Pùvodní znìní ad XVI./4044.

Interpellation

des Abgeordneten Ottakar Schubert und Genossen

an den Minister des Innern

in Angelegenheit der nationalen Unduldsamkeit in westböhmischen Städten.

In vielen westböhmischen deutschen Städten herrschen durch die gewissenslosen Agitationen unverantwortlicher Elemente und durch die Schreibart einer skrupellosen Presse unerträgliche Zustände. Die deutsche erbgesessene Bevölkerung lässt die an Zahl geringen èechischen Minoritäten unbeachtet und unbelästigt. Alle Veranstaltungen derselben, seien sie privaten oder öffentlichen Charakters, werden, trotz oft provokatorischer Ankündigung, seitens der deutschen Bürgerschaft im Interesse der Ruhe und des Friedens nicht gestört. Es gibt unter den èechischen Minoritäten Elemente, die ihre Aufgabe darin suchen, dauernden Unfrieden zu stiften. In erster Linie sind es Staatsbeamte, Offiziere und angesehene Bürger in öffentlichen Stellungen, die unter diesen Chikanen zu leiden haben. Wir erleben es, dass selbst charaktervolle Männer der èechischen Minorität dieses unverantwortliche Treiben missbilligen und dafür von ihren eigenen Konnationalen und vor ihrer eigenen Presse angegriffen und besudelt werden. Selbst in das Privatleben einzelner Personen scheut man sich nicht störend einzugreifen. Diese Zustände sind auf die Dauer unhaltbar. Der Terror richtet sich am stärksten gegen die Staatsbeamten und andere Staatsangestellten.

Die Gefertigten fragen den Herrn Minister:

1. Was gedenkt er zu tun, um diesen unleidlichen Verhältnissen ein Ende zu bereiten?

2. Billigt es der Herr Minister, dass deutsche Staatsangestellte oft selbst durch Drohungen gezwungen werden, èechischen Vereinen beizutreten und èechische Veranstaltungen zu besuchen?

 

 

3. Billigt es ferner der Herr Minister, dass es den deutschen Staatsangestellten verwehrt wird Mitglieder deutscher Vereine zu werden und in denselben sich zu betätigen?

Prag, am 1. März 1923.

Schubert,

Køepek, Dr. Hanreich, Röttel, Dr. Luschka, Böhr, Budig, Mark, Dr. Radda, Ing. Kallina, Dr. Brunar, Bobek. Dr. W. Feierfeil, J. Mayer, Dr. Schollich, Zierhut, Dr. Spina, Dr. Kafka, Windirsch, Pittinger, Böllmann, Kaiser, Dr. Petersilka, Heller, J. Fischer, Scharnagl, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Lehnert.

 

 

Pùvodní znìní ad XVII./4044.

Interpellation

des Abgeordneten Mark und Genossen

an den Eisenbahnminister

wegen Missbrauch der Amtstätigkeit durch Bahnschaffner.

Zeitungsmeldungen zufolge wurden in den letzten Tagen in sämtlichen Personenzügen auf der Strecke Prag-Eger und Pilsen-Eger durch die Schaffner an die Reisenden Zettel mit dem folgenden Aufdruck:

1 cihla

na postavení

Národ. domu v Chebu.

1 Kè.

verkauft. Diese Zettel tragen die Stampiglie des Hetzvereins Národní Jednota Severoèeská. Der Verkauf dieser Karten soll in der Weise geschehen sein, dass der Schaffner dem Reisenden zugleich mit der kontrollierten Fahrkarte einen solchen Zettel eingehändigt und dafür den Betrag einer Krone eingefordert habe.

Die Gefertigten stellen an den Herrn Minister die Anfrage:

Ist er bereit, eine Untersuchung darüber anstellen zu lassen, in welchem Auftrage die Schaffner diesen Verkauf vorgenommen haben?

2. Ist der Herr Minister bereit, gegen diese missbräuchliche Ausnützung der Amtstätigkeit einzuschreiten und die Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen?

Prag, am 6. März 1923.

Mark,

Scharnagl, Böhr, Budig, Röttel, Bobek, Dr. W. Feierfeil, Dr. Luschka, Simm, Wenzel, Dr. Petersilka, Kaiser, Böllmann, Schälzky, Füssy, Kostka, Schubert, Palkovich, Dr. Jabloniczky, J. Mayer, Pittinger, Dr. Kafka.

 

 

Pùvodní znìní ad XVIII./4044.

Interpellation

der Abgeordneten Dr. Holitscher, Hillebrand, Palme und Genossen

an den Minister des Innern

wegen der Uebergriffe der Staatspolizei anlässlich der von der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei einberufenen öffentlichen Volksversammlung am 4. März 1923 in Eger.

Für Sonntag, den 4. März 10 Uhr vormittags hatten die Vertrauensmänner der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Eger eine öffentliche Volksversammlung in dem grossen Schützenhaussaale mit der Tagesordnung Das Schutzgesetz, ein Anschlag auf die politische Freiheit einberufen, sie meldeten diese Versammlung Donnerstag, den 1. März vormittags bei der Staatspolizei in Eger an, der jetzt die Ueberwachung der Versammlungstätigkeit obliegt. Während die politische Bezirksverwaltung Versammlungsanmeldungen, die drei Tage vorher erstattet wurden, stets anstandslos zur Kenntnis genommen hatte und dieser Brauch schon seit vielen Jahren auch im alten Oesterreich überall gehandhabt wurde, versteifte sich die Egerer Staatspolizei darauf, dass die Anmeldung 72 Stunden vorher zu erfolgen habe und dass von diesem Zeitraume I Stunde fehle, sie untersagte daher die Abhaltung der Volksversammlung und kehrte damit zu dem vexatorischen Verhalten zurück, wie es in den reaktionärsten, schwärzesten Zeiten des Polizeiregimes allen freiheitlichen Regungen gegenüber gehandhabt wurde. Von diesem Verbote liess sich die Egerer Staatspolizei durch keinerlei Vorstellung abbringen, es blieb nichts anderes übrig, als die Volksversammlung durch eine öffentliche Versammlung des Vereins Vorwärts zu ersetzen.

Aber nicht genug damit! Die Plakate, durch die die Versammlung eingeladen wurde, enthielten folgenden Satz: Niemand darf an diesem Sonntagvormittag zu Hause bleiben, denn es geht um jedes Menschen primitivstes Recht, es geht darum, ob wir freie, nach vorwärts und aufwärts strebende Menschen oder Sklaven sein sollen, derer die Zuchthäuser warten, wenn sie an ihren Ketten rütteln. In diesem Satze missfielen den Egerern Staatsrettern die Worte oder Sklaven... derer die Zuchthäuser warten, wenn sie an ihren Ketten rütteln, sie mussten auf den Plakaten überklebt werden. Um seiner Tätigkeit die Krone aufzusetzen, schickte der Leiter der Egerer Staatspolizei zu der Versammlung im Schützenhause 20 Polizisten die, mit Gummiknüppeln bewaffnet, in einem Nebenraume der Dinge harten, die da kommen sollten. Seit vielen Jahren hatte es die Behörde nicht für notwendig gehalten zu derartigen Polizeimassregeln zu greifen, die nicht nur überflüssig und lächerlich, sondern auch im höchsten Masse aufreizend und erbitternd wirken. Diese der Staatsautorität wahrlich wenig dienliche Wirkung trat in Eger umso mehr ein, als der Kommandant der Abteilung die Torheit beging, nicht zu warten bis die Versammlungsteilnehmer sich verlaufen hatten, sondern vor ihren Augen und mitten unter ihnen die Mannschaft nach Schluss der Versammlung, die in Ruhe und Ordnung verlief, antreten lies und zurückführte, was zu zahlreichen Witzen und Spottreden Anlass gab.

Das Vorgehen der Egerer Staatspolizei stellt sich nach all dem als Rückfall in die seit vielen Jahren verlassenen Methoden der Drangsalierungen, der Einschränkung der Versammlungsfreiheit, der Nadelstiche und Provokationen dar, wie sie früher gegen misliebige Parteien angewendet wurden. Sie widersprechen den Grundsätzen der Demokratie und stehen auch im Gegensatz zu dem bis jetzt von den politischen Behörden beobachteten Vorgehen. Es entsteht daher die Frage, ob die Regierung hat Weisungen ergehen lassen, dass die unterordneten Behörden nunmehr andere Saiten aufziehen, oder ob es sich bei den Egerer Vorgängen um Uebergriffe einer übereifrigen Polizeiseete gehandelt hat. Darum richten die Unterzeichneten folgende Fragen an den Herrn Minister des Innern:

1. Billigt der Herr Minister das in der Interpellation geschilderte Vorgehen der Staatspolizei in Eger?

2. Ist er bereit, dem Leiter der Staatspolizei in Eger den Auftrag zu geben, dass er die Versammlungsfreiheit respektieren, zwecklose, überflüssige Zwangsmassregeln unterlassen und die von den ihr zustehenden verfassungsmässigen Rechten Gebrauch machenden Bevölkerung nicht durch Vexationen aufreizen und erbittern soll?

Prag, am 6. März 1923.

Dr. Holitscher, Hillebrand, Palme,

Wittich. Beutel, Uhl, R. Fischer, Hirsch, Hackenberg, Hoffmann, Schäfer, Dietl, Häusler, Roscher, Blatny, Deutsch, Schweichhart, Schuster, Leibl, Dr. Haas, Heeger, Kaufmann.

 

 

 

Pùvodní znìní ad XIX./4044.

Interpellation

der Abgeordneten Dr. Schollich, Pittinger, Dr. Wenzel Feierfeil, Simm, Dr. Kafka und Genossen

an den Minister für Schulwesen und Volkskultur

in Angelegenheit der gesetzwidrigen Bestrafung deutscher Eltern in Mähren we

gen Nichtbesuches èechischer Minderheitsschulen durch ihre Kinder.

In Mähren sind in verschiedenen Orten Kinder aus der deutschen Schule ausgeschieden worden, weil sie angeblich èechischer Nationalität waren.

Besonders die Eltern mit gemischten Ehen wurden von dieser Massnahme betroffen, auch dann, wenn sie ihre Kinder deutsch erzogen hatten. War der Vater èechisch, so wurden mit Rücksicht auf die Erziehergewalt des Vaters die Kinder für die èechische Schule in Anspruch genommen. War die Mutter èechischer Abstammung, so galt die Muttersprache als entscheidend.

Eine ganze Reihe solcher Eltern hat sich daher entschlossen, ihren Kindern die deutsche Erziehung dadurch zu sichern, dass sie ihre Kinder zuhause in deutscher Sprache unterrichten lassen.

Nun erlassen aber die èechischen Minderheitsschulinspektoren, wie auch die politischen Bezirksverwaltungen Strafverfügungen gegen diese Eltern wegen angeblicher Schulversäumnisse. Durch wiederholtes Vorladen zum Amte und durch konsequente, sich stets steigernde Bestrafungen hofft man, die Eltern dazu zu zwingen, ihre bisher deutsch erzogenen Kinder doch in die èechische Schule zu schicken.

In einzelnen Fällen wurde den Eltern der bestraften Kinder das Beschwerderecht einfach abgesprochen. Es war zu vermuten, dass dies eine Folge des § 14 des kleinen Schulgesetzes vom 13. Juli 1922 No 226 sei, wonach das Bestrafungsrecht wegen Versäumnis des Besuches der Minderheitsschule dem Minister obliegt, dieser es jedoch mittels einer wenigstens einen Monat vorher im Amtsblatte verlautbarten Kundmachung mit der Ausübung des Bestrafungsrechtes eine andere Schulbehörde oder ein anderes Schulorgan betrauen kann, welches in diesen Angelegenheiten in Namen des Ministers und endgültig entscheidet, ohne Rücksicht darauf, dass der diesbezügliche Min. Erlass vom 12. Oktober 1922 Z:92079 erst im Vìstník min. škol. a nár. osvìty vom 15. November 1922 verlautbart ist und somit erst kraft des Gesetzes am 15. Dezember 1922 in Kraft treten kann, wird der 1. Dezember als Tag angesetzt, an welchem diese Ermächtigung in Kraft tritt. Ausserdem sind aber auch schon die letzten Strafverfügungen von den Vorsitzenden der Bezirksschulausschüsse und den Minderheitsschulinspektoren vor dem 1. Dezember endgültig erlassen worden.

Diese Bestrafungen sind vollkommen ungesetzlich, da nach § 23 des R. V. G. jene Kinder, welche zuhause unterrichtet werden, vom Besuche der öffentlichen Schule bedingungslos befreit sind.

Nach § 44 des Gesetzes vom 27. November 1905, L. G. Bl. No 4 ex 1906 bezieht sich die lex Perek nicht auf Privatschulen, daher auch nicht auf den häuslichen Unterricht.

Es steht daher den Eltern aus gemischten Ehen nach dem Gesetze frei, ihre Kinder in deutscher Sprache zuhause unterrichten zu lassen.

 

 

Um einen nachlässigen Besuch von Schulen, wie der § 14 des kleinen Schulgesetzes sagt, kann es sich nur dann handeln, wenn eine Schule von solchen Kindern nicht besucht wird, welche Ordnungsgemäss in die Schule eingeschrieben sind, bezw. wenn die Einschreibung eines Kindes in nachlässiger Weise nicht vollzogen wurde, ohne dass ein Berufungsgrund nach § 23 R. V. G. vorliegt. Deutsche Kinder, welche häuslichen Privatunterricht geniessen, was in allen Fällen den Bezirksschulausschüssen angezeigt wurde, sind daher nicht verpflichtet, öffentliche èechische Schulen zu besuchen, in welche sie überhaupt nicht eingeschrieben sind und in welche sie von rechtswegen überhaupt nicht gehören: Eine Bestrafung solcher Kinder ist daher vollkommen ungesetzlich und kann eine Absprechung des Beschwerderechtes diesbezüglich nicht stattfinden, da damit einfach eine ungesetzliche und willkürliche behördliche Verfügung jeder instanzmässigen Ueberprüfung entzogen werden könnte. Die verfügten Strafmassnahmen entbehren aber auch mit Rücksicht auf den § 23 R. V. G. jeder gesetzlichen Grundlage. In Fällen, wo der Rekurs freigegeben wurde, sprach man ihm wieder die aufschiebende Wirkung ab, obwohl alle Landesgesetze den Strafverfügungen wegen vernachlässigten Schulbesuches die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

Es ist empörend die Schikanierungen der deutschen Bevölkerung in Mähren im Zuge eines solchen Bestrafungsverfahrens zu sehen. Sie ist der seinen Willkür einiger behördlicher Funktionäre schutzlos preisgegeben.

Die Unterfertigten richten an den Herrn Minister für Schulwesen und Volkskultur folgende Anfragen:

Geschehen diese Strafverfügungen mit Wissen oder gar über Auftrag des Herrn Ministers? Wie vermag der Herr Minister diese geschilderten Verfügungen zu rechtfertigen, da der Erlass vom 22. Oktober Z:92079 kraft des § 14 des kleinen Schulgesetzes vor dem 15. Dezember 1922 überhaupt nicht in Kraft treten konnte?

Ist der Herr Minister bereit, den Vorsitzenden der Bezirksschulausschüsse und den Minderheitsschulinspektoren in Mähren den Auftrag zu erteilen, die bestehenden Vorschriften zu beachten und zu verhindern, dass Eltern von Kindern wegen Schulversäumnis bestraft werden, denen gar kein Schulversäumnis zur Last fällt, da sie nach Recht und Gesetz vom Besuche der öffentlichen Schule befreit sind?

Prag, am 7. Dezember 1922.

Dr. Schollich, Pittinger, Dr. W. Feierfeil, Simm, Dr. Kafka,

Dr. Brunar, Dr. Keibl, Kraus, Dr. Lodgman, Ing. Kallina, Dr. Luschka, Schälzky, J. Fischer, Ing. Jung, Mark, Böhr, Kostka, J. Mayer, Schubert, Dr. Petersilka, Dr. Lehnert, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Radda.

 

 

Pùvodní znìní ad XX./4044.

Interpellation

der Abgeordneten Dr. Schollich, Pittinger, Dr. Wenzel Feierfeil, Simm, Dr. Kafka und Genossen

an den Minister für Schulwesen und Volkskultur

und den Minister des Innern

in Angelegenheit der Beschlagnahme des deutschen Kindergartens in Czalositz zu Zwecken der èechischen Minderheitsschule.

Mit dem Erlasse des Ministerium für Schulwesen und Volkskultur vom 4. Juli 1922, Z. 63431 wurde die Zwangsmiete des Lokales im 1. Stockwerke des deutschen Schulgebäudes dortselbst, in welchem sich bisher der deutsche Kindergarten befand, zu Zwecken der èechischen Minderheitsschule ausgesprochen, der Kindergarten wurde in das Souterain disloziert. Trotz des dagegen wegen Nichtbeachtung ihrer Einwände eingebrachten Protestes der Gemeinde hat das Ministerium mit seinem Erlasse vom 7. September 1922, Z. 87512 auf der Beschlagnahme beharrt. Die politische Bezirksverwaltung in Leitmeritz ordnete daraufhin mit dem Intimationserlasse vom 14. September 1922 Z:48157 die Räumung des Zimmers des deutschen Kindergartens an. Gegen die Beschlagnahme hat die Gemeindevertretung die Beschwerde an das oberste Verwaltungsgericht ergriffen. Dieses hat sich die Erledigung dieser Beschwerde sehr leicht gemacht, indem es sie a limine abgewiesen hat mit der Begründung, dass die Zwangsmiete bereits mit der ersten Entscheidung des Ministeriums vom 4. Juli 1922 erfolgt ist, während der Erlass vom 7. September 1922 lediglich die Erklärung der Behörde enthält, dass sie an der bereits ausgesprochenen Zwangsmiete festhält. Die 60-tägige Frist vom Zeitpunkt der Zustellung des ersten Min. Erlasses an war schon verstrichen und konnte durch Einbringung des Protestes nicht verlängert werden. Diesbezüglich kann man verschiedener Rechtsanschauung sein, insbesondere hat die Gemeinde durch den eingebrachten Protest eine gütliche Rücknahme der Verfügung zu erreichen gehofft aus dem Grunde, weil die Behörde bei ihrer Entscheidung die von der Gemeinde dagegen eingebrachten Einwendungen überhaupt nicht beachtet hat. Auch ist die Beschlagnahmeentscheidung des Ministeriums erst in dem Momente definitiv geworden wo es trotz des Widerspruches darauf beharrte, denn sonst hätte es in die Beschlagnahme bereits früher durchführen lassen können. Endlich ist die Beschlagnahmsverfügung der unterstellten Behörden erst am 14. September erfolgt (zugestellt am 20. September), wogegen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde am 17. November 1922 eingebracht wurde. Es lag daher zu einer a limine Abweisung durchaus nicht der nötige Grund vor.

Die meritorische Erledigung der Beschwerde wäre eben etwas heikel gewesen und zwar aus dem Grunde, weil das Lokal des deutschen Kindergartens für die neuerrichtete 2. Klasse der èechischen Minderheitsschule in Czalositz beschlagnahmt wurde. Nun stellte es sich aber durch genaueste Erhebungen und unter Zugrundelegung der amtlichen Schulkindergarten heraus, dass die èechische Schule in Czalositz in den Jahren 1919/20 bis 1921/22 zusammen nur 178 Kinder zählte. Der 3-jährige Durchschnitt beträgt daher nur 54 Kinder, wobei auch noch im Jahre 1919/20 die Kinder aus Gross-Czernosek gezählt wurden, was dem § 5, Abs. 5 des kleinen Schulgesetzes bei Erweiterung von Schulen widerspricht ferner auch noch Kinder deutscher Nationalität, welche nicht eingerechnet werden dürfen, da sie nicht für die die èechische Minderheitsschule vorgeschriebene Muttersprache haben.

Im heurigen Schuljahre zählt die èechische Minderheitsschule mit den deutschen Kindern zusammen nur 45 Kinder. Bei einer solchen Kinderzahl können die Voraussetzungen des § 11 R. V. G. zur Erweiterung der Schule natürlich nicht gegeben sein, bezw, kann auch eine provisorische Parallelklasse nicht errichtet werden.

Die Gesamtzahl der die èechische Schule besuchenden Kinder ist annähernd so gross, wie die Anzahl der deutschen Schulkinder in einer Klasse (die deutsche Schule hat im heurigen Schuljahre 93 Kinder). Es kann daher in der èechischen Schule, auch wenn sie einklassig ist, in dem zur Verfügung stehenden Klassenzimmer, das einen Fassungsraum für 70 Kinder bietet, vollkommen ausreichender Unterricht erteilt werden.

Die 2. Klasse der èechischen Minderheitsschule in Czalositz kann daher nicht als eine gesetzlich gerechtfertigte und begründete Klasse angesehen werden. Es kann daher auch zu ihrer Unterbringung nicht das Lokal des deutschen Kindergartens beschlagnahmt werden, welcher gesetzlich gerechtfertigt ist.

Im Anfang des Schuljahres 1921/22 wurde von der èechischen Minderheitsschule in Czalositz ein Lehrmittelkabinett gefordert. Trotzdem in einer kommissionellen Verhandlung vereinbart wurde, dass das Lehrmittelkabinett der deutschen Schule auch zur Unterbringung der èechischen Lehrmittel gemeinsam verwendet werden sollte, wurde diese Vereinbarung vom Ministerium nicht bestätigt, sondern das ganze deutsche Kabinett zwangsweise beschlagnahmt und auch am 25. März d. J. übergeben. Seit jener Zeit stand das Kabinett leer, obwohl es für die deutschen Lehrmittel dringendst benötigt wurde. Am 6. September wurde es endlich belegt, aber nicht durch Einstellung der Lehrmittel der èechischen Schule, sondern zu Wohnungszwecken für den zweiten Lehrer der èechischen Schule sodas also der eigentliche Zweck der Beschlagnahme ganz ausseracht gelassen und ausserdem für einen Lehrer öffentliche. Unterkunft gefunden wurde, welcher in einer gesetzlich nicht gerechtfertigten Klasse unterrichtet.

Die Beschlagnahme des Lokales des deutschen Kindergartens für eine ungerechtfertigte Klasse ist ebenso wie die Beschlagnahme des Lehrmittelkabinettes für den Lehrer dieser nicht gerechtfertigten Klasse vollkommen ungerechtfertigt, nur zu dem Zwecke verfügt, um die deutsche Schule in ihrem Bestande weiter einzuengen und schliesslich einer Reduzierung anheim fallen zu lassen. Wenn eine 2-klassige deutsche Schule bloss 45 Kinder zählt, so wird sofort mit der Reduzierung gegen sie vorgegangen. Bei èechischen Minderheitsschulen wird aber sogar bei der gleichen Zahl an eine Erweiterung gedacht.

Wir stellen daher an den Herrn Minister für Schulwesen und Volkskultur und den Herrn Minister des Innern folgende Anfragen:

Die rechtfertigen die Herrn Minister die Beschlagnahmeverfügung zugunsten der 2. èechischen Klasse in Czalositz, welche gesetzlich nicht gerechtfertigt ist?

Ist der Herr Minister für Schulwesen und Volkskultur bereit, diese ungesetzliche Beschlagnahme des Lehrmittelkabinettes für den zweiten èechischen Lehrer sofort rückgängig zu machen?

Wie rechtfertigt der Herr Minister für Schulwesen und Volkskultur die vollkommen ungleiche Behandlung des deutschen und èechischen Schulwesens und ist er bereit, ehestens den Fragestellern Auskunft zu erteilen, unter welchen Voraussetzungen es zur Erweiterung èechischer Minderheitsschulen kommt und ob auch bei solchen, ebenso wie bei den deutschen Schulen, der § 11 R. V. G. zugrundegelegt wird?

Prag, am 7. Dezember 1922.

Dr. Schollich, Pittinger, Dr. W. Feierfeil, Simm, Dr. Kafka,

Dr. Keibl, Dr. Brunar, Dr. Radda, Kraus, Ing. Kallina, Dr. Lodgman, Dr. Lehnert, Dr. E. Feyerfeil, Scharnagl, Dr. Luschka, Kostka, Dr. Petersilka, Mark, Schälzky, Schubert, Böhr, J. Mayer, J. Fischer, Ing. Jung.

 

 

Pùvodní znìní ad XXI./4044.

Interpellation

der Abgeordneten Dr. Schollich, Pittinger, Dr. Wenzel Feierfeil, Simm, Dr. Kafka und Genossen

an den Minister für Schulwesen und Volkskultur

und den Minister des Innern

in Angelegenheit der Errichtung einer

deutschen Minderheitsschule in Skrzeczon bei Oderberg in Schlesien,

In Skrzeczon bei Oderberg bestand bis zum Jahre 1920 eine 5-klassige deutsche Volksschule. Im Oktober 1920 drangen bisher unbekannte Täter in die Lehrzimmer der deutschen Volksschule ein, vertrieben die Schulkinder und die Lehrer aus dem, dem deutschen Schulvereine gehörigen Gebäude und verhinderten gewaltsam den weiteren Unterrichtsbetrieb. Der Raub wurde auch von den èechischen Behörden bestätigt und das Gebäude der èechischen Schule zugewiesen, trotzdem es noch immer im Eigentum des deutschen Schulvereines stand. Die Schritte um die Wiedererrichtung der deutschen Schule waren vergebens. Es müssen daher seit jener Zeit mehr als 100 Schulkinder viermal täglich den weiten und gefährlichen Weg von Skrzeczon nach OderbergBahnhof und Pudlau zurücklegen, um des Unterrichtes in ihrer Muttersprache teilhaftig werden zu können.

Aus diesen Gründen streben die deutschen Eltern in Skrzeczon die Errichtung einer deutschen Minderheitsschule dortselbst an, zu welcher alle gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind. Bevor ein Gesuch um Errichtung einer solchen eingebracht werden konnte, mussten sich die deutschen Eltern in Skrzeczon naturgemäss über die Anzahl der in Betracht kommenden Kinder orientieren: Dieser Aufgabe unterzog sich Frau Riedel in Skrzeczon, welche auch tatsächlich durch Umfrage bei jenen Eltern, welche ihre Kinder in die deutsche Schule nach Oderberg und Pudlau schickten und welche bereits früher ihre Kinder die deutsche Schule besuchen liessen, ein Verzeichnis der für die deutsche Minderheitsschule in Betracht kommenden Kinder anlegte und es meldeten sich tatsächlich 73 Kinder. Frau Riedel könnte jedoch ihre Arbeit nicht vollenden, da sie von der Gendaarmerie daran gehindert und ihr das Verzeichnis abgenommen wurde. Dieses wurde erst später über Einschreiten zurückerstattet.

Auf Grund dieses allerdings unvollständigen Kinderverzeichnisses suchten die deutschen Eltern am 1. August d. J. um die Errichtung einer Minderheitsschule an. Auf Grund der erwähnten Gesuche erschien am 18. Oktober d. J. in der Gemeinde Skrzeczon eine Kommission, bestehend aus dem Bezirkshauptmann Dr. Jaroslav Häring und dem deutschen Bezirksinspektor Ferdinand Parczik der Bezirkshauptmannschaft aus Freistadt.

Die Verwaltungskommission der Gemeinde Skrzeczon liess durch Ehren Wachmann die Eltern, welche auf der Liste verzeichnet waren und ihre Kinder in die neu zu errichtende Minoritätsschule schicken wollten, mündlich verständigen, dass diese Eltern am 18. Oktober 1922 2 Uhr nachm. in der Gemeindekanzlei bei der Kommission des Bezirksschulrates behufs Feststellung der Kinderanzahl zu erscheinen haben.

Festzustellen ist, dass nicht alle Eltern, welche auf dem Verzeichnis angeführt sind, zum Erscheinen vor der Kommission eingeladen wurden und dass in der Abschrift der Konskriptionsliste noch nicht alle Kinder verzeichnet waren, da die weitere Umfrage, wie schon erwähnt, durch die Gendarmerie verhindert wurde. Es wurden sogar jene Eltern, die infolge des ganz ungerechtfertigten Einschreitens der Gendarmerie von Frau Riedel nicht mehr in das Verzeichnis aufgenommen werden konnten und die sich deshalb, da ihnen daran lag, die Kinder in die zu errichtende deutsche Schule zu schicken, persönlich bei der eben angeführten Kommission einfanden, mit der Begründung zurückgewiesen, dass sie nicht auf der der Kommission vorgelegten Kinderliste verzeichnet waren.

Um nur zwei Beispiele anzuführen, sei erwähnt, dass die Tochter eines Kaufmannes in Skrzeczon in Vertretung ihrer Eltern ihre Geschwister anmelden wollte und von der Kommission zurückgewiesen wurde, und dass andere Parteien von der Anordnung der Kommission überhaupt nicht verständigt wurden, obwohl sie in dem Verzeichnis eingetragen waren.

Für eine Verlautbarung der Einschreibung war nicht gesorgt. Kinder aus Mischehen wurden nicht zugelassen, ebensowenig Kinder jüdischer Eltern, sodass das Verzeichnis auf die Zahl 36 herabgedrückt wurde. Die Kommission ist also vollkommen unsachgemäss vorgegangen und hat gar nicht getrachtet, die Anzahl sämtlicher für die deutsche Schule in Betracht kommenden Kinder einwandfrei festzustellen, war im Gegenteil vom Bestreben geleitet, möglichst wenig Kinder für die deutsche zuzulassen. Dies ist die von der Regierung so oft betonte gleiche Behandlung aller Völker im Staate bezüglich der Errichtung von Minderheitsschulen.

Was endlich die Strafanzeige gegen die Frau Anna Riedel anbelangt, welche nach einem hochnotpeinlichen Verhör gegen die Genannte durch den Gendarmeriewachtmeister Vodražka an das Bezirksgericht erstattet wurde, so wurde diese - nachdem das Bezirksgericht sich mit der Angelegenheit überhaupt nicht befasst hat - zusammen mit 2 jungen Burschen, die ihr halfen, mit dem Erkenntnisse der politischen Bezirksverwaltung in Freistadt vom 10. November 1922, Z. 2346 auf Grund des § 11 des Prügelpatentes zu einer 8-tätigen Arreststrafe verurteilt. Die Strafanzeige behauptet ,dass durch die Agitation der Frau Riedel eine grosse nationale Bewegung der Bevölkerung von Skrzeczon hervorgerufen wurde, welche erst durch Einschreiten der Gendarmerie wieder beruhigt werden konnte und dass als erschwerend hinzutrat, dass bei der Angeklagten ein ausgeschnittener Zeitungsartikel des Tag vorgefunden wurde, dessen sich Frau Riedel wahrscheinlich zur Agitation gegen die Èechosl. Republik bedient hat. Die Verurteilung erfolgte auch, trotzdem alle einvernommenen Zeugen die in vier Anzeige enthaltenen Angaben einwandfrei widerlegt und ausgesagt haben, dass von einer Agitation der Frau Riedel überhaupt keine Rede sei und dass eine solche auch überhaupt nicht stattgefunden habe. Auf welche Art und Weise hätten die deutschen Eltern in Skrzeczon sich denn der Anzahl der für die deutsche Schule in Betracht kommenden Kinder vergewissern sollen, als durch eine ruhige Umfrage? Es ist doch ganz klar, dass das Besuch durch die Angabe der Kinderzahl begründet sein musste.

Eine ruhige Zusammenstellung der deutschen Kinder wird als demonstrative Handlung und Agitation hingestellt, durch welche grosse nationale Bewegung erzeugt werden, und nach dem Prügelpatent bestraft, die gewaltsame Sperrung der deutschen Schule und der Raub des Schulgebäudes in Oktober 1920 wird natürlich ruhig hingenommen und geht straflos aus. Selbstverständlich nur aus dem Grunde, weil es sich um die Vernichtung einer deutschen Schule handelt, während im ersteren Falle das furchtbare Ansuchen gestellt wurde, eine deutsche Minderheitsschule zu errichten.

Der Fall Skrzeczon ist ein typisches Beispiel im Kapitel der gleichen Behandlung aller Völker im Staate.

Wir stellen daher an den Herrn Minister für Schulwesen und Volkskultur und den Herrn Minister des Innern folgende Anfragen:

Ist der Herr Minister für Schulwesen und Volkskultur bereit, das Ansuchen um Errichtung einer deutschen Minderheitsschule in Skrzeczon, welche gesetzlich vollkommen begründet ist, unter Anrechnung aller für diese in Betracht kommenden Kinder ohne unnerechtfertigten Abzug sofort einer günstigen Erledigung zuführen zu lassen und die Unterbringung durch Freigabe der notwendigen Schulräume des dem deutschen Kulturverbande gehörigen und abgenommenen deutschen Schulgebäudes zu ermöglichen?

Ist der Herr Minister des Innern bereit, die ganz ungerechtfertigten Bestrafung der Frau Riedel und der beiden ihr behilflichen Burschen sofort aufzuheben?

Prag, am 7. Dezember 1922.

Dr. Schollich, Pittinger, Dr. W. Feierfeil, Simm, Dr. Kafka,

Schälzky, Dr. Brunar, Dr. Radda, Dr. Keibl, Kraus, Kostka. Dr. Lehnart, J. Fischer, Ing. Kallina, J.,Mayer, Dr. E. Feyerfeil, Scharnagl, Dr. Lodgman, Dr. Petersilka, Böhr, Schubert, Dr. Luschka, Mark, Ing. Jung.

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