Úterý 22. listopadu 1921

Zu den vielen bereits von meinen Kollegen im Budgetausschuß und auch hier vorgebrachten Unzukömmlichkeiten im Staatsvoranschlage gehört auch leider das Kapitel der Bezüge für die Alt-, Neu- und Zukunftspensionisten. Es ist wirklich ergreifend, wenn man die Bestrebungen dieser greisen Pensionisten beobachtet und verfolgt, wie sie bemüht sind, das Unrecht, welches an ihnen verübt wird, aus der Welt zu schaffen und dahin zu wirken, daß sie doch mit den Neu- und Zukunftspensionisten gleichgeste!lt werden. Große Hoffnungen hat man da gesetzt auf das Gesetz vom 3. März 1921, aber auch dieses Gesetz hat die erhofften Bestrebungen nicht erfüllt. Die Gesamtzahl der Pensionisten beträgt 73.271; hievon sind Zivilpensionisten 59.465, Militärpensionisten 13.806. Der Gesamtaufwand für die Zivilpensionisten beträgt 381,936.000 K, für die Militärpensionisten 121,255.000 K, zusammen also 503,191.000 K. Der durchschnittliche Jahresaufwand für eine Zivilperson beträgt demnach 6428 Kronen, der für eine Militärperson 8782 Kronen. Der Stand der Zivilpensionisten läßt sich folgendermaßen ausdrücken: 17.452 Pensionisten, 13.908 Witwenpensionen, 7240 Waisenpensionen und Erziehungsbeiträge, 16.291 Provisionen, 3574 Gnadengelder und 1000 Pensionisten in Karpathorußland ohne Angabe von Details. Der durchschnittliche Jahresaufwand für einen Pensionisten beträgt demnach 6395 Kronen, für eine Witwenpension 4555 Kronen, für einen Erziehungsbeitrag, beziehungsweise eine Waisenpension 1058 Kronen, für einen Provisionisten 11 08 Kronen und für eine Gnadengabe 324 Kronen. Sie sehen, es geht immer weiter herab. Dazu sollen noch kommen die Zulagen und Notaushilfen, welche mit dem Gesetz vom März dieses Jahres beschlossen wurden und die für das Jahr 1922 mit einem Aufwand von 149,553.000 Kronen präliminiert erscheinen. Also nach dem Staatsvoranschlag sieht die Sache an der Hand der Gesamtziffern noch ganz passabel aus. Aber in Wirklichkeit ist die Geschichte ein bißchen anders. Es muß da ausdrücklich festgestellt werden, daß die Lehrer-Altpensionisten schon im Jahre 1918 in das neue, höhere Schema eingereiht wurden, während die Staatspensionisten bis März dieses Jahres noch immer nach dem wesentlich niedrigeren Schema besoldet wurden. Durch diese Vorgangsweise erscheinen die Staatspensionisten in den letzten 3 Jahren eminent verkürzt, und zwar pro Person um 2200 Kronen pro Jahr, sohin im ganzen um 6600 Kronen. Hier muß man schon sagen: Wann wird das endlich richtiggestellt werden? Wann wird sich die Regierung bemüßigt finden, Nachzahlungen in dieser Richtung zu leisten? Alle Bemühungen seitens der Altpensionisten und, wie wir noch hören werden, auch seitens verschiedener Kreise dieses Hauses blieben bisher ohne Erfolg. Man hat Geld für die Mobilisierung und für andere undemokratische Einrichtungen, aber für die hungernden Pensionisten nichts. Es ist ein Skandal! Der Staat zieht die Ruheständler bei verschiedenen Gelegenheiten immer heran, aber er entsinnt sich ihrer nicht, wenn es gilt, ihre erworbenen Rechte zu sichern. Zur Sicherung seiner Pension hat der Altpensionist mit dem Dienstgeberstaat einen Vertrag abgeschlossen und erhat zu diesem Zwecke 3% seines Gehaltes, 1 3/4 % seiner Aktivitätszulage, bei jedesmaliger Beförderung die Ernennungstaxen und bei jeder Erhöhung ein Drittel des Betrages, daß sind 33%, dem Staate entrichtet, und trotzdem erhält er jetzt die gesetzliche Pension nicht. Er muß weiter hungern und zusehen, wie mit zweierlei Maß gemessen wird. Durch das Gesetz vom 25. Feber 1920 über die Notaushilfen wurde die notwendige Gleichstellung nicht nur wieder nicht erreicht, sondern das Unrecht der Lage geradezu noch vergrößert. Denn während die Pensionisten ohne Rücksicht auf die Rangsklasse jährlich 1512 Kronen erhalten, bekommen die aktiven Beamten nach Rangsklasse und Familienverhältnissen abgestuft 2880 bis 12.880 Kronen. Die Altpensionisten haben sich wegen dieses Zustandes auch an den Präsidenten der Republik gewendet. Sie erhoffen von dort Gerechtigkeit, sie warten weiter.

Das Haus hat am 8. Feber 1921 einstimmig die Gesetzesvorlage angenommen, wonach die Altpensionisten mit den anderen Pensionisten und die Teuerungszuschläge aller Pensionisten mit den Teuerungszuschlägen der aktivdienenden Beamten annähernd gleichgestellt werden. Auch im Senat geschah das Gleiche durch Annahme einer Resolution, wonach von der Regierung rascheste und vollständigste Gleichstellung zwischen Alt- und Neupensionisten gefordert wird. Im Juli brachten unsere Genossen Abg. Dr. Czech und Èermak eine Interpellation an die Gesamtregierung ein, weil die Durchführungsverordnung zum Gesetz vom 3. März noch nicht erlassen worden war und weil es höchste Zeit war, dieses Elend der Altpensionisten zu mildern. Aber trotzdem gelangten auch im Monate August die Bezüge noch immer nicht zur Auszahlung, obwohl sich das ganze Haus der Altpensionisten angenommen hatte. Darauf wurden vor der Verhandlung der erwähnten Interpellationen die Durchführungsbestimmungen seitens der Regierung endlich am 2. August dieses Jahres erlassen. Der frühere Ministerpräsident Èerný erklärte damals dem Abg. Czech, daß die Regierung alle Maßnahmen getroffen habe, um die sofortige Durchführung des Gesetzes herbeizuführen. Auch der Sektionschef des Finanzministeriums Dr. Vlasák erklärte damals, daß zwar die in Betracht kommende Deckung von 210 Millionen Kronen momentan fehle, aber er werde Auftrag erteilen zur schleunigsten Beschaffung der Summen für die erhöhten Pensionistenbezüge, welche den Pensionisten nach dem Gesetze zustehen. Abg. Czech erklärte damals daraufhin, daß er die Durchführung des Gesetzes abwarten wolle, die Interpellation vorläufig aber unter Wahrung der Priorität aufrecht erhalte, damit dann, falls der Durchführung des Gesetzes noch Schwierigkeiten im Wege stehen sollten, der weiteren Verhandlung der Interpellation nichts im Wege stehe und man sie verlangen könne. Trotz alledem ist bis heute der Jammer noch nicht beendet und die Altpensionisten warten zum großen Teil auf die Nachzahlung ihrer Bezüge. Die Regierung hat, wie von dieser Stelle aus schon zum Überdruß vielmals betont wurde - ich will es nicht wiederholen - viel Geld für Orden, für das Militär und anïere Sachen, die undemokratisch sind, übrig, aber für ihre alten Arbeiter und die Beamten des Staates hat sie es scheinbar nicht, denn die Klagen aus den Reihen der Altpensionisten wollen nicht verstummen und man muß annehmen, daß entweder Schlamperei oder böser Wille schuld ist an diesen Zuständen. Denn hätten die staatlichen Pensionisten einer privaten Pensionsgesellschaft durch so viele Jahre die vorhin zitierten hohen Beträge geleistet, die sie dem Staat wirklich bezahlten, dann hätten sie bestimmt ihre auskömmliche Pension und sie, resp. auch ihre Witwen und Waisen, wären ganz bestimmt in anderen Zuständen. Sie würden nicht der Not und dem Elend aufgesetzt sein, wie es heute der Fall ist. (Výkøik: Auch in der Frage der Übernahme der Pensionisten wird nichts gemacht!) Das ist überhaupt ein wunder Punkt. Diejenigen armen Teufel, die das Malheur hatten, von Deutschösterreich übernommen zu werden, hängen ganz in der Luft. Diese Menschen haben also durch ihre Arbeit, vor allem durch ihre Leistungen, nicht nur ein erworbenes, sondern jetzt nach dem Stande der Gesetze ein gesetzlich erworbenes Recht und dieses wird ihnen noch vorenthalten. Ist es nicht an und für sich traurig genug, daß diese armen alten Leute erst an das Haus appellieren mußten, um sich das Recht auf dem Papier wenigstens zu sichern? Ich glaube daher, daß wohl alle ohne Ausnahme in diesem Hause die gerechtfertigten Wünsche der Altpensionisten unterstützen und damit einverstanden sein werden, wenn wir fordern, daß erstens endlich das Gesetz unter Nachzahlung der nach dem Gesetz zurückliegenden Mehrbeträge restlos durchgeführt wird, daß zweitens die vollständige Gleichstellung der Alt-, Neuund Zukunftspensionisten und drittens die automatische prozentuelle Anteilnahme aller Pensionisten an jeder Regelung der Bezüge der Staatsbeamten ins Auge gefaßt wird. Denn die Fehler, die hier in dieser Richtung gemacht wurden, müssen gut gemacht werden. Das ist unerläßlich; denn wenn das arme Deutschösterreich sich dazu aufschwingen konnte, das Pensionistenelend durch Gewährung einer automatischen prozentuellen Anteilnahme an den Bezügen der aktiven Staatsangestellten einzudämmen, muß dies auch bei einigem guten Willen bei uns möglich sein. Es geht jedenfalls nicht an, daß der Staat sich weiter der Gefahr aussetzt, nicht nur in diesen, sondern auch in anderen Kreisen Rabenvater genannt zu werden. Es ist seine verdammte Pflicht und Schuldigkeit, ihn davor zu behüten.

Über das Budget wurde schon sehr viel geredet. Im Budgetausschuß haben wir vom Präsidenten des Obersten Rechnungshofes gehört, daß er zu sehr drastischen Mitteln greifen mußte, um in den einzelnen Ämtern die Rechnungsabschlüsse in Ordnung zu bringen. Die Oberste Rechnungskontrolle ist hiezu nicht nur verpflichtet, sondern es ist im allgemeinen Interesse gelegen, daß z. B. die 53 Milliarden Staatsschulden kontrolliert werden. Ja, es besteht die Verpflichtung, daß jedes Vierteljahr die Schulden ausgewiesen werden sollen. Bis heute hat man davon nichts gehört, geschweige denn gelesen. Das Oberste Rechnungs- und Kontrollamt hat sich bemüht, diese gesetzliche Verpflichtung zu erfüllen. Voraussetzung ist natürlich, daß die Schulden auch tatsächlich verrechnet erscheinen. Ein Teil dieser Schulden soll noch nicht verrechnet sein, und das angeblich aus Schwierigkeiten, die wohl in den Verhältnissen begründet erscheinen mögen, weil wir unseren Anteil an der Vorkriegsschukd Österreichs noch nicht kennen u. a. m. Das Parlament erhielt jedenfalls, wie schon bereits unser Klubkollege Taub im Ausschuß ausgeführt hat, keinen Bericht, auch keinen Bericht über die Reparationskommission. Wir wissen nicht, wie viele Mitglieder, wie viele Beamte der Republik in der Kommission tätig sind und überhaupt was dort gemacht wird. Kurz es ist sehr viel im argen.

Auf ein weiteres Kapitel muß hier verwiesen werden, das der Postsparkasse. Tausende von kleinen Leuten haben, soweit sie Einleger waren, ihr Geld nicht bekommen und auch keine Gelegenheit, darüber etwas zu erfahren. Sie sind bei der heutigen Valutawirtschaft beunruhigt und unausgesetzt in Zweifel, ob und wieviel sie bekommen werden. Wir haben diesbezügliche Anträge eingebracht. Aber wir hören nichts, wie man über so vieles andere nichts hört.

Auch über manches andere Kapitel wäre viel zu reden, namentlich über das Steuersystem, welches, wie bereits ausgeführt worden ist, viel zu wünschen übrig läßt, und von dem der gewesene Minister Dr. Engliš schon gesagt hat, daß es zum Teil antisozial ist. Während die direkten Steuern um 760% gestiegen sind, sind die indirekten Steuern um 1304% erhöht worden. Der Einfluß dieser Erhöhung kommt in der Verteuerung aller Produkte zum Ausdruck und trifft in erster Linie die arbeitenden Klassen. Also ganz die altösterreichische Steuerweisheit, gegen die wir, wie früher, auch hier stimmen und deren Konsequenzen wir auch hier ablehnen müssen. Aber trotz all dieser Steuererhöhungen hören wir nichts als schöne Versprechungen, schöne Redensarten bezüglich der Erfüllung der dringendsten Volksnotwendigkeiten, wie es z. B. die Alters- und Invalidenversicherung ist. Auf unsere Anträge in dieser Sache vom 20. Feber 1920 haben wir bis heute seitens des Herrn Ministers für soziale Fürsorge nichts anderes gehört, als daß an dem Gesetzentwurf gearbeitet wird. Er meint, der Gesetzentwurf wird vielleicht im Frühjahr dem Hause unterbreitet werden. Hoffentlich meint er nicht den "Völkerfrühling", denn man munkelt schon wieder von 5 Jahren, die gebraucht werden, bevor das Gesetz einigermaßen sozusagen in Durchführung kommt.

Dasselbe gilt von den Kriegsinvaliden. Hier meinte im Ausschusse der Herr Min ister für soziale Fürsorge, daß es kein Sparen an den Invaliden bedeute, wenn für diese im Budget 50 Millionen weniger eingestellt sind: dies sei lediglich darauf zurückzuführen, daß ein großer Teil be reits arbeitsfähig geworden ist. Wenn der Herr Minister meint, die Kriegsinvaliden damit zu trösten, täuscht er sich gewaltig. Denn der Prozentsatz der arbeitsfähig Ge wordenen ist nicht so groß, daß damit die Eliminierung von 50 Millionen Kronen für diese Zwecke gerechtfertigt erschiene. Im Interesse all dieser armen leidenden Kreise muß daher hier betont und von der Regierung vor allem gefordert werden, endlich einmal diese Mißwirtschaft abzu bauen und Ordnung zu schaffen. Dazu ist auch die Mehrheit dieses Hauses verpflichtet.

Solange dies nicht geschieht, können wir zu dem Staate und seiner Regierung kein Vertrauen haben und müssen das Budget ablehnen. (Souhlas a potlesk na levici.)

6. Øeè posl. Windirsche (viz str. 802 protokolu):

Hohes Haus! Die letzte Beratung des Staatsvoranschlages für das künftige Jahr im Budgetausschuß und die gegehwärtige Behandlung desselben im Plenum des Hauses ergibt mit klarer Deutlichkeit, daß die ganze Behandlungweise nich ts anderes als eine Formsache darstellt. Die Mehrheitsparteien des Hauses haben schon lange, bevor der Staatsvoranschlag zur Verhandlung gelangte, die Zustimmung zu demselben erteilt. Die Opposition kann deshalb auf die Behandlung des Staatsvoranschlages weiter keinen Einfluß nehmen, höchstens an demselben im Budgetausschuß und im Plenum des Abgeordnetenhauses Kritik üben. Diese ändert aber an dem Ziffernmaterial des Voranschlages gar nichts. Nach Ablauf der geschäftsordnungsmäßig für die Behandlung des Staatsvoranschlages festgesetzten Frist wird einfach abgestimmt und wie nicht anders zu erwarten, wird der Voranschlag seine sichere Mehrheit finden. Diese Art der Behandlung des Budgets ist jedoch auch für oppositionelle Abgeordnete, die ihr Amt pflichtbewu ßt auffassen, ein Unding. Es besteht zwar vielfach die Anschauung, daß die Sünden, welche die Mehrheitsparteien in finanziellen Angele genheiten des Staates ausführen, die oppositionellen Abgeordneten nichts angehen sollten. Demgegenüber muß jedoch betont werden, daß gerade die anwachsenden Steuerlasten auch jenen Teil der Bewohner des Staates in Mitleidenschaft ziehen, welcher sich in Opposition befindet. Des wegen muß es die ganze und darum auch die deutsche Bevölkerung interessieren, wie der Staatshaushalt gestaltet wird. Nach meinem Dafürhalten hat auch der oppositionelle Teil der Abgeordneten das Recht, seinen Einfluß auf die Gestaltung des Budgets auszuüben, jedoch nicht erst zu jenem Zeitpunkte, wo dasselbe bereits gedruckt vorliegt, sondern zu jener Zeit, wo zwecks Vorbereitung des Budgets die aus dem einzelnen Zweige des Staatshaus haltes hervorgegangenen Materialien gesammelt und zum Budget vereinigt werden. Wenn diese selbstverständliche Forderung Erfüllung erfährt, dann ist die Möglichkeit gegeben, auch für verschiedene Wünsche des deutschen Volkes in diesem Staate zu sorgen, die heute, trotzdem das deutsche Volk zu den ungeheueren Lasten des Staates in gewaltigem Maße beiträgt, einfach keine Berücksichtigung finden. Insolange daher den deutschen Abgeordneten nicht die Möglichkeit gegeben wird, schon bei der Zusammenstellung des Budgets mitzu wirken bleibt die bisher übliche Art der Behandlung des Budgets eine zwecklose Arbeit, die nur dazu dient, den Schein des Parlamentarismus zu wahren und damit die nichtorientierte Öffentlichkeit zu täuschen. Bei der Beratung des vorliegenden Staatshaushaltes für 1922 im Budgetausschuß haben die deutschen Mitglieder des Auschusses eine Reihe von Anträgen gestellt, denen jedoch das gleiche Schicksal wie im Vorjahre zuteil wurde. Sie wurden einfach niedergestimmt. Die deutschen Anträge, deren Verfassung ein langes Studium voraussetzte und von denen fast ein jeder eine große Summe Fleißes und kostbar Arbeit beinhaltet, fanden gar keine Gnade. Für die Einbringung dieser Anträge waren jedoch nicht bloß nationale Momente geltend, denn viele dieser Anträge wären im Falle ihrer Annahme auch der èechischen und slowakischen Bevölkerung zugute gekommen. Die Anträge richteten sich hauptsächlich auf die Verbesserung so mancher Verhältnisse im Staate, die nicht allein von der deutschen, sondern auch von der èechischen und slowakischen Bevölkerung gewünscht werden. Keiner dieser Anträge fand jedoch Rücksicht bei den Mehrheitsparteien, sondern alle wurden mit Ausnahme von unbedeutenden Anträgen der Kollegen der deutschen natinonalsozialistischen und der deutschen sozialdemokratischen Fraktion niedergegestimmt. Es ist selbstverständlich, daß die damit den deutschen Abgeordneten gegenüber bekundete Nichtachtung Unmut auslößen muß denn diese haben durch ihre fleißige Mitarbeit bei den Beratungen des Budgetausschusses den offenkundigen Beweis erbracht, daß es ihnen tatsächlich zu tun ist, die Abhilfe erheischen den vielen Mißstände in der öffentlichen Wirtschaft zu beseitigen. Die deutschen Abgeordneten haben aber auch durch ihre fleißige Mitarbeit ermöglicht, daß die dem Budgetausschuß zur Beratung des Staatsvoranschlages gestellte Frist eingehalten werden konnte. Durch ihre rechtzeitige und ständige Anwesenheit in den Sitzungen haben sie die Beschlußfähigkeit des Budgetausschusses herbeigeführt und aufrecht erhalten, während das von den Vertretern der Mehrheitsparteien nicht immer, am wenigsten in den Nachtsitzungen des Budgetausschusses behauptet werden konnte. Diese Feststellung ist notwendig, weil sie zu erkennen gibt, wie tief trotz aller Zurücksetzungen das Pflichtbewußtsein in den Exponenten des deutschen Volkes verankert ist, für welches man bis jetzt im Staate gar nichts übrig hatte. Ob die Deutschen hiefür diesmal Anerkennung finden werden, muß auf Grund der Erfahrungen verneint werden. Schon die Abstimmungen über die deutschen Anträge ergeben, daß sich die Mehrheitsparteien zwar die Mitwirkung der Deutschen gefallen lassen, jedoch für die Anerkennung der deutschen Arbeit nicht zu haben sind. Diese Tatsache schmerzt umso mehr, als dagegen unter den heutigen Verhältnissen nic hts zu machen ist, da noch immer die Worte des Kollegen Špaèek, die er mir gelegentlich der rücksichtslosen Niederstimmung der deutschen Anträge im Budgetausschuß zurief, momentan Geltung besitzen. Kollege Špaèek sagte damals: "Das müssen Sie sich gefallen lassen, daß Sie unterdrückt werden!" Dieses Bekenntnis läßt einen tiefen Blick in die èechische Seele zu. Wir glauben aber bestimmt annehmen zu können, daß diese Meinung nicht in allen Kreisen des èechischen Volkes gehegt wird, und wo sie vorhanden ist, unter dem Drucke einer anderen Zukunft ihre Änderung erfahren wird. Wenn auch das Leben des èechischen Staates seit seinem Bestande manche Trübung erfahren hat, herrscht doch noch immer in manchen Kreisen des èechischen Volkes, namentlich in jenen, welche von der drückenden Schwere der Zeitverhältnisse wenig oder gar nichts empfinden, eine gewisse Frühlingsstimmung vor, die allerdings später gewiß ihre Ernüchterung erfahren wird. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. Hruban.)

Was das Budget betrifft, gibt es darüber aus nationalen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten viel zu sagen. Ich will mich jedoch, um Wiederholungen zu vermeiden, nur auf einiges Wenige beschränken und zunächst darauf verweisen, daß bei der ungeheueren Steigerung der Lasten es auf die Dauer nicht möglich sein wird, dieselben zu ertragen. Der Vergleich der Steuern im Budget 1922 mit jenen der früheren Jahre zeigt deutlich, wie unheimlich die Belastung durch die direkten und indirekten Steuern zugenommen hat. Während im Jahre 1919 die Grundsteuer, allgemeine und besondere Erwerbsteuer, Einkommensteuer, Branntweinsteuer, Getränkesteuer, Verkehrssteuer und Gebühren einen Gesamtbetrag von 558 Millonen Kronen brachten, stiegen diese Steuern durch das Hinzukommen der Umsatzsteuer im Jahre 1920 auf 1834 Millionen Kronen. Im Jahre 1921 kam noch die Kohlensteuer hinzu und wurde eine Einnahme aus allen erwähnten Steuern von 3764 Millionen erhofft. Im Jahre 1922 sollen diese Steuern einen Gesamtbetrag von 6347 Millionen abwerfen. In diesen unheimlichen Lasten sind eine Menge von direkten Steuern, so zum Beispiel die Gebäudesteuern, nicht einbezogen. Wenn bedacht wird, daß ein großer Teil der direkten Steuern auch noch der Zuschlagspflicht durch Umlagen der Selbstverwaltungskörper unterliegen, läßt sich ermessen, welche Riesensummen an öffentlichen Abgaben die Bevölkerung aufzubringen hat. Es ist nicht anzunehmen, daß diese unheimlichen Lasten, die aber bei der gegenwärtigen Art der öffentlichen Wirtschaft nur noch weiter steigen müssen, länger getragen werden können. Sache der verantwortlichen Kreise im Staate muß es sein, ernsthaft darüber nachzudenken, die Lasten abzubauen. Nach meinem Dafürhalten ist das nur möglich durch weitestgehende Sparsamkeit. Alle Zweige der Staatswirtschaft, die ohne besondere Gegenleistungen nur Geld verschlingen, sind einzuschränken; und dazu gehört wohl in erster Linie jene großeAusgabenpost, welche auf das Ministerium für nationale Verteidigung entfällt. Es muß allen klar werden, daß es auf die Dauer nicht geht, täglich für die Erhaltung der Militärmacht rund 100 Millionen Kronen auszugeben. Ich will die Notwendigkeit der Erhaltung einer Militärmacht im beschränkten Maße im Interesse der Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit des Staates keineswegs bestreiten, aber die hiefür gemachten Ausgaben müssen im Verhältnis zur finanziellen Leistungsfähigkeit des Staates stehen. Insolange die im Wege der Steuern hereingebrachten Gelder vom Ministerium für nationale Verteidigung zum überwiegenden Teile absorbiert werden, ist eine Sanierung der Staatsfinanzen eine Unmöglichkeit. Wenn vom Sparen gesprochen wird, ist aber notwendig, daß auch noch in allen übrigen Ressorts die Ausgaben auf das Mindestmaß eingeschränkt werden. Es wurde schon wiederholt von verschiedenen Seiten darauf verwiesen, daß das übergroße Heer der Beamten und Angestellten in der größten Zahl der Staatsämter eine Menge Geld verschlingt. Richtig ist das Prinzip: Lieber weniger, aber dafür tüchtige und arbeitsfreudige Kräfte zu besitzen, die für ihre Leistungen natürlich nicht mit Schundgehältern, sondern durch Zubilligung entsprechender Bezüge entlohnt werden müssen. Der Herr Eisenbahnminister hat allein seinen Mitteilungen gemäß in den seinem Ressort unterstehenden Ämtern 20.000 Angestellte mehr als er braucht. Wie ist aber diese Feststellung zu bewerten, wenn berücksichtigt wird, daß trotz des Überschusses von Arbeitskräften noch immer Neuaufnahmen sein sollen. Wie sind diese Mitteilungen aber auch noch zu werten, wenn bedacht wird, daß tüchtige deutsche Beamte eine ihren Fachkenntnissen entsprechende Ausnützung nicht erfahren, sondern sich mit untergeordneten Positionen begnügen müssen, währenddem èechische jüngere Kräfte, denen die Erfahrung fehlt, vorgezogen werden. Im Interesse der Eisenbahnverwaltung müßte es doch liegen, zunächst die tüchtigen bewährten und erfahrenen Fachkräfte heranzuziehen und nicht einfach brachliegen zu lassen. Bei der Gelegenheit will ich auch hervorheben, daß jene seinerzeit ohne Ursache entlassenen deutschen Beamten, die später allerdings wiederum in den Eisenbahndienst aufgenommen wurden, zu einem Teil noch auf die Auszahlung der im Jahre 1919 zurückbehaltenen 40% der Gehaltsbezüge warten. Es ist unbedingt notwendig, die den Beamten zukommenden Gehaltsgebühren nicht länger vorzuenthalten, sondern flüssig zu machen. Für die Flüssigmachung soll keineswegs die Zugehörigkeit zu irgend einer politischen Partei maßgebend sein.

Eine Ersparnis im Ressort des Eisenbahnministeriums läßt sich aber auch dadurch herbeiführen, daß man alle vorhandenen Einnahmsquellen entsprechend zu erschließen trachtet. In dieser Hinsicht verdient die Vergebung der Bahnhofrestaurationen entsprechende Beachtung. Es ist zwar gesetzlich festgelegt worden, daß Bahnhofrestaurationen in erster Linie für gewesene Legionäre reserviert bleiben sollen. Ob aber damit der Ertrag aus den Pachtungen gehoben wird, muß dahingestellt bleiben. Im Zusammenhange damit soll nur auf die Verpachtung der Bahnhofrestaurantion in Reichenberg verwiesen werden. Dort war die Bahnhofrestauration viele Jahre an einen reichsdeutschen bewährten Pächtervergeben. Derselbe sah ein, daß er mit seiner reichsdeutschen Staatsangehörigkeit im Èechoslovakischen Staate sich nicht in dieser Position erhalten könne und erwarb deswegen gegen Zuwendung einer von ihm geforderten Spende von 5000 K an das Èechoslovakische Rote Kreuz die Staatsangehörigkeit der Republik. In dieser Eigenschaft glaubte er bei der Neuverpachtung der Bahnhofrestauration in Reichenberg Berücksichtigung zu finden. Die Neuverpachtung erfolgte mit einer Ausschreibung von 25.000 K pro Jahr. Der frühere Pächter, welcher sich um diesen Betrag bewarb, wurde jedoch übergangen. Die Restauration wurde an zwei Legionäre vergeben, von denen jedoch der eine nach kurzer Zeit bereits aus dem Pachtverhältnisse schied. Ein neuer Legionär kam hinzu, der aber auch nach kurzer Zeit das Pachtverhältnis verließ, sodaß schließlich nur mehr ein Legionär verblieb. Derselbe machte jedoch schlechte Geschäfte und kam infolgedessen bald um einen Pachtnachlaß ein. Der Pachtschilling wurde infolgedessen von 25.000 auf 14.000 und schließlich auf 9000 K herabgesetzt. Welchen Entgang an Pachtgeld und an Steuern diese Bevorzugung der Legionäre mit sich brachte, mag folgende Gegenüberstellung dartun. Der ursprüngliche reichsdeutsche Pächter erbot sich, 25.000 K an Pacht voll zu zahlen. Daß es ihm nicht schlecht gegangen sein mag, ergibt die Tatsache, daß ihm an Steuern 96.000 K vorgeschrieben wurden und daß derselbe Licht und Kohlen aus Eigenem trug. Der verbliebene Legionär zahlt dagegen nur 9000 K an Pacht. Er soll mit Rücksicht auf den schlechten Geschäftsgang auch um satzsteuerfrei sein und erhält Beheizung und Beleuchtung von Seite der Bahnver waltung. Natürlich kann von einer sonstigen Steuerleistung nicht hier die Rede sein. Die Bevorzugung der Legionäre zeitigt in diesem Falle große Entgänge an Einnahmen, die natürlich zum Fehlen kommen müssen. Nachdem das Reichen berger Beispiel nicht vereinzelt dastehen dürfte, ist es notwendig, daß die vom Par lamente eingesetzte Ersparungskommis sion als eine ihrer ersten Aufgaben die Revision der Pachtverträge der Restaurationen der Staatsbahnen fordern muß. Das Eisenbahnministerium muß sich ebenso wie die reichsdeutsche Staatsbahnverwaltung mit zum Nutznießer des Restaurationsbetriebes auf den Bahnen machen. Ich erwähne hier, daß die reichsdeutsche Bahnverwaltung neben dem Pachtschilling auch noch am Reingewinn aus dem Betriebe der Bahnhofrestaurationen partizipiert, der in Sachsen allein schon 30% beträgt.

Einige Worte sollen noch dem Kapitel Landwirtschaft gewidmet sein. Von den Gesamtausgaben desBudgets für 1922 entfallen auf das Ministerium für Landwirtschaft nicht ganz 3%. Dieser geringe Anteil sagt deutlich, daß die Èechoslovakische Republik für die Landwirtschaft nicht viel übrig hat, obwohl darauf verwiesen werden muß, daß die Zuwendungen für die Landwirtschaft die einzigen produktiven Ausgaben sind. Jede Krone, die man der Land- und Forstwirtschaft zuwendet, kommt mit reichen Zinsen zurück. Der Èechoslovakische Staat ist ein Gebiet, in welchem durch richtige Förderung der Landwirtschaft ungeheuere Werte erzielt werden können.

Die richtige Ausnützung des gesamten Bodens im landwirtschaftlichen Sinne müßte dazu führen, daß der Staat bezüglich der Ernährung seiner Einwohner nicht nur vom Auslande vollständig unabhängig wird, sondern daß derselbe noch einen beträchtlichen Überschuß ausführen könnte. Der Weg hiezu führt über eine richtige fachliche Ausbildung des landwirtschaftlichen Standes. Die heute vorhandenen fachlichen Schulen genügen dem Bedarfe noch lange nicht. Es heißt zwar, daß in einem jeden politischen Bezirke eine landw. Fachschule errichtet werden soll. Es ist aber notwendig, die wenigen vorhandenen landw. Anstalten nicht verkümmern zu lassen, sondern durch Zuwendung der notwendigen Mittel dafür zu sorgen, daß diese Schulen entsprechend ausgestaltet und dadurch ihrem Zwecke wirklich dienstbar gemacht werden. Ich habe mir erlaubt, einige dahingehenden Anträge zu unterbreiten. Es ist weiter notwendig, die landwirtschaftliche Lehrerschaft berufsfreudig und berufstüchtig zu erhalten. Die landwirtschaftliche Lehrerschaft bedeutet im Interesse der Förderung der Landeskultur einen bedeutenden Faktor. Die landwirtschaftlichen Lehrer, besonders an den niederen Fachschulen, haben nicht nur zu unterrichten, sondern müssen auch einen Teil ihrer sonstigen Zeit in den landwirtschaftlichen Förderungsdienst stellen und haben draußen unter der landwirtschaftlichen Bevölkerung Aufklärung zu verbreiten. Es ist darum notwendig, daß aus diesem Grunde die Tätigkeit der landwirtschaftlichen Lehrerschaft die richtige Würdigung erfährt, und daß man derselben bezüglich ihrer Bezahlung das gibt, worauf sie im Interesse ihrer bedeutungsvollen und intensiven Arbeit berechtigten Anspruch erheben kann.


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