Pùvodní znìní ad X./3816.
Interpellation
des Abgeordneten Schälzky und Genossen
an den Eisenbahnminister
in Angelegenheit der Entziehung von Fahrbegünstigungen für ledige geistige Arbeiter.
Das Eisenbahnministerium hat mit Erlaß Nr. 626/9/1922, Abteilung 6, verfügt, daß die bisher für ledige eisige Arbeiter gewährte Fahrbegünstigung zur Fahrt am Montag in die Arbeit und zur Rückfahrt am Ende der Woche aus der Arbeit mit Wirksamkeit ab 1. Juli 1922 aufgehoben wird.
Dieser Erlaß stellt eine schwere Schädigung zahlreicher Angestellter dar. Im besonderen werden davon die jüngeren Angestellen betroffen, für die die regelmäßige wöchentliche Reise zu den oft weit entfernt wohnenden Eltern unbestritten eine zwingende wirtschaftliche Notwendigkeit bedeutet.
Auch wenn die als Begründung für den Entzug der Fahrbegünstigung angeführte Behauptung zutrifft, daß Mißbrauch festgestellt worden sei, so kann es sich hierbei immer nur um sehr vereinzelte Fälle handeln, die den allgemeinen Entzug der Fahrbegünstigung keineswegs rechtfertigen können.
Die Gefertigten stellen daher an den Herrn Eisenbahnminister die Anfrage:
1. Ist dem Herrn Eisenbahnminister bekannt, daß durch den bekannten Erlaß des Eisenbahnministeriums die Existenz zahlreicher wirtschaftlich besonders schwacher Angestellter ernstlich beeinträchtigt, bzw. in nicht wenigen Fällen geradezu erschüttert wird?
2. Ist der Herr Eisenbahnminister bereit, den in Rede stehenden Erlaß mit sofortiger Wirksamkeit aufzuheben und den ledigen geistigen Arbeitern die seither gewährte Fahrbegünstigung wieder ungeschmälert einzuräumen?
Prag, am 26. Oktober 1922.
Schälzky,
Böhr, Patzel, Dr. Radda, Pittinger, Dr. Lodgman, Matzner, Schubert, Windirsch, Simm, Füssy, Scharnagl, Mark, Dr. Petersilka, Bobek, Kostka, Dr. E. Feyerfeil, J. Fischer, Szentiványi, Wenzel, Dr. Baeran.
Pùvodní znìní ad XI./3816.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Luschka und Genossen
an den Minister für soziale Fürsorge
betr. die Arbeitslosigkeit im Hultschiner Ländchen.
Nach der Übernahme des Hultschiner Ländchens waren der größte Teil der Hultschiner Bauarbeiter und Hausierer genötigt, ihrem Arbeitsverdienste in Deutschland nachzugehen, wogegen deren Familienangehörigen nicht nur wegen ihres heimatlichen Anwesens, sondern auch infolge Wohnungsmangel in Deutschland hier wohnen bleiben mußten. Der Verdienst in Reichsmark gegenüber der hohen Kronenvaluta ist so gering, daß es den fraglichen Familienerhaltern zur Unmöglichkeit wird, für ihre hier wohnhaften Angehörigen, manchmal auch nur das tägliche Brot zu verdienen, so daß deren Familien sich in der denkbar größten Notlage befinden, Auch steht noch zu befürchten, daß seitens des Deutschen Reiches zur Abwehr des Ausverkaufes durch Ausländer, die bisherige geringe Ausfuhr von Lebensmittel für diese Familien verboten werden könnte, wodurch die Erhaltung dieser vollkommen in Frage gestellt wird. Die nach vielen Tausenden zählenden Bauarbeiter und Hausierer verlangen demnach ihr Recht auf den inländischen Arbeitsplatz, damit sie nicht vollends der Verarmung verfallen und ihre Angehörigen vor Hunger schützen können.
Da die Verhältnisse sich in dieser Hinsicht immer mehr verschärfen und durch die lange Andauer unerträglich werden, stellen die Gefertigten, an den Herrn Minister für soziale Fürsorge die Anfrage, was er zu tun gedenkt, um der schon ohnedies durch die Loslösung der bisherigen Zusammenhänge wirtschaftlich geschädigten Bevölkerung des Hultschiner Ländchens ein menschenwürdiges Auskommen durch Arbeitsverdienst zu ermöglichen.
Prag, den 24. Oktober 1922.
Dr. Luschka,
Mark, J. Fischer, Matzner, Dr. W. Feierfeil, Böhr, Windirsch, Füssy, Dr. Lodgman, Pittinger, Dr. E. Feyerfeil, Schubert, Dr. Radda, Patzel, Kostka, Dr. Petersilka, Simm, Budig, Scharnagl, Schälzky, Bobek, Szentiványi, Wenzel.
Pùvodní znìní ad XII./3816.
Interpellation
des Abgeordneten Hugo Simm und Genossen
an den Minister für soziale Fürsorge
betreffend die Misstände bei der Kriegs beschädigtenfürsorge.
Das Inkrafttreten des Gesetzes vom 20. Feber 1920 hatte nicht zur Folge, daß die Bestimmungen desselben seit dieser Zeit bis heute zur Durchführung gelangten. Die Zahl jener Kriegsbeschädigten, die auf die Zuerkennung ihrer Renten warten, geht in die Tausende. Bedeutend größer, schätzungsweise sollen es 200.000 Kriegsverletzte sein, ist die Zahl jener, die auf die Verrechnung ihrer ab 1. Mai 1920 bis zum Zuerkennungstage der Rente gebührenden Nachzahlungen warten. Aber nicht nur in diesen Dingen, sondern in allen Zweigen der Kriegsbeschädigtenfürsorge befindet sich das Landesamt in großem Rückstande z. B. was die Erledigung von Berufungen anbelangt, des Weiteren was die Ansuchen um Darlehen und Rentenvorschüsse, Heilbehandlung, neuerlicher Vorstellung vor die sozialärztliche Kommission, Rekurse gegen unrichtige Bemessung von Renten usw. betrifft.
Die Gefertigten fragen den Herrn Minister für soziale Fürsorge:
1. Sind Ihnen, Herr Minister, diese angeführten Übelstände bekannt?
2. Ist der Herr Minister geneigt, das Amt für Kriegsbeschädigte in Karolinenthal, dem die Erledigung aller oben angeführten Gegenstände zustände, zu beauftragen, die rückständigen Arbeiten zu erledigen?
3. Ist der Herr Minister bereit, für den Fall, als für die Rückstände für die Arbeiten des Kriegsbeschädigtenamtes der Mangel an Geldmitteln Grund sein sollte, dafür zu sorgen, daß die zur Durchführung des Gesetzes vom 20. Feber 1920 notwendigen Geldmittel flüssig gemacht werden?
Prag, am 24. Oktober 1922.
Simm,
Dr. Baeran, Dr. Radda, Röttel, Böhr, Dr. W. Feierfeil, Køepek, Scharnagl, Mark, Dr. Hanreich, Knirsch, Schubert, Pittinger, Matzner, Dr. Petersilka, Dr. Schollich, inž. Kallina, Dr. Lodgman, Dr. Kafka, Ing. Jung, Patzel.
Pùvodní znìní ad XIII./3816.
Interpellation
des Abgeordneten Hugo Simm und Genossen
an den Minister für Schulwesen und Volkskultur
in Angelegenheit der strafweisen er setzungen der Lehrerschaft.
In der letzten Zeit erfolgten eine große Anzahl von Versetzungen von Lehrern aus sogenannten Dienstesrücksichten, die nur als strafweise Versetzungen bezeichnet werden können. Die Behörden, welche diese Versetzungen verfügten, bedienten sich hiezu des § 16 des Landesgesetzes vom 19. November 1875, nach welchem Versetzungen aus Dienstesrücksichten ohne Angabe von Gründen vorgenommen werden dürfen. Bei den zuletzt erfolgten Versetzungen ist offensichtlich in jedem einzelnen Falle, daß für dieselben die politische und nationale Betätigung der betroffenen Lehrer Grund war. Die Art und Weise der erfolgten Versetzungen ist in vielen Fällen eine geradezu existenzvernichtende gewesen und es traben alle Versuche, die Umstände zu mildern, keine Erfolge getragen. Die große Willkür, die bei der Handhabung des § 16 des Landesgesetzes vom 1875 ausgeübt werden kann, ist unzeitgemäß und insofern unmoralisch, als sie keinem Faktor gegenüber Rechenschaft pflichtig ist.
Die Gefertigten sehen sich veranlaßt in dieser Angelegenheit an den Herrn Minister die Frage zu richten:
1. Ist er geneigt, die Versetzungen der Lehrerschaft, aus Dienstesrücksichten betreffend, in Hinkunft nur aufgrund eines Sitzungsbeschlusses der zuständigen Abteilung des Landesschulrates zuzulassen und auch die verfügten Versetzungen von Lehrern aus Dienstesrücksichten zur Nachprüfung in die Landesschulrats-Abteilungen rückzuverweisen?
2. Ist der Herr Minister bereit, zu verfügen, daß bei allen jenen Versetzungen von Lehrern, die aufgrund des § 16 des Landesgesetzes vom 19. November 1875 vorgenommen wurden, die Gründe der Versetzung im Besonderen aufgezählt werden?
3. Ist der Herr Minister bereit, durch eine klare Erklärung den Lehrern die politische und nationale Betätigung im Sinne freiheitlicher Grundsätze zu garantieren?
4. Ist der Herr Minister bereit, innerhalb seines Ressorts mitzuarbeiten, daß das Disziplinarverfahren für Lehrer und Staatsbeamte im Sinne moderner Rechtsgrundsätze und neuen gesetzlicher Bestimmungen geregelt werde?
Prag, am 28. Oktober 1922.
Simm,
Dr. Baeran, Röttel, Böhr, Dr. W. Feierfeil, Scharnagl, Knirsch, Mark, Dr. Hanreich, Schubert, Dr. Petersilka, Matzner, Dr. Radda, Dr. Schollich, Ing. Kallina, Dr. Lodgman, Ing. Jung, Dr. Kafka, Patzel, Køepek, Windirsch.
Pùvodní znìní ad XIV./3816.
Interpellation
des Abg. Josef Fischer und Genossen
an den Finanzminister
betreffend das Vorgehen dar Steueradministration in Elbogen in Angelegenheit der Vermögensabgabe.
Der politische Bezirk Eibogen befindet sich seit längerer Zeit in berechtigter Erregung und die Achtung vor den Gesetzen kommt dortselbst in Erschütterung, das Ansehen der Behörden beginnt zu schwinden. In verbrecherischer Weise hat der Statthaltereisekretär Julius Ortmann in den Jahren 1920 und 192t Riesensummen veruntreut und in liederlicher Lebensführung verschwendet. Kraft seines Amtes verhängte er über Landwirte wegen Getreideablieferung empfindliche Geldstrafen. Obwohl den eingebrachten Rekursen meistens stattgegeben wurde, so gab der letzt vor dem Schwurgerichte stehende Ortmann Erlässe heraus, daß die Rekurse abgewiesen wurden, ließ die Gelder einheben und verwendete die Gelder für sich.
Nun wird die gesamte steuerzahlende Bevölkerung abermals durch die Steueradministration in Elbogen in Erbitterung getrieben, deren Ursache die Veranlagung der Vermögensabgabe und Vermögenszuwachsabgabe, sowie die Einhebung der ersten Anzahlung bildet, da an und für sich dieses Gesetz als eine unertragbare Belastung der Landwirte erscheint. Im Bezirke Elbogen wirkt die Handhabung des Gesetzes direkt ruinös. Den Einbekenntnissen der Abgabenpflichtigen wurde in keinem Falle Glauben geschenkt und die Bewertungsgrundlagen nicht beachtet. Die Bekenntnisse wurden geradezu willkürlich erhöht und direkt eine künstliche Vermögenszuwachsabgabe geschaffen. Obwohl das Veranlagungsorgan die Schätzungskommission bilden soll, wurden derselben nur die bereits unglaublich erhöhten Bekenntnisse vorgelegt, die Namen und Daten flüchtig gelesen, so daß kein Mitglied Stellung nehmen konnte, Die Schätzungskommission in Eibogen ist bloß eine formale Einrichtung. Den Abgabenpflichtigen wurden ihre gesetzlichen Rechte nicht zugestanden, meine Interventionen blieben Verständnis- und erfolglos, Die Abgabepflichügen ersuchten um Bemessungsgrundlagen. welchem Ansuchen nur in wenigen Fällen entsprochen wurde, Um langwierige und unnotwendige Rekurse zu vermeiden, ersuchten die Steuerzahler um Bedenkvorhalte, welches Verlangen als unverständlich abgewiesen wurde, ebenso das Ansuchen um Vorladung zur Schätzungskommission. Über die willkürliche Erhöhung der Bekenntnisse bin ich in der Lage massenhaft Belege beizubringen. Die Vorstellung um Rückleitung des Verfahrens zur Neubemessung in irrtümlichen Fällen wurde ebenfalls abgelehnt. Stundungsansuchen betreffs der 15 Anzahlung wurden abgelehnt, weil die Steuerverwaltung Eibogen angeblich keine Ermächtigung dazu besitze, ebenso die Ansuchen um Bewilligung von weiteren vier gleichlangen Fristen zu den bestehenden sechs Halbjahrfristen, Das Berufungsverfahren hätte im Bezirke sehr eingeschränkt werden können, wenn der Leiter der Steueradministration in Eibogen Oberfinanzrat Meier und Steuerverve, Roscher eine liberale Auslegung der Gesetze, Erlässe und Verordnungen angewendet hätten, entsprechende Aufklärungen und im Verkehre den Einbekennern Weisungen gegeben hätten. Der Bezirk Eibogen war einer der ersten, welcher mit der Hinausgabe der Vermögenszuwachsabgabe und der Vermögensabgabe fertig erscheint, aber es ist dieser Bezirk auch der einzige, in dem die rücksichtslose Härte des Gesetzes mit allen seinen Mängeln und Lücken durchgeführt wird und die Bekenntnisse derart erhöht wurden, so daß die höchsten Abgaben zur Verschreibung kommen.
Daher stellen die Gefertigten die Anfrage:
1. Ist der Herr Finanzminister geneigt, über die willkürliche Erhöhung der Bekenntnisse die Untersuchung sofort einzuleiten?
2. Ist der Herr Finanzminister geneigt, der Steuerverwaltung in Eibogen den Auftrag zu geben, die eingebrachten Ansuchen zu beamtshandeln und nicht restlos und summarisch abzuweisen.
3. Ist der Herr Finanzminister bereit für eine Personenänderung in der Steuerverwaltung in El bogen Vorsorge zu treffen, weil es ausgeschlossen erscheint, daß in diesem Bezirke Ruhe und Frieden. Achtung vor den Gesetzen eintritt und ein Auskommen mit der Beamtenschaft der Steuerverwaltung gefunden werden kann, insolange die jetzigen Personen daselbst fungieren?
Prag, den 26. Oktober 1922.
J. Fischer,
J. Mayer, Dr. Hanreich, Kaiser, Böllmann, Knirsch, Heller, Dr. Luschka, Pittinger, Zierhut, Dr. W. Feierfeil, Budig, Scharnagl, Simm, Kostka, Wenzel, Windirsch, Dr. Spina, Röttel, Schubert, Køepek.
Pùvodní znìní ad XV./3816.
Interpellation
der Abgeordneten Beutel, Grünzner, Kirpal und Genossen
an den Minister des Innern
wegen der Konfiskation der Nr. 20 der in Aussig erscheinenden Verbands-Zeitung vom 20. Oktober 1922 durch die politische Bezirksverwaltung in Aussig.
In der Nummer 20 der Verbänds-Zeitung, Organ der Papier-, der chemischen Industrie und verwandter Berufe in Böhmen, Mähren und Schlesien vom 20. Oktober 1922 erschien der folgende Artikel:
Der Streik ein Verbrechen. Die unseren Lesern noch erinnerlich sein wird, hatten wir in einer Notiz der Verbands-Zeitung vom 20. September d. J. auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes hingewiesen, nach welcher die Streikdrohung unter Strafsanktion gestellt wurde, Wie wir nun in einigen Blättern lesen können, soll derselbe Gerichtshof in einer jüngst erflossenen Entscheidung den Streik selbst als ein Verbrechen der Erpressung erklärt und die Streikenden wegen dieses Deliktes verurteilt haben, weil - wie es in der Begründung dieser Entscheidung heißen soll - der Unternehmer infolge des Streikes zum Verzicht auf einen Vermögensvorteil, den er aus einer dringenden Bestellung zu erwarten hatte, gezwungen worden war ....
Diese Entscheidung stellt wohl das Höchste an reaktionären Taten dar, die bisher in diesem Staate zu verzeichnen sind. Wenn diese Rechtsprechung bei allen anderen richterlichen Entscheidungen in Fragen des wirtschaftlichen Kampfes der Arbeiter gegen das Unternehmertum als Richtschnur dienen soll, dann könnten sich die Arbeiter dazu gratulieren. Weil der Unternehmer auf einen Vermögensvorteil infolge des Streikes verzichten maßte, ist nach der Ansicht des famosen Gerichtes in Brünn der Streik ein Verbrechen. Darin drückt sich der Klassencharakter, aus dem das Gericht Recht spricht, mit aller Deutlichkeit aus. o dürfte es einem Unternehmer nicht möglich sein, nachzuweisen, daß er wegen eines bei ihm durchgefiihrten Streikes auf einen Vermigensvorteil verzichten maßte? Das wird sicher dem Unternehmer in jedem Falle ohneweiters gelingen. Damit wären wir glücklich bei den an die Fehme erinnernden Klassenurteilen der achtziger Jahre angelangt. Nachdem sich jeder Richter auf das Urteil des Obersten Gerichtshofes in Brünn berufen kann und in der Lage ist, nach dieser Entscheidung sein Urteil zu fällen, so könnte jeder Streikende als Verbrecher abgeurteilt werden. Die logische Schlußfolgerung dieser Entscheidung müßte unserer Auffassung nach sein, daß, wenn der Streik ein Verbrechen ist, es in noch höherem Maße eine von Unternehmern verfügte Aussperrung der Arbeiter sein müsse, Bei einer solchen sind Existenzen bedroht, bei einem Streik höchstens der Profit. Das wichtigste Recht des Arbeiters ist das Koalitionsrecht. Dieses Recht gibt ihm die Möglichkeit, die Kämpfe führen zu können und es gehört zu den ruhmreichsten Taten der Arbeiterschaft, in den achtziger und neunziger Jahren dem Koalitionsrecht, welches von den staatlichen Organen mißachtet wurde. Geltung verschafft zu haben, Und an diesem Koaliüonsrecht, für dessen Durchsetzung nicht wenig Arbeiterblut geflossen ist, wagt nun der Oberste Gerichtshof in Brünn zu rütteln und gibt mit seiner Entscheidung allen untergeordneten Gerichten einen Freibrief zur Verfolgung aller, sich gegen den bis zur Unerträglichkeit gesteigerten wirtschaftlichen Druck durch das wichtigste Kampfmittel, den Streik, wehrenden Arbeiter. Genosse Dr. Adler hat einmal der Regierung und den bürgerlichen Parteien, als sie im Wiener Parlamente einen Anschlag auf das Koalitionsrecht der Arbeiter unternahmen, zugerufen, daß man da bei den Arbeitern auf Granit beißen werde, denn ihr wichtigstes Recht, das Koalitionsrecht, werden sie sich nie und nimmer rauben lassen. Die Arbeiter mögen sich dessen eingedenk sein, was sie zu verlieren haben, wenn diese Brünner Rechtsprechung weiter Schule machen sollte, und sich über alle bestehenden Differenzen hinweg einigen zur gemeinsamen Abwehr des gegen sie geplanten Attentats.
Die politische Bezirksverwaltung in Aussig hat mit dem Erkenntnis vom 20. Oktober 1922, Zahl 64,487 wegen dieses Artikels die ganze Auflage beschlagnahmt, weil sie in dem Artikel das Vergehen nach 300 des Strafgesetzbuches erblickte.
Die politische Bezirksverwaltung in Aussig hat sich durch diese Konfiskation einen Übergriff zu schulden kommen lassen, indem sie in das Recht der freien Meinungsäußerung mit einer Brutalität eingriff, die nicht einmal in der alten österreichischen Kautschukbestimmung des § 300 St. G. ihre Stütze findet. Liegt in der Heranziehung des § 300 St. G., der eine Schöpfung des vormärzlichen Polizeistaates ist, schon an und für sich eine Verhöhnung des in der Verfassungsurkunde verkündeten Grundsatzes der freien Meinungsäußerung, so ist die Konfiskation durch die politische Bezirksverwaltung in Aussig um so schärfer zu verurteilen, weil sie über den ohnehin sehr weiten Rahmen des § 300 S. G. noch hinausgeht. Der inkriminierte Artikel beinhaltet eine durchaus sachliche Kritik einer Entscheidung des Obersten Gerichts- als Kassationshofes. Aus der Bestimmung des Artikels VIII des Gesetzes vom 17. Dezember 1862 Nr. 8 R. G. Bl. ex 1863 geht mit voller Klarheit hervor, daß selbst bei strengster Auslegung der die Freiheit der Meinungsäußerung einengenden strafgesetzlichen Vorschriften die Kritik eines Urteiles, welches einen Strafprozeß endgültig abschließt, zulässig ist, Sollte man die Kritik der Urteile des Obersten Gerichtshofes in der Praxis unmöglich machen, dann ging eine der wichtigsten Kautelen einer objektiven Rechtssprechung verloren.
Die Unterzeichneten fragen daher den Herrn Minister des Innern:
1. ist dem Herrn Minister die gesetzwidrige Konfiskation der Nr. 20 vom 20. Oktober 1922 der in Aussig erscheinenden periodischen Zeitschrift Verbands-Zeitung bekannt?
2. Ist der Herr Minister bereit, der politischen Bezirksverwaltung, in Aussig wegen der vorgenommenen Konfiskation eine Rüge zu erteilen und sie über die Wahrung der Preßfreiheit zu belehren?
Prag, am 26. Oktober 1922.
Beutel, Grünzner, Kirpal,
Hirsch, Pohl, Èermák, Dr. Haas, Dr. Czech, Hoffmann, Uhl, Schäfer, Schuster, Taub, Schweichhart, Jokl, Heeger, Palme, Dietl, Kaufmann, Deutsch, Häusler.
Pùvodní znìní ad XVI./3816.
Interpellation
der Abgeordneten Kirpal, Palme, Häusler, Heeger und Genossen
an den Minister für soziale Fürsorge
in Angelegenheit der Tätigkeit des Landesamtes für Kriesbeschädigtenfürsorge in Prag.
Das Landesamt für Kriegsbeschädigtenfürsorge in Prag war wiederholt Gegenstand schärfster Kritik in der Öffentlichkeit. Nach wie vor müssen die bedauernswerten Kriegsbeschädigten, beziehungsweise die anspruchsberechtigten Angehörigen derselben, die auf den Bezug ihrer Renten angewiesen sind, monatelang auf die Erledigung ihres Anspruches warten, wodurch sie in vielen Fällen der bittersten Not Preisgegeben sind. Ihre dringenden Bitten um Beschleunigung des Verfahrens bleiben unberücksichtigt. Dieses Amt, dessen ausschließliche Aufgabe es sein sollte, die ärmsten Opfer des Krieges in der durch die Gesetze vorgesehenen Art vor der ärgsten Not zu schützen, zeigt nicht nur in der Erfüllung seiner Aufgaben die verhängnisvollste Saumseligkeit, sondern sieht vielmehr seinen Daseinszweck in sprachenrechtlichen Erlässen und kleinlichen nationalistischen Chikanen, an denen auch das Ministerium für soziale Fürsorge selbst teil hat. So hat das Ministerium für soziale Fürsorge mit dem Erlasse vom 24. April 1922, Zahl 4859/P 22 allen Bezirksämtern für Kriegsbeschädigtenfürsorge den Auftrag erteilt, mit allen autonomen Ämtern nur in der offiziellen Sprache, d. i. in der tschechoslovakischen zu korrespondieren, Selbstverständlich maß eine derartige Sprachenpraxis auch bei bestem Willen der deutschen Selbstverwaltungskörper eine Verzögerung der Erledigung von Rentenangelegenheiten zur Folge haben und ist direkt gegen das Interesse der Kriegsbeschädigten gerichtet. In einem anderen Falle hat das Landesamt für Kriegsbeschädigtenfürsorge den Mitgliedern einer sozialärztlichen Kommission so lange das Honorar verweigert, bis aus der Rundstampiglie dieser Kommission die deutsche Schrift, die sogar kleiner behalten war, als die sie umgehende tschechische Außenschrift, herausgeschnitten wurde. Kein Wunder, daß dieses Amt seine anderen wichtigen Aufgaben nicht erfüllen kann.
Aus der Fülle von Beschwerden über die verschleppende Amtierung des Landesamtes für Kriegsbeschädigte in Prag seien als Beispiele folgende Fälle herausgegriffen:
Franz Straßler aus Rosenthai bei Braunau wurde durch Bescheid des Landesamtes für Kriegsbeschädigtenfürsorge vom 24. Feber 1921 G. Z. 94065/64271/20 Z. 2449/11 I eine Invalidenrente im Betrage von jährlich Kè 540 ab 1. Mai 1920, weiters ein 50%iger Teuerungszuschlag von monatlich Kè 22.50 und endlich ein 10%iger Zuschuß für jedes seiner 3 unversorgten Kinder zugesprochen. Diese Rente kam aber bis zum heutigen Tage nicht zur Auszahlung, weil dem Straßler am 27. Dezember 1920 ein Kind starb. Der Gesuchsteller erhielt auf seine dringenden Urgenzen keine Antwort, auch sonstige Interventionen blieben ohne Erfolg,
Franziska John, Aussig-Krammel, Witwe nach dem am 31. Mai 1915 gestorbenen Wachmann Franz John, erhielt bis zum 31. März 1922 eine monatliche Rente im Betrage von Kè 56.-. Bereits am 14. Jänner 1922 hatte sie vom Landesamte für Kriegsbeschädigtenfürsorge in Prag unter G. Z. 306268/112792/21 eine Verständigung erhalten, daß sie den Nachweis zu erbringen hätte, wann ihr Mann in den Dienst der Gemeinde Krammel getreten sei. Dieser Nachweis wurde von ihr sofort erbracht, aber bis heute erhielt die Frau keine Rente ausbezahlt, Auch hier blieben wiederholte Interventionen erfolglos, sodaß sie sich in der größten Not befindet.
Klara Elsa Krukenmeier, wiederverehelichte Röder, Witwe nach dem in Petschau heimatberechtigt gewesenen Anton Krukenmeier, derzeit wohnhaft in Gelenau im Erzgebirge (Sachsen), bezog bis zum Tage ihrer Wiederverehelichung. d. i. bis zum 13. März 1921 die Witwenrente gemäß dem Gesetz vom 20. Feber 1920 S. d. G. u. V. Nr. 142. Mit dem Tage der Wiederverehelichung wurde ihr diese Rente ordnungsgemäß eingestellt. Dagegen wurde ihr die im § 19 des bezogenen Gesetzes vorgesehene Abfertigung im dreifachen Betrage der Jahresrente trotz wiederholten Eingaben an das tschechoslowakische Konsulat in Chemnitz, die unbeantwortet blieben, bis zum heutigen Tage nicht flüssig gemacht. Diese Angelegenheit ist somit schon durch eineinhalb Jahre verschleppt worden. Die Erledigung wäre in kürzester Frist möglich gewesen, denn gleichzeitig mit der Einstellung der Witwenrente wäre die Abfertigung flüssig zu machen gewesen, da ja die Voraussetzungen für die Einstellung der Witwenrente zugleich die Voraussetzungen für die Flüssigmachung der Abfertigung sind. Auch die Waisenrente für den Sohn Anton Emil Krukenmeier, der ebenso wie seine Mutter krank ist, ist rückständig.
Leopoldine Stadtherr, Kriegerswitwe in Aussig, wartet auf die Zumessung ihrer Rente bereits über 1 Jahr, ohne bisher etwas zu erhalten.
Josef Michele in Böhm.-Wiesen. Post Brüsau in Mähren, hat am 9. November 1921 einen Rekurs gegen die Aberkennung einer Vorfahrenrente durch das Landesamt für Kriegsbeschädigte überreicht. Dieser Rekurs liegt nun bereits 1 Jahr im Prager Landesamt für Kriegsbeschädigtenfürsorge, ohne weitergeleitet worden zu sein. Der Beschwerdeführer befindet sich in der ärgsten Notlage. Trotz seiner wiederholten Urgenzen und sonstigen vorgenommenen Interventionen hat das Landesamt für Kriegsbeschädigtenfürsorge sich noch nicht bemüssigt gesehen, diesen Rekurs an das Ministerium für soziale Fürsorge weiterzuleiten.
Aus diesen Beispielen, die aus zahllosen Fällen herausgegriffen sind ist die Art der Tätigkeit des Landesamtes für Kriegsbeschädigtenfürsorge in Prag ersichtlich.
An der saumseligen Art der Erledigung ist vornehmlich die Zentrale schuld. Es wäre aber dringend notwendig die Bezirksämter entsprechend auszugestalten, ihnen die erforderlichen Kräfte beizustellen, keinesfalls aber, wie dies beabsichtigt sein soll, einige Bezirksämter aufzulassen.
Die Unterzeichneten fragen den Herrn Minister für soziale Fürsorge:
1. Ist er bereit, die Zustände im Landesamte für Kriegsbeschädigtenfürsorge in Prag zu untersuchen und zu erheben, welche Organe an der schleppenden Amtsführung Schuld tragen.
2. Eine durchgreifende Neuorganisation dieses Amtes durchzuführen, damit endlich eine rasche und sachgemäße Erledigung der Ansprüche der bedauernswerten Opfer des Krieges erfolgt.
3. Die Organisation der Bezirksämter für Kriegsbeschädiglenfürsorge einer Revision zu unterziehen und dafür zu sorgen, daß sie mit der notwendigen Anzahl von Beamten besetzt sind und daß keine Restrinktion der bestehenden Bezirksämter vorgenommen wird.
4. Anzuordnen, daß sich das Landesamt für Kriegsbeschädigtenfürsorge nur mit der ihm durch das Gesetz aufgetragenen Agenda beschäftigt und daß all sprachlichen Erlässe und Verfügungen, die die Erledigung der Ansprüche der Kriegsbeschädigten verzögern, unterbleiben.
Prag, im 27. Oktober 1922.
Kirpal, Palme, Häusler, Heeger,
Hillebrand, Deutsch, Èermak, Grünzner, Dr. Holitscher, Hackenberg, Hoffmann, Beutel, Uhl, Leibl, Schweichhart, R. Fischer, Taub, Blatny, Pohl, Dr. Czech, Hirsch.