Úterý 22. listopadu 1921

Ich mache die Herren, um das zu illustrieren, auf einen Fall aufmerksam, der in der letzten Nummer der in der Öffentlichkeit aufliegenden Zeitschrift "Der deutsche Staatsangestellte" hervorgehoben wurde, daß bekanntermaßen laut Erlaß der Finanzlandesdirektionen den Beamten der Steueradministrationen für Überstunden Remuneration gewährt werden und daß festgestellt ist, daß man gleichwertigen Beamten eines Amtes, u. zw. einem Deutschen für eine dreimonatliche Überstundenleistung 300 Kronen, dem Èechen 500 Kronen auszahlte, daß für eine über diese dreimonatliche hinaus geleistete Arbeit der Èeche 300 Kronen, der Deutsche nicht einen roten Heller bekam. (Hört! Hört!) Die Zeitschrift enthält auch noch andere Anklagen. Ich verweise die Finanzverwaltung auf diese in der Öffentlichkeit hervorgehobenen Beschwerden und wir erwarten, daß sie uns darauf eine Antwort geben wird, daß sie die Dinge untersucht, daß aber die Antwort nicht mit Phrasen abgetan ist, wie: das ist undenkbar u. s. w., mit Phrasen von der Zusicherung der Gleichberechtigung, sondern, daß die Dinge so erhoben werden, daß man die Antwort wirklich vor allen Leuten sehen lassen kann. Und nun, meine Herren! Ich habe schon gesagt, daß das gegenwärtige Steuerverfahren ein veraltetes und rückständiges ist. Wir finden aber auch, daß entgegen allen Klagen und Beschwerden kein Rechtsschutzmittel für den Steuerträger geschaffen wird. Wir haben bei der Gelegenheit der Verhandlung, z. B. der Wasserkraftsteuer im Budgetausschluß, die Frage angeschnitten, daß einmal die Steuergerichtsbarkeit von der Steuerverwaltung getrennt werden möge, das ist ein moderner Grundsatz weil es bei dem jetzigen komplizierten Steuersystem einfach und enkbar ist, daß ein und dasselbe Organ Kläger, Untersuchungsrichter und Entscheidungsrichter in einer Person ist. Wir brauchen deswegen keine Vermehrung der Beamtenschaft, wir brauchen nur die Trennung der Steueradministration von der Steuerjustiz und Sie werden sehen, daß auch in diesen Dingen einmal saubere Verhältnisse einziehen werden. Ich möchte noch auf einen Grundsatz, dem man in den Nachbarstaaten ernstlich näher tritt, aufmerksam machen, u. zw. auf den Gedanken der Steuerverbände, die z. B. Georg Bernhard in Deutschland und Gustav Stolper in Deutschösterreich ernstlich vertritt, daß man Steuerträgerorganisationen der Gewerbetreibenden und Kaufleute oder Industriellen in weit höherem Maße als bisher zur Veran!agung der Steuern mitherauszieht, und zwar durch die Organisation. Und wo man solche Dinge versucht und bereit ist, den Steuerträgern ein entsprechendes Maß von Vertrauen entgegenzubringen, wird dieses Vertrauen sicherlich nicht mehr mißbraucht werden als jetzt die Steuereinbeken ntnisse zu mißbräuchlichen Fatierungen gebraucht werden. Nun, meine Herren, will ich zum Schlusse eilen und Ihnen folgendes sagen: Die Politik der Èechoslovakischen Republik stellt sich auf die Erfüllung der Friedensverträge ein. Es wäre uns sehr wertvoll, wenn die maßgebenden Männer der Èechoslovakischen Republik das studieren würden, was in den letzten Tagen über die Wirtschaftszusammenhänge der ganzen Welt in London und auch in Washington gesagt worden ist, daß die Erfüllung der Friedensverträge nicht zur wirtschaftlichen Beruhigung der Welt, sondern nur zum Chaos führt. Wir müssen beinahe das Gefühl haben, als wenn die Tatsache, daß z. B. der Herr Außenminister - unter der Voraussetzung, daß das Gespräch mit dem Vertreter des "Eclaire" richtig ist - von einer Umorientierung in den wirtschafrlichen Beziehungen der Èechoslovakischen Republik spricht, daß die se Tatsache auch wieder auf gewisse Hinterrücksichten verweist, und es den Anschein hat, als ob vielleicht persönliche Strömungen und Einflüsse einzelner Leute, die dabei ein Geschäft machen wollen, die Triebfeder ist, die den in diesen Dingen vielleicht nicht ganz bewanderten Herrn Außenminister auf eine schiefe Bahn treiben will. Wir wollen rechtzeitig immer wieder unsere Stimme erheben, die Sie ja doch einmal werden erhören müssen, wenn Sie jetzt auch lachen, daß eine Umorientierung in der Richtung auf die vollständige wirtschaftliche Vernichtung Deutschlands auch für den èechoslovakischen Siegerstaat keinen wirtschaftlichen Aufstieg begründet. Was wir von der èechischen Wirtschaftspolitik verlangen, ist eine Handelspolitik, nicht auf eine Fernrohrsicht eingerichtet, sondern mit dem Blick auf die allernächsten wirtschaftliche Beziehungen. Wir verlangen wirkliche Sparsamkeit in den Staatsausgaben, wir verlangen aber auch Reinlichkeit, Reinlichkeit und Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit in der Gebahrung, gestützt durch eine wirkliche Kontrolle, nicht durch eine Scheinkontrolle. Dadurch müßten alle Kreise der Bevölkerung das Vertrauen in die Staatsverwaltung wieder erlangen, wie es ja notwendig ist, wenn der Staat sich innerlich so konsolidieren soil, als er nach Ihrer Meinung sollte, aber noch lange nicht ist, Sie müssen den Grundsatz geordneter Wirtsch aft im ganzen Staatshaushalt und vor allem auch in allen Staatsbetrieben anwenden, denn sonst wird es geschehen, daß die èechoslovakische Insel der Seeligen, sowie eine Eisin sel im Meere immer mehr abschmilzt und im Strudel versinkt, und keinen all' zu langen Bestand haben wird, sondern über uns alle die wirtschaftliche Sintflut hereinbricht. (Souhlas a potlesk na levici.)

3. Øeè posl. Böllmanna (viz str. 766 protokolu):

Hohes Haus! Aus den Ausführungen meines Vorredners haben Sie annähernd eine Sch ilderung dessen gehört, wie es im zweiten Teil dieser Republik ausschaut, nach dem sie benannt wurde. Die Verhältnisse dort sind tatsächlich so oder vielleicht noch lange nicht so, wie er sie geschildert, nämlich noch viel trauriger, wie wir uns anläßlich der Bereisung der Slovakei selbst überzeugen konnten. Es sind dies die Erfolge der èechischen Wirtschaftspolitik, die sich dort langsam und allmählich, aber sicher auswirken und die Freude an der Gründung dieses Staates auch bei den Leuten zum Austreiben bringen, die den Namen dazu hergegeben haben.

Die wirtschaftlichen Beziehungen, äußerst geschwächt durch die Abtrennung von Ungarn, sind angewiesen auf die großartige materielle Unterstützung des derzeitigen Staatsregimes, die Slovaken beschweren sich aber so wie die Deutschen hier in der Republik, daß auch sie materiell nicht gefördert werden. Es ist bezeichnend, daß Handel und Gewerbe in der Slovakei darniederliegen. Die Klagen, die wir im Göllnitztal, im Hernadtal, in der Südzips, in Késmark und dort in der Tatra, wo der Fremdenverkehr einst blühte, gehört haben, sprechen Bände, daß der Staat in volkswirtschaftlicher Beziehung seine Pflicht nicht erfüllt. Wir wissen, daß eine Überzahl von Beamten geschaffen wurde, diese Überzahl zeigt sich all überall und wenn wir das in Behandlung stehende Kapitel 14 bet rachten, so sehen wir nur bei der Zentrale einen Beamtenstand vertreten, der an Zahl viel größer ist als der im alten Österreich. Im alten Österreich gab es beim Finanzministerium im Jahre 1914 in der III. Rangsklasse niemanden. In der Èechoslovakischen Republik gibt es in der III. Rangsklasse des Finanzministeriums im Jahre 1922 zwei Personen. In der IV. Rangsklasse gab es in Österreich im Jahre 1914 6, in der Èechoslovakischen Republik im Jahre 1922 5 Beamte; in der V. Rangsklasse in Österreich 22, in der Èechoslovakischen Republik 25; in der VI. Rangsklasse in Österreich 23, in der Èechoslovakischen Republik 33; in der Vll. Rangsklasse in Österreich 40, in der Èechoslovakischen Republik 66; in der VIII. Rangsklasse in Österreich 45, in der Èechoslovakischen Republik 78; in der IX. Rangsklasse in Österreich 65, in der Èechoslovakischen Republik 66; in der X. Rangsklasse in Österreich 25, in der Èechoslovakischen Republik 50; in der XI. Rangsklasse in Österreich 24, in der Èechoslovakischen Republik 32 Beamte. An Unterbeamten und Angestellten gab es in Österreich 113, in der Èechoslovakischen Republik 128. Sie sehen, obwohl das Wirtschaftsgebiet der Èechoslovakischen Republik trotz des Zuwachses der Slovakei viel kleiner geworden ist als das alte Österreich, ist der Stand an Beamten viel größer als im alten Österreich. Inbegriffen sind aber in dieser Zahl noch gar nicht die Herren der Revisionsabteilung, von der man damals noch gar keine Ahnung hatte.

Die Haupteinnahmsquellen des Staates sind zum großen Teile die Monopole. Ich will nur das Tabakmonopol herausgreifen. Da sagt uns der Staatshaushalt folgendes: Tabak: Einnahmen im Jahre 1922 1.705,482.500; dagegen im Jahre 1921 1.379,895.500 K; daher im Jahr 1922 eine Mehreinnahme von 325,587.000 K. Die Ausgaben des Jahre 1922 betragen 987,043.966 K; die Ausgaben des Jahres 1921 betrugen 935,279.075 K, daher im Jahre 1922 ein Plus von 51,764.891 K. Dagegen aber haben sich die Preise der Tabakmonopolartikel wesentlich gegen das Jahr 1921 erhöht, während die Ausgaben nicht so gestiegen sind. Außerdem muß die Tabakregie noch einen Teil der Zigarren, die Virginias - wie aus Zeitungsnachrichten zu entnehmen war - aus Italien beziehen. Ein weiteres Monopol mit hohen Ziffern ist das Salzmonopol. Das Süßstoffmonopol zeigt als einziges Monopol eine Erniedrigung der Einnahmen, die 6 Millionen Kronen betragen sollen. Das scheint wohl gerechtfertigt, weil ja eben genug Zucker, den wir aus der Zuckerrübe im eigenen Lande erzeugen, vorhanden ist. Dieser Überschuß ist nur deswegen da, weil wir dank der Maßnahmen des früheren Handelsministers Hotowetz und vielleicht auch der sechsgliedrigen Zuckerkommission nicht in der Lage waren, unseren Überschuß rechtzeitig außer Landes zu bringen.

Wir sehen auch beim Tit. 6, § 5, unter den Einnahmen des Bankamtes den ausgewiesenen Betrag von 36 Millionen beim Wechseleskompt, beim Lombard von Wertpapieren eine Einnahme von 40 Millionen. Der Zinsfuß für Wechseleskompt beträgt derzeit 5 1/2 %, für Lombard 6 bis 6 1/2 %. Der durchschnittliche Stand im Wechselportefeuille an Wertpapieren beträgt ungefähr 1-2 Milliarden. Lombardiert wurden durchschnittlich 2 Milliarden. Demgemäß müßten diese Einnahmen größere und höhere Ziffern ausweisen.

Eine Erträgnisziffer finde ich im Staatshaushalte überhaupt nicht ausgewiesen, nämlich die Effektenumsatzsteuer. Und doch wäre es für uns gewiß sehr belehrend, wenn wir erfahren könnten, wie hoch sich eigentlich die Einnahmen von dem Giftbaum des Bankwesens und der Börse überhaupt belaufen. Aber ich glaube, das darf die Welt nicht wissen, wieviel in der Èechoslovakischen Republik die Effektenumsatzsteuer trägt. Sie wird irgendwo verschoben sein, damit man nicht so leicht erfahren kann, wieviel dort umgesetzt wird und wie leicht dort der Verdienst für gewisse eingeweihte Kreise ist. Dagegen sehen wir, daß bei den Ausgaben nicht gespart wird, wo wesentlich gespart werden könnte, wie z. B. bei Bauten, die nicht dringend notwendig sind und die sich niemand leisten kann, der finanziell nicht in der Lage ist, Luxusbauten aufzuführen, und die aufgeschoben werden könnten; in einer Zeit, wie die jetzige, wo der Staat nicht die finanziellen Mittel hat, wo er nicht in der Lage ist, für die Kriegsverletzten so sorgen, wo er nicht in der Lage ist, die trübselige Lage der Altund auch der Neupensionisten zu regeln, sehen wir trotzdem auf der anderen Seite, daß der Staat wie im abgelaufenen Jahre auch heuer z. B. wieder für den Ausbau der Burg außerordentliche Ausgaben von 8,832.286 Kronen aussetzt. Das Gut Lana, das man angekauft hat, trägt nach den Ausweisen des Staatshaushaltes nichts, im Gegenteil der Staat muß noch draufzahlen, denn die Einnahmen sind ausgewiesen mit 2,799.755 Kronen, die Ausgaben betragen 2,970.434 Kronen. Demgemäß ergibt sich bei der Bewirtschaftung dieses Gutes ein Abgang von 170.679 Kronen; es ist also passiv und trägt gar nichts. Und trotzdem verwendet man noch für den Ausbau dieses Gutes unter dem Titel außerordentlicher Ausgaben einen Betrag von 8,695.164 Kronen. Solche Beträge ganz ruhigen und kalten Blutes in einer Zeit anzuweisen, wo wir auf so schlechte Finanzen hinblicken können, dazu gehört eine gewisse Kaltblütigkeit. Würde das ein Bauer machen, daß er mit seinen Mittezln nicht Haus hält, so käme er ganz berechtigterweise unter Kuratel; wenn er nicht wirtschaften kann und aus seiner Wirtschaft nichts herausbringt, verdient er auch mit Recht eine gewisse Aufsicht. Wenn er sich aber gestatten würde, ein Vielfaches von dem, was er überhaupt nicht einnimmt, noch für Bauten auszugeben, dann müßte er, glaube ich, in eine Beobachtungsanstalt gesteckt werden. Daß die Ausgaben des Staates auch sonst nicht so gehandhabt werden, wie wir wünschten, zeigt, wie auch schon Kollege Patzel ausgeführt hat, das Kapitel "Druckereien". In Saaz gibt es eine Staatsdruckerei. Wir haben uns erlaubt, im Bugdetausschuß darauf hinzuweisen, daß nach den Ausweisen des Staatshaushaltes selbst, diese Staatsdruckerei passiv ist. Herr Sektionschef Ebl erlaubte sich dort uns zu erklären, die Staatsdruckerei Saaz sei aktiv. Ich hatte dort nicht Gelegenheit, das gleich richtigzustellen, weil so eine Möglichkeit im Budgetausschuß nicht vorliegt, aber ich will nur die Ziffern erwähnen, die ich im Staatshaushalt darüber gefunden habe, und die sind bei der Staatsdruckerei in Saaz folgende: Ordentliche Ausgaben 845.000, außerordentliche Ausgaben 172.404 Kronen, das macht zusammen 1,017.404 Kronen; dem gegenübergehalten die ordentlichen Einnahmen von 849.000 Kronen, ergibt sich eben ein Abgang von einer Höhe, die sich jeder selbst ausrechnen kann. Es kann uns also hier im Hause niemand sagen, auch der Herr Sektionschef nicht, daß diese Druckerei aktiv ist. Und wie man im "Saazer Anzeiger" lie ßt, hegt man berechtigte Zweifel in fachmännischen Kreisen, daß diese Einnahmenpost richtig sei. Denn, trotzdem vor der Staatsübernahme in dieser Druckerei nur eine Kraft als Kopf tätig war, ist dort jetzt der Herr, der sie verkauft hat, angestellt, außerdem noch 2 Redakteure und 1 Direktor.

Die direkten und indirekten Steuern erbrachten, wie man uns auch im Budgetausschuß erklärte, eine Mehreinnahme von 820 Millionen Kronen. Es ist diese Ziffer für den Staat wohl sehr erfreulich, für die Allgemeinheit aber gewiß betrüblich, denn wir wissen, unter welchen chikanösen Maßnahmen diese Beträge hereingebracht werden. Aber eine Anfrage muß uns doch gestattet sein. Wie werden diese Mehreinnahmen ausgegeben? Ist eine Kontrolle dazu da, wird sie ordnungsgemäß vorgenommen, erfolgen keine Schiebungen auf andere Kapitel, insbesondere nicht auf das Kapitel Militarismus? Wir führen diese Mehreinnahmen insbesondere zurück auf die übertriebenen fiskalischen Maßnahmen. Der Staat ist in diesem Falle gar nicht engherzig und bedrückt unsere Bevölkerung draußen derart, daß sie zahlen muß bis zum Weißbluten. Aber selbst solche Maßnahmen ergreift der Staat, von denen man sagen muß, er sei sich dessen nicht bewußt, was er tut, wenn er z. B. wirtschaftlich Geschädigte, die an und für sich schon pekuniären Schaden erlitten haben, zu Steuerleistungen heranzieht.

Ein solcher Fall, der aber gar nicht vereinzelt ist, der sich nicht nur in Hennersdorf, sondern auch anderswo ereignet haben kann und auch ereignet hat als eben in Hennersdorf, im Bezirk Deutsch-Gabel, ist folgender Fall: In Hennersdorf gingen durch die Maul- und Klauenseuche viele Stücke Vieh zugrunde und viele Stücke mußten notgeschlachtet werden. Der Fleischpreis wurde von dem Tierarzt, der die Untersuchung vornahm, festgestellt, der Besitzer hatte gar nichts dazu zu sagen. Die Abnehmer für das Fleisch aus den Notschlachtungen sind die jeweiligen Militärorgane, die Militärbehörden, die Militärverwaltung. Dafür besorgt Schlachtungen auch der von ihr dazu bestellte Fleischhauer. Dieser sollte auch die Steuer zahlen. In diesem besonderen Falle erklärte er auch den Besitzern, daß er die Fleischsteuer auch tatsächlich selbst zahlen werde. Zur größten Überraschung wurde den Besitzern nun von amtswegen mitgeteilt, daß sie nicht nur die Steuer nicht gezahlt, sondern sie hinterzogen hätten und daher von ihnen außer dem entfallenden Steuerbetrag auch 300 Kronen als Strafe zu zahlen seien. Ich muß fragen, und viele von Ihnen und unsere Bevölkerung insbesondere müssen fragen: Ist das die viel erwähnte und viel gerühmte, in alle Welt hinausposaunte soziale Fürsorge und Gerechtigkeit für die erwerbenden Stände und insbesondere die Fürsorge und Gerechtigkeit gegenüber dem wi rtschaftlich Schwachen? Ich glaube, wenn man einen Mann, der an seinem Viehstand durch die Maul- und Klauenseuche hart mitgenommen wurde, gezwungen hat, Notschlachtungen vorzunehmen und dieser Mann nur einen perzentuellen Teil des wirklichen Wertes hereinbekommen hat, wenn man ihn dann stark belastet, daß das keine Fürsorge, sondern eine Abnahme seines Wirtschaftsvermögens ist. Darum verlangt unsere Partei ganz entschieden die Aufhebung dieser unsozialen bei Notschlachtungen sich ergebenden Steuer.

Die Steuern, wie wir sie haben, dienen im allgemeinen dazu, den Verwaltungsdienst und den Zinsendienst für die Schulden aufzubringen, für 52 Milliarden - so hoch beläuft sich der Schuldenstand der Èechoslovakischen Republik nach den Ausweisen des uns vorgelegten Staatshaushaltes, der aber gewiß nicht die ganze Schuld beinhaltet, weil wir wissen, daß noch andere Schulden gemacht worden sind, die in diesen Milliarden hier noch nicht enthalten sind, da die Verhandlungen über die Verzinsungs- und Abzahlungsmethoden noch nicht abgeschlossen sind. Wir können diese Schulden noch mit weiteren 5 bis 6 Milliarden annehmen, so daß wir demgemäß die Zinsen für 57 bis 58 Milliarden Schulden werden aufzubringen haben. Wenn nun die Erhöhungen, wie sie jetzt gang und gäbe sind, nicht ausreichen werden und nicht ausreichen können, wird der Staat genötigt sein, immer neue Steuern zu erfinden. Aber bald wird es in diesem Staate nichts mehr geben, was noch zu besteuern ist. Und wenn man wie in der letzten Session die Wasserkraftsteuer aufgreift und sich von dieser Steuer ein merkliches Erträgnis erhofft, so hat schon die Wassernot im heurigen Sommer und Herbst gelehrt, daß die Einnahmen aus diesem Kapitel nicht allzu groß sein werden. Und wenn der Staat daran geht, den Leuten die Arbeitskraft, die im Wasser liegt, zu besteuern, so übernimmt er wohl auch die Verpflichtung, diese Leute für die Zeit, wo ihnen kein Wasser wie im heurigen Jahr zur Verfügung steht, für den Arbeitsentgang, für Betriebsverluste und andere materielle Verluste zu entschädigen. Diese Verpflichtung ergibt sich von selbst, wenn man auch das in Betracht zieht, daß der Staat alles, was umgesetzt wird, mag es Gut oder Arbeitsleistung sein, mit einer Steuer, der sogenannten Umsatzsteuer, belegt. Diese Umsatzsteuer wurde mit 1. Oktober d. J. auf 2 % erhöht. Die Steuer hat rückwirkende Kraft in der Art, daß man für den abgelaufenen Teil des Jahres, in dem man 1% Steuer zu entrichten verpflichtet war, dieselbe jetzt im laufenden Kalendervierteljahr zahlen soll. In manchen Bezirken und Kreisen ist aber die Umsatzsteuer für das vergangene Jahr erst jetzt hinausgegeben worden. Und in welcher Art wurde die Umsatzsteuer den Leuten auferlegt? Man hat sich nicht an die Aufschreibungen gehalten und die Leute, die sich gewehrt haben, die mit der Pauschalierung, die der Staat aufgestellt hat, nicht einverstanden waren, sondern ihre Aufschreibungen, ihre Buchungen geführt und rechtzeitig eingebracht haben, wurden trotzdem nicht berücksichtigt. Wir finden, daß man die Umsätze von 30.000 oder 35.000 auf 100.000, ja 120.000 K willkürlich erhöht hat. Das ist besonders in den Landwirtschaft treibenden Kreisen, sehr übel aufgenommen worden, weil sich der Umsatz aus den nachweisbaren Ziffern ergibt, da die Leute genötigt waren, ihre Produkte zu Höchstpreisen abzusetzen. Ein jedes Stück Vieh, das aus dem Stall hinausgetrieben und dem Verkauf zugeführt wurde, ist mit einem Viehpaß belegt und die Behörden können jederzeit bei der Gemeinde im Register der Viehpässe Einsicht nehmen. Wie kann man dann, wenn die Einnahmen festgestellt sind und offen daliegen, die Einnahmen und den Umsatz auf das Drei-, Vier- und Fünffache erhöhen? Das macht unsere Leute in dem Glauben an die Rechtlichkeit dieses Staates wankend, es zwingt sie dazu, zu falschen Aufschreibungen überzugehen oder gar keine zu führen. Denn er kommt, wenn er keine führt, eben so in ein Dilemma hinein, als wenn er welche führt, ob die Vorschreibung richtig oder falsch ist.

Die Belastung ist unendlich und derart groß, daß unsere Bevölkerung, die Landwirtschaft treibende und die gewerbetreibende Bevölkerung, und die Stände, die von ihnen miterhalten werden, vor der Bezirkshauptmannschaft, vor dem Steuerreferat aufmaschierten und dort brausend ihre Stimme erhoben und erklärten, sie seien nicht Willens, diese Lasten gutwillig zu tragen.

Wir finden noch einen Grund mehr, uns darüber zu beklagen, denn wir glauben, daß auch nicht gleiches Maß für die Deutschen gilt, wie es für die Èechen angewendet wird. In Dux gingen die Deutschen und die Èechen gemeinsam vor und beschweeten sich über die Auflage der Umsatzsteuer. Sie hatten teilweise einen Erfolg, weil man ihnen zusagte, man werde eine Steuerkommission aufstellen, in der auch die Steuerzahler etwas dreinzureden hätten. Im Bezirke Manetin aber wurden unlängst die Erkenntnisse für die Umsatzsteuer hinausgegeben und was sehen wir da? Der deutschen Bevölkerung wurde in diesen Erkenntnissen bekannt gegeben, daß sie, im Falle die Steuern nicht rechtzeitig entrichtet werden, 10% Verzugszinsen zu zahlen haben. Die èechische Bevölkerung bekam ebenfalls solche Erkenntnisse zugestellt, nur wurde dort der Zusatz von 10 % Verzugszinsen auf 5 % herabgesetzt. Gleiches Maß für alle, auch in der Verpflichtung, wie es sich gebührt!

Es wurden die Gebühren für Schenkungen erhöht, für Erbschaften, es wurden die Personalsteuern erhöht, die Kriegszuschläge dazu erhöht, die Steuerskalen für die Zeit von 1921 bis 1923 neu geregelt und auch die Kriegszuschläge zu den direkten Steuern durch ein Gesetz vom 12. August d. J. neu festgesetzt, und zwar beträgt der Zuschlag zur Grundsteuer bei Weingärten und Gärten 400 %, bei Wäldern 600 %, die in dieser Besteuerung nicht einbezogenen Bodenarten sind mit Zuschlägen von 200 % bedacht. Die Hausklassensteuer wurde erhöht, die Einzahlung für den Kunstdüngerfond muß von den Leuten entrichtet werden und noch verschiedene andere Steuern. Bei mancher dieser Steuern ergibt sich ein Überschuß, wie z. B. beim Kunstdüngerfond; angeblich ergibt sich bei der Liquidation desselben ein Mehrertrag von 90 Millionen Kronen. Nun hat man seinerzeit bei der Vorschreibung des Kunstdüngerfondes allen Leuten verkündet, daß die Gelder, die in diesem Fond einfließen, dazu dienen sollen, den Kunstdünger billiger zu liefern und abzugeben, sowohl für das Jahr 1921 als auch für 1922. Wir wurden demgemäß sehr stark überrascht, als wir lasen, daß die sich ergebenden Überschüsse von annähernd 90 Millionen Kronen im Jahre 1922 nicht dazu dienen sollen, den Leuten billigeren Kunstdünger zu verschaffen, sondern daß dieser Betrag zu Versuchsstationen und anderen Zwecken verwendet werden soll. Wir verwahren uns hier ganz entschieden dagegen, daß die Beträge, die von den landwirtschaftlichen Kreisen für diesen Kunstdüngerfond eingezahlt werden, irgendwohin verschoben werden.

Weil nun die Staatsmaschine, die alle diese verschiedenen Arten von Steuern uns aufgelastet hat, ächzt und kracht, wenn sich der Herr Finanzminister noch soviel Mühe gibt, diese karrenziehenden, erwerbenden wirtschaftlichen Stände in Bewegung zu halten, so kann er sie nimmer so weit antreiben, um die Höhe, die sich der Staat zu erlangen als Ziel gestellt hat, zu erreichen. Der Gewerbestand, die Landwirtschaft und der Stand, den man immer den Mittelstand nannte, der aber jetzt Ohne-Mittel-Stand genannt werden muß, und die Arbeiter, die an diesem Wagen ziehen, sie werden es mit der Zeit satt bekommen, diesen Staatskarren auf die sonnige Höhe hinaufzuziehen, wenn sie sehen, daß man in jeder Etappe, die sie erreicht haben, schon eine neue Art von Steuer wieder vorberei tet hat; und der Troß, der dahinter steht, beobachtet und sagt: Der Wagen kann immer noch eine Belastung vertragen, bürdet ihm nur auf, was noch möglich ist! Und sie bürden auch das Unmögliche auf. Daneben sehen aber diese Kräfte, die an dieser Finanzstaatsmaschine ziehen müssen, daß die Herren Schieber und die Herren Kettenhändler in den prunkvollsten Autos dieselbe Straße wandern, um gut verwahrt das in Sicherheit über die Grenzen zu bringen, was im Inland der Besteuerung zugeführt werden sollte. Solche Ausnahmen werden begünstigt und es sind eigentlich keine Ausnahmen mehr, sie sind zur Regel geworden. Und unsere Bevölkerung draußen, die für Recht noch Sinn hat, die fragt sich: Ist das ein Rechtsstaat, der so vorgeht? Gerade die erwerbenden, schaffenden Kreise trifft man mit der Besteuerung, während man die großkapitalistischen Kreise, die aussaugende große Industrie und die alles an sich ziehende großkapitalistische Welt von der Steuer verschont. Denn, wenn der Staat diese Kreise treffen wollte, so könnte er sie treffen. Es wäre unmöglich, daß Gesellschaften, wie eine "Zora", Kanditenund Chocoladengesellschaft in Olmütz, 65 % und die Smichower Aktienbrauerei 90 % Reingewinn auswirft - man könnte dieses Kapitel unendlich weit ausdehnen während die anderen Leute, Gewerbe, Landwirtschafts und Mittelstand nicht wissen, wie sie die jeden Monat neu ins Haus flatternden Erlagscheine, mit Steuern ausgefüllt, zur Abzahlung bringen können. Die Geduld der Leute draußen ist abgelaufen. Unsere Steuerdemonstrationen haben allen gezeigt, daß wir nicht mehr willens sind, das zu ertragen, was uns der Staat über unsere Kraft aufbürdet.

Wir sehen aber noch das andere, wie uns nämlich der Staat in wirtschaftlicher Weise fördert. Sie wissen, daß der Staat alles getan hat, um die Hopfenausfuhr zu drosseln, im vorigen und heurigen Jahr. Der jetzige Handelsminister hat wohl alle Beschränkungen aufgehoben, aber ich glaube, es ist nicht mehr möglich, das gutzumachen, was früher gesündigt wurde. Der Marksturz in Deutschland macht es unmöglich, daß unser Plus an Hopfen an die Großabnehmer in Deutschland abgesetzt werden kann, weil die Leute bei diesem niedrigen Stand der Mark hier als Käufer nicht auftreten können. Wir können nur nach den Weststaaten exportieren und sehen, daß England, Frankreich und Belgien als Käufer fast gar nicht am Markte sind. Von den nordischen Staaten treten Dänemark, Schweden und Norwegen derzeit als Käufer noch auf, nehmen einzelne kleine Posten noch ab, aber das ist nur belanglos und kann uns von dem überschüssigen Hopfen nicht befreien, weil wir auf der anderen Seite sehen, daß unser Handel es sich fast gar nicht angelegen sein läßt, unseren Hopfen hinauszubringen, sondern sich vielmehr bemüht, Fremdhopfen hereinzubringen und Fremdhopfen auch wiederum in die Fremde abzusetzen. Wir wissen, daß die Živnostenská banka mit ihrem Hopfensyndikat bei uns in Saaz mehr als 4000 Zentner Fremdhopfen liegen hat und daß dieses Institut, das so stark vom Staat gefördert wird, statt die heimische Produktion zu fördern, darnach trachtet, Fremdhopfen hereinzubringen und an den Mann zu setzen - und die heimische Produktion kann fechten gehen. Wir haben unsere Anbaufläche vor dem Kriege so weit ermäßigt, daß sie derzeit nicht 50% ausmacht. Wir haben in heurigen Jahr eine Fehl-, eine Mißernte gehabt. Und trotzdem war es nicht möglich, das wenige, was ge erntet und im Inland nicht aufgebraucht werden konnte, in die Fremde abzusetzen. Das sind Maßnahmen, die man als volks wirtschaftlich schädlich nicht oft genug geißeln kann. Und dabei hat man dieses Produkt mit einer 9 %igen Manipulationsgebühr und Ausfuhrsteuer belegt; und vergißt dabei, daß man nach einer kurzen Zeit vorübergehender Einnahmen nichts haben wird!

Aber auch auf anderen Seiten haben wir Anlaß zu Klagen. Nicht alle Gebiete waren heuer mit einer günstigen Obsternte gesegnet. Das Elbtal hatte eine halbwegs günstige Ernte aufzuweisen. Jedermann wird wissen, daß die Frühbirnen, Sommerobst, sich nicht halten und rasch dem Verderben unterliegen. Es besteht eine "Obst-Verwertungsgenossenschaft für das Elbtal" und diese Verwertungsgenossenschaft bemühte sich auf allen möglichen Wegen, die Ausfuhrbewilligung zu bekommen, um den Überschuß ins Ausland abzusetzen. Sie nahm die Verpflichtung auf sich, nach Prag billiges Obst zu liefern, und zwar zum Preise von 40, 60 und 90 Hellern pro Kilo. Zu diesen Preisen wurden Frühbirnen, Tafelbirnen, nach Prag geliefert. Meine Herren, ich möchte Sie fragen, ob Sie solches Obst mit einem angemessenen bürgerlichen Gewinn von den Händlerkreisen bekommen haben. Wir wissen nichts davon. 40 Waggons wurden zu solchen Preisen nach Prag geführt. Als aber dieselbe Genossenschaft an die Regierung das Ersuchen stellte, Obst zu den obigen begünstigten Preisen auch nach Karlsbad, Reichenberg und in andere deutsche Städte zu schicken, wurde sie glatt abgewiesen. Man hat nur vorgesehen, daß Prag billiges Obst bekomme, und ich glaube es aussprechen zu müssen, daß die Gesamtbevölkerung von Prag von diesem billigen Obst nichts bekommen hat, sondern daß nur die Händlerkreise den Gewinn eingesteckt haben. Es trat nun an die Obstverwertungsgenossenschaft die Frage heran: Sollen wir unser Obst, das auch zu diesem Preise in Prag nicht mehr anzubringen ist, verderben lassen oder sollen wir uns bemühen, es trotzdem abzusetzen? Man bemühte sich, die Bemühungen waren umsonst. Man bekam von Außenhandelsamt keine Ausfuhrbewilligung. Nun ging man weiter umher, forschte nach, was zu tun wäre, und, meine Herren, sehen Sie, was auf legalem Wege nicht zu erreichen war, war auf einem anderem Wege zu erreichen. Man hat beim Außenhandelsamt keine Ausfuhrbewilligung bekommen, aber bei einem Spielwarenhändler im Erzgebirge erhielt man die Ausfuhrbewilligung. Es ist ein merkwürdiges Produkt, das der Mann in den Handel brachte. Und was mußte die Genossenschaft diesem Mann als Provision geben? 50 Heller per Kilogramm! Sie sehen, daß bei einer Wagenladung von 5000 Kilogramm Birnen, die nach Schweden und Deutschland gingen, 2500 K Provision gezahlt werden mußten. Es ist das eine Maßnahme, gegen die wir uns verwahren müssen, die volkswirtschaftlich schädigend wirkt und die Korruption unendlich ausdehnt. Jedermann muß sich sagen: Ein Staat, in dem solches möglich ist, sorgt nicht für seine Leute, sorgt nicht für die erwerbenden Stände und auch nicht für die Verbraucher. Aber noch mehr: es zeigt dies, daß man an das Genossenschaftswesen, das man überall und in allen Staaten fördert und berücksichtigt, dem man zu seinem Gedeihen überall behilflich ist, in diesem Staate vergißt, wenn man eine solche Genossenschaft wie die Obstverwertungsgenossenschaft im Elbetale, die einzige in dieser Art, in ihren Bestrebungen, ihren Leuten für deren Erzeugnisse angemessene Preise zu sichern, gar nicht fördert, sondern sie einem Spielwarenhändler überantwortet.


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