Pátek 5. srpna 1921

Der Staat befindet sich in ei ner schweren finanziellen Krise und die Mehrheitsparteien und ihre besten Köpfe bemühen sich wochen- und monatelang, den Weg zu finden, wie aus dieser Krise herauszukommen wäre. Wir müssen konstatieren, daß seitens der militärischen Kreise auf die finanzielle Lage des Staates in keiner Weise Rücksicht genommen wird, daß seitens der militärischen Kreise die finanziellen Schwierigkeiten des Staates durchaus nicht beachtet werden, sondern daß die Ansprüche unserer militärischen Kreise weit und weit über das Maß des Zulässigen und Möglichen hinausgehen. Wir müssen konstatieren, daß in der letzten Zeit die Steuerlasten auch für weite Teile der èechischen Bevölkerung drükkend werden und daß sich auch weite Teile der èechischen Bevölkerung gegen diese riesigen Steuerlasten auflehnen, und zwar in einer Art, wie sie sonst in diesem Staate, in diesen Gebieten nicht üblich war. Heute weiß jeder Staatsbürger, heute hat jeder das Empfinden, auch die Angehörigen der èechischen Nationalität, daß diese Art des Militarismus, wie er vom Revolutionskonvent geschaffen wurde, eine furchtbare, gewaltige Last nicht nur für den Staat, sondern auch für seine Staatsbürger, für seine Völker eine erschreckende Bürde bedeutet. Unser militärischer Körper ist viel zu groß und umfangreich und legt uns Lasten auf, unter denen wir zusammenbrechen müssen, die wir auf die Dauer unter keinen Umständen ertragen können.

Trotz unserer Kleinheit, unserer verhältnismäßig geri ngen Größe sind wir in die Reihen der ersten Militärmächte der Welt eingerückt. Wir können konstatieren, daß neben uns ein Volk von fast 60 Millionen lebt, das ein stehendes Heer von bloß 100.000 Mann besitzt, während wir mit einer Bevölkerung von 13 Millionen 150.000 Mann stehendes Militär, während wir Zehntausende von Offizieren haben und unsere Ämter und militäri

schen Stellen von Offizieren, hohen militärischen Funktionären überfüllt sind. Unter solchen Umständen ist es allerdings erklärlich, daß der bekannte Appetit des stehenden Heeres immer größer wird und daß es den Völkern schwer wird, diesen unersättlichen Rachen zu füllen. Wir treiben auch sonst ganz zwecklose, aber sehr kostspielige militärische Experimente. Ich verweise nur auf die Spielerei mit unserer Kriegsmarine, auf die Pläne der Militärverwaltung wegen des Ausbaues der Luftflotte, alles Experimente, die uns nur kolossale Belastungen auferlegen, in Wirklichkeit aber zwecklos und unsinnig sind. Sonst wird in diesem Staate an allen Ecken und Enden gespart, unsere Kriegsinvaliden, unsere Witwen und Waisen, unsere Kriegsopfer, vor allem unsere Arbeitslosen können ein Lied davon singen. Da hätte man Verpflichtungen, da sollte man den Bedürfnissen der Bevölkerung entgegenkommen und die Mittel, die für diesen Zweck ausgeworfen werden, wären wirklich produktive Ausgaben, die dem Volk und seiner Wirtschaft wieder zustatten kämen.

Wir müssen konstatieren, daß die Behandlung unserer Soldaten viel und viel zu wünschen übrig läßt. Wir erfahren immer wieder aus den Kreisen der Soldaten, daß die Verpflegung immer noch zu wünschen übrig läßt, daß weite Kreise der Mannschaft mit der Verpflegung nicht zufrieden sind. Wir haben in den letzten Monaten die Erfahrung gemacht, daß man in den Kasernen genau wieder den Drill des alten Kasernenlebens einführt, daß unsere Mannschaft viel zu viel belastet ist und die Beschäftigung zu groß ist, so daß sich die Mannschaft nicht ausruhen kann. Hier wäre eine Änderung des militärischen Dienstreglements notwendig; sie ist uns wohl schon vor Wochen versprochen worden, bis heute ist jedoch das Versprechen nicht eingehalten worden. Das Dienstreglement soll humane Grundsätze enthalten und vor allem sollen ganz strikte Bestimmungen über den Waffengebrauch getroffen werden, damit sich ein solcher Fall, wie die Erschießung des Soldaten Herman, nicht mehr ereignen kann, und daß überhaupt die Waffen, die man den Soldaten gibt, nicht gar so leicht losgehen, wie es sich in diesem Staate imm er und immer wieder zeigt. Der Schrecken des Kasernenlebens wird unseren Soldaten wieder zur Hölle. Wenn sich die düsteren Tore der Kaserne hinter unseren Soldaten geschlossen haben, sind sie von der Menschheit ausgeschieden, sie befinden sich in einer anderen Welt. Auch unser Militarismus verlangt von einem beträchtlichen Teil unserer Soldaten genau dasselbe, was der alte monarchistische Militarismus verlangt hat: sklavischen Gehorsam, Unterdrückung jeder eigenen Meinung, stummer Gehorsam ist dringendes Gebot.

Alle Methoden des Drills und der Dressur werden nach und nach wieder eingeführt. Auch die sogenannten Koffervisiten sind wieder an der Tagesordnung. Die Suche nach sogenannten umstürzlerischen Schriften veranlaßt viele Kommandanten, Koffervisiten durchzuführen. Unsere Mannschaft wird von Spitzeln behorcht und beobachtet. In einer Garnison in der Slovakei hat sich in der letzten Zeit zum Beispiel folgendes ereignet: Ein vom Urlaub eingerückter Soldat, ein jugendlicher Arbeiter, hat sich vom Hause einiges zum Lesen mitgebracht. Als er bei seiner Truppe ankommt, wird sofort eine Koffervisite angeordnet und gerade bei dem Eingerückten wird der Anfang gemacht. Man hat tatsächlich bei ihm Lesestoff gefunden und die durchführenden Organe haben ihm gedroht, ihn als Kommunisten bezeichnet und wegen kommunistischer Gesinnung verdächtigt.

Gegen ein solches System müssen wir uns ganz entschieden verwahren, gegen eine solche Art der Behandlung unserer Soldaten müssen wir ganz energischen Protest einlegen. Was geht es den militärischen Kommisknopf an, welcher Gesinnung unsere Soldaten sonst huldigen und welche politische Anschauung sie haben? Die von dem die Visite durchführenden militärischen Schwachkopf als kommunistische Lektüre bezeichneten Bücher trugen folgende Titel: "Lösung der Lebensrätsel", "Die Natur in den Alpen", "Die Bewohner der Welten", "Die Arbeiterin im Kampf ums Dasein", "Arbeiterinnenschutz", "Die Nonne", "Die Erlebnisse eines Hamburger Dienstmädchens" (Veselost na levici), "Pflege und Ernährung des Säuglings". Das Lesen dieser Schriften, die sich der Soldat zu seiner Fortbildung mitgenommen hat und die man als kommunistische bezeichnete, wird man nicht verbieten können. (Veselost na levici.)

Nun hat man vor einigen Monaten einen Kredit von 677,000.000 Kè. für militärische Zwecke bewilligt und heute tritt man neuerlich an uns heran, einen Kredit von 322,000.000 Kè. zu bewilligen. Heute sehen wir klar, daß die Abstriche, die man bei der Budgetberatung beim Heeresetat durchgeführt hat, nur zum Schein gemacht wurden, um der Bevölkerung einreden zu können, das Gleichgewicht im Staatshaushalt sei hergestellt. Jetzt übersteigen die außerordentlichen Anforderungen des Militarismus im Laufe dieses einzigen Jahres die im Budget eingestellte Summe bereits um eine Milliarde. Um Begründungen ist man auch bei dieser Kreditanforderung nicht verlegen, auch hier findet man Begründungen und Argumente. Diese 322,000.000 Kè. sollen, wie es im Bericht des Budgetausschusses heißt, den ersten Teil eines Augmentationsvorrates an Monturen und militärischen Ausrüstungsgegenständen vorstellen. Nach dem Bericht des Budgetausschusses ist dieser Teil erst das A dieses militärischen ABC. Wir müssen schon sehr gespannt sein, wie eigentlich das Z dieses militärischen ABC, dieser militärischen Ansprüche, ausschauen wird. Wir sind auch überzeugt, daß von diesen 322,000.000 Kronen, deren Bewilligung man heute von uns verlangt, Hunderte wohl schon verausgabt sind, daß dieser Betrag fast schon ganz für militärische Zwecke verwendet sein wird.

Man benützt das Argument, daß diese Summen auch als Notstandsarbeiten in Betracht kämen. Wir haben schon wiederholt darauf verwiesen, was wir uns unter Notstandsarbeiten vorstellen und welcher Ansicht wir darüber sind, wie die Gelder des Staates zu verwenden sind, welcke produktiven Ausgaben man mit diesen Riesensummen auszuführen hätte. Meine Herren! Ich muß schon sagen, wenn Sie nicht wissen, wie Sie produktive Ausgaben schaffen, wie Sie militärische Betriebe umgestalten, dann gehen Sie hinaus, schicken Sie eine Kommission in die Kruppwerke nach Deutschland; dort werden Sie sehen, wie diese Sache gemacht wird. (Posl. Palme: Man hat ja brauchbare Ingenieure genug gehabt, aber man hat sie weggeschickt, weil man deutsche Ingenieure nicht braucht!) Selbstverständlich!

Es liegt uns ein Gesetz vor, welches uns zeigt, wie leicht man sich die Sache macht. Das ganze Gesetz besteht aus drei Sätzen. Nun argumentiert der Budgetausschuß: Durch die Annahme des Wehrgesetzes und des Gesetzes über den Friedensstand ergibt sich als logische Folge, daß man sich nun um die Soldaten kümmern muß. Der Budgetausschuß meint, da wir Soldaten haben und eine riesige Armee, müssen wir für ihre Existenz, für ihre Bekleidung und die Ausrüstungsgegenstände Sorge tragen. Das ist unserer Ansicht nach eine sehr sonderbare Soldatenfürsorge. Wir glauben, die beste Fürsorge für unsere Soldaten wäre die, daß man an den Abbau des stehenden Heeres denkt, daß man die Soldaten ihren Zivilberufen zurückgibt, daß man sie nach Hause läßt, daß man das stehende Heer einschränkt und abbaut. Es wird dann ausgeführt, daß die Anforderung dieser Summen im heurigen Budget nicht untergebracht werden konnte. Warum? Weil man die schöne Fiktion, die Täuschung vom Gleichgewichte im Staatshaushalte nicht zerstören wollte. Hier sehen wir wieder, wie Ministerworte zu werten sind, und daß sie nichts anderes sind, als Schall und Rauch, nichts anderes als eine große Täuschung der Öffentlichkeit bedeuten. Die unangenehmen militärischen Posten stellt man ganz einfach nicht ins Budget ein und verlangt sie durch nachträgliche Kreditoperationen.

Wir haben im Bericht des Budgetausschusses gesehen, welchen Zwecken unser Militarismus dient. Vor allem dient er gegen den äußeren Feind, und dann zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung im Innern. In den letzten Tagen hatten wir ganz den Eindruck, daß, weil wir einen äußeren Feind nicht zu fürchten haben, weil wir von Staaten umgeben sind, die mit uns durchaus nicht Krieg führen wollen, man sich einen Feind konstruiert in der friedliebenden Bevölkerung im Innern und gegen sie loszugehen beabsichtigt. Wir hören auch ganz sonderbare Sachen aus der Slovakei. Wir hören immer wieder, daß die Bevölkerung der Slovakei in einer Art drangsaliert wird, daß es nicht mehr auszuhalten ist; das ganze Verhalten der Bevölkerung der Slovakei ist ein einziger Schrei nach Beseitigung dieser reaktionären Machtmittel, dieser Beamten- und Militärdiktatur, die sich dort unten aufgerichtet hat, die dort herrscht und regiert. Wir müssen feststellen, daß gerade jetzt, wo die Wirtschaftskrise einen so unheimlichen Umfang annimmt, wo Betriebseinstellungen und Einschränkungen der Arbeitszeit an der Tagesordnung sind, wo die Arbeitslosigkeit in ungeheuerem Umfange wächst, die Militärverwaltung kommt und derartig große Summen für ihre Zwecke anspricht. Man wollte mit dem Argument, daß dadurch Notstandsarbeiten geschaffen werden sollen, der Bevölkerung die Annahme dieses Kredites schmackhafter machen. Die Regierung sollte aber unserer Ansicht nach doch einmal ernstlich in Erwägung ziehen, ob nicht an einen Abbau der übertriebenen Rüstungen zu denken wäre. Denn gerade diese übertriebenen Rüstungen müssen ein Moment der Unruhe und des Mißtrauens bei unseren Nachbarn erzeugen, die doch im Grunde sehr friedliebend sind, und vor allem friedliebender als unsere Freunde. Die Völker dieses Staates haben jedenfalls das entgegengesetzte Interesse. Sie wollen den Krieg nicht und sie verneinen auch in ihrer überwiegenden Mehrheit diesen stehenden Militarismus. Wir lehnen aus allen den genannten Gründen diese Vorlage ab.

In der letzten Zeit begeben wir uns auf ein Gebiet, das uns in die schlimmste Situation bringen kann. Es ist das der Abschluß von Militärkonventionen. Solche Militärkonventionen werden auf jeden Fall die Wirkung haben, daß wir verpflichtet sind, uns in erhöhte militärische Verpflichtungen zu stürzen. Die Stellung unserer Fraktion ist deshalb im Vorhinein gegeben. Wir müssen aber bei dieser Gelegenheit darauf verweisen, daß man die Mittel, die dem Militarismus bewilligt werden, anders verwenden könnte. Unsere Gemeinden seufzen unter den großen Summen, die sie für militärische Einquartierungszwecke hergeben müssen. Hier hätte die Militärverwaltung Gelegenheit, dafür zu sorgen, den Gemeinden das wieder gutzumachen und zurückzuerstatten. Die Gemeinden hätten dann die Möglichkeit, mit diesen Mitteln zweckmäßige produktive Arbeit leisten zu können.

Wir müssen auch sagen, daß eine wichtige Forderung der Demokratie in Bezug auf den Militarismus noch nicht geschaffen worden ist, das ist die Errichtung von Soldatenräten. Wir verlangen, daß unsere Soldaten die Möglichkeit haben, durch selbstgewählte Körperschaften ihre Interessen verteidigen und vertreten, ihre Wünsche formulieren und den militärischen Amtsstellen unterbreiten zu können.

Wir haben also keinen Anlaß, all das mitzumachen, was hier geschieht. Wir glauben, zum Nachtwächter von Mitteleuropa brauchen wir uns nicht herzugeben und dieser Staat braucht diese Rolle nicht zu spielen. Wir Sozialdemokraten sind gegen den Krieg. Wir glauben, die Ideologie, aus der heraus alle diese Anforderungen für den Militarismus von der Volksvertretung verlangt werden, ist falsch. Wir wissen genau, daß der Weltkrieg vom Landsturm durchgekämpft wurde und durchaus nicht vom stehenden Heer. Wir wissen genau, daß künftige Kriege von Volksheeren werden geführt werden und daß der Sieg jenem wahren Volksheere gehören wird, das von der inneren Wahrheit der Sache, für die es kämpft, überzeugt sein wird. (Potlesk na levici.)

4. Øeè posl. Tauba (viz str. 1089 protokolu):

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begreife die unangenehme Situation, in der sich die Vertreter der Mehrheitsparteien in diesem Hause befinden, wenn sie die Vorlage, die gegenwärtig zur Verhandlung steht, vertreten und verteidigen sollen. Die Zeit ist noch nicht allzuferne, wo es aus Ihrem Munde ganz anders geklungen hat, als jetzt. Ich hätte es aber nicht erwartet, daß in der Abwehr der Angriffe, die gegen Sie erhoben werden, Sie zu derartigen Argumenten greifen werden, wie es meinem unmittelbaren Vorredner Najman beliebt hat, der gesagt hat, derjenige, der auf die Rednertribüne tritt und gegen den Militarismus spricht, habe keinen sehnlicheren Wunsch, als den nach einem monarchistischen Umsturz in der Republik. Trotz dieser Behauptung des Kollegen Najman wagen wir es, auf die Rednertribüne zu treten; ich glaube, mit ruhigem und gutem Gewissen können wir dies tun und ich glaube, daß es keinen Menschen in diesem Hause, vielleicht mit Ausnahme des Abg. Najman, geben wird, der unsere Partei bezichtigen könnte, daß wir einem monarchistischen UmsturzVorschub leisten wollten.

Wir können uns Gott sei Dank darauf berufen, daß wir, seitdem wir eben Sozialdemokraten sind, überall gegen den Militarismus angekämpft haben, und es wird uns niemand sagen können, daß unsere Stellung im alten Österreich jemals eine derartige war, daß wir heute einen monarchistischen Umsturz wollten. Und wenn der Abg. Najman entgegen den Ausführungen meines Parteikollegen der Meinung Ausdruck gegeben hat, die Behandlung der Soldaten in der Èechoslovakei sei nicht zu vergleichen mit der Behandlung der Soldaten im alten Österreich, so verweise icb demgegenüber nicht nur darauf, was mein Parteifreund an konkreten Tatsachen angeführt hat, sondern ich führe das an, was selbst von den Majoritätsparteien wiederholt zugestanden wurde und zugestanden werden mußte an der Hand der unleugbaren Tatsachen, die festgestellt worden waren. Ich weiß wohl, Sie konstruieren sich die Sache so: in der Èechoslovakei ist eben alles anders. Und so haben Sie sich auch konstruiert, daß der angebliche Militarismus der Èechoslovakei etvas ganz anderes sei, als der Militarismus in einem anderen Staate. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Buøíval.)

Ich werde Ihnen durch sachliche Ausführungen den Beweis zu erbringen trachten, daß dem nicht so ist, und Sie werden sich überzeugen, daß Ihr Militarismus derselbe Militarismus ist, wie der Militarismus jedes anderen bürgerlichen Staates. (Výkøik: Ani pomyšlení!) Einen Moment, wenn ich bitten darf! Sie sagen im Motivenbericht: Wozu dient unsere Wehrmacht? Unsere Wehrmacht dient dazu, damit sie immer und zu jeder Zeit die Einheit und die Freiheit der èechoslovakischen Republik gegenüber den äußeren Feinden wahren könne, sowie auch dazu, mitzuwirken zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit im Innern des Staates.

Meine Herren! So haben wir es auch schon gehört im alten Österreich und in allen anderen Staaten. Es hat sich an der Tatsache, an der Anschauung gar nichts geändert. Aber vielleicht, meine Herren, wäre es notwendig, Ihnen einmal zu sagen, was der Militarismus ist; ich weiß schon, wenn ich Brockhaus, oder Mayers Konversationslexikon in die Hand genommen hätte, und Ihnen an der Hand dieser Lexika vor Augen geführt hätte, was der Militarismus ist, hätten Sie gesagt, das sei die deutsche Auffassung, das entspreche keineswegs Ihrer Auffassung. Ich habe mir also Ihr Werk zur Hand genommen, "Ottùv slovník nauèný", um Ihnen nachzuweisen, was dort unter Militarismus verstanden wird. Was wird dort ausgeführt? "Der Militarismus ist ein Zustand, bei welchem den Forderungen, ja dem Diktat der Militärverwaltung mehr oder weniger alle Organe der öffentlichen Verwaltu ng willfährig sind; in erster Linie natürlich die Finanzverwaltung, weil der Aufwand für das stehende Heer in erschreckender Weise wächst und einen bedeutenden Teil der Staatseinnahmen auf Kosten der anderen Ressorts verschlingt." (Posl. Dietl: Das hat man nicht in Ihrem Staate geschrieben!) Freilich, jetzt wird es anders lauten, die Anschauung wird jetzt eine andere. "Aber auch die politische Verwaltung wird durch den politischen Militarismus stärker in Anspruch genommen. Das Unterrichtsministerium ist gezwungen, schon bei der Jugend für die Ableistung der Militärdienstpflicht Sorge zu tragen, die technische Verwaltung legt Straßen und Kommunikationen ausschließlich aus strategischen Gründen ohne Rücksicht auf den Bedarf an. Der Militarismus, der zum Schaden der Landwirtschaft, der Industrie etc. die besten Kräfte fesselt, war schon im Mittelalter bei den auf Eroberung ausgehenden Völkern ausgebaut." Und wenn Sie nun ehrlich sein wollen, kann man einen Vergleich anstellen, objektiv, zwischen dem Militarismus, wie er hier geschildert wurde, und dem Ihrigem; dann werden Sie zur Überzeugung kommen, daß gar kein Unterschied besteht. Tatsache ist, daß der Militarismus die ganze öffentliche Verwaltung in Anspruch genommen hat, Tatsache ist, daß Sie kein Kapitel finden werden im ganzen Voranschlag, nur wenige ausgenommen, in welchem nicht die Bedürfnisse des Militarismus versteckt oder offen in den betreffenden Kapiteln sich vorfinden werden. Und in demselben "Ottùv slovník nauèný" ist auch eine Abhandlung über die Miliz. Was ist die Miliz? "Die Miliz ist das natürlichste militärische System, wenn die Bürger selbst ihr Heimatland verteidigen; es ist das billigste System." (Výkøiky posl. Bradáèe). Das steht im "Ottùv slovník nauèný", wenn ich bitten darf, Herr Kollege Bradáè. "Den Staaten, die auf Eroberung ausgehen, ist mit diesem System nicht gedient, die benötigen stehende Heere." Hier haben wir es schwarz auf weiß, was der Militarismus und die Miliz ist. (Posl. Udržal: Psáno roku 1890!) Ich weiß, Herr Kollege Udržal, Sie werden heute anders schreiben. Dahin geht eben meine Argumentation, daß Sie sich die Begriffe über eine Sache zurecht konstruieren je nach der Sachlage. Jetzt paßt Ihnen diese Definition nicht, Sie werden eine andere finden. Aber wahr war, was Sie damals sagten. Das ist ja eben das, was wir Ihnen zum Vorwurf machen. Sie glauben, sich zu entösterreichern, wenn Sie uns von den Dingen jetzt eine andere Auffassung aufoktroieren wollen, als Sie sie damals gehabt haben. Aber Sie waren damals auf dem richtigen Wege und sind heute auf dem falschen Wege.

Wenn Sie im § 1 des Wehrgesetzes die Verpflichtung übernommen haben, die Miliz einzuführen, so haben Sie jetzt dafür zu arbeiten. Sie tun es aber nicht, bewußt nicht, und alle Ihre Redner, wo immer sie zu Worte kommen mögen, soweit sie aufrichtig sind, geben zu, daß an die Einführung des Milizsystems überhaupt nicht mehr zu denken ist und daß das stehende Heer eine Einrichtung sein wird, die sich noch lange Zeit hier behaupten wird und aufrecht erhalten werden muß. Und es trifft alles zu, wie da der Militarismus geschildert wurde, die Begehrlichkeit kennt keine Grenzen. Es wird von uns heute ein Kredit von 322 Millionen verlangt, vor ganz kurzer Zeit haben wir uns mit einem Kredit von 650 Millionen Kronen beschäftigt. Und was ich Ihnen am meisten zum Vorwurfe mache, ist, daß Sie, die Sie verlangen, Ordnung in die Finanzwirtschaft zu bringen, bei dem Kapitel "Militarismus" gar keine Rücksichten, gar keine Grenzen kennen, daß Sie selbst behilflich sind, daß der Militarismus das Budget nach allen Regeln der Kunst überschreitet. Es werden uns die Forderungen des Militarismus nicht als Überschreitungen des Budgets im Hause eingebracht, sondern es wird immer eine Vorlage eingebracht: Der Militarismus braucht für diesen oder jenen Zweck irgendeinen Aufwand.

Und da will ich vor allem aufmerksam machen, viele Damen und Herren werden sich zu erinnern wissen, daß wir bei der Beratung des Voranschlags, als man einen Abstrich von 800 bis 900 Millionen Kronen beim Militärbudget in Aussicht gestellt hatte, den man dann auch durchgeführt hat, von dieser Stelle aus gesagt haben, daß wir nicht daran glauben, sondern überzeugt sind, daß der Militarismus im Laufe dieses Jahres mit Nachtragsforderungen kommen wird und daß die Abstriche nur gemacht wurden, um einesteils den Aufwand für den Militarismus in einem Jahre, der exorbitant hoch war im Vergleich zu anderen Posten, herabzudrücken und um auf der anderen Seite nachzuweisen, daß die Forderungen für den Militarismus schon im Abflauen begriffen sind, daß man sich bestrebe, die Ausgaben für den Militarismus auf das Mindestmaß zu reduzieren. Schon damals hat man von all diesen Ausgaben gewußt, schon damals hat man von all diesen Forderungen des Militarismus gewußt, und es widerspricht den primitivsten Forderungen, die man an die Finanzgebahrung stellen muß, daß man derart budgetiert, derart vorgeht und derartige Dinge vortäuscht, die ganz und gar nicht zutreffen.

Meine Herren, wir werden selbstverständlich gegen diese Post stimmen, aber es ist notwendig, daß wir uns einige Episoden in Erinnerung rufen, die sich während dieser Zeit ereignet und das Haus bisher offiziell nicht beschäftigt haben. Ich hatte in Vertretung unseres Klubs mit einigen meiner Parteigenossen die Möglichkeit, an einer Sitzung teilzunehmen, die gemeinsam stattgefunden hat zwischen dem Budgetausschuß des Senates und des Abgeordnetenhauses. Zu welchem Zweck diese Beratung einberufen wurde, ist mir bis heute eigentlich nicht klar geworden. Es war meiner Empfindung und meiner Überzeugung nach nur der Versuch, zu tasten und Fühler auszustrecken, wie sich das Parlament zu den neuen Forderungen des Militarismus stellen wird. Man hat uns in diesen Besprechungen einen theoretischen Vortrag gehalten über die Bedeutung des Flugzeugwesens für die Armee. Das hat der Herr Minister in ausgiebiger Weise besorgt. Man hat uns vor Augen geführt, wie notwendig das Flugzeugwesen für den Staat und den Militarismus sei, man hat uns gesagt, daß es unmöglich sei, auf lange Dauer Flugzeuge anzuschaffen, denn es sei möglich, daß man vielleicht viertel-, halb- oder ganzjährig, je nach dem, wie die Technik fortschreitet, neue Flugzeuge werde anschaffen müssen. Nun ha be ich nachgeschlagen im Voranschlag für das Jahr 1921 und habe gefunden, daß eine Post von 105 Millionen für das Flugzeugwesen eingesetzt erscheint. Sie täuschen sich gewaltig, wenn Sie glauben, daß mit dieser Post das Auslangen gefunden wird. Ich bin überzeugt, daß der Flugzeugpark, den wir heute haben, schon einen größeren Aufwand verschlungen hat und daß wir in absehbarer Zeit eine Nachtragsforderung bekommen werden, die eine ganz gewaltige sein wird. Sie müssen also begreifen, daß sich unser Standpunkt zum Militarismus in Ihrer Republik, in der èechoslovakischen Republik, nicht anders gestaltet haben kann als der es war, den wir im früheren Staat eingenommen haben. Ich glaube, daß es auch notwendig sein wird, in Erinnerung zu rufen, wie Sie sich im alten Österreich dazu verhalten haben, wie man die Mannschaft behandelt, und wie Sie sich verhalten haben inbezug auf die Sprache in der Armee. Es wird notwendig sein, Ihnen das aufzuzeigen, weil alles das, was Sie jetzt tun, diametral entgegengesetzt ist all den Forderungen, die Sie seinerzeit im alten Österreich gestellt haben. Lassen Sie mich Ihnen sagen, was einer Ihrer anerkannten Führer, der Abgeordnete Dr. Kramáø, in der 94. Sitzung des Abgeordnetenhauses, in der 21. Session, gesagt hat: "Um einen solchen Geist der Solidarität in die Armee zu bekommen, ist nicht nur eine allgemeine, der Sympathie aller sichere Politik des Staates notwendig. Eine echte ehrliche Friedenspolitik ist die einzige, welche für einen Nationalitätenstaat, wie es Österreich ist, paßt. (Hört! Hört!) Es ist aber dazu auch im Innern die Politik des Wohlwollens und der Gerechtigkeit gegen alle Nationalitäten notwendig, und ein solcher Geist muß nicht nur in der inneren und äußeren Politik des Staates, sondern auch in der Armee herrschen." (Výkøik: Wer hat das gesagt?) Herr Dr. Karl Kramáø. Und er hat weiter gesagt: "Ist es denn eine Schande für Österreich, daß es so viele Nationalitäten hat? Ganz im Gegenteil! Wenn dieser Staat es trifft, alle seine Nationalitäten glücklich zu machen, so wird das ja der größte Ruhmestitel für Österreich sein. Und dasselbe gilt auch für die Armee und den Offizier." Schließlich hat er gesagt: "Ein Wort in der Muttersprache, gesprochen von einem Offizier derselben Nationalität oder von einem Offizier, von dem man weiß, daß er gerecht gegen alle Nationalitäten ist, wirkt Wunder."

Nicht lange ist es her, neun Jahre sind seither verstrichen, seitdem Kramáø diese Worte im alten Osterreich gesprochen hat, und wir akzeptieren diese Worte des Dr. Kramáø. Wir sagen: Verblendet ist der, der da glaubt, daß dieser Staat ein Nationalstaat sei. Auch hier wohnen dieselben Völker, wie sie im alten Österreich gelebt haben. Heilen Sie sich einmal von dem Wahne, der darin besteht, daß Sie glauben, daß die Èechoslovakei ein Nationalstaat sei! Erkennen Sie die Tatsachen, wie sie sind. Insolange Sie das nicht erkannt haben, insolange Sie dieselben Methoden auf dem Gebiete des Militarismus anwenden und auf allen anderen Gebieten, wie es in anderen Staaten der Fall ist, insolange werden wir den Standpunkt einnehmen, den wir eingenommen haben. Wir können nicht anders, als auszurufen: "Krieg dem Kriege, weg mit dem Militarismus!" (Souhlas a potlesk na levici.)

5. Øeè posl. Grünznera (viz str. 1115 protokolu):

Meine Damen und Herren! Als im verflossenen Jahre infolge der durch die weiteren Preissteigerungen aller Lebensbedürfnisse in den Kreisen der Staatsangestellten eingetretenen ungeheueren Notlage, des Druckes der Organisationen dieser Bediensteten und ihrer parlamentarischen Vertretung die Regierung sich gezwungen sah, ihren damals eingenommenen Standpunkt und ihren Widerstand gegen jede weitere Verbesserung der Dienstund Arbeitseinkom men aufzugeben, griff sie zu dem Auskunftsmittel der Schaffung einer neuen Art von Teuerungszulagen und legte dem Hause das Gesetz über die sogenannten Notaushilfen vor. Diese durch ein separates Gesetz geschaffene neue Teuerungszulage bedeutete nichts anderes als die Erhöhung der bereits bestehenden Teuerungsaushilfe um durchschnittlich 100 %, wenn man dabei von der ganz minimalen Zugabe von 20 Kronen bei den unteren Bedienstetenkategorien absieht. Wenn man daher das Gesetz vom 25. November 1920 über diese neue Notaushilfe von dem Gesichtspunkte aus betrachtet, was damit den Staatsangestellten eigentlich gegeben wurde, das heißt, in welchem Ausmaße und auf welche Art ihre Bezüge aufgebessert worden sind, so kommt man zu dem Schlusse, daß es dazu eines vollkommenen neuen Gesetzes wahrlich nicht bedurft hätte. Die Sache wäre viel einfacher zu machen gewesen. Es hätte lediglich einer Novelle, eines Zusatzes zu dem Gesetz vom 15. April 1920, womit die vordem bestandenen vierteljährigen Geldaushilfen in monatlich auszuzahlende umgewandelt worden waren, bedurft, wonach diese monatlichen Teuerungsaushilfen um durchschnittlich 100 % hätten erhöht zu werden brauchen mit der Zugabe von 20 Kronen bei den unteren Kategorien. Der Effekt wäre der gleiche gewesen.


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