Hohes Haus! Wohl noch selten hatte das deutsche Volk Ursache, unzufriedener zu sein, als unter den gegenwärtigen Verhältnissen und in diesem Staate. Das sind die Folgen und Auswirkungen einer Gesetzgebung, die ohne das Zutun der Deutschen und gegen ihren Willen geschehen ist, die Auswirkung von Gesetzen, bar jeder Vernunft und ohne jede Gerechtigkeit gegen unser Volk. Sowie die Gesetzgebung dem deutschen Volk die schwerste Schädigung bringt, so ist es auch der Voranschlag, der auf dem Tisch des Hauses liegt. Das ist das Budget eines Großstaates und nicht eines kleinen Staates, eines Binnenstaates, wie ihn die èechoslovakische Republik darstellt. Das èechische Volk ist noch immer von dem Wahn der Vortrefflichkeit und Vorzüglichkeit seiner Republik beherrscht und übersieht die Tatsache, daß eine unheimliche Wirtschaftskrise und eine solche der nationalen Verwirrungen besteht. Selbst ein Mann, wie der Außenminister Dr. Beneš ist von dem Wahn seines Berufs als Weltdiplomat befangen und glaubt aus einem 13 Millionenvolk ein Weltreich schaffen zu können. Der Tag der bitteren Enttäuschungen muß jedoch kommen und es ist nur schade für den bisher getriebenen Milliardenaufwand. Diese Verhältnisse sind ja unhaltbar, wenn Sie sich nicht auf eine, eben diesen Verhältnissen entsprechende Realpolitik einrichten, Sie haben das Budget einer Großmacht, Sie haben das Heer einer Großmacht, den Beamtenapparat einer Großmacht, die Repräsentanz einer solchen und diese Übertreibungen sind doch im Vergleich zur Größe des Staates geradezu lächerlich. Wenn nun die Finanzwirtschaft des Staates angeblich in Ordnung ist, wie aus dem vorliegenden Voranschlag zu ersehen wäre, so macht doch die Privatwirtschaft die größte Krise durch. Durch diese Verhältnisse wird die Privatwirtschaft schon an und für sich zugrunde gerichtet. Das werden die bitteren Folgen der Großtuerei sein. Unser Volk hat ein Sprichwort, das sagt: "Großtun ist leicht, großbleiben ist eine Kunst". Wenn meine Partei diesem Staatsvoranschlag nicht die Anerkennung und Zustimmung geben kann, so ist der Grund der, daß dieser Voranschlag weder den Bedürfnissen des Staates entspricht, noch daß der Staat daran denkt, daß der Weiterbestand solcher Lasten für das Volk unerträglich ist. Daher ist unsere Kritik und die Verneinung des Präliminars ein Protest gegen die Bedrückung und Vergewaltigung der deutschen Landwirtschaft. Wenn das Defizit im Staatshaushalt vom Jahre 1921 gegenüber dem von 1923 angeblich von 726 auf 526 Millionen gesunken sein soll, so fehlt mir auch hier wie vielen, ja allen meinen deutschen Kollegen der Glaube. Das Budget ist nach außen hin schön frisiert, sodaß man der Ansicht zuneigen könnte, der Staatshaushalt bewege sich in geordneten Verhältnissen, und selbst wenn uns von dem Berichterstatter mitgeteilt wird, daß die Ausgaben für das ganz unnötige Riesenheer um 223 Millionen gesunken seien, daß die Ausgaben im Eisenbahnministe rium sich verringern, die Einnahmen da gegen sich steigern, so ist es gerade bei diesen Staatseinrichtungen, bei der Eisen bahn, beim Telegraph und beim Telephon bedauerlich, wenn sich hier die Ausgaben verringern und die Einnahmen vermehren, weil dadurch nur unser Verkehrswesen geschädigt und eine Entwicklung der Wirtschaft hintangehalten wird. Der Voranschlag, der uns zeigen soll, daß wir besseren Zeiten entgegengehen, sagt aber nicht, daß die direkten Steuern eine Zunahme von 258 Millionen erfahren haben. Wenn weiter eine größere Einnahme bei den Zöllen zu verzeichnen ist, so müssen wir eben von unserem Standpunkt diese Mehreinnahmen bedauern, denn sie treffen nur den Steuerträger, den mittleren und kleinen Landwirt, unsere kleinen Gewerbe treibenden und unsere Häusler, und deren Lage ist eine solche, daß sie mit ängstlichen Blicken der Zukunft entgegen schauen, ob denn nicht schon bald der Zeit punkt kommen wird, wo endlich die öffentlichen Abgaben abgebaut werden. So sehen wir aber trotz der günstigen Ziffern des Voranschlages, daß die direkten Steuern sich wieder gewaltig vermehrt haben. Und wenn es auch heißt, daß die Kohlenabgabe um 450 Millionen gesunken sei, so spüren wir davon in unserem Haushalt nichts, denn die Kohle ist gegenwärtig teuerer zu beschaffen als früher. Der Grund dafür ist verschleiert und es haben bereits meine Kollegen Stellung dazu genommen und ver sucht, den Schleier von dieser Verheimlichung wegzuziehen. Die Steuerbelastung ist für unser Volk unerträglich geworden. Und wenn heute bereits auf den Kopf 1400 K öffentliche Abgaben kommen, so spricht das mehr als alle Proreden zum Staatsvoranschlag.
Insbesondere ist es die Landwirtschaft, die die Quelle dieser öffentlichen Abgaben bildet, die im Voranschlag wieder als Stief kind und als Aschenbrödel bedacht ist, die darunter leidet, denn gerade der Bauer ist es, der nicht mühelos von den Staatsgeldern lebt, sondern nur von seiner eigenen Arbeit. Und wenn er es durch Fleiß und äußerste Sparsamkeit zu einem kleinen Vermögen, das nicht als Betriebskapital und nicht als Reservefond aufzufassen ist, gebracht hat, so tritt nun der Staat an ihn heran, der nicht bloß jede Vermögensbildung hindert, sondern in einer auf keinem Recht begründeten Art unser Privatvermögen direkt konfisziert. Es ist die Auswirkung keines Gesetzes für unsere wirtschaftlichen Verhältnisse von so schlimmer Art, wie das Gesetz über die Vermögensabgabe und über die Vermögenszuwachsabgabe, jenes Gesetz, das im letzten Augenblick noch der Nationalkonvent verbrochen hat. Wenn wir unser Vermögen nach dem Stande vom 1. Jänner 1914 bis zum 1. März 1919 konskribierten, so sind seit jenem Tage drei Jahre vorüber, und in dieser Zeit ist der Wert unserer Realitäten so bedeutend zurückgegangen, daß wir keinen Vermögenszuwachs, sondern mehr als 50% Vermögensabgang zu verzeichnen haben. Und von Vermögensabgabe oder Zuwachsabgabe kann keine Rede sein. Das hindert allerdings die Steuerverwaltungen nicht, im Auftrage der Gesetzgeber den deutschenBauern bis auf das Hemd auszuziehen. Was sich in einzelnen Steuerbezirken abspielt, das spottet jeder Beschreibung. Wenn aus einem solchen Bezirk, wie meinem Heimatsbezirk Elbogen, eine Vermögensabgabe von 7,800.000 Kronen herausgepreßt wird, so spricht das mehr als Bände. Für welche Zwecke hätte man diese Riesensumme verwenden können, in humanitärer Beziehung, auf wirtschaftlichem Gebiete, für kulturelle Bedürfnisse! So aber werden diese Gelder herausgeschunden und dem Moloch des Fiskus vorgeworfen zu seinen weiteren leichtsinnigen Ausgaben für Heer und Repräsentanz, für ganz unnötige Zwecke, sodaß auch dem Volke die Achtung vor dem Gesetz und das Vertrauen in die Moral der Gesetzgebung fehlen muß. Wenn Sie vor der Aufgabe stehen, die Republik auszubauen und neu einzurichten, so genügt die Schaffung einer Verfassung nicht, so können Sie das nicht mit der Hilfe von Gewaltmitteln tun, so können Sie das auch nicht mit jener Gerechtigkeitsheuchelei vor der fremdländischen Öffentlichkeit ausführen wie bisher, sondern nur mit dem Willen der Völker, mit dem Willen der Deutschen, mit dem Willen der Minder heiten. Dann müssen Sie aber Gerechtig keit in Ihren Gesetzen, Gerechtigkeit in der Verwaltung eintreten lassen. Ihre Gerechtigkeit besteht aber in angemaßten Vorrechten. Selbst den kulturell tiefst ste henden Rassen gegenüber würde man eine solche Beherrschung, eine solche Ausbeutung wie hier, nicht am Platze finden. Das Charakteristikum dieser Republik in ihrem Verhalten gegenüber dem deut schen Volke ist Gewalt, ist Unrecht. Die Herabdrückung unseres kulturell hoch stehenden Volkes unter das Niveau der Menschlichkeit muß auf unserer Seite Ab neigung und Haß erzeugen. Und bald werden Sie, die Herren der Mehrheit, die Führer des Staates und dieser Regierung die Früchte einer solchen Politik, wohl schon in allernächster Zeit, ernten. Sie treiben das Wirtschaftsleben der Republik dem Konkurse zu und wie Sie den Staat in überraschender Weise und in kürzester Frist aufgebaut haben, so ist es vielleicht auch möglich, daß sie selbst wieder unheimlich rasch zu dessen Zerstörung beitragen. Ein Staat, der leben will, muß aufgebaut sein auf Gerechtigkeit und auf der Freiheit seiner Bewohner, aber hier gilt uns gegenüber wie in all Ihrem Tun nur das Wort: "Denn ich bin groß und Du bist klein." Dieses schlechte Beispiel haben Sie sich dem deutschen Volk gegenüber besonders zueigen gemacht. Dadurch haben die Herren der Mehrheit einen beständigen oder latenten Kriegszustand geschaffen, dadurch haben Sie selbst Ursache zur schärfsten Opposition und zur Verneinung gegeben. Für Völkerstaaten ist ein solcher Zustand unhaltbar. Sie übersehen damit, daß der Wille des Volkes solche Staaten wieder ins Wanken und Weichen bringen kann, weil das Bedürfnis nach Gerechtigkeit aus den tatsächlichen Verhältnissen dem deutschen Volke täglich entgegenschaut und es weiß, daß es hier bewußt brutalisiert und vergewaltigt wird. Erkennen wir eine Gerechtigkeit, wenn wir z. B. die Ziffern des ganz unnötigen Heeres betrachten? Dem Heere gehören über 22% Deutsche an. Für diese deutschen Volksgenossen, die in ganz unnötiger Dauer im Heere ihre Jugend verbringen müssen, heißt es, ist auch eine entsprechende Anzahl deutscher Offiziere vorhanden. Diesen 22% deutscher Mannschaftsangehörigen stehen aber nur 14% deutscher Offiziere gegenüber. Auch wieder ein Beweis, daß von einer Gerechtigkeit nichts zu spüren ist.
Wenn erhitzte Zustände eingetreten sind, so ist es eben Ihrem Willen zuzuschreiben. Wir wissen, was Sie mit Ihrer Politik wollen: Sie wollen die Entnationalisierung der Deutschen und die Zermürbung ihres Wirtschaftslebens. Wenn Ihr Wille anderer Art gewesen wäre, wenn Ihr Wille wahrhaft danach angetan sein sollte, uns Gerechtigkeit und Freiheit zu geben, dann durften sich Ihre Versicherungen, die Versprechungen der Regierung und der Minister nicht in Widerspruch zu den Tatsachen setzen. Dadurch muß auf unserer Seite jedes Vertrauen schwinden und dadurch ist es auch unmöglich, zu einem Zusammenwirken zu kommen. Die Schuld an der Entstehung des feindlichen Verhältnisses tragen Sie ganz allein. Können die Herren der Mehrheit und der Regierung mehr noch auf ihr Schuldkonto laden als bisher? Zeigt nicht die Vernichtung unseres deutschen Schulwesens, die Enteignung des deutschen Grundes und Bodens zur èechischen Kolonisierung, beweist nicht die Enteignung der deutschen Eisenbahnen, die Entlassung unserer deutschen Beamten, unserer deutschen Arbeiter, denen Sie die Arbeitsmöglichkeit genommen haben, beweist nicht weiter Ihre Gesetzgebung, die Verstaatlichung der Polizei, die Wegnahme der Gemeindeautonomie Ihr ganzes System? Ist es nicht ein Faustschlag gegen unsere deutschen Kurstädte, wenn Sie dort in die Verwaltung, in die Aufsicht, ja selbst in die Einrichtungen dieser Kurverwaltunggen eindringen wollen? Beweist nicht vor allem das Sprachengesetz und letzten Endes die Verstaatlichung der Grenzwälder diesen Willen zur Entnationalisierung und Zermürbung unseres Volkes? Mehr, glaube ich, können Sie vor der Geschichte - und diese wird gerecht richten - nicht verantworten. Wer in dieser Weise vergewaltigt, der kann im Privatleben nicht fordern, daß man zu ihm, dem Peiniger, Vertrauen hat. Und was im Privatleben gilt, das gilt auch für das Leben im Staate. Auch hier ist die Voraussetzung für ein Vertrauen nicht gegeben.
Wir wissen, daß dieser Kampf um unsere Existenz, um die Zukunft des deutschen Volkes und um unsere Heimat geht, und darum werden Sie uns auch einig finden. Sie rechnen nicht mit deutscher Kraft und Ausdauer. Die Verhältnisse werden Sie selbst zur Besinnung bringen, daß Sie endlich von dieser Großtuerei ablassen und von dem Wahne eines Großstaates zu dem realen Gedanken des Kleinstaates, um nicht zu sagen eines Zwergstaates zurückkehren. Sie können sich auf die Dauer doch nicht selbst genügen. Sie sind eingeklemmt zwischen großen Nachbarn und Ihre wirtschaftliche Schwäche können Sie durch Bündnisse mit anderen Staaten nicht wettmachen. Dazu kommt noch Ihre unvernünftige Zollpolitik, die besonders für die Landwirtschaft schädigend wirkt. Ein Staat, der in seiner Einund Ausfuhr stets mit seinen Nachbarstaaten rechnen muß, kommt selbstverständlich in eine gewisse Abhängigkeit von diesen Staaten und es nützt nichts, wenn Rašín, jener Mann, der uns dieses Riesenbudget wieder vorgelegt hat, aus der èechischen Krone angeblich eine Edelkrone gemacht hat. Es wird die Zeit kommen, wo diese Edelkrone eine Dornenkrone geworden sein wird.
Auch von Demokratie ist in diesem Staate nichts zu spüren, sonst müßte jeder Staatsbürger vor dem Gesetze völlig gleich sein, und es müßten jedem Staatsbürger die Staatsstellen zugänglich sein. Die Knebelung und Entlassung der deutschen Beamtenschaft ist wohl der beste Beweis dafür, daß eine Demokratie hier ebenso wenig vorhanden ist, wie Sie von uns Loyalität oder Anerkennung Ihrer Autorität verlangen können. Denn niemals können solche Staatsnotwendigkeiten erzwungen, sie können nur durch Vertrauen erworben werden. Eine Staatsordnung, die nicht auf dem Vertrauen und auf der Anerkennung der Bevölkerung beruht, steht auf morschem Fundament und kann bei jedem Sturm zusammenbrechen. Auch Ihr Majoritätsprinzip ist dieser Auffassung entsprungen, es beruht auf Gehässigkeit und auf brutaler Knebelung des deutschen Volkes, der deutschen Abgeordneten.
Wenn wir in unseren Forderungen
auch das Verlangen nach Selbstverwaltung auf gestellt haben, so
würde das Zugeständnis einer solchen Selbstverwaltung dem Staate
nicht gefährlich werden. Im Gegenteil, es würde dem Wetteifer
der Völker nur förderlich sein. Dagegen wird die Verweigerung,
der Selbstverwaltung im Staate Zustände schaffen, die für seinen
Bestand in nächster Zeit wohl durch die Auswirkungen der Krise
besonders fühlbar sein werden. Der Staat muß dem Willen seiner
Völker gerecht werden. Daraus ergibt sich auch der Grundsatz von
der Souveränität eines Volkes und auch des deutschen Volkes. Der
Èechoslovakischen Republik fehlt dieser Grundsatz. Deshalb, glaube
ich, dürfte der Staat auch nicht ewig bestehen. Wir stehen hier
und handeln im Auftrage unseres Volkes, das diesen Zustand der
Rechtsunsicherheit, der wirtschaftlichen Bedrückung, täglich an
seinem Leibe zu spüren hat. Es hat den Willen der Verneinung dieser
Ausgaben, es hat den Willen der Verneinung jener Gesetze, die
nur zur Vernichtung eines ganzen Volkes geschaffen zu sein scheinen,
für uns gegeben. Der Wille des Volkes ist für uns unser Gewissen.
Das Rechtsbewußtsein im Staate ist durch die Rechtsuntreue in
die sem Staate auf unserer Seite, und wenn die Führer des Staates
heute nicht mehr auf dem Rechtsboden stehen, so muß dies auf deutscher
Seite auch eine Erschütte rung nicht nur im Rechtsbewußtsein er
zeugen, sondern auch eine Erschütterung in der Achtung vor den
Gesetzen. Diese Erschütterung wird weiter gehen und wird wohl
auch den Staat bei Fortsetzung seines bisherigen Verhaltens gegenüber
dem deutschen Volke in seinem Bestand treffen. Die Verantwortung
für solche Verhält nisse fällt auf die Mehrheit des Hauses und
deren Führer, und auf die Regierung zurück. Das deutsche Volk
aber wird sich in seiner schwersten Zeit durch sich selbst zu
schützen wissen. (Potlesk na levici.)
Hohes Haus! Der Herr Finanzminister hat sehr schöne Worte zur Begründung seines Staatsvoranschlages gefunden. Er sagte damals im Budgetausschuß: "Salus reipublicae suprema lex esto!" Ich könnte ihm darauf auch lateinisch antworten und aus Cicero zitieren: "Est igitur, inquit Africanus, res publica res populi - populus autem consensu iuris et utilatis communione sociatus." Das heißt deutsch: Es ist die respublica, die Sache des Volkes, das in Übereinstimmung des Rechtes und durch gemeinsamen Nutzen vereinigt ist." Aber ich will diesen Ausspruch des. Herrn Finanzministers nicht politisch deuten, denn die bisherige Politik der Machthaber dieses Staates den Deutschen gegenüber beweist uns leider, daß sie von der Auffassung ausgehen: der Staat sind wir Èechen, respublica in der Èechoslovakischen Republik sind wir Èechen, Euer, der Deutschen, Slovaken, Magyaren, Ruthenen und Polen höchstes Gesetz sei also, für unser, der Träger der respublica, Gemeinwohl zu sorgen. Wir lehnen dies höflichst, aber entschieden ab und - ich glaube auch im Namen aller meiner deutschen Kollegen sprechen zu können, - werden es solange ablehnen, als die "respublica Èechoslovakia" an den Grundgesetzen des Staates und der bisherigen Entrechtungspolitik den Deutschen und auch den anderen Nationen gegenüber festhält. (Souhlas na levici.) Ich kann den Ausspruch des Herrn Finanzministers auch nicht wirtschaftlich verstehen, denn auch die Wirtschaft und die Finanzpolitik der Machthaber dieses Staates dient nur einem kleinen Kreise èechischer Geldmagnaten, denen auch der Herr Finanzminister nahe steht, ich glaube aber kaum, wenn Sie das Heer von Arbeitslosen in diesem Staate, auch auf èechischer Seite, die stillstehenden Fabriken im Norden und Süden, das Elend, die Auswanderung, die fortgesetzte Verschlechterung der Lebensbedingungen auch weiter bäuerlicher Kreise, das Elend der Pensionisten, der Renten- und Kriegsanleihebesitzer, wenn Sie das alles übersehen, ich glaube kaum, daß Sie den Staatshaushalt mit Gemeinwohl überhaupt in Verbindung bringen können.
Aber ich will mich hier vollständig auf das Finanzwirtschaftliche beschränken und die Worte des Herrn Finanzministers sowie die Ziffern des Voranschlages von diesem Standpunkte aus zu werten versuchen. Wir stehen Ziffern gegenüber, die Milliardenwerte repräsentieren, Ziffern, die an irgendeinem Maßstab gemessen, die Leistungsfähigkeit dieser Republik und der hier arbeitenden Menschen ausdrücken sollen. Suchen wir zuerst, den Gedankengängen des Herrn Finanzministers immer folgend, eine feste Unterlage für die Betrachtung dieser Ziffern zu gewinnen. Es ist bereits von einem meiner Herren Kollegen in seiner Rede angedeutet worden. In seiner Programmrede bemerkte der Herr Finanzminister: "Die Wirtschaftsverhältnisse unterscheiden sich grundlegend von den Verhältnissen vor einem Jahre. Damals standen wir noch unter dem Druck der allgemeinen Teuerung und des niederen Standes unserer Währung. Nunmehr ist in beiden Richtungen eine bedeutende Veränderung eingetreten." Ich glaube, der Herr Finanzminister weist hier ganz richtig auf jene Tatsachen und Momente hin, die eine Bewertungsgrundlage für die Ziffern unseres Voranschlages abgeben können. Da wir eine in Gold fundierte, stabilisierte "bewährte" Währung noch nicht besitzen, so müssen wir unseren Staatvoranschlag einmal im Lichte der sogenannten äußeren Kaufkraft unseres Geldes, also der Kaufkraft im Auslande, und zweitens unter dem Gesichtspunkt der inneren Kaufkraft betrachten. Dadurch kann meiner Meinung nach in dieses schemenhafte Ziffernmaterial wenigstens einigermaßen Leben hineinkommen. Wir werden aber auch sofort bemerken, daß beide Vergleichungen stark ernüchternd auf uns einwirken müssen und daß der rosige Optimismus des Staatsvoranschlages sich bei derartigen Betrachtungen in ein sehr trübseliges Grau verwandelt.
Vergleichen wir also zuerst die Sparmaßnahmen der Regieerung an der äußeren Kaufkraft des Geldes, das heißt, rechnen wir in Goldkronen den Voranschlag im Jahre 1922 und in Goldkronen den vorliegenden Voranschlag von 1923. Wir er halten folgende Ziffern: Wir müssen, wenn Sie den ungefähren Dollarkurs des Vorjahres hernehmen, durch 12 dividieren, heute durch 6. Wir erhalten also bei den Ausgaben im Vorjahre 1651 Millionen Goldkronen, heuer 3229 Millionen Gold kronen. Also ein Plus von 1578 Millionen Goldkronen, in Papierkronen umgerechnet 9468 Millionen. Bei den Einnahmen das selbe. Die Rechnung ergibt ein Plus von 1562 Millionen Goldkronen, das sind 9272 Millionen Papierkronen. Natürlich, die Währungspolitiker des Finanzamtes und vielleicht auch der Herr Finanzminister werden sofort dagegen hundert Argu mente vorbringen. Ich aber behaupte: es ist nicht gleichgültig, auf der einen Seite mit einem Hochwert unserer Valuta im Ausland fortwährend groß zu tun, bei jenen Posten aber, die den Bürger innen am meisten berühren, bei den Staatsein nahmen, also den Steuern, diesen Hoch wert der Valuta plötzlich ganz zu vergessen und den Steuerträgern, wie eben gesagt, 9.3 Milliarden Papierkronen gegen über dem Vorjahre mehr abzunehmen. Ich glaube, der Herr Finanzminister müßte derartigen Ziffern gegenüber immer, wenn er vom Sparen spricht, schamrot werden.
Aber wenden wir uns einmal der innern Kaufkraft unseres Geldes zu und be urteilen wir danach die Ziffern unseres Staatsvoranschlages. Für die Einschätzung der innern Kaufkraft der Krone werden wir einerseits den Lebensmittel- und Bedarfswarenindex, andererseits, wie es der Herr Finanzminister in der Budgetbera tung am 7. November getan hat, den Notenumlauf im Inland heranziehen kön nen. Also zuerst die Indexvergleichung. Das statistische Staatsamt weist für Sep tember 1921 für Lebensmittel 1428, für September 1922 1105, mit den übrigen Be darfsartikeln zusammen durchschnittlich einen Index im Vorjahre von 1790 und heuer im September von 1252 aus, das heißt, im Vorjahre waren wir mit allen Artikeln 17fach so teuer daran, heuer sind wir bloß 12fach, lofach, 9fach so teuer. Eine Ausnahme vielleicht bildet die Kar toffel, denn diese ist heuer, wie ich von verschiedenen Seiten höre, unverkäuflich und der Verkauf derselben begegnet den größten Schwierigkeiten. Also die Staats ausgaben müssen nach der innern Kaufkraft berechnet, sich wie 17 zu 11 oder 1798 zu 1257 verhalten. Die Ziffern unseres Staatsvoranschlages beweisen auf den ersten Blick, daß dies nicht der Fall ist, daß also auch von dieser Beweisgrundlage betrachtet alle Worte vom Sparen und finanzieller Konsolidierung nur ein Spiel mit leeren Ziffern sind. Wären die Aus gabeposten in diesem Verhältnis gefallen, so dürften sie nur 15.566 Millionen K betragen, sie sind also um 3.811 Millionen Kè zu hoch. Ebenso verhält es sich bei den Einnahmen. Ich müßte nun die Frage stellen, ob es nicht angebracht ist, vom Staatshaushalt zumindest dieselbe Sparsamkeit zu verlangen, wie sie vom Privathaushalt verlangt wird. Der Arbeiter hat sich in den meisten Industriegruppen, ich rede hier von der Textilindustrie, eine 23%ige Lohnherabsetzung gefallen lassen, was einem Sinken des Lebensmittelindex von 14.28 auf 11.05, ebenfalls 23 %, voll kommen entspricht. Trotzdem soll aber der Kopfanteil des einzelnen Staatsbürgers dieser Republik bei den Staatseinnahmen fast derselbe bleiben, d. h., während der Staatsbürger im Jahre 1922 mit 1398 Kronen belastet war, soll er dem Staate im Jahre 1923 1393 Kronen leisten. Man hat ihn also im Staatshaushalt um ein Drittel Pro zent, ausgerechnet bare 5 Kronen weniger, auferlegt. Dafür aber sind seine Ein nahmen um 23 % beim Lohn gefallen. Und bei den Gewerbetreibenden, Kaufleuten, Industriellen und Landwirten! Ist da das Verhältnis nicht noch viel krasser? Die Preise zuweilen um 30, 50 % herabgesetzt, ja 70, und noch mehr; - dafür um 1/3% weniger Leistung an den Staat! Es sei hier in Parenthese bemerkt, daß wir hier beim Kopfanteil eigentlich von der Familie sprechen müssen und da bei einer vierköpfigen Familie bloß mit einem Minus von 20 Kronen rechnen, während anderer seits das Einkommen heute auf einem Tiefstand ist, wie nie zuvor. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. Hruban.) Man soll nur einmal in die Gebiete gehen, wo die Leute heute von der Arbeitslosenunterstützung leben sollen. (Posl. Böhr: Oder gar keine bekommen!) Oder gar keine bekommen, wie es heute bei vielen Heimarbeitern der Fall ist. Das nennt man gerechte Sparsamkeit im Staatshaushalt.
Gehen wir aber weiter, zum zweiten Vergleichspunkt, den der Herr Finanzminister auch selbst im Budgetausschusse herangezogen hat, den Notenumlauf. Der Herr Finanzminister sprach davon: Im Oktober 1921 war der Notenumlauf 12.327 Milliarden, am gleichen Tage des Jahres 1922 10.139 Milliarden. Er sagt weiter: "Dem entspricht das, Verhältnis zwischen den heurigen und den vorjährigen Preisen nicht, weil sonst der Staatsnotenumlauf bedeutend geringer sein müßte." Wird der Notenumlauf nach dem Verhältnis der Lebensmittelindexziffer September 1921 und September 1922 berechnet, so kommen wir heute auf einen notwendigen Notenumlauf von 9.685 Milliarden, der wirkliche Notenumlauf ist also um 454 Millionen zu hoch. Es ist nun äußerst merkwürdig, daß auch hier die Vertrreter der Finanzverwaltung nicht sogleich bemerkt haben, daß wir bei Zugrundelegung des Notenumlaufes als Maßstab für die innere Kaufkraft des Geldes auch in unserem Staatsvoranschlag viel zu hohe Ziffern haben, denn würde sich der Staatsvoranschlag im Verhältnis zu den Ziffern des Notenumlaufes be wegen und dadurch die gesteigerte Kaufkraft des Volkes einigermaßen ausdrücken, so müßte in den Ausgaben um 3087 Millionen und in den Einnahmen sogar 3285 - Millionen weniger erscheinen. Ich wiederhole also nochmals: suchen wir wo immer eine Vergleichsbasis für die Ziffernberge des Staatshaushaltes, sei es im Goldwerte an der sogenannten äußeren oder inneren Kaufkraft des Geldes, sei es an der als notwendig errechneten Größe des Notenumlaufes, immer schallt uns die traurige Antwort entgegen, die wir mit einer kleinen Variation des bekannten Ausspruches wiedergeben können: "Gewogen und zu schwer befunden" 9 Milliarden, 5 Milliarden, 3 Milliarden zuviel. Wo bleibt angesichts dieser Zif fern der rosenrote Optimismus unserer Regierung und das geradezu rührende Gottvertrauen in die unerschöpfliche Leistungsfähigkeit der zahlenden Staats bürgerma sse? Hier gibt es wohl nur einen Schluß, und den spreche nicht ich allein jetzt aus, sondern den hat Herr Dr. Kramáø an dieser Stelle in seiner Rede zur Regierungserklärung bereits mit den Worten ausgesprochen. Ich zitiere: "Wir leben viel zu teuer, wir produzieren zu teuer und unser Staat ist viel zu teuer". Und weiter sagte er: "Wir können mit unserem 20 Milliarden-Voranschlag nicht existieren, das verträgt einfach unsere Wirtschaft nicht". Jawohl, wenn Herr Dr. Kramáø hier wäre, könnte ich ihm sagen, daß ich ihm vollkommen zustimme, vielleicht ist Herr Minister Dr. Rašín so freundlich, seinem Klubkollegen Dr. Kramáø das mitzuteilen. Wir können mit einem solchen Voranschlag nicht existieren, das verträgt einfach unsere Wirtschaft nicht, ich wiederhole das von deutscher Seite. Aber wo sind, meine Herren von der Regierung, Ihre Vorschläge, wo ist die logische Fortführung des eigenen Gedankenganges? Da stockt die Argumentation, auch der Redefluß von der Konsolidierung verstummt und, verzeihen Sie das harte Wort, Sie werden alle miteinander bei der Abstimmung die Hände erheben, wenn es gilt für Militärzwecke, Gendarmerie, Spitzel, Polizei und sonstige Wachen in diesem Staate die Summe von 3113 Millionen zu bewilligen, also von den gesamten Staatsausgaben 17.1%. Wenn es also gilt die Steuerträger per Kopf nach dem sogenannten Auslandsgoldwert für diese Post mit 111 Kronen höher zu belasten als im Vorjahre, das nennt man Logik im Staatshaushalte?
Aber wir wollen bei unseren traurigen Betrachtungen hier die theoretischen Wege verlassen und uns einmal der reinen Praxis zuwenden. Auch der Herr Finanzminister hat diesen Weg beschritten, als er gleich im Anfange seiner Budgetrede ungefähr sagte: "Die Verringerung - nämlich der Stand der Auslandswährung und das Preisniveau der Lebensmittel und Bedarfsartikel hätte sich natürlich in den Ziffern unseres Staatsvoranschlages zum Ausdruck bringen sollen. Dies konnte nicht vollständig gelingen, weil eine große Menge von Ausgaben des Staates durch Gesetze festgelegt sind. Der Grundsatz der Budgetierung könne einzig und allein darin bestehen, daß sich diese gesetzlichen Ausgabeverpflichtungen in den Ziffern des Staatsvoranschlages zum Ausdruck bringen."
Der Herr Finanzminister wird mir ver zeihen, wenn ich das eine billige Weisheit nenne, die einen Staat, der einmal auf den Weg der sogenannten westlichen Orientie rung, des Militarismus, einer falschen und verfehlten Handelspolitik u. s. w. geraten ist, auch bis zum Rande des Abgrun des bringen kann, ja daß es möglich ist, daß er bei Fortsetzung eine derarti gen Staatshaushalts-Politik auch noch ein Stückchen weiter auf diesem Wege kom men könnte. Meiner Meinung nach ist es einer der wichtigsten Grundsätze bei der Budgetaufstellung und Budgeterörterung - und ich schließe das auch aus der Betrachtung anderer Staaten - daß auf jene Punkte mit allem Nachdruck hingewiesen wird, die das Unerfüllbare, Unmögliche, die Leistungsfähigkeit des Volkes Übersteigende, also bei bewußter Außerachtlassung auf der Seite des Verfassers des Budgets eben das Unwahre und Lügnerische in einem solchen Zifferwerke darstellen. Und darauf möchte ich noch zu sprechen kommen.