Pátek 14. prosince 1923

Ich habe im ersten Teile meiner Auführungen konzediert, daß die Bautätigkeit in der Slovakei in erfreulicher Weise eingesetzt hat. Aber es wäre grundfalsch, wenn man zugleich damit auch anerkennen würde, daß die Belebung der Bautätigkeit den Arbeitern oder den Minderbemittelten zugute komme. Wenn heute in der Slovakei Wohnungen gebaut werden, so sind sie ausschließlich für Staatsangestellte bestimmt. Ich erkläre, daß wohl keine 5 % der bisher ausgezahlten oder übernommenen staatlichen Garantien Personen zugute kamen, welche in der Slovakei nicht in der besonders günstigen Lage sind, staatliche Angestellte zu sein. Die Regierung müßte auch soweit vorsichtig und bedacht sein, die Auswirkungen vorauszusehen, die entstehen, wenn Arbeiter und im privaten Verhältnisse stehende Angestellte in gesundheitsschädlichen Wohnungen wohnen müssen, der Staatsangestellte aber in einer Wohnung, bestehend aus 3-4 Zimmern und Badezimmer, mit einem Wort, in einer gesunden, menschenwürdigen Wohnung wohnt. Glauben Sie etwa nicht, daß auch das in mancher Hinsicht Verhetzung, nationale Verfeindung und Groll jener auslösen muß, die gezwungen sind, durch die ungleichmäßige Behandlung, durch die Gleichgültigkeit des Staates dauernd so elende und ungesunde Wohnungen zu haben?

Die Vorlage, die eben in Beratung steht, trägt nicht allein den Charakter eines sichtbaren Abbaues der pflichtgemäßen Obsorge der Staates gegenüber dem vorhandenen Wohnungsmangel, sondern sie drückt auch klar und deutlich aus, daß der Staat die weitere Pflicht, dem Wohnungselend zu steuern, vollkommen aufgibt und daß er die wohnungslosen Schichten dieses Staates der brutalen Willkür und der Ausbeutungsgier der Häuserund Grundspekulanten überantworten will. Wir sehen es ja. Die Hausherren, die Besitzer von großen und gewaltigen Häusern, haben absolut kein Interesse, daß der Staat weitere Garantien und Subventionen gewährt, weil sie eben ein Interesse am Mangel an entsprechenden Wohnungen haben, damit sie ihre schlechten Wohnungen zu höheren Preisen vermieten können. Darum haben wir als Angestellte und als Arbeiter ein mächtiges Interesse, daß der Staat auch weiterhin diesbezüglich seine Pflichten erfüllt.

Ganz besonders am Lande in der Slovakei ist die Wohnungsnot zu konstatieren, weil am Lande niemand ist, der sich einigermaßen darum kümmern würde. Die Behörden stehen vollkommen gleichgültig und ratlos dem Elend gegenüber. Natürlich kommen manche Schwierigkeiten in Betracht, die ich mit Rücksicht auf die kurze Zeit nicht erwähnen will. Ich möchte aber einen Appell an die maßgebenden Faktoren der Regierung richten, daß sie ihre untergeordneten Organe aufmerksam machen mögen, daß es nicht nur ihre Pflicjt ist, das öffentliche Leben gut und schlecht zu leiten und zu führen, sondern daß sie initiativ wirken müssen. Sie müssen trachten, daß dem natürlichen Bedürfnis der Bevölkerung mehr als bisher Rechnung getragen werde. Glauben Sie mir, daß in den Kreisen der Arbeiter diese kolossale Ungleichmäßigkeit furchtbar aufreizend wirkt. Die große Masse der Arbeiter, die Jahrzehnte hindurch den kolossalen Unterschied im Leben ihrer eigenen Klassengenossen und der Reichen gesehen hat, kann es nicht fassen, daß in diesem Staate neuerdings und in mancher Beziehung in viel herausfordernderer Weise, in viel krasserer Form, der Übermut und das Schlemmerleben des Besitzes zur Ausdruck kommt, während auf der anderen Seite gerade bei der Arbeiterklase Not und Elend noch nie gekannte Formen annimmt. Wir als Sozialdemokraten sind uns natürlich klar, daß die Wohnungsnot eine natürliche Begleiterscheinung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung ist und die restlose Lösung des Wohnungsproblems vom Gesichtspunkt der arbeitenden Klassen natürlich nur möglich werden kann mit dem Sturz der kapitalistischen Gesellschaftsordnung selbst. Aber wir glauben doch, daß eine Republik, die von sich sagt, daß sie eine demokratische Republik ist, zumindest soviel Pflichtgefühl gegenüber ihren Staatsangehörigen betätigen soll, daß es ihnen ermöglicht werde, in anständigen und menschenwürdigen Wohnungen zu wohnen. Nur dann, wenn die Arbeiterschaft in ihrer großen Masse sehen wird, daß der Staat sich um sie sorgt, daß er seine Pflicht restlos erfüllt, wenn das Bewußtsein ein allgemeines werden will, daß in dieser Republik das Wohlergehen der Arbeiter forciert und möglich gemacht wird, nur dann wird es möglich sein, daß sich die Arbeiterschaft mit diesen Verhältnissen aussöhnt; in anderer Weise natürlich nicht. Es gilt den rücksichtslosen Kampf gegen dieses System, welches das arbeitende Volk ins Elend zu stürzen und im Unglück weiter zu belassen beabsichtigt! (Souhlas na levici.)

6. Øeè posl. Warmbrunna (viz str. 1536 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Der Regierungsantrag betreffend die Baubewegung, der heute dem Hause zur Verhandlung vorliegt, ist seit dem Gesetz vom Mai 1919 bereits nicht weniger als die fünfte Vorlage, welche das ursprüngliche Grundgesetz, das ein ausgesprochenes Notgesetz war, abändert im Sinne einer stufenmäßigen und systematischen Verschlechterung. Die Idee, die der ursprünglichen Vorlage zugrunde lag, war der ungeheueren katastrophalen Wohnungsnot entsprungen, in der sich insbesondere die proletarischen Schichten befanden, einer Notlage, aus der sie heute, um es nur gleich zu sagen, noch nicht heraus sind, sondern in die sie, wie es in der Logik der Wirtschatfsordnung des herrschenden Systems liegt, noch hoffnungsloser hineingeraten sind. Das Gesetz ist ein Notgesetz, es sollte eine Art Schutzgesetz der wohnungslosen Schichten gegen die einsetzende Brutalität der kapitalistischen Bauwirtschaft sein, deren Sinn natürlich der ist, daß sie nicht baut aus dem selbstverständlichen Zweck, daß Menschen Wohnungen haben, die vielmehr die Wohnungsnot und die Zwangslage der wohnungssuchenden Menschen und dazu benützt, um durch eine horrente Wohnungsmiete rücksichtslos zu verdienen. Das Kapital kümmert sich nicht darum, daß Tausende und Tausende Menschen obdachlos sind, daß andere Tausende keine Familien gründen können, daß Zehntausende in elenden muffigen Löchern ein unwürdiges Dasein verbringen müssen, das Kapital kennt kein Erbarmen, es hat kein Einsehen, das Kapital baut nur, wenn sich die Investition von 15% angefangen rentiert. Als bei der vorletzten Vorlage im Jänner 1922, ich glaube die Kollegen Biòovec und Chalupa Bericht erstatteten, sagten sie etwa: Wenn die Finanzinstitute kein Einsehen haben werden - ich zitiere dem Sinne nach - und nicht bauen werden, werden wir Mittel und Wege finden, sie zu zwingen. Nun, die Finanzleute, die Kapitalisten sind über dieser Drohung nicht bleich geworden, sie sind nicht sehr erschrokken, sie haben im Jahre 1923 ebenso wenig gebaut, wie sie im Jahre 1924 und 1925 nicht bauen werden. Und wenn heute im Ausschuß derselbe Berichterstatter in der Debatte meinte, daß insbesondere den deutschen Finanzinstituten die Lust zu Baukrediten fehle und damit indirekt sagen wollte, daß sich die èechischen Kapitalisten etwa braver verhielten, zeigt das eine gar sehr naive Vorstellung vom Charakter der Finanzinstitute, vom Charakter des Kapitalismus. Ich kann dem Herrn Berichterstatter versichern, daß das Finanzkapital, ob es nun in deutschen oder èechischen Händen ist, immer ein und dasselbe Gesicht zeigt. Die Finanzinstitute investieren kein Kapital in den Bau von Wohnungen, ja sie pfeifen auf die Bagatelle einer Staatsgarantie von 6% Verzinsung, solange sie ihr Geld viel besser in anderen rentableren Geschäften anlegen können. Wozu soll der Kapitalist dem Staat und der Allgemeinheit Kapital zum Wohnungsbau geben, wenn man mit ihm im Spiritusgeschäft ein besseres Geschäft von 100% und noch mehr machen kann. (Výkøiky na levici.) Das Kapital wartet, es weiß recht gut, daß dank dem Bankerotte der sozialistischen Wirtschaft der Zeitpunkt kommt und kommen muß, wo auch die letzte Farce eines sozialistischen Scheinparagraphen durch die Unerbittlichkeit der kapitalistischen Wirtschaftsoffensive ad absurdum geführt ist. Auf diesen Moment wartet das Kapital, im konkreten Fall auf den Augenblick, bis die große Stauwehr, genannt Mieterschutzgesetz, aufgehoben oder so durchlöchert ist, bis sich die verzweifelten Massen der um ihr Obdach bedrohten Hundertta sende brutal zu jenen Opfern gezwungen sehen, die dem Kapital die Bauspekulation rentabel erscheinen lassen wird! Daß das nicht auf einmal geht, ist selbstverständlich. In stufenmäßiger Parallelität scheint hier der Abbau dieses Baugesetzes mit jenem des Mieterschutzgesetzes Hand in Hand vorbereitet und beschlossen zu sein. Die Staatsgarantie ist von 70% auf 55% bzw. von 50% auf 35 % heruntergesetz worden, je nach der Fällen. Desgleichen bedeuten die im § 6 gewährten Beiträge des Staates unter dem Namen pøíspìvky, die er innerhalb von 25 Jahren für Verzinsung und Amortisation zahlt, eine starke Herabsetzung, die in keinem Verhältnis zu der tatsächlichen Senkung des Bauaufwandes steht.

Das Hauptstück III des früheren Gesetzes über die Preisgerichte wird nicht mehr verlängert. Interessant ist nur die Grabrede, die der Motivenbericht diesem Paragraphen widmet, wenn er sagt: "Neprodlužuje se úèinnost hlavy III o cenových soudech úmyslnì, nebo instituce cenových soudù se vùbec nevžila a také jí není potøebí". Soweit haben wir es gebracht. Wir brauchen keine Preisgerichte in Angelegenheit der Regelung der Preisverhältnisse im Baugewerbe, weil wahrscheinlich nach Ansicht des Gesetzgebers der Wucher ausgestorben ist. Mit so dankenswerter Offenheit ist noch nie der Schwindel und die Augenauswischerei der ganzen sozialen Gesetzesmacherei in diesem Staate ausgesprochen worden, wie in diesen letzten Zeilen des Motivenberichtes. Wenn ich auch noch so angestrengt nachsuche nach einem parlamentarisch sachlichen Ausdruck für die Charakterisierung der praktischen Auswirkung des Baugesetzes im Sinne der ursprünglichen Idee, die dem Gesetze zugrundelag, so verfalle ich immer wieder auf das Wort "Schwindel". Die Beträge in ihrer weitesten Gesamtheit, für die sich der Staat auf Grund der bisherigen Gesetze in Form von Garantien oder Unterstützungen verpflichtet hat, erreichen fast die Summe von 3 Milliarden Kronen. Diese Last ist um so drückender, als ihre Teilbeträge in Zeiträumen von 25 Jahren fällig werden, also in Zeitläuften, wo heute kein Mensch sagen kann, wie sich nach dem fraglichen Stande der Valuta diese Ziffern in unseren Zahlungsbegriffen ausnehmen werden. Aber, wäre auch die Summe doppelt so groß und noch größer, wir würden sie ohne Wort quittieren, wenn die praktische Verwirklichung des Gesetzes nur einigermaßen dem ursprünglichen Zwecke des Gesetzes nachgehinkt wäre. Es hat sich vor allem nur darum handeln können, den wohnungslosen oder schlechtwohnenden armen Schichten der Bevölkerung mit besonderer Berücksichtigung der dichtbewohnten Industriezentren zu billigen Wohnungen zu verhelfen. Ist in dieser Hinsicht der ungeheure Geldstrom, diese Milliarden, die die Vorlagen verlangen, sind diese Milliarden, zum Hauptteile durch Steuern aus den niedersten und weitesten Schichten der arbeitenden Bevölkerung aufgebracht, wirklich auch nur einigermaßen der Wohnungsnot dieser Bevölkerungsschichten zur Hilfe gekommen? Nein, und tausendmal nein, wenn Sie sich von der praktischen Wirkung des Gesetzes überzeugen. Man gehe z. B. in die Umgebung von Prag und überzeuge sich, wie und was unter der staatlichen Bauförderung gebaut wurde. Der größte Teil des Geldes wurde im unrentablen Villen- und Kleinhausbau verzettelt. Die Großbauten, die für das Massenwohnen in Betracht kämen, sind wahrlich an den Fingern einer Hand zu zählen. Ich frage Sie nach den Bedingungen, unter denen auch in diesen günstigsten Fällen, wo durch Genossenschaften gebaut wurde, das Wohnen heute zu stehen kommt. Man frage an, was die bescheidenste Wohnung kostet. In Häusern, die mit 50 bis 60% des Bauaufwandes vom Staate unterstützt wurden, werden Wohnungen bestehend aus Küche und drei Zimmern nur gegen Vorausbezahlung einer fünf- bis zehnjährigen Wohnungsmiete von 20.000 bis 60.000 Kè vergeben. Da auch diese Wohnungen in ihrer Zahl so beschränkt sind, daß sie der tatsächlichen Wohnungsnachfrage gegenüber sich ausnehmen, wie ein Tropfen auf einem heißen Stein, hängen sich naturgemäß an den Handel mit diesen neuen Wohnungen, diverse Wohnungsspekulanten, diverse "bytové kanceláøe", die sich für die bloße Vermittlung hunderte von Kronen zahlen lassen; ich sage für "die bloße Vermittlung". Wenn man als Wohnungssuchender in einem solchen vom Staate nach diesen famosen Baugesetzen unterstützten Neubau ein Kapital von 20 bis 60.000 Kè im vorhinein erlegen muß, um eine Wohnung zu erhalten, so frage ich Sie: Sind das Wohnungen für das Proletariat, sind das Wohnungen für jene großen Schichten der Bevölkerung, für die die Wohnungsnot zur Katastrophe geworden ist? Kann man ernsthaft an den sozialen Sinn des Gesetzes glauben, die Baubewegung zu fördern; insbesondere in der Umgebung der Großstädte, wenn man den Handel mit den Bauplätzen dem freien Spiel der Kräfte, dem frechsten Wucher überläßt?

Man verlangt beispielsweise für einen Bauplatz von etwa 500 m2, also nicht sehr groß, in der Umgebung von Prag etwa 100.000 bis 200.000 Kè. Auch die billigsten Plätze durch Vermittlung der Genossenschaften kommen immer noch auf 40.000 bis 50.000 Kè, die Zuschläge für Kanalisation u. s. w. gar nicht eingerechnet. Welcher Proletarier kann auf einem solchen Platze ein Häuschen bauen? Das Gesetz ist ein Schulbeispiel für die Tragik der Halbheit. Es öffnet der Spekulation Tür und Tor, und die meisten Bauspekulanten von Villen- und Einfamilienwohnhäusern die nützen die Konjunktur aus, um die Bauunterstützung des Staates durch 25 Jahre als gute Rente einzustreichen.

Wir werden zur Vorlage einige Abänderungsanträge einbringen. Wir betonen aber gleich, daß, wenn Sie auch bereit wären, diese Anträge anzunehmen, an dem Grundübel des Gesetzes nichts mehr verbessert werden kann. Nur durch planmäßige, rücksichtslose Anwendung der Wohnungsbeschlagnahme, auf benützen es in der Weise, um mit dem Bau die wir immer und immerwieder, schon vor Jahren, hingewiesen haben, durch Verwendung dieser 3 Milliarden in der Richtung, daß man durch den Staat die Baumaterialien im Großen aufgekauft hätte, daß man für die planmäßige Herstellung von Massenwohnungen gesorgt hätte, wäre dem Übel einigermaßen beizukommen gewesen, das sich nun zu einer unabwendbaren Katastrophe für die gesamte arbeitende Bevölkerung dieses Staates auswächst. (Souhlas na levici.)

7. Øeè posl. Dietla (viz str. 1550 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Wir wollen die Gelegenheit der Beratung der Zuckersteuer nicht vorübergehen lassen, ohne uns mit der Zuckerwirtschaft in dem Staate zu beschäftigen. Wir stehen hier einer großen und mächtigen Organisation gegenüber, die es verstanden hat, die ganzen Konsumenten tributpflichtig zu machen, die es verstanden hat, durch ein raffiniertes Verfahren die Liberierung monatlich vorzunehmen, um der Bevölkerung nur eine solche Menge von Zucker zu geben, als sie monatlich verbraucht, die es verstanden hat, die Preisbildung jeden Monat in der Hand zu haben. Nun sind mit der Regierung Verhandlungen über die Preisbildung selbst angebahnt worden. Wenn wir eine Analyse von 16·9 kg durch den Fachmann Sazima zugrunde legen, so ergibt sie 94% Zucker, 2·5% Wasser, 1·2% Asche u. s. w. Das Rendement beträgt 87·79. Die Zuckerpreise gelten immer für 88% Rendement. Die Ausbeute hat im Vorjahre bei der Rübe 17% Zucker betragen und nach seiner Berechnung würde das einen Rohzuckerpreis von 247·16 Kronen ergeben. Sicher ist, daß in diesem Jahre die Zuckerausbeute eine größere ist, das durch die Ernteergebnisse und durch das gute Gedeihen der Rübe der Zuckerinhalt perzentuell ein größerer geworden ist, und wir haben heute einen Börsenpreis von 275 Kronen für Rohzucker ab Aussig, so daß sich zugunsten der Rohzuckerfabriken eine Differenz von 28 Kronen ergibt, die nicht berechtigt ist. Nun verhandelt die Regierung mit den Zuckerindustriellen über eine Preisfestsetzung für das ganze Jahr. Soweit man darüber etwas vernehmen kann, soll der Preis der alte bleiben und zwar 430 Kronen, es soll aber der Zuschlag der Fracht aufrechterhalten bleiben. Ob das gerecht ist, ist eine andere Frage. Daß aber die Regierung zugreifen muß, daß sie rasch handeln muß, ergibt sich daraus, daß die Zuckerindustriellen in den Monaten Oktober und November ganz gewaltige Mengen von Zucker zum Versand gebracht haben, daß sie auch den Dezember benützen, um recht viel zu versenden, weil man allgemein damit rechnet, daß der Weltmarktpreis von Rohzucker, der ja eigentlich ein Spekulationspreis ist, zurückgehen wird. Nach den Schätzungen, von Willet und Gray, also den bedeutendsten in der Zuckerindustrie Amerikas, soll die Rohzuckerernte in diesem Jahre für Rohzucker 13 Millionen Metertonnen und für Rübenzucker 6 Millionen betragen, also ein Mehrertrag an Zucker von 1·1 Millionen Metertonnen gegenüber dem Vorjahre. Wenn nun ein so günstiges Ernteergebnis zu verzeichnen ist, so müßte, so sollte man glauben, das auch einen Einfluß auf die Preise ausüben, und wir müßten auch einen Nutzen und Vorteil einer solchen Mehrernte in diesem Staate haben. Bei uns in der Èechoslovakei hat sich die Anbaufläche von 1356 ha auf 1601 ha vermehrt und die Ernteschätzung lautet auf 5,108.000 Tonnen, also bedeutend höher als im Vorjahre. Wir hatten im Vorjahre 4 1/2 Millionen Tonnen, so daß wir eine um nahezu 600.000 Tonnen höhere Zuckerernte haben, als im Vorjahre.

Wenn nun an diesen Ergebnissen auch die Konsumenten teilnehmen sollen, so müßte der Zuckerpreis herabgesetzt werden. Beide Gruppen, sowohl die Zuckerindustriellen - Rohzucker und Raffinade - wie auch die Rübenbauern haben es verstanden, durch stramme und gute Organisation den Einfluß auf die Preisbildung an sich zu reißen, und die Opfer einer solchen Politik sind naturgemäß die Konsumenten. Es müßte aber auch der Staat zum Schutze der Konsumenten alles anwenden, was in seiner Macht liegt, er müßte dafür sorgen, daß der Zucker doch zu einem billigeren Preis an die Konsumenten verkauft werden kann. Es müßte die Regierung die Mittel ausnützen, die sie in der Hand hat, indem sie die Ausfuhr unterbindet und an bestimmte Bedingungen knüpft, denn bei der Ausfuhr werden schwere Millionen von den Zuckerindustriellen verdient. Sie könnte also ganz gut aus diesem Titel eine Ermäßigung der Inlandspreise auf den natürlichen Gestehungskostenpreis setzen und würde dadurch schon eine Verbilligung des Zuckers von selbst herbeiführen. Die Regierung könnte auch so mithelfen, eine Herabsetzung der Preise zu erzielen, daß sie auf den Zuschlag von 16 Kè pro Meterzentner verzichten würde, der heute wieder beschlossen werden und für lange Zeit gelten soll. Im Anfang, als das Gesetz aufgelegt war, hat es viel schlechter ausgesehen. Man wollte die Zuckersteuer mit 54 Kè per 100 kg verewigen, und hat auch eine Terminierung des Gesetzes in der alten Vorlage nicht gekannt. Es ist doch soweit gekommen, daß man wieder die Steuern trennt und zwar die alte Steuer mit 38 Kè beläßt und den Zuschlag von 16 Kè einhebt, daß man die Gesetzesvorlage terminiert, daß sie nach bestimmter Zeit abläuft und der Nationalversammlung wieder Gelegenheit gegeben ist, über die Steuer selbst zu reden. Wenn die Regierung diese 16 Kè aufheben würde und wenn auch von den Zuckerindustriellen ein entsprechender Nachlaß erzwungen werden könnte, wäre es möglich, den Zuckerpreis auch in diesem Staate auf ein erträgliches Maß herabzusetzen.

Am Zuckertag in Marienbad, wo die Herren Zuckerindustriellen beisammen waren, hat sich der Herr Präsident in seiner Eröffnungsrede mit den Zuckerpreisen beschäftigt. Er sagte, daß Verhandlungen mit der Regierung staatgefunden haben, daß sich das Kartell bemühte, diese von der Notwendigkeit einer mäßigen Erhöhung zu überzeugen, obwohl die Zuckerindustriellen zu einer derartigen Verständigung kaum verpflichtet seien. Also, die Herren sprechen sehr stolz, sie glauben, sie sind die unumschränkten Gebieter, sie können den Preis diktieren, wie sie wollen. Sie sagen da: "Wir sahen uns durch die Drohung", - also jetzt sprechen sie schon anders - "durch die Drohung mit dem Anforderungsgesetz genötigt, die alten Preise beizubehalten." Es gibt also Mittel, durch die auch die Herren Zuckerindustriellen gezwungen werden können, bei der Preisbildung Rücksicht auf den Inlandbedarf zu nehmen, und es läge in der Hand der Regierung, diese Mittel anzuwenden, um auch hier einen entsprechenden Preis zu erzielen. Die Zuckersteuer ist alles, aber nur nicht populär. Wenn sie sich erinnern können, hat es schon in früherer Zeit heftige Kämpfe wegen der Zuckersteuer gegeben. Im alten Österreich hat man einmal mit dem § 14 die Zuckersteuer erhöht und es ist ein Sturm durch das ganze Land gegangen, der sich besonders in Böhmen in heftiger Weise ausgetobt hat. Damals ist das deutsche und èechische Bürgertum Schulter an Schulter gestanden, hat gemeinsam gegen eine Erhöhung der Steuer demonstriert, hat sich dagegen mit allen Mitteln gewehrt. Und auch im Jahre 1910, als im österreichischen Budgetausschuß die Frage der Teuerung behandelt wurde, ist im Ausschuß mit Unterstützung von Abgeordenten der èechischen Nation ein Antrag angenommen worden, daß die Zuckersteuer aufgehoben werden soll. Der Antrag ist allerdings im Hause nicht durchgegangen; aber es war bezeichnend für die Stimmung, und wenn die Herren von der èechischen Nation ihren Traditionen treu bleiben würden, dann müßten sie auch jetzt gegen die Zuckersteuer auftreten und sich gegen sie wenden, weil sie eine drückende und sicherlich eine der schwersten ist.

Die Zuckersteuer soll einen Betrag von 165 Millionen Kronen einbringen. Wenn wir von einem Deflationsbudget sprechen, wenn wir sagen, daß alle Preise heruntergehen müssen, wenn die Regierung auf die allgemeine Preisbildung einen Zwang und Druck ausüben soll, dann müßte man vor allem anderen bei den Großindustriellen beginnen, dort beginnen, wo wirklich ein Preisabbau notwendig wäre. Eine solche zielbewußte Politik würden wir unterstützen und auf das Freudigste begrüßen, wir würden uns bemühen, da mitzuwirken, daß dieser Preisabbau auch sichtbar wird! Dann wäre es möglich, von einer Deflation zu sprechen, dann wäre es möglich, auch das Leben der armen Arbeiter erträglich zu machen, zu erreichen, daß die Löhne, die jetzt durch den Lohnabbau einer Kürzung unterzogen werden, genügen, um den Bedarf zu decken!

Gestern hat der Vertreter der Regierung im Budgetausschuß erklärt, Zucker sei kein besonders wichtiges Nahrungsmittel. Das steht doch mit der Wissenschait in scharfem Widerspruch, denn gerade Zucker ist eines der wichtigsten Nahrungsmittel, insbesondere für Kinder, da er die Knochenbildung ganz besonders fördert. Wir glauben daher, daß alles getan werden soll, um die Möglichkeit des Zuckergenusses zu erhöhen, weil dadurch auch die Volksgesundheit berührt wird, weil ein größerer Zuckergenuß für die Erziehung und Ausbildung der Kinder sicherlich von Wert sein würde. Rachitis und die damit verbundenen Krankheiten würden dadurch bekämpft werden. Darum müssen die Preise herabgesetz werden, sie müssen erträglich gemacht werden, damit jeder in den Genuß der Menge Zuckers kommen kann, deren er bedarf. (Souhlas a potlesk na levici.)


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