - daß so eine Bevölkerung aus ihrer Ruhe gebracht werden konnte, muß man die Lage genau prüfen. Wer die Natur und den Charakter des slovakischen Arbeiters kennt, der wird bei Gott von diesen Leuten von vornherein solche Taten, wie sie wirklich vorgefallen sind und von uns auf das allertiefste bedauert werden, nicht voraussetzen, ohne daß sie nicht wirklich aufgeregt werden, ohne daß nicht wirklich ein tiefer Beweggrund zu dieser leidenschaftlichen Aufwallung vorhanden ist.
Es wurde schon darauf verwiesen, daß die Razzia eine Stimmung erzeugte, die die tiefste Empörung in der Arbeiterschaft hervorrief. Und es ist bezeichnend für die Regierung Èerný, daß sie so weltfremd darauf losregiert, daß sie sich nicht von vornherein fragt: Ja, was wird oder muß eine solche Maßregel auslösen? Ich erinnere nur an den einzigen Fall, der sich in Deutschböhmen ereignet hat und an dem die Regierung Èerný hätte lernen können, wie die Arbeiterschaft etwas derartiges auffaßt. Ich erinnere an die Ausweisung des Redakteurs Franke aus Aussig. Die Arbeiterschaft hat sich einmütig gegen die Art gestellt, wie die Regierung bei Nacht und Nebel die Leute aus den Betten holt und über die Grenze schafft. Es kam schon damals zu einem kurzen Generalstreik, und wären die Vertrauensmänner der Arbeiterschaft damals nicht mit ihrem ganzen Einfluß dafür aufgetreten, von einer weiteren Aktion abzusehen - ich weiß nicht, was sich damals schon in Aussig hätte ereignen können, wenn Gendarmerie oder Militär aufmarsch iert wäre.
Meine Verehrten! Man ist in Krompach daran gegangen, ganz unvermittelt eine Razzia durchzuführen, wobei, wie bereits konstatiert, 33 Arbeiter, die in der Fabrik beschäftigt waren, in Verwahrung genommen wurden und binnen wenigen Stunden einfach über die Grenze geschafft werden sollten. Es steht fest, daß keinem einzigen von diesen ausgewiesenen oder auszuweisenden Leuten, die bei der Razzia in Verwahrung genommen wurden, irgend ein politisches Delikt oder irgend eine Handlungsweise zur Last gelegt werden kann, die den Betreffenden hätten in Konflikt mit der Behörde bringen können. Es waren durchwegs polnische Flüchtlinge, die über die Grenze gingen, weil sie den Krieg Polens gegen Sowjetrußland eben nicht mehr mitmachen wollten, es waren zum Teil auch ungarische Flüchtlinge, die über die Grenze gingen, weil sie sich in der roten Armee oder in einer kommunistischen Organisation betätigt hatten und daher vor dem jetzigen ungarischen Regime flüchtig werden mußten. Nun stellen Sie sich, meine Damen und Herren, vor, welche Empfindungen eine derartige unvermittelte Maßnahme in der Arbeiterschaft auslösen muß!
Mit dieser Razzia fiel gleichzeitig die Herabsetzung der Kopfquote von 2 kg auf 1 kg 85 dkg zusammen. Es muß festgestellt werden, daß es ganz verfehlt ist, wenn man die De monstrationen, beziehungsweise die Vorfälle nunmehr darauf zurückführen will, daß die Ernährungslage, die kritische Ernährungssituation zu übermäßig großen Demostrationen geführt hätte, die dann im weiteren Gefolge den Zusammenstoß mit der Gendarmerie herbeiführten. Die ganze Ernährungsdemonstration bestand im Aufmarsch von 80 bis 100 Frauen.
Ich stelle fest, daß eine Arbeiterin vor der Untersuchungskommission auf die Frage, warum sie demonstriert habe, denn die Ernährungslage sei doch im Grunde nicht so ganz kritisch und schwierig, in ihrer schlichten Weise aussagte: Ja, wir standen schon wiederholt vor derartigen Maßnahmen, vor der Herabsetzung von Rationen, und wir haben, so oft uns etwas herabgesetzt wurde oder wenn es knapp wurde, uns halt immer zusammengetan, ein bißchen demonstriert, vorgesprochen, und der Erfolg einer solchen Demonstration war immer gewesen, daß uns irgendeine Kleinigkeit doch wieder beigesteuert wurde. Es ist dasselbe, was wir hier mitgemacht haben; wir mußten auch seinerzeit vor der Bezirkshauptmannschaft demonstrieren, denn wir wußten von vorneherein: Wenn nicht demonstriert wird, kriegen wir nicht den Waggon Mehl. Und die Arbeiterinnen in Krompach haben ausdrücklich ausgesagt, sie hätten halt geglaubt, sie würden jetzt vorsprechen und würden vielleicht nach Pressburg fahren und irgendetwas werde bei der Sache schon herausschauen.
Das war die ganze Absicht, die dieser Demonstration, die aus der Ernährungslage heraus entsprungen ist, zugrunde lag. Nun kommt das unglückselige Verhängnis, daß die Gendarmerie und die Behörden natürlich auf Grund ihrer geheimen Berichte und auf Grund von verschiedenen, sagen wir - Redereien, schon von Vorneherein der Meinung waren, an diesem Montag werde sich etwas Großes ereignen. Es wurde heute auch vom Berichterstatter darauf verwiesen, daß schon herumgesprochen wurde, Montag werde es etwas geben u. s. w. Es wurde klargestellt, woher diese Gerüchte stammen und welchen Hintergrund sie hatten. Zu gleicher Zeit fanden Tarifverhandlungen statt. Die Tarifverhandlungen sollten am Sonntag vor dem betreffenden Montag beginnen, oder vielmehr zum Abschluß gebracht werden und es war wahrscheinlich irgend eine - sagen wir - Demonstration oder ein Streik beabsichtigt. Ich weiß es nicht. Es kam zu keiner Beschlußfassung bei den Tarifverhandlungen, aber es waren von Seite der Vertrauensmänner und der Arbeiterschaft für den Fall, daß sich die Tarifverhandlungen zerschlagen, gewisse Maßnahmen vorgesehen, aber sicherlich nicht die Errichtung einer Sowjetrepublik in Krompach oder ein staatlicher Umsturz.
In dieser verbohrten voreingenommenen Meinung wurde Gendarmerie vor die demonstrierenden Frauen gestellt und das Verhängnis war, daß eben ein Fabriksbeamter die Vollmacht hat, die Hilfe der Gendarmerie bzw. das Einschreiten der Gendarmerie in Anspruch nehmen zu dürfen; der Kommandant braucht nicht erst auf Befehle irgend einer militärischen oder politischen Behörde zu warten. Nun kam es zu diesem Zusammenstoß. Für unsere Beurteilung hier im Hause ist es ganz belanglos, ob die Verwundung des Gendarmeriewachtmeisters vorher oder nachher erfolgte. Es ist das ganz belanglos für das Urteil, das wir über die Erklärung des Ministerpräsindenten zu fällen haben. Es handelt sich nicht darum, die Details zu untersuchen, wie sich das abgespielt hat. Aber wer in Krompach war, hat schon beim Betreten des Ortes ein beklemmendes Gefühl bekommen, als er die ganze Situation sah: Standrecht, militärische Aufzüge, die Leute gedrückt. Sie müssen sich nun in die Gedankenwelt, in die psychologische Verfassung der Arbeiterschaft hineindenken, die in dem Augenblicke vorhanden war, als die Gendarmerie Salven abgab und sich nun Tote und Verwundete im Blute wälzten. Bringen Sie damit noch in Zusammenhang die Razzia, weiters noch die verbitterte und erbitterte Stimmung, die gerade in der Arbeiterschaft von Krompach noch aus der Zeit des Krieges herrührt und die aus der Behandlung zu erklären ist, wie sie hier Kollege Schweichhart geschildert hat - ich bin daher enthoben, das alles zu wiederholen. Versetzen Sie sich in die Stimmung einer Arbeiterschaft, in deren Mitte Familienväter sitzen, die im Kriege angebunden wurden, die die Prügelstrafe erdulden mußten, ohne sich rühren zu dürfen, die unter solcher militärischer Fuchtel standen. Aus all dem kommt dann die ganze Stimmung.
Ich bin der letzte, der irgend etwas beschönigt von dem, was sich nachher ereignet hat. Aber das eine muß festgestellt werden, daß sich alle Übergriffe gegenüber den Beamten, all die Vorkommnisse dann erst abspielten, nachdem die Gendarmerie bereits geschossen hatte. Es muß festgestellt werden, daß es vorher zwischen der Beamtenschaft und der Arbeiterschaft trotz dieser verbitterten Stimmung niemals zu irgendwelchen Tätlichkeiten oder anderen Konflikten gekommen ist. Es muß festgestellt werden, daß selbst in dem Augenblicke, als die Gendarmerie mit den Frauen verhandelte, bezw. einschritt, in der Direktionskanzlei sich der Direktor bereits mit den Vertrauensmännern der Arbeiter und Arbeiterinen ausgesprochen hatte und die ganze Angelegenheit wahrscheinlich ohne irgend welche Demonstration erledigt worden wäre. Das muß festgestellt werden.
Ich bin der Letzte, der etwas beschönigt. Aber rechten Sie und richten Sie dann über die Vorfälle, wenn Sie sich in die psychologische Verfassung der leidenschaftlich aufgewühten Menge versetzen, der sich angesichts der Toten, Verwundeten und Zusammengeschossenen eine Stimmung bemächtigte, in welcher der Mensch oft nicht mehr Herr seiner selbst ist und in der sich dann die Masse zu derartigen Handlungen hinreißen läßt. Aus diesem Grunde bin ich als Mitglied der Kommission nicht in der Lage, dem Bericht des Berichterstatters zuzustimmen, aus diesem Grunde bin ich und ist der parlamentarische Verband nicht in der Lage, für die Regierungserklärungen zu stimmen, bzw. sie zur Kenntnis zu nehmen; wir werden vielmehr gegen den Bericht des Berichterstatters stimmen. Es ist aber bezeichend für die Verfassung, in welcher sich in der heutigen Zeit noch verschiedene Parteien, die dem Berichterstatter nahestehen, bewegen, wenn sie fùr diese Vorgänge so gar kein Verständnis an den Tag legen. Sie wissen gar nicht, was sie damit säen, wenn Sie diese Dinge so aufzäumen und auf die Spitze treiben. Sie glauben heute, den Kommunisten etwas am Zeug zu flicken, aber damit werden Sie die kommunistische Bewegung nicht eindämmen. Im Gegenteil, es wird Ihnen so gehen, wie seinerzeit dem Deutschen Reiche mit dem Sozialistengesetz. Es ist Wasser auf die Mühle der Kommunisten, daß heute die Mehrheitsparteien für die Annahme des Berichtes stimmen werden. Es ist Wasser auf die Mühle der kommunistischen Agitation, wenn Sie die Regierungserklärung heute zur Kenntnis nehmen.
Wir werden, wie ich schon erklärt
habe, aus den Gründen, die ich kurz dargelegtt und ausgeführt
habe, in der vollen Uberzeugung, daß wir gerecht urteilen, gegen
die Regierungserklärung stimmen. (Souhlas a potlesk na levici.)
Im Namen der fünf politischen, im Deutschen parlamentarischen Verband vereinigten Parteien habe ich Folgendes zu erklären:
Die Ereignisse, welche sich am 21. Feber d. J. in Krompach abgespielt und mehrere Menschenleben zum Opfer gefordert haben, werfen ein kennzeichnendes Licht auf die Zustände in diesem Staate und die hier beliebten Regierungsmethoden. Sie stehen durchhaus nicht vereinzelt da und gerade wir Vertreter des deutschen, in diesen Staat gegen seinen Willen gepreßten Volkes wissen sehr wohl, daß sich ähnliche Vorfälle immer dann ereignen, wenn die Regierung glaubt, irgend eine vermutete oder durch ihre Maßnahmen mittelbar herbeigeführte, angeblich staatsfeindliche Bewegung unterdrücken zu sollen. Freilich wird dann, wenn es sich bei solchen Anlässen um deutsches Blut handelt, nicht viel Aufhebens gemacht und es finden sich in solchen Fällen Regierung und èechische Parteien in dem einträchtigen Bestreben, die Staatsautorität ohne Rücksicht auf die Schuldfrage zu verteidigen. Selbst wenn offenkundige Gesetzzwidrigkeiten vorgekommen sind, werden sie gedeckt, wenn sie sich gegen eine mi ßliebige Nation dieses Staates kehren. So warten wir bis heute vergebens auf das Ergebnis der Strafuntersuchung gegen die meuternden Truppen, welchen in Teplitz unter Außerachtlassung der Regie rungsanordnungen das Kaiser Josef-Denk mal beseitigt haben, auf eine Sühne der Vorfälle vom 4. März 1919 in Asch; so haben wir bisher noch nie feststellen können, daß gegen gewalttätige Eingriffe in deutsche Rechte mit dem gleichen Eifer vorgegangen worden wäre, wie in Krom pach, deutsche Kulturanstalten wurden straflos besetzt und befinden sich zum Teile bis auf den heutigen Tag wider rechtlich im fremden Besitze und wir muß ten es erst jüngst erfahren, daß wir weder bei den Verwaltungsbehörden, noch bei den ordentlichen Gerichten auf jenen un parteiischen Schutz rechnen können, welcher sonst das Kennzeichen eines Rechtsstates zu sein pflegt.
Die Vorgänge in Krompach sind also nur die Folgen des ganzen Staatssystems, welches auf einseitigen Willenskundge bungen des einen Bevölkerungsteiles auf gebaut wurde und diejenigen zu Staats bürgern minderen Grades bestimmt hat, die nicht das Glück haben, dem herr schenden Stamme anzugehören, und es ist nicht im mindesten verwunderlich, wenn die Gewalt auch dort eintritt, wo sie die Regierung nicht wünscht, da sie sie in anderen Fällen geradezu heraus gefordert oder doch gedeckt hat. Im Falle Krompach hat die Regierung die Ausschreitungen auf Beeinflußungen von staatsfeindlicher Seite zurückgeführt, sie hat magyarische Einflüsse geltend gemacht, welche unter dem Titel des Kommunismus auf einen staatsfeindlichen Umsturz hingearbeit hätten. Die Untersuchung hat diese Angaben keineswegs bestätigt und es wurde insbesondere nicht erwiesen, daß es in Krompach auf einen von langer Hand vorbereiteten kommunistichen Putsch abgesehen war. Schon aus diesen Gründen ist ersichtlich, daß die Regierungserklärung von falschen Voraussetzungen ausgeht und schon deshalb abgelehnt werden müßte. Darüber hinaus aber muß das ganze, mit dem Entstehen dieses Staates übrigens verwachsene System verurteilt werden, welches nicht anders gekennzeichnet werden kann, als das des alten polizeilich regierten Obrigkeitsstaates, welcher sich nicht nach dem Willen der Regierten, sondern nach einem von vornherein bestimmten Grundsatze als gottwollter Notwendigkeit einrichtet und dann von seinen Staatsbürgern unbedingte Anerkennung verlangt. Gegen dieses System, welches alles das als staatsfeindlich und gefährlich bedroht, was sich ihm nicht widerspruchslos eingefügt muß vom Standpunkte wahrer Demokratie schärfstens Stellung genommen werden. Wurde ja doch sogar von èechischer Seite zugegeben, daß die wiederholte und in regelmässigen Zeiträumen wiederkehrende Gebrauchnahme der Schußwaffen weitaus jenes Maß übesteigt, welches in dem alten, so sehr verpönten österreichischen Kaiserstaate üblich gewesen ist.
Der Deutsche parlamentarische Verband hat selbstverständllich mit den angeblich kommunistischen Umtrieben in Krompach nicht das Mindeste gemein. Er lehnt den Kommunismus als eine der menschlichen Natur widersprechende Weltanschauung grundsätzlich und schärfstens ab, verurteilt auch alle Versuche, welche auf eine gevaltsame Änderung der bestehenden Gesellschaftsverhältnisse abzielen, betrachtet das ehrlich erworbene Privateigentum als eine der Grundlangen der modernen Kulturentwicklung und steht auf demokratischer und keineswegs auf dem Boden der Gewaltherrschaft, wohin der Kommunismus nach russischem Muster führt. Die hinter ihm stehende Bevölkerung wird sich einer Diktatur irgend einer Klasse, wenn es sein muß, mit Einsetzung aller ihr zu Verfügung stehenden Machtmittel entgegenstellen. Der Deutsche parlament Verband erblickt die Lösung der sozialen Frage der manuellen und geistigen Arbeiterschaft in der fortschreitenden sozialen Fürsorge durch Gesetzgebung und Verwaltung und in einer entsprechenden, von modernen Gesichtspunkten getragenen Ausgestaltung des Produktionsprozesses auf evolutionärem und nicht revolutionärem Wege. Insoferne verurteilen die in ihm vertretenen Parteien die in Krompach begangenen Gewalttätigkeiten auf das Entschiedenste und beklagen die Opfer dieser Vorfälle.
Sie sind sich aber dessen bewußt,
daß die Methode des Terrors keine Erfindung kommunistischer Elemente
ist, sondern daß diese auch von anderen Parteien angewendet wurde
und angewendet wird, wenn sie nach Lage des Falles die Macht haben,
Andersgesinnten ihren Willen aufzuzwingen: die rücksichtslose
Pressung von Arbeitern in bestimmte Verbände und Organisationen,
die Nötigung, bestimmte Zeitschriften abzunehmen, die gewaltsame
Sprengung von Versammlungen Andersgesinnter und ähnliches sprechen
eine deutliche Sprache und kehren sich in letzter Reihe doch gegen
Ihre Urheber. Die Achtung vor den Empfindungen anderer sollte
aber die Vorbedingung des politischen Kampfes sein und auf diesem
Gebiete hätte die gegenwärtige Regierung wahrlich ein genügendes
Betätigungsfeld, wenn sie wirklich jene unparteiische Beamtenregierung
wäre, als welche sie sich dem Hause vorgestellt hat. Das ist sie
aber in keiner Richtung, sondern sie ist nur der Schild, hinter
welchem sich die èechische allnationale Koalition deckt, da sie
selbst unfähig ist, eine parlamentarische Regierung zu bilden
und nur vom Geiste des èechischen Nationalstaates auf Kosten der
Entrechteten lebt. Sie wird sich auch bei der Abstimmung über
die Regierungserklärung, ohne Unterschied der Partei, wiederfinden,
um auch in der Folge die Unterdrückung der sogenannten Minderheitsnationen
in diesem Staate fortzuführen. Die im Deutschen parlamentarischen
Verbande vereinigten Parteien wissen sehr wohl, daß von diesem
Parlamente die von ihnen angestrebte unparteiische Gerechtigkeit,
von welcher das ganze deutsche Volk heute ausgeschlossen, diese
Regierung aber weiter entfernt ist als jede andere in Europa,
nicht erwartet werden kann. Sie wissen, daß bei der Lage in diesem
Parlamente auch ihre Stellung zur Regierungserklärung praktisch
bedeutungslos ist. Trotzdem werden sie zur Wahrung ihres Stand
punktes gegen die Regierungserklärung stimmen. (Potlesk nìmeckých
poslancù.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle, die wir Sozialisten sind, die wir uns ein bißchen menschliches Fühlen bewahrt haben, sind tief erschüttert ob der Vorkommnisse in Krompach, wir alle, die wir freiheitlich denken und fühlen, sind empört über die Bluturteile, die in den Kommunistenprozessen gefällt wurden, und wir, die wir seit Jahren für die freie Meinungsäußerung kämpfen, sind entrüstet über die Konfiskationspraxis, die jetzt überall, insbesondere der Arbeiterpresse gegenüber, geübt wird. Wir sehen in den Vorkommnissen der let zten Zeit ein System, das sich jetzt bemerkbar macht, wir sehen darin das System der starken Hand, nach dem gewisse Kreise dieses Parlamentes rufen. Diese starke Hand ist da in Krompach und bei allen diesen Erscheinungen, deren Augenzeugen wir waren, zum Ausdruck gekommen. Es ist von meinen Vorrednern über die Ereignisse in Krompach schon viel gesprochen worden, ich glaube aber, daß es notwendig ist, noch ein Streiflicht über alle Begebenheiten in Krompach zu werfen, um Ihnen darzulegen, daß die Berichterstattung des Herrn Dr. Èerný keineswegs den Tatsachen entspricht. Ich hätte erwartet, daß ob der begreiflichen Erregung, die uns alle ergriffen hat, jene politische Klugheit bei Ihnen obwalten werde, die Ih nen sagen wird, daß es notwendig ist, mit einem Berichte vor dieses Haus zu treten, der, nach Tunlichkeit allen jenen Erfahrungen, die wir in Krompach sammeln konnten, wirklich Rechnung trägt. An Stelle dessen hat uns der Berichterstatter Dr. Èerný nicht nur einen tendenziös gefärbten Bericht vorgelegt, sondern einen Bericht, der lediglich die einseitigen Informationen der Behörden und nichts anderes zur Grundlage genommen hat. Alles andere, was zutage gefördert wurde, hat er einfach abgetan und ist darüber zur Tagesordnung übergegangen. Er hat sich lediglich daran gehalten, was die Behörden zutage gefördert haben.
Nun erinnere ich das hohe Haus daran, daß wir nach Krompach geschickt wurden keineswegs zu dem Zwecke, um die be hördlichen Erhebungen zur Grundlage zu nehmen, sondern dazu, um uns durch Augenschein selbst davon zu überzeugen, was eigentlich in Krompach vorgekommen ist. Lediglich das, was wir auf Grund un serer eigenen Erfahrung ermittelt haben, darüber haben wir dem Hause zu be richten gehab. Das war meiner Über zeugung nach die Mission, mit der der Untersuchungsausschuß nach Krompach geschickt worden ist. Denn hätten wir lediglich auf die behördlichen Erhebungen Wert legen wollen, wäre der Untersu chungsausschuß nicht notwendig gewesen und wir hätten ohne weiteres der Regie rungserklärung des Ministerpresidenten Èerný, die lediglich auf der Berichterstattung der behördlichen Organe gefußt hat und aufgebaut war, ganz einfach zu stimmen können, und es hätte der Aus flug nach Krompach, denn dann wäre es nur ein Ausflug gewesen, unterbleiben können.
Nun lassen Sie mich ganz kurz die Verhältnisse in Krompach schildern. Am 17. Feber hat eine Razzia stattgefunden, bei welcher 32 Ausländer den Ausweisungsbefehl erhalten haben. Diese Aus länder waren eine ganz kurze Zeit bei den Rima-Muránya Werken beschäftigt ge wesen. Sie sind in den Betrieb deshalb aufgenommen worden, weil in Krompach und der weiteren Umgebung zu jener Zeit wie ausdrücklich festgestellt wurde, Arbeitsmangel geherrscht hat, und es hat sich, das ist wichtig, die Arbeiterschaft von Krompach, ich glaube es muß ihr dafür jeder Achtung und Anerkennung zollen, dafür eingesetzt, daß diese Aus länder in den Betrieb aufgenommen wur den. Aber von allen Zeugen, sowohl von zivilen, als auch militärischen, als auch von der Gendarmerie wurde ausdrücklich festgestellt, daß unter diesen Ausländern sich nicht ein einziger agitatorisch tätiger Mensch befungen hat daß es also unrichtig ist, wenn der Ministerpräsident Èerný in seiner Regierungserkläru ng behauptet, daß die Leute wegen staatsfeindlicher Agitation verhaftet und ausgewiesen werden sollten. Vielmehr ist richtig, daß die Leute lediglich ausgewiesen werden sollten an einem bestimmten Tage, in einer bestimmten Nacht um ein Uhr, weil sie Ausländer waren. Und daß darüber die Arbeiterschaft erregt war, die gewußt hat, daß sich unter diesen Leuten kein einziger befindet, der agitatorisch tätig gewesen ist, daß die Arbeiterschaft darüber erregt war, daß man Familienväter bei Nacht wegexportieren wollte, wie gemeine Verbrecher, darüber kann nur jemand entrüstet sein, der für freiheitliche Begriffe überhaupt kein Verständnis hat. Ich bin es nicht, ich sage vielmehr, daß wir auf die Krompacher Arbeiterschaft für diese Tat stolz sein können.